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Prolog

"Du hast keine Chance gegen mich, Schwester!!!", spie der schwarzhaarige Mann das schwache Mädchen vor sich an. Sie war die Einzige die ihn noch aufhalten konnte, doch sie war zu schwach und er nutzte diesen Moment. "Val, du musst das nicht tun!! Bitte, wir sind doch Geschwister!!!! Soll Vaters Vermächtnis wirklich so enden?! In Schutt und Asche?! In der Dunkelheit deiner Schatten?!", schrie das Mädchen wütend zurück und nahm abermals ihre letzte Energie zusammen um ihre zwei Dolche zu schwingen. "Gib auf Ave!!! Du wirst mich so oder so nicht mehr aufhalten können!!!!", mit diesen Worten schritt der junge Prinz auf die Sternenprinzessin zu und hob seine lange rabenschwarze Klinge.

"Ein letztes Wort?", fragte er demütigend.
"Du wirst nicht gewinnen....", flüsterte Aveline und spürte wie ihr Bruder seine Klinge in ihren Bauch rammte.
Sie schrie, wollte noch einmal ihre Kraft auf ihn loslassen, doch es war zu spät.... sie hatte versagt!
Vaters Vermächtnis gehörte ab diesem Tag der Vergessenheit an. Und wer war schuld? Ihr rachsüchtiger, nach Macht gierender Bruder!!!

Blut tropfte in die Asche, welche überall auf dem Boden lag. Ave sah sich noch einmal in der riesigen Höhle um, welche bis vor kurzem noch wunderschön und magisch gewirkt hatte. Schwärze breitete sich aus, als das junge Mädchen auf den Boden sank und noch einmal hasserfüllt ihren älteren Bruder ansah.
"Du wirst mich gewinnen....", flüsterte sie ein weiteres mal, ehe sie merkte wie ihre Kraft immer mehr schwand.

Bevor sie ihre Augen schloss legte sich ein Lächeln auf ihre wunderschönen Lippen.

Das Letzte was sie sah - bevor die Dunkelheit kam - war die untergehende Sonne.

Das Letzte was sie roch, war der Gestank nach rauch und tot.

Das Letzte an was sie dachte, war, dass die zurückkehren würde und Rache nehmen würde.

An dem welcher an all dem Schuld war!!

An ihrem Bruder!!

An dem Schattenlord!!

Die Stadt

 200 Jahre später 

 

 

"Es gibt eine längst vergessene Legende über ein Mädchen, welche die Stimme eines Engels haben sollte.
Ein Mädchen, welches eine Geschichte haben sollte die einem Märchen ähnelt und doch so real wie die Sonne und Sterne war.
Ein Mädchen, welches wunderschön war und jeden Mann in ihren Bann zog.
Ein Mädchen, welches den Schattenlord die Stirn bieten könnte.
Ein Mädchen, welches auch Sternenprinzessin genannt wurde.
Ein Mädchen, welches auf den Namen Aveline hörte. "
Die Worte meines Vaters hallten in meinem Kopf wieder, als ich mit Dean um einen riesigen toten Baum ging.

Drei Tage war es her, als mein älterer Bruder und ich unser Dorf verlassen hatten um der alten Legende auf die Spur zu gehen. Wir wollten diesen Fluch brechen!
Wir wollten wissen ob an dieser Legende von diesem Mädchen etwas dran war.
Ob wir und die anderen, noch übriggebliebenen, Hoffnung hegen konnten.
Hoffnung auf eine Zukunft, ohne Angst, ohne die Schatten und die immerwährende Dunkelheit.

"Kyle?!", riss mich mein Bruder unsanft aus den Gedanken.
"W-Was denn??", fragte ich und sah mich um.
Wir waren in der Nähe einer Stadt. Vielleicht würden wir hier Antworten auf ein paar unserer Fragen bekommen.
"Wir sollten uns in der Stadt ein Quartier suchen und morgen die Leute hier ein bisschen ausquetschen!"
Ich nickte Dean zur Antwort zu und spürte ein Kribbeln am Rücken.
Dieses Gefühl hatte ich immer, wenn ich entweder vor der Lösung eines Rätsels stand oder Gefahr drohte.
Ohne auf Dean zu achten, welcher fast 5 Meter vor mir lief, drehte ich mich zum Baum um und sah ihn mir genau an.
Er war - wie alles andere auch - abgestorben und dementsprechend trostlos. Sein einst mächtiger weißer Stamm war durchzogen von schwarzen Linien, welche zur Krone hin immer dichter wurden. Sachte legte ich meine rechte Hand auf eine Stelle wo die schwarzen Linien verflochten waren und konzentrierte mich. Ich öffnete meine Seele und drang in das Bewusstsein des alten Baumes ein.
Es war als würde er meine Angst wiederspiegeln.

Die Angst vor der Dunkelheit.

Der Baum tat mir leid, er sandte mir durch seine Bewusstseinsfäden sein ganzes Leben zu, alles was er in seinem langen Leben erlebt hatte.

Ich sah ihn als er noch klein war, ich spürte wie glücklich er im Frühling wurde, wenn die Sonnenstrahlen seine Rinde kitzelten.

Und dann erblickte ich ihn als er älter war, ein Mädchen - schöner als ein Engel - lehnte an seinem Stamm und sprach in einer anderen Sprache mit ihm. Erst nach kurzem nachdenken viel mir auf, dass es die Sprache des Luftvolkes war.

Also die Sprache meines Volkes.
Ich übersetzte ihre Worte und hörte zu wie sie dem Baum von ihrem Vater erzählte, von seiner weisen Art, wie er sie aufzog und seinem Vermächtnis.
Ich wollte weitere Bilder sehen, wollte weiter der schönen Stimme zuhören doch plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter, welche mich so erschreckte, dass ich schmerzhaft aus dem Bewusstsein des Baumes gerissen wurde.
"Kyle verdammt hör auf mit deinen Kräften zu spielen!", schrie Dean mich an.
Verwirrt schüttelte ich den Kopf und blickte ihn an.
Mein Kopf tat von der schmerzhaften Trennung von dem alten Baum weh.

"Dean. Ich hab nicht gespielt!", mehr brachte ich nicht heraus.

Ich fühlte mich manchmal echt wie ein kleiner Junge, in Deans Nähe.
Dabei war er gerade mal 1 Jahr älter als ich.

"Ich weiß, dass es manchmal von Vorteil ist die Bäume um hilfe zu bitten, aber nicht hier!", erklärte er mir und sah mich brüderlich an.
Ich nickte und wir liefen weiter in Richtung Stadt.

Schon von weitem erkannte man die große schwarze Mauer, welche um die vielen Häuser gebaut worden war.

"Erstaunlich, was?", fragte mein Bruder und sah auf das riesige hölzerne Tor.
"Ja erstaunlich und zugleich beängstigend! Sicher das wir in dieser riesigen Sardinenschale übernachten wollen?", war meine Gegenfrage.
"Wir müssen da drinnen übernachten. Oder willst du heute Nacht den Baykok zum Fraß vorgeworfen werden?", belustigt sah er mich an.
"Du glaubst doch nicht ernsthaft an ein fliegendes Gespenst welches mit Pfeil und Boden ziellos oder besser gesagt wahllos Leute umbringt?"
"Falsch!! Nicht wahllos!! Sondern nur die schwachen!", nach seinen Worten verfiel er in schallendes Gelächter, welches mir einen Schauer über den Rücken jagte.
"Ach komm du hast doch nicht ernsthaft.... oh shit!!!", ein bedrohliches Knurren unterbrach seine Rede und ich drehte mich geschockt um.

Zwei giftgrüne Augen blickten mich gierig an.
Es fühlte sich an, als könne der riesige Wolf in meine Seele hinabblicken, als er sich auf einmal duckte und in kampfstellung ging.
Ich ließ ein Bedrohliches Knurren ertönen und war kurz davor mich auch in das Tier in mir zu verwandeln, als Dean auf etwas am Bein des Wolfes zeigte.

Es war ein Lederband mit einer kleinen Glocke daran.
So ein Band zeichnete nur eins aus…

"Ein Werwolf!", sprach ich meinen Gedanken laut aus und das Tier vor uns, wiegte zur Bestätigung den Kopf. "Verwandel dich!", forderte Dean mit fester Stimme.

Der Wolf sah mich an, es war sichtlich zu erkennen, dass er sich nicht verwandeln wollte.

"Was willst du von uns?", fragte ich ihn.

Der Wolf schüttelte den Kopf.

"Warum hast du uns angeknurrt und somit bedroht?", hakte Dean weiter.

Unschlüssig blickte das Wesen auf die riesige Stadt am Ende des Hanges.

"Weil wir Fremde sind?", versuchte ich seine Reaktion zu deuten.

Und da verwandelte er sich endlich.

Nach ein paar Sekunden stand vor uns ein etwa 16-jähriger Junge. Er hatte kurze blonde Haare und trug nur eine kurze braune Hose.

"Was wollt ihr hier?", fragte er mit einem leichten italienischen Akzent.
"Wir wollen etwas über die Legende erfahren!", erklärte mein Bruder ihm.
Ein geschockter Ausdruck machte sich auf dem Gesicht des Jungen breit, ehe er erklärte: "Kommt mit!"

Unsicher folgten Dean und ich den Jungen mit den giftgrünen Augen und blickten uns um. Überall standen verkohlte Baumstümpfe, welche alle eine einzige Geschichte zu erzählen schienen.

"Denkst du, wir können ihm vertrauen?", flüsterte mir mein Bruder entgegen.
Gleichgültig zuckte ich mit den Schultern und lief weiter.

"Was ist denn auf einmal los, Kyle?", verwirrt blieb der Junge vor uns stehen und blickte meinen Bruder an, welcher vor mir stand und mich an den Schultern festhielt.
"Was soll denn los sein?", fauchte ich beinahe zurück und schob mich an ihm vorbei.
"Hey ganz ruhig, wenn es grad bei eurem, wenn auch sehr kurzem, Gespräch um mich ging, dann kann ich euch vielleicht ein bisschen beruhigen. Ich will euch nur helfen!", erklärte der Junge welcher gut zwei Köpfe kleiner war als ich.
"Und WIE willst du uns helfen?", hakte Dean weiter.
"Ich bringe euch zu meinem Großvater, er kann euch sichtlich mehr helfen als alle anderen in der Stadt!", erklärte er und sah mir bestimmend in die Augen,ehe er noch einen kurzen Satz hinzufügte, "Ihr könnt mir vertrauen!"
Ich nickte, um ihm zu zeigen, dass ich zwar misstrauisch war aber ihm dennoch ein klein wenig vertraute.
"Wie heißt du eigentlich, Kleiner?", fragend sah ich den Fremden an als er sich umdrehte und weiter zum großen Stadttor lief.
"Mikael. Und ihr?"
"Das ist mein kleiner Bruder Kyle und ich bin Dean!", erklärte ihm mein Bruder.

Wir waren mittlerweile auf offenem Feld und es trennten uns nur noch 10 oder 15 Meter von dem riesigen Tor als plötzlich ein ohrenbetäubender Schrei erklang.

"Was ist das?", fragte ich geschockt.
"Das meine Lieben ist ein Sturmvogel, er kündigt die nahende Dunkelheit an.
"Ist er.... naja ist er gefährlich?", schluckend kam Dean neben mir zum stehen.
"Nein, es heißt, dass er einst ein treuer begleiter der Sternenprinzessin war!"

Als ich das hörte legte sich bei mir ein Schalter um, ich sah Dean an, welcher sicherlich dasselbe dachte wie ich.

"Heißt das etwa, dass das hier die besagte Stadt Ophelion ist? Die Stadt der Sterne?", fragte ich erstaunt.
"Ja dies hier ist Ophelio, die Stadt, welche durch den Sturmvogel beschützt wird. Die Stadt, welche das Grab der Prinzessin beherbergt!", erklärte Mikael lächelnd und lief weiter.

Die riesige Stadtmauer ragte bereits in voller Größe über uns empor.


Mir fiel auf, dass es keine Wachen oben auf der Brüstung gab und auch sonst keine Abwehrmechanismen.

Mikael musste meinen fragenden Blick gesehen haben denn er erklärte mir mit ruhiger Stimme: "Keine Waffen können etwas gegen die dunklen Pläne des Schattenlords ausrichten. Keine Waffe der Welt könnte etwas gegen die Schatten ausrichten! Außer die Sternenprinzessin aber die Leute die es versucht haben sind nie wieder zurück gekehrt!"

"Na dann werden wir die Ersten sein!", erklärte Dean siegessicher und lief weiter.
Ich hatte gar nicht bemerkt, dass wir stehen geblieben waren, als plötzlich jemand vom Tor auf uns zugerannt kam.


"Mikael!!", rief eine kindliche Mädchenstimme.
"Layla finalmente ti ho visto di nuovo!!!", rief der Junge vor und ging auf die Knie um das kleine rennende Mädche in die Arme zu schließen.
"Dovremmo andare cuore sorella!", erklärte er als er das kleine blondhaarige Mädchen wieder absetzte.

Zwar verstand ich nur Bruchstücke von seinem Italienisch aber bei dem Kind handelte es sich ganz sicher um seine kleine Schwester.

 

"Layla? Das sind Dean und Kyle, ich habe sie im Wald getroffen, sei nett zu ihnen ja?", bat er die Kleine und tätschelte ihren Kopf.
Sie sah abwechselnd von meinem Bruder zu mir, ehe sie mir lächelnd in die Arme fiel.
Völlig überrumpelt von ihrer Umarmung legte ich ihr meine große Hand auf den Rücken und strich darüber.
"Du hattest halt immer schon ein Händchen für kleine Kinder, nicht wahr Kyle?", nickend sah ich meinen Bruder an und lächelte. Die kleine Layla, wie sie anscheinend hieß, löste sich von mir und klammerte sich stattdessen an meine Hand.

 

"Kommt jetzt! Es wird in ein paar Minuten dunkel und dann will ich nicht mehr hier draußen sein!", erklärte Mikael und deutete uns an, weiter zu gehen.
Wir überquerten die letzten paar Meter zum Tor und befanden uns - wie bereits erahnt - in einem riesigen Gewirr aus Straßen und kleinen Gassen.
"Wo jetzt hin?", fragte mein Bruder ungeduldig.
"Folgt mir einfach und bleibt in meiner Nähe, sonst verläuft ihr euch noch!", sprach Mikael etwas lauter gegen den aufkommenden Lärm in der Stadt.

 

Irgendwo in der Ferne pries ein Fischhändler seine Ware an, während ganz in der Nähe ein Hahn krähte und neben mir eine Frau immer wieder rief: "Frische Kräuter!! Ganz frische Kräuter!!"

 

Es fühlte sich an als würde mein Trommelfell platzen als ich plötzlich durch all den Lärm eine wundervolle Melodie wahrnahm.
Es war als würde jemand ganz leise Geige spielen und der Rythmus immer schneller werden, bis plötzlich eine leise Stimme erklang und zu der Melodie zu singen begann.

 

"I pirouette in the dark,
I see the stars through me.
Tired mechanical heart,
beats until the song disappears.


Somebody shine a light,
I'm frozen by the fear in me.

Somebody make me feel alive,
and shatter me!!
So cut me from the line,
dizzy, spinning endlessly.
Somebody make me feel alive,
and shatter me! "

 

Ich drehte mich, immer schneller. Sah mich um, auf der Suche nach der schönen Stimme. Und plötzlich waren alle Menschen um mich herum verschwunden.


Ich drehte mich wieder.
"Dean?", flüsterte ich fragend.
Keine Antwort.
"Mikael?", fragte ich nun lauter.
Wieder keine Antwort.
"Layla?", meine Stimme wurde panisch.
Und da war sie wieder.


Meine größte Angst.


"Ist hier irgendjemand?", panisch sah ich mich um und drehte mich abermals im Kreis.
Alles drehte sich, mein Blickfeld verschwamm, doch dann....
15 Meter vor mir stand plötzlich eine Gestalt und ich hielt inne.
Braune lange Haare, wunderschöne blaue Augen und immer noch dieses atemberaubende Lächeln.
Nur so kannte ich sie.


"Lil?", fragte ich.
Doch da änderten sich ihre Gesichtszüge und ihr ganzer Körper.
Das war nicht Lilith! Schoss es mir durch den Kopf.
Das war der Alptraum, welcher mich jede Nacht quälte, seitdem Tag an dem ich sie verloren hatte.
Seitdem ich mein Lachen verloren hatte.
Seit ich meine kleine Schwester verloren hatte!!
Liliths Körper schien sich vor mir zu verwandeln.
Innerhalb weniger Sekunden stand plötzlich wieder dieser Mann vor mir.
Dieser Mann, der mir alles genommen hatte.
Circa 15 Meter trennten ihn und mich noch, als die Melody wieder kam.
Leise summte ich mit um mich zu beruhigen.

 

Der Mann machte einen Schritt.


14 Meter die ihn und mich nur noch trennten.

 

Warum hatte ich nur so Angst? 

Es war doch nur ein Traum!

 

13 Meter.

 

"Du kannst mir nichts anhaben! Das ist ein Traum!", schrie ich ihm entgegen, doch er hielt nicht inne.

 

12 Meter.

 

Die Angst wurde schlimmer.

 

11 Meter.

 

Panisch blickte ich mich um. Ich konnte mich nicht mehr bewegen, konnte nicht weg von dieser Erinnerung, von meiner Angst.

 

10 Meter.

 

Es fühlte sich komisch an zu wissen, dass man sich in einem Tra befand und dennoch Angst hatte, dass dieser Traum doch wahr war.

 

9 Meter.

 

"Was willst du von mir?", flüsterte ich.

 

8 Meter.

 

"Warum kommst du immer wieder?! Was willst du verdammt noch mal?!", schrie ich und sah in sein dreckiges perverses Grinsen.

 

7 Meter.

 

Es kamen immer mehr Erinnerungen hoch.
Ich sah abermals Liliths toten Körper vor dem Kamin liegen.
Dem Kamin, wo wir als Kinder gespielt hatten.

 

6 Meter.

 

"Ach Bruderherz!", hörte ich ihre sanfte Stimme in meinen Erinnerungen.

 

5 Meter.

 

Unkontrolliert fing mein Körper an zu zittern.
Tränen bahnten sich einen Weg aus meinen Augenwinkeln.

 

4 Meter.

 

Meine Knie gaben nach und ich landete auf dem Boden.

 

3 Meter.

 

"Hör auf... bitte... Hör auf mit dem Scheiß!!!!", schrie ich.

 

2 Meter.

 

Ich hörte seine krankhafte Lache.

 

1 Meter.

 

"Du willst wissen was ich von dir will?"

 

Nun stand er direkt vor mir und ich roch seinen nach Alkohol stinkenden Atem.

 

Plötzlich wurde alles Schwarz.

Die Legende

 

Ich spürte wie ich auf etwas Weiches gedrückt wurde. Aus Angst schlug ich um mich.
"Kyle!! Hör auf!! Ich bin es!!", ich brauchte einen Moment um die Stimme zu erkennen.

"Dean?", ich versuchte träge meine Augen zu öffnen, doch erst nach meinem 5. Versuch gelang es mir.
"Ja kleiner Bruder, ich bin hier!!", um seine Aussage zu unterstreichen nahm er meine Hand in seine.
"D-Da war wieder dieser Mann!", flüsterte ich mit brüchiger Stimme.
"Ich weiß mein Kleiner, ich weiß!", sonst wäre ich ausgeflippt, wenn er mich Kleiner nannte, aber ich war zu schwach um mich aufzuregen.
"Hör auf, mich...", meine Antwort wurde unterbrochen als ich hörte wie eine Tür aufging und jemand ins Zimmer kam.
"Wie ich sehe ist der junge Mann wach!", erklärte eine tiefe Männerstimme.
Ich versuchte mich in die Richtung des Mannes zu drehen, doch der Schmerz, welcher bei meiner Bewegung durch meine Glieder zuckte, war einfach zu stark.
"Kyle, Dean darf ich euch meinen Großvater Carl vorstellen?", kam nun die Stimme von Mikael aus dem Türrahmen.
"Kyle gib mir deine Hand!", ohne auf eine Antwort von mir zu warten kam der blondhaarige Junge näher und nahm einfach meine Hand.
Sofort spürte ich die Energie, welche er mir bei dieser Berührung übertrug.
"Du bist ein Magier?!", brachte ich überrascht hervor.
"Ja das bin ich!", gab er stolz zu.
"Ist er wach? Ist er wach?", fragte eine mit bekannte Stimme.
"Si!", erklärte Mikael und ließ meine Hand los.
Dean lächelte mir noch kurz zu, ehe auch er meine andere Hand los ließ und zur Seite ging, damit Layla platz hatte auf das Bett zu springen.
"Kyle!!!", schrie die Kleine als sie mir in die Arme sprang und mich in eine warme Umarmung zog.
"Nun kommen wir nochmal zurück auf den Punkt, weshalb ihr zwei eigentlich hier in Ophelion seid!", ich drehte mich und sah zu Carl, welcher links neben mir saß.
"Wissen Sie wo das Grab der Sternenprinzessin ist?", platzte es aus Dean heraus.
Geschockt sah der ältere Mann, dessen Haare schon zu ergrauen schienen, uns an.
"Layla liebes? Lässt du Opa und die Jungs mal bitte alleine?", bat er seine Enkelin, welche sich traurig von mir löste und aus dem Zimmer rannte.
"Sie hat echt einen Narren an dir gefressen Kleiner!", sagte Dean und fing an zu schmunzeln.

"Ihr wollt also wissen wo sich das Grab von Aveline befindet? Und warum?", fragend sah Carl uns an.
"Wir wollen den Schattenlord stoppen!", nun war ich derjenige der es auf den Punkt brachte.
"Ihr zwei Knirpse wollt es also mit dem Gefürchteten aufnehmen, hab ich das richtig verstanden?"
Synchron nickten Dean und ich.
"Grandpa die haben Grips im Hirn!", verteidigte Mikael uns.
"Mag sein aber dennoch! Die anderen vor ihnen waren auch nicht ohne! Und was war am Ende? Sie sind alle verschwunden!! Verschluckt in den Dunkelheit der Bäume!! Für immer verloren!! Und das nur weil ich ihnen von dem Aufenthaltsort der Prinzessin erzählt habe!!", bei jedem Satz wurde die Stimme des Mannes lauter und ängstlicher.
"Wir verstehen sie aber uns müssen die auch verstehen!! Irgendwann muss das ganze doch ein Ende nehmen!!", meldete ich mich zu Wort.
"Ich verstehe euch, aber man kann es nicht aufhalten!! Ich will euch nicht in den Tot schicken, darum geht es mir!! Ich habe schon so, ohne euch, viele Leute auf dem Gewissen!!", flüsterte Carl.
"Aber es muss ein Ende nehmen!!", schrie Dean und verließ wutentbrannt das Zimmer.

Ich richtete mich bereits im Bett auf um ihn zu folgen, doch Mikael unterbrach mein vorhaben: "Nein, ruh dich aus! Ich werde ihm folgen!!"

Ich nickte nur und ließ meinen Blick durchs Zimmer schweifen. "Ruh dich aus Junge. Morgen könnt ihr euch wieder auf den Heimweg machen!! Tut mir leid, dass euer Weg hierher umsonst war!!", traurig senkte er den Kopf, erhob sich vom braunen Stuhl und lief auf die Tür zu.
"Unser Weg war nicht umsonst!! Sie kennen mich und meinen Bruder nicht!! So schnell geben wir nicht auf!! Egal ob Sie es uns nun sagen oder nicht!! Wir werden zur Not die Suche nach dem Grab selbst in die Hand nehmen!!", spuckte ich ihm beinahe entgegen und drehte mich auf die Seite.
"Wenn du meinst", mit diesen Worten verließ er das Zimmer und löschte das Licht.

 

Dunkelheit machte sich breit und ließ mich erschaudern.
Ich konnte die Umrisse eines kleinen Fensters entdecken, sowie die Schemen eines Tisches, welcher davor stand und eine Glasplatte hatte.
Müde ließ ich mich in die Kissen sinken und schloss die Augen.

 

Abermals fing wieder diese Fremde schöne Melodie an. Doch diesmal hörte es sich am Anfang an wie eine Spieluhr, ehe der schöne Gesang ansetzte und mit ihm die Geige.
Leise summte ich mit und versuchte die einzelnen Strophen zu übersetzten, doch in meinem durcheinander von Gedanken brachte ich nur Bruchstücke zusammen.
Plötzlich hörte die Melodie und der Gesang auf und ich vernahm Schritte.
Ich öffnete die Augen und sah mich um.
Weiße Bäume umrundeten die, mit Blumen übersähte, Lichtung auf der ich mich befand.
"Wer ist da??", flüsterte ich in die dunklen Nebelschwaden des Waldes.
"Lalalala", hörte ich eine wunderschöne Mädchenstimme.
Verwirrt drehte ich mich um meine eigene Achse.
"Wer ist da?!", ich schrie beinahe.
"Die die du suchst!", wurde mir zurückgerufen.
"Wo bist du?", fragte ich und sah mich erneut um.
"In den Schwaden des Waldes wo die Sonne nicht scheint. In der Höhle der Sterne wo der Mond sich manchmal zeigt. In der Dunkelheit der Schluchten, welche Ewig weilen!!", ich vernahm die Stimme direkt hinter mir, doch als ich mich umdrehte war dort nichts.
Nichts außer ein langer roter Haarschopf, welcher im Wald verschwand.
"Warte!!!", rief ich und lief ohne nachzudenken dem Unbekannten hinterher.
Büsche und unbekannte Pflanzen strichen an mir vorbei als ich näher zu dem Mädchen aufschloss, welches vor mir wegrannte.
"Warte doch bitte!!", rief ich lauter als zuvor.
Meine Umgebung verschwamm immer mehr als aus meinem joggen ein sprint wurde.
Das Mädchen blieb auf einmal abrupt stehen und drehte sich zu mir um.
Ihre langen lockigen Haare umrahmten ihr engelsgleiches Gesicht. Braun-grüne Augen sahen mich ruhig an als sie zu lächeln anfing. Ihr viel zu zerbrechlicher Körper steckte in einem atemberaubenden blauen Kleid.

 

"Wer bist du?", wiederholte ich meine Frage von vorhin.
"Die die du suchst und falls dir das immer noch zu ungenau ist... ich bin Aveline", flüsterte sie und kam auf mich zu.
"Du bist...", geschockt sah ich sie an als sie vor mir stand.
"Ja die bin ich!", sie lächelte und legte mir eine Hand auf die Wange.
Ohne darüber nachzudenken schmiegte ich mich an ihre Hand und sah ihr tief in die Augen: "Wie können mein Bruder und ich dich befreien??"

"Der Weg dort hin steckt voller Gefahren, ihr müsst euch aber am meisten vor dem Schattenvogel fürchten und in Acht nehmen. Er kommt wenn es dunkel wird und geht wenn die Sonne erscheint. Ihr müsst zurück in den dunklen Wald und in Richtung Norden laufen, dort werdet ihr einen großen alten Baum finden, er sieht zwar aus als wäre er auch tot wie alles andere Gewächs doch er lebt. Sein Name ist Galind und er hütet einen Tunnel, wenn du mit ihm redest, wird er dich und deinen Bruder passieren lassen. Im Tunnel herrscht undurchdringbare Dunkelheit, egal ob ihr eine Fackel dabei habt oder nicht. Lass dich von seinen Gefühlen leiten und du wirst sicher den Ausgang finden. Wenn ihr den Tunnel passiert habt kommt ihr in den Sternenwald und da lauert die eigentliche Gefahr, seit der Schattenlord dort gehaust hat gibt es eine tiefe Schlucht, die müsst ihr überqueren. Dann kommt ihr am Königsschloss vorbei, ihr müsst durch das Labyrinth des Königs, erst dann steht ihr vor einem Tor, dahinter liegt eine Lagune. Ich hoffe ihr könnt lange die Luft anhalten, denn der einzige Weg zu meiner Höhle ist durch das Wasser! ", erklärte sie mir und holte tief Luft.
"Aber... wie können wir dich dann beschwören, oder was auch immer?", hakte ich nach.
"Beschwören müsst ihr mich nicht, schließlich bin ich kein Gott oder ein Falschengeist. Ich bin an die Höhlenwand gekettet, ihr müsst mir nur das Messer aus dem Bauch ziehen und ich bin wieder da. Aber ihr müsst euch in Acht nehmen!!", lächelnd sah sie mir tief in die Augen.
"Vor wem?", neugierig beobachtete ich Aveline.
"Vor dem Wächter der Höhle", mit diesen Worten ließ sie meine Wange los.

 

Auf einmal verschwamm meine Umgebung.
"Was passiert hier?", verwirrt sah ich mich um.
"Du wirst wieder wach. Aber Kyle??", ich nickte ihr zu um das sie weiter sprach, "Pass auf dich auf, ja?!"
Bestimmend sah sie mich an.
"Natürlich!", da wurde ich auch schon wach.

 

Aufbruch mit Erfolg??

 

"Kyle?", hörte ich Deans Stimme nah an meinem Ohr als ich die Augen öffnete.
"Was ist denn Bruderherz??", fragte ich verschlafen und setzte mich im großen Bett hin.
"Tut mir leid, dass ich gestern einfach abgehauen bin. Ich war einfach so wütend und... ach keine Ahnung!! Wir wissen ja nicht mal wo wir suchen müssen!!", niedergeschlagen ließ Dean seinen Kopf auf mein Kopfkissen sinken.
"Es brauch dir mich leid zu tun und ähm doch ich weiß den Weg!", platzte es aus mir heraus.
"Was!!", geschockt sprang mein Bruder auf und sah mich ungläubig an, "Hat dir ein Vogel etwa den Weg veraten??"
Belustigt über seine Vermutung schmunzelte ich und schüttelte ich den Kopf: "Nein kein Vogel!"
"Was oder was denn dann?? Etwa die Sternenprinzessin selbst??"
Dean wusste ja nicht wie recht er damit hatte.
"Ja du hast den Nagel auf den Kopf getroffen!", grinsend sah ich ihn an und dachte an das schöne Mädchen in meinem Traum.
"Du willst mich doch grad....", weiter kam Dean nicht, denn Mikael öffnete die Tür und trat in den Raum.
"Guten Morgen ihr zwei. Gut geschlafen??", fragte er uns und stellte ein riesiges Tablett mit Essen auf den kleinen Tisch, in der Mitte des Raumes.
"Ja besser als sonst!", gab ich ihm zur Kenntnis und schlug die Decke zur Seite, um mich über das Essen her zu machen.
"Typisch Kyle!! Ich frag mich wie du bei dem ganzen Futter was du in dich rein stopfst dein Sixpack aufrecht erhalten kannst!!", witzelte Dean und schnappte sich ein Sandwich vom Tablett.
"Das Walross hat ein Sixpack?!", geschockt sah Mikael mich an und brach danach mit meinem Bruder in schallendes Gelächter aus.
"Treibt es nicht zu weit!!", knurrte ich und warf ihnen einen warnenden Blick zu.
"Ist ja gut mein großer Teddybär!", lachte Dean und hielt sich den Bauch.
"Argh!!", langsam aber sicher wurde ich echt wütend.
"Was ist denn hier los??", meine Wut war vollkommen verpufft als Layla - immer noch vollkommen verschlafen wie sie war - ins Zimmer kam und uns fragend musterte.
"Nichts wir haben nur Späßchen mit unserem kleinen Dickerchen gemacht!", erklärte Mikael lachend.
"Ohoh", flüsterte Dean als er sah, dass ich mich verwandeln wollte.
"Kyle es war doch nur Spaß!", verteidigte er sich und seinen Kumpanen Mikael.
Die Hitze, welche in meinem Körper aufgestiegen war kling ab und war nach einer kurzen Weile verschwunden.
"Darf ich dich jetzt knuddeln??", fragte mich Layla zuckersüß und kam näher.
"Klar darfst du mich knuddeln!!", erklärte ich und breitete die Arme aus.
Das ließ sich die Kleine nicht zweimal sagen und sprang in meine offenen Arme.


Am frühen Nachmittag saßen Mikael, Dean, Carl und ich im Esszimmer beisammen und beredeten wie es weitergehen sollte.


"Ich will nicht aufgeben!!", sprach Dean seinen Gedanken laut aus als Carl uns mal wieder den Weg nicht verraten wollte.
"Brauchst du auch nicht Bruderherz!!", lächelnd sah ich ihn an.
"Wie meinst du das Kyle?!", fragte der Großvater von Mikael und sah mich geschockt an.
"Dean und ich werden uns morgen früh auf den Weg machen!!", erklärte ich und blickte in die Runde.
"Du hast das vorhin ernst gemeint als du sagtest du weißt den Weg, oder?", meinem Bruder kullerten beinahe die Augen aus dem Kopf als ich nickte und vor mich hin grinste.

Vielleicht würde Aveline ja heute Nacht wieder in meinen Träumen auftauchen und mir eine weitere Information geben.

"Woher weißt du den Weg?", platzte es aus Mikael heraus.
"Das bleibt mein Geheimnis!", erklärte ich und sah aus dem kleinen Fenster hinter dem Esstisch.


Draußen herrschte ein undefinierbares Klima.
In der einen Minute war es eiskalt, dann schneite es auf einmal und in der nächsten Sekunde fing ein Sturm an zu toben.
Ein kleiner roter Vogel flog an die Fensterscheibe und klopfte mit seinem kleinen spitzen Schnabel dagegen.


"Gibt es nicht eigentlich keine Tiere mehr außer die Schattenwesen??", fragte ich und sah in die versteinerte Miene von Carl.
"Der Vogel kam gestern schon, es ist als würde er zu jemanden wollen!", verwirrt sah er mich an.


Ohne nachzudenken stand ich auf und öffnete dem kleinen Tier das Fenster.
Freudig flog er in das warme Zimmer und machte es sich auf der Stuhllehne von mir bequem.


"Ein Kardinal!!", stellte ich fest und musterte das schöne Gefieder des Vogels.
"Was hat der Vogel hier in der Gegend zu suchen? Der lebt doch normalerweise im damaligen Südgebiet, oder nicht??"
"Ja das tut er!", beantwortete Mikael die Frage meines Bruders.
"Er ist wunderschön!!", langsam ging ich auf den Vogel zu und streckte vorsichtig meine Hand nach ihm aus.
Statt wegzufliegen - was ich eigentlich von dem kleinen Kerl erwartet hätte - schmiegte er sich in meine Handfläche und fing an zu zwitschern.
"Wer bist du Kleiner?", fragte Mikael und gesellten sich neben mich, um den Vogel erstaunt zu mustern.
"Ich glaube nicht, dass er dir eine Antwort geben wird Mik!!", lachte Carl und holte ein großes Buch aus einem Regal, welches mit noch gar nicht aufgefallen war.
"Was lesen sie da?", Dean sah den alten Herren fragend an, ehe sein Blick wieder zu dem Kardinal glitt, welcher es sich auf meiner Hand gemütlich gemacht hatte.
"Nichts besonderes!", gab Carl ihm zur Antwort.

 

"Was machst du hier nur Vögelchen??", fragend sah ich den kleinen Kerl an und fing an sachte über sein rotes Gefieder zu streichen.
Auf einmal fing der Vogel an eine mir bekannte Melodie zu zwitschern.
"Was zur...", murmelte ich und sah ihn erschrocken an.
Diese Melodie!!!
Leise summte ich das Lied mit, wohlwissend, dass der Kardinal in meiner Hand kein normaler Vogel war.
"Was geht hier vor sich Kleiner?", flüsterte ich dem Tier zu als es das Lied zu Ende gesungen hatte und den Kopf schief legte.
"Nochmal zurück zu dem geplanten Aufbruch! Du meinst das ernst, oder?", fragemd sah Carl mich an, legte das Buch zur Seite und richtete sich auf um zu mir zu kommen.
"Ja das meinte ich ernst!!", bestimmend sah ich ihn an.
Er war fast einen Kopf größer als ich, hatte braune - schon leicht ergraute - Haare und grüne Augen, welche mich an die von Mikael und Layla erinnerten.
"Gut dann geht ihr morgen los. Aber, wenn etwas nicht stimmt, ihr verfolgt werdet oder in der Klemme steckt, dann dreht entweder um oder schickt den kleinen Vogel zu uns!! Denn ich glaube nicht, dass der Kardinal dir jetzt noch von der Seite weicht!!", erklärte er und ich nickte.

