Die Botschaft erreichte das Kleinstädtchen am siebten Tag nach voll Mond. Der Bote preschte durch die Straßen bis zum Marktplatz. Ensetzt sprangen die Leute zur Seite und folgten ihm in voller Verwunderung auf. Risa ließ von dem Toten ab, stopfte seine Habseligkeiten in ihre kleine Umhängetasche. Viel war es nicht. 2 Silber und eine Kupfer Münze. So wie der Mann aussah hätte er ruhig mehr dabei haben müssen. nun aberwar er tot und brauchte das Geld nicht mehr. Dank Risa.
Neugierig schlich sie den Massen hinter her. Der Bote drückte die Zügel seines Pferdes einem Mann in die Hand, der an dem Brunnen stand und sprang dann auf den Steinernen Rand. "Hört her. Terran deLuhr hat volbracht, was bisher unmöglichschien. Er hat unsere Heimat von den Räubern befreit, die unsere Höfe plündern und unsere Freunde und Nachbarn ausrauben und töten. Er und seine Männer kehren in wenigen Stunden heim. Lasst uns Jubeln, den unsere Wege sind von nun an Frei."
Erfreut lauschten die Leute gebannt den Worten des Boten, der begann von Terran deLuhrs Abenteuren zu berichten. Bereits bei der Erwähnung des Namen hingen die Menschen an seinen Lippen. Denn Terran deLuhr, ein hochgewachsener Blonder Mann und göttlicher Figur hatte nicht nur einen scharfen Verstand sondern auch ein Gewinendes Lächeln.
Risa kannte Terran seit ihren Kindertagen, obwohl er sie wohl nie wahr genommen hatten. Früher waren er und seine Freunde losgezogen, hatten Räuber und Soldat gespielt und hatten unter Terrans Anweisungen und Vorbild anderen Geholfen. Man ließ sich von ihm gerne helfen, den er war der Sohn des Bürgermeisters und der war ein wohlhabender angesehener Mann.
Risa, hatte es ihm damals nachmachen wollen. Sie war ganze acht Jahre jünger gewesen und die Tochter einer Stadtbekannten Hure. Schon immer klein und gedrungen hatte sie zu Terran aufgesehen, dem hübschen Jungen, der ihr so verhasst war. Sie erinnerte sich an zahlreiche begebenheiten, be denen sie älteren Frauen ihre Hilfe an bot, deren schwere Körbe nach Hause zu tragen oder hinuntergefallende Gegenstände aufzuheben.
Jedesmal hatte man sie beschimpft und geschlagen. dabei hatte sie nie etwas böses gewollt. oft kam dann Terran und tat wie selbstverständlich das, was Risa noch eben tun wollte. Doch er ergatterte ein wohlwollendes dankendes Lächeln. Sie hasste ihn. Und diese Menschen, die von ihr das schlimmste erwarteten.
Sie war nun mal nicht schön. Narben von Pocken und verprennungen zierten ihre Haut. Ihr dunkles Haar stand verfilzt ab. Und ihr fehlten zahlreiche Zähne. Die die sie noch hatte waren braune stummel. Terran hingegen sah perfekt aus. Und deshalb liebten ihn alle. Und weil sie ihn so liebten lauschten sie den erzählungen des Boten.
Und achteten nicht darauf, dass Risa den leuten ihre kleinen Münzbeutelchen abschnitt und einsteckte. Hier und da nahm sie einen Apfel aus dem Korb einer der Frauen, ließ ihn in die Tasche wandern oder bis leise hinein. Niemand achtete auf sie. War auch besser so, an ihren Ärmeln klebte das Blut dieses Mannes. Ebenso an ihrer Hose, genau dort wo sie ihre Hände abgeischt hatte.
"Vorsichtig," rief jemand aus, als sie, doch unachtsam geworden, gegen einen Mann prallte, der die Zügel seines Pferdes haltend am anderen Ende des Marktplatzes stand. Überrascht sah sie auf und erkannte den Mann sofort. Diser brauchte selbst nicht lange um zu verstehen was sie da tat und was die Rotebraunen Flecken auf ihren Kleidern zubedeuten hatten. Er wollte gerade nach ihrem Arm greifen und etwas rufen, als Risa sich eiligst abwandte, einige Schritte zur Seite sprang.
