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Wilhelm Ostwald
1853 bis 1932


Die Vision eines großen Gelehrten



Ist sie nun durch die Entwicklung der Technik unmittelbar erzielt worden? Der Achtstundentag wird sich wahrscheinlich noch verkürzen, ja, es lässt sich noch nicht absehen, wo dieser Vorgang halt machen wird. Unter allen Umständen wird aber die Abkürzung der beruflichen Arbeitszeit der Menschheit eine nie geahnte Fülle freier Zeit bringen. Dies wird wieder eine vollständige Umwandlung der sozialen Umstände bedingen. Es lässt sich schon jetzt voraussagen, dass sie im Sinne der Auflösung der Großstädte und der Ausgestaltung der Gartensiedlung erfolgen wird. Die Großstädte sind zu einer Zeit entstanden, als die Mittel des Verkehrs der Menschen ebenso wie der Energie noch nicht entwickelt waren. Die Dampfmaschine konnte mit Riemen und Transmissionen nur kleine Räume beherrschen: somit mussten die Arbeiter zusammengepfercht werden. Heute gestattet die Elektrizität als Mädchen für alles eine fast beliebige Lockerung der Betriebe, und die Normung ermöglicht eine sehr weitgehende räumliche und zeitliche Unterteilung des Werkes. Heimarbeit wird in weitem Umfange möglich; sie wird aber nur wenige Stunden täglich in Anspruch nehmen. Garten- und Hausarbeit wird einen Teil der freien Zeit ausfüllen.
Wir wollen hier nicht im Einzelnen darlegen, wie viel glücklicher sich ein solches Dasein gestalten wird, wenn erst die schweren Übergangsjahre überwunden sein werden. Sondern es soll die große Frage berührt werden, welcher gute und wertvolle Inhalt für die freie Zeit gefunden werden kann. Hierauf ist nur eine Antwort erkennbar: die Kunst allein kann einen solchen Inhalt geben. Allerdings nicht nur die „hohe“ Kunst, die wegen des immer einigermaßen beschränkten Kreises ihrer Liebhaber oft genug bedenklich künstlich zu werden droht. Sondern eine reiche und mannigfaltige Kunst, dass sie jedem eine Gabe zu bringen vermag, die ihn erfreut und beglückt. In der Tonkunst haben Mozart und Schubert solche Ziele erreicht, und jeder mag sich in den anderen Künsten nach ähnlichen Meistern umsehen.
Ungern versage ich mir eine Schilderung der freudevollen Möglichkeiten, die sich hier auftun, namentlich wenn man die fast unbegrenzten Mittel der heutigen Technik in den Dienst dieser schönen Aufgabe gestellt denkt.
Das ist die Zukunft der Kunst. Sie kann größer und bedeutsamer kaum gedacht werden.



Die Kunst der Zukunft



Von der Kunst der Zukunft habe ich kaum eine Vorstellung.
Mir ist allerdings klar, dass es immer etwas Neues, noch nicht „Dagewesenes“ sein wird. Künstler, besonders junge Künstler haben immer das Bedürfnis, etwas Besonderes und Einmaliges zu kreieren.
Es wird vermutlich viel mit moderner Technik zu tun haben, wie beispielsweise der Lichtkunst, der beweglichen Kunst, der temporären Kunst, wie z.B. Sand- und Eisskulpturen. Ich denke auch an die Verpackung des Reichstags oder an die Dokumenta.
Auch die Kunst im öffentlichen Raum hat stark zugenom-
men.
In zunehmenden Maße glaube ich, dass sich auf dem Gebiet der Computerkunst sehr viel entwickeln wird.
Durch diese genannten Dinge kann ich mir vorstellen, dass es eine Fülle an Kunst geben wird, die bisher noch nie da war.
Es ist zwar sehr faszinierend und interessant, aber dennoch würde ich es persönlich sehr bedauern, wenn das, was man bisher als traditionelle Kunst verstand, mehr und mehr in den Hintergrund treten würde.
Ich hoffe nicht, dass sie durch „Überschwemmung“ in eine „langweilige“ Ecke gestellt wird, wie zuweilen in der Musik die sogenannte leichte Muse (Volksmusik) und auch die Operetten- und teilweise Opernmusik.
In der klassischen Musik glaube ich allerdings, dass sie nicht durch Neues zu schlagen ist. Sie ist und bleibt Musik von höchster Qualität. Das trifft auch für die Werke großer Meister in der Malerei zu.
Die Auswahl an Kunst wird immer größer werden und somit dürfte für jeden Geschmack etwas dabei sein.