 


Es war bereits dunkel draußen als Carl, Dean, Mikael und ich fertig mit bereden waren.
"Habt ihr Waffen?", hatte Dean den alten Mann gefragt
"Ja haben wir aber das machen wir morgen!", bestimmend hatte Carl meinen Bruder angesehen und ihn und mich in unsere Zimmern geschickt, damit wir und ausschlafen konnten.


Der kleine Kardinal war mir die ganze Zeit aufmerksam gefolgt, bis er sich schließlich neben mir auf die Matratze legte und einschlief.

"Du bist mir echt einer", belustigt schüttelte ich den Kopf über ihn und packte meinen Rucksack, welchen ich die ganze Zeit gesucht hatte, neu ein.
Meine frischen Klamotten kamen ganz nach unten, in die Seitentaschen kamen meine Wurfsterne und in die fordere kleine Tasche kam meine Kette mit dem Stern.
Ich hatte die Kette vor ein paar Jahren von meiner Mutter, kurz bevor sie von den Schatten entführt wurd, geschenkt bekommen.

Träge ließ ich mich ins Bett sinken und schloss die Augen.
Wie es morgen wohl weitergehen würde??
Fragen quälten mich, bis ich irgendwann nach stundenlangen denken endlich einschlief...

 

 

"Da bist du ja wieder!", lächelnd drehte ich mich zu dem rothaarigen Mädchen um.
"Ja da bin ich wieder!", erklärte ich und lief auf sie zu.
Wir befanden und auf einer wunderschönen Lichtung, welche von Birken und Eichen umrundet war.
"Warum tauchst du eigentlich in meinen Träumen auf und nicht in denen von meinem Bruder??", fragend sah ich sie an als sie stehen blieb und mich lächelnd musterte.
"Naja, ich kann es nur bei bestimmten Personen, weißt du?", diese Aussage verwirrte mich noch mehr.
"Definiere mir bitte mal 'bestimmte Personen'", mit diesen Worten setzte ich mich ins weiche Gras unter mir.
"Personen, welche entweder verwandt mit mir sind oder wie ich von einem Stern abstammen. Es gibt aber auch eine dritte Kategorie und zwar.... naja wie soll ich sagen.... die Person mit der ich in Kontakt trete, muss dasselbe Herzenslied haben wie ich!"
"Und bei mir ist es dann das Herzenslied, oder wie??", vollkommen durch den Wind zupfte ich eine violette Blume aus dem Meer von Farben und roch an ihr.
"Nicht nur..... also.....", Aveline stockte als sie meinen Gesichtsausdruck sah und hockte sich neben mich, ehe sie weiter sprach, "Naja sagen wir es so.... du weißt ja das du und dein Bruder Halbgeschwister seid und naja.... dein Vater war der Nachkomme eines Sterns, daher stimmen bei dir zwei Kategorien und deshalb ist es auch so einfach mit dir in Kontakt zu treten!", mit jedem Wort, was die sagte wurde mein Gesichtsausdruck nur noch geschockter.
"D-Du willst mir jetzt nicht ernsthaft weismachen, dass ich der Nachkomme eines Sterns bin?? Das kann nicht stimmen!! Mein Vater war ein Werjaguar und meine Mutter eine Hexe, daher bin ich von beiden etwas!!!", kopfschüttelnd stand ich auf und entfernte mich von ihr.
"Glaube mir bitte!! Ja mag sein, dass dein Vater ein Werjaguar war und du jetzt auch aber du bist mit mir der letzte Nachkomme!! Bald werden deine Kräfte zum Vorschein kommen und dann wird dich der Schattenlord finden!! Deshalb musst du mich finden und von mir lernen, deine Kräfte zu kontrollieren!!", bestimmend sah die mich an, erhob sich und lief mit sicheren Schritten auf mich zu.
"Ist gut, ich glaube dir!! Aber was hat es dann mit diesem Herzenslied auf sich??", fragend hob ich eine Augenbraue und beobachtete wie sich ihre Mundwinkel anhoben.
Diese Lippen, sag ich nur.....
"Naja, dass Lied, welches du immer Nachts hörst ist dein Herzenslied. Es muss aus deiner Vergangenheit sein!!", lächelnd trat die auf mich zu und legte mir eine Hand auf die Wange.
Ich nickte und schmiegte meinen Kopf gegen ihre Hand.
"Du bringst mich um den Verstand!"

 


"Kyle!!!", verschlafen öffnete ich die Augen und blickte zu Layla, welche sich auf mein Bett schmiss.
"Wieviel Uhr haben wir?", fragend sah ich mich im dämmrigen Zimmer um.
"Kurz vor 7", erklärte sie und blickte zu dem roten Vogel, welcher immer noch in den Kissen lag.
"Er ist so süß!", quiekte das kleine Mädchen und strich über das rote Gefieder des Kardinals.
"Ja das ist er!", stellte ich fest und löste mich aus meiner Bettdecke.
"Layla ist Dean schon wach?"
"Ja ist er, er sitzt mit Mikael unten und redet über euren Aufbruch. Unser Großvater ist auf dem Markt und holt euch noch ein paar Sachen!", zur Antwort nickte ich und fing an mich umzuziehen.
"Stört es dich nicht wenn ich hier bin?"
"Du wirst mir schon nichts abgucken Kleine!", gab ich ihr lachend zur Kenntnis.
Sie nickte nur und ging zum Fenster.
Sanfte Lichtstrahlen breiteten sich im Zimmer aus als die Sonne aufging.

Schnell zog ich mich um und ging dann mit Layla runter ins Esszimmer. 

"Kyle, du bist wach!", Mikael stand auf und holte ein drittes Glas aus dem Schrank um mir Wasser einzuschenken.
"Danke", mit diesen Worten nahm ich das Glas entgegen und setzte mich zu den anderen an den Tisch.
Der kleine Vogel kam hinter mir her geflogen und ließ sich auf meiner rechten Schulter nieder.
"Ach du bist auch wach!", stellte Dean fest und lächelte dem roten Federknäuel zu.
Ich nickte und sah abwartend in die Augen meiner Gegenüber.
"Hast deine Sachen schon gepackt?", fragte ich meinen älteren Bruder.
"Ja, du?"
Ich nickte abermals und lehnte meinen Kopf an die weiche Stuhllehne.
"Was holt er eigentlich vom Markt? ", lenkte ich das Thema auf Carl, welcher weg war.
"Nun ja, Proviant halt. Ich denke mal Essen für eure Reise und ein paar Waffen, Zündfackeln und ein paar andere Klamotten. Schließlich wird es kalt und dunkel in den Bergen. Ich hoffe nur das ihr nicht allzu große Schwierigkeiten bekommt!", Mikael sah meinen Bruder und mich besorgt an.
"Uns wird schon nichts passieren!", erklärte Dean und trank von seinem Wasserglas.
Zur Bestätigung nickte ich und streichelte den Kardinal zu meiner rechten.
Die Haustür öffnete sich und das leicht gerötete Gesicht von Carl blickte in die Runde.
"Ihr seid ja schon alle wach!", stellte er fest und stellte die zwei Rucksäcke, welche prall gefüllt waren auf dem Boden ab.

„Ja wir wollen ja auch bald los!“, erklärte mein Bruder und stellte sein Glas auf den Tisch. Ich nickte und machte es mir auf einem Stuhl bequem.
„Irgendwie kommt es mir so vor als wäre er nun interessanter als ich! Und ich bin dein Bruder!“, bemerkte Mikael, deutete auf mich und zog ein trauriges Gesicht.
Layla lachte nur auf und sprang ihrem Bruder in die Arme.
Lächelnd schüttelte ich den Kopf und sah zu Carl, welcher das ganze Szenario nur bestaunte.
„Und ihr wollt wirklich gehen?“, fragte er unsicher.
„Ja…also besser gesagt, ich bin mir nicht so ganz sicher woher Kyle die ganzen Informationen hat, aber ja wir gehen!“, erklärte mein Bruder und sah mich an.
Ich nickte nur und schloss kurz meine Augen um meinen Gedanken freien Lauf zu lassen.
Sollten wir wirklich los gehen? Wir kannten die Gegend hier kaum! Aber jemand musste Aveline doch retten! Oder? Was war, wenn ich einfach nur verrückt wurde und mir alles nur eingebildet hatte? Nein, dass konnte nicht sein! Ich merkte, dass mich und Aveline etwas verband! Ich wusste nicht was aber es war so! Sie hatte gesagte, dass ich, wie sie auch von einem Stern abstammmte! Das würde bedeuten das Lilith auch von einem Stern abstammte! Ein Stern der nur sehr jung geworden war und erloschen war!
Sie und ich waren damals unzertrennlich gewesen als wir kleiner gewesen waren und dann, an diesem einen Tag…sie war alleine Zuhause gewesen, ich hatte eine wichtige Besprechung mit dem Ratsvorsitzenden des Dorfes -damals plante ich schon etwas gegen die Schatten und ihren Herrscher auszulösen- deshalb kam ich etwas später heim. Unsere Mutter war noch Arbeiten, die Tür stand offen und sie lag da. Vor dem sonst so schön einladenden Kamin. Ihr regloser Körper! Nur zu gut erinnerte ich mich an ihren eiskalten Körper, als ich sie an mich ran zog und in ihre wunderschönen Haare weinte.
Ein Schatten hatte sie geholt, ihr ihre Seele ausgesaugt und sie einfach liegen lassen!
Sie war mein ein und alles gewesen und dann, eine Woche danach stand mein Vater vor der Tür, er sagte er musste mit uns reden. Er steckte meiner Mutter, dass er sie vor etwa 16 Jahren betrogen hatte, meine Mum hatte ihm einfach eine Backpfeife gegeben und ihn rausgeschmissen. Nur im Vorbeigehen hatte mir mein Vater noch zugeflüstert, dass ich einen Bruder hatte.
Geschockt hatte ich ihm nur hinterher gesehen und nun, nun waren ich und Dean kaum noch zu trennen. Klar, wir hatten unsere Streitereien aber die hatte jeder!

„Kyle!!!“, erschrocken zuckte ich zusammen.
„Was?“, wie in Trance schüttelte ich den Kopf und versuchte mich daran zu erinnern was er zu mir gesagt hatte.
„Ich hab dich grad gefragt, ob du…ach vergiss es. Was war grad los?“, fragte mich mein Bruder besorgt, stand auf und legte mir seine Hand auf meine Schulter. Seit mehr als drei Jahren kannten wir uns nun und kannten uns gegenseitig schon in und auswendig, wir wussten genau was der andere dachte, wenn er einmal abwesend war.
„Ich hab nur nachgedacht!“, erklärte ich und senkte den Kopf.
„Nachgedacht also…“, wiederholte er und drückte mir brüderlich die Schulter.
Ich nickte nur und sah zu wie Carl die Rücksäcke ausräumte.
Er hatte nicht nur Essen für unsere Reise geholt sondern auch Waffen vom Markt mitgenommen, zwei gebogene Dolche und eine Schusswaffe mit Patronen.
Gegen den Schattenlord würden uns die Waffen zwar nicht helfen aber gegen die Schatten sicherlich.

 

„Und ihr wollt sicher gehen?“, fragte uns Carl nochmal nachdrücklich als wir am frühen Nachmittag an der Tür standen.
Dean und ich nickten nur, nahmen die Rücksacke hoch und traten hinaus.
„HAALT!!“, schrie Layla und rannte die Treppe nach unten. In ihrer Hand hielt sie ein Stück Papier, welches sie mir grinsend hinhielt.
„Das ist für dich!“, lächelnd nahm ich es ein.mich und begutachtete es

Darauf war ein Junge und ein Mädchen zu sehen, er trug eine schwarze Hose und ein weißes Hemd, sie allerdings hatte ein himmelblaues Kleid an. Beide standen auf einer Wiese umringt von Bäumen und Blumen.
Es sah aus, wie das Szenario aus meinem Traum.
„Wer ist das denn Kleine?“, schaltete sich mein Bruder ein.
„Das ist Kyle und das ist Aveline aus meinem Traum. Sie sind zusammen, deshalb halten sie auch Händchen!!“, erklärte sie und deutete erst auf den Jungen der mir ähnelte und dann auf das Mädchen, dass täuschend echt wie Aveline aussah. Geschockt sah ich zu dem kleinen Mädchen und dann auf das Bild.
„Hat Aveline dir im Traum etwas gesagt?“, ich legte den Kopf schief und musterte sie.
„Sie sagte nur, ich solle dir ein schönes Bild malen und dir sagen, dass du aufpassen sollst!“
Ich riss die Augen auf. War Layla etwa auch ein Stern?
Wer wusste das schon?!
Ich nickte nur, stopfte das schöne Bild sorgfältig in den letzten Schlitz in meinem Rucksack und nahm das Mädchen in dem Arm.

„Bis dann Layla!“, nur wieder willig löste ich mich aus der warmen Umarmung des kleinen Mädchens, sie war mir so sehr ans Herz gewachsen, dass ich sie gar nicht alleine lassen wollte.
„Versprichst du mir, dass du nach all dem blöden Zeugs was passieren wird wieder zu mir kommst?“, bettelte sie mit dem unwiderstehlichsten Hundeblick, welchen ich je gesehen hatte.
„Na klar, aber nur wenn ich dafür eine ganz lange Umarmung bekomme!“, beteuerte ich.
„JAAAA!“, schrie sie und hüpfte auf und ab.
Ich gab ihr einen kleinen Kuss auf die Stirn und wandte mich meinem Bruder zu.
„Ich hoffe für euch, dass euer Aufbruch von Erfolg gekrönt ist!“, sprach Carl seinen Gedanken laut aus.
„Das hoffen wir auch. Aber ob wir nun Erfolg oder Niederlage erreichen…wir haben es wenigstens versucht!“, stellte mein Bruder fest, schnallte den Rucksack auf seinem Rücken fest und lief los.
Ich nickte Carl und Mikael noch ein letztes Mal zu und folgte Dean.

 

Ja, wer wusste das schon, ob wir nun Erfolg haben oder nicht?!

Galind der Weise

 

Wir waren nun schon 2 Tage unterwegs und hatten noch immer keinen blassen Schimmer wo nun dieser Baum war.
Ich hatte zwar eine Ahnung, welchen Baum Aveline gemeint hatte, aber nein, mein Bruder wollte seinen Dickschädel durchsetzen.

Ich schüttelte den Kopf als er nun schon zum zweiten Mal mit mir im Kreis lief.
„Dean wir laufen jetzt schon zum dritten Mal an derselben Stelle vorbei! Lass uns doch umdrehen und gucken ob ich richtig liege!“, bat ich und erntete dafür einen eiskalten Blick von ihm.
„Nein! Das wird uns wieder 2 Tage kosten!“
Wütend schlug er gegen eine alte Trauerweide und ließ den Kopf sinken.
Ich schüttelte abermals den Kopf und setzte mich auf den trockenen Waldboden.
„Lass uns hier in der Nähe ein Nachtlager aufschlagen, da hinten war eine Höhle da wären wir sogar vor dem Vogel sicher!“, erklärte ich, drehte mich um und machte mich auf den Weg zu der großen Felswand, welche nun vor mir lag.
Wenn man genau hinsah konnte man einen kleinen Absatz und daneben einen etwas größeren Höhleneingang erkennen.
Bald würde es dunkel werden, dann würden wir hier Schutz finden.
Kurz lauschte ich, ob mir mein Bruder auch folgte aber als ich nach drei bis vier Minuten immer noch nichts hörte, drehte ich mich wieder in seine Richtung.
„Dean nun komm schon! Sei nicht so ein Dickschädel!“, maulte ich und blickte ihn lächelnd an als er den Kopf hob und mir endlich folgte.
Ab und zu bückte ich mich um ein paar vertrocknete Stöcke aufzuheben, welche man fabelhaft für ein kleines Feuerchen benutzen konnte.
Dean tat mir dies gleich.

Am frühen Abend saßen wir zusammen vor dem Feuer und aßen etwas von dem Brot das uns Carl eingepackt hatte.
„Ich hau mich aufs Ohr!“, erklärte Dean und legte sich auf den kühlen Höhlenboden.
Schnell Griff ich hinter mich und Warf ihm eine Decke zu.
„Danke“, murmelte er schlaftrunken und kuschelte sich in den rötlichen Stoff.
Lächelnd legte auch ich mich hin und lauschte dem ruf des Sturmvogels, welcher in weiter ferne die nahende Dunkelheit verkündete.
Ob wir Galind wohl finden würden?
Und wenn ja, würde er uns helfen?
Würden wir generell diese Mission schaffen und Heil hier rauskommen?
Fragen quälten mich als ich meinen Kopf auf meine Hände bettete.
Kurz sah ich mich noch suchend um, nur um den kleinen roten Vogel nah am Feuer zu entdecken.
„Na Kleiner! Willst du mit unter die Decke?“, fragte ich ihn. Er legte nur den Kopf schief und kam an gehüpft. Ich hielt die Decke etwas hoch und ließ zu, dass er sich direkt neben meinen Kopf kuschelte.
„Gute Nacht!“, nuschelte ich in seine Federn und schlief ein.

Mitten in der Nacht schreckte ich hoch.
Etwas nasses hatte mich gerade am rechten Bein berührt!
Oder hatte ich mir das nur eingebildet?
Kopfschüttelnd setzte ich mich auf und lauschte.
Ein Geräusch erregte meine Aufmerksamkeit, es hörte sich als würde etwas über den Boden geschleift werden, dann hörte ich ein Röcheln.
Was auch immer das war, war dort irgendwo im Wald. Ich konnte es förmlich spüren.
Mit der Hand fuhr ich mir durchs Haar.
„Kleiner?“, erkundigte ich mich und spürte nur kurz danach die kleinen Füßchen des Kardinals auf meiner Schulter.
Als wäre es das normalste auf der Welt schmiegte er seinen Kopf an meine Wange und flötete das mir schon Bekannte Lied aus meinen Träumen.
Es war als wollte er mich damit beruhigen und das schaffte er auch.
Ich schloss meine Augen und lauschte seinem leisen Gesang.
„Was dich wohl zu uns geführt hat?“, fragend runzelte ich die Stirn und lauschte.
Da war wieder dieses Geräusch.
Erst raschelte es dann röchelte dieses etwas und dann wurde etwas über den trockenen Waldboden geschleift.
Ich schüttelte den Kopf und versuchte mich auf etwas anderes zu konzentrieren.
Ich öffnete die Augen einen Spalt und beobachtete meinen immer noch schlafenden Bruder.
Leise Schnarcher er vor sich hin und murrte immer wieder, wie ein kleines Kind dem man seinen Lolly verwehrte.
Lächelnd stand ich auf und schnappte mir eine meiner vielen Wasserflaschen.
In diesem Moment kam mir eine Idee.
Was, wenn ich jetzt einfach zurück ging?
Ich konnte mich verwandeln und innerhalb von wenigen Stunden wieder zurück sein! Wenn ich mich beeilen würde sogar noch vor Sonnenaufgang!
Ich musste es versuchen!
Es schien als hätte der Kardinal meine Gedanken gelesen, denn er flog schon zum Höhlenausgang.
Sollte ich Dean noch einen Zettel hinterlassen?
Nein! Ich würde früh genug zurück sein!
Außerdem war ich alt genug auf mich selbst aufzupassen!
Selbstsicher schnappte ich mir die Schusswaffe, welche Carl uns vom Markt geholt hatte und stopfte sie in einen noch leeren Rucksack.
Flink schälte ich mich aus meinen ganzen Kleidern und schmiss sie ebenso achtlos in den Rucksack.
Nur ein kurzer Gedanke und ich spürte wie sich meine Knochen verschoben und ich nur kurz darauf auf vier Pfoten vor dem Ausgang der Höhle stand.
Der Kardinal musterte mich ehe er auf mich zuflog und es sich auf meinem Kopf bequem machte.
Im Vorbeigehen schnappte ich mir meinen Rucksack und schleuderte ihn mit einem gekonnten Ruck auf meinen Rücken und dann ging es los.
Ich lief locker aber auch nur um mich wieder an meinen Körper zu gewöhnen, nur zu gut bemerkte ich wie schon beinahe automatisch aus meinem lockeren Schritt ein schneller Trab und danach ein Sprint wurde.
So rannte ich nun durch das dunkle der Nacht.
Ich spürte wie der Wind durch mein schwarz-graues Fell wehte und meine Pfoten beinahe den Boden nicht berührten.
Der kleine rote Vogel saß längst nicht mehr auf meinem Kopf, sondern flog neben mir her.
Nur schwer konnte er mit meinem Tempo mithalten, aber er schaffte es.
Ich Sprang über Büsche, seichte verdorrten Bäumen und kleineren Tieren aus.
Dieses Gefühl liebte ich so sehr wenn ich ganz Wolf war!
Ich war frei!
Ich hätte Stunden so durch die Gegend rennen können, früher konnte ich dies auch.
Aber leider war früher nicht heute!
Damals war der Schattenlord auch mit seinen Schatten noch nicht so weit in unser Land eingedrungen, doch dann änderte sich alles.
Erst war Safes dran gewesen, dann Brunai und zu guter Letzt unser kleines Dörfchen Orodron.
Wie es ihnen allen wohl ging?
Ob Vater sich sorgen machte?
Ich war so in Gedanken vertieft, dass ich nicht bemerkte wie jemand mir folgte.

Die Gerüche der Nacht drangen in meine mur zu gut ausgeprägte Nase.
Ich roch die längst verblühten Blumen, die Nachtluft und dann war da dieser modrige Geruch, welcher meine Aufmerksamkeit erregte.
Ich spitzte die Ohren und legte eine Vollbremsung ein.
Aufmerksam sah ich mich um. Aber da war nichts!
Nicht einmal eine Motte oder eine Fledermaus war zu sehen!
Nur der kleine Kardinal, welcher auf und ab flog als wolle auch er sich umsehen.
Ich schüttelte den Kopf, das hatte ich mir sicher alles nur eingebildet.
Erst da bemerkte ich wo ich war.
Hinter mir ragte der Baum in die Höhe, welchen ich schon bei Dean und meiner Ankunft in Ophelion gesehen hatte.
Schnell verwandelte ich mich zurück, schlüpfte in meine Klamotten und stellte mich vor den riesigen Baum.
Vorsichtig legte ich meine Hand auf seine Rinde und stellte eine Verbindung her.
„Wer bist du?“, fragte er mich mit einer durch Macht triefenden Stimme in meinen Gedanken.
„Mein Name ist Kyle Belou ich habe die Gabe mit Pflanzen zu reden und mit ihnen eine Verbindung mit ihnen einzugehen!“, erklärte ich ihm.
„Das bemerke ich du dummer Junge!“
„Wie ist Euer Name?“, wollte ich wissen.
„Mein Name ist so alt. Warum sollte ich ihn dir verraten? Ich habe ihn bis jetzt nur einem Mädchen verraten und sie ist fort!!“, schrie er mich an.
Ich krümmte mich vor schmerzen, da seine Stimme in meinem Kopf immer lauter wurde.
„Bist du Galind?“, fragte ich ihn und verbeugte mich halb vor ihm.
„Woher weißt du das?“, hakte der mächtige Baum nach.
„Aveline…sagen wir es so…Sie ist eine Freundin von mir!“
„Das ist nicht möglich! Sie ist tot! Sie versprach mir wieder zu kommen und das tat sie nicht! Sonst hat sie immer jedes Versprechen gehalten! Du lügst!“, donnerte seine Stimme in meinem Kopf.
„Nein! Ich lüge nicht! Ja Aveline ist nicht mehr hier aber sie wird wieder kommen und dafür werden mein Bruder und ich sorgen! Sie verriet mir den Weg und sagte, dass du uns helfen könntest!“
Vorsichtig legte ich meine Stirn an die kühle Rinde des alten Baumes und lauschte seiner nun saften Stimme: „Wenn sie dir wirklich den Weg zu sich verraten hat, dann müsste das bedeuten du bist ein Stern! Verzeih meinen Zorn! Ich wusste es nicht! Ich dachte du wärst einer dieser Schatten!“
Ich spürte wie er entschuldigend die Äste hängen ließ.
„Alles in Ordnung, nur würdest du uns helfen? Ich komme morgen mit meinem Bruder wieder, würdest du uns dann den Weg zeigen?“, bat ich ihn und öffnete die Augen.
„Natürlich! Doch…pass auf!!“
Als er das aussprach spürte ich etwas kaltes was an mir vorbei in die Nacht preschte.
Dieses Etwas musste mir gefolgt sein und rannte nun in die Richtung der Höhle!
Geschockt blickte ich zu dem Baum: „Was war das?“
„Das mein Junge, war ein Schakal eine Kreatur des Lords, er erschuf sie als Spione für seine Dienste!“
Ich nickte, um ihm zu zeigen, dass ich ihn verstanden hatte.
„Nun geh zu deinem Bruder! Wir sehen uns morgen!“, damit erstarrte der Baum wieder in seiner Position.
Ich löste die Verbindung zwischen ihm und mir und lief los in Richtung Höhle.
Was wenn dieses Etwas nun meiner Fährte zurück folgte?
Würde es die Höhle entdecken?
Ich wusste es nicht und so rannte ich durch die Nacht.
Eine große Baumwurzel war mir allerdings im Weg und so sprang ich darüber hinweg, in der Luft noch verwandelte ich mich und landete auf meinem vier Pfoten.

Ich sprintete durch den Wald und versuchte alle zwei Sekunden meine Geschwindigkeit noch weiter hoch zu schrauben, was mir allerdings nicht gelang.
Der kleine Kardinal hatte es sich wieder auf meinem Kopf gemütlich gemacht und prallte sich mit seinen kleinen Füßchen in meine langen Haare.


Es war immer noch stockdunkel als ich am Höhleneingang ankam und mich davor verwandelte.
Dadurch das ich mich mit meinen Klamotten verwandelt hatte, stand ich nur noch in Stofffetzen da.
Geschwind angelte ich mir Wechsel Klamotten, zog sie an und betrat die Höhle.


Das Szenario, welches sich mir bot war grauenvoll.
Ein schwarzes Etwas hatte sich über meinen Bruder gebeugt und schien in Küssen zu wollen.
Ich selbst wusste aber das es kein Kuss war den es wollte, es wollte meinem Bruder die Seele aussaugen.
Blitzschnell reagierte ich und suchte nach der kleinen Schusswaffe in meiner Tasche.
Sie musste doch irgendwo sein!!!
„LASS IHN IN RUHE ODER ICH BLAS DIR DEN KOPF WEG DU BASTARD!!!!“, spie ich und zielte mit der Waffe auf das Etwas.
Mein Bruder schien nichts von dem ganzen um sich herum zu bemerken, denn er schlief seelenruhig weiter.
„Selbst du Winzling solltest wissen das ich schneller als deine Kugel wäre!!“, erklärte er mit bedrohlich ruhiger Stimme.
Sein Gesichtslosen Kopf wandte sich mir zu.
Ich schüttelte nur den Kopf um seinen modrigen Geruch aus meiner Nase zu vertreiben.
Der Schakal vor mir hatte eine dürre Figur, das Einzige was man in seinem Gesicht erkennen konnte, war sein weit aufgerissenes Maul mit den abertausend Zähnen.
Bei seinem Anblick konnte einem echt schlecht werden, selbst mir wurde flau im Magen und ich war eigentlich schlimmeres gewohnt.
„Nimm deine dreckigen Finger von ihm!!“, flüsterte ich abermals und legte meinen Finger auf den Abzug der Waffe, welche ich bereits entsichert hatte.
Provokant legte er seine knochigen Finger auf die Halsschlagader von Dean und brachte damit meine ganzen Sicherungen zum Durchbrennen.

Ohne darüber nachzudenken drückte ich den Abzug.

Ein ohrenbetäubender Knall hallte im Dunkeln der Nacht wieder und ließ alle Vögel im Umkreis -selbst den Kardinal- aufschrecken.
Der Schakal vor mir zerbarst in einer riesigen Rauchwolke.
„WAS ZUR HÖLLE!!!“, schrie mein Bruder erschrocken und sprang auf.
„Nichts ich hab dir nur grad schon wieder den Arsch gerettet aber schlaf ruhig weiter!“, erklärte ich siegessicher.
„Leben…Was?“, verwirrt sah er sich um und entdeckte die Kugel, welche nun auf dem Boden lag.
„Kannst du mir mal erklären was du machst wenn ich schlafe?“, fragte er und blinzelte mich an.
„Ich war bei dem Baum von dem ich dachte, er sei der Richtige und siehe da: Er ist es! Ich wurde allerdings von einem Schakal verfolgt, der wiederum verfolgte dann aber meine Spur zur Höhle und wollte dich töten. Dann hab ich die Waffe genommen und ihn erschossen!“, gab ich ihm zur Kenntnis und legte mich auf meinen Platz neben das Feuer.
Dean nickte nur erstaunt und kam zu mir auf meine Decke.
„Tut mir leid wegen meiner Launen. Ich hätte gestern schon mit dir zurückgehen sollen und ich hätte nicht so mit dir umspringen dürfen! Danke übrigens, dass du mir den Arsch gerettet hast!“, er legte seine große Hand auf meine Schulter und zog mich in eine brüderliche Umarmung.
Danach legten wir uns wieder hin und schliefen noch bis Sonnenaufgang.

Etwas weiches Strich mir über die Wange, als ich so langsam wieder zu mir kam. „Hey Brüderchen dein Freund will, dass du aufstehst! Also beweg deinen Hintern in die Höhe!“
Langsam öffnete ich meine Augen und blinzelte in die aufgehende Sonne.
„Bin doch schon wach!“, erklärte ich schlaftrunken und wälzte mich in meinem provisorischen Bett, bestehend aus einer weichen Flies-Matte, meinem Kissen und meiner Wolldecke.
Der Kardinal an meiner Wange zwitscherte aufgeregt, nur um mich aus dem Bett zu kriegen.
Lächelnd setzte ich mich dann doch auf und sah zu Dean.
„Gut geschlafen?“, fragte er mich. 
Ich nickte nur, schnappte mir meine Wasserflasche und nahm einen tiefen Schluck daraus.

 

„Wann wollen wir los?“, abermals hob ich den Kopf und zuckte gleichermaßen mit den Schultern.
„Ich würde jetzt die Sachen zusammen packen und dann los gehen, mal schauen wie weit wir dann kommen!“, erklärte ich und sah nach draußen.
Warme Sonnenstrahlen tauchten den dunklen magisch wirkenden Wald in sanftes Licht.
Wie es wohl sein wird wenn der Schattenlord besiegt war?
Ob wir es überhaupt schaffen würden?
Und vor allem, wann sollte ich Dean sagen, dass ich zur Hälfte ein Stern war?!
Wusste er es vielleicht bereits, dass ich es war der Vaters Magie in sich trug?
Seufzend legte ich den Kopf in den Nacken und ging den ganzen Plan nochmal durch und dann fand ich den Haken.
Konnte ein einzelner Mensch, der von einem Stern abstammte seine Magie auf nur zwei seiner Kinder prägen? Oder war Dean auch ein Stern?
Wenn ja, warum hatte Aveline nichts gesagt?
Oh Mann warum ist das alles immer nur so verzwickt?
Ich schüttelte meinen Kopf und vertrieb all diese surrealen Gedanken.

„Kyle? Bist du bereit oder brauchst du noch etwas?“, brachte mich mein Bruder wieder zurück in die Gegenwart.
Ich schüttelte abermals den Kopf und stand auf.
Das Feuer glühte noch aber es war mir egal, auch wenn ich mir Gedanken darüber machte, wen das Glühen alles anlocken könnte.
„Na dann los!“, verkündete ich und verließ als erster unsere Höhle.

Obwohl die Sonne schien fror ich mir schon nach etwa 10 Minuten die Hände ab.
Dean zitterte auch schon und ich fragte mich, wie wir das schaffen wollten. Wir hatten einen oder sogar zwei Tagesmärsche vor uns und Dean war nicht wie ich ein Werwolf und konnte sich verwandeln.
Da kam mir plötzlich eine Idee.
Was wenn? Ja, es musste einfach klappen!
Ich setzte meinen prall gefüllten Rucksack ab und fing an mich aus meinen zwei Jacken, meinem Schafsfell-Pullover und meiner Hose zu schälen. Meine Schuhe schmiss ich achtlos in meinen Rucksack und meine Klamotten folgten.
„B-Bist d-d-du l-leb-b-bensmüde?“, fragte mich Dean und klapperte mit den Zähnen.
„Nein ich rette uns nur den Hintern!“, erklärte ich und ich musste mich konzentrieren um nicht wie er zu stottern.
Er sah mich geschockt an, als ich mich nun auch meiner Boxershorts entledigte und diese ebenso in die Tasche schleuderte.
Ich lächelte als ich spürte, wie der Wolf in mir schon ungeduldig hin und her lief und auf seinen Auftritt wartete.
Ein Gedanke und ich stand schon da, auf meinen großen schwarzen Pfoten und deutete Dean an, dass er sich auf meinen Rücken setzen sollte.
Er sah mich nur Geschockt an als ich mit meinem großen wuchtigen Körper in die Hocke ging und mich so weit runter drückte, dass er ohne Probleme auf meinem Körper aufsteigen konnte.
Kurz darauf spürte ich seine zitternden Hände, welche such hilfesuchend in mein Fell krallten.
Erst als er aufsaß, meine Tasche vor sich fest gemacht hatte und bequem saß, erhob ich mich langsam in die Höhe.
Wie ich schon vermutete hatte es sich der Kardinal mal wieder auf meinem Kopf gesetzt und krallte sich mit seinen kleinen Füßchen fest um, dass er nicht herunterfiel.
„Ist das schön warm!“, verkündete Dean und kuschelte seinen gesamten Körper in mein weiches und wärme spenden des Fell.
Ich nickte nur und trabte in die Richtung in die ich auch gestern gelaufen war.
„Kannst du auch noch schneller?“, fragte mein Bruder und ich war perplex.
Er wollte also, dass ich schneller rannte? Das konnte er haben!

>Festhalten!!!<, dachte ich in seinem Kopf und spürte wie er sich noch fester in mein Fell krallte.

Jetzt wird’s lustig!!

Ohne Dean ein weiteres Mal vorzuwarnen preschte ich los.
Mit meinen Pfoten berührte ich in dieser Schnelligkeit kaum mehr den Boden.
Der Wind peitschte mir nur so ins Gesicht als ich mehrere Male gekonnt Bäumen, Ästen und Steinen auswich.
Dean sog scharf die Luft ein als ich erst in letzter Sekunde einem Reh auswich und beinahe in einen riesigen Felsen gerannt wäre.
Mittlerweile krallte er sich so fest in mein Fell, als würde sein Leben davon abhängen und dies seine Letzte Chance sein um zu überleben.
Ob das wohl so war?
Dies wusste ich nicht. Nur die Götter wussten, ob wir überleben würden.
Durch das Gewicht auf meinem Rücken konnte ich nicht so schnell wie gestern rennen aber doch noch schnell genug, um Galind innerhalb einer halben Stunde erreicht zu haben.
„Heilige Scheiße!“, entwich es Dean als er sich um sah.
Ich schüttelte nur mit meinem wuchtigen Kopf und ging abermals in die Hocke um, dass er absteigen konnte.
„Da seid ihr ja! Ich habe bereits auf euch gewartet!“, begrüßte uns Galind als Dean vor ihm stand und ich mich verwandelte.
Schnell zog ich mir meine Klamotten über, welche mir mein Bruder hinhielt und stellte mich vor den großen Baum.
„Galind Aveline sagte, dass du den Eingang zu einem versteckten Tunnel hütest…“,ich brach ab als der Boden auf einmal wackelte.
Die Wurzeln des Baumes erhoben sich auf einmal, webten sich auseinander und legten eine fast schon schwarze Tür frei.
„Dies ist der Eingang, doch seit gewarnt! Es gibt kein Zurück! In diesem Tunnel Herrschen die Schatten des Lords! Egal was ihr versucht…Licht wird euch dort nicht weiterbringen!“, erklärt er uns.
Ich nickte nur, während Dean sich bereits an der Tür zu schaffen machte.
Sie war aus Holz aber verzogen mit filigranen Mustern aus Silber, in ihrer Mitte woben sich Blumen um eine sehr alte Inschrift. „Aeternum tenebris sedeo sanguinem trahere bellum eo loco lumen egrediens victoriae nuntiis lux hominum fugiunt. Opus habere videantur quae prius, sic non esucis et umbrae! “, las ich laut vor.


