Vorwort
Sex und Erotik, wer ist von diesen Themen nicht fasziniert. Über Jahrhunderte hinweg immer als nicht Gesellschaftsfähig an den Rand derselben gedrängt, dringen sie heute mehr und mehr an die Oberfläche des Bewusstseins und werden sehr offen thematisiert, diskutiert und auch, an dafür vorgesehenen Orten, genannt Swingerclubs, auch gemeinsam praktiziert. Wir haben glücklicherweise zu einem sehr offenen Umgang mit diesen Themen gefunden, was sich u. a. auch in der Vielzahl der Swingerclubs, die mittlerweile existieren, wieder spiegelt.
Wir stellen immer öfter fest, dass es heute „hipp“ ist, sich in den angesagtesten Clubs zu amüsieren, was noch lange nicht bedeutet, dass man sich dem eigentlichen „swingen“, dem Partnertausch auch tatsächlich hingibt. Der Gestaltungsmöglichkeit eines Aufenthalts im Club sind keinerlei Grenzen gesetzt. Das Motto „Alles kann, nichts muss“ hat immer noch bestand, und so bestimmt ein jeder Besucher oder jede Besucherin selbst den Ablauf des Abends in einem Club.
Als wir unsere diesbezügliche Neugier entdeckten, war der Umgang mit diesen Etablissements noch ein völlig anderer. Es galt generell als verrucht, wer sich in Clubs herum trieb und Betreiber, nun ja, das waren nach wie vor Menschen, die allgemein gesellschaftlich keine große Akzeptanz fanden. Gewissermaßen „Outlaws“ oder „missfits“, was auch „nicht gesellschaftsfähig“ bedeutet.
Vielleicht sollten wir erklären, dass wir während unserer Zeit als Clubbetreiber niemals unsere eigentlichen Berufe aufgegeben haben. Wir hatten und haben beide recht bürgerliche Berufe. Ein Stückchen Bürgerlichkeit muss man sich bewahren, wenn man ansonsten auf noch relativ fremdem und nicht anerkanntem Terrain, kurz der „Front“, kämpft.
Wir möchten mit diesem Buch keinerlei erotisches Insiderwissen unserer ehemaligen Gäste zur Kenntnis bringen, sondern eher unsere eigene Blauäugigkeit, mit der wir an die Erschaffung unseres Club heran gegangen sind humorvoll darstellen und hoffen, es ist uns ein bisschen gelungen, die Komik unserer Projektes glaubhaft einzufangen.
Verruchte Luft
Unser Abenteuer begann mit einem Wochenende in Berlin. Lange hatten wir uns darauf gefreut und - neben allen bekannten Sehenswürdigkeiten stand für uns, anfänglich noch recht klein aber doch mit großer Priorität, der legendäre „Kit-Kat-Club“ auf dem Programm. Schier unglaubliches hatten wir darüber gehört, und das Meiste entzog sich unserem Vorstellungsvermögen. Etwas derart verruchtes – für uns, als „Otto-normal-Verbraucher“ absolut undenkbar, aber mindestens genauso faszinierend.
Keiner von uns wollte natürlich vor dem anderen zugeben, dass er die Neugier auf diesen Club kaum bändigen konnte. Wir hielten uns den Besuch offen, aber zugeben, dass dies eigentlich für jeden von uns der gedankliche Höhepunkt unseres Berlinbesuchs war, nein, dass wollte keiner.
So zogen wir vom Brandenburger Tor zum neuen Bundestagsgebäude, über den Kurfürstendamm bis hin zum Bahnhof Zoo und unterschieden uns dabei durch nichts von anderen Touristen. Es war ein herrlicher Tag, und der Himmel meinte es gut mit uns.
In einer Boutique erstanden wir jeder ein, zumindest für unsere provinzialische Vorstellung, möglicherweise passendes Outfit für den eventuellen Besuch des Kit-Kat-Clubs. Aber – natürlich alles nur, falls wir gehen sollten!!! War schon klar!!!