Text: Clara
2 Fotos: Clara




Ein Beispiel von Lichtkunst in ständiger Bewegung,
das anl. der Ausstellungen "RUHR "2010"
gezeigt wurden.



Metallskulptur in ständiger
Bewegung durch Wind.



Wie stelle ich mir die Kunst der Zukunft vor.



Über diese Frage habe ich mir ehrlich gesagt noch nie Gedanken gemacht.
Aber sie ist interessant genug, um sich darüber einmal Gedanken zu machen.

Ich fange mit meiner Lieblingskunstrichtung an, der Musik. Ich gestehe, dass ich dabei ein wenig im Internet recherchiert habe, um zu erfahren, wie die Experten darüber denken bzw. welche Vorstellungen sie haben.
In der Musik könnte es vielleicht so in der Zukunft sein, wie es Uwe Schmidt, bekannt als Senor Coconut mit seinem Publikum gemacht hat. Er nahm es mit auf eine Weltreise.

Er hat ein Welthit mit seinem Orchester neu eingespielt. Der Hit wurde mit elektronischen Klängen vermischt und erneut zusammengesetzt, Daraus ist eine harmonische Mischung aus traditionellem Latin-Bigband-Sound und elektronischem Beats herausgekommen. So hat er es mit vielen anderen Welthits gehandhabt. Ich finde eine interessante Musikrichtung, die man sich durchaus einmal anhören sollte.

Doch ich glaube, dass es zumindest für mich kein Genuss wäre. Sie würde mir bestimmt keine Gänsehaut verursachen oder mich zu Tränen rühren können. Nicht so wie die alten Meister, Mozart und Verdi zum Beispiel , deren Musik auch noch nach 300 bzw. 200 Jahren gespielt wird und wohl auch noch in den nächsten 300 Jahren viele Anhänger finden wird.
Eine andere interessante Sache habe ich beim Weiter-
recherchieren gefunden.

Die Kunst am Körper

:

Der Performance Künstler Stelarc macht seinen eigenen Körper zum Kunstprojekt. Seine Roboterhand steuert er mit Hilfe von Muskelspannung. Er hat sich ein künstliches Ohr auf den Unterarm transplantieren lassen. Dafür hat er 2010 den Ars-Electronica-Preis für Hybrid-Art gewonnen.

Obwohl er das Ohr wieder entfernen musste, weil es begonnen hatte zu eitern, macht sich Stelarc weiterhin konsequent zum Cyborg, zu einem Mischwesen aus Mensch und Maschine.

Könnte das die Kunst der Zukunft sein?

Nichts für meinen Geschmack. Aber über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten.

Oder vielleicht das?

In dem Museum „Hamburger Bahnhof „ in Berlin zeigt der neue Direktor Udo Kittelmann wie das Kunstmuseum der Zukunft aussehen könnte.

Nur ein Schemel, dem jemand ein Fahrradvorderrad aufgeschraubt hat, soll die kolossalen Weiten dieser Halle füllen. Der Fahrradschemel gilt als erstes Readymade der Kunstgeschichte und als Durchbruch für die moderne Kunst.

Dieses Projekt war 1913 schon aus einer Laune heraus im Atelier von Marcel Duchamp entstanden. In den Weiten des Raumes wirkt der Schemel geradezu verloren, als sollten endlich alle begreifen, wie unscheinbar, wie zerbrechlich die Anfänge der Moderne waren.
Sicherlich auch eine interessante Kunstrichtung. Wenn ich mal wieder in Berlin bin, werde ich dem Hamburger Museum bestimmt einen Besuch abstatten.