"Seht her, Terran deLuhr. Unser teurer Held!" rief sie und deutete auf den verdutzten Mann und tauchte zur Seite ab um dann in der nächsten Gasse zu verschwinden.
Das letzte was sie von ihm sah, war sein überraschter Blick und die jubelnde Menge die sich um ihn scharrte und ihr so zur Flucht verhalf.
"Mildred Grayn, wir sind heute hier zusammen gekommen um über eure Strafsache zu urteilen. Ihr seid angeklagt der Volkshetzte, der Verbreitung von hetzerischen Schriften, wegen Hochverrats und wegen Mord an den Soldaten des Königs, Wie bekennen ihr euch?"
"Ich habe nichts getan, was nicht gerechtfertigt war." Vollkommen ruhig und sicher stand sie in Kettengelegt in der Mitte des Gerichtsaals. Überall sah man geringschätzig auf sie hinab. Da sie eine Elbin war, strahlte sie von natur aus Ruhe und Gelassenheit aus. Und genau das war ihr einziger Vorteil. Ihr eigenes Volk hatte sich schon vor einigen Jahrzehnten zurückgezogen. Doch Mildredt hatte die Augen vorden Zuständen im Volk der Menschen nicht abwenden können. Seit dem lebte sie unter ihnen.
"Wollt ihr behaupten ihr seit im Recht?" fragte der Richter und die Zuschauer lachten. "Wie kann es Volkshetzte sein, wenn ich das ausspreche, was jeder sehen kann? Wie kann es Verbreitung hetzerische Schriften sein, wenn ich schreibe was allgegenwärtig ist? Wie kann ich hochverrat an einem König begehen, der schon vor so vielen Jahren, wie auch sein Vater vor ihm, selbst Verrat am Volke begangen hat? Wie kann es Mord sein, wenn ich mein Leben und das Leben unschuldiger Menschen, darunter Frauen und Kinder habe schürtzen wollen? Leben, welches man uns nehmen wollte."
Ihre Stimme hallte durch den hohen Raum und löste unsicherheit aus. Wilbur Shor, wecher hinter ihr stand, kochte vor wut. Das spürte sie. Es waren seine Soldaten gewesen, die sie getötet hatte. Die Männer waren eines Nachts auf einem Hof aufgetaucht und hatten Mildredt, einige ihrer Freunde und den Bewohnern abschlachten wollen. Es war sein befehl gewesen auf den sie gehalndelt hatten. Und Mildredt hatte sich ihnen wiedersetzt.
"Ihr behauptet, der König habe das Volk verraten. Kämpft er nicht um die Sicherheit seines Volkes? Jubeln ihm die Menschen nicht zu, wenn er zu ihnen tritt um ihnen von den Fortschritten an der front zu berichten?" Diese Fragen waren rein Profokant. Es gab keinen Krieg."Welche Front? Die der Königlichen Tafel, die unter der Last der Speißen zusammenzubrechen droht? Oder der Aufmarsch der Scharren von Gästen die jede Nacht in den Palast stürmen? Es gibt keinen Krieg,noch nicht mal jemanden, der einen Krieg gegen das Reich führen könnte," begann sie.
"Doch der König erhebt Steuren um einen angeblichen Krieg zu finanzieren, einen Krieg den es nicht gibt. Er nutzt das Geld der armen, hartarbeitenden Bevölkerung um Feste und Bälle für den Adel zu veranstallten und in Prunk und Luxus zu leben, während direkt vor seiner Tür Kinder verhungern."Raunen ging durch die Reihen. "Genug!" befahl der Richter und schlug mit einemhölzernen Hammer auf das Pult. Sofort herschte Ruhe. "Ich wünsche keine Hetztreden in meinem Gerichtssal."
"Es ist die Wahrheit. Eine Wahrheit die ihr nicht hören wollt. Aber dennoch ist sie wahr," schrie sie und verlor die innere Gelassenheit die ihr so eigen war. Jahrzehnte lang hatte sie wohltätig den Menschen geholfen wo sie konnte. Hatte aufopferungsvoll ihr Hab und Gut geteilt und versucht auf die Misstände aufmerksam zu machen. Sie dazu zu bewegen sich selbst zu helfen. Sie hatte um die Rechte der Menschen gekämpft. Es war so offensichtlich, dass sieltten, aberderAdelund auch der König selbst verschlossen die Augen. Das Leid der Menschen war ein leeres Märchen für sie. "Es reicht!" brüllte der Richter.
