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»Ist das wirklich das, was du willst? Ich meine, ist es dir wirklich ernst damit?« Ungerührt, als ging mich die ganze Situation nichts an lehnte ich am Fenster und betrachtete das reflektierte Ebenbild meines Vaters im Glas. Nur das Geräusch von den zerspringenden Regentropfen auf der