Aber begeistern wird mich diese Kunst sicherlich nicht. Ich erfreue mich lieber an so Skulpturen wie „Der Denker„ von Rodin, oder Michelangelos „David“ oder das „Männeken Pis in Brüssel, „ lach. Das ist etwas Reales. Für die abstrakte Kunst hört mein bisschen Kunstverständnis auf. Aber meine Meinung ist ja eh nicht gefragt.

Schemel mit Fahrradvorderrad



Text und Bild Dora


Die Kunstwelt auf den Weg in eine
Kulturindustrie




Kunst ist eine Wachstumsbranche. Noch nie gab es so viele Künstler, so viele Galeristen und so viele Museen, Biennalen und Messen hierzu, auch
der Handel mit Kunst scheint anhaltend zu boomen.
Gleichzeitig wird die bildende Kunst in der Gesellschaft, wie in der Politik so wert geschätzt wie nie zuvor.
Es gibt nichts mehr auf der Welt, das nicht Kunst ist.
Die Vase, die Lampe, die Zeitung, das Abendessen,
der nackte Modefotograf, das Schwein, die Ratte,endlos ist die Liste.
Weil inzwischen alles Kunst geworden ist, brauchen sich die Künstler auch nicht mehr darüber zu streiten, was denn Kunst sei. Die Öffnung der Künstler hin zum Markt, hat ihn groß werden lassen.
So wird es in der Zukunft schwierig sein,den Kunstbegriff einzuordnen.
Ich weiß es nicht, aber die Zukunft wird es zeigen.




Dieses Bild habe ich in einer Ausstellung gesehen.
Bilder der Zukunft stand auf einen Plakat.
Das hat mir gut gefallen so leuchtende schöne
Farben.

Text und Bild Waltraud


Die Kunst der Zukunft



Es scheint, dass viele von ihr geradezu erwarten, sie möge schräg, radikal und provokant sein. Für das Unangepasste, Experimentelle, Originelle, für all das, worauf die subver-
siven Künstler großen Wert legen, können sich mittlerweile etliche Menschen begeistern.
Subversive Kunst entsteht nur in der heiklen Balance aus künstlerischem Eigensinn und politischem Drängen. Im Hintergrund der Kunst muss etwas aufleuchten, das von einer Alternative kündet, von einer gesellschaftlichen Gegenwelt. Solange das nicht gelingt, solange es an Utopien mangelt, wird subversive Kunst kaum mehr sein als selbst verliebte Folklore. Ein großer Spaß für alle, ohne große Folgen.
Wird die Kunst hohl?
Sie wird sich dagegen sträuben und versuchen noch schräger zu werden, noch provozierender und unange-
passter. Ich vermute, dass damit keine Zunahme an Gehalt verbunden sein wird. Man macht sich immer mehr vor und interpretiert. Dieses solange, bis gar nichts mehr geht, bis man sich wieder auf Altes besinnt und es mit neuem Gedankengut zu koppeln sucht.
Doch man wird sich auch wiederholen. Ich persönlich fände Wiederholungen nicht verwerflich. Unser Leben baut schließlich auf Wiederholungen auf, wenn auch in neuem Gewande. Kunst wird es immer geben, so viel ist sicher.


Text Helga



Bild Nora

Angels Gedanken und Fragen.

Wie wird sie aussehen, unsere Welt und die Kunst darin in vielleicht Fünfzig oder Hundert Jahren?

Schauen wir auch nur Fünfzig oder Hundert Jahre zurück in die Geschichtsbücher und Überlieferungen, dann haben wir eine ungefähre Vorstellung wie die Kunst in der Zukunft aussehen kann.

