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Einleitung

Es war im Sommer 1997, als ich mit einigen Freunden beschlossen habe, an der Börse mitzumischen. Ohne jeden Plan orderte ich einige Werte – immerhin solche, die mir bekannt waren. Doch es half nicht viel. Kaum freute ich mich über die ersten zarten Kursgewinne und gewöhnte mich an den Gedanken, ohne harte Arbeit reich zu werden, ereignete sich im Herbst des Jahres ein Ereignis, das heute als Asienkrise in den Geschichtsbüchern zu finden ist. Vereinfacht ausgedrückt es handelte sich um eine Währungskrise in Südostasien (in Wirklichkeit waren die Probleme deutlich vielschichtiger).


Während China noch mit einem blauen Auge davonkam, traf es Länder wie Südkorea, Indonesien oder Thailand knüppelhart. Dort verloren die Börsen rund 40%. In Deutschland war es nicht ganz so schlimm, doch es genügte, um meine zarten Gewinne wieder einzustampfen.

Das Jahr 1998 verlief ganz genauso. Im ersten Halbjahr kämpfte sich mein Depot wieder ins Plus, doch erneut zog der Herbst einen dicken Schlussstrich unter meinen kleinen Erfolg: Erneut lag der Brandherd in Asien, aber nicht nur dort allein. Diesmal wurde ganz besonders Russland in Mitleidenschaft gezogen.


Viele Anleger verkauften ihre Anlagen (Aktien, Anleihen, aber auch den Rubel). Da der Rubel immer weiter fiel, musste der IWF einspringen, um eine drohende Weltwirtschaftskrise zu verhindern. Dennoch verlor der gerade erblühende russische Aktienmarkt viel mehr als die Hälfte seines Wertes. Korruption und Misswirtschaft waren weitere Gründe für die Krise.

Das ließ den Dax nicht unbeeindruckt: Innerhalb weniger Wochen sank der Index von rund 6200 auf 3850 Punkte, ein Verlust von fast 40%. Interessant ist, dass beide Krisen in Langzeitcharts nur noch als winzig kleine Korrekturen zu erkennen sind. Ich hatte damals jedoch einen völlig anderen Eindruck. Ich fühlte mich hin- und hergerissen wie ein Stück Treibholz im stürmischen Ozean.


Die Krisen von 2000 (bis hin ins Jahr 2003 natürlich mit Erholungsphasen garniert) sowie von 2007/2008 muss ich an dieser Stelle sicher nicht erneut aufwärmen. Sie hatten in ihrer Entstehung völlig unterschiedliche Ursachen, eines jedoch hatten sie miteinander gemeinsam: Ich war stets mit einem Großteil meines Geldes investiert und schaute dem Treiben teils fassungslos, teils schockiert, manchmal auch mit einer ungesunden Portion Sarkasmus zu.

 

Aus heutiger Sicht habe ich durchaus Erklärungen für mein dummes Verhalten: Ende der Neunziger hatte ich, was Aktien und Börsen anging, überhaupt keine Ahnung. Ich kaufte die Werte, die in den Magazinen und im Internet besprochen wurden. Auch bei der sogenannten Dotcom-Krise will ich ein Auge zudrücken. Wer diese Phase seinerzeit miterlebte, weiß, wie euphorisiert und gierig jeder Anleger war. Es war keine Kunst, mit irgendwelchen obskuren Unternehmen, die nie ein Produkt herstellten oder eine Dienstleistung anboten, innerhalb von Tagen oder zumindest Wochen 100 Prozent Gewinn zu machen. Warnende Stimmen gab es zwar, aber es wurde nicht auf sie gehört. Selbst mit der Deutschen Telekom waren hohe Gewinne machbar.