"Die Menschen leiden, sie verhungern direkt vor euren Augen und ihr seht weg, weil es euch zu unbequäm ist ihnen zu helfen. Gerechtigkeit für alle walten zu lassen. Ihr seit die verräter." "Ruhe! Ruhe!" brülte derRichter und schlug blindlinks mit dem Hammer auf das Pult. Sie wollte mit ihrer Rede fortfahren, als ein Schlag sie am Kopf traf und es schwarz um sie wurde.
Der Kopf dröhnte. Nur schwer und unter schmerzen kehrten die letzten Erinnerungen zurück. Jemand muss sie niedergeschlagen haben um sie zum schweigen zu bringen. Verwirrt sah sie sich um und kannte die verschwommene, runde gestallt von Wilbur Shor. Wilbur, ein braunhaariger und Bärtiher mann, der im Vergleich zu ihr recht Klein war stand über ihr und grinste.
"Dein Urteil lautet Tod durch den henker. Kopf ab," er fuhr sich mit den Fingern der rechten Hand über seine Kehle und machte ein würgendes Geräusch. "Deine Worte wird schon bald niemand mehr hören können. Und meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass du es Morgen zu deinem Großen Moment nicht schaffst auch nur einen Ton heraus zu bringen."Abschätzig lächelte sie und sah zu dem Mann hinauf. "Willst du mich vorher umbringen? das Wird morgen aber auffallen, wenn man von einer Leiche verlangt gerade zu stehen, während man ihr Urteil verließt.""Oh, du wirst stehen. Nur werde ich dir die Zunge herausschneiden müssen."
Das Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht. Sie fürchtete sie eher selten. Doch Wilbur Shor war der grausamste Mann den es gab. Er warf sich auf sie und presste ihre Arme unter seine Beine. Sein volles Gewicht drückte ihre dünnen Arme in den Boden und Mildredt befürchtete, dass sie brechen konnte. Wilbur saß auf ihrer Brust und es erschwerte ihr das Atmen. Mit seinen schmutzigen Fingern fuhr er ihr in den Mund und griff nach ihrer Zunge. Sie versuchte zu schreien aber es half nichts. Es fehlte ihr einfach an Luft um laut zuschreien.
Auf den kalten Stahl des Messers folgte stechendbrennender Schmerz. Blut rann ihr in die Kehle und ließ sie husten. Lachend erhob sich Wilbur und seine pralle Wampe hüpfte. Husten und röchelnd drehte sich Mildred auf den Bauch und spückte Blut. Etwas klatschte neben ihr auf den Boden.Unter Tränen schilte sie zu dem Roten blutigklitschigen etwas. Ihre Zunge.
Sie fühlte sich gedemütigt. Hilflos ließ sie ihren Tränen freien lauf. Ohne einen Laut von sich zu geben, gab sie auf, ließ den Schmerz, die vrezweiflung und die Angst revue passieren. Wilbur Shor lachte noch immer, als er die Zelle verließ."Bis Morgen früh, Mildredt Grayn," rief er. Wütend schluckte sie die Tränen in die Augen.Sie würde weder ihm noch sonst jemandem die genug tuung geben sie zu richten. Sie würde nicht zu lassen, dass man ihr beim sterben zu sah und sich daran weidete. Sie würde selbst ein Ende machen.
Sie würde sich ein letztes Mal wiedersetzten.
Er war zu spät dran.
Er hätte vor Stunden zu Hause sein sollen.
Er würde riesen Ärger bekommen.
Mark Simons war Student. Und da er nicht in einem der Wohnheimzimmer wohnte, die direkt auf dem Campus lagen, führ er jeden Morgen fast eine Stunde von Brixton bei London zum Oxfort College. Am Oxfort Circus stieg er dann von der Metro Victoria in die Metro Central um. Und Abends nachdem er nach dem College in einer Bar in der Nähe des Campus gekellnert hatte fuhr er auf dem selben Weg zurück.