… natürlich macht sich jeder Mensch darüber Gedanken, je nachdem wie viel Zeit er noch hat, sie zu erleben.
Er wird sich irgendwann fragen,
gibt es noch Bücher, lesen wir noch, oder gibt es nur noch Digitales, Instrumentiertes, werden wir zu Robotern und Maschinen?
Sicherlich wird die Kunst noch bizarrer werden, aussterben wird sie nie, nur andere Formen und Gestalten annehmen, noch ausufernder, noch auffälliger, vielleicht noch pompöser und abstrakter, weil der Mensch sich nie mit dem zufrieden gibt, was bisher als Kunst angesehen wurde, sondern immer weiter vorwärts strebt.
Werte, Ansichten, Geschmäcker werden sich verändern, und heute fragt man sich vielleicht, tauchen, auch in der Kunst – neue Begriffe und Definitionen auf, in immer größeren Dimensionen?
Unsere Phantasien werden nicht ausreichen uns vorzustellen, was sich der Mensch - im Bestreben - vorwärts - größer – höher – schneller – weiter zu entwickeln, alles neu ausdenkt.
Es ist nicht anzunehmen dass sich der Mensch zum Neandertaler rückentwickelt und zu grunzen anfängt, die Sprache verliert, auf allen Vieren krabbelt und sich mit Wandmalereien an Höhlenwänden begnügt.
Die Zeit – noch nicht so lange her, ist, denke ich, lange vorbei.
Kriege, Länder, Sitten und sein unbändiger Hunger nach Erfolg haben ihn zu einem erfolgsverwöhnten Monster gemacht, der Mensch weiß längst, was er alles in seinen Höhenflügen erreichen kann.
Er baut Atombomben deren Kräfte Welten zerreißen, wälzt Regenwälder platt, ruiniert die Natur und dezimiert sich selbst durch Kriege wie vor Dreihundert Jahren.
So wird er wohl auch in der Kunst Wege finden, anderen und sich selbst zu beweisen, dass es immer neue Varianten, auch in der Kunst gibt, denn der Mensch steht in dem Ruf unersättlich und immer neugierig zu sein.
Vielleicht leben dann einige von uns auf dem Mond und erforschen das Weltall um uns weitere Welten und Lebenspläne zu erschließen.
Vielleicht lernen wir andere Lebensarten kennen, die uns Menschleins einen ganz anderen, uns völlig unbekannten Kunstsachverstand in Ausdruck und Gestaltung näher bringen.
Wir wissen es nicht.
Ob für uns noch einiges erkennbar darin sein würde, was wir in unserem kurzen Erdendasein kannten und bewunderten, womit wir aufwuchsen und lebten, ist gleichzeitig Hoffnung und Frage.

© Angelface


Wie stelle ich mir die Kunst der Zukunft vor?



Ein Szenario was ich mir so nicht unbedingt wünsche aber meine Phantasie malt es sich aus.
Ich denke an die nahe Zukunft, die noch überschaubar ist, und etwas in ganz weiter Ferne.
Es wird andere Techniken geben und auch technische Kunst wird weiter ausgebaut.
Roboter werden vieles im Alltag übernehmen.
Die Maler mit Farbe und Pinsel wird es sicher geben, aber die Motive sind der jeweiligen Zeit genau wie heute angepasst.
Es wird andere Farben geben, mehr bemalte Häuserfronten, Sprayer haben Hochkonjunktur.
Da wo wir heute den Kopf schütteln, wird morgen jemand sagen „fantastisch“.
Die Fotografie und Computerkunst entwickelt sich in allen Feinheiten weiter.
Vielleicht hat jeder ein kleines Gerät in der Hand und malt mit den Fingern, konstruiert mit einem Stift ein Gebäude auf einem kleinen Display. Ideen werden in einem Minicomputer festgehalten. Das gibt es ja heute schon in manchen Branchen. Der Skizzenblock fällt unter den Tisch, es gibt Skizzenprogramme für alles.
Was danach kommt…
Alles was in der Natur als Abfall vorkommt wird zu Kunst verarbeitet.Müll wird recycelt, für Kunstprojekte entsteht neues Material.Häuser werden aus verwertetem Müll gebaut, zu Kunstprojekten, wie Kirchen und Architektur, von früher verwendet.
Die großen Städte wird es in der Form in Deutschland nicht mehr geben weil sie verfallen, weil die Menschen aussterben und dass was sie zum Überleben brauchen kostbar und teuer wird, vom Wald bis zum Wasser und dem Boden von dem sie ernten.
Mag sein, meine Phantasie geht mit mir durch, aber die Menschen werden kein Auto mehr fahren. Das Flugrad wird neu erfunden mit Solartechnik. Die Menschen werden sich in die Lüfte erheben und mit einem Rucksack zum Einkaufen fliegen. Auch diese Erfindung wird für mich zur Kunst der Zukunft.
Eines wird immer die Menschen erfreuen, die Musik.






