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Für die meisten Menschen ist Liebe zuerst einmal, das sich Hingezogenfühlen zu anderen Menschen und wird mit Glück assoziiert. Es gibt die romantische Liebe, die freundschaftliche Liebe, Elternliebe und noch viele andere Spielarten davon. Man kann auch die Kunst, die Musik oder seine Arbeit lieben. Aber auch die Liebe zu etwas Unsichtbarem ist möglich, zum Beispiel die Liebe zu einem Gott, der Verbindung zu einem Glauben.
Und das ist einer der Punkte an dem die Liebe zum Thema der Philosophie wird. Wir verbinden sie mit Ethik. Liebe wird zum Beispiel bei den Christen zu einer Art Grundhaltung. Ein weiterer ist das vollkommene “Aufgehen” in der Liebe. Der Moment in dem man die Vernunft ausschaltet und sich über alle Zweifel hinwegsetzt.
Liebe wird vielfach als Ordnungsprinzip für das Leben angesehen und als Bereicherung des menschlichen Wesens.

Platon steigerte das Ganze, indem er in Symposium Liebe als Beweggrund für tugendhafte Handlungen aufführt. Die Liebe sei das oberste Prinzip des ganzen Seins, weil das Gute die höchste Idee sei. Nur durch die Liebe könne der Mensch über sich hinauswachsen.
Aber nicht nur Platon hat sich an einer Definition von Liebe versucht. Augustinus meint, man könne nur so weit sehen wie man lieben kann. Hermann Hesse schrieb, dass nur Liebe dem Leben einen Sinn gibt und je mehr man liebe desto größer wäre der Lebenssinn. Ähnliches führt auch Friedrich Hölderlin an, indem er den liebenden Menschen als in der Sonne lebend und den, der dies nicht kann als allein und dunkel lebend bezeichnet. Franz Kafka sieht sein Leben “gesteigert, erweitert, bereichert” und Novalis bezeichnet Liebe als Ideal jeder Bestrebung.
Es gibt viele Gemeinsamkeiten in den Definitionen und auch wenn man heute auf Stimmenfang gehen würde, würde man wohl nicht zu allzu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Das, was stark auffällt, ist dass Liebe in den meisten Definitionen als selbstlos betrachtet wird. Es ist von „sich Aufgeben“ die Rede, von „sich Opfern“ bis hin zum „Sterben für den geliebten Menschen“. Tagtäglich begegnet man in Filmen, in Büchern und in Songtexten diesem Motiv ohne es sonderlich zu hinterfragen. Sogar Platon schreibt dass wenn man jemanden liebt, man sogar für ihn sterben würde. Nur durch Liebe sei es möglich jemanden “dieses größtmöglichste selbstlose Geschenk” zu geben.

Doch ist die Liebe wirklich so selbstlos?
Nietzsche, der Liebe auch als jenseits von Gut und Böse bezeichnet hat meinte, dass Liebe und Habsucht gar nicht so ungleich sind. Er schrieb, dass der Liebende das Geliebte als seinen Besitz ansieht, den er mit niemandem teilen möchte. Er will Macht über Körper und Geist und das Einzige sein, was derjenige liebt und begehrt.
Es ist nicht ungewöhnlich, wenn ein Liebender, die von ihm geliebte Person nicht mehr loslassen und schon gar nicht teilen will. Wie oft reden wir über Eifersucht und wie oft tauchen ähnliche Motive in Film und Musik auf, im alltäglichen Leben? Haben wir nicht insgeheim Verständnis, wenn jemand aus Eifersucht sich unsinnig verhält, oder irgendwelche Dummheiten begeht?

Wenn man Nietzsches Worten nur zu einem Teil Glauben schenkt, so muss man auch weitergehen und daraus folgern, dass die tugendhaften selbstlosen Taten aus genau dieser Habsucht heraus geschehen. Und an dem Punkt ist dann auch die Frage nicht weit, wie gut diese Taten wirklich sind, wenn sie aus einem so niederen Prinzip wie der Habsucht entstehen.


Verweise:

Platon. Symposion. 178a-180b
Augustinus. Confessiones 2. 13
Hermann Hesse. Nur wer liebt, ist lebendig
Friedrich Hölderlin. Hyperion oder der Eremit in Griechenland. 1,78
Novalis, Sophie, oder über die Frauen
Friedrich Nietzsche. Jenseits von gut und Böse. Aph. 153
Friedrich Nietzsche. Die fröhliche Wissenschaft. §14

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Tag der Veröffentlichung: 27.01.2009

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