Heute war viel los gewesen, die Bar war voll gewesen von Studenten. Viele kannte er persönlich, sie besuchten die selben Kurse wie er. Doch keiner von ihnen beachtete ihn. Er war nur der Kellner. Es war so viel losgewesen, dass er ohne dass er es mitbekommen hatte Überstunden geschoben hatte. Irgendwann hatte ihn Mr Carter, der Barmann nach hause geschickt.
Mark war gerannt, damit er die nächste Bahn noch erwischte. In der Bahn hatteer seine Eltern anrufen wollen, aber sein Akku war mal wieder leer. Er hatte vergessen es aufzuladen. Wütend auf sich selbst hatte er das Telefon in die Tasche geknallt. Das kann doch nicht wahr sein. Es lief immer dann alles schief, wenn er es am wenigsten gebrauchen konnte.
Müde und gestresst sprang er am fast leeren Oxford Circus aus der Bahn und rannte los umrechtzeitig auf dem anderen Gleis anzukommen, bevor seine Anschlussbahn weg war. Eigentlich hatte er nicht vorgehabt stehen zu bleiben. Aber das Geräusch von dumpfen Tritten und dem Geräusch eines Blasebalgs, aus dem ächzend die Luft entwich ließ ihn neugirig stehen bleiben.
Mark sah sich um und lauschte. Der Wind pfiff durch die metrostation, die Neonröhren summten und klickten und irgendwoher kam das begeisterte raunen einer Gruppe Jugendlicher. Misstrauisch hielt Mark Simons auf genau dieses Geräusch zu. Und umsonäher her kam, umso klarer wurden die Geräuschte. Die dumpfen Tritte wurden zu Tritten, die auf einen weichen, aber denoch wiederständigen Körper aufprallten, der ächzende Blaseblag zu der, von den Tritten und dem Schmerz maltretierten Lunge und die begeisterten Rufe zu wüsten Beschimpfungen, Spott und Hohn.
Mark sprintete um die letzte Ecke und sah, wie zwei Jugendliche auf einen deutlich kleineren Mann eintraten. Geschockt von dem Anblick versuchte er zu begreifen was er da sah. Doch sein Hirn wollte es nicht verstehen. Sollte er was tun? Was? Wegrennen? Um Hilfe schreien? Dazwischen gehen? Oder nur zusehen?
"Hey, in der Metro Station Oxford Circus schlagen gerade zwei Jugendliche einen Mann zusammen. Kommen sie schnell. Sie sind in der nähe? Sie sind gleich da? Super danke," er ließ das Handy sinken und starrte in die entgeisterten und wütenden Gesichter der Beiden.
Sie waren größer und Kräftiger als er. "Du hast die Bobies gerufen?" fragten sie und Mark nickte nur. Der eine rannte bereits los und zog den anderen am Ärmel hinter her. "Komm Alter. Schnell weg!" die beiden rannten davon und als sie auser Sichtweise war, rannte Mark auf den Mann am Boden zu.
Er lebte. Eiligst durchsuchte er die Taschen. "Die...Bobsss...Sie kommen?" ächszte der. Traurig schüttelte Mark den Kopf. "Der Akku ist leer. haben sie ein Telefon?" in dem Moment fand er das Handy des Mannes und wählte. "Ein ....Blufff?" die unterlaufenen Augen des Mannes wurden groß.
"Ja? Hallo? In der Metro Station Oxford Circus ist ein Mann zusammen geschlagen worden. Er ist schwer verletzt."
Er würde nicht da sein.
Jeden Tag dachte Mark an Jakob. Seinen besten Freund.
Jakob war ein einhalb Jahre älter gewesen als Mark. Und jetzt, wo Marks Abschlussfeier immer näher rückte erinnerte er sich an Jakobs Abschlussfeier ein Jahr zuvor. Damals hatte es nicht gans so weh getan.
"Bist du verrückt? In einer Stunde fängt es an. Du solltest auf deinem Platz sitzen. Bei meiner Familie," raunte Jakob wenig begeistert. "Komm schon, hab dich nicht so. Es hat dich sonst auch nie gestört." Mark zog die Tür des leeren Vorbereitungsraumes zu und zog die blickdichte Jalousie herunter. "Ich will nicht, dass uns jemand erwischt. Das weißt du?"