„Was heißt das?“, fragte Dean und Strich mit dem Finger sanft über die Gravur im Silber.
„Irgendwas mit Schatten und Licht, Krieg und Untergang. Glaub ich zumindest!“, beteuerte ich und sah zu Galind, welcher seine Äste schüttelte.
„Also genau wiedergegeben, bedeutet es ‚Ich setze mich an dieser Stelle, die Dunkelheit und das Licht des Ewigen, dass er weiter mit seinen Adern das Blut des Sieges zu den Boten des Krieges goeth war das Licht der Menschen entfernt werden fliehen. Sie scheinen die Arbeit zu haben, was vorher gesagt wurde, ist das Licht und die Schatten fliehen, so ist es nicht?‘“, erklärte Galind und schüttelte abermals die Äste.

„Ziemlich brüchiges Latein!“, beteuerte ich und ging in die Hocke.
„Diese Tür kann nur durch das reine Blut eines Sternes geöffnet werden!“, unterbrach mich der Baum als ich ebenso wie Dean an der Tür rüttelte.
Ich sah ihn geschockt an.
„Und wo kriegen wir jetzt bitten einen Stern her?“, maulte mein Bruder weiter rum und schlug gegen einen nahegelegenen Baum.
Ich zuckte nur mit der Schulter, wobei Galind mich allerdings mahnend musterte.
„Dieser Stern sitzt vor dir dummer Junge!“, richtete sich der Baum an Dean.
Er sah mich geschockt ab und schüttelte den Körper, ehe er etwas murmelte von wegen ‚Das kann nicht sein!‘ und ‚Er hätte es mir doch erzählen müssen!‘.
Dabei stimmte ich Dean allerdings zu!
Er besaß das Recht zu erfahren was mit seinem Bruder los ist. Aber nein! Ich hatte ihn aus meinem Leben ausgeschlossen und erzählte ihm nichts davon!
Ich war so dumm!!
Betreten sah ich zu Boden und hoffte, dass Dean einfach seinen Mund hält, aber leider tat er mir diesen Gefallen nicht.

„Was hat das zu bedeuten Kyle?“
Niedergeschlagen sah ich ihn an und erzählte ihm alles von Anfang an.
„Weißt du, als wir da vor Ophelion waren und ich ohnmächtig wurde, fing es an. Da war auf einmal so eine Melodie und dann war da dieser Mann…Es war so komisch und verzwickt. Als wir dann bei Mikael waren und Carl uns loshaben wollte und dann die eine Nacht dort geschlafen haben…Da kam sie zu mir. Im Schlaf. Sie sagte, sie sei die die wir suchen würden. Erst Verstand ich nicht: Wer? Wie? Und wo? Doch dann reimte sich das Puzzle selbst zusammen! Sie sagte, ihr Name wäre Aveline und so erklärte sie mir wie wir sie befreien können und was für Gefahren auf uns Lauern. Daher wusste ich den Weg! Ich weiß es hört sich komisch an, aber es ist nun mal so. In der nächsten Nacht kam sie wieder und dann fragte ich sie die Frage aller Fragen: Warum sie mit mir sprechen konnte aber mit dir nicht. Sie erklärte mir, dass es dafür verschiedene Gründe gibt. Zum einen das Herzenslied, dann wenn wir verwandt wären oder eben wenn ich auch ein Stern wäre. Es war so verwirrend. Vor allem sagte sie, dass ich die Magie des Sterns von meinem Vater hätte, aber dann wären Lilith und du ja auch Sterne, aber…Ach keine Ahnung ich bin immer noch nicht dahinter gekommen, wie das alles funktionierte! Ich hab es dir noch nicht gesagt, weil ich es selbst erst begreifen wollte…Aber nun…“, traurig ließ ich den Kopf sinken und hoffte, dass mein Bruder Verstand was ich ihm da erzählt hatte. Aber wer wusste das schon?
„Kyle?“
Etwas betreten hob ich den Kopf und hoffte, dass dieser Vertrauensbruch nicht alles kaputt gemacht hatte.
„Wir sind Brüder und egal was passieren wird, nichts kann daran etwas ändern! Du hättest es mir zwar früher sagen können aber mein Gott…ich hätte wahrscheinlich genauso gehandelt! Also steh jetzt auf und lass uns gemeinsam diese Tür öffnen!“, lächelnd legte er seine Hand auf meine Schulter und half meinem vor Pein zitternden Körper auf die Beine.
„Jetzt hör schon auf und stress dich da nicht rein! Es ist passiert und ich verzeihe dir!“, erklärte er und betrachtete meinen Körper, welcher sich langsam aber sicher doch beruhigte.
Ich nickte und stellte mich über die Tür.
„Du musst nur einen Tropfen Blut auf die Inschrift tropfen lassen und es wird sich öffnen wenn du ein Stern bist und würdig genug dafür bist!“

Verständnisvoll blickte ich Galind an und holte mir meinen kleinen Dolch aus der Seitentasche meines Rucksacks.
Mit einem Ruck zog ich die schwarze scharfe Klinge quer über meine linke Handfläche und ließ das Blut was nur wenige Sekunden danach herauslief auf die Tür tropfen.
Langsam fing die Wunde an zu brennen und ich sog zischend die Luft ein als es schlimmer wurde.
„Galind was hat das zu bedeuten?“, fragte ich den weisen Baum, denn normalerweise schloss sich so eine kleine Wunde wie diese innerhalb von Sekunden und tat obendrein nicht so stark weh.
„Schwarze Magie!“, geschockt sah ich ihn an.
Das würde natürlich alles erklären!
Mir war gar nicht aufgefallen, dass der kleine Kardinal die ganze Zeit auf der Schulter von Dean gesessen war.
Erst als er mit ein paar Flügelschlägen angeflogen kam und sich vorsichtig auf mein linkes Handgelenk setzte fiel mir auf wie er alles genau beobachtet hatte.
Der rote Vogel deutete mir an die Hand zu öffnen und ihm die Wunde zu zeigen.
Warum wusste ich nicht, aber ich tat es.
Er beugte seinen kleinen Kopf darüber und drückte seine winzigen Augen zusammen.
Kurz darauf floss eine kleine silberne Träne heraus, welche an seiner Wange entlang rollte und auf meine Wunde fiel.
Im ersten Moment brannte es aber auf einmal konnte man zusehen wie sich die offenen Stelle schloss.
Ich kam aus dem Staunen nicht mehr raus als ich eine silber Schimmernde Linie auf meiner Hand entdecken konnte.
„Was zur…“
„Kyle!“, riss mich mein Bruder aus meinem Staunen und deutete auf die Tür zu unseren Füßen.
Die einzelnen Blumen, welche sich um die Inschrift geschlungen hatten gingen plötzlich zurück und ließen zu, dass die Tür sich mit einem knarzenden Geräusch öffnete und den Blick auf einen pechschwarzen Tunnel freigab.
„Nun geht meine Kinder! Wir werden uns sicher bald wiedersehen! Lebt wohl!“, erklärte uns Galind und wir machten uns ohne darüber nachzudenken auf den Weg in den Tunnel.
Hinter uns Vernehmen wir nur noch wie sich Galindswurzeln wieder um den Eingang herum schlossen und dann war es schwarz.
„Jetzt erklär mir mal bitte wie wir hier drin was sehen sollen!?“
„Gar nicht! Vertrau mir und vertrau auf unsere Sinne! Denen müssen wir folgen, zumindest hat das Aveline gesagt!“, erklärte ich meinem panischen Bruder und griff nach seiner Hand.
Er versenkte seine Finger mit meinen und atmete tief ein.
„Na dann los!“, sprach ich meinen Gedanken laut aus und lief los.
Immer geradeaus dachte ich mir und hoffte, dass ich richtig lag.
„Mist!“, schrie Dean und fiel beinahe über eine Wurzel, ehe ich ihm half sich wieder richtig hinzustellen und wir gemeinsam weiter marschierten.

Es war als würde weit vor uns etwas flüstern und mit seinen Krallen an etwas schaben.
„Meister der Dunkelheit!“, flüsterte es immer wieder und auf einmal war es wieder still.
„Was war das?“, fragte mich Dean und drückte meine Hand.
„Keine Ahnung!“, beteuerte ich und hoffte, dass es kein Schatten war der uns gleich angreifen würde.

Adrenalin schoss durch meine Adern als mich plötzlich etwas nasses an der Schläfe berührte.
Ich drehte panisch meinen Kopf und versuchte etwas in der Dunkelheit auszumachen.
Aber da war nichts!
Nichts, außer die panisch zitternden Hände meines großen Bruders.
„Was war das?“
Leider konnte ich ihm diese Frage nicht beantworten und lief still weiter.
Meine Sinne waren bis zum zerbersten angespannt.
Jede noch so kleine Bewegung um mich herum versuchte ich auszumachen.
Aber ich konnte nichts erkennen!
Wir waren geliefert!
Serviert auf einem Silbertablett in der schwarzen Höhle der Schatten.
Etwas passte hier nicht hin! Schoss es mir durch den Kopf und noch ehe ich es Gedacht hatte leichte es neben mir.
„Kyle! Ich-ich…Ich kann nicht mehr…“, seine brüchige Stimme brach ab und ich drehte mich in seine Richtung.
Ich versuchte mein Innerstes zu öffnen und mich mit irgendetwas Lebenden in meiner Gegenwart zu verbinden.
Doch es gab nichts!
Hysterisch wie ich war drang ich in das immer noch pochende Bewusstsein der Wurzeln um mich ein und versuchte herauszufinden, was hier in der Dunkelheit seine langen knochigen Finger nach mir und meinem Bruder aus streckte.
Da war es!
Es war kalt und tot, aber es atmete.
Keuchend sog ich die Luft ein als ich mit meinem inneren Bewusstsein dieses etwas berührte.
Schnell zog ich mich zurück und schlug neben meinen Bruder.
Zu meinem Glück erwischte ich sogar etwas und schleuderte es gegen die Tunnelwand.
„Was war das!?“, keuchte Dean und schnappte nach Luft.
„Ich weiß es nicht! Aber lass und hier verschwinden!“, erklärte ich und rannte mit ihm los.
Blind liefen wir durch den Tunnel und hofften nicht noch einmal auf solch einen Zwischenfall.

Ich wusste nicht wie lang wir unterwegs waren, doch es mussten Tage gewesen sein.
Mein Magen knurrte und Durst hatte ich auch!
Dummerweise konnten wir nichts sehen und so mussten wir uns einfach darauf verlassen, dass wir bald aus diesem Tunnel draußen waren.
Langsam Schritten wir voran.
Dean ächzte ein oder zweimal wegen seinen Rückenschmerzen, doch er lief dennoch ohne zu murren weiter.
„Bald haben wir es geschafft!“, ermutigte ich uns und erblickte plötzlich ein Licht am Ende des Tunnels.

„Dean sieh nur!“, schrie ich beinahe.
„Wir haben es geschafft!!“, erklärte er und rannte, ohne auf mich zu achten, los.

Sanfte Sonnenstrahlen kitzelten mein Gesicht als mein Bruder und ich den Tunnel hinter uns ließen. Es war warm und angenehm, kein einziger Wind wehte auf der Lichtung.
Große Bäume umrandeten den kleinen grünen Fleck mitten im ausgestorbenen Wald.
Wir hatten es tatsächlich geschafft!
Die erste Hürde war hinter uns!
Doch was würde uns noch auflauern?
Dean sah kurz zu mir rüber, ehe er sich einfach ins frische Gras fallen ließ und gen Himmel sah.
Ich tat es ihm gleich und beobachtete einen blauen Schmetterling, welcher über unseren Köpfen flatterte und seine Kreise zog.
„Sieht so aus als würde sich jetzt schon etwas ändern!“, stellte mein Bruder fest und setzte sich wieder auf.
„Ja das stimmt! Es sieht so aus als würde der Lord schon merken, dass er untergehen wird…“, nachdenklich blinzelte ich in die grünen Augen des Kardinals, welcher sich über mich gebeugt hatte und mir den Blick auf den Himmel verwehrte.
„Danke!“, flüsterte ich ihm zu und kuschelte mein Gesicht in sein weiches Gefieder.

„Die Sonne geht bald unter, wir sollten uns einen Unterschlupf suchen und was essen! Ich hab nämlich einen Bärenhunger!!“, erklärte Dean und schulterte seinen Rucksack.
Ich nickte nur, stand auf und lief Dean nach, welcher sich auf den Weg in die verstorbenen Wälder machte.

Wenn die Dunkelheit naht und die Bäume leuchten

 

Langsam aber sicher ging die Sonne unter und tauchte den Wald in ein rötliches Licht.
Von weit her hörte man den lauten Schrei des großen Vogels und damit brach die Dunkelheit ein.

Der Kardinal saß neben mir am Feuer als ich ein Stück Brot aß und ihm ab und zu etwas abgab.
„Weißt du was das hier ist?“, fragte mich Dean.
„Aveline sagte, dass nach dem Tunnel der Sternenwald anfängt und das es dort eine gefährliche Schlucht geben soll aber keine Ahnung!“, erklärte ich und legte den Kopf schief.
Da hinten im Wald glitzerte es doch und es kam immer näher!
Erst als das gleißend helle Glitzern und Schimmern direkt hinter Dean war fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
„Die Bäume leuchten!“, sprach ich meinen Gedanken laut aus.
Verdattert sah mein Bruder mich an: „Bist du noch ganz sauber? Bäume können nicht leuchten!“
Fasziniert deutete ich mit dem Finger hinter ihn und sah dem Lichtspiel weiter zu.
Die Bäume schienen abwechselnd zu pulsieren in allen möglichen Farben.
Erst lila, dann rot, rosa, blau und türkis alle Farben waren zu finden man musste nur genau hinsehen.
Der ganze Wald schien erst am Abend zum Leben zu erwachen.
Was Tagsüber wie toter Wald schien war Nachts ein Lichtspektakel vom Feinsten.
Überall leuchtete, schimmerte und glitzerte es.

 

„Wow!“, entfuhr es Dean als auch er das Lichtspektakel erblickte.
Ich nickte nur und genoss den Anblick.
Daher hieß er also ‚Sternenwald‘! Weil er wie die Sterne schimmerte und leuchtete.

Ich wusste nicht wie lang ich so staunend gesessen war aber irgendwann musste ich weggedöst sein, denn ich befand mich auf einmal wieder auf der Lichtung von Aveline.
„Wie kommt ihr voran?“, fragte mich ihre zarte Stimme.
„Wir sind im Sternenwald angekommen!“, erklärte ich.
Sie nickte nur und setzte sich in die Mitte der schönen Gladiolen und Lilien.
Aufmerksam sah sie erst auf den freien Platz neben sich und dann auf mich.
Ich legte den Kopf schief und ließ mich neben ihr nieder.
„Warum hast du mich wieder hier her geholt?“, fragend sah ich in ihre Augen und versank beinahe in den Seen darin.
„Nun ja…ich wollte wissen ob es euch gut geht und ihr sicher seit!“
Abermals legte ich den Kopf schief und nickte.
Irgendetwas stimmte nicht mit ihr.
Etwas bedrückte sie und sie wollte mir auf nicht sagen was.
„Ist irgendetwas Aveline?“
„Nein. Doch! Also…ich will es dir nicht jetzt sagen, weißt du! Ich will es dir persönlich sagen!“, verständnisvoll nickte ich und legte mich nach hinten ins Gras.
„Du musst aufwachen“, erklärte sie.
„Ach muss ich das?“, ich zog meine Augenbrauen nach oben und blickte sie an.
Erst jetzt viel mir auf, dass sie heute ihre Haare zu hatte und nicht offen trug wie die letzten paar Male.
Meine Sicht verschwamm auf einmal.
Alle Farben schienen ineinander zu laufen.

„Kyle wach auf!!“, schrie mich mein Bruder an, als ich benommen die Augen öffnete.
„Was…“
„Nichts was! Steh auf wir müssen hier weg!! Der Schattenvogel ist auf dem Weg hier her!“
Erst jetzt realisierte ich, was er da gerade gesagt hatte!
Wir mussten verschwinden!
Und zwar sofort!

Wie von der Tarantel gestochen fuhr ich hoch schnappte meine Tasche und suchte den kleinen roten Vogel.
„Kleiner Freund!?“, schrie ich, doch kein Lebenszeichen.
„Ich weiß nicht wo der Kardinal ist. Der Schattenvogel kam und er war weg!“, erklärte mir Dean als ich ihn fragend ansah.
Hoffentlich war dem kleinen nichts passiert!
Der Schrei des großen Raubvogels löste unsere Starre.
Er kam immer näher.

Dean packte mich an der Hand und zerrte mich in den Wald.
Es war noch Dunkel aber dennoch musste es bald hell werden.
Der Mond schien direkt über unseren Köpfen und verstärkte nur den magischen Effekt der leuchtenden Bäume.

Wir rasten durchs Unterholz immer darauf bedacht nicht über eine der schimmernden Wurzeln zu stolpern oder im Dickicht der Bäume hängen zu bleiben.
„Ich werde euch kriegen!“, flüsterte plötzlich eine Stimme, welche von überall herkam.
Suchend drehte ich mich einmal um meine eigene Achse und entdeckte einen schwarzen Schatten am Himmel, welcher immer näher kam.
Ein Ohrenbetäubender Schrei ließ meinen Körper erzittern und jagte mir einen eiskalten Schauer über den Rücken.
„Wir hätten auf Carl hören sollen!“, schrie Dean hinter mir, ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich ihn überholt hatte.
„Du Ticket wohl nicht ganz sauber! Wir müssen dem ganzen ein Ende setzen!“, spie ich ihn an und blieb auf dem Absatz stehen.
„Was hast du vor!?“, schrie mein Bruder und blieb ebenso stehen.
„Ich Versuch was!“, erklärte ich und fädelte meinen Verstand in das Bewusstsein der magischen Bäume um mich herum.
Es musste einfach klappen.

„Helft uns!“, flehte ich sie an und siehe da, sie Taten es.
Ihre im Boden verankerten Wurzeln rissen sich aus dem Boden und woben sich gemeinsam mit ihren Ästen so um uns herum, dass wir nun in einem leuchtenden Tunnel aus Geäst standen.
Wir nahmen die Beine in die Hand und rannten.
Hinter uns krachte es auf einmal, als hätte etwas die Barriere der Bäume zerstört.
Ich wagte nicht mich umzudrehen, aus Angst nicht mehr weitergehen zu können.

Der Vogel schrie wieder und es krachte abermals.
„Wehrt euch nicht!“, flüsterte es wieder und ich zitterte wieder.
Eine diabolische Lache erklang, danach spürte ich einen Lufthauch und wurde zu Boden gerissen.
Etwas hatte die Beine von meinem Bruder und mir vom Boden getrennt und fixierte uns im Laub.
Schatten schälten sich aus dem Licht um uns herum und kamen näher, ebenso wie der riesenhafte Schemen des Schattenvogels.
„Ich liebe dich Kyle und du wirst immer mein Bruder bleiben! Egal was kommt! Ich bin immer da!!“, schrie mein Bruder, zog seine Waffe und feuerte auf die Schatten, welche meine Beine umschlossen, nur kurz darauf war ich frei und stand auf.
„Nein! Wir ziehen das zusammen durch!“, erklärte ich, zog ebenso meine Waffe und schoss auf die Schatten um uns herum.
Keine Sekunde später stand Dean neben mir und blickte den Schattenvogel an, welcher fast bei uns war.
„Zusammen!“, bestätigte mein Bruder und zielte bereits auf den Kopf des riesen Tiers.

 

Plötzlich schoss ein roter Schatten auf den Vogel zu und brachte das riesen Wesen zum Stocken.
Er schrie und die Erde unter unseren Füßen bebte.
Wie sollten wir hier nur wieder lebend rauskommen?
Konzentriert versuchte ich zu erkennen, welches kleine Wesen den riesenhaften Vogel fast zum Fall brachte.
Dean neben mir nutzte den Moment und schoss, was sich allerdings als nicht sehr schlau einstufen ließ, denn es machte das Wesen nur noch wütender und rasender.

Schnaufend breitete das Tier seine großen Schwingen aus und kam näher.
Sein schwarzes Gefieder funkelte bedrohlich und seine roten Augen blitzten auf, als abermals der kleine rote Schemen auf ihn zuflog.
Erst jetzt erkannte ich was es war.

Der Kardinal!

Geschockt sah ich zu wie dieses kleine winzige Wesen versuchte, sich gegen den Schattenvogel zu erheben.
Irgendetwas mussten wir doch tun können!
Irgendetwas!
Dean hob abermals seine Waffe.
„Stopp du könntest den Kardinal treffen! Das ist zu gefährlich!“, zischte ich und ging in die Hocke.
Wenn mein Plan funktionierte könnte ich die bestehende Magie der Bäume nutzen, sie bündeln und in einem Funkeninferno auf das Biest vor uns loslassen.
Etwas anderes fiel mir nicht ein.
Vorsichtig legte ich meine Hand auf den Waldboden und spürte die verschiedenen Arten der Sinnesfäden um mich herum.
Bedacht drang ich in das Bewusstsein aller Bäume um mich herum ein und bat um Hilfe.
Ich spürte wie alles um mich herum sich an spannte, es schien als würde die Zeit still stehen als ich Zugriff auf die ganze Magie in meinem Umkreis hatte.
Es pochte und hämmerte in meinem Kopf aber ich wusste, dass ich die Verbindung aufrecht erhalten musste, egal wieviel Kraft es mich kostete.
Vor Schmerzen schloss ich meine Augen und biss mir auf die Lippe.
Nur noch ein bisschen, sprach ich mir selbst Mut zu und suchte die Quelle aller Magie.
Dort hinten war sie!
Weit weg und verschlossen hinter einer riesen Mauer aus Bewusstseinsfäden.

Der Boden bebte und mein Umfeld veränderte sich.
Vorsichtig formte ich Kugeln aus der gleißend hellen Masse und versteckte sie in all dem Dickicht des Waldes.
Es schimmerte überall und mein Kopf drohte vor Anstrengung zu platzen als ich meine Augen öffnete und zu meinem Bruder sah.
„Wenn ich ‚Jetzt‘ sage rennst du! Hast du mich verstanden?“
Verwirrt nickte er, steckte die Waffe weg und sah ängstlich auf den nahenden riesen Vogel.
Bedrohlich hob er den Kopf und schien die Schatten um sich herum aufzuwühlen.
Sie formten Speere und schienen nur darauf zu warten losgelassen zu werden und sich in lebendes Gewebe zu bohren.
Mein Magen drehte sich komplett um, als ich mir das Szenario vorstellte.
Schatten.
Wie konnte man so etwas nur beherrschen wollen?
Grausame Wesen!
Man konnte sie zwar auch zum Guten benutzen, doch jeder Zauber und jede noch so verzwickten Art von Magie hatte ihren Preis und man musste diesen Zahlen.
Bedacht erhob ich mich und ballte meine Hand zu einer Faust.
Innerlich zählte ich bereits die Sekunden.


     Drei.

Der Vogel kam immer näher.

Zwei.

Uns trennten nur noch 5 oder 6 Meter und der Abstand wurde nicht gerade größer!

Eins.

„JETZT!“, schrie ich meinem Bruder zu, sah wie er los rannte und streckte meine Hand nach vorne.

Wie ein Funkenschauer aus vielen Tausenden Farben, prasselten meine leuchtenden Magiebälle auf das Schattenwesen vor mir ein.
Blitzschnell drehte ich mich um und rannte.
Meinen Bruder sah ich längst nicht mehr, aber ich wusste, dass er irgendwo vor mir war.
Hinter mir kreischte, krachte und bebte es, ehe die Speer artigen Schattenformationen auf mich zurasten.
Ich spürte wie einer der Schatten mich knapp verfehlte und neben mir in einem kleinen Grashügel stecken blieb.
Ich musste schneller sein!!
Ich schloss die Augen und öffnete meinen Geist um meine Wolfsinstinkte mit denen meines Menschenverstandes zu verknüpfen.
Meine Füße berührten kaum mehr den Boden, als ich im Geflecht des Unterholzes verschwand.
Es knarrte bedrohlich.
Über mir brach ein Ast, dann zwei und plötzlich stürzten die ganzen Äste über mir ein und begruben mich unter sich.
Ich wollte versuchen mich zu befreien, doch ehe ich mich versah wurde es schwarz.

Rot ist die Farbe der Hoffnung

 

Etwas weiches berührte meine Wange, es atmete und wärmte mich.
Sanfte Sonnenstrahlen strichen über meine Arme und kitzelte meine Nase.
Es war so friedlich.
War ich tot?
Träumte ich?
Oder war das einfach nur ein Hirngespinst, welches vom Schattenlord eingefädelt worden war?
Ich wusste es nicht.

Vorsichtig öffnete ich meine Augen und schloss sie sogleich wieder als mich die Sonne blendete.
Seit wann schien dieser Himmelskörper wieder so hell?
Kopfschüttelnd versuchte ich mich an die Helligkeit um mich herum zu gewöhnen und sah mich um.
Wolken strichen an mir vorbei und bildeten alle möglichen Formen.
Alles leuchtete in einem kräftigen Rotton.
Der Sonnenaufgang, schoss es mir durch den Kopf und die Worte meiner Mutter kamen mir in den Sinn.
„Gib niemals auf, denn es gibt immer ein ‚Morgen'!“, hatte sie immer gesagt und was symbolisierte das ‚Morgen' besser als der Sonnenaufgang?

Lächelnd blickte ich unter mich.
Ich lag auf rotem Gefieder und…flog durch die Luft.
Verwirrt sah ich nach unten. Der Erdboden war Meilenweit entfernt.
Jeder Baum schien so winzig, wie ein Körnchen Staub in einem Haufen von Stroh.
Wie konnte das sein?
Vorsichtig legte ich meine Hände auf die weichen Federn unter mir und blickte zu dem riesenhaften Kopf des Tieres.
Es schien zu bemerken, dass ich es musterte, denn es drehte sein Haupt und sah mich aus grün glitzernden Augen an.

„W-Was?“, stotterte ich und konnte immer noch nicht begreifen wie ich hier hoch kam.
Erst da dämmerte es bei mir auf wem ich saß.
„Kleiner Freund?“, ruckartig bewegte der Riesenvogel seinen Kopf in meine Richtung und siegte ihn auf und ab.
„Aber wie?“, ich Begriff es einfach nicht.
Wie konnte sich der sonst so winzige Kardinal in so einen Riesenhaften Greif ähnlichen Riesen verwandeln?
Verwirrt legte ich den Kopf schief und sah mich um.
Hier oben war es so friedlich!
In dieser Höhe flogen nicht mal mehr Vögel, außer dem Riesen auf dem ich saß, aber naja.
Abermals schüttelte ich den Kopf und bemerkte, wie wir an Höhe verloren.
Er wollte also landen.
Ich vergrub meine Hände in dem roten weichen Gefieder und hoffte auf halt.
Hoffentlich fiel ich nicht runter!!

Knapp flog der Vogel an den Bäumen vorbei und landete auf einer großen Lichtung.
Sachte stieg ich ab und betrachtete das riesige Tier.
Er war gute 3 Meter hoch und sicherlich weit über 4 Meter lang, seine Flügel maßen sicherlich eine Spannweite von 10 Metern, von seinen langen Schwanzfedern mal abgesehen.
Fasziniert lief ich um ihn herum und Strich sanft über die riesenhaften Federn.
Er erinnerte mich irgendwie an einen Greif, oder einen Phönix.
Da hatten wir es!
Mein Vater hatte mir damals immer aus einem Buch vorgelesen.
Ich glaube es hieß ‚Das Feuer des Himmels' darin ging es um einen Riesenhaften Vogel, welcher überall Phönix genannt wurde.
Es gab einzelne gezeichnete Bilder im Buch von diesem Tier, doch es nun leibhaftig vor mir zu haben erstaunte mich immer noch.
Wie konnte etwas so bedrohlich und angsteinflößend groß sein doch auf der anderen Seite wieder atemberaubend schön und faszinierend sein?
Kopfschüttelnd ließ ich mich ins Gras fallen und sah mich auf der Lichtung um.
Einst musste es hier wunderschön gewesen sein.
Doch nun…
Die Blumen waren vertrocknet, die Bäume tot und die ganzen Büsche bestanden nur noch aus knorrigen Ästen, die ihre nackten Finger nach Leben auszustrecken schienen.

„Wo mag nur Dean sein? Weißt du das vielleicht?“, fragte ich das Tier neben mir und legte den Kopf schief.
Er schien die Luft zu prüfen, doch als er nichts bemerkte schüttelte er den Kopf und sah mich traurig an.
„Könnten wir ihn suchen?“, sorgenvoll sah ich ihn an und hoffte, dass er mich verstehen würde.
Sachte nickte das Wesen mit dem Kopf und ging in die Hocke, so, dass ich mich wieder auf seinen gigantischen Rücken setzen konnte.
Sachte schlug er mit den Flügeln, wirbelte Staub in die Luft und hob langsam vom Boden ab.
Keine Minute später schwebten wir schon über dem Wald und hatten eine fabelhafte Aussicht auf die Welt unter uns.
Hier und da konnte man einzelne verbrannte Hütten und Scheunen erkennen, oder aber auch kleine Dörfer.
Aber etwas anderes zog meine Aufmerksamkeit auf sich.
Weit im Norden vor uns erstreckte sich eine riesige schwarze Schlucht.
Kein einziger Bäum säumte die Ränder.

Nichts!

Es war als würde dort vorne nur Tor und Verwüstung herrschen.
„Kannst du dahin fliegen?“, bat ich den Vogel und Strich ihm durchs Gefieder.
Wiederwillig erhöhte er das Tempo und flog in die Richtung der Schlucht.
Wind Strich mir durch meine schwarzen Haare und erfrischte mein Haupt.
Ich fühlte mich frei.
Freier als ein Wolf!

Ich streckte meine Hände aus und richtete mich auf.
Ich vertraute dem Tier unter mir, vollkommen.

„Yeah!“, schrie ich und streckte die Arme in die Höhe.

Ja wir konnten es schaffen!
Mein Bruder und ich mussten es schaffen!
Und wir würden es schaffen!
Hoffnung durchströmte mich und ließ mich erzittern, als ich unten im Wald plötzlich einen braun-schwarzen Haarschopf entdeckte.

„Dean!“, schrie ich und er drehte sich um, aber entdeckte mich leider nicht.
„Kannst du tiefer fliegen?“, fragte ich meinen Gefiederten Freund und machte mich schon mal auf das mulmige Gefühl des Abstiegs in meinem Magen bereit.

Immer näher kamen wir den Nadeln- und Laubbäumen, bis sie und uns nur noch wenige Meter trennten.
„Dean!“, schrie ich abermals und hielt sie Augen nach ihm offen.
Er konnte doch nicht binnen von Sekunden verschwunden sein!
Langsam wurde ich panisch.
Wo war er?
War ihm etwas in meiner Abwesenheit passiert?
Klar, ich war der jüngere von uns beiden aber in Sachen Magie hatte ich immer die Oberhand.
Er war immer derjenige gewesen der seine Zauberei nur im Alltag nutzte ich dagegen nutzte sie am meisten im Kampf.
Hätte ihn also ein Schatten überfallen, hätte ihm nur seine Schusswaffe und seine Schwerter helfen können und selbst die reichten meist nicht aus.

Suchend sah ich mich abermals um.
„Kyle? Wo bist du?“, schrie mein Bruder weit entfernt.
Meine Ohren spitzten sich und ich blickte um mich herum.
Bäume!
Nichts als kahle, fast tote Bäume!

„Dean hier drüben!“, schrie ich und versuchte ihn irgendwo auszumachen.
Aber nirgends entdeckte ich ihn.
„Kyle ich…“, seine Stimme brach ab und ich befürchtete das schlimmste.
Mist, dachte ich nur und sprang ohne darüber nachzudenken von dem riesen Vogel runter.
Binnen weniger Sekunden stand ich unversehrt auf dem Boden und lief los.
Hier musste er doch irgendwo sein!
Niedergeschlagen lief ich in die Richtung wo die Schlucht sein musste und hielt die Luft an.
Über dem Abgrund ragte ein gigantischer Ast eines Mammutbaums in die Tiefe.
Aber das war nicht das was meine Aufmerksamkeit auf sich richtete, was wirklich der Hingucker war der Mensch der daran hing, wie ein Affe der sich eine Banane holen wollte.

„Kyle!“
Lächelnd trat ich auf ihn zu und half ihm wieder runter auf den Boden.
„Wo warst du?“, frage er und musterte mich, so als würde er etwas an mir suchen.
„Nun ja im Wald hat die riesen Bestie alles zum Einsturz gebracht und mich darunter begraben. Danach bin ich dann auf ihm hier wachgeworden!“, kurz pfiff ich, spürte einen Lufthauch und sah den großen roten Vogel wieder neben mir.
„Was zur? Wie ist das möglich?“, anscheinend erkannte Dean ihn als den Kardinal aber er war genauso verdutzt wie ich zu Anfang.
„Ja ich versteh es auch nicht! Mit ihm hab ich mich dann auf die Suche nach dir gemacht und siehe da, wir haben dich gefunden!“, erklärte ich und tätschelte den Kopf des riesen Tieres.

„Denkst du, dass wir auf ihm darüber fliegen können?“, fragend legte mein Bruder seinen Kopf schief und betrachtete das Tier neben mir argwöhnisch.
Ich zuckte nur mit den Schultern und stieg wieder auf den Rücken des riesigen Vogels.
„Denkst du du schaffst uns beide darüber? „, sanft strich ich mit meiner Hand über seinen Kopf erntete ein Nicken von dem Tier.
Dean zog die Augenbrauen in die Höhe und machte sich ebenso daran auf den Rücken des Phönix zu kommen.
„Schon riesig der Kleine!“, verächtlich schnaubte das Wesen wegen seiner Bemerkung.
„Ärger ihn nicht! Sonst wirst du es glaube ich bereuen!“, grinsend blickte ich zu meinem Bruder und dann auf die Schlucht vor uns.
Was war an dieser Schlucht nur so Gefährlich, dass Aveline mich so vor ihr gewarnt hatte?
Vielleicht fünf, sechs Flügelschläge und wir wären drüben, dachte ich als ich spürte wie sich die mächtigen Schwingen auf und ab bewegten.


Wir schwebten direkt über dem Abgrund als sich plötzlich die Schatten unter uns bewegten.
Wie aufgestaute Energie stöbern sie zu allen Richtungen, ehe sie sich auf einmal zu etwas formten.