Furchtbar müde erreichten wir unser Hotel und wollten uns eigentlich nur noch ausruhen. Im Bett, in dass wir erschöpft fielen, drehte sich jeder von rechts nach links, wohl wissentlich, dass heute Samstag, und somit der Tag schlecht hin für einen Besuch im Kit-Kat. „Dusche mich erst mal“, sagte meine bessere Hälfte, „vielleicht werde ich dann wieder fit und wenn nicht, bleiben wir halt im Hotel und machen uns einen gemütlichen Abend.“ Haha.......wer`s glaubt wird selig. Ich kannte meinen Basti zu gut um nicht zu wissen, dass er vor verhaltener Neugierde fast platzte. „Ok“, murmelte ich scheinbar unberührt, „ich versuche noch eine Weile zu dummeln. Sollte ich schlafen, bitte nicht wecken. Dann bleiben wir halt hier.“ Wenn er das wirklich tat dachte ich, würde ich ihn erwürgen müssen. Langsam dürfte er doch wissen, dass Frauen eigentlich eher selten das meinen, was sie sagen. „Und wenn Du Dich nicht ein bisschen beeilst, brauchen wir gleich nicht mehr los. Also, beweg Deinen süßen Hintern und komm in die Puschen“, war dann das, was ich wirklich dachte.
Nach einer geschlagenen Stunde, gab mein Schatz dann das Bad frei. Ich gähnte scheinbar gelangweilt. „Wir brauchen wirklich nicht los, wenn Du zu müde bist“, meinte er. „Von wegen“, grummelte ich lautlos. „Mir den schwarzen Peter zuschieben wollen, nur weil Du im letzten Moment doch kneifen willst. Nein, so schon gar nicht.“ „Nein, nein“, säuselte ich und streckte mich ausgiebig. „Gib mir zwanzig Minuten, und ich bin wieder vorzeigbar“. Pah.......das schaffte ich sogar in 10, wenn ich mich beeilte. Mittlerweile war es fast 22.00 Uhr, und die Fahrt zum Kit-Kat mußten wir auch noch berechnen. (Als Landpommeranzen wußten wir natürlich nicht, dass in derartigen Etablissement der Spaß nach Mitternacht erst richtig los geht!!!)
„Wow, umwerfend sexy“, bestaunte Basti mein neues Outfit. „Auf Dich muss ich aber auch aufpassen, wenn ich Dich so ansehe“, konterte ich. Er trug seine Lederhose, die seinen kleinen, süßen Knackarsch so schön betonte und ein schwarzes, hauchdünnes T-Shirt. Für mich hatten wir ebenfalls eine schwarze, hautenge Lederhose, sowie einen schwarzen Hauch von Nichts als Oberteil erstanden. Darunter trug ich selbstverständlich einen BH, wir wollten das Ganze auch nicht übertreiben. Wir fanden uns unheimlich sexy, aufreizend und verrucht. Wenn das unsere Kinder sehen würden!!!
Nachdem wir natürlich die falsche S-Bahn genommen, am falschen Platz gesucht hatten, (mein Basti meinte genau zu wissen, wo der Club sei – woher eigentlich??? Hatte er nicht gesagt, er war noch nie dort??? Sollte ich vielleicht noch einmal genauer hinterfragen!!!), standen wir gegen 24.00 Uhr endlich vor dem Eingang des Kit-Kat-Clubs. Wow!!! Das Abenteuer konnte beginnen.
„Noch können wir umdrehen“, meinte Basti. „Wir müssen da nicht rein.“ Häääää, was will der? Wohl kalte Füße bekommen! Ne, mein Freund, jetzt waren wir hier und ich wollte da rein, basta. Und wenn mir der Hintern noch so sehr auf Grundeis ging und ich eigentlich noch gar nicht glauben konnte, dass wir tatsächlich hier standen. „Nöööö, jetzt haben wir uns extra neue Klamotten geholt, uns aufgebrezelt, also lass uns auch hinein gehen. Wir brauchen ja nicht allzu lange bleiben; wahrscheinlich ist das sowieso nichts für uns“, antwortete ich betont gelassen.