Erinnert sich noch jemand an das US-Unternehmen CMGI? Es war jahrelang ein absoluter Highflyer, eine Internet-Beteiligungsgesellschaft, die andere Unternehmen kaufte, aufpolierte und an die Börse brachte. Ich bin Ende der Neunziger bei knapp über 100 Dollar eingestiegen, während um diesen Wert bereits eine Euphorie wie einst bei den Beatles herrschte. Wie nicht anders zu erwarten stieg der Wert schnell bis über 200 Dollar an, dann folgten eine kurze Topbildung und anschließend die rasante Talfahrt, die nur von rudimentären Gegenbewegungen unterbrochen wurde. Letztlich verkaufte ich die Aktie bei deutlich unter 1 USD. Beispiele dieser Art gab es zuhauf, nicht nur in den Staaten, sondern auch in Deutschland.

 

Es war die Gier, die den unbedarften Anleger so handeln ließ. In dieser Phase gab es keinen Platz für klare Überlegungen. Die Gier schlug später um in Angst, schließlich in Panik. Das sind, glaubt man den Psychologieratgebern, die sich mit Aktien und Börsen beschäftigen, die einzigen Emotionen, von denen wir in Gelddingen beherrscht werden. Das damals relativ junge Internet war voll von Gurus, die haltlose Versprechungen machten; sie versprachen die 1000 Prozent Gewinne, wenn man JETZT einstieg, und sie drohten mit Verdammnis, wenn man es nicht tat.

Goldgräberstimmung, wohin man schaute. Leider war ich nicht derjenige, der die Schaufeln verkaufte, sondern letztlich wühlte ich nur in den Überresten jener Werte, die bereits verdammt dazu waren, ins Bodenlose abzustürzen. Ich wusste es nicht besser.

Mehr Verantwortung schreibe ich mir an meinen Verlusten während der Finanzkrise 2007/2008 zu. Schon Ende 2007 waren die Anzeichen für eine drohende Abkühlung deutlich sichtbar, aber ich vermied es mit Erfolg, aus meinen Fehlern zu lernen. Und so musste ich erneut teures Lehrgeld zahlen.

Im Anschluss jedoch dämmerte bei mir die Erkenntnis, dass es im Grunde fast egal ist, welche Einzelwerte man kauft: In einem gesunden Marktumfeld steigen sie alle, abgesehen von jenen Unternehmen, die hausgemachte Probleme haben. Umgekehrt ist es demnach genauso: Ist die allgemeine Wirtschaftslage negativ, dann verlieren auch die guten Werte.

Meine Gedanken kreisten fortan um die Frage, wie ich den Zustand des Marktes erkennen kann, um rechtzeitig Maßnahmen zum Schutz meines Kapitals zu ergreifen. Ich hangelte mich von Punkt zu Punkt, verwarf jede Menge Ansätze, kam unter dem Strich aber voran. Dennoch dauerte es noch einige Jahre, bis ich ein tragfähiges System erarbeitet hatte, welches jedoch bis heute stets einem gewissen Wandel unterworfen ist. Das Fundament jedoch steht, und es ist solide.

Es bedeutet, dass ich in so mancher Krise zumindest einen Teil meiner Aktien verkaufen werde, und zwar dann, wenn die Indikatoren, von denen ich einige auf den folgenden Seiten vorstellen werde, auf Rot umspringen und Alarm schlagen. Nicht jede Krise ist ein Crash. 1997 war im Nachhinein nicht so schlimm wie 2001, 2011 war nicht so schlimm wie 2008.

Man hätte diese Krisen auch gut mit seinen Investments überstehen können. Nur: Wie kann man als Kleinanleger vorab, also am Anfang eines flächendeckenden Kursrückgangs, erkennen, ob es nur eine harmlose Korrektur oder ein ausgewachsener Crash ist? Dies weiß man immer erst hinterher.


Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, ich verkaufe sicherheitshalber lieber rechtzeitig zu noch akzeptablen Kursen als zu spät, wenn die Börsenlandschaft aus ausgebrannten Ruinen besteht. In solchen Zeiten ist es mir lieber, ich kann mich verkrümeln, bis die Situation sich entspannt. Irgendwann steigen die Märkte wieder, und was gibt es Schöneres, als

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: K. K. Frank
Bildmaterialien: siehe Angaben im Text
Cover: Bild von Peggy und Marco Lachmann-Anke auf Pixabay
Tag der Veröffentlichung: 16.01.2022
ISBN: 978-3-7554-0553-5

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