Erst zu einer riesigen Hand, dann wurde daraus ein Körper mit roten Augen und zu guter letzt blieben meine Augen an einem riesenhaften wolfähnlichen Wesen hängen das seine Zähne fletschte.
„Die Schlucht der Tausend Wesen!“, flüsterte mein Bruder eher zu sich selbst als in die Allgemeinheit.
„Was?“, verwirrt sah ich hinter mich.
„Hast du von der Legende noch nichts gehört? Unser Dad hat sie mir immer wieder erzählt als er mich besuchen kam. Da kannten wir zwei uns aber noch nicht! Es heißt es sei eine Schlucht in der die Schatten so mächtig waren, dass sie sich selbst formen konnten! In alles mögliche auf der Welt! Der Vorteil daran ist nur, dass sie die nur im Radius von 10 Metern am Tag ausüben können. Es sei denn, die Legende mit dem Zauber der Schlucht beschützt stimmt auch. Das würde dann nämlich bedeuten, dass wir nicht dort rüber kommen ohne mit diesem Wesen da unten gekämpft und gewonnen zu haben!“, als das letzte Wort seinen Mund verließ bildeten sich plötzlich dunkle Wolken am Himmel.
Die Erde bebte als ein Donnergrollen erklang und das Wesen unter uns seine Schlucht verließ.
Hart schluckte ich, als der riesenhafte Wolf zum Sprung ansetzte und uns nur knapp in der Luft verfehlte und neben einem verdorrten Baum wieder die Erde erreichte.
Wie sollten wir gegen so ein Riesenwesen ankommen?

 

„Licht!“, flüsterte plötzlich eine Stimme, welche sich haargenau wie die von Aveline anhörte.
„Hast du das gehört?“, fragte Dean und sah sich um.
Ich nickte und stellte mir insgeheim eine Frage.
Wenn ich ein Stern war, konnte ich dann meine Kräfte nutzen.
„Licht in der Nacht! Dunkles Ross das schnell erwacht! Ritter des Lichts, der Sterne und der Sonne, im Herzen liegt die Macht!“, in meinem Kopf wiederholten sich die Verse immer wieder und fanden aber sicher ihren Weg zu meinem Mund und ich musste mitsprechen.

„Im Herzen liegt die Macht!“, schoss es mir durch den Kopf und ich wusste was zu tun war.
Dean sah mir nur verwirrt ins Gesicht, als ich mich aufrichtete und nach unten sah.
Alles hatte ein Herz und wo Schatten waren, war ebenso das Licht zuhause!
Man musste nur wissen wo!
Und da Aveline mir eben den genauen Punkt nannte musste ich nur noch mit der Waffe zielen.
Schnell schnappte ich mir meine kleine Schusswaffe, kontrollierte die Munition, lud und zielte.
„Du machst dieses Biest nur noch wütender!“, rief mein Bruder und legte mir seine große Hand auf die Schulter.
„Nein mach ich nicht!“, lächelnd sah ich in die nun leuchtend roten Augen des Monsters und wusste, dass das Glück nun auf unserer Seite war.
Ein Blitz zuckte und erhellte die Umgebung als wäre es Tag.
Der Donner folgte nur eine halbe Minute darauf.
Bald würde sich das Gewitter direkt über uns befinden und sich vollkommen entladen.
„Asta la Vista!“, grinsend zog ich den Abzug und sah zu wie die Kugel sich durch die geladene Luft bohrte und den Wolf direkt im Herzen traf.
Gleißendes Licht umhüllte uns, als sich das Tier auflöste und nur ein Haufen leuchtender Staub zurückblieb.
Was dann geschah konnte ich einfach nicht glauben.
Auf magische Weise schloss sich die Schlucht, ihre Wände schoben sich wieder zusammen und brachten den Boden im Umkreis zum beben.
Bäume drohten umzustürzen aber auf Einmal stand alles still.
Die Erde schien aufgehört haben sich zu drehen und die Luft schien zu flimmern.
In der Ferne vernahm ich auf einmal einen Schrei, wie von einem Vogel der immer näher kam.
Der Sturmvogel, schoss es mir durch den Kopf.
Und tatsächlich!
Ein riesenhaftes Wesen, größer und schöner als es je beschrieben wurde, näherte sich uns.
„Was geschieht hier gerade?“, holte mich mein Bruder wieder aus meiner Starre.
„Ich würde mal sagen der Lord verliert an Macht!“, stellte ich fest und beobachtete den nahenden Greif.
Sein Gefieder war braun, welches allerdings im Licht orange schimmerte.
Seine wachsamen hellen Augen schienen uns direkt anzuschauen.
„Ist das?“, fragend legte ich den Kopf schief als das mächtige Tier vor uns in der Luft stoppte.
Sachte nickte es mit dem Kopf, als würde es sich bedanken wollen.

Der Phönix unter uns nickte ebenso und senkte danach ehrfurchtsvoll den Kopf.
Dean hinter mir schien sich unwohl zu fühlen, denn er rutschte hin und her und atmete hektisch.
„Was jetzt?“, fragte er und ich zuckte mit den Schultern, immer noch gebannt von den hellen Augen vor mir die mir irgendwie bekannt vorkamen.
Aber woher?

Die Schwingen des riesenhaften Greife wirbelte überall unter uns den Staub auf und sorgten für einen frischen Wind.
Die Wolkendecke brach auf einmal und ließen die warmen rötlichen Sonnenstrahlen auf die Erde scheinen.
Ja, rot war die Farbe der Hoffnung, der Greif vor uns und die nicht mehr existierende Schlucht waren die perfekten Beweise dafür.
Plötzlich ging ein Ruck durch die Erde unter uns und eine Welle der Macht kam von dem Tier uns gegenüber.

Verwirrt sah ich mich um.
Die verdorrten Bäume und Toten Büsche, schienen von neuem Leben getränkt worden zu sein und streckten ihre Häupter der scheinenden Sonne entgegen.

Gras wuchs plötzlich überall und ein sanfter Wind wehte uns das Gezwitscher kleiner Vögel entgegen.
„Danke!“, flüsterte Dean hinter mir und schien sich im sitzen vor dem Vogel vor uns zu verbeugen.
Ich tat es ihm gleich und senkte ehrfürchtig den Kopf.

„Ich habe euch zu danken!“, ertönte die Weise Stimme des Tieres, „ihr habt die Schatten aus dieser Schlucht vertrieben und die Kinder der Luft wieder zurückgebracht! Ihr seid so selbstlos wie es einst die Prinzessin war und ich hoffe, dass eure Reise weiterhin von Erfolg gekrönt wird! Solltet ihr Hilfe benötigen so sagt es eurem gefiederten Freund und er wird mich rufen!“
Mit diesen Worten verschwand das riesige Tier und ließ uns alleine.

„Wow!“, sprach ich meinen Gedanken laut aus und blickte mich in der nach Leben triefenden Landschaft um.
Wunderschöne Blumen säumten die Waldlichtungen, Schmetterlinge und Vögel zogen überall ihre Kreise und schienen miteinander zu spielen, während Rehe, Hasen und Füchse auf dem neuen Gras ihre Runden liefen.


Ein weiterer Schritt zum Erfolg, schoss es mir durch den Kopf.

„Wollen wir vielleicht einen Schlafplatz suchen und morgen weiter machen?“, fragte Dean und kraulte den Phönix an den Flügeln.
Ich nickte nur und gab dem Vogel unter mir ein Zeichen, dass er landen konnte.

In der Nacht schreckte ich plötzlich hoch.
Ein Alptraum!
Es war nur ein Alptraum!
Versuchte ich mich selbst in Gedanken zu beruhigen, als ich mir mit der Hand über meine mit Schweißbedeckte Stirn fuhr.
Schwer atmend stand ich auf und schmiss weitere Äste und Stöcke ins Feuer.

Zitternd zog ich mir meine Decke enger um meine Breiten Schultern und blickte in den Sternenhimmel.
Abertausend Lichter strahlten mir entgegen und tauchten die Umgebung in sanftes Licht.

Eine alte Mythe besagt, dass jeder einzelne Stern eine verstorbene Seele war und wenn der Stern erlosch, so wurde die Seele in einem neuen Körper wiedergeboren.
Ob das wirklich so stimmte, wusste niemand.
Kopfschüttelnd legte ich mich rücklings auf meine große Decke und beobachtete den Himmel.
Damals war ich stundenlang draußen gelegen und hatte die tausenden Lichter einfach nur beobachtet und geträumt.
Ja, ich hatte mir sogar Billionen Male etwas von einer Sternschnuppe gewünscht und bis jetzt war sogar die Hälfte meiner Wünsche in Erfüllung gegangen.

 

Wie automatisch schlossen sich meine Augen und ich erinnerte mich an mein früheres Ich, vor dem Tot von Lilith.
Ich hätte damals nicht mal für 10 Pferde diesen dunklen Wald hier betreten.
Nie und nimmer wäre ich auf dieses Abenteuer gegangen oder hätte mich auf Waffen und meine Magie spezialisiert.
Ich wäre damals vor jedem noch so kleinen erschreckenden Wesen davon gerannt und jetzt?
Jetzt war ich der, zu dem mich all die Ereignisse gemacht haben.
Ein junger Mann mit einem Beschützer- und Helfersyndrom.
Ein halber Stern, der noch nicht aufgegangen war.
Ein Krieger der versuchte die dunklen Mächte aufzuhalten und Angst hatte zu versagen.

Dean schlief noch tief und fest als ich abermals versuchte wieder einzuschlafen.

„Somebody make me feel alive and Shatter Me!“, lächelnd öffnete ich die Augen und sah in einen strahlend blauen Himmel, sanfter Blumenduft kitzelte meine Nase.
Aveline tanzte fröhlich in einem grünen Kleid um mich herum.
„Na du!“, begrüßte ich sie und setzte mich auf.
„Hey!“, grinsend ließ sie sich neben mich ins Gras fallen.
„Es ist komisch! Ich weiß wie es sich anfühlt zu leben aber irgendwie hab ich Angst, dass etwas bei meiner Befreiung schief geht!“, niedergeschlagen sank ihr Kopf auf ihre Knie.
„Nicht doch! Es wird alles gut gehen!“, versuchte ich sie zu beruhigen.
„Und was ist wenn etwas passiert?“, sie schluckte, „Was ist wenn…wenn dir etwas passiert?“
Geschockt sah ich sie an als eine einzelne Träne ihre Wange hinunter rollte.
Flink fing ich sie mit meinem Finger auf und betrachtete den Tropfen.
„Mir wird nichts passieren!“, beschwichtigte ich sie und riss mich vom Anblick ihrer Träne.
Sie schluckte abermals und sah mir tief in die Augen: „Versprichst du es mir? Verspricht du mir, dass du mich da raus holst ohne, dass dir etwas passiert?“
Heftig nickte ich und nahm ihre kleine zerbrechliche Hand in meine: „Ich verspreche es Sternenprinzessin.“

Ihre Augen wanderten von meinem Gesicht auf einmal weiter hinab erst den rechten Arm entlang, in der ich ihre Hand hielt und dann den linken Arm hinunter.
„Was hast du da gemacht!“, panisch griff sie meine linke Hand und beobachtete die silbern glänzende Narbe.
„Das Tor unter Galind!“, erklärte ich und spürte wie sie sich beruhigte.
„Der Phönix ist erwacht“, flüsterte sie so leise, dass ich es nur schwer Verstand.
„Wie meinst du das?“
„Es gibt eine alte Legende, die besagt, dass nicht nur der Sturmvogel oder Sternenvogel dieses Land beschützt! Es heißt ein Wandlervogel würde es auch tun und wenn eine Krisenzeit heranbricht, würde er kommen und einen Gefährten suchen, den er sogar auf seinem Rücken fliegen lässt! Dies ist passiert…Hab ich recht?“
Fragend sah ich sie an: „Was ist ein Wandlervogel?“
Belustigt legte sie den Kopf schief: „Ein Vogel der sich zum einen in einen ganz normalen alltäglichen Vogel verwandeln kann und zum anderen in einen magischen!“
„Der Kardinal!“, schoss es mir durch den Kopf, „Ja Aveline es ist passiert!“

Sie nickte nur und betrachtete eine wunderschöne Blume neben sich, welche mich an eine Stargazer-Lilie erinnerte.
Vorsichtig berührte sie die kleinen Blütenblätter der Pflanze.
„Warum kann es nicht immer so friedlich sein?! Du hattest heute Nacht wieder Alpträume, nicht wahr?“, traurig sah sie mich an, ehe ich nickte.
„Warst du das? In der Schlucht? Diese Stimme? Die mir diese Verse zuflüsterte?“, fragend sah ich sie an.
„Du meinst: Licht in der Nacht! Dunkles Ross das schnell erwacht! Ritter des Lichts, der Sterne und der Sonne, im Herzen liegt die Macht!“
Ich nickte nur.
„Ja das war ich! Der Greif. Kam er dir nicht bekannt vor?“, abermals nickte ich auf ihre frage.
„Der Greif ist ein Tier des Himmels ein Tier der Sterne, deshalb nennt man ihn auch den Sternenvogel! Er ist so etwas wie mein Gefährte! Bei dir ist es der Phönix und ich habe eben ihn! Ich brauche ihn in Gedanken nur zu rufen und er wird mich vor allem und jedem Beschützen! Irgendwann kommt der Tag, wo du das auch mit deinem Phönix durch machst! Wo ihr beide versucht euch gegenseitig das Leben zu retten und an diesem Tag wird euer ‚Gefährtenband' erst richtig geknüpft, danach seid ihr nicht mehr voneinander zu trennen und würdet euer Leben für den jeweils anderen geben. Eine Gefährtenschaft ist sehr selten! So selten wie die magischen Sterne auf der Erde! Also behüte und beschütze eure Verbundenheit!“, erklärte sie und lächelte.
„Ja ich werde sie beschützen! Das schwöre ich!“, mit diesen Worten verschwamm meine Umgebung.
„Wir sehen uns wieder!“, kurz kam Aveline näher und gab mir sachte einen Kuss auf die Wange, ehe ich meine Augen schloss und kurz darauf wieder in der Realität war.

Etwas hartes stubste sanft gegen meine Schulter und brachte mich dazu meine Augen zu öffnen.
Der Phönix stand neben mir und hielt im Mund einen ausgerissenen Strauch mit Beeren.
„Was soll ich jetzt mit denen machen?“, lächelnd nahm ich ihm das Gestrüpp ab und blickte auf die roten Brombeeren.
Er bewegte seinen Kopf auf und ab und betrachtete mich erwartungsvoll.
Grinsend versuchte ich zu deuten was ich seiner Meinung nach tun sollte.
Nichts wissend pflückte ich eine Beere aus dem Geäst und Warf sie in die Luft.
Freudig sprang der riesige Vogel und fing die Brombeere.
Lachend begutachtete ich das Spektakel.
Er wollte also spielen!

Erst als die letzte rote Kugel von den Ästen ab war, regte sich Dean hinter uns.

„Wieviel Uhr haben wir? Gibt's schon essen?“, verschlafen öffnete er die Augen und sah sich um.
„Ich Tipp mal so auf 10 Uhr, vielleicht auch 11 und nein essen gibt es noch nicht, also ich hab noch nichts vorbereitet. Wenn du natürlich so großen Hunger hast, kannst du gerne Jagen gehen, jetzt wo hier wieder Tiere sind!“, lächelnd betrachtete ich seine verwuschelten Haare.
„Ja ist ok, ich geh gleich los!“, erklärte er und schälte sich aus seiner Decke.

Lächelnd stand ich auf und streckte mich.

Unser weg war noch weit, vor uns lagen vielleicht noch zwei Tage Fußmarsch bevor wir am Schloss ankämen und dann war da noch die Sache mit dem Labyrinth des Königs.

Das Gesicht der Finsternis

 

Gegen 12 Uhr war Dean von der Jagd zurück, er hatte einen Hasen erlegt und brachte für den Phönix noch ein paar Beeren mit, die dieser freudig verschlang.
„Der und seine Brombeeren!“, lachte Dean und schmiss abermals eine der roten Kugeln in die Luft.
„Ach lass ihn doch!“, lächelnd kraulte ich das riesenhafte Wesen hinter den Ohren und biss nebenbei in das Fleisch auf meinem Stock.
Es fehlten zwar einige Gewürze aber wenn man sich tagelang nur von Brot, Wasser und Käse ernährt hatte war das Kaninchen doch sehr schmackhaft.

„Was denkst du wie weit ist es noch?“, fragte mein Bruder und sah sich auf der kleinen Lichtung um.
„Wenn wir zu Fuß gehen, sind wir noch Tage unterwegs, wir könnten allerdings auch Fliegen und in der Nacht, dann eben entweder laufen oder Rast machen. Ich will meinem Freund hier halt nicht zu viel zumuten!“, erklärte ich und lehnte meine Stirn an das warme weiche Gefieder des Vogels.
„Du verhältst dich so als würde sein Leben von dir abhängen!“
Geschockt sah ich ihn an: „Mein Leben wird bald von ihm abhängen genauso wie seines von meinem! Er ist mein Gefährte!“
Erschrocken hustete Dean und forderte mich auf ihm die ganze Geschichte zu erzählen.
„Letzte Nacht war Aveline wieder in meinen Träumen sie erklärte mir, dass er zusammen mit dem Sternenvogel der Beschützer dieser Welt ist. Sie sagte auch, dass der Phönix nur in Krisenzeiten auftaucht oder so ähnlich und dann einen Gefährten sucht, den er sogar auf sich reiten lässt. Sie hat mir alles erklärt was man über die Gefährtenschaft wissen muss und seit dem sehe ich ihn mit anderen Augen! Ich frage mich nur immer wieder wie sein Name ist!?“

„Wow das hört sich toll an. Ich hab gehört, dass das Gefährtenband erst richtig geknüpft ist wenn ihr beiden dazu bereit seit eure Leben für den jeweils anderen zu opfern! Das ist zwar absolut abgedroschen aber auch irgendwie super und…ach keine Ahnung mir fehlen die Worte! Aber wegen dem Namen. Den kriegst du sicherlich bald raus!“, bestimmend nickte Dean und rutschte näher an den Vogel heran.
„Er ist einfach nur wunderschön!“, sprach mein Bruder seinen Gedanken laut aus und erntete ein zustimmendes Nicken von mir.
Ja der Phönix war wunderschön! Atemberaubend schön, aber auch mächtig und voller Stolz!

 

Zwei Tage, zwei verdammte Tage!
Und immer noch kein Schloss in Sicht! Dean und ich hatten uns dazu entschieden am Tag zu fliegen und in der Nacht zu laufen, oder eben wenn wir kaputt waren Rast zu machen.
Immer wieder sahen wir uns in der Luft um.
Dort hinten im Süden erstreckte sich eine riesige Mauer aus Dornen, in diese Richtung flogen wir.
Hinter uns im Norden lag irgendwo Ophelion.
Es wurde langsam kälter und bald würde die Nacht hereinbrechen und der Himmel wäre nicht mehr sicher!
Ich wusste, das da draußen irgendwo der Schattenvogel saß und nur wartete bis die Sonne untergegangen war.
Ich spürte es regelrecht wie sich die Luft zum Abend hin auflud und die Spannung die Umgebung vibrieren ließ.

Kilometerweit hinter uns verkündete der Schrei des Sturmvogels die nahende Nacht und ließ Dean und mich erzittern.
„Wir brauchen einen Rast Platz für die Nacht?“, erklärte ich, doch der Vogel unter mir schüttelte den Kopf.
„Nix nein! Wir machen eine Pause! Du brauchst sie dringend mein Großer!“, bestimmend klopfte ich ihm auf den mächtigen Hals.
Er war warm!
Wären wir nicht gerade dabei die Welt zu Retten, hätte ich mich wahrscheinlich schon längst einfach an ihn gekuschelt.

Der Vogel lehnte sich nach vorne und setzte zum Landeanflug an, als sich plötzlich der ganz Himmel binnen weniger Sekunden verdunkelte.

Wie eine riesige Kuppel verdeckte das Schwarz die untergehende Sonne und ließ die Umgebung gespenstisch tot wirken.

Dank der Dunkelheit sahen wir nun fast gar nichts mehr und mussten auf den Phönix Vertrauen, was ja an sich kein Problem darstellte, doch auch ihm fiel es schwer sich zu orientieren.

Es krachte und dann waren wir am Boden.
„Kyle alles gut?“, fragte Dean und legte seine Hand auf meine Schulter.
„Ja! Bei dir auch?“, vorsichtig stieg ich vom Rücken des Tieres und betrachtete die Umgebung.
„Ja bei mir auch, aber was soll das hier? Wo ist der Mond? Wo die Sterne? Wo verdammt nochmal?“, panisch schrie er um sich.

Dean hasste die Schatten und ebenso die Dunkelheit.
Verzweifelt schlug er mit den Händen um sich, in der Hoffnung eines dieser widerwärtigen Monster zu erwischen.
„Dean es bringt nichts! Nichts kann diese Dunkelheit aufhalten! Und ebenso wenig durchdringen! Dean hör auf!!!!!“, wütend griff ich nach seinen Schultern und Zwang ihn mich, soweit es ging, anzugucken, „Es bringt nichts Dean! Wir sind gefangen bis morgen früh!“
Niedergeschlagen ließen wir beide gleichzeitig den Kopf sinken.

Hinter uns raschelten auf einmal Federn.
„Phönix?“, fragte ich doch bekam keine Antwort.
Nach ein paar Minuten legte sich auf einmal etwas um die Schultern von meinem Bruder und mir.
Wärme umgab uns als mir klar wurde, dass der Vogel versuchte uns mit seinen Flügeln gegen die Eiseskälte abzuschirmen.

„Danke!“, murmelte ich und lehnte mich an den muskulösen Körper des Tieres.
Dean stellte sich neben mich und tat es mir gleich.

So standen wir also da.
Mitten in der undurchdringbaren Dunkelheit, in einem Wald aus scheinbaren Eis ohne Sonne und Mond.

„Wie wollen wir hier nur rauskommen?“, verzweifelt sah ich nach oben.
Dort wo eigentlich der Himmel sein sollte blitzten mich nun aber nur die wachsamen Augen meines Gefährten an.
Wie Flammen loderten sie in der Dunkelheit und machten mich müde.


Es rumpelte, dann krachte es.
Überall war Feuer!
Es brannte!
Der Wald brannte!!
Mein Blick fiel auf meinen Körper.
Ich leuchtete!
Ich leuchtete heller als jeder Stern!
Etwas, oder besser gesagt jemand, schrie plötzlich um sein Leben.
Dean!
Nein ihm durfte nichts passiert sein, schoss es mir durch den Kopf als ich durch die Flammen sprang und mich auf das schwarze Ungetüm aus Schatten stürzte.


„Nein!!!“, schrie ich und krallte mich in das Gefieder des Phönix.
„Kyle! Alles gut! Beruhig dich!“, erschrocken sah ich in die hellen Augen meines Bruders.
Er lebte!
Das würde bedeuten, das eben war nur ein Traum!
Erleichtert atmete ich auf und sah mich um.
Wo gestern Nacht noch die Finsternis herrschte, suchten sich zu dieser Zeit wieder sie strahlen der Sonne ihren Weg durch das Unterholz.

Ich hatte geleuchtet!
Kopfschüttelnd setzte ich mich auf und strich mir mit der Hand übers Gesicht.

 

„Wir müssen dieses verfluchte Schloss finden!“, wütend standen Dean und ich gleichzeitig auf.
Ja er hatte recht!
Wir mussten es finden, am besten Heute noch!

 


Vor uns erstreckte sich eine lange Mauer, es war als würde sie die Magie der vergangenen Tausend Jahre in sich tragen.
Kühler Wind strich mir und meinem Bruder durch die Haare als wir uns die Umgebung unter uns und dem riesige Vogel ansahen.
Was sollten wir nur machen?
Wie sollten wir dieses verdammte Schloss nur finden?

Der Phönix unter uns schnaufte und schüttelte auf einmal mit dem Kopf.
„Was hast du?“, beruhigend strich ich mit der Hand über seinen muskulösen Hals.
Abermals schüttelte er mit dem Kopf und schien etwas in seinem Kopf verscheuchen zu wollen.
„Lande!“, befahl ich und machte mich auf das mulmige Gefühl des Abstiegs bereit, doch es blieb aus.
Der Phönix wollte nicht landen.

„Was ist los? Großer was hast du?“, beunruhigt sah ich zu meinem Bruder, welcher still hinter mir saß. “Irgendwas stimmt hier nicht!“, fragend blickte Dean sich um, so als ob er etwas zwischen den Wolken oder den Bäumen unter uns suchen würde.
Ich nickte nur und sah mich ebenso um. In meinen inneren Gedanken zog auf einmal etwas meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich schloss meine Augen und spürte wie eine Fremde, sehr starke, Macht versuchte in meine Bewusstseinsfäden einzudringen. Wie eine Mauer aus Stahl, verschanzte ich mich innerlich, öffnete die Augen und suchte nun panisch die Umgebung ab. Irgendetwas war dort! Etwas starkes!
„Irgendwas ist da unten!“, erklärte ich und deutete auf eine Lichtung die umringt von Trauerweiden war.
Zwischen den einzelnen Ästen konnte man eine Person erkennen sie war komplett in Schwarz gekleidet und versuchte ihr Antlitz zwischen dem hängenden Geäst zu verstecken.
„Kyle!“, mein Bruder riss mich aus meiner Starre und sah geschockt in eine große Wolke die sich vor uns aufzubauen schien.

„Was zum Henker!“, hilfesuchend sah ich mich um.
Was war hier gerade geschehen?
Oder besser gesagt, was ging hier gerade vor?
Ein Schatten schälte sich aus der riesigen Wolke und schien eine Gestalt annehmen zu wollen.
Wie riesige Flügel schien der Schatten auf einmal aufzureißen und zu schlagen.
Schattenvogel, schoss es mir durch den Kopf.
„Großer Lande! Am Boden bin ich stärker!“, schrie ich und fixierte abermals die Gestalt in dem Dickicht unter uns, als Geschenk bekam ich nur ein fieses Grinsen.
„Hör auf!“, schrie plötzlich mein Bruder und hielt sich den Kopf.
Ein Flüstern durchdrang die Luft und schien auf den Wellen des Windes immer näher zu kommen und lauter zu werden.
„Verdammt!!“, schrie ich als eine Energiewelle von dem Schatten vor uns kam.

Was konnten wir nur machen?

Langsam wurde das Geflüster um uns herum klarer und verständlicher: „Muss ich euch meine Macht wirklich so stark demonstrieren bis ihr aufgebt? Hat der Wolf oder der Vogel euch nicht gereicht?“

Kopfschüttelnd versuchte ich einen klaren Gedanken zu fassen. Der Vogel unter mir schlug weiterhin unruhig mit den Flügeln, was dazu führte, dass wir an Höhe verloren und hin und her schlingerten.

„Hey mein Großer. Ich weiß es ist schwer aber konzentrier dich! Sonst stürzen wir ab!“, sprach ich beruhigend auf den Vogel ein.
Wie als hätte man einen Schalter umgelegt schlug er wieder im normalen Rhythmus mit den Flügeln und beruhigte sich.

 

„Kyle!“, schrie mein Bruder plötzlich ehe alles schwarz wurde.

 

*

 

„Du solltest nicht hier sein!“, rief eine Stimme von weither. „Verschwinde!“


Ich versuchte die Augen zu öffnen, doch es gelang mir nicht. Es fühlte sich an, als wären meine Augenlider aus Blei. Zu schwer um sie zu bewegen. Selbst meine Arme waren wie versteinert. Nichts rührte sich an meinem Körper.

Kurz hielt ich den Atem an und lauschte. Geflüster umhüllte mich und schien mich wie eine warme Decke ein zu lullen. Doch da war noch etwas anderes! Es roch nach Blumen. Nach wilden Blumen. Haare kitzelten plötzlich meine Stirn. Waren es meine eigenen? Ich wusste es nicht. Verwirrt von dem Szenario, welches ich nicht mal sehen konnte versuchte ich mich abermals zu bewegen. Nichts! Nicht mal einen Finger konnte ich bewegen!


„Vin! Such mich doch!“, das kindliche Lachen eines Mädchens drang in meine Ohren.


„Wir dürfen nicht hier her Ave! Verschwinde!“, rief die Stimme eines Jungen.

 

 

Was war hier nur los?

Ich befand mich nicht mehr bei meinem Bruder das war klar!

Aber wo war ich dann?


„1, 2, 3! Du kriegst mich nicht! Hahaha!“, rief abermals das Mädchen.

 

„Na warte! Jetzt bist du dran!“, man hörte nur noch die Schritte zweier Kinder, ehe es wieder ruhig wurde.

 

„4, 5, 6! Jetzt hab ich dich du kleine Hexe!“, rief der Junge plötzlich.


Zwei Kinder die Verstecken spielten!

Warum auch nicht!?


„Vin?“, fragte das Mädchen mit einem traurigen Ton in der Stimme.

 

 

Ich lauschte abermals angestrengt.


„Ja?“, flüsterte der Knabe.

„Wenn du in drei Jahren gekrönt wirst….spielst du dann dennoch noch mit mir?“


„Natürlich Aveline!! Du bist doch meine Schwester! Ich werde immer für dich da sein! Mein kleiner strahlender Stern!“

 

*

 

Ich schnappte nach Luft und riss die Augen auf.

Vin?

Vincenzo!

Der Schattenlord!

Avelines Bruder!

Jetzt ergab alles einen Sinn!


Das eben gerade war eine Erinnerungsübertragung von Aveline an mich!

Aber warum?
Was hatte das zu bedeuten?

Warum hatten sie sich so sehr auseinander gelebt, dass der Schattenlord sein eigen Fleisch und Blut versuchte zu töten nur um an Macht zu kommen?

Konnte ein Einzelner wirklich so Ehrgeizig sein?


Kopfschüttelnd sah ich mich um und versuchte herauszufinden wo ich mich befand.

Blumen!

Alles war übersäht mit Blumen!

Tulpen, Wildrosen, Lilien und Gardenien.

Überall!

 

„Ich liebe Blumen! Das weißt du!“, ruckartig drehte ich mich um und sah in Aves wunderschöne Augen.

„Du? Was ist passiert? Warum bin ich hier? Ich…ich bin gerade vollkommen verwirrt!“, niedergeschlagen ließ ich den Kopf hängen und blickte eine weiße Gardenien an, welche meine Gefühle widerspiegelte.

Ihr Stiel strotzte nur so vor Leben aber im Gegensatz dazu hing ihre Blüte träge und traurig herunter.


„Diese Erinnerung, welche du gerade ‚gehört' hast, habe ich dir geschickt. Ich weiß nicht wieso aber ich hatte den Wunsch, dir zu zeigen, dass mein Bruder nicht nur eine schlechte Seite besitzt! Ich verstehe, dass du verwirrt bist, aber glaub mir…eines Tages wird sich all das klären!“, erklärte sie mir und legte ihre kleinen Hände auf meine Schultern.


Ich lächelte: „Was hat dein Bruder mit mir gemacht? Ich meine…ich weiß nur noch, dass ich mit dem Vogel gesprochen habe, aber dann…“


„Ein Schlafzauber. Nicht sehr Stark aber effektiv! Das Problem an dieser Sache ist nur: Er weiß höchstwahrscheinlich, dass du ein Stern bist. Sprich, er hat es nun auf dich abgesehen!“, verbittert biss sie sich auf die Unterlippe und sah in die weite Ferne des blauen Himmels.


Ich seufzte und ließ mich nach hinten ins weiche Gras fallen.
Es war alles so verwirrend.

Dean und ich mussten dieses Schloss finden und was passierte?

Der Schattenlord kam uns mal wieder in die Quere!

Niedergeschlagen schloss ich die Augen.

Wir mussten es schaffen!


„Über was denkst du nach?“, Aveline legte sich neben mich und bettete ihren Kopf auf meine Schulter.


„Über alles! Dean und ich suchen immer noch dieses Schloss, aber wir finden es nicht!“


„Ihr müsst nicht suchen! Ihr müsst glauben! Denn nur wer wahrhaftig an sich selbst glaubt kann finden, was niemand jemals finden wird der nur sucht!“, ich runzelte über ihre Worte die Stirn.

„Musst du immer in Rätseln sprechen?“, fragte ich und sah in die vorbeiziehenden Wolken.

„Nein müssen nicht, aber ich liebe Rätsel!“, lachend richtete sie sich halb auf und sah mir in die Augen.

Ein lächeln umspielte meine Lippen, als ich ihrem glücklichen Blick begegnete.

Sie war nicht mehr vollkommen am Leben und doch war sie Glücklich! Wieso nur? Dieses Mädchen brachte mich um den Verstand!


„Wann werde ich wieder wach?“, fragend hob ich eine Augenbraue und beobachtete jede noch so kleine Bewegung von dem Mädchen vor mir.


„Frühestens in ein paar Stunden!“
Geschockt riss ich die Augen auf: „Was! Was ist wenn Dean in der Zeit etwas passiert?“
„Soweit kommt es nicht! Vin, also mein Bruder, spielt gerne. Es liegt nicht in seiner Natur herauszufordern und sich dann zu stellen. Er zieht sich dann eher wieder zurück!“, beruhigte mich Aveline.


„Und was ist wenn er seine ‚Natur‘ nun geändert hat?“
„Das passiert ebenso nicht! Dafür kenne ich ihn zu gut!“
„Ach aber ihn gut genug gekannt um zu wissen was er in der Zukunft noch alles mit seinen Schatten macht, das hast du oder wie?“, herausfordernd sah ich sie an.
„Was! Nein! Ich…. Das ist ein ganz anderes Thema! Lass uns über etwas anderes Reden!“, bat sie und legte sich halb auf meinen Brustkorb.

„In Ordnung!“


Gedankenverloren strich ich durch Avelines langes Haar und roch daran.

Blumen!

Sie und ihre Blumen!

Lächelnd schloss ich die Augen.


„Was haben Blumen so an sich, dass du sie so sehr vergötterst?“
„Sie finden immer einen Weg um zu überleben! Sie kämpfen! Und unter anderem sind sie wunderschön!“, erklärte sie, zupfte demonstrativ die Gardenien ab, welche ich vorhin begutachtet hatte und hielt sie mir vor die Nase.

Ich öffnete die Augen und blickte auf die feinen weißen Blütenblätter der Pflanze.

„Selbst sie kämpft, obwohl sie fast keine Chance hat! Sie lässt zwar den Kopf hängen und wirkt traurig, aber im gesamten strotzt sie nur so vor Leben!“, lächelnd legte sie die kleine Blume zurück in die Wiese, nur knapp neben den Strauß, aus welchem sie sie entfernt hatte.

 


„So und jetzt pass auf!“, sprach sie leise und verweilte mit ihrer Hand über der Blume.


Gespannt wartete ich.

Aus ihrer Handfläche schien grün-goldener Nebel aufzusteigen, welcher die Gardenie komplett umhüllte.
Wie von Zauberhand wuchsen aus ihrem Stiel Wurzeln und verankerten sich im Boden.


„Wie?!“, überrascht sah ich zu wie aus der einstigen einzelnen Gardenie ein ganzer Strauß wuchs.

Ave zog ihre Hand zurück und der Nebel verebbte. Trotz der verschwunden Hilfs-Magie verflochten sich die einzelnen Äste weiter zusammen und wuchsen in die Höhe.


„Wow!“, entfuhr es mir.

„Manchmal benötigt etwas fast totes einfach ein wenig Hilfe, nur um stärker zu werden als alles Leben in der Umgebung!“, erklärte Aveline und lächelte mich an. Grinsend nickte ich und strich ihr weiter durchs Haar.


„Wenn es nur jemanden geben würde der mir und Dean helfen könnte!“, seufzend sah ich wieder in den Himmel und sah den Wolken beim vorbeifliegen zu.


„Damals hab ich mit meinem Bruder immer geraten, welche Figuren da oben sind!“, beruhigend legte Ave mir ihre Hand auf die Brust und fuhr mit den Fingern hoch und runter.


„Ja das hab ich auch mal gemacht, nur haben meine Schwester und ich immer die großen Tiere gesucht! Einmal haben wir eine Wolken Ansammlung entdeckt, die aussah wie ein Drache!“, lachend schloss ich die Augen, als in meinen Gedanken ein Bild von meinem jüngeren Ich auftauchte.