Leichter gesagt als getan. Wir hatten die Rechnung ohne den oder die Türsteher gemacht. Die Leute, die sich massenhaft vor dem Eingang drängelten, kamen nur nach ausgiebiger Kontrolle hinein. Als wir an der Reihe waren, maß uns ein abschätzender Blick von oben nach unten. Die vernichtende Antwort, „Ne, für Euch nicht“, konnte ich kaum fassen. Was bildete sich dieses Prachtexemplar von einem Primaten eigentlich ein!!! Entsetzt sah ich Basti an, der nur mit den Schultern zuckte. Wie jetzt, kurz vor dem Ziel kapitulieren? Ich? Nie!!! „Also hör mal“, fing ich an dem Türgorilla zu erklären, „wir haben fünf Stunden Autofahrt auf uns genommen, nur um diesen wahnsinnigen Club kennenzulernen. Wir können ja verstehen, dass Ihr selektieren müsst, aber wir haben soviel darüber gehört und gelesen, und er muss einmalig sein. Nur deswegen sind wir in Berlin, und Du willst uns nicht rein lassen? Ey, dass kann doch nicht Dein Ernst sein. So herzlos kannst Du nicht wirklich sein! “ Er grinste sichtlich geschmeichelt und meinte: „Also gut, aber Dein Stecher zieht sein T-Shirt aus und Dein BH bleibt auch hier“. Mein was??? Mein Stecher??? Hat der das jetzt wirklich gesagt? Basti wollte sich schon zum Gehen umdrehen, als ich ihn mit einer energischen Handbewegung zurück zog. „Also mein Schatz, Du hast gehört, was der nette Mensch gesagt hat. T-Shirt aus.“ Während dessen hatte ich, scheinbar gelassen, bereits meine Bluse aufgeknöpft, sie meinem sprachlosen Basti gereicht, mich meines BHs entledigt und meine Bluse in aller seelenruhre wieder angezogen. (Dies alles wohl wissentlich, dass hinter uns noch eine Riesenschlange Menschen wartete, die quasi Zeugen meines kleinen Strippties wurden. Gott sei Dank war es relativ dunkel, und ich hoffte inständig, dass niemand das Zittern meiner Hände sehen konnte!!!) Meinen BH hängte ich dem Türgorilla um den Hals, schenkte ihm mein süßestes Lächeln und sagte: “Pass gut darauf auf, hol` ich mir nachher wieder.“ „Werde ihn nicht aus den Augen lassen“, versicherte er mir und wünschte uns noch viel Spaß. Im Vorraum hielt Basti mich fest, sah mich fassungslos aber auch leicht erregt an und fragte: “Das hast Du jetzt nicht wirklich getan, oder?“ Ich grinste leicht und schob ihn sanft vor mich her zum Eingang. Basti musste vorgehen, denn ich bin ja schüchtern – eigentlich.
Der erste Eindruck war einfach überwältigend! Eine riesige Halle mit wahnsinniger Akustik. Es dröhnte uns Techno-Musik vom Feinsten entgegen. Und das Publikum erst; man konnte es mit Worten nicht beschreiben. Das musste man selbst gesehen haben. Hier war wirklich alles vertreten, selbst das, was man sich nicht vorstellen konnte. Lesben, Schwule, kopulierende Paare in den Ecken, Strippeinlagen auf allen Tischen, daneben Männer, die selbst „Hand an sich legten“, eine Wahnsinns Show auf der Bühne mit unzähligen Akteuren! Natürlich waren sämtliche Darbietungen nicht jugendfrei.......... Am allergeilsten, zumindest fürs Auge fand ich, die zahlreichen Dragqueens, bei deren Anblick ich mich als Frau am liebsten sofort versteckt hätte, so toll sahen sie aus.