Genervt verdrehte Mark die Augen. Jakob war so spießig. Konnte er nicht einfach dazu stehen? Mark tat es. Oder vielmehr würde er es, wenn Jakob es ihm nicht verboten hatte. Man würde über sie reden, hatte er gesagt. Jeder wüsste dann, dass er ebenso war wie Mark.
"Ich will nur meinem Großen einen Kuss geben. Ich bin so stolz auf dich...," erklärte mark begeistert und schlang seine Arme um Jakobs Hals. Dieser schob dessen Arme weg und unterbrach ihn rüde. "Lass das!" Jakob trat von Mark weg und verschlang seine Arme vor der Brust.
"Auf einen High School Abschluss braucht man nicht stolz sein. Paul Digby hats auch geschaft und der ist eine hirnamputierter Idiot." Mark musste Schmunzeln. Jakob war schon immer unzufrieden mit sich gewesen. Und sich mit Paul zu vergleichen war, als wenn man ein Stück Schokozimttorte mit dem Mond verglich.
"Ich hab mich gemeldet," erklärte Jakob und sah Mark herausfordernd an. "Gemeldet?" Nicht in der Lage zu begreifen starrte Mark seinen Freund entgeistert an. "Ja. Gemeldet. Für die Army. Ich hab es satt."
"Was hast du satt? Zu leben? Die Army bildet dich aus,zeigt die wie du dich nicht selbst erschießt und schickt dich dann in die Hölle irgendwo nach Afghanistan, wo du drauf gehen wirst," brüllte Mark verzweifelt. War sein bester Freund so lebensmüde?
"Hast du schon mal daran gedacht mit mir darüber zu reden? Was ist mit uns?" Marks Vorwurf hatte nicht den erwünschten Effekt. Anstatt einzulenken oder ein schlechtes Gewissen zu bekommen brauste Jakob auf. "Mit uns? Nichts ist mit uns. Ich kann nicht ewig das Weichei sein. Ich will ein Mann sein."
Stille trat ein. Mark konnte fast den Groschen fallen hören. Ihm wurde plötzlich alles klar. "Du füllst dich also nicht Manns genug? Ist das dein ernst?" fragte er tödlich ruhig. "Ja. Das ist mein Ernst." "Und dafür willst du zur lebenden Zielscheibe werden?" "Besser als ein Homo zu sein."
Jakob war ohne ein weiteres Wort gegangen. Schweigend hatte Mark dann bei der Abschlussfeier neben den Eltern seines Freundes gesessen. Eine Woche später war Jakob abgefahren. Zugerne hätte Mark noch mit ihm geredet. Doch er wusste damals, dass siesich nichts zu sagen hätten. Heute bereute er es, nicht mal einen Versuch unternommen zu haben.
Soviel Mark wusste, war Jakob der besste Rekrut gewesen. Bereits ein Halbes Jahr nach seinem Abschluss war Jakob nach Afghanistan geschickt worden und war da während einer Auseinadersetztung verschollen. Nicht einmal eine Woche später hatte man ihn für Tod erklärt. Und nun?
Nun hatte Mark seinen Abschluss und Jakob war nicht da. Gleich würde er sein Zeugnis überreicht bekommen, es war nur noch einer vor ihm, und Jakob war nicht da.
"Mark Dargett."
Applaus erhob sich und Mark schritt, seinen Blick starr auf den Direktor gerichtet über die Bühne, schüttelte dessen Hand und nahm sein Zeugniss entgegen. Mark ließ den Blick über die Zuschauer Menge streichen und Winkte, genau wie die anderen es auch taten.
Hatte sich Jakob vor einem jahr auch so Unbedeutend gefühlt? Einer von vielen Absolventen? War er vieleicht deshalb zur Army gegangen? Um zu zeigen was er drauf hatte? Kurz sah Mark etwas, was nicht in das Bild der Menge passte. Am anderen Ende der Bühne. Dort stand ein Soldat. In der dunklen Olivfarbenen Uniform. Mit der Schirmmütze und den weißen Handschuhen.
"Jakob!"
Sein Ruf hallte über die Bühne, unterbrach den Direktor und Stille trat ein.
"Hey, Mark. Bekomme ich keinen Kuss?"