Natur und Technik

Text und Bilder © Klärchen


Verliert die Kunst ihre Einzigartigkeit?



Ich fürchte, dass die Kunst im Zeitalter der Computertechnik ihre Einzigartigkeit verlieren wird. Heute halten sich doch schon viele, die mit einem Bildbearbeitungsprogramm umgehen können, für Künstler. Natürlich ist es interessant, mit verschiedenen Fotoaufnahmen zu experimentieren. Aber das sollte ein Hobby bleiben. Ebenso gibt es Programme, mit denen man Musik komponieren kann. Das sehe ich auch sehr skeptisch. Nur wahre Künstler können mit Computern Kunstwerke schaffen.

Durch die neuen Techniken gibt es auch neue Kunst, zum Beispiel die Sandmalerei. Ohne die Aufzeichnungen könnte man diese Art der Kunst gar nicht mitverfolgen. Aber auch hier gibt es schon wieder viel zu viele Nachahmer. Reale, neue Kunst wie Bilder, Bauwerke und Skulpturen sind mir persönlich meist zu abstrakt. Mir fehlt dabei die Seele eines Werkes.

Da Raffaels Engel aus seiner "Sixtinischen Madonna" immer noch sehr bekannt und beliebt sind, bin ich zuversichtlich, dass die alten Meister auch in der Kunst der Zukunft präsent sein werden. Die Seele der Kunst wird nicht verloren gehen. Vielleicht erkenne nur ich in neuen Kunstwerken keine Seele?


Monirapunzel




Bild: http://www.flickr.com/photos/wm_archiv/3635059572/


recherchiert:

Die Kunstwelt auf dem Weg in eine Kulturindustrie
Die Zukunft der Kunst
Thomas W. Eller
16. März 2005



Kunst ist eine Wachstumsbranche. Noch nie gab es so viele Künstler, so viele Galeristen und so viele Museen. Jedes Jahr kommen neue Museen, Biennalen und Messen hinzu und auch der Handel mit Kunst scheint anhaltend zu boomen. In New York gibt es noch immer freies „Spielgeld“, das den Weg zurück an die Börse nicht gefunden hat. Der dortige Immobilienhandel hat kräftig zugelegt und die Gewinne wollen angelegt sein. Dass Geld in die Kunstwelt fließt, hat also neben der zweifellos authentischen und ernst zu nehmenden Leidenschaft der Sammler auch andere, spekulative Gründe. Ganz deutlich lässt sich dieser Trend an der Vielzahl von Publikationen wie ARTinvestor oder artfacts.com ablesen, die auf dünner Datenbasis fußende Statistiken über den Kunstmarkt präsentieren. Kunst wird als Anlageform ernst genommen, und zwar auch in den Private Wealth Departments der Banken. Nicht enden wollen die Spekulationen um Fonds, die in bildende Kunst investieren. Geld und Kunst waren sich wahrscheinlich nie so nahe.

Gleichzeitig wird bildende Kunst in der Gesellschaft wie in der Politik so wert geschätzt wie nie zuvor. Ohne Kunstausstellung kann kein internationaler Sportevent mehr stattfinden. Die deutschen Städte versuchen sich als Hauptstädte der Kultur zu profilieren und die Unternehmen haben ein ausgeprägtes Interesse an der Repräsentation durch Kunst entwickelt. Kunst ist das sine qua non von heute. Damit hätte die Kunst gewonnen, so könnte man denken, und die alte Utopie, Kunst ins Leben umzugießen, sei wahr geworden. Es gibt nichts mehr auf der Welt, das nicht unter Kunstverdacht steht. Die Vase, die Lampe, das Bett, die Zeitung, das Auto, das Abendessen. Das Plakat, die Rutschbahn, das Schwein, die Ratte, die Taube. Der flüsternde Eintrittskartenverkäufer, der nackte Modefotograf, der gebrauchte Tampon, der verschrumpelte Haifisch. Endlos ist die Liste der auratisch aufgeladenen „Bindestrich-Objekte“ zwischen Kunst und dem Rest der Welt. Daneben gibt es – wieder oder immer noch – das traditionelle Tafelbild, ob mit oder ohne Zentralperspektive ist dann auch schon egal. Zeichnung, Skulptur, Fotografie, Video ­– alles kann benutzt werden und wird benutzt. Aber nicht nur das Objekt ist Kunst, auch der Diskurs, die Ökonomie und die Politik natürlich auch. Sogar der Protest findet gesellschaftlich gesehen fast ausschließlich in der Kunst statt. Soziale Plastik, der erweiterte Beuys’sche Kunstbegriff ist inzwischen zu einem dauerhaften „Wir wollen Sonne, statt Reagan“ – so gab es der Meister gekonnt unmusikalisch in den friedensbewegten 1980er Jahren zum Besten – geworden.