Nachdem wir einen Rundgang hinter uns hatten, standen wir mit unseren Getränken an der Seite und beobachteten die Szenerie. Es war einfach Wahnsinn!!! Was die Leute hier alle so trieben!!! Einfach unbeschreiblich! Der erotisierenden Wirkung der lauten Musik, dem Treiben um uns herum, dem spürbaren Sex in der Luft, konnten wir uns nicht lange entziehen. Recht erregt zog ich meinen Mann in die nächste ruhigere Ecke und – tja, der Rest ist Schweigen. (Wir wollten hier ja keine pornografischen Details zum Besten geben!!!). So viel sei aber gesagt, es war ein supergeiler Abend.
Gegen 05.00 Uhr schlichen wir ziemlich müde zum Ausgang. Der nette Türgorilla hatte meinen BH immer noch um den Hals geschlungen. „Na“, fragte er, in dem er den Arm um mich legte, „alle Erwartungen erfüllt?“ „Mehr als das“, bestätigte ich, nahm meinen BH, steckte ihn in meine Manteltasche und steuerte das nächste Taxi an.
Im Taxi nahm mich mein Basti in den Arm und sagte: „Ich liebe Dich, und danke für dieses wunderschöne Erlebnis.“ „Wieso“ fragte ich, „warst Du nicht beteiligt?“ Er grinste.
Im Hotel fielen wir ziemlich fertig ins Bett. „Waren wir das wirklich im Club“, fragte Basti, als ich mich an ihn kuschelte. „Tja, was wissen wir schon wirklich von dem, was in uns schlummert, “ antwortete ich.
Genauso hat alles angefangen, mit einem Besuch im Kit-Kat-Club.
Erste „Gehversuche“ im Club
Samstag, der 05.11.2000
Wir hatten beschlossen, einen Swingerclub zu besuchen. Naja, zumindest vorgenommen hatten wir es uns. Über das Internet erhielten wir ausreichend Information und fanden recht schnell einen, unserer Meinung nach passenden Club, sogar in der Nähe.
Tagsüber arbeiteten wir im Haus, wir waren seid geraumer Zeit am renovieren, und hingen jeder unseren Gedanken nach.
Gegen Abend begann das gleiche Spiel wie noch vor kurzem in Berlin, vor dem Besuch im Kit-Kat. „Schatz, wenn Du zu müde bist, bleiben wir zu Hause. Wir brauchen wirklich nicht hin, wenn Du nicht möchtest“, meinte Bast. Äähhhhh - was sollte das schon wieder? Wir waren doch beide neugierig. Kit-Kat war eine Sache – der Swingerclub eine andere. Und die wollte ich auch kennenlernen. Mann, immer dieses Versteckspiel! Das ging ja schon seid einigen Wochen so. „Ich würde ja gern, aber nein, lass` mal, brauchen wir auch nicht. Muss wirklich nicht sein.“ So malträtierte mich mein Schatz schon länger. Ich hatte die Nase langsam voll. Wenn er dahin möchte, dann gehen wir. Was kann denn schon passieren!!! Wenn wir nicht gingen, würde er vielleicht mit 60 Jahren feststellen, dass er gerne einen Club besucht hätte, dies aber nicht konnte, weil ich nicht wollte, oder wie? Dann würde er mich dafür verantwortlich machen, dass er im Leben nicht alles gesehen hatte, was ihn interessiert.. Ne, ne........solche Geschichten hatten wir schon oft genug gehört. Soll er doch seine Neugier befriedigen. (Meiner Neugier kam das zugegeben, auch zu Gute, aber das sagte ich natürlich nicht laut!!!)
„Schatzi“, fing ich an, „wenn Du Dir das angucken möchtest, dann fahren wir halt hin. Wo ist Dein Problem“. „Ja aber nur, wenn Du auch wirklich willst“, kam die Antwort. “Herrgott noch mal, natürlich wollte ich, aber das sage ich Dir nicht“, dachte ich genervt. „Ach, weißt Du, so ein kleines bisschen neugierig bin ich ja auch, und Dir zu liebe.........“. Ich sah ihm mit einem sehr gekonnt ergebenen Blick tief in die Augen. (Ich weiß, gemein, aber doch recht geschick, odert???)