Sie ist meine beste Freundin. Sie ist echt schlau und voll Mutig.
So will ich auch mal sein.
Ruby. Das ist ihr Name.
Und wisst ihr was das beste ist? Ruby ist meine Schwester. Meine Große Schwester. Wenn Ruby da ist, habe ich keine Angst mehr. Ruby hat nämlich auch keine Angst.
Sie ist voll Mutig.
Ich hab immer Angst. Jede Nacht in diesem Dunklen Zimmer. Mit den vielen Ärzten und Schwestern auf dem Gang, ganz allein, bis auf die ein oder andere Zimmergenossen.
Bis gestern war es Mila.
Doch die hat so fest geschlafen, dass die Ärzte sie heute Morgen mitgenommen haben.
Ich würde auch gerne schlafen, so müde bin ich. Doch mir tut alles so weh. Da kann ich einfach nicht schlafen. Gleich kommen Mama und Papa. Und Ruby. Und Ruby will ich nicht verpassen. Deshalb muss ich erst recht wach bleiben.
"Hallo mein Schatz." Das ist Papa. Er hat eine so tiefe schöne Stimme. Normalerweise ist das eine sehr beruhigende Stimme. Keiner Fürchtet sich mehr, wenn Papa was erzählt. Aber er guckt in letzter Zeit so traurig. Und ganz Müde schaut er aus. Das ist so weil ich krank bin und sich alle Sorgen machen.
Aber Ruby hat gesagt, alles wird gut. Ich werd wieder gesund. Und wenn Ruby das sagt, Stimmts. Das weiß ich, weil Ruby so schlau ist. Sie hatte schon immer Recht. Dass es keine Monster unterm Bett gibt. Dass die Sonne jeden Morgen aufgeht und dass es, wenn es regnet und donnert und blitz, irgendwann wieder aufhört.
"Hai Papi, hai Mami," versuche ich zu rufen, aber mein Hals ist soooo trocken. Zum Glück weiß Mama genau was da hilft, Wasser. Sie reicht mir das Wasserglas und hilft mir beim trinken. Das tut so gut, auch wenn das schlucken weh tut.
Die beiden Reden nicht wenn sie hier sind. Manchmal glaube ich, sie wissen gar nicht was sie sagen sollen. Ich bin schon so lange hier. Und nur am anfang haben sie viel geredet. Das war ganz schön anstrengend ihnen zuzuhören. Aber jetzt sind sie einfach nur da.
"Wo ist Ruby?" Will ich wissen und Mama und Papa sehen sich kurz an. In dem Moment geht die Tür auf und da ist sie. Meine Ruby.
"Hai, mein kleiner Engel," begrüßt sie mich und lässt sich am Fußende nieder. "Ich hab dich vermisst," gestehe ich und denke eigentlich, dass Ruby lacht. Das tut sie immer. Sie findet, dass das lächerlich ist, weil sie jeden Tag kommt.
Doch diesmal lacht sie nicht. Sie sieht Mamaund Papa, lächelt mich dann an und sagt: "Ich dich auch."
Plötzlich rennt Mama weinend raus. Sie weint oftin letzter Zeit. Papa rennt hinter her und Ruby und ich sind allein. "Ruby, erzähl mir was. Bitte. Irgendwas schönes," bitte ich und fühle mich auf einmal noch viel müder.
Ruby setzt sich neben mich und nimmt mich in den Arm.
"Weißt du... Manchmal, gehen Menschen die wir lieben fort. Es sieht so aus, als wenn sie noch da sind. Als wenn sie nur tief schlafen und irgendwann aufwachen. Aber sie sind fort. Ihre Seele, weißt du? Sie gehen an einen Ort...
Einen Ort, der sehr schön ist. Und wo sie gesund und glücklich sind. Wo nur Frieden herscht."
Das klang komisch. und irgenwie wusste ich, was sie mir sagen wollte.
"Ruby, ich werde nicht mehr gesund, stimmts?" fragte ich vorsichtig.
"Nein, wirst du nicht." Ruby klang so traurig.
Und ich war auch nicht besonders glücklich. Nur müde.
"Ruby? Ich werde dich vermissen."
"Ich dich auch."
Tag der Veröffentlichung: 15.10.2014
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