„Um auf deine Aussage zurück zu kommen….ich habe einen alten Freund in den schwarzen Wäldern… er könnte euch helfen!“, irritiert sah ich zu ihr hinunter.


„Was für einen Freund?“


„Er ist ein Tanda.“


„Ein Elb?“, verwirrter als zuvor setzte ich mich auf.


„Ja und nein…Tandanen oder Tandas, sind nicht direkt Elben. Sie sind sozusagen Sternzeichen. Sie sind diejenigen die die alten Schriften der Sterne geschrieben haben. Die Skripten und Schriftrollen der Macht. Die Uralten, welche alles wissen. Es gibt nur noch sehr wenige von ihnen. Höchstens zwanzig Stück von ihnen haben die Finsternis überlebt. Sie haben sich zurückgezogen und warten darauf, dass sie ihre über die Jahre aufgestaute Wut frei lassen können!“, auch Aveline setzte sich auf und beobachtete mich.


Ich versuchte ihre Worte zu verstehen.


Ein Tanda also. Aber was konnte uns ein ‚Sternzeichen' bringen?


„Und wie könnte dieser Tanda uns nun helfen?“, fragend hob ich eine Augenbraue.


„Er weiß mehr als jeder andere! Damals gab es Hunderte von ihnen! Eben so viele wie es auch Sternzeichen gibt! Die zwei Stärksten: Skorpion und Krebs, wurden damals von meinem Bruder gefangen genommen. Einzig und allein er und ein paar andere sind übrig geblieben. Derjenige den ich meine, ist der Wassermann. Er lebt in der Nähe des schwarzen Ozeans. Zumindest war dies so als ich noch am leben war!“, ich nickte verstehend.


„Das schwarze Meer ist weit von unserem Standpunkt entfernt! Es würde Tage dauern bis wir da wären!“, erklärte ich und runzelte die Stirn.


„Ich weiß aber lieber nehmt ihr den Weg auf euch, als ein weiteres Mal in das Gesicht meines Bruders zu blicken!“

 

Sie hatte recht. Irgendwie zumindest.


Aber was wenn etwas schief lief?

 

„Es ist alles so verzwickt!“, seufzend drehte ich mich zu Ave und beobachtete ihre Bewegungen.


Eine Strähne ihres langen Haares fiel ihr ins Gesicht. Als sie sie zur Seite streichen wollte kam ich ihr zuvor und wickelte ihr glattes Haar um meinen Finger.


„Du wirst gleich wach!“, erklärte sie traurig.


Ich nickte und zog Ave näher an mich ran.

Sie weigerte sich nicht, was mich ermutigte sie fest in meine Arme zu ziehen.
Sie seufzte und kuschelte sich an meinen Brustkorb.

„Du bist warm“, flüsterte sie.

„Werwolfsache!“, erklärte ich, schloss die Augen und genoss die Nähe dieses wundervollen Mädchens.

 

„Der Tanda wird euch finden!“, plötzlich umgab mich eine undurchdringbare Stille.

 

 

 

Flüstern der Pflanzen

„Großer es bringt nichts wenn du ihn als abschnupperst!“, etwas berührte meine Wange. Warmer Atem strich über meine Haare und kitzelte meine Nase.
„Hoffentlich wird er bald wach! Ich mach mir langsam Sorgen!“, erklärte die gleiche Stimme von vorher.
Dean, schoss es mir durch den Kopf.
Ich versuchte meine Augen zu öffnen, doch scheiterte.
Ich kannte dieses Gefühl. Diese Benommenheit. Dieses Gefühl, dass man sich nicht mehr bewegen kann, aber alles um einen herum mitbekommt.
Niedergeschlagen lauschte ich.
„Leg dich jetzt schlafen, Großer!“, erklärte mein Bruder.
Ich spürte weiche Federn an meinem Arm, als sich der Phönix neben mich legte.
Abermals kam diese undurchdringbare Finsternis und trug mich auf ihren seichten Wellen weit weg in das Land der Träume.

 

Federn kitzelten meine Wangen. Etwas fiepste und gurrte. Träge versuchte ich meine Augen zu öffnen und blickte in zwei rubinrote Pupillen.

„Na Großer!“, lächelnd tätschelte ich den Kopf des Phönix.
Suchend blickte ich mich um.

Es war sternenklare Nacht. Über unseren Köpfen strahlten Abermilliarden Sterne strahlten und erhellten den Himmel.

„Wo ist Dean?“, fragte ich den großen Vogel, welcher sich an mich kuschelte und mich wärmte.

Mit seinem riesen Kopf deutete er in Richtung Wald.

„Holt er essen?“, als Antwort bekam ich ein Kopfschütteln.

„Feuerholz?“, fragend hob ich eine Augenbraue.

Nickend blickte mich der Vogel an und sah dann in die Sterne.

„Wunderschön nicht wahr? Wenn man bedenkt, dass ich von einem von denen abstamme ist es irgendwie surreal, dass ich auch ein Werwolf bin! Nur zu gerne würde ich wissen welche Kräfte ich habe!“

Mit seinem Schnabel stubste er mich an und schnaufte.

„Irgendwann! Irgendwann haben wir es geschafft und sind endlich Frei! Egal was kommt! Ich werde nicht aufgeben!“

 

„Ja egal was kommt wir geben nicht auf!“, erschrocken drehte ich mich um und blickte in das Gesicht meines Bruders.
Lächelnd setzte er sich neben mich und legte sein gesammeltes Holz neben sich auf den Boden.


„Erschreck mich doch nicht so!“, schnaufte ich und brachte ihn damit zum Grinsen.

„Warum denn? War doch lustig!“, erst jetzt entdeckte ich unter seinen Augen dunkle Ringe.

Hatte er denn nicht geschlafen?

„Hast du kein Auge zugemacht?“, fragend sah ich ihn an.

Dean schüttelte den Kopf: „Nein. Ich hab nicht hinbekommen einzuschlafen. Ich glaube ich hab einfach zuviel nachgedacht, weil du einfach nicht wachgeworden bist. Weißt du…wir saßen auf dem Phönix und auf einmal kippst du weg! Hätten wir zwei Sekunden später reagiert wärst du auf den Boden geknallt und dann hätten wir dieses Gespräch hier nicht führen können!“

Traurig ließ er den Kopf sinken. 

„Aber ich bin hier und lebe! Dank euch! Es war nicht mehr als ein Schlafzauber! Schwach, aber effektiv, wie Ave so schön sagte!“

„Du hast Aveline wieder getroffen in deinen Träumen?“, schniefte er und sah mich mit seinen nun rötlich scheinenden Augen an.

Ich nickte und lehnte mich zurück an den großen Vogel, welcher sich hinter mich gesetzt hatte.

 

„Hat sie dir noch irgendwas gesagt?“, bohrte Dean weiter nach und wischte sich mit der Hand übers Gesicht.

„Naja…. Weißt du was ein Tanda ist?“

„Tanda? Tandanen? Redest du von den Uralten? Wenn ja, dann weiß ich was das sind, warum?“, fragend blickte er mich an.

„Ave meinte, dass einer von ihnen vielleicht in der Nähe des schwarzen Ozeans wohnt und uns vielleicht sogar helfen könnte.“

„Okay, aber das wäre ein langer weg von hier bis zum Meer der Finsternis!“, gedankenverloren sah er in den Himmel.

 

„Ich weiß. Sie meinte auch gen Ende, dass dieser Tanda uns finden würde. Frag mich nicht was sie damit meinte!“, seufzend wickelte ich mich weiter mit meiner Wolldecke ein.

 

„Hmm….toll! Und was machen wir mit dem Schloss?“

"Ihr müsst nicht suchen! Ihr müsst glauben! Denn nur wer wahrhaftig an sich selbst glaubt kann finden, was niemand jemals finden wird der nur sucht!“, schossen mir Aves Worte in den Kopf. 

 

Meine Gedanken kreisten plötzlich und überschlugen sich. Kein Gedanke schien mir angemessen genug zu sein, um Avelines Worte zu entschlüsseln. Auf einmal war er da! Rein und klar schwebte er vor meinem inneren Auge. Das war es! So mussten wir das Rätsel einfach lösen!

 

 

„Ich hab’s!“, freudig sprang ich auf und streckte mich.

 

„Was geht denn jetzt bei dir schief?!“, Dean sah mich verwirrt an.

 

„Ganz einfach nach was haben wir andauernd gesucht?“


„Nach dem Schloss?“


Ich nickte ihm zur Antwort zu und sprach weiter: „Genau! Aber haben wir es gefunden?“


Dean schüttelte nur seine Mähne.


„Was wenn es die ganze Zeit da war? Wenn wir einfach nur zu sture und dumm waren es zu finden? Was wenn wir einfach zu blind waren es zu finden?“


„Kyle? Wir haben beide jeweils zwei Augen! Selbst der Phönix hat zwei perfekt funktionierende Augen und du willst mir grad was von wegen Blind erzählen?“, lachend legte er sich in die Wiese.


„Ihr müsst nicht suchen! Ihr müsst glauben! Denn nur wer wahrhaftig an sich selbst glaubt kann finden, was niemand jemals finden wird der nur sucht!“, wiederholte ich Aves Worte laut.


Dean hob fragend eine Augenbraue.


„Was wenn wir nicht direkt nach einem Schloss suchen müssen? Ave meinte zwar klar und deutlich das Königsschloss, aber sie liebt Rätsel! Das Wort Schloss hat mehrere Bedeutungen!“

 

„Ein Türschloss vielleicht?“, überlegte er stirnrunzelnd.

„Fragt sich nur wo der Schlüssel ist!“, grinsend setzte ich mich neben ihn und fing an ein Feuer vorzubereiten.

 

 

 

Die Sonne hatte bereits ihren Zenit erreicht als Dean und ich eine Pause machten. Wir hatten beschlossen zu Fuß weiter zu gehen, denn in der Luft konnte man schlecht erkennen, was sich auf dem Boden abspielte. Der Phönix saß seit zwei Stunden in Form des Kardinals auf meiner Schulter und beobachtete gespannt die Umgebung.

 

„Komm Kyle wir müssen weiter!“, spornte mich mein Bruder an, als ich einen toten Busch betrachtete.

 

„Ja gleich!“, erklärte ich, richtete mich auf und lief zu dem kleinen Geäst vor mir.
Auch wenn es so schien, als wäre es tot, so wusste ich, dass doch noch Leben in dem Busch steckte.

Ich atmete tief ein und öffnete mein drittes Auge um eine Verbindung mit dem Busch aufzubauen.

„Kyle was hast du vor?“

 

„Pscht!“, ermahnte ich ihn scharf und verlängerte meine Bewusstseinsfäden.

 

„Ein Gezeiten der breit! Ein drittel der Meidt. Wie eine Mauer so gleicht!“, hörte ich das Geäst flüstern.

 

Wirre Sätze! Das ergab keinen Sinn.

 

Ich schüttelte den Kopf und wollte gerade die Verbindung abbrechen, als ich etwas anderes hörte.

 

„Rotes langes Haar, gebrannt Markt durch ihr eigen Fleisch und Blut, die Prophezeiungen werden wahr. Wird kommen, auf dem Rücken des Himmels, mit dem Antlitz eines Engels. Sie nicht alleine ist! Ein Stern nur für sie strahlt! Und mit der Liebe zweier Lichter, die Dunkelheit zerbarst!“, hörte ich eine ältere Stimme murmeln.

 

Immer wieder wiederholten sich die Sätze und schienen immer mehr von Bedeutung.

Das Flüstern, welches ich wahrnahm kam von einem Baum oder Busch in der Nähe aber woher genau? Gespannt legte ich meine Hände auf den Boden und öffnete mein Bewusstsein für alle Pflanzen.

 

„Komm her nur zu! Ich werde dir nichts tun!“, sprach mich die Stimme nun direkt an.

 

„Geh nicht! Wie ein roter Tropfen deines eigenen Blutes wird er dich in den Schnee fallen lassen!“, warnte mich eine verdorrte Rose, rechts neben mir.

 

„Sie hat Recht! Bleib hier und hilf mir oder uns!?“, bat mich eine Narzisse, links von mir.

 

Plötzlich verstummten alle Pflanzen in der Umgebung. 

 

„Ruhe jetzt!“, meldete sich wieder die Stimme von vorhin zu Wort.

 

„Was wollen sie?“, fragte ich in Gedanken.

 

„Folge dem Pfad der dunklen Nacht! Mit den Händen in die Federn, dann ist es bald vollbracht!“, schmerzhaft löste dieses Etwas meine Verbindung zu allem in der Umgebung.

 

Ich keuchte auf.

Mein Kopf dröhnte und schien zu platzen.

Warum musste nur jeder in Rätseln sprechen?

 

Kopfschüttelnd versuchte ich die Schmerzen zu verdrängen und das Pochen meiner Gedanken zu ignorieren.

 

„Kyle alles gut?“, fragte Dean und legte mir die Hand auf die Schulter.

„Nein, also ja aber… ach keine Ahnung!“

„Was war das gerade?“, sorgenvoll sah er mich an. 

„Ich weiß es nicht! Da war auf einmal diese Stimme!“, ich schüttelte abermals den Kopf um meine Gedanken zu ordnen.

„Welche Stimme?“, er zog die Augenbrauen in die Höhe und sah sich um.

„Ich weiß es nicht…“

„Und was hat diese Stimme gesagt?“

„Irgendetwas mit Pfad der Nacht und Hände in den Federn, dann ist es vollbracht“, erklärte ich und rieb mir den Kopf.

 

Das Pochen ebbte langsam ab, was dazu führte, dass ich wieder klar denken konnte.

 

 

Das Meer der verlorenen Seelen

 

„Geht's wieder?“, fragte Dean und setzte sich hinter mich.
Ich zuckte mit den Schultern und massierte meine Schläfen.
„Komm wir bleiben heute Nacht hier! Du siehst fertig aus und hast schmerzen! Ich will nicht, dass mein kleiner Bruder sich hier durch quält!“
„Nein! Wir müssen weiter! Sonst verlieren wir noch einen Tag!“, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Dieses Pochen war zwar weg aber nun hatte der Schmerz in meinen Gliedern Platz gefunden, was dazu führte, dass ich mich kaum noch bewegen konnte.

Träge sah ich zu meinem Bruder und beobachtete jede noch so kleine Bewegung von ihm.

„Dean?“

„Ja Kyle!“

„Ich bin müde!“

„Dann schlaf dich aus!“, erklärte er und lächelte liebevoll.

 

Auch wenn er und ich uns nicht seit unserer Geburt kannten, so waren wir zwei doch unzertrennlich.

 

„Ist okay! Aber danach gehen weiter!“

Er nickte und gab mir eine der Beiden großen Wolldecken aus seinem Rucksack.

Müde ließ ich mich nach hinten sinken und deckte mich zu.

 

Nur kurz darauf spürte ich den kleinen Kardinal an meiner Wange, an welche er sich kuschelte und versuchte mich mit seinen zwei kleinen Flügeln zu wärmen.

 

„Gute Nacht ihr zwei!“, murmelte ich schlaftrunken und schloss die Augen.

„Ja gute Nacht ihr zwei Süßen!“, ich hörte aus Deans Stimme heraus, dass er lächelte.

 

 

„Kyle? Es ist Zeit!“, flüsterte mir jemand sanft zu.

 

Aveline? Verwirrt kam ich langsam zu mir. 

 

Vorsichtig öffnete ich meine Augen und blinzelte mehrmals.
Sterne erhellten die dunkle Nacht und tauchten die Umgebung in ein seichtes blaues Licht.

Flammen züngelten rechts neben mir und hüllten mich in eine angenehme Wärme.

Dean saß mit dem Rücken zu mir und betrachtete die Sternzeichen am Himmel. Auf seiner Schulter saß der Kardinal und lehnte sich an seinen Kopf.

 

„Kann es denn nicht immer so friedlich sein?“, seufzte er.

Zur Antwort zwitscherte der Kardinal nur und schlug kurz mit den Flügeln.

„Was würde ich nur dafür geben, dich manchmal zu verstehen!“, erklärte mein Bruder und lehnte sich nach hinten.

Ich musste einfach lächeln.

 

Kurz drehte sich der kleine Vogel um und erblickte mein wach es Antlitz.

Abermals zwitscherte er und kam auf mich zugeflogen.

„Na mein Kleiner!“, begrüßte ich ihn.

„Du bist ja wach!“, stellte Dean fest und grinste.

„Ja schon seit etwa 5 Minuten!“, ich grinste ebenso und setzte mich auf.

Dean nickte nur und packte seine ausgepackten Wasserflaschen und sein Essen wieder ein.

 

Auf einmal grummelte mein Magen.

„Na hat mein Vielfraß etwa Hunger?“, prustete Dean los und warf mir eine Tüte mit getrocknetem Fleisch zu.

„Danke!“, voller Vorfreude schnappte ich mir die Tüte und ein paar der Hühnchenstreifen daraus.

Dean lächelte mir nur zu und stopfte weiter die Sachen in seinen Rucksack.

Nach meinem kleinen Imbiss zog ich mir schnell andere Klamotten an und löschte mit Dean das Feuer.

„So können wir?“, fragte ich Dean und fütterte währenddessen den Kardinal mit ein paar Brotkrümeln und Fleischstückchen, welche von mir übrig geblieben waren.

Er nickte und lief voran in den Wald.

 

Verdorrte Bäume. Überall nur totes Geäst.
Kopfschüttelnd versuchte ich die Emotionen, welche mich durch meine Sinnesfäden erreichten zu ignorieren.
Schmerzen. Mehr spürte ich nicht mehr. Schmerzen und Verlust. Jeder einzelne Baum in diesem Wald, war damals mit dem jeweiligen Baum nebenan verbunden und spürte wenn dieser starb oder von Schatten zerfressen wurde. All diese Gefühle wurden mir binnen weniger Sekunden über Bewusstseinsfäden geschickt.

 

Ein Schrei über unseren Köpfen ließ uns zusammenzucken.

„Was war das?“

„Wenn mich nicht alles täuscht war das der Sturmvogel!“, überlegte ich.

„Es ist Nacht!“

 

Ich zuckte mit den Schultern als mir plötzlich die Sätze von vorhin in den Kopf kamen.

„Folge dem Pfad der dunklen Nacht! Mit den Händen in die Federn, dann ist es bald vollbracht!“, kam es mir in den Sinn. 

„Kleiner verwandel dich!“, rief ich und lief dem Schrei am Himmel nach.

Ohne wieder Worte flog der Kardinal in die Höhe und verwandelte sich in den Phönix.

„Dean komm schon!“, schrie ich und sprang auf den Rücken des majestätischen Tieres vor mir.

„Ja doch!“, rief er zurück und setzte sich hinter mich.

„Los mein Kleiner!“, spornte ich den Vogel unter mir an und krallte mich in seine Federn. 

 

Kalter Wind peitschte in mein Gesicht und ließ meine Haare wehen.

„Welche Tarantel hat dich jetzt eigentlich gestochen? So können wir doch nach gar keinem Schloss suchen?“

Ich blickte über meine Schulter und sah in Deans Augen.

 

„Naja… hör mal ganz genau zu: Folge dem Pfad der dunklen Nacht! Mit den Händen in die Federn, dann ist es bald vollbracht!“, erklärte ich.

„Mit den Händen in den Federn? Dunkle Nacht? Jetzt ergibt es einen Sinn!“, stellte er fest.

Ich nickte und sah mich am Himmel um.

Hinten im Süden erkannte man einen großen schwarzen Schatten.

„Hoffen wir mal, dass das der Sturmvogel und nicht der Schattenvogel ist!“, murmelte ich und konzentrierte mich weiter auf die näherkommende Silhouette.

 

„Ja da hast du recht!“, Dean lehnte sich hinter mir weiter nach vorne und beobachtete die Umgebung genau.


Unter uns erstreckten sich kahle Bäume und Büsche und ließen die Landschaft fast geisterhaft wirken. Alles war verdorrt! Ein trostloses ödes Land, welches einst sicher nur so vor Leben und Hoffnung gestrotzt hatte.


An allem waren die Schatten schuld! Ihre kalten Auden hatten all das Schöne zerstört!


Nichts war mehr übrig geblieben! Nicht einmal ein Busch hatte überlebt.


Vor uns schrie das riesenhafte Etwas.


Doch ausmachen, ob es nun der Schattenvogel oder der Sturmvogel war, konnten wir nicht. Ich hoffte auf Letzteres. Einen weiteren Kampf mit diesem riesenhaften Ungetüm, schaffte ich mit meinen Sinnesfäden nicht. Zu wenig leben steckte in den Pflanzen unter uns!

Ein Halbmagier wie ich es war, schöpfte seine gesamte Magie aus seiner Umgebung, aus der Magie der Pflanzen, doch dies war hier nicht möglich.

Wir waren ausgeliefert, wenn es sich bei dem Vogel um unseren Feind handelte.

Vielleicht könnte der Wolf in mir ihn kurzzeitig aufhalten, aber wahrhaftig etwas großes ausrichten konnte ich nun auch wieder nicht.

 

„Was ist das?“, Dean deutete auf einen schwebenden Fleck vor dem Vogel.


Eine Tür, schoss es mir durch den Kopf.

Warum schwebte dort vorne eine Tür in der Luft?!

 

„Vielleicht ein Portal?“, mein Bruder erblickte mein tragendes Gesicht und zuckte mit den Schultern.

 

Etwas zog plötzlich an meinem Bewusstsein. 

 

„Kommt zu mir!! Und löst das Rätsel der Rollen! Das Rätsel des Lebens! Des Lichts und der Schatten!!“, diese Stimme.

 

„Scheiße!“, keuchte ich und hielt mir meinen schmerzenden Kopf.

 

Dean sah mich nur geschockt an und strich über meinen Rücken.

 

Er wusste sofort was los war.

 

Eine Verbindung über Bewusstseinsfäden aufzubauen war einerlei, aber es kam darauf an, dass das Bewusstsein beider Parteien geöffnet war. Da meines Verschlossen war, musste man erst an einer sogenannten ‚Mauer' vorbei, welche ich in meinem Kopf errichtet hatte, um meine Gedanken zu schützen. Wenn allerdings der andere, welcher mit mir eine Verbindung aufbauen wollte, zu meiner ‚Mauer' gelangte und diese mit Magie zerbrach und mit mir eine Verbindung aufbaute, verursachte mir dies Schmerzen.

 

 

„Das soll aufhören!“, keuchte ich.

 

Mein Kopf brannte! Es fühlte sich an, als würden meine Gedanken aus meinem Kopf heraus platzen.

 

„Kommt zu mir! Löst das Rätsel!“, wieder diese Stimme.

 

„Hör auf!!!“, schrie ich und hielt mir die Ohren zu.

 

Alles toste und summte um mir herum! Die Umgebung verschwamm als würden zwei Bilder übereinander liegen, sich ergänzen aber sich auch wieder gegeneinander verwischten.

 

„Pssscht. Ganz ruhig! Du weißt es ist gleich vorbei!“, Dean umarmte mich von hinten.

 

Ich spürte wie er seine Magie nutzte und meine Schmerzen zum Teil auf sich zu übertragen, doch ich ließ es nicht zu.

 

„Kyle! Lass mich dir helfen du Idiot!“, ich schüttelte den Kopf.

 

„Kommt her und die Schmerzen hören auf!“, säuselte die Stimme.

„Nein! Zum Henker wer bist du!“, schrie ich.

 

Der Phönix unter mir blieb auf einmal in der Luft stehen und schlug mit den Flügeln auf der Stelle.

 

Er schüttelte andauernd mit dem Kopf als würde er etwas aus seinen Gedanken vertreiben wollen.

 

„Ich bin der, der hat was ihr braucht! Kommt her und rettet ihn!“, verwirrt sah ich mich um.

 

Was? Er hatte das was wir brauchten?

 

„Der Tanda!!!“, rief ich und erst da fiel mir auf, dass die Stimme nicht dieselbe von den der Blumen war.

„Dean? Wir müssen durch dieses Portal! Diese Stimme…der Tanda….er ist gefangen!“, keuchte ich atemlos.

 

„Komm Großer! Bring uns durchs Portal!“, mein Bruder spornte den Phönix an und kraulte seine Federn. Er hatte sich beruhigt und flog dementsprechend sachte weiter.

 

Ich legte mich nach vorne auf die Federn und schloss die Augen.
Das Pochen in meinem Kopf ebbte langsam ab und auch der hämmernde Druck war verschwunden.
Die Verbindung war beendet, doch was würde hinter dem Portal auf uns warten?

 

Ich spürte nur einen kurzen Ruck. Sternchen flimmerte hinter meinen Augenlidern auf und schienen sagenhaft hell zu sein.

 

„Großer pass auf!“, hörte ich Dean noch rufen und dann war ich weg.

 

* Deans Sicht *

 

Er saß vor mir und zitterte. Ich wusste, dass er den Schmerz in seinem Kopf nur versuchte zu unterdrücken. Doch zu welchem Preis? Der Schmerz würde ihn früher oder später von Innen heraus auffressen!

 

Kopfschüttelnd sah ich weiter geradeaus und blickte auf den großen Vogel vor uns.

 

Einige Konturen konnte ich bereits erkennen.

„Der Sturmvogel!“, erleichtert atmete ich aus.

Wir waren also doch nicht in Gefahr!

 

Der Phönix unter mir neigte ehrfürchtig den Kopf, als er den anmutigen Greif vor uns erblickte, dessen Gefieder so golden wie der Morgen schimmerte.

 

„Begleitest du uns?“, nachdenklich sah der Vogel in die Weite und dann wieder zu mir.

 

Er nickte nur, drehte sich um und flog weiter auf die nun riesenhafte erscheinende Tür zu.

 

Der Rahmen schien aus purem flüssigen Gold zu sein, welches sich immer ändernde Ornamente aus silber aufwies. Man erkannte Schriftzeichen, aus alten, sehr alten Zeiten. An der rechten Seite der Tür schienen die Zeichen nur so über das flüssige Gold zu hüpfen. Mal verwandelten sie sich in gezeichnete Bilder aus den Gezeiten und dann wieder in die mir unbekannt erscheinenden Zeichen und Ornamente.

 

Wunderschön, schoss es mir durch den Kopf als ich durch den Türrahmen in eine weit entfernte Welt blickte.

 

„Na komm Großer!“, beruhigend strich ich durch die Federn des Phönix unter mir und blickte abermals zum Greifen vor uns.

Er neigte den Kopf und flog durch das aufleuchtende Portal. 

Der Phönix unter mir tat es ihm gleich.

 

Bunte Sterne flimmerte im Gezeitentunnel an uns vorbei. Hier und da erhaschte ich einen Blick in andere Zeiten, als die Welt noch grün war und voller Leben zu sein schien.

 

Mein Bruder, welcher immer noch vor mir im Gefieder des Vogels lag, hörte auf einmal auf zu zittern und atmete ruhig.
Ohnmächtig, kopfschüttelnd strich ich ihm über den Rücken und konzentrierte mich auf den Durchbruch auf der anderen Seite des Portals.

 

* Kyles Sicht *

 

Federn kitzelten meine Wange, als ich langsam wieder zu mir kam.

Meine Augenlider zuckten als ich versuchte sie zu öffnen und in das Licht der Sterne blickte.

 

Ich seufzte und richtete mich auf.

Wo waren wir?

Ich schüttelte den Kopf.

 

„Na!“, Dean saß immer noch hinter mir.

„Hey! Wo sind wir und wie lange war ich weg?“

 

„Wo wir sind weiß ich noch nicht, wir haben vor circa 5 Minuten den Gezeitentunnel durchbrochen also warst du höchstens 20 Minuten weg!“, ich nickte ihm zur Antwort zu und erblickte auf einmal den Sturmvogel vor uns.

 

„Was macht er denn hier?“, stirnrunzelnd blickte ich zu Dean.

„Er will uns helfen!“, abermals nickte ich und schloss kurz die Augen.

Vor unseren Köpfen erstreckte sich ein scheinbar nicht endender bläulich glitzernder See.

 

„Das schwarze Meer!“, ehrfürchtig sah ich mich um.

 

Hier hatte damals alles seinen Anfang genommen! Vor rund 2000 Jahren, hatte der Schattenlord hier angefangen seine Schatten zu erschaffen und sie auf die Welt los zu lassen. Abertausende Krieger hatten hier ihr Ende gefunden.

 

Daher nannte man das Gewässer auch „Das Meer der verlorenen Seelen“.

 

Es sah wunderschön aus, wie das Wasser nur so im weißen Mondlicht glitzerte und funkelte. Die Sterne spiegelten sich auf der fast schon schwarzen Wasseroberfläche und der Mond flimmerte weiß in den seichten Wellen, welche Algen und andere Gewässerpflanzen an das Ufer spülten.

 

Bedrohlich erhoben sich die Finsterfelsen hinter uns in die Höhe und warfen dunkle Schatten auf das Tal unter uns.

 

„Wo wollen wir landen?“, fragte ich laut genug, dass mich der Greif vor uns auch hören konnte.

Als Antwort flog er einen kleinen Kreis und setzte zum Sturzflug auf eine Lichtung an.

„Na komm Großer das kriegst du doch auch hin!“, spornte ich den Phönix unter mir an.

Dean hinter mir lachte nur panisch und krallte sich fest.

„Du bist doch echt nicht mehr ganz sauber im Kopf?!“

„Stimmt ich hab schon seit einiger Zeit vergessen Staub zu wischen!“, lachte ich und machte mich auf das mulmige Gefühl in meiner Magengegend bereit.

 

 

Unten auf dem Boden angekommen sahen wir uns um.

 

„Was hat der Fremde dir gesagt?“, geschockt blickte ich auf und sah den Greif an, welcher mich direkt angesprochen hatte.

 

„Ich…Er meinte, dass er hätte was wir brauchen und den Tanda gefangen hält!“, erklärte ich.

„Gut, dann lasst uns suchen! Wir sollten uns aufteilen!“, Dean stieg vom Phönix ab. 

„Der Magier hat recht!“

„Mein Name ist Dean!“, erklärte mein Bruder dem großen Vogel.

„Nun Dean, darf ich bitten?“, der Greif ging in die Hocke und zog die Flügel an.

„Was? Ich darf auf dir fliegen?“, überrascht sah er drein.

„Ja ausnahmsweise!“, bedächtig hob der Vogel den Kopf.

Mein Bruder nickte und stieg auf.

„Wow! Deine Federn sind ja noch weicher als sie aussehen.

Belustigt schüttelte das Tier den Kopf und setzte sich in Bewegung.

„Ave meinte, der Tanda sei in der Nähe des Wassers, ich bezweifle, dass dieser Fremde mit ihm dor ist! Deshalb werde ich mit ich in Richtung der Berge gehen!“

Meine Kameraden vor mir nickten.

„Pass aber auf! Die Finsterfelsen sind gefährlich! Falls etwas sein sollte, rufst du nach Hilfe!“

Ich nickte artig und spürte wie sich der Vogel unter mir in Bewegung setzte.

„Wir treffen uns genau hier in drei Stunden!“, rief mir Dean noch zu, ehe auch er mit seinem Reittier zwischen den kahlen Baumstümpfen verschwand.

 

„Na dann lass uns mal nach dem Bösen Mann im schwarzen Wald suchen!“, seufzte ich und kraulte den Vogel am Nacken.

 

Bei jedem seiner Schritte spürte ich, wie sich seine Muskeln anspannen und beim aufsetzen seiner Klauen wieder entspannten.

Seine mächtigen rot-goldenen Flügel hatte er angelegt, was dazu führte, dass sie bei jeder Bewegung wippten und meine Beine streiften.

 

„Na was denkst du? Sollten wir in die Berge fliegen oder den Boden weiter absuchen?“, gedankenverloren blickte ich in die weite Ferne.

Eichen und Birken, waren hier in dem Teil des Waldes vor sehr langer Zeit nur so gewachsen und was war nun? Alles war verdorrt und tot! 

 

Kopfschüttelnd blickte ich abermals zu den Bäumen um uns, welche alle ihre eigene Geschichte zu erzählen schienen.
In Gedanken warf ich meine Bewusstseinsfäden aus und versuchte herauszufinden was hier vor all den Jahren gewütet hatte.

 

Bilder von einem riesenhaften Ungetüm schossen durch meinen Kopf.

Ein Monster, welches mich an Tarasque aus den alten Sagen und Legenden meines Vaters erinnerte. 

Ja Tarasque, ein sagenhaftes Monster, welches Menschen fraß nur um zu überleben. Einzig und allein Gesang, konnte sein gefräßiges Haupt besänftigen.

 

Ein weiteres Bild von einem einzelnen Schatten zischte an meinem inneren Auge vorbei.

 

Mir stockte der Atem.

 

Der Phönix unter mir stoppte in seiner Bewegung, erst da hob ich meinen Blick wieder und sah mich um.

 

Eine riesige Felswand erstreckte sich vor uns und versperrte den Weg.

Das Bild in meinem Kopf schoss abermals vorbei.

Nicht er!!

Warum immer er!

Er hatte mir meine Schwester genommen und nun sollten sich unsere Wege vielleicht erneut kreuzen?!

Würde ich es schaffen gegen ihn zu gewinnen?

Würde ich es überhaupt versuchen können und eine Chance haben?

 

Kopfschüttelnd versuchte ich meine Gedanken zu verdrängen um mich wieder richtig zu konzentrieren. Zu spät bemerkte ich den der mich schon die ganze Zeit beobachtete. 

Altes Wiedesehen

 Seine Haare waren noch genauso lang wie damals, als ich ihn vor dem Kamin erblickt hatte. Braune, dunkle Augen blickten mir aus zwei schwarzen Höhlen entgegen.

 

„Hallo Kyle!“

 

„Liont!“, zischte ich und verengte meine Augen zu Schlitzen.

Ich knurrte und konnte den Wolf in mir nur schwer bändigen. 

 

„Na na. Begrüßt man so einen alten Freund?“, lachte er. Schatten zuckten seine Handgelenke entlang und legten sich wie einen Schal um seinen Hals.

 

„Freund!“, spottete ich.

Die mir nur altbekannte Wut kam hoch.

Wut auf seinen Schatten! Auf seinen Erschaffer! Aber am allermeisten Aug ihn! Den Mörder meiner Schwester!

 

„Ach Kyle komm schon! Der Meister sagte mir, dass du ein Stern bist!“, grinste er.

 

„Sag mir wo der Tanda ist!“, spie ich ihn an.

Der Phönix unter mir duckte sich und ging in Kampfstellung.

„Ganz ruhig!“, flüsterte ich ihm zu. 

 

„Kyle! Komm zu uns auf die Seite! Wir Gewinnen! Ihr werdet es nicht schaffen die Prinzessin zu befreien!“

 

„Halt den Rand! Natürlich werden wir es schaffen! Und nein! Ich werde auf der Seite bleiben auf der ich bin!“, schrie ich ihn nun an. 

„Wenn du die Prinzessin befreien willst, musst du zuerst an mir vorbei!“, langsam wurde er wütend.

 

„Damit komme ich klar!“, erklärte ich gelassen und öffnete mein drittes Auge.

 

Schwarze Magie umgab mich und machte es mir unmöglich die wenige Magie der Pflanzen zu nutzen.

Wie sollte ich gegen ihn kämpfen wenn ich mich kaum wehren konnte? Meine Gedanken kreisten und überschlugen sich. 

 


Plötzlich donnerte es und blitzte über unseren Köpfen.


„Sieht so aus, als würden wir Besuch bekommen!“, lachte Liont und streckte die Hände Gen Himmel, „Lasst es regnen meine Freunde!“


Dieser Kerl war doch verrückt!


Dort oben war nichts! Nicht einmal der Schattenvogel zog seine Kreise!


„Verdammt!“, zischte ich und kraulte den angespannten Phönix.