„Wo wollt ihr denn hin“, fragte Sabrina, unsere Jüngste und betrachtete sichtbar irritiert mein Äußeres. War gar nicht so schlimm. Schwarzer Mini, Strümpfe (die sie ja nicht sehen konnte, weil der Rock damals noch nicht ganz so kurz war!), eine schicke schwarze Bluse und – ja...... High Heels. Ich gebe zu, die hatte sie noch nicht gesehen. Allerdings kannte sie mich bis dato überwiegend in Jeans oder Blümchenkleidern. „Ey, geil“, rief Raoul, Sabrinas Bruder, der gerade die Treppe herunter kam. „Siehst spitze aus Ma“, sagte er und fing sich von Sabrina einen missbilligenden Blick ein. „Naja“, meinte sie spitz, „bin ich anderer Meinung.“ Basti kam aus dem Schlafzimmer und schmunzelte. „Gefällt Dir Deine Mutter so nicht“, fragte er Sabrina. „Ich weiß nicht“, antwortete sie, „aber ich glaube nicht, dass man so rumlaufen sollte, wenn man vier Kinder hat.“ „Ey wie bist Du denn drauf!“ Raoul konnte sich vor lachen kaum halten. „Guck Dir mal andere Mütter an, soll unsere Ma auch so rumlaufen? Faltenrock und Rollkragenpulli? Na, super! Ne, danke, ich finde sie sieht geil aus“. Damit war für ihn das Thema erledigt, und er widmete sich der Fernsehzeitung.
„Und“, fragte Sabrina nochmals, während sie sich vor mir aufbaute „darf man jetzt wissen wohin ihr geht?“ Basti und ich sahen uns an. „Ähhhhh.... zu Freunden. Es hat jemand Geburtstag“, antwortete Basti. „Ach“, konterte Sabrina, „ und seit wann geht ihr so aufgestylt zum Geburtstag?“ Ich sah Basti kurz an, schob Sabrina zur Seite und sagte: „Seit heute, mein Engel, seit heute. Und wenn Du in meinem Alter bist, darfst Du gern Faltenröcke und dicke Pullover tragen. Ich werde es Dir nicht verbieten, ok? Aber bis dahin ziehe ich nach wie vor das an, was mir gefällt. Können wir uns darauf einigen?“ Schmollend zog Sabrina sich in ihre Sofaecke zurück.
„Na gut“, sagte Basti, „noch weitere Diskussionspunkte oder dürfen wir jetzt gehen?“ „Viel Spaß“ wünschte uns Raoul und Sabrina drückte sich ein doch eher knurrendes „ja, wünsch ich Euch auch“ heraus.
„Ich hätte nie gedacht, dass wir uns vor unseren Kindern noch einmal rechtfertigen müssen, darüber wohin und vor allem wie wir gehen“, sagte Basti im Auto lachend. „Ja, ja“, antwortete ich, „die Zeiten ändern sich. Ich war damals froh als meine Mutter anfing ein bisschen mehr aus sich zu machen. Und es hat mir unbändige Freude gemacht, ihr das Schminken beizubringen. Kinder sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Muss glaube ich, mal ein ernstes Wörtchen mit unserem Töchterchen reden.“
Der Club lag mitten in einer der belebtesten Straßen der Stadt. Nicht, dass ich ein Problem damit hätte, aber ich arbeitete hier, u. a. auch als Frauenbeauftragte, und ich malte mir gerade aus, mir würde einer meiner Kollegen oder gar der Chef über den Weg laufen. (Berlin ist Berlin......aber diese Stadt ist eben doch in solchen Dingen eher ein Dorf!) Hilfe!!! Ein verstohlener Blick nach rechts und nach links. „Hoffentlich ging die Tür gleich auf“, dachte ich. „Es musste ja nicht jeder sehen, dass wir hier rein wollten. „Ja bitte“, klang es aus der Gegensprechanlage vor der Tür. Ich sah Basti an. Wie, ja bitte, was für eine Frage sollte das sein? Wer hier klingelt, wollte ja wohl rein. Warum musste man das noch abfragen? „Äh, wir wollten den Club besuchen“, stammelte Basti ziemlich hilflos in die Sprechanlage. „Ok, komme sofort runter“, tönte die Antwort. Genervt und unsicher schaute ich mich nach allen Seiten um. Eine Ewigkeit später wurde die Tür endlich geöffnet. Ich fiel fast hinein, nur um schnell von der Straße zu kommen.