Weil also inzwischen alles Kunst geworden ist, brauchen sich die Künstler auch nicht mehr darüber zu streiten, was denn Kunst sei. Die Öffnung der Künstler hin zum Markt hat ihn groß werden lassen, denn ideologische Kämpfe über den Kunstbegriff lassen sich in einen wachsenden Markt schlecht integrieren. Stattdessen haben sich die Künstler angepasst und bedienen ganz selbstverständlich mehrere parallele Märkte gleichzeitig. Die künstlerische Produktion entsteht nicht mehr in der Abgeschiedenheit des Ateliers, sondern an der Ausstellungsfront. Galerieausstellungen, Museen, Messen, Biennalen, Festivals, Kunst-am-Bau und andere Projekte haben sich als sehr unterschiedliche Formate entwickelt und dabei eine je spezifische Kommunikations- und Produktionsform ausgeprägt. Künstler, die sich als ewige Stipendien-Jockeys etablieren sind nun nicht mehr unbedingt im Galerienmarkt erfolgreich. Es gibt den ausgesprochenen Kunst-am-Bau-Spezialisten, der weder im Galerienmarkt noch in der Biennalen-Welt zu Hause ist. Weitere Beispiele ließen sich finden.

Wir haben es seit einiger Zeit nicht mehr mit nur einer Kunstwelt zu tun. Kunst ist auf dem besten Wege, eine Kulturindustrie zu werden. Sie bekommt damit die Chance, die zuvor der Musik und dem Sport vergönnt wurde. Aus Beschäftigungen, die man hauptsächlich in seiner direkten Lebensumgebung mit mehr oder weniger talentierten oder ehrgeizigen Protagonisten erlebte, sind globale multimediale Industrien gewachsen mit volkswirtschaftlich signifikanten Umsätzen. Zwar ist der Kunstmarkt immer noch klein, lag aber 2001 immerhin schon bei fast 25 Milliarden Euro (Quelle: Der Europäische Kunstmarkt im Jahre 2002, Tefaf, 2002). Die Zahl der bei der Künstlersozialkasse gemeldeten bildenden Künstler hat sich in Deutschland von 18.732 im Jahr 1991 auf 51.732 in 2004 erhöht. Laut einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung schon aus dem Jahre 1998, die die Beschäftigungsmodelle von künstlerisch Tätigen unter Hinblick auf zukünftige Arbeitswelten beforschte, fielen im Jahr 1995 bereits 1,3 Prozent aller Erwerbstätigen Deutschlands in den erweiterten kreativen Sektor und erwirtschafteten immerhin 4 Prozent des Bruttosozialprodukts. Die Prognosen bis 2010 sehen vor, dass sich diese Zahlen noch verdoppeln. Denkt man dabei dann noch an die resultierenden Wertschöpfungsketten, ist das deutlich diesseits des Elfenbeinturms und sogar hart gesottene Ordnungspolitiker fangen das Rechnen an.