Er fauchte und wurde immer seine Körpertemperatur stieg rasend in die Höhe.

„Nimm das Biest an die Leine!“, kicherte Liont.

 

Der Schatten, welcher sich zuvor um seinen Hals gelegt hatte nahm nun die Gestalt einer riesigen Schlange an.

Wie ich diese Viecher hasste!

Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter als mich das Tier aus zwei giftgrünen Augen ansah.

 

„Eine letzte Chance gebe ich dir noch! Deine Schwester hatte sie auch! Wähle Weise! Komm zu uns auf die Seite oder stirb!“

 

„Lieber Sterbe ich anstatt an der Seite von Lügnern, Heuchlern und Verrätern zu kämpfen!“, spie ich ihn an.

 

Der Vogel unter mir fauchte abermals, ehe ich von seinem Rücken hinunter rutschte und mich neben ihm aufbaute.
Meine Gedanken rasten. Nichts schien mehr von Bedeutung als Liont mich hasserfüllt ansah.

 

„Noch ein paar letzte Worte?“

 

Ich atmete tief durch.

 

Ein Satzfetzen schoss mir durch den Kopf.

Meine Stirn runzelte sich. Meine Atmung ging schneller. Mein Herz erhöhte sein Tempo. 

 

„Sag es!“, rief mir eine Stimme in meinen Gedanken zu.

Aveline!!!

 

Und da spürte ich es.

Im Wasser, tief unter der glitzernden Oberfläche, lag etwas verborgen. Etwas Großes und Mächtiges.

Ein Urwesen!

 

„Expergiscimini Robustum!”, sprach ich die Worte laut aus.

Ich kannte ihre Macht und ihre Wirkung nicht, doch hoffte ich, auf etwas gutes. 

 

„Nein!“, schrie Liont und ließ die Schlange auf mich los.

Der Phönix neben mir stellte sich beschützend vor mich und versuchte ihre geschickten Angriffe so gut es geht abzuwehren.

„Pass auf!“, rief ich dem Tier vor mir zu als ein Ruck durch die Erde ging und mich beinahe umwarf.

 

Er fauchte ich schlug kurz mit den Flügeln.

 

Auf einmal ging alles zu schnell, um alles genau zu beobachten.

Die Wasseroberfläche brach und ein riesenhaftes Pferd war kurzzeitig über dem Wasser zu sehen.

 

„Du Narr! Du hast ihn frei gelassen!“, verwirrt sah ich zu Liont.

„Ihn?“

„Den Hippokamp des Tandas! Eines der mächtigsten Geschöpfe!“, erklärte mir Liont und betrachtete die einzelnen Wassertropfen, welche vom Himmel fielen. 

 

Der Regen wurde immer stärker, ebenso das Gewitter.
Das mulmige Gefühl in meiner Magengegend blieb.

 

„Vertrau auf seine und deine Macht!“, Aveline schlich sich abermals in meine Gedanken.

 

„Wessen Macht?“, flüsterte ich.

 

Zwischen den Wellen blitzte kurz ein bläulicher Pferdekopf auf und tauchte wieder im Wasser ab.

Der Hippokamp wieherte und kam dem Land immer näher.

 

„Des Phönix und deiner! Schlage Schatten mit Rauch!“, flüsterte Ave zurück.

Schatten mit Rauch? Aber wie? 

 

Die Augen meines Gefährten loderten wie die Flammen eines Drachen und funkelten den Schatten vor uns wütend an.

 

„Nun zu uns mein alter Freund!“, ohne Vorwarnung Schulung sich die Schatten-Schlange plötzlich um meine Beine und brachte mich so beinahe aus dem Gleichgewicht. „Du Miese kleine!“, verzweifelt zog ich meinen Dolch aus meinem Gürtel und schlug nach dem Biest zu meinen Füßen.

 

„Großer?! Hol Dean!“, bat ich den Phönix, welcher weitere Schatten von Liont abwehrte. Ich schnaufte als sich die Schlange in Luft auflöste und nur kurz danach wieder neben mir auftauchte.

„Verschwinde!“, schrie ich.

 

„Schatten verschwinden nie!“, flüsterte Liont bedrohlich und verwandelte sich in eine riesige Wolke aus schwarzem Rauch. „Das Licht auch nicht!“, mein Dolch klirrte als er auf einmal auf die lange Silberklinge des Schattens vor mir prallte.

 

„Aber die Schatten werden siegen!“

„Schatten können nicht ohne Licht existieren!“, rief mein Bruder auf einmal hinter mir. Eine Kugel zischte durch die Luft und verfehlte nur knapp den Kopf von Liont.

 

„Tut mir leid für die Verspätung Bruderherz, aber ein Dämon hat uns aufgehalten!“, entschuldigte sich Dean und stellte sich Rücken an Rücken zu mir.

 

„Alles gut! Lass uns dieses Biest vernichten!“, lachte ich diabolisch.

 

Schatten mit Rauch, wie als würde sich ein Schalter in meinem Kopf umlegen, verstand ich den Sinn der Worte.

 

„Rauch!“, rief ich aus und wehrte einen gekonnten Hieb von Liont ab.

 

Hinter mir klirrte das lange Katana meines Bruders, als er die Schlange fast zerteilte. „Dean kommst du klar?“, kurz drehte ich mich um und blickte auf einen Haufen von Schattenkreaturen, die sich aus den Finsterfelsen vor uns lösten. Ihre roten Augen funkelten bedrohlich als sie Nähe kamen. Die zwei Vögel vor uns hatten schwer mit weiteren Dämonen zu tun. Kopfschüttelnd stieß ich Liont zur Seite und schlug ihm mit der Faust in die Magengrube.

 

„Kyle! Nutze die Macht des Phönix nur gemeinsam könnt ihr es schaffen?“, Ave versuchte mir zu Helfen, aber ihre Rätsel brachten mir nichts.

Wie?, fragte ich Aveline in Gedanken. 

„Mit der Magie deines Herzens! Vertrau auf ihn und er vertraut auf dich!“, erklärte sie.

 

„Du bist Stärker geworden!“, rief Liont über den tosenden Wind hinweg.

„Ich hatte einen guten Lehrer!“, keuchte ich und wich abermals seiner Klinge aus. Nur knapp verfehlte sie meinen Brustkorb und landete im Leeren.

„Du wehrst dich genauso wie deine Schwester einst! Doch sie es ein! Du verlierst! Das Licht hatte seine Chance und nun haben die Schatten die Überhand genommen! Die Dunkelheit wird gewinnen und mit ihr werden wir alle, die Untergebenen des Herren, empor in den Himmel steigen!“, mir wurde von seinen Worten übel.

 

Eine riesige Welle traf das Ufer zu meiner rechten und tränkte den Boden mit eiskalten Salzwasser. Nur noch wenige Meter trennten das Pferd vom Land. Es wieherte und schlug immer wieder mit seiner Schwanzflosse schwungvoll auf die Wasseroberfläche, was dazu führte, dass weitere Wellen über das Ufer schwappten.
Golden glitzerte der Kopf des Tieres zwischen den Mengen an Wasser auf und leuchtete wie ein einzelner Stern am Himmel.

 

„Kyle pass auf!“, nur knapp konnte ich meinen Kopf zur Seite ziehen und entkam so dem Schwerthieb von meinem Gegner.

Liont lachte und holte abermals zum Gegenschlag aus. Ich keuchte. Ich war aus der Puste. Mir war kalt und warm zugleich.
Ich sollte auf den Phönix Vertrauen! Aber das tat ich doch bereits!
Mir selbst Vertrauen? Auf mich Vertrauen? Könnte ich das? Ich hatte so oft versagt! Gekämpft und verloren! Bis ich Aveline traf und sie mir den Mut gab, durchzuhalten!

 

Ich atmete noch einmal tief durch, stieß Liont mit einem gekonnten Schwerthieb von mir und rannte auf den Phönix zu.

 

„Großer! Lass uns ein Team sein!“, schrie ich, kämpfte mich durch die Dämonen zu meinem Gefährten und stieg auf seinen Rücken. 

Ich spürte wie er stark mit den Flügeln schlug und in den Himmel stieg.

„Wir brauchen Rauch mein Großer! Doch dafür brauche ich deine Hilfe! Ich weiß nicht, wie ich meine Kräfte nutzen kann, geschweige denn, wie ich sie überhaupt heraufbeschwören kann! Hilf mir bitte!“, flehte ich ihn an und vergrub meine Hände in seinen rot glänzenden Federn.

„Das Licht in dir!“, erklärte mir eine sanfte Fremde Stimme.

„Warst du das?“, fragend sah ich ihn an.

„Ja! Du vertraust mir und ich vertraue dir! Das Licht in dir ist der Schlüssel!“, sprach mich die sanfte Stimme des Vogels nochmal an.

 

Das Licht in mir? Mithilfe meines dritten Auges sah ich in mich.
Mein Herz war hinter einer Mauer aus eisernen Wurzeln eingeschlossen. Ein Schutzzauber bei dem mir mein Bruder geholfen hatte. Der Zauber diente zum Schutz meiner Gedanken und meiner Gefühle, aber er trug auch dazu bei, dass kein anderes Wesen in mein Innerstes blicken konnte. Selbst mich hinderte der Zauber daran. Zwischen den einzelnen Wurzeln blitzte plötzlich etwas auf. Es glitzerte. Wie ein Stern. Mein Stern!

Ich musste auf mich selbst Vertrauen, so hatte es Aveline gesagt.

Doch wie?

Ich vertraute mir, aber auf mich?

Nein, eigentlich nicht.

Niedergeschlagen ließ ich den Kopf sinken und sah auf das aufgeweckte Gewässer unter uns.

 

Der Hippokamp hatte bereits das Ufer erreicht und sah sich suchend um, doch als sein Blick in den Himmel ging und den Phönix und mich erblickte schien er sich zu freuen.

 

Rauch gegen Schatten, schoss es mir abermals durch den Kopf.
Rauch! Wasser und Feuer!

„Hilf uns!“, bat ich das riesige Tier unter uns und blickte kurz zu Dean.

Er kämpfte gegen drei Schattendämonen gleichzeitig, während der Sturmvogel mit Liont und seiner wieder aufgetauchten Schattenschlange beschäftigt war.

 

Wie ein Strudel erhob sich das Wasser auf einmal und schien einen Tornado unter meinem Gefährten und mir zu bilden.

 

„Wir brauchen Feuer mein Großer! Das schaffen wir, okay?! Gemeinsam!“, spornte ich ihn an.

„Gemeinsam!“, erklärte er und seine Augen loderten abermals so rot wie Feuer.

Ein weiteres Mal öffnete ich mein Bewusstsein und blickte auf das Leuchten hinter den Wurzeln um mein Herz.
In diesem Moment wusste ich was Ave von mir wollte. Auf mich selbst Vertrauen! Meinen Panzer ablegen! Konnte ich das? 

 

„Ich mach das nur für dich!“

 

Ein Bild von Aveline mit ihrer langen Mähne und ihren strahlend blauen Augen, schoss mir durch den Kopf.

 

Mit einem Mal zerbarsten die einzelnen Eisenwurzeln und legten mein Herz wieder frei. 

Es war als würde die Last aller vergangenen Jahre von mir abfallen und mich endlich zu einem Freien Wesen machen.
Der Wassertornado unter uns hatte seinen Mittelpunkt direkt unter uns. Sein Trichter riss immer mehr und mehr Wasser mit sich und zog es in die Höhe.

 

Wir brauchten Feuer! Ich musste an mich glauben! An die Zukunft! Ich musste auf mich Vertrauen! Auf die Mut, welche mir dieses atemberaubende Mädchen gegeben hatte!

Wie von selbst erwärmte sich meine Hand.

Funken sprühten plötzlich zu allen Seiten und wurden immer mehr.
Eine kleine Flamme bildete sich in meiner Handfläche als ich diese hob.
Rot-golden glänzte sie in der aufgehenden Sonne und breitete Wärme aus.
„Brenne mein Phönix!“, flüsterte ich und auf einmal stand alles in Flammen.

 

Vertraue auf dich selbst!

Rauch stieg zu allen Seiten empor als das Feuer des Phönix auf das Wasser unter uns traf. Schwarze Wolken quollen gen Himmel und versperrten mir die Sicht auf meinen Bruder.

 

„Vertrau auf uns!“, sprach mich der große Vogel unter mir an. Ich nickte und blickte abermals in mein Herz hinein.
Wie durch Zauberhand fing diese Melodie wieder an. Die Geige spielte und der Gesang setzte ein.

 

Ja ich vertraute auf uns! 

Auf ihn!

Auf mich!

Auf Aveline!

 

Ein gleißendes Licht umgab uns, als ich den leuchtenden Fleck in meinem Herzen erblickte.

Die Geige spielte immer lauter und schneller. Die Umgebung schien sich zu drehen und zu verschwimmen. Dieses Licht!

 

„And Shatter Me!“, sang die Stimme in meinem meinem Kopf weiter.

Ich drehte mich zu allen Seiten und versuchte etwas durch das Licht und den aufsteigenden Rauch auszumachen.
Etwas zog an meinem Inneren, als wollte es herauskommen.
Inmitten des Lichts sah ich es!

 

Ein in der Luft schwebendes Ornament, gewoben von den Elementen.

 

Das Zeichen der Sterne!

 

Ich streckte die Hand danach aus, doch zog sie sogleich wieder zurück.

 

Was würde dann passieren?

 

„Kyle! Ich kann ihn nicht mehr lange aufhalten!“, schrie mein Bruder von weit unten.

 

Das Wasser unter uns schwappte, das Licht wurde immer heller und die Melodie immer lauter.

 

Feuer loderte immer noch an den Federn des Phönix entlang. 

Flammen, welcher schöner nicht sein könnten!

 

Abermals wurde die Geige in meinem Kopf schneller.

 

Ohne darüber nachzudenken legte ich die auf das schwebende Gewirr aus Ästen, Eis, Vulkangestein und Erde.

Ein Stromschlag zuckte durch meinen Körper, der Sog in meinem Inneren verebbte und machte Platz für dieses Gefühl der Freiheit. 

 

Verwirrt schloss ich die Augen. Mein Atem ging schnell und hastig, mein Herz über schlug sich beinahe.

 

Eine ungeahnte Energie schoss durch meine Glieder und hinterließ eine brennende Spur der Macht.

 

Mein drittes Auge erblickte mein Herz, welches nun von blau leuchtenden Linien durchzogen war.

 

Ich war ein Stern!

Und ich würde mich für meine Schwester rächen! Für Ave rächen! Für das Licht rächen!

 

Entschlossen öffnete ich die Augen, blendete das Licht aus und formte aus dem Rauch eine undurchdringbare Mauer. Eine Mauer, welche jeden Schatten mit sich ziehen würde.

 

Wie einen Kreis, baute ich sie um mich und den Phönix auf.
Rauch umgab uns nun wie eine große Käseglocke, welche uns von allem abschirmte.

Ich atmete noch einmal tief durch, ehe ich die Rauchmauer auf die Schatten und die Dämonen unter uns zurasen ließ.
Es knallte, als die Wesen der Finsternis zerbarsten und in schwarzen Schatten verschwanden.

 

„Wir sehen uns wieder!“, schrie Liont mir über den tosenden Sturm der um uns tobte zu und verschwand in seiner eigenen Schattenwolke.

„Mist!“, schrie ich nur und wartete bis der Rauch verebbte.

 

Dean stand immer noch auf den Beinen, doch er zitterte.

„Großer bring mich bitte runter!“, bat ich den Phönix und wartete auf den Landeanflug.

Der Hippokamp unter uns wieherte und sprang kurz aus dem Wasser. 

Schon kurz vor dem Boden ließ ich mich vom Rücken des großen Vogels gleiten und rannte zu meinem Bruder, welcher sein Schwert und seine Schusswaffe fallen ließ.

 

„Dean?“, ich stand vor ihm und blickte in seine leeren Augen.

Keine Emotion war darin zu erkennen, als ich ihn rüttelte.

„Verdammt Dean gib mir eine Antwort!“, spie ich ihn an. Er machte mir Angst.

Warum reagierte er nicht!? Wieso?! Ich legte meine Hände auf seine Wangen und Zwang ihn somit, mich anzusehen.
Seine Augen wirkten wie zwei Steine, welchen man den Glanz genommen hatte.

Weit hinter uns ging die Sonne auf und vertrieb somit langsam die dunklen Wolken am Himmel. Der Sturmvogel kam auf mich zu und rieb seinen majestätischen Kopf an meinen Arm.

„Was hat er mit meinem Bruder gemacht!?“, fragte ich verzweifelt und ließ den Kopf hängen. 

Entrüstet hingen meine Arme wie zwei Säcke herab. Das Feuer zog sich langsam aber sicher zurück und zeigte wieder sein normales Antlitz. Was sollte ich nur tun? Wie von selbst bahnte sich eine einzelne Träne einen Weg aus meinem Auge.

Mein großer Gefährte neben mir, fing den kleinen Tropfen mit seinem Schnabel auf, betrachtete sie erst mit seinen funkelnden Augen, ehe er sie an die Wange von Dean hob.

Als hätte man ihm zuvor die Luft zum Atmen genommen, schnappte er plötzlich nach Luft und griff sich an sein Herz.

„Zur Hölle mit diesen Schatten!“, schrie er und ließ sich auf die Erde nieder.

Erleichtert atmete ich auf: „Was hat Liont mit dir gemacht?“

„Keine Ahnung, ich konnte auf einmal nicht mehr richtig von alleine atmen und dann, keine Ahnung. Ich hab von außerhalb nichts mehr mitbekommen, als wären meine Augen verbunden und meine Kehle zugeschnürt gewesen!“, erklärte er ruhig und sah mich an.

„Dieser!“, ich verkniff mir die Bemerkung und sah Richtung Meer.

 

Meine Gedanken kreisten nur so in meinem Kopf umher. Der Hippokamp wieherte abermals und schlug mit Türkis glänzenden Vorderflossen auf die Wasseroberfläche.

 

„Ruhig Schöner!“, langsam lief ich auf das Ufer zu und stellte mich vor das große Wesen.

Sein Kopf glich dem eines Pferdes. Bläulich glänzten seine Schuppen in der aufgehenden Sonne und brachen das Licht so, dass die Luft um ihn herum nur so vor kleinen Regenbogen schimmerte. Er wieherte erfreut und warf den Kopf in den Nacken. Abermals schlug er mit seinen Flossen auf das Wasser und ließ prasselnde Tropfen auf uns nieder fallen. Seine Schwanzflosse bewegte sich gleichmäßig und tauchte in regelmäßigen Abständen über der Wasseroberfläche auf. Goldene Linien zierten seine mit bläulichen und türkisenen Schuppen übersähte Haut.

 

„Wo ist dein Reiter?“, fragte ich ihn ruhig und ging einen weiteren Schritt auf ich zu.

Erst wieherte er nochmals aufgeregt, aber dann kam er mit seinem muskulösen Hals näher und sah mich mit grün glitzernden Augen an.

Ohne Nachzudenken streckte ich die Hand aus und legte sie vorsichtig auf seinen Kopf.
Eine Aura der Macht umgab ihn, als ich noch Näher an ihn trat.

 

„Pass auf! Er ist mächtig! Mächtiger als er es vorgibt!“, warnte mich mein Phönix und kam etwas auf mich zu.

Erschrocken wich der Hippokamp nach hinten und schlug drohend mit den Vorderflossen.

„Ich pass auf keine Sorge! Nur ich muss herausfinden wo der Tanda ist!“, erklärte ich beruhigend.

Die Augen des Vogels glitzerte, ehe er nickte und wieder zu Dean ging, um seinen immer noch zitternden Körper mit seinen Flügeln zu wärmen.

„Hey, alles ist gut mein Kleiner! Wir wollen dir helfen! Wo ist der Tanda! Du weißt es! Bitte sag es uns und wir befreien ihn!“, ich atmete ruhig ein und aus.

 

Ich öffnete mein drittes Auge und ertastete seine Aura. Er war aufgeschreckt und hatte Angst, aber er wollte Hilfe und ebenso jemanden zu dem er Vertrauen fassen konnte.

 

Ein weiteres Mal streckte ich die Hand aus und versuchte seinen Kopf zu erreichen.

 

„Bitte!“, flehend sah ich in seine Augen und hoffte darauf, dass er mir wenigstens ein bisschen vertraute und uns half den Tanda zu finden.
Keine zwei Sekunden später lag die Stirn des Wesens wieder an meiner Hand.

„Hilf uns ihn zu finden?!“, flüsterte ich und tastete mich abermals zu seiner Aura vor. Meine Bewusstseinsfäden erreichten ihn und verwoben sich mit der strahlenden Energie die von ihm ausging.

 

„Sie haben ihn geschnappt! Bei Vollmond! 20 oder 30 Schattendämonen! Ich hatte Angst und wollte ihm helfen! Doch sie brachten ihn weg und sperrten mich in eine Gezeitenblase! Wenn ich es richtig verstanden habe, brachten sie ihn in das Sternenverließ!“, traurig ließ das Pferd den Kopf hängen.

„Das Sternenverließ? Es existiert also wirklich?“, fragend sah ich mich um.

 

Das Verließ der Sterne, war vor über 1950 Jahren der Kerker außerhalb des Schlosses gewesen. Es hieß, dass ein sehr mächtiges Sternzeichen ihn geschaffen haben soll um, dass niemand entkommt. Die Gitterstäbe sollen aus purem Sternendiamant sein und das Sicherheitssystem soll von Elite-Zauberformeln nur so wimmeln. So zumindest erzählte man es in unserem Dorf den Kindern wenn sie etwas anstellen.

 

„Mein Meister erschuf es vor Rund 3000 Jahren! Er ist einer der Besten auf seinem Gebiet!“, er pustete und sah sich um, sein Blick blieb an einem Felsvorsprung der Finsterfelsen hängen.

„Hinter den Finsterfelsen liegt es. Es gibt nur einen Durchgang und der ist Unterwasser!“, erklärte der Hippokamp.

„Unter Wasser?“, wiederholte ich.

Er nickte und wieherte kurz auf.

„Ihr könnt eure Sachen hier lassen! Ich werde sie behüten bis ihr mit dem Meister zurück seid!“

Zur Antwort nickte ich ihm zu und legte meinen Rucksack ab.
Ich zog meine Sinnesfäden zurück, doch ließ mein Bewusstsein offen.

Das erste Mal seit Jahren fühlte ich mich wieder richtig frei! Vielleicht hatte dies etwas mit dem fehlenden Schutzzauber bei meinem Herzen auf sich?

„Kyle was nun?“, rief mir Dean zu und streckte seinen Kopf zwischen den Federn des Phönix hindurch.

„Wir gehen schwimmen!“, lachend holte ich aus meiner Tasche eine der Wasserflaschen und trank einen großen Schluck, ehe ich sie zurück schmiss und gen Himmel sah. Es dürfte vielleicht ungefähr 7-8 Uhr sein, später nicht. Dies würde bedeuten, dass wir noch genug Zeit hatten, bis die Sonne richtig schien und wir unsere späteren nassen Kleidungsstücke trocknen könnten.

„Schwimmen?“, verwirrt blickte mein Bruder drein.

Ich nickte nur: „Wir müssen den Tanda schließlich retten!“

 

 

 

Das Sternenverließ

 

Dean holte tief Luft, ehe er unter Wasser tauchte um den Eingang zum Verließ zu suchen. Der Hippokamp wieherte und folgte mit aufmerksamen leuchtenden Augen den gleichmäßigen Schwimmbewegungen meines Bruders.

 

„Ihr bleibt hier und passt auf! Sollte etwas sein…schickt das Pferd!“, ich deutete mit dem Kopf auf das wunderschöne Wesen vor uns. Die großen Vögel nickten mit ihren Köpfen und scharrten mit ihren Krallen auf dem staubigen Boden. Lächelnd trat ich auf meinen Phönix zu und tätschelte seinen Kopf.

„Halt die Stellung!“, vorsichtig gab ich ihm einen Kuss auf seine gefiederte Stirn.

Er fiepste freudig auf und schmiegte sich kurz an mich.

 

Kaltes Wasser sickerte durch die einzelnen Schichten meiner Kleidung als ich ins kalte Nass sprang.

Langsam öffnete ich meine Augen und blickte mich im trüben Wasser um. Eine kleine Unterwasserwelt erstreckte sich hier und ließ mich kurz die tote und triste Überwasserwelt vergessen.
Mit einer schnellen Handbewegung beschwor ich eine große Luftblase um mich herum und atmete in dieser erleichtert aus. Dean war nur knappe fünf Meter vor mir und sah sich zwischen den Algen und den restlichen Wasserpflanzen um.

 

„Dean!?“, rief ich und bewegte mich mit Hilfe meiner Gedanken vorwärts in seine Richtung.

Er wandte den Kopf von einem großen platten Fisch ab und blickte in meine Augen.

Ich sah wie er mit sich Rang um nicht automatisch aus Reflex zu Atmen.

„Komm her!“, rief ich ihm zu und vergrößerte die Luftblase um mich herum.

Er nickte und kam näher.

Seine Lippen waren bereits ganz blau als er neben mir ankam, durch die Luftblase drang und hastig atmend vor meinen Füßen zusammen brach.

„Warum springst du auch einfach rein ohne mir vorher bescheid zu geben?“, zog ich meinen Bruder auf und reichte ihm meine etwas dickere Jacke, auch wenn diese nass war, die er dankend annahm.

"T-t-tut mir l-l-leid!“, traurig senkte er den Kopf und sah zu Boden.

Ich klopfte ihm auf die Schulter.

 

Ich brauchte Wärme sonst würde mein Bruder erfrieren! Ich öffnete mein drittes Auge und blickte auf das Leuchten in meinem Inneren.

 

„Du brauchst Feuer?“, erschrocken riss ich die Augen auf.

Der Phönix konnte mit mir in Gedanken reden?

„Ja das kann ich!“, erklärte er mit seiner sanften Stimme, welche mir einen wohligen Schauder über den Rücken jagte, „Glaube an das Feuer von mir und auch du wirst die Macht haben, dessen Magie zu nutzen!“

Leichter gesagt als getan.
Ich stellte mir eine kleine Flamme auf meiner Handinnenfläche vor. Rot züngelte sie in meinem Kopf gen Himmel.
Ich schloss die Augen um mir meine Flamme besser im Kopf zu behalten.

 

„Öffne die Augen!“, flüsterte mir mein Phönix zu.
Ich tat was er mir befahl und blickte auf das kleine Feuer in meiner Hand.

„Kyle? Was hast du vor?“, ich gab ihm keine Antwort, stattdessen ließ ich die Flamme erlöschen und ließ nur ihre Wärme über meine Hand schweben. Mithilfe meiner Gedanken verbreitete ich die Wärme so, dass sie um meinem Bruder schwirrte.

 

„K-Kyle geht es noch etwas wärmer?“, bat Dean und schlang die Jacke noch enger um seine Schultern. Ich nickte und dachte an etwas wärmeres. Die Sonne! Ein warmer Sommertag!
Ich spürte wie sich die Umgebung weiter erhitzte und dir Klamotten meines Bruders binnen weniger Sekunden trockneten.

 

„D-danke!“, lächelnd erhob er sich wieder und sah sich um.
Felsen, Wasser, Algen, Flussgräser und kleine Fische, mehr sah man nicht. Die Sonne, welche sich über unseren Köpfen auf der Wasseroberfläche spiegelte, warf kleine gelbe Strahlen zu uns herunter.

Irgendwo dort inmitten der Felsen lag der Eingang zum Verließ. Die Frage ist nur wo. Ich seufzte und blickte Dean in die dunklen Augen.

„Geht’s wieder?“
Als Antwort nickte er, ehe er die Augenbrauen zusammen zog und auf einen Fleck hinter mir guckte. Langsam streckte er den Arm aus und deutete mit dem Finger auf die Felswand, welche in meinem Rücken lag.
Verwirrt drehte ich mich um und blickte in zwei kleine schwarze Augen.

„Ein Drachenfisch!“, erklärte ich und lächelte das Tier an, ehe es weg schwamm zu seinen anderen Fisch Freunden.

„Das meine ich nicht! Achte auf die Felswand wenn du deinen Kopf bewegst!“, Dean sah weiter fasziniert hinter mich, was ich ihm nach ein paar Minuten gleich tat.

Eine runde Luke war in die Wand eingelassen worden und zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Von der Entfernung her erkannte man eine Inschrift darauf, aber genau lesen was dort stand bekam ich nicht hin.

 

„Denkst du auch was ich denke?“, Dean legte seine Hand auf meine Schulter.
Ich nickte nur und bewegte unsere Luftblase weiter Richtung Felswand.

„So Luft anhalten, die Blase platzt gleich!“, erklärte ich meinem Bruder, ehe ich noch einmal tief durchatmete und zu Dean sah. Er tat es mir gleich und gab mir mit einem Kopfnicken ein Zeichen, dass die Blase platzen konnte.

Es zischte kurz, ehe ich mit der Kälte des Wassers überschüttet wurde.

Mit gleichmäßigen Bewegungen schwamm ich in Richtung der Luke und las die Aufschrift.

„Verba autem posuit in tandas lapis, aperire ostium cum stella est.”, las ich in Gedanken.

 

Die Worte des Tandas? Welche Worte waren gemeint?
Ich drehte mich zu Dean und erkannte an seinem Blick, dass auch er grübelte was das zu bedeuten hatte.
Was hatte mir der Tanda nochmal gesagt?

‚Mit den Händen in den Federn, dann ist es vollbracht!‘, mehr brachte ich nicht mehr zusammen.
Mit einer knappen Handbewegung erscheint eine mit Luft gefüllte Blase um meinen Mund und meine Nase.
Ich atmete kurz ein, ehe ich nochmals scharf nach dachte, was mit diesen ‚Worten' gemeint war.

 

„Ich hab es!“

Vielleicht waren die ersten Worte des Tandas gemeint! Die Ersten, welche er zu mir gesagt hatte wie ich damals mit den Blumen in Kontakt getreten war.

Aber wie lauteten sie nochmal?

„Rotes langes Haar, gebrannt Markt durch ihr eigen Fleisch und Blut, die Prophezeiungen werden wahr. Wird kommen, auf dem Rücken des Himmels, mit dem Antlitz eines Engels. Sie nicht alleine ist! Ein Stern nur für sie strahlt! Und mit der Liebe zweier Lichter, die Dunkelheit zerbarst!“, schoss es mir durch den Kopf, ehe ich die Worte laut aussprach.

 

Ein Ruck ging durch die gesamte Felswand als sich die Luke zur Seite schob und den Blick auf einen langen Tunnel freigab.
Wie ich Tunnel hasste! Sie waren eng und dunkel!
Ich sah zu meinem Bruder, welcher mich noch einmal kurz mitleidig ansah, ehe er vor schwamm in das dunkle Loch.
Kurz nach Dean zwang auch ich mich in das Dunkle vor mir.
Es roch nach abgestandenem Wasser und toten Pflanzen, als ich tief ein atmete und mich umsah.

Schwärze, mehr erblickte ich nicht als ich mich langsam vor tastete. Etwas glitschiges schloss sich ein paar Sekunden um mein Bein, was mir einen eiskalten Schauder erbrachte.

„Verdammt!“, murmelte ich, ehe ich die schimmernde Luftblase vor Deans Mund erblickte.

Es war das erste Mal, dass mein Bruder seine Kräfte mal nicht für etwas Alltägliches benutzte.

Lächelnd schwamm ich weiter und hoffte insgeheim, dass sich in dem Tunnel keine Schatten versteckten.

„Wir sind gleich draußen!“, rief mir Dean zu. Ich nickte auch wenn ich wusste, dass er es nicht sehen würde.
Vor uns erkannte man einen kleinen Schlitz durch welchen Licht zu uns herein schien. Uns trennten nur noch knappe fünf Meter vom Ausgang, als plötzlich etwas von außen wieherte.

„Der Hippokamp!“, schrie ich und wollte schon zurück schwimmen als sich die Luke hinter mir verriegelte.

„Ein Schutzmechanismus!“, erklärte Dean und seufzte resigniert.

„Alles gut bei euch?“, fragte mich die beunruhigte Stimme des Phönix.

„Ja bei uns ist alles gut! Aber was ist passiert? Die Luke ist zu wir kommen nicht mehr zurück!“, auch ich seufzte und folgte weiter meinem Bruder. 

„Ihr habt das Verließ also gefunden? Das ist gut! Sucht den Tanda und dann nichts wie weg hier!“, mein Gefährte schnaubte.

„Ist bei euch alles gut?“

„Nur ein Schatten, aber den haben wir im Griff!“

„Dann ist gut!“, Dean und ich erreichten die zweite Luke.

Er stieß sie auf und schwamm zur Oberfläche. Ich folgte ihm, ließ meine Luftblase platzen und atmete die frische Luft ein. 

 

Weißes Licht schien mir entgegen als ich die Wasseroberfläche durchbrach und mich umsah.

Felsenwände erstreckten sich links und rechts von uns und kesselten den See indem wir uns befanden ein. 

Nur ein einziger Gang war zu erkennen, als ich mich auf den Rand des Beckens zu bewegte.

Mein Körper brannte von der Kälte aber ich versuchte dies zu unterdrücken wir mussten schließlich den Tanda finden!

 

„Dean kommst du?“, fragte ich und versuchte das Zittern meiner Glieder zu ignorieren.

Er nickte nur und trottete hinter mir her.

Ich spähte in den Gang vor uns und zückte zur Vorsorge meine Waffe. Einzelne Fackeln erleuchteten den Weg und machten es uns so einfacher zu erkennen was hinter dem Gang lag.
Man erkannte bereits die Gitterstäbe und hörte das zischen der magischen Energie, welche von diesen ausging.

„Hallo?!“, ich erkannte die Stimmer bereits von Weitem. 

„Tanda?“, fragte ich zurück.

„Man nennt mich auch Shui Lou mein kleiner Stern!“, ich ließ meine Waffe sinken, beschleunigte meinen Schritt und blickte in die erste Zelle.

 

Graublaue Augen sahen mir entgegen. Das Haar zerzaust, der Bart ungeschoren, so stand er, einer der mächtigsten Sternzeichen, vor mir und senkte niedergeschlagen das Haupt.

„Shui?“, sprach ich ihn direkt an.

Er nickte und blickte kurz zu meinem Bruder: „Ein starker Krieger! Die Ehre der Wandlung zum Wolf wurde dir verwehrt und doch kämpfst du wie ein Alpha!“

Dean nickte bedächtig: „Wie heißt es so schön? ‚So stark der Sturm auch tobt. Einen Berg wird er nie in die Knie zwingen!‘“
Shui nickte und blickte wieder zu mir.

 

Ich legte den Kopf schief und betrachtete das Schloss genauer. Eine Schattenschlange wand sich um das Loch für den Schlüssel.

„Da kommt man an einem kleinen Zauber nicht vorbei!“, erklärte ich und wollte meinen Finger an den Mechanismus legen.

„Mach das nicht! Die Schlange wird dich beißen!“

„Und dann werde ich sie pulverisieren!“, konterte ich meinem Bruder und legte ohne weitere Unterbrechungen meinen Finger an das zuerst kalte Eisen.

Binnen weniger Sekunden wurde aus dem leblosen Metall die schuppige trockene Haut einer Python. Sie schnappte nach meiner Hand aber verfehlte sie knapp. „Kleines Biest!“, zischte ich, bevor ich einen meiner Dolche aus der Gürtelschlaufe zog und dem Vieh mit einem gezielten Schlag den Kopf ab trennte. Noch ein einziges Mal blitzte sie mich mit ihren giftgrünen und hasserfüllten Augen an, ehe sie in einer kleinen schwarzen Rauchwolke verpuffte und das Schloss sich klackend öffnete.

Erleichtert atmete ich auf und öffnete die Tür des Kerkers.

„Danke mein rettender Stern!“, der Tanda sah mich erschöpft an und trat ins Freie.