„Hallo“, sagte eine Stimme, „seids ihr das erschte Mal in einem Club.“ „Ähhh.......ja wieso“, dachte ich. „Oh scheiße, konnte man das so deutlich sehen“? Natürlich konnte man. So duselig und eingeschüchtert konnten sich nur Anfänger benehmen!!!
„Nö“ beeilte ich mich zu antworten, „wir waren schon in Berlin im Club“. (Sollte heißen, halte uns nicht für Trottel, wir kennen uns aus. Was ist dieses Kaff denn gegen Berlin....... Wir waren im Kit-Kat!!!) „Ich meinte nur einen Arbeitskollegen gesehen zu haben, und, natürlich stehen wir zu dem was wir machen, aber man muss ja nichts heraufbeschwören. Du weißt ja wahrscheinlich besser als wir, wie die Allgemeinheit zu Swingerclubs steht“, versuchte ich zu erklären. Puuuuuhhhhh......., war das hier so warm, oder lief nur mir das Wasser den Rücken hinunter? Mein letztes bisschen Selbstbewusstsein zusammenkratzend sah ich meinem Gegenüber ins Gesicht. Männlich, klein, ziemlich klein für einen Mann, Goldketten um Hals und Handgelenke, kurz, unangenehme Erscheinung fand ich, Typ Loddel. Damit hatte ich bereits meine Schublade für ihn gefunden.
„Ok,“ sagte mein Gegenüber mit unverkennbar bayerischem Dialekt (nun hatte das Männlein nicht nur die für mich stimmige Schublade, sondern auch einen Namen – Ludensepp), „dann geh` ma mal als erschtes in die Umkleidekabinen. Dort könnts ihr Euch umziehen, kummts dann die Treppen nauf an die Bar und i zeig` Euch hernach die Räumlichkeiten.“ Na klar – genau so hatten wir das erwartet, kannten wir doch gar nicht anders!
Verstohlen sahen wir uns in der Umkleidekabine um. Etliche, abschließbare Spinde an den Wänden, gedämpftes Licht und jede Menge eindeutig, zweideutige Bilder an den Wänden. „Naja“, sagte ich, „dann wollen wir mal,“ und zog meinen durchsichtigen Zweiteiler, Rock und Büstier – erst vor einigen Wochen erstanden, aus der Tasche. „Hey Schatzi, Du siehst umwerfend aus, hab` ich ja noch gar nicht gesehen“, bemerkte Basti und zog mich in freudiger Erwartung an sich. „Männer dürfen alles essen, aber nicht alles wissen“, versuchte ich so überzeugend wie möglich zu antworten. Er musste ja nicht merken, dass ich mich im Moment doch ziemlich unwohl in meinem Outfit fühlte. Wenn die durchsichtige Bluse im Kit-Kat schon offenherzig war, so war ich in diesem Ensemble eigentlich nackt. „Egal, da müssen wir jetzt durch. Mit gehangen ist mit gefangen“, versuchte ich mich zu beruhigen und sah wohlwollend auf meinen Mann. Ihm hatte ich sein durchsichtiges Shirt aus Berlin und eine kleine, süße Boxershorts eingepackt. Er sah schon zum Anbeißen aus! „Fertig“, fragte er. „Jup, auffi gehts“, antwortete ich und schob ihn vor, denn, wie schon erwähnt, ich bin doch schüchtern – eigentlich.