Was aber passiert in einem erfolgreichen „sozialen System“? – so die Bezeichnung des Soziologen Niklas Luhmann für verschiedene Märkte. Es differenziert sich aus. Die Anfänge sehen wir bereits. Auf der Suche nach immer neuen Publikumsschichten experimentieren die Museen mit Werbestrategien, die teilweise kunstferner nicht sein könnten. Sex sells – offensichtlich hat das nicht nur das MMK Frankfurt verstanden. Jede Form von Event bessert die Besucherstatistik auf und die Legitimierungsschraube der öffentlichen Verwaltungen wird um einige Windungen zurückgedreht. Alles wäre eigentlich in Ordnung, wenn sich nicht eine kaum artikulierte Unzufriedenheit sogar im Profi-Bereich der Kunstwelt breit machen würde. Beklagt wird die allgemeine Kriterienlosigkeit. Kunstkritik finde nicht mehr statt. Alles sei machbar, deshalb werde auch alles unterschiedslos gemacht. Anstatt die kreative Explosion positiv zu bewerten, sind es vor allem die älteren Marktteilnehmer, die die fehlende Intimität und Intensität der frühen Jahre vermissen. Man muss aber diese Situation als Wachstumsschmerzen interpretieren. Kunst ist ein Bereich, in dem in alle nur denkbaren Richtungen experimentiert wird, weil es die verschiedensten Bedürfnisse gibt, die an die Kunst herangetragen werden. Alle diese Bedürfnisse sind mehr als legitim, ob sie dem strengen Blick eines Kunstexperten standhalten, steht auf einem anderen Blatt – oder vielleicht auch nicht.

Das Problem sind die Institutionen der Kunstvermittlung, die diese Entwicklung noch nicht ausreichend verstanden und umgesetzt haben. Anstatt sich auf bestimmte Besuchergruppen und –bedürfnisse zu konzentrieren, versuchen die Museen, Kunstvereine und Galerien, alle Bereiche abzudecken. Das führt dazu, dass Äpfel mit Birnen verglichen werden und letztendlich düpierte Besucher nicht wissen, was sie von der jeweiligen Institution zu erwarten haben. Leider hat sich das noch nicht als Erkenntnis durchgesetzt. In der Musik ist das klarer: Britney Spears würde niemals im Ernst in der Metropolitan Opera in New York ein Konzert geben können. Warum ist es so einfach für uns, das Radio anzuschalten und schon nach wenigen Takten genau zu wissen, welcher Sparte und Szene der Musik das Lied sowie der Sender angehören?

Im Bereich der Kunst dagegen hat sich aus kurzfristigen Synergiegewinnabsichten heraus ein System entwickelt, das es für möglich hält, wie man im Amerikanischen sagt, „To have the cake and eat it, too“. Das Schöne am Kuchen aber ist, dass man ihn teilt. Nachdem die Kunst die verschiedensten Besuchergruppen angezogen hat, ist es nun an der Zeit, in einen sinnvollen Austausch zu treten. Man kann nicht eine tief-metaphysische Kunsterfahrung versprechen und Erlebniskunst veranstalten. Es gibt eben deutliche Unterschiede zwischen Kunst und Kunst. Am Ende sind alle Besucher vor den Kopf gestoßen. Viele der Kunstwerke, die heute produziert und als solche anerkannt werden, können und wollen nicht mehr mit den anderen ihrer Zeit kommunizieren. Und eigentlich ist das auch unproblematisch, solange man es anerkennt. Aber genau das ist es, was momentan in der Kunstindustrie noch fehlt: Institutionen, die sich auf die verschiedensten Facetten der künstlerischen und bildnerischen Produktion unserer Zeit spezialisieren. Gerade der Vergleich mit der Musik zeigt uns, dass die Marktdynamik stärker wird, je weiter der Markt sich spezialisiert. Wie auch immer die zu bildenden Institutionen der Kunst heißen mögen, eine polemische Aufteilung in U- und E-Kunst würde der Sache nicht gerecht werden. Verschiedene Bereiche von Kunst berühren uns tief – nur jeweils auf andere Weise. Dies genauer zu verstehen, ist unsere unmittelbare Aufgabe. Wenn wir den prognostizierten Übergang von der Gutenberg-Galaxis zu einem Bilderkosmos ernst nehmen wollen, ist es höchste Zeit, unser Sensorium für die unterschiedlichen Wirkungsmächte von Bildwerken zu schärfen.

 

Impressum

Texte: Coverbild Nora
Tag der Veröffentlichung: 17.10.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
mitgewirkt haben: Clara, Dora, Waltraud, Helga, Nora, Angelika, Klaerchen, Monirapunzel

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