„Nie hätte ich erahnt noch einmal die Freiheit genießen zu dürfen! Ich danke euch! Ich sollte zuversichtlicher im Hinblick auf Prophezeiungen sein!“, erklärte er und ließ sich an der grauen Felswand nach unten sinken.

 

Die Lumpen die er trug, zeigten nur vage welchen Folterungen er sich unterziehen musste, doch ich konnte es mir denken. Die Geschichten der Ältesten in meinem Dorf kamen mir in den Sinn.

 

„Der Tot ist eine Befreiung wenn man an die Foltermethoden der Schatten denkt!“, hatte Shyla unsere Dorftaruna immer wieder gesagt.

 

„Welche Prophezeiung?“, fragte Dean Shui und musterte ihn.

„In meiner Höhle! Am Besten bei einer Tasse Drachentee und einem schönen warmen Feuer!“, erklärte er und stand auf. Der Tanda klatschte in die Hände: „So nun wollen wir aber raus hier! Diese tristen öden Wände lassen mich noch ganz wirr im Kopf werden!“
Dean und ich nickten dem älteren Mann zu und beobachteten seine Bewegungen genau.

Er streckte eine Hand gerade und offen vor sich aus, mit der anderen Hand machte er kreisende Bewegungen und tippte mit einem seiner Finger erst auf die Hand und dann in die Luft.

„Geschehe!“, sprach er die Worte der Macht aus.

Über uns in der Luft bildete sich ein violetter Strudel, welcher sich immer zu drehen schien und Energieblitze auf den Boden schoss. Gleißendes Licht umgab uns, als der Trichter des Portals über uns jeden einzelnen von uns erfasste und mit sich zog.

Wandelwesen

 Alles drehte sich. Mein Magen schmerzte und mir war übel.

„Geht es Jungchen?“, fragte der Tanda und legte mir eine seiner faltigen Hände auf die Schulter. Ich nickte und stützte mich abermals mit meinen Händen auf meinen Knien ab.

„Ist das immer so beim ersten richtigen Portal-Reisen?“, fragte Dean und würgte kurz. 

 

Wir waren seit ungefähr 10 Minuten raus aus dem Strudelwahnsinn des Portals und mein Bruder hatte sich bereits vier oder fünf mal übergeben und ich musste immer noch mit mir ringen.

 

„Hier esst das, dann geht es euch gleich besser!“, Shui hielt uns zwei schwarz glänzende Stangen entgegen. Ich nahm mir eine und roch daran. Pfefferminze, schoss es mir durch den Kopf, ehe ich zögern ein Stück ab biss.

Im ersten Moment erinnerte der Geschmack an Schokolade, dann aber an Lakritz und zu guter Letzt schmeckte es nach Pfefferminze.

„Was zur Hölle ist das?“, Dean biss noch einmal genüsslich von seiner Stange ab, bevor er ein kleines bisschen davon dem Greif hinwarf.

Mein Phönix stand direkt neben mir und beobachtete mich aufmerksam. „Möchtest du auch?“, fragte ich belustigt als sich sein Blick in pure Neugier für das Essen in meiner Hand wandelte.

Er nickte und fiepste freudig als er ein wenig davon von mir bekam.

Ich lachte nur und schüttelte den Kopf. Shui hatte recht! Mir war weder mehr übel noch schwummerig.

„Das meine Freunde ist ein Stück der Wurzel einer Feuerbeerenfrucht. Ein altes Geheimnis meiner Mutter!“, erklärte uns der Tanda, holte eine weitere Stange heraus und brach sie in Zwei, nur um beide Hälften den Vögeln hin zu werfen.

„Wollen wir dann gleich los?“, Dean sah fragend in die Runde.

„Ja! Der Weg ist zwar nicht so lang aber wir haben schon Mittag und ich habe keine Lust im Dunkeln zu wandern! Nicht in diesen Wäldern!“, der Tanda sah uns aufmerksam an.

„Wie lange warst du eigentlich im Verließ?“, mein Bruder hob fragend eine Augenbraue.

„Drei Wochen, vielleicht auch vier oder etwas länger. Nicht sehr lange also, aber es war dennoch keine angenehme Zeit!“, traurig senkte er den Kopf, atmete tief durch und hob sein Haupt wieder.

„Wollen wir fliegen?“, herausfordernd sah ich die Vögel an die freudig mit den Flügeln schlugen.

„Aber es sind nur zwei Vögel!“, stellte Shui fest.

Der Phönix stellte sich mit majestätisch erhobenem Kopf neben ihn und schlug abermals auffordernd mit seinen großen mächtigen Schwingen.

„Du würdest zulassen, dass ich auf dir fliege?“, überrascht riss der Tanda die Augen auf und legte seine Hand vorsichtig auf die Stirn des Vogels, welcher nach einiger Zeit anfing zu Nicken.
Ich lächelte nur und begutachtete den älteren Mann vor mir abermals genau. Seine Augen standen etwas schräg und sahen teilweise aus wie zwei kleine Schlitze wenn man genau hinsah.

„Wo ist eigentlich der Hippokamp und der Schatten?“, stellte ich auf einmal fest und sah mich um.

„Das Pferd kümmert sich um das Wesen!“, erklärte mir mein Vogel und sah Richtung Meer.

„Moment? Ihr habt Thamu befreit!“, erschrocken über seinen Ausruf zuckte Dean zusammen.

„Ja haben wir!“, ich schluckte und hört hinter mir das platschen der Wellen. Etwas Großes schien sich dem Ufer zu nähern.

„Thamu!!“, schrie Shui nur noch, ehe er Richtung Wasser rannte. Ich drehte mich und sah wie der Tanda lachend seinen großen Freund in die Arme schloss.

Das Wesen wieherte erfreut auf und schlug mit den Vorderflossen.

„Ihr könnt fliegen! Wir schwimmen!“, erklärte er und stieg auf den Rücken des Tieres.

 

„Großer?“, fragte ich meinen Phönix, welcher in die Knie ging und mich aufsteigen ließ. Dean setzte sich nur kurz nach mir auf den Greif und machte sich für den Anflug bereit. 

„Fliegt uns einfach nach!“, rief Shui uns noch zu, bevor Thamu auch schon anfing sich Richtung Süden zu bewegen.
Unsere Vögel nahmen Anlauf, ehe sie gen Himmel stiegen und mit den Flügeln schlugen.

Ich spürte wie die Muskeln des Phönix sich gleichmäßig anspannten und sich im Takt mit seinen Flügelschlägen bewegten.

 

„Wer als Erstes den Tanda eingeholt hat!“, rief Dean und überholte mich um Haaresbreite.

Ich lachte: „Wie du willst!“

Ich klopfte meinem Vogel sachte auf den Hals: „Zeigen wir es dem kleinen Überflieger!“

Er nickte und beschleunigte. Binnen einer Sekunde hatten wir Dean eingeholt und waren mit ihm auf Augenhöhe.

„Träum weiter Bruder!“, schrie Dean und spornte den Greif weiter an.

Shui war nur noch knappe 10 Meter vor uns. Wir mussten uns beeilen!

„Lassen wir ihm das Erfolgserlebnis?“, fragte ich den Vogel unter mir.

„Niemals! Ich kann noch schneller!“, erklärte er mir in Gedanken und beschleunigte abermals seine Flügelschläge. Mein Herz raste, meine Gedanken kreisten und meine Haare wehten wild im Wind. 

„Na kommt schon!“, rief uns Shui zu, nur um uns noch mehr an zu spornen.

Ich lachte. Noch nie hatte ich mich so frei gefühlt. Es wirkte fast schon surreal. Es herrschte Krieg und mein Bruder und ich flogen um die Wette. Ich schloss die Augen und genoss diesen kurzen Moment einfach.

Dean holte auf, doch mein gefiederter Freund drängte ihn ab und schraubte sich mit wenigen Flügelschlägen in den Himmel.

Er drehte sich, sodass er mit dem Rücken zum Meer und zum Boden stand. Plötzlich hörte er auf mit den Schwingen zu schlagen. Mein Herz setzte aus. 

 

„Phönix!“, schrie ich noch, ehe wir uns im freien Fall befanden.

Der Vogel kreischte freudig und fing nur knapp über der Wasseroberfläche an seine Flügel wieder zu bewegen.

„Mach das nie wieder!“, lachte ich und griff an die Stelle wo sich mein Herz befinden sollte. 

Es schlug immer noch genauso unregelmäßig wie meine Atmung.
Dean flog nur einen knappen Meter hinter uns.
„Ihr habt doch sowieso schon gewonnen!“, rief Dean und lachte aus voller Kehle.

Ich grinste: „Schon aber wir sind noch nicht am Ziel!“

Mein Bruder zuckte nur mit den Schultern. Vor uns glitzerte die Sonne im Gewässer und sorgte für einzelne blendende Spiegelungen.
Irgendwo dort hinten im Süden lag das Vergessene Land, auch Finjalla genannt. Ein Land, welches einst eine sehr hoch angesehene Kultur hatte aber seit dem dunklen Krieg in Vergessenheit geraten war.

„Worüber denkst du nach?“, fragte Dean und flog auf Augenhöhe mit mir.

„Finjalla!“, antwortete ich knapp.

„Achso. Stimmt dort hinten im Südosten liegt es ja!“, stellte er fest und legte seine Hand über die Augen, so dass er in die Ferne sehen konnte.

Ich nickte. Finjalla musste laut den Erzählungen der Dorf Ältesten ein tolles Land gewesen sein. „Das Land der tausend Farben!“, so hatte es einst meine Mutter bezeichnet.

Ich lächelte und lenkte meine Gedanken auf den Tanda unter uns.

„Wie weit ist es noch?“, rief ich ihm zu.

„Zwei Minuten!“, erklärte er nur und änderte seine Richtung. Das Ufer kam immer näher. Ein Sandstrand erstreckte sich dort vorne an der Küste und grenzte an eine Wand der Finsterfelsen.
Einst mussten die verdorrtem Stämme wunderschöne Trauerweiden und Linden gewesen sein, doch nun waren sie tot. Tot wie alles andere auch. Keine Blume blühte, kein Vogel zwitscherte und kein einziges Lebenszeichen war zu sehen.

„Ihr könnt landen!“, Shui winkte mit den Armen und zeigte uns eine freie Stelle ohne Geäst.

Dean war der Erste, welcher wieder Boden fasste, ehe auch mein Vogel zum Landeanflug ansetzte und uns Heil zu Boden brachte.
Lächelnd klopfte ich dem großen Tier auf den Hals und tätschelte seinen Kopf: „Danke!“

„Es ist mir eine Ehre, dass ein Stern mein Gefährte ist und er auf mir fliegt!“, erklärte er mit sanfter Stimme in meinen Gedanken.
Ich grinste nur und gab ihm einen Kuss auf seine Stirn. 

 

„Thamu? Transform te!“, sprach der Tanda laut aus. Der Hippokamp wieherte noch einmal kurz, ehe er sich wandelte.
Seine Schuppen gingen zurück, unter ihnen kam Elfenbein farbenes Fell zum Vorschein. Die Vorderflossen verschwanden und gaben lange muskulöse Beine frei. Sein einst mächtiger Kopf mit der Finne wandelten sich zu einem majestätischen schwarzen Pferdekopf. Seine einst so erschreckende Größe verschwand, ein schwarzer Hengst von sagenumwobener Schönheit stand vor uns und scharrte mit dem Huf im seichten Wasser.

 

„Wow!“, mein Bruder stand mit weit aufgerissenen Augen da und begutachtete den Friesen mit seiner langen Mähne.

„Ja! Er ist wunderschön!“, erklärte Shui und zeigte dem Tier an, dass es näher kommen konnte.

Ich lächelte nur und strich dem Phönix abermals durchs Gefieder.

„Woher nimmst du eigentlich die ganze Energie Shui Lou?“, Dean sah ihn aufmerksam an.

„Aus der Umgebung mein Junge! Jedes Blatt, jeder Stein und jeder noch so kleine vertrocknete Ast können uns auf so lange Zeit so viel Energie geben, dass du von den Ausmaßen nur träumen kannst! Und Dean? Bitte nenn mich Shui! Oder einfach Lou!“, lächelnd musterte er meinen faszinierten Bruder, welcher nur nickte. Shui stieg kurzerhand auf den Rücken des Pferdes und trabte los.

„Na komm!“, auch ich setzte mich mit meinem großen Tier in Bewegung und betrachtete die Umgebung.

Flammen der Liebe

 

„Stellt eure Taschen irgendwo ab, ich sehe mich in der Zwischenzeit etwas um!“, sprach Shui laut aus, als wir vor einer hölzernen Tür stehen blieben und er vom Rücken des Pferdes rutschte.

Mein Bruder und ich taten es ihm gleich und stiegen von unseren großen Vögeln herunter. Laun war überall auf dem Waldboden verteilt.

„Wo kommt das Laub her, wenn doch alles tot ist?“, fragte ich den Tanda, welcher die Tür mit einem Entrieglungszauber öffnete.

„Diese Geschichte erzähle ich euch, wenn wir gleich bei einer Tasse Tee am warmen Feuer sitzen!“, erklärte er nur und trat in die dunkle Höhle.

Mit einer kleinen Handbewegung entfachte Shui hunderte von Kerzen, welche in der großen Höhle überall zu finden waren.

„Immerlichter!“, bewundernd sah ich die magischen Kerzen an. Niemals würde ihr Wachs zuende gehen.

„Ja Immerlichter! Eine Hexe hat sie mir einst, kurz vor dem Schwarzen-Krieg, gegeben.“
Ich nickte Shui zu und stellte meine Tasche neben die von Dean, direkt neben einen kleinen schwarzen Tisch.
Hinter mir fiepste etwas.

„Ja wenn du dich verwandelst kannst du zu mir! Du anhängliches Wesen!“, lachte ich meinem Phönix zu.

„Du bist gemein!“, er lachte ebenso in meinen Gedanken.
Nur kurz danach saß der kleine rote Kardinal auf meiner Schulter und zwitscherte mein Herzenslied.

Lächelnd sah ich mich in der großen Höhle um.
Direkt neben dem Eingang befand sich ein kleiner Brunnen, welcher durch ein kleines Rinnsal mit dem Becken in der Küche verbunden war, diese lag links hinter dem kleinen schwarzen Tisch. Große Steine bildeten einen großen Kreis in der Mitte der Höhle und schützten mit ihrer gigantischen Größe eine lange Treppe, welche weiter runter und somit tiefer ins Gestein führte. Im hinteren rechten Ende des Wassermannheims befand sich eine Feuerstelle, diese war mithilfe eines Lochs in der Decke mit der Außenwelt verbunden.

 

„So meine Jungs. Es sieht schlecht aus mit dem Drachentee! Ich habe nur noch etwas Kartunokraut gefunden. Ist das auch gut für euch?“, Shui stand in einem kleinen Gang, welcher mir vorher noch nicht aufgefallen war. Der Tanda trug frische Klamotten und von dem alten, müden Mann fehlte jede Spur.

Dean fand als erstes seine Worte wieder: „Natürlich ist Kartunotee auch in Ordnung!“

Ich nickte nur und blickte meinen kleinen Kardinal an.

„Das ist gut! Würde jemand von hinten aus dem Gang Feuerholz holen? Es ist aufgestapelt und kaum zu übersehen!“, fragte Shui in die Runde.

Mein Bruder lief sofort los und ließ mich mit dem Sternzeichen alleine zurück.

„Was ist das für eine Treppe?“, fragte ich ihn direkt.

„Dean? Wir sind gleich wieder da!“, erklärte der Tanda und nahm meine Hand, „Komm mit mein Junge!“
Ohne zu zögern lief ich hinter ihm her und folgte ihm die lange Treppe bis ganz nach unten.

Ein dunkler Tunnel erstreckte sich dort. Der Mann vor mir bewegte kurz seine rechte Hand und ließ im Gang ebenso Kerzen erstrahlen.
Von unserem Standpunkt aus, zweigten zwei weitere Gänge ab. Der Gang zu meiner Rechten, war dunkel und kahl. Der Links wiederum, war ebenso von Kerzen erleuchtet und führte zu einem großen hellen Raum.

„Was ist dort?“, fragend hob ich die linke Augenbraue.

„Komm! Ich zeig es dir!“, ich nickte nur und folgte weiterhin dem Tanda, welcher immer noch meine Hand in seiner hielt.
Wir betraten einen großen Saal. Braune verstaubte Regale säumten die Wände und beinhalteten uralte Schriften, Skripten und Unmengen an Schriftrollen. Ein großes Schild hing in der Mitte der hinteren Wand und war geschmückt von Blumen.

„Wie?“, erschrocken sah ich auf die vor Leben sprießenden Kletterpflanzen. 

„Lies!“, befahl Shui.

„Ich kann nicht! Ich habe diese alten Zeichen nie gelernt!“, erklärte ich nur und grübelte über die verschnörkelte Schrift.

„Du hast es schon einmal getan! Nun mach es ein zweites Mal!“, bestimmt blickte mich der Tanda an.

„Aber!“

Er schüttelte den Kopf: „Lies!“

Ich seufzte und öffnete mein drittes Auge.

„Deine Magier Fähigkeiten werden dir nichts bringen! Wir sind dort wo alles anfing! In der Höhle der Sternzeichen! In der Höhle der Sterne! Und du bist ein Stern! Also nutz deine Fähigkeiten!“, fuhr er mich barsch an.

 

Ich schluckte schwer.

„Shui… wie?“

„Mit deinem Herzen!“, erklärte er nur.

Abermals seufzte ich. Ich schloss meine Augen und versuchte an nichts zu denken, außer an das Leuchten, welches ich am Meer in meinem Herzen entdeckt hatte. Diese Aufgabe war allerdings alles andere als leicht. Immer wieder huschte ein Bild von Aveline durch meine Gedanken. Ihre langen roten Haare und ihre wunderschönen Augen. Ich schüttelte den Kopf und versuchte die Bilder aus meinem Kopf für kurze Zeit zu vertreiben. Einen kurzen Moment gelang mir dies und ich konnte einen Blick auf den leuchtenden Fleck erhaschen. Silbrig-weiß glänzendes Licht schien kurz hinter meinen Augenlidern aufzuflammen als ich die Augen öffnete und auf das Schild an der Wand sah.

 

Binnen zwei Sekunden formten die verschnörkelten Linien einzelne Buchstaben, welche zu schweben schienen und neue Sätze bildeten.

„Getragen von Licht,

Gebannt von Schatten, 

Im düsteren erfüllt er seine Pflicht und

bekämpft sie mit eisernen Waffen.

Stahl auf Stahl,

so hieß es einst,

wird angeführt durch den gläsernen Stein, welcher bald wird

wieder eins.

Wenn dies geschieht, 

die Zeit wird kommen,

der Stern erwacht und bringt zurück,

was einst war genommen.“

 

Wie von selbst verließen die Worte meinen Mund.

„Du kannst es!“, Shui klatschte freudig in die Hände. „Was kann ich?“

Seine Augen fingen an zu leuchten: „Sternenlesen!“

 


„Aber wie? Ich meine, ich habe das noch nie gemacht!“
„Es ist ein uralter Instinkt! Wie atmen! Du machst es im Unterbewusstsein, besser kann selbst ich es dir nicht erklären!“


Ich lächelte nur und blickte auf all die Bücher: „Hast du die alle geschrieben?“

Der Tanda nickte und strahlte erneut vor Freude. Abermals klatschte er in die Hände. Plötzlich zischte es und einzelne Bücher und Skripten lösten sich aus den Regalen. Schriftrollen rollten sich aus und zeigten verzauberte Landschaften, Karten oder erzählten ihre eigene Geschichte.

Ein Buch fiel mir ganz besonders ins Auge. Es war schwarz und war mit silbernen Stickereien fiziert. Auf seinem Einband stand in wunderschöner alter Schrift „Die Sternengefährten“.

„Was ist das?“

„Weißt du nicht was Sternengefährten sind?“, ich schüttelte Shui zur Antwort mit dem Kopf.

„Nimm dir das Buch und lies. Ich komme in ein paar Minuten wieder!“, lächelnd lief er zum Ausgang.

Ich schnappte mir das Buch aus der Luft und blätterte ein paar Seiten um, bis ich auf eine interessante Überschrift stoß.

„Beim Herzenslied fing es an“, las ich laut vor, „Gefährten haben meist dasselbe Herzenslied, welches sie hören wenn sie an den jeweils anderen denken oder gar in seiner Nähe sind. Gefährten sind anders als Seelenverwandte oder Geprägte. Sie sind von Grund auf Verbunden! Über Gedanken, Gefühle und ihre gesamten Eindrücke. Aber nicht nur durch das Herzenslied ist die Gefährtenschaft offensichtlich. Die Betroffenen fühlen sich meist ohne jeglichen Kontakt verbunden. Sie lieben einander!“

Erschrocken klappte ich das Buch zu.

„Hast du etwas gelesen was du nicht wolltest?“, Shui stand auf einmal vor mir und ließ mich vor Schreck zusammen zucken.

„Nein also…“

Ein weiteres Bild von Ave zuckte durch meinen Kopf und brachte dieses Kribbeln mit sich.

„Sie ist es, oder?“

"Was?", verwirrt sah ich in seine eisblauen Augen.

"Spürst du das nicht? Dieses Gefühl in dir wenn du an sie denkst?", fragte er mich und zog die Augenbrauen hoch.

Und ja da war wieder dieses Gefühl! Diesen Drang sie bei mir zu haben, ihr durch ihre langen Haare zu streichen und dieses Mädchen einfach zu beschützen!

"Doch...", ich senkte den Kopf.

"Liebst du sie?", bohrte er weiter.

Ich brachte nur ein Nicken zustande und sah mich weiter in dem Raum voll Bücher um.

Shui nickte nur und lief wieder Richtung Ausgang.

 

„Komm dann einfach hoch, wenn du dich bereit fühlst!“

„Bereit für was?“, verwirrt sah ich ihm in die blauen Augen.

„Bereit für deine Bestimmung und dein Schicksal!“, erklärte er nur und machte auf dem Absatz kehrt.

Immer noch verwirrt ließ ich mich an der Wand herab sinken.

 

„Was soll ich nur tun?“, fragte ich laut und sah den vielen Büchern zu wie sie im Saal umher flogen.

„Vertraue auf die Liebe!“, mein Kardinal setzte sich auf den Boden vor mich und starrte mich aus goldglänzenden Augen an. 

„Die Liebe!? Was ist das überhaupt? Es ist eine Pflicht! Eine Verheißung! Nichts weiter als alter Humbug! Ein Trugbild! Ein Schatten der Seele! Die Liebe macht verletzlich…“ „Und stark!“, fiel mir der Vogel ins Wort.

„Nein! Die Liebe macht nicht stark! Sie macht einen verletzlich und angreifbar! Genau aus diesem Grund hatte ich den Panzer um mein Herz! Um all das nicht zu spüren!“, stichelte ich weiter.

„Du machst dir selbst etwas vor!“, zischte der Kardinal und flatterte wütend mit den Flügeln.

„Nein das tue ich nicht! Behaupte nichts von dem du keine Ahnung hast!“, erklärte ich und wollte aufstehen und gehen.

„Ich und keine Ahnung von der Liebe? Meine Federn, meine Macht, mein Feuer, all das und vieles mehr, basiert auf der flammenden Liebe deines Volkes!“, wütend flog er aus dem Zimmer.

„Warte“, flüsterte ich, doch er war schon weg.

 

Ich wollte mich nicht mit ihm streiten und doch war es passiert. Nur weil er nicht verstehen wollte, dass ich dieses Gefühl der Liebe nicht kannte und eben dessen auch nicht kennen wollte!

„Du hast doch nur Angst vor dem Gefühl!“, sprach mich eine Stimme an. „Was?“, verwirrt sah ich mich im Raum um. Hier war niemand, nur die Bücher und die Kletterpflanzen an der Wand.

„Hier unten!“, wieder diese Stimme.

Erschrocken sah ich zu Boden. Dort unten im hinteren Bereich eines der Regale, lag ein winziges Taschenbuch.

„Hast du...“

„Ja ich habe soeben mit dir gesprochen! Du dummer Sturkopf!“, lachte das Buch und öffnete kurz seine Seiten um sich zu bewegen, doch eine seiner Seiten war komplett zerknittert.

„Würdest du mir vielleicht helfen?“, bat es.

„Ich? Dir helfen? Nachdem du mich als dummer Sturkopf bezeichnet hast?“, fragte ich empört.

„Passt dir Idiot besser?“, geschockt sah ich das Buch an.

„Warum bin ich denn ein Idiot? Oder ein dummer Sturkopf?“, fragend sah ich es an.

„Nun ja…. Du bist gegen die Liebe! Aber gerade die Liebe ist doch das Wichtigste auf der Welt! Egal ob Geschwisterliebe oder Liebe, welche auf freundschaftlicher Basis basiert. Liebe ist wertvoll und kostbar!“, erklärte es mir und flatterte abermals mit seinen Seiten.

„Ich komme schon!“, seufzend hob ich das kleine braune Büchlein auf und las was auf dem Einband stand: „Flammen der Liebe“

„Deshalb redest du so positiv über das Thema!“, stellte ich fest.

„Lies mich und du wirst verstehen!“, erklärte das Buch nur.

Ich öffnete es, blätterte zu der zerknitterten Seite und strich sie glatt: „Verzeih aber einen Wälzer mit fast 200 Seiten krieg ich nicht über Nacht durch!“

„Dann werde ich dir wohl eine Geschichte erzählen müssen!“, lachte es vergnügt. 

„Heute Abend, okay?“

„In Ordnung!“, lächelnd steckte ich mir das kleine Buch in die Hosentasche und machte mich auf den Weg zurück nach oben zu Dean und Shui.

Legenden und Prophezeiungen

 

„Habt ihr schon mal etwas von den drei Rittern der Sonne gehört?“, Shui sah erst in die Runde, ehe er sich selbst noch etwas von dem Tee ein schenkte.

„Mit ihnen hat doch alles angefangen!“, stellte Dean fest.

„Ja aber ich meine… kennt ihr die ganze Geschichte?“, der Tanda blickte und nochmals an.

Ich schüttelte den Kopf und setzte mich bequemer auf dem Stuhl hin. Shui hatte Dean und mir vorhin nochmal frische Klamotten von sich selbst gegeben und unsere alten Kleider in heißem Wasser eingelegt, damit sie sauber wurden.

 

„Okay dann fangen wir mal an: Einst gebar ein Engel drei Söhne. Tarawyan, Teronur und Takliteles. Jedem seiner Söhne vererbte er einer seiner Schätze. Tarawyan bekam das Land der aufgehenden Sonne, Teronur das Land der Dunkelheit und Takliteles die Macht der Sterne. Der Engel erklärte seinen Söhnen, dass sie ihre Geschenke niemals gegen andere benutzen sollten. Sie sollten immer gewissenhaft damit umgehen. Eines Tages verstarb der Engel an einer schweren Krankheit und ließ einen Brief an seine Kinder zurück. In dem Brief schrieb er nochmals, dass keiner von ihnen jemals ihre Macht oder ihr Erbe ausnutzen sollten und geizig damit umgingen. Takliteles nutzte die Macht der Sterne und half kranken Menschen. Tarawyan, ließ in seinem Land immerwährend die Sonne scheinen. Teronur wiederum brachte mit seiner Macht nur Angst und Schrecken. Die Schatten und die Dunkelheit seines Landes veränderten die Gemüter der Menschen. Aus ihrer einstigen gemeinschaftlichen Liebe wurde purer Hass. Teronur wusste nicht was er tun sollte, denn er hatte keine Ahnung wie er mit seiner Macht umzugehen hatte. Die Menschen in seinem Land, von Hass getrieben, verwandelten sich in Schatten. Ein Parasit, im Paradies sozusagen. Anstatt sich Hilfe von seinen Brüdern zu holen, verkroch sich der jüngste Sohn des Engels in einer Höhle und warnte niemanden vor den nahenden Angriffen der Schatten. Tarawyan galt in seinem Land, bereit als Gott der Sonne, doch als die Schatten kamen, wurde er wütend. Er machte seinen kleinen Bruder für all das Leid, welches seinen Untertanen wieder fuhr verantwortlich. Von Hass getrieben stürmte er zu seinem Bruder und ließ die Sonne auf ihn los. Jahre, Jahrzehnte bekriegten sie sich. Doch eines Tages stand auf einmal ein kleines Mädchen mitten auf dem Schlachtfeld und bat um Frieden. 'Nieder mit ihr!', rief einer der beiden verhassten Brüder und ließ seine Männer auf das Kind los. Takliteles bekam all dies mit und rettete das kleine Kind. 'Hingegen meines Vaters Wunsch, wird geboren ein Stern! Ihr Herz so rein, so weiß wie Elfenbein! Geboren durch dich, wird Frieden sein!', rief Takliteles und nutzte seine gesamte Macht, um das Mädchen auszuwählen. Durch die Verlust seiner Energie war Takliteles schwach und angreifbar. Seine Brüder nutzten dies und nahmen ihm in einem Hinterhalt sein Leben. 'Nieder mit dem Hass!', rief das Mädchen und brachte mit seinen Sternen Frieden. Sie verbannte die Schatten in die dunklen Höhlen und formte aus ihnen die Finsterfelsen. Die Sonne schickte sie zurück an den Himmel und teilte ihre Macht in drei, damit diese nie die Überhand gewann. Salunda, Felinda und Balondina nannte sie die neuen Sonnen. Jahrhunderte herrschte Frieden, bis einst ein Schatten seine Macht auf einen Menschen lenkte und diesen in einen Vogel verwandelte. Schattenvogel hieß er von nun an, verbannt in die Felsen in der Nähe des schwarzen Meeres.“

 

Die ganze Zeit als Shui redete, stieg die Spannung. Dean und ich hörten gebannt zu, ehe wir tief durchatmeten und uns beide musterten.

„Was ist danach passiert?“, fragte ich neugierig.

„Danach fängt eure Geschichte an!“, erklärte der Tanda und nahm einen Schluck von seinem noch warmen Tee.

 „Und die da wäre?“, Dean sah Shui fragend an und schlürfte weiter an seinem Tee. 

Neugierig blickte ich zwischen den beiden hin und her. Der Kardinal war immer noch verschwunden.

„Was guckst du denn so?“, mein Bruder legte mir seine große Hand auf die Schulter. 

„Ich hab mich vorhin mit meinem kleinen gefiederten Freund gestritten. Mehr nicht!“, erklärte ich knapp. Zu spät bemerkte ich, dass meine Stimme kalt und barsch Klang.

Dean sah mich erschrocken an: „Weshalb denn?“

„Ist egal!“, genervt drehte ich meinen Kopf weg.

„Rede mit deinem Bruder! Er kann dir besser helfen als jeder andere!“, Shui blickte mir anklagend in die Augen, „Und sei nicht so schroff zu ihm!“

„Tut mir leid!“, ich merkte wie meine Augen feucht wurden.

Mir stieg alles zu Kopf. Meine Gedanken brummten, meine Stirn glühte und meine Ohren rauschten.

Aveline war also meine Gefährtin und ich war mir nicht sicher, ob ich mit den aufkommenden Gefühlen klar kam. Sollte ich es wagen mit ihr darüber zu sprechen? Sollte ich es wagen überhaupt an ein ‚wir‘ zu denken?

„Erde an Kyle?! Weilst du noch unter uns?“, verwirrt schüttelte ich den Kopf und blickte in die wachsamen Augen meines Bruders.

„Was?“

„Was ist los mit dir?“, fragte er mich und zog seine Augenbrauen zusammen.

Ich zuckte nur mit den Schultern.

„Soll ich euch kurz alleine lassen?“, Shui sah aufmerksam in die Runde.

„Ja bitte!“, Dean nickte und blickte dem Tanda hinterher, als dieser in dem dunklen Gang verschwand.

„So und jetzt rede!“

„Was bringt mir das?“, mein Bruder schlug die Hände über dem Kopf zusammen, wegen meiner bockigen Art und atmete lautstark aus.

„Vielleicht kann ich dir helfen!?“

 

„Warst du schon mal verliebt?“, platzte es aus mir heraus.
Dean lächelte beugte sich nach vorne, sah mich an und verschränkte seine Hände: „Ja war ich, mehr als einmal!“

„Und…. Und wie fühlt sich das an?“

„Du meinst Liebe?“, letzteres betonte er sehr.

Ich nickte.

„Wenn du bei dieser Person bist, ist es als würde die Welt still stehen! Ihr müsst nicht reden, ihr versteht euch blind. Und diese Momente der Zweisamkeit…oft sagen diese Momente mehr als tausend Worte! Wenn du die Augen dieser Person siehst, dann ist es als würdest du in ihnen versinken, sie fesseln dich! Und dein Herz schlägt mit jedem einzelnen Blick schneller! Es ist eigentlich im Großen und Ganzen, unbeschreiblich!“, lächelnd blickte er mich an,

„Aber warum möchtest du das wissen?“

„Sag ich dir gleich… eine Frage noch: Macht Liebe verletzlich?“, traurig sah ich ihn an.

„Nein! Die Liebe macht dich stärker! Stärker als jeder Zauber es je tun wird! Sie regt dich an zu kämpfen! Sie macht aus dir einen Krieger, einen Helden, einen Beschützer. Ja, die Liebe macht dich zu so viel, dass Worte niemals reichen würden alles aufzuzählen und zu erklären!“

Ich nickte nur knapp.

„So und jetzt: Warum willst du das alles wissen?“

„Ich…. Shui… Ach verdammt, Aveline ist meine Gefährtin!“

„Wie bitte?!“, Dean riss die Augen auf und blickte mich erstaunt an.

Ich nickte nur und ließ meinen Blick durch die Höhle schweifen.

„Hast du dich etwa auf sie geprägt?“

„Nein, nicht wirklich. Shui hat mir indem Sinne nur gesagt, dass sie meine Gefährtin ist! Ich habe allerdings zuvor bereits etwas über Gefährten in einem Buch gelesen!“, erklärte ich und blickte ihm wieder in die Augen.

„Und? Woher weiß er das so genau? Und woran hast du an der ganzen Sache was auszusetzen? Ich meine, eine Gefährtin, das passiert nicht alle Tage. So etwas ist was ganz besonderes!“, verwirrt legte sich seine Stirn in Falten.

„Ich war noch nie verliebt! Ich… verdammt, was könnte ich ihr bieten?!“, ich atmete tief durch, ehe ich weiter sprach, „Was könnte ich einer Prinzessin geben, was sie nicht so oder so schon hat?“

„Ein Herz! Deine Zeit! Das wertvollste auf der Welt!“, freudig sprang ich auf und drehte mich zur Tür.

Der rote Phönix stand davor und blickte mich aus aufmerksamen Augen an.

„Du bist wieder da!“

Er nickte und verwandelte sich wieder in den kleinen Kardinal.

„Es tut mir leid!“, traurig senkte ich den Kopf, „Ich hätte nicht so grob zu dir sein dürfen!“

„Und ich hätte mehr Verständnis zeigen können!“, trällerte er und landete auf meiner Schulter.

Dean sah nur noch von einem zum anderen, ehe er lächelte: „Na dann müssen wir erst recht hin machen! Sonst wirst du ohne deine Gefährtin noch krank vor Sehnsucht!“

Ich lachte nur und war froh, dass alles geklärt war.

„Aber woher weiß Shui, dass Ave deine Gefährtin ist? Und was stand in dem Buch?“, hakte mein Bruder weiter nach.

„In dem Buch stand… naja… das es mehrere Sachen gibt woran man erkennt, dass eine Person die Gefährtin von einem ist. Und wegen Shui…“

„Das ist eine weitere lange Geschichte!“, lächelnd trat der Tanda wieder in den Raum und setzte sich in die Nähe der rot leuchtenden Flammen.

Das Vermächtnis der Sterne

 

„Shui?“, Dean spielte an seiner leeren Tasse herum und blickte den älteren Mann an.