„No, da seits ihr jo,“ wurden wir an der Bar etwas zu überschwänglich vom Luden-Sepp, der eigentlich Rocko hieß, begrüßt. „Hallöchen,“ säuselte mir eine Piepsstimme ins Ohr. „Ihr seid also noch nie in einem Club gewesen?“ Täuschte ich mich, oder schwang da so etwas wie leichte herablassende Verachtung mit? Hä? Ich drehte mich um und sah eine stark silikonunterfütterte, recht attraktive Blondine vor mir. („Na Mädel“, dachte ich, „wollen wir mal heiteres Berufe raten spielen?“) Ich konnte mir nicht helfen, aber bei ihrem Anblick mir fiel sofort die horizontale Abteilung ein! Nicht das ich der Meinung sei, wohl gepolsterte, attraktive Blondinen müssten zwangsläufig dieser Berufssparte zuzuordnen sein, aber bei ihr konnte ich beim besten Willen keine andere Möglichkeit sehen. (Beileibe kein Vorurteil, sondern eher weibliche Intuition.)
War ihr Blick herablassend, oder kam es mir nur so vor? „Nein, nicht wirklich, wir waren bislang nur in Berlin unterwegs“ antwortete ich betont gelassen. „Na, dann kennt ihr Euch ja bestens aus“ sagte Piepsi, die eigentlich Babsi hieß. „Kannst Du nicht einmal Deine vorlaute Klappe halten“, raunte mir Basti ins Ohr. Ich überhörte das natürlich und schenkte Piepsi mein unschuldigstes Lächeln. „Nett habt ihrs hier,“ hörte ich mich sagen. Piepsi schaute noch etwas arroganter als zuvor und meinte überheblich: „Wir sind hier auch der beste Club weit und breit, da könnt ihr fragen, wen ihr wollt.“ „Ach was, schau an“, dachte ich, „als hätte ich mir das nicht denken können.“ „Hey Babsi, zeig` den beiden mol den Rescht vom Haus, gell“, rief Luden-Sepp vom Tresen aus. Wir zuckelten brav durch alle Räume hinter Piepsi her. Der Club war wirklich nett eingerichtet, ein bisschen plüschig und für meine Begriffe zu viel rot, aber alles in allem recht nett. Warum allerdings so viele kleine Zimmer, mit nur einem französischen Bett und gleichzeitiger Waschgelegenheit vorhanden waren, wollte mir nicht so ganz in den Kopf. Allerdings...... wenn ich mir Piepsi so ansah? .Naja......ähhhh.....nein, nein........ich wollte keine vorschnellen Schlüsse ziehen.
Wir wussten aus unseren Recherchen im Internet, wie die meisten Clubs aussahen. Eigentlich ähnelten sie sich von den Räumlichkeiten her alle ein wenig. Es gab große Spielwiesen, auf denen ausreichend Paare Platz hatten, und in der Regel ein bis zwei kleinere sog. Paare Zimmer, in denen sich die Paare auch allein vergnügen konnten, sofern ihnen das große Spielfeld doch nicht so sehr zusagte. Aber so viele Paare Zimmer??? Wollten sich hier alle tatsächlich lediglich zu zweit vergnügen? In mir keimte ein schrecklicher Verdacht. Ich erinnerte mich, dass sich zwei Klingelschilder an der Eingangstür befanden. Das eine gehörte zu einem „Haus der Freuden“ und das andere wies den Namen des Clubs aus. Ich stupste Basti so lange in die Rippen, bis er sich umdrehte. „Das ist ein Puff“, zischte ich ihm zu. „Du spinnst“, war seine Antwort, „was machen dann die ganzen Paare hier!“ „Die sind genauso reingefallen wie wir, und trauen sich nur nicht, dass zuzugeben,“ erklärte ich flüsternd. „Schatzi, Du hast eine wirklich bemerkenswerte Fantasie“, lachte Basti leise und drückte mir meine Cola in die Hand. Wir waren mittlerweile von unserem Rundgang zurück gekehrt und saßen an der Bar. „No, was sagts ihr, is doch schee hier, gell,“ fragte Luden-Sepp. „Ja, ja, doch ist nett“, beeilte ich mich zu sagen. „Wenns ihr Hunger habts, am Buffett ist noch g`nug do, greifts ruhig zua.“ (Ein Lude mit bayerischem Akzent hatte ja fast etwas süsses.....) Er zwinkerte mit den Augen und ich lächelte ihm zu. (Ich hoffte, dass er die Dankbarkeit in meinem Lächeln für diesen „Rettungsanker“ nicht bemerken würde).
