Ich bin Aslan, Aslan der Löwe vom Birkenhof, ein Bouschnaubri, das heißt, ein Mischling aus Bouvier, Schnauzer und Briard.
Aslan, so hieß ich schon von Geburt an. Den Titel, „Der Löwe vom Birkenhof“, den musste ich mir erst mühsam, mit harter Hundearbeit, verdienen.
Hundearbeit, die sollte gefördert werden, finde ich. Meine Menschen, Mama und Karl, machen das auch ganz gut. Jeden Tag muss ich mir meinen Titel und mein Futter erarbeiten.
Gestern zum Beispiel, da waren wir in Düsseldorf auf der Messe. Wie immer haben wir auf dem Gelände mit unserem Wohnmobil geparkt und übernachtet. Das war spannend! Es gab so viele neue Zeitungen zu lesen, so viele neue Hunde zu entdecken und die Hündinnen erst! – Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Mama hat mich morgens wie immer mit zum Bäcker genommen. Ich liebe den Weg, den schon so viele Hunde vor mir gegangen sind, deshalb versuchte ich auch gestern alles mit Nase, Augen und Ohren gleichzeitig aufzunehmen. Ich war aufgeregt und auch ein wenig auf der Hut, denn als erfahrener Rüde im besten Mannesalter weiß ich ja nie, was da so auf mich zukommen kann, aber der Feind kommt meist unverhofft und von oben!
Auf dem Weg sind wir zwei Briards begegnet. Es waren Rüden, so wie ich. Majestätisch schritten sie an mir vorbei und würdigten mich keines Blickes. Diese Ignoranz ärgerte mich kolossal, wie gerne hätte ich denen gesagt, dass ich der Chef auf dem Platz bin, aber Mama war nicht einverstanden. Mit einem deutlichen „Bei Fuß!“, wies sie mich in meine Schranken und mir blieb nichts, als zu hören, wenn ich keinen Ärger mit ihr haben wollte.
Enttäuscht trottete ich neben ihr her, bis mir ein verführerischer Duft in die Nase stieg. In meinem Kopf drehte sich alles, ich sah vor lauter Sternchen und Kreisen, von denen meine Tierärztin immer behauptet, es seien Herzchen, meine Umwelt nur noch undeutlich. Aber auch diese nette, duftende Pudeldame durfte ich nicht begrüßen, dabei war sie ganz, ganz reizend. Sehnsüchtige Blicke halfen rein gar nichts, ich musste tun, was mir von meinem Zweibeiner gesagt wurde. Es war zum Verzweifeln.
Um die nächste Ecke kamen uns ein Chihuahua und ein Jack Russel entgegen. Sie kläfften mich vorlaut an. Grummelnd gab ich ihnen zu verstehen, dass ich noch nicht gefrühstückt hatte und durchaus gewillt war, das auf der Stelle zu ändern. Das zeigte Wirkung und sie verschwanden schnell in die entgegengesetzte Richtung.
Beim Bäcker kaufte Mama drei Brötchen und eine Zeitung. Ich war mittlerweile angespannt bis in die Haarspitzen, denn nun war ich dan, das wusste ich aus jahrelanger Erfahrung. Kaum hielt Mama die Zeitung in den Händen, hatte ich sie auch schon ins Maul genommen und zog zielsicher von dannen.
Zeitung tragen ist gar nicht so einfach, wie es aussieht. Um mein Gleichgewicht zu halten, muss ich meinen Schwanz in die Höhe strecken, das ist gleichzeitig für alle anderen Hunde ein eindeutiges Zeichen, mir nicht zu nahe zu kommen. Den Kopf darf ich dann nicht mehr zu tief halten, sonst fällt mir die Zeitung aus dem Maul. Auch Schnüffeln muss ich nun lassen, aber Beinchen heben, Beinchen heben kann ich auch mit Zeitung!
Jetzt hatte ich keine Zeit mehr nach den anderen Fellnasen zu gucken. Ich musste auf meine teure Beute achtgeben. Bei jedem Schritt konzentrierte ich mich von Neuem. Einmal wäre sie mir fast aus dem Maul geglitten. Schnell packte ich erneut zu, wobei ein wenig Speichel aus meinem Maul tropfte und ein kleiner Riss entstand. Dem Dackel, der mir todesmutig meine Beute streitig machen wollte, ging ich geschickt aus dem Weg.
Am Wohnmobil angekommen, überreichte ich Karl stolz mein Geschenk. Er grinste über das ganze Gesicht, als er die Zeitung aufschlug. „Du hast der jungen Dame auf S. 1 das Brüstchen angeknabbert!“, lachte er und gab mir ein dickes Dankeschön-Leckerli.
Texte: Fotos und Text:
(c) Buggi Houben-Hagenbeck
Tag der Veröffentlichung: 09.09.2011
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