„Ja?“

„Eine Frage: Warum heißen diese drei… Also Takliteles, Tarawyan und Teronur Ritter der Sonne?“

„Weil auch, wenn sie sich bekriegt haben, ist doch auch durch ihnen der damalige Frieden entstanden und aus diesem heraus die Sterne und eben die drei Sonnen!“, erklärte der Tanda gelassen.

„Schon, aber es ist doch auch der Schattenvogel entstanden!“, hakte ich weiter nach.

„Mag sein, aber der Schattenvogel spielt in dieser Geschichte keine Rolle mehr! Dieser kommt erst zur Zeit des Schattenlords wieder. Aber wie gesagt, das ist eine andere Geschichte!“, der Tanda stand auf und kramte etwas aus einer Kiste unter seinem Stuhl hervor.

„Hier!“, er gab meinem Bruder ein kleines Bündel, „Füttere die Vögel!“

Dean stand auf und mein kleiner Kardinal folgte ihm, nur um sich kurz danach auf die kleinen Samen und Brotkrümel her zu machen.

Ich lächelte nur und machte es mir auf meinem Stuhl bequem. 

„Was hast du in deiner Hosentasche?“, Shui sah mich neugierig an.

„Ich… Ein kleines Büchlein, es hat vorhin sogar mit mir gesprochen!“, lachte ich.

„Flammen der Liebe!“

„Wie bitte?“, fragend sah ich ihn an.

„Das Buch! Flammen der Liebe! Es enthält eine lange Geschichte, die es gerne Leuten erzählt, die etwas gegen genau dieses schöne Gefühl sagen. Auch mir wurde einst diese Geschichte erzählt, bis ich die Mutter von Aveline traf!“, erklärte er mir.

Ohne zu zögern griff ich in meine Hosentasche und holte das braune Buch heraus.

„Du hast Avelines Mutter gekannt?“, Dean setzte sich erstaunt zu uns und rieb sich die Hände.

Der Tanda nickte nur und lehnte sich in seinem braunen Holzstuhl zurück: „Ja das habe ich!“

„Erzähl uns von ihr! Wie war sie?“, Dean war wie Feuer und Flamme.

„Jetzt lasst mich doch erst die Geschichte weiter erzählen! Dann kommen wir sowieso zu Natana!“, Shui lächelte nur.

Dean und ich nickten synchron und blickten den blauäugigen Tanda an.

 

„Ungefähr 3 Jahrhunderte vor dem Schwarzen-Krieg nahm alles eine Wendung. Das Sternenmädchen fand einen Jungen. Stattlich wie er war und mit dem Herz auf der Zunge geboren, erweckte er das Aufsehen des Mädchens. Sie verliebten sich ineinander und wie es das Schicksal wollte, bekamen sie Kinder. Neun an der Zahl. Alle ihrer Nachkommen, besaßen die Sternenfähigkeiten der Mutter und gaben sie über die Jahre hin an ihre Enkel und Großenkel weiter. An jenen Tag, als das Sternenmädchen eines ihrer Großenkel besuchte, griff ein riesiger Vogel die Familie an.“

 

„Der Schattenvogel!“, schlussfolgerte ich.

„Nein! Es war ein anderer Vogel! Schöner als alles andere! Ein Greif um genau zu sein!“, erklärte Shui lächelnd.

„Der Sturmvogel!“, der Tanda lächelte meinem Bruder zur Antwort zu.

„Ja der Sturmvogel!“

„Aber warum hat er sie angegriffen!?“, hakte ich weiter nach.

„Er hatte Angst und fühlte sich mit seiner Familie bedroht!“, erklärte Shui knapp.

„Aber direkt angreifen?!“, ich konnte es nicht glauben.

„Der Vogel war zu Anfang nicht er selbst! Er hat sie attackiert und den Großenkel des Sternenmädchens schwer verletzt. Der Stern versuchte ihn zu retten, doch um das zu tun musste sie einen Teil ihrer Magie freisetzen, so dass diese frei zugänglich für jeden war und dies erforderte ein großes Opfer des Mädchens!“, erklärte Shui.

„Was ist danach passiert?“, Dean rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her.

Ja, was war danach passiert? Fragen schwirrten in meinem Kopf umher. Der Tanda vor uns rieb sich die Hände und sah einen nach dem andern an.

"Danach fängt eure Geschichte an! Besser gesagt deine!", wohl wissend sah er mich an.

Was kam als nächstes?

 

"Die Sternenfrau rettete also ihren Enkel und verschwand mit ihm in den Tiefen des Zwergenwaldes im Norden! An der Stelle, wo ihre Magie frei war, bildete sich im Laufe der Jahre ein riesiger Busch aus Gardenien. Ein Wanderer aus einem nahen Dorf fand den Busch und pflückte ihn für den nahenden Königsball, wo er die Pflanze dem neugeborenen König Reginald überreichen wollte. Als er am Abend am Ball mit der schönen Blume ankam, bewunderten ihn die anwesenden Gäste. Eine solche Blume hatten sie noch nie gesehen. Normalerweise wuchs diese auch im Süden des Landes und nicht im Norden. Als der kleine König mit seinen zwei Tagen das Gewächs erblickte staunte er nicht schlecht und quiekte laut Erzählungen laut auf. Doch als die damalige Königin ihm eine der Blumen hin hielt, übertrug sich die in den Blumen lungernde Magie auf den kleinen Jungen. Laut der Legende erfüllte ein gleißendes Licht in dem Moment den Ballsaal. Alle Gäste waren still und sahen zu wie ein neuer kleiner Stern erwählt wurde. An seinem 17. Geburtstag entdeckte der junge Prinz seine Kräfte und schuf mit ihnen Gutes. Sein Land sollte von Frieden und Freuden durchzogen werden und so war es. An dem Tag seiner Krönung, sollte er sich ebenso eine zukünftige Königin auswählen, doch anstatt eine der Prinzessinnen zu nehmen, lief er aus dem Trubel heraus und verbrachte den Abend damit die Sterne zu betrachten, bis eine der Dienstmägde kam und ihm Gesellschaft leistete. Sie verbrachten die Nacht gemeinsam und am nächsten Tag, war des Königs Entscheidung getroffen. Er wollte keine andere Frau als die Dienstmagd seiner Mutter und so nahm er Natana zur Frau. Sie liebten und ehrten sich, Jahrzehnte. Doch das Volk verlangte einen sicheren Erben des Thrones und so versuchten sie ein Kind zu bekommen, doch scheiterten. Bis eines Tages ein Mann ins Schloss kam. Shui Lou war sein Name. Er hatte früh angefangen die Geschichte der Sterne aufzuschreiben und zu erzählen!", der Tanda lächelte, als er sich selbst erwähnte, "Der Mann war erstaunt von der Schönheit der Königin und verliebte sich in sie. Der König bekam von all dem nichts mit, stattdessen befragte er den Weisen wieso seine Frau keine Kinder von ihm gebar. Und so stellte Shui die Diagnose, dass die Königin unfruchtbar war und niemals Kinder bekommen könne. Das Königspaar war gekränkt und traurig und hofften auf das Verständnis dees Volkes. Doch hoffen, hieß nicht wissen. Das Volk war wütend, der König versuchte es zu beruhigen, doch dies gelang ihm nicht und so kam es zu Unruhen in seinem Land. Shui wollte dem Paar helfen und erzählte ihnen die Legende des Sternenmädchens, von ihren Kräften und ihrer hilfsbereiten Art. Dem König wurde klar, dass er vielleicht seiner Frau helfe konnte und so versuchte er ihr mit seiner von der Gardenie gegebenen Kräften zu helfen. Ein Jahr nach diesem Vorfall, bekam die Frau des Königs die Nachricht, dass sie schwanger war. Ein Junge sollte es werden, ein stattlicher starker Mann mit dem Herzen eines Sterns. Das Ehepaar war unendlich glücklich und luden Shui zu der Taufe des kleinen ein. Vincent sollte er heißen, sein Patenonkel, Shui Lou war überglücklich. Aus Freude und Dankbarkeit schenkte der König dem älteren Mann einen Teil seiner Kräfte. Er ernannte ihn zum ersten Tanda des Wassers. Ein Sternzeichen geprägt von dem Zeichen des Wassermanns, er sollte die königlichen Schriften im unteren Teil des Schlosses führen und die Zauber für den Schutz seines Patenonkels ausführen. Der Tanda erwählte weitere weise Sternzeichen und sorgte mit ihnen für den Schutz des Schlosses. Nach weiteren Jahren gebar Natana ein weiteres Kind, Aveline. Sie sollte die Trägerin der Südkrone sein, während sich ihr Bruder um das Königreich des Nordens kümmerte. Als Kinder waren die zwei unzertrennlich. Sie tobten im Schloss und stellten immer wieder neue Sachen an. Ein glückliches Kinderleben hatten sie. Sie schworen sich sogar in einer Höhle unter dem Schloss für immer aufeinander aufzupassen und nie den jeweils anderen im Stich zu lassen. Eines Tages spielten sie verstecken, Aveline war mal wieder im Gemach ihres Vaters obwohl sie dies nicht durfte und Vincent suchte sie. Als er sie fand erklärte er ihr nochmals die Haus regeln, aus Spaß. Und plötzlich entdeckte Ave ihre Kräfte. Vincent wusste schon früher zu was er fähig war, aber er unterdrückte seine angeborene Macht. Ihr Vater kam und schimpfte, bis er erfuhr was passiert war. Ab diesem Tag änderte sich alles! Aveline wurde zum neuen Liebling ihrer Eltern und Vincent zog sich immer mehr zurück. Schatten zogen auf und streckten ihre langen Finger nach dem Königsschloss aus. Vincent bemerkte die Unruhe im Dorf vor dem Schloss und lief in die Wälder in Richtung des schwarzen Meeres, bei den Finsterfelsen angekommen entdeckte er die dunklen Wolken. Aveline suchte ihren Bruder, doch sie kam zu spät, denn ihr Bruder war bereits in den Fängen der Dunkelheit. Sie versuchte ihn mit ihrer Macht zu retten, doch seine Eifersucht war stärker. An diesem Tag nahm der Schattenkrieg seinen Anfang und der Schattenlord erwachte.“

Eine Seele, eine Hoffnung!

 

 

Shui nahm einen kleinen Schluck von seinem nun kalten Tee und blickte uns in die Augen, ehe er weitersprach: „Aveline floh also vor ihrem nun nach Rache gierenden Bruder und rannte ins Schloss zurück, wo sie ihren Vater über die derzeitige Situation informierte. Doch dieser glaubte ihr nicht und schickte sie in ihr Zimmer. Vincent plante in der Zeit einen Angriff auf das Königsschloss und das davor liegende Dorf Calais. Aveline bekam die Schatten mit, welche ihrer Heimat immer näher kamen und errichtete mithilfe des 1.Tandas einen Schutzwall, welcher niemals fallen sollte. In der darauffolgenden Nacht, griff Vincent das Schloss an und brachte seine eigene Mutter mithilfe vom Gift einer Wüstenkobra um. Der König verfluchte seinen eigenen Sohn und war wütend auf sich selbst, da er seiner Tochter nicht geglaubt hatte. Aveline beschützte das Dorf und seine Anwohner und bekam deshalb erst am nächsten Abend mit, was mit ihrer Mutter passiert war. Sie war traurig und aus ihrer Trauer heraus rannte sie in den Wald, in die Nähe der Finsterfelsen und weinte. Sie schwor sich, ihre Mutter zu rächen und irgendwann ihren Bruder zu besiegen. Dort im Wald hörte sie einen Schrei eines großen Raubvogels. Sie hatte Angst, doch das brauchte sie nicht, denn der Vogel war ihr Gefährte der Sturmvogel. Er beschützte sie und blieb die Nacht bei ihr, bis er sie am nächsten Morgen zurück zum Schloss flog. Der Schatten-Krieg hatte begonnen. Anfangs wurde Deylian die Stadt am schwarzen Meer durch ein Biest vernichtet, welches Tarasque sehr ähnlich war, dann kam Cyriel und nach weiteren Jahren die anderen Städte rund um das Schloss. Die Schatten wüteten überall und schon bald hatten sie einen Weg in Avelines großes Südreich gefunden und auch das Königreich des Nordens wurde nicht verschont. Die Sternenprinzessin zog sich zurück in ihre geheime Höhle und versuchte von dort aus das Schloss und die umliegenden Städte und Dörfer zu schützen. Während Ave dies aber versuchte, überrannte ihr Bruder das Schloss und versteinerte seinen eigenen Vater. Er riss das Schloss an si h und schickte seine Schatten aus um die Bewohner der Dörfer und Städte in Angst und Schrecken zu versetzen. Vincent verbannte die Tandanen in die weiten Ferne der Wälder und verfluchte das Land. Nie mehr, sollte etwas auf dem sonst fruchtbaren Boden wachsen. Keine Blume, kein Baum, nicht mal mehr ein Grashalm sollte den Erdboden durchbrechen und sich zeigen. Vincent stieß weiter ins Land vor und fand die Höhle seiner Schwester, sie versuchte mit ihm zu reden, ihn zu besänftigen und Frieden zu schaffen, aber nichts funktionierte. Sie kämpften, bis Vincent die versteckte Macht in den Finsterfelsen fand. Schattenvogel nannte er das Geschöpf und hetzte es auf Ave. Diese aber wehrte seinen Angriff ab und holte ihren Gefährten, welcher sie beschützte. Der Kampf war aussichtslos. Keiner der Geschwister schien stärker zu sein als der andere, bis der Junge die dunkelsten Ecken der schwarzen Magie in seinen Gedanken fand und sie auf seine Schwester los ließ. Aveline befahl ihrem Sturmvogel in letzter Sekunde noch die Stadt der Sterne zu beschützen und die Menschen zu behüten, ehe ihr Bruder sie umbrachte. Ihre letzten Worte, sollen pure Rache Gedanken gewesen sei, ihr letzter Blick soll gen Himmel zu den Sternen gerichtet gewesen sein und ihr letzter Gedanke, sollte ihrem Seelenverwandten gegolten haben, ehe sie an der Wand ihrer Höhle starb.“

 

„Traurige Geschichte!“, Dean senkte den Kopf und sah zu Boden.

„Ja das stimmt aber ohne sie, wärt ihr nicht auf der Welt. Ohne sie, würde es die Legende und Prophezeiungen über euch nicht geben! Ohne diese Geschichte, wäre alles anders gekommen!“, erklärte der Tanda. 

 

„Welche Prophezeiung über uns?“, hakte ich weiter nach und blickte aufmerksam zu meinem Bruder.

„Nun ja es gibt eine Legende die besagt, dass einst ein Wolf und ein Stern, sich erheben werden und mithilfe des gleißenden Lichtes eines Sternenmädchens die Dunkelheit zu Fall bringen!“, Shui sah von mir zu Dean und wieder zurück.

„Also werden wir es schaffen?“, euphorisch blickte mein Bruder wieder auf.

„Es ist eine Legende, genau wissen tut es keiner! Es gibt nur noch zwei lebende Sterne, Kyle und ein weiterer Junge in einem Dorf hier in der Nähe. Seine Magie ist nicht stark, aber effektiv. Seine Macht ist geteilt, denn er ist wie unser Kyle hier ein Halbwolf. Ich weiß nicht wer genau gemeint ist und ob ihr es wirklich schafft, aber diese Legende sagt dies eben aus!“, erklärte Shui.

„Moment! Aber du sagtest doch eben, dass wir gemeint sind!“, erschrocken stand Dean auf, „Was wenn wir es versuchen und scheitern! Nein Sterben!“

„Sterben werden wir so oder so!“, erklärte ich gleichgültig.

„Ich hoffe, dass ihr gemeint seit! Wer soll denn sonst gemeint sein, ich meine… zu wem sollte Aveline denn sonst noch kommen, außer zu dir?“, Shui sah mich direkt an und ich zuckte mit den Schultern.

„Ihr seit echt Sturköpfe!“, der ältere Mann seufzte und stand auf,„Ich hau mich aufs Ohr! Wir sehen uns morgen ihr zwei! Legt euch hin wo ihr wollt! Und schläft aus!“

 

„Shui!? Eine Frage! Was ist mit dem Schloss des Königs passiert?!“, rief ich ihm hinterher.

„Es ist ein Schloss geblieben!“, mit diesen Worten verschwand er im angrenzenden Gang.

 

 

 

Dort hinten war er. Hinter den Gebüschen funkelte er mich aus seinen eiskalten Augen an und wartete auf den Angriff.
Panisch schreckte ich auf. „Liont!“, schrie ich, als ich mich benommen aufsetzte und mich umsah. Ich lag nicht mehr in der Höhle bei Shui, auch nicht in meinem Bett in Ophelion, aber wo war ich.

Es ratterte in meinem Kopf, bis ich bemerkte, dass sich das Gras neben mir bewegte.

Mein Pullover klebte an meinem mit Schweißperlen übersähten Körper, meine Haare standen wirr von meinem Kopf ab und meine Atmung ging immer noch hastig.

 

„Hey, beruhig dich!“, erschrocken drehte ich mich um und blickte auf Ave, welche sich ihre langen roten Haare nach hinten strich.

„Was? Was mache ich hier?“, benommen sah ich mich um und realisierte erst da meine Umgebung.

Eine Lichtung, wie jedes Mal wenn ich Avleline in meinen Träumen begegnete.

„Ich hab gespürt, dass du einen Alptraum hast und Angst bekommst! Da hab ich eingegriffen!“, erklärte sie.

„Angst? Ich habe keine Angst!“, schnaubte ich und stand auf.

Mein Rücken schmerzte und ich atmete Scheer aus und ein.

„Setz dich hin und ruh dich aus! Du hast einen langen Weg hinter dir und noch einen langen vor dir!“

Ich schüttelte nur den Kopf und lief in den nahegelegenen Wald. Vögel zwitscherten und Insekten flatterten um mich herum.

„Kyle Ghinor! Setz dich hin!“

„Woher kennst du meinen Nachnamen?“, murrte ich und drehte mich um.

Ihre hellen Augen funkelten mich erschrocken an. Selbst ich war von der Kälte in meiner Stimme überrascht. So forsch wollte ich nicht klingen aber mir stieg alles zu Kopf.

Wie sollte ich mit ihr umgehen? Sollte ich das Thema ansprechen? Wusste sie, dass sie meine Gefährtin war? Liebte sie mich?

„Tut mir leid, ich wollte nicht so barsch klingen!“, ich senkte mein Haupt und trat näher auf sie zu.

„Alles gut! Dir wird zur Zeit alles zu viel! Das verstehe ich! Aber bitte…ruh dich aus, wenigstens 10 Minuten!“, Ave sah mich liebevoll an, ehe ich die Schultern hängen ließ und rücklings ins Gras fiel.
Lächelnd streckte ich den Arm aus, damit sie sich an mich kuscheln konnte, wenn sie wollte.

„Was wird das?“, schmunzelnd kam sie näher und stellte sich über mich, um mich von oben zu betrachten.

„Komm her!“, ich setzte mich auf, legte meine Hände auf ihre Taillie und zog sie zu mir runter, damit sie auf meinem Schoß saß.

„Was…das war gemein! Du hast noch nicht mal um Erlaubnis gefragt!“, empört blickte sie mir tief in die Augen.

„Hast du denn etwas dagegen?“, flüsterte ich nur und spürte wie mein Herz anfing zu rasen. Sie machte mich verrückt mit ihren Augen, ihren Haaren, welche sie nervös hinters Ohr strich und ihrer Atmung, welche sich zu beschleunigen schien.

Nachdenklich legte sie den Kopf schief, ehe sie ihn schüttelte und mich mit ihren kleinen Händen zurück aufs Gras drückte.

 

„Und jetzt?“, fragend sah ich sie an.

Sie zuckte nervös mit den Schultern und fuhr sich durchs Haar.

Mit meinen Sinnesfäden strich ich über ihren Kopf und versuchte herauszufinden an was sie dachte, aber ich kam nicht zu ihr durch.

„Ihr seit bei Shui, oder?“, versuchte sie von ihrer aufkommenden Unruhe abzulenken.

Ich nickte.

„Hast du das Büchlein gefunden?“

„Ja hab ich, wieso?“, meine Augenbrauen zogen sich zusammen.

„Es war ein Zeichen von mir…ich… Egal! Du musst zurück!“

 

 

Noch ehe ich reagieren konnte wachte ich schwer atmend auf.

Mein Kopf ratterte. Sie hatte mir das Buch hingelegt. Aber zu welchen Zwecken? Damit mir klar wurde was Liebe ist? Damit ich selbst lieben konnte?

 

„Na auch mal wach du Schlafmütze?“, Dean grinste mich an, kam auf mich zu und wuschelte mir durch die Haare.

„Hast du deine Zukünftige getroffen oder warum grinst du wie ein Lurch der zu viel Eis gegessen hat?“, neckte er weiter.

„Sie war da, ja aber…es war komisch!“

„Du weißt, dass sie in dem Sinne dir gehört, da ist es normal, dass das Gefühl komisch ist!“, erklärte er und lief zu Shui, welcher etwas aus der Feuerstelle hob.

„Ich habe mir in früher Stunde erlaubt Proviant für euch einzupacken, ebenso Waffen die herum lagen bei mir und frische Klamotten, eure sind ja alle verdreckt!“, lächelte Shui, ehe er eine Kelle voll mit Asche aus dem Feuerplatz fischte.

„Danke Tanda!“, erklärte ich und stand auf, um mir die Beine zu vertreten.

Draußen vor der Höhle schien die Sonne mit ihrer vollen Kraft. Wärme breitete sich sofort aus, als ich ins Freie trat und mich umsah.

Der Greif lag im Schatten, neben ihm stand mein Phönix und vor ihnen zupfte das Pferd einige der fast toten Kräuter weg.

„Shui? Wenn alles tot ist, wo kommt dann das Laub her? Und diese Kräuter?“, rief ich ins innere seiner Behausung.

„Guck dir die Höhle von außen mal genau an!“, erklärte er nur und stellte sich neben mich in die Sonne.

Seit Wochen schien der große Himmelskörper wieder richtig, seine zwei Geschwister, waren wie sonst auch nicht zu erkennen. 

 

Ich lief an der Felswand auf und ab und tatsächlich, Shui hatte recht! An einer unauffälligen Stelle erkannte man bei genaueren hinsehen eine Rune und darunter ein filigran eingemeißelter Spruch.

„Die Liebe ist wie Feuer, fütterst du sie mit Taten, wie ein Feuer mit Holz, brennt sie Ewig und erlischt niemals!“, las ich laut vor. 

„Diesen Spruch hat mir damals die Mutter von Aveline ans Herz gelegt. Seitdem ist er wie ein Zauber der diese Höhle schützt und ebenso die Bäume in der Umgebung ein wenig am Leben erhält. Wie die Liebe die Liebenden auf dieser Welt!“, lächelnd trat er zu mir und sprach weiter, „Versteck dich nicht vor deinen Gefühlen für Aveline! Zeig ihr deine Liebe, denn irgendwann wird es zu spät sein und du wirst es bereuen ihr niemals deine Liebe gestanden zu haben!“

„Shui? Das sagt sich so leicht!“

„Ich weiß, aber das schaffst du!“

Ich atmete tief durch und straffte meine Schultern wieder.

„Was ist das eigentlich für eine Rune?“, vorsichtig strich ich mit den Fingern über die Rillen im Gestein.

„Die Rune der Liebe, eine Machtrune. Es gibt viele von ihnen! Die alten Wikinger haben sie einst mit ihren Stammesältesten erschaffen. Jede Rune hat eine eigene Bedeutung und Wirkung auf die Umgebung!“, verständnisvoll nickte ich.

„Das erklärt so einiges!“

„Himmel!!“, schrie Dean plötzlich von innen, „Wer hat den Zwerg hier sitzen gelassen?!“

Shui lachte nur schallend auf und deutete mir an draußen zu bleiben.

Ich zuckte mit den Schultern und lief weiter draußen umher.

„Du sagtest heute Nacht dürfte ich dir die Geschichte erzählen!“, meldete sich eine Stimme aus meiner Hosentasche.

„Verzeih Büchlein! Ich hatte es vergessen!“

„Vergessen? Aber dein Kopf ist noch angewachsen oder was?“, machte sich das braune Buch über mich lustig.

„Ähm ich denke schon, also ich hoffe es doch!“, erklärte ich.

„Mach dich nicht über mich lustig!“

„Ich doch nicht!“, grinsend holte ich das Buch aus meiner Tasche und legte es vor mich auf den Boden.

 

Verschieden und doch so gleich

 

 

„Ich höre dir zu! Du kannst also beginnen zu erzählen!“, erklärte ich dem kleinen Buch und setzte mich erwartungsvoll im Schneidersitz hin.

 

„Es war einst, in einem anderen Land als Sonne und Mond sich trafen. Beide verliebten sich sofort ineinander. Ein Blick und es war um soe geschehen. Keiner wollte mehr ohne den jeweils anderen sein. Doch es gab einen Haken. Schien die Sonne, so war der Mond nicht zu sehen, stand der Mond allerdings am Himmel, war der große Licht bringende Himmelskörper nicht an seinem Platz. Nur einmal im Monat trafen sie einander, am Tanustag. Dem längsten Tag im Monat. An jenem Tag versuchten sie so nah zusammen zu sein wie es nur ging und die Zeit miteinander auszuschöpfen. Bis eines Tages beide bemerkten, dass die Sonne den Mond mit ihrer Nähe schwächte, ebenso anders herum. Die Wärme der Sonne dämmte die Kälte des Mondes ein und so konnte dieser nicht die Meere und Seen der Meerjungfrauen mit Energie ausstatten. Der Licht bringende Himmelskörper spendete nicht genügend Wärme und so gingen alle Pflanzen binnen eines Tages ein, ohne die nötige Hitze. Die zwei Verliebten wussten, dass es so nicht weiterging und so schlossen sie einen Pakt mit den Sternen, diese würden sie ab sofort für einen Tag im Monat in Menschen verwandeln, ohne Magie und jegliche Kraft. Die Sonne wurde zu einer wunderschönen jungen Frau mit langen blonden Haaren und strahlend gelben Augen. Der Mond allerdings, verwandelte sich in einen stattlichen jungen Mann mit blauen Haaren und stechend eisblauen Augen. Einmal im Monat sahen sie einander ohne das Gleichgewicht der Erde und der anderen Planeten zu stören. Sie schworen sich, die Ewige Liebe und besiegelten diesen Schwur mit einem Schloss, welches sich am Tanustag in einen Palast verwandelte in dem die beiden für eine Nacht wohnten. Sunandria wie sich die Sonne auch nannte bekam von ihrem Geliebten eine Tochter, welche sie traditioneller Weise Sonne taufte und voller Liebe am Himmel groß zog. Eines Tages, am 19. Geburtstag des Mädchens verschwand sie in einen anderen Teil des Universums und fand einen anderen Planeten, welchen sie ebenso Erde nannte. Ihre Macht war stärker als die ihrer eigenen Mutter und sie wusste eines Tages würde auch sie ihren Gefährten finden, denn die Liebe war für jeden da.“

 

Gebannt hörte ich der Geschichte zu und war erstaunt, wie sie mich fesselte.

„Ein Schloss der Liebe“, schoss es mir aus dem Mund.

„Ja und es war wahre Liebe, wie die von Aveline und dir!“, stellte es fest und flatterte mit dem Seiten.

„Wie kannst du dir da so sicher sein?“, kopfschüttelnd lehnte ich mich nach hinten an einen Baum.

„Es ist einfach so! Sie ist deine Seelenverwandte, wie ich dein Gefährte! Nur bei uns ist es etwas anderes und doch irgendwie dasselbe!“, schallte die Stimme des Phönix durch meinen Kopf.

Ich seufzte und atmete nochmal tief durch, ehe ich zu der großen Eiche vor mir sah.

 

„Wer hat das Vieh denn her gebracht?“, beschwerte sich eine hohe Stimme hinter mir.

Erschrocken drehte ich mich um entdeckte aber niemanden.

„Hallo? Guck doch mal nach unten du Pilz schluckender Bitzebub!“, rief die Stimme nochmals wütend aus.

Schmunzelnd senkte ich meinen Blick und sah in grüne wachsame Augen.

„Wer bist du denn?“, ich legte den Kopf schief und sah das Kerlchen genauer an. Eine halbe Portion von Wicht würde aber eher passen.

Aus einem riesigen übergroßen Hut, welcher mit einem verdorrten Birkenblatt geschmückt war lugten graue strubbelige Haare heraus. Seine buschigen Augenbrauen rahmten sein faltiges von der Zeit gezeichnetes Gesicht ein und hoben die lange Narbe an seiner rechten Schläfe deutlich hervor.

„Was guckst du denn so Bitzebub?“, lachte er und richtete sein braunes flattriges Hemd, ehe er auch seine schwarze Weste wieder richtig zog und sich gerade hin stellte, „Elfric mein Name und wie heißt du Jungchen?“

Lächelnd ging ich in die Knie und sah auf seine mit Fell bedeckten Beine. Hufe lugten unter den langen grauen Haaren hervor und ließen mich verdutzt drein Blicken.

„Ich bin Kyle. Was bist du?“, fragend sah ich ihn an.

„Ein Höhlenkobold!“, antwortete Shui, welcher zu uns ins Freie trat und Elfric eine Hand voll Eichen hin hielt.

„Ich dachte die gibt es nicht mehr!“, stellte ich fest.

„Schon, doch die Schatten können uns nicht vertreiben!“, lächelte der kleine Kerl mich an, „Du bist also der Sternenjunge!“

Ich nickte nur und nahm eine Eichel entgegen, die mir der Kobold anbot, „Kann man die wirklich essen?“

„Ja knack sie mit den Zähnen und dann fein essen! Ist gesund!“, erklärte er und führte es mir vor.

„So wie es mir dein Bruder gesagt hat, weißt du also von deiner Verbundenheit zu Aveline! Dann brauch ich dich darüber nicht mehr informieren! Aber da wäre noch was anderes! Moment!!“, suchend kramte er in seiner Umhängetasche und schmiss den Inhalt einfach auf den Boden.

„Welch eine Unordnung! Bei mir ist alles auf dem rechten Fleck!“, beschwerte sich das noch immer draußen liegende Buch, welches von einer kleinen silbernen Brosche getroffen wurde.

„Bei dir ist es auch logisch, dass alle Buchstaben da sind wo sie hingehören! Keiner will Wörtersalat lesen!“, erklärte ich und betrachtete weiter den Kobold.

Seine knollige Nase legte sich in tiefe Falten als er einen weiteren Ansteckknopf aus der Tasche holte.

„Wo ist es denn? Wo hab ich es nur hin!“, meckerte er mit sich selbst herum und kratzte seinen Kopf.

„Ich weiß es leider nicht!“

„Bitzebub da ist es doch!!“, rief er freudig und hielt ein kleines silbernes Schloss in die Höhe.

„Und was ist das nun genau?“, fragte ich und blickte zum Höhleneingang aus dem nun Dean trat und lachend in die Runde sah.

„Na Elfric du Schelm?“, neckte er den kleinen Kerl.

„Halt den Rand! Das hier ist euer nächstes Ziel!!“, lächelnd sah der Kobold mich an und streckte mir stolz das Schloss entgegen.

„Und was genau ist deiner Meinung nach unser nächstes Ziel?“

„Na das Königsschloss und dessen Labyrinth!“, lächelte er weiter.

„Das soll…. Moment! Kyle! Wir hatten die ganze Zeit recht!!“, schrie Dean auf und sprang jubelnd in die Höhe. Auch ich sprang auf und hob Elfric gen Himmel.

„Himmel lass mich runter ich hab Höhenangst du Bitzebub!“, lachte er schallend auf.

„Oh… entschuldige!“, schnell setzte ich ihn ab und nahm das Schloss in meine Hand.

Kleine filigrane Muster woben sich um das Schlüsselloch und bildeten eine winzige Landschaft. Auf der Rückseite des Schlosses erkannte man bei genauerem Hinsehen den Königspalast, welcher inmitten einer riesigen Lichtung stand. 

„Ist es das was ich denke, was es ist?“, verwundert schnaubte der Phönix, ehe er mit seinem Fuß auf dem Boden scharrte.

„Ja Großer, das ist der verzauberte Palast der Königsfamilie nach dem wir schon die ganze Zeit gesucht haben!“, erklärte ich grinsend.

„Aber wie öffnet man es?“, schaltete sich Dean ein und setzte sich neben mich auf den trockenen Waldboden.

„Du bringst es zu seinem ursprünglichen Platz und dann öffnet sich das Schloss von selbst!“, erklärte der Sturmvogel, welcher sich ebenso zu uns gesellt hatte und das kleine Etwas in meiner Hand musterte.

 

„Also haben wir noch einen weiten Weg vor uns!“, stellte ich fest und strich mit meiner Hand durch meine Haare.

„Ja und ich werde euch begleiten!“, siegessicher stand der Kobold auf und schmiss seine Sachen, welche immer noch auf dem Boden lagen zurück in seine Tasche.

Dean prustete los: „Du willst uns begleiten?! Du bist doch nur im Weg!“

„Das hättest du nicht sagen sollen!“, spie ihn der kleine Kerl an und zog ein langes geschwungenes Messer aus seinem Gürtel, „Willst du Bekanntschaft mit meiner Klinge machen? Ich hab kein Problem damit dir deinen hübschen Hals aufzuschlitzen und zu verschwinden! Du wärst nur ein weiterer Gefallener dummer Krieger!“

„Auseinander!“, schrie Shui und riss den Kobold vom Hals meines Bruders.

Ich schluckte nur: „Elfric? Dean? Beruhigt euch bitte beide!“

„Na nun bist du still, was? Mit dieser Klinge habe ich mehr Schatten erlegt, wie du es jemals in deinem jämmerlichen Leben tun wirst!“

„Es reicht jetzt! Schluss! Aus!“, rief ich.

„Nag Norra!“, fluchte Dean in der Sprache unseres Dorfes.

„Beleidige mich noch einmal Windflüsterer und du kannst dich von deiner Zunge verabschieden!“

 

Der Tanda neben mir atmete tief durch, ehe er fragend in die Runde sah: „Wer möchte Tee?“

Ich drehte mich nur kopfschüttelnd um, schnappte mir das braune Büchlein und lief in den verdorrten Wald.

„Kyle warte!“, trabend kam mein Phönix an und stubste mit seinem Kopf gegen meine Schulter. 

„Was genau hat der Kobold gemeint mit Windflüsterer?“, fragte er neugierig in meinen Gedanken.

„Dean und ich stammen von einem Uralten Volk ab. Das Volk des Windes um genau zu sein. Wir besitzen keine Kräfte oder so, aber unsere eigene Sprache, welche kaum einer mehr kennt, daher nennt man die, welche die Sprache noch können Windflüsterer. Eigentlich ganz logisch aber aus Elfrics Mund hat es sich wie eine Beleidigung angehört!“, erklärte ich Schulterzuckend.

„Es sollte ja auch eine sein!“, meldete sich der Kobold zu Wort, welcher plötzlich neben mir lief, „Schließlich lass ich mich nicht als dummer Kobold abstempeln!“

„Hättest du meinen Bruder wirklich umgebracht?“

„Natürlich nicht! Aber er hat diese Lektion verdient! Er muss noch sehr viel lernen!“, lächelnd sah er mich an.

Erst da bemerkte ich, dass ich seine Eichel von vorhin immer noch in der Hand hielt: „Hier nimm du sie!“

Er schüttelte den Kopf: „Nein! Es war ein Geschenk von mir an dich! Sie soll wie ein Glücksbringer sein, der dich stärkt wenn du Kraft brauchst!“

Ich nickte nur.

„Lasst uns zurück gehen! Es wird dunkel!“, schaltete sich mein Gefährte ein und drehte auf dem Absatz um.

 

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Tag der Veröffentlichung: 17.04.2017

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