Die vielen Menschen, es waren ungefähr 18 Paare und einige Einzelherren, ja sogar die ein oder andere Solodame hatte ich registriert (na, die trauen sich was!!!), die gespielte Überlegenheit, die ich mühsam versuchte an den Tag zu legen, die neuen Eindrücke, all das war doch etwas viel für mich, und ich sehnte mich nach einer ruhigen Ecke, um die ersten Eindrücke mit meinem Mann zu tauschen, und das Ganze natürlich erst einmal aus sicherer Entfernung zu betrachten.
„Sag` mal, kannst Du Dich nicht ein wenig zurück halten“, fragte Basti mich, während er sich den Teller mit belegten Broten und dergleichen mehr belud. „Wir wissen doch gar nicht, wie das hier abläuft. Den ein oder anderen Tipp könnten wir schon brauchen. Du tust ja gerade so, als wären wir die Clubgänger schlechthin.“ „Na und, besser als wenn man uns für Deppen hält. Und was wir wissen müssen, werden wir schon noch in Erfahrung bringen“, verteidigte ich mich, aber ich wusste, dass er Recht hatte und nahm mir vor, mich etwas zurück zu halten. Allerdings konnte ich mir ein leises „und es ist doch ein Puff“ beim besten Willen nicht verkneifen. Basti schüttelte den Kopf. „Wenn Du Dich nicht wohl fühlst gehen wir wieder“, sagte er etwas genervt, „es ist wichtig, dass Du Dich wohl fühlst, dass weißt Du doch.“ „Nein, will ich ja gar nicht. Ich will nur nicht tatsächlich in einem Bordell sein.“ „Glaubst Du die anderen Paare wären noch hier, wenn es so wäre“, sagte er zwischen zwei Bissen. Naja, vielleicht hatte er ja Recht, und ich sah Gespenster – vor allem vor dem Hintergrund unseres „umfangreichen Wissens“ bezüglich der Swingerclubs. Ok, ich würde meine Klappe halten – vorerst. Aber skeptisch blieb ich.
Nach dem Essen machten wir uns es auf einem der vielen Sitzecken bequem und gingen unserm gemeinsamen Hobby nach – Menschen beobachten. Es gibt nichts schöneres! In einem Cafe, einem Restaurant oder einer Kneipe die Menschen eingehend zu beobachten war immer schon spannend, dass hier war ungleich spannender und zugegeben – auch aufregender. Die Balztänze der Einzelherren, die sich allerdings immer echt schnell handelseinig wurden mir den Solodamen bzw. Paaren waren köstlich zu beobachten. Nach kurzer Zeit gesellte sich ein doch recht attraktiver Mann zu uns und fragte direkt, ob wir das erste Mal hier wären. Wir unterhielten uns recht nett und beschlossen nach einiger Zeit einmal in den wichtigeren Räumen „nach dem Rechten“ zu sehen. Tja – der Rest ist wieder Schweigen und der Fantasie des Lesers überlassen.
Es war doch ein recht schöner Abend, und Luden-Sepp und Piepsi hatten durchaus ihre netten Seiten. Sie bemühten sich sehr um ihre Gäste, dass musste ich fairer weise zugeben. Verabschiedet wurden wir auch recht freundlich, mit dem Wunsch auf ein baldiges Wiedersehen. (Naja klar, Geschäft ist Geschäft.)
Zu Hause in unserem Bett ließen wir den Abend Revue passieren. „Was man so alles für Vorlieben entdecken kann“, meinte Basti. „Ich hätte nie gedacht, dass wir uns derart entwickeln können. Aber es ist schön, dass alles mir Dir zu entdecken“, fügte er hinzu. „Das finde ich auch“ sagte ich und kuschelte mich an ihn.
Tag der Veröffentlichung: 23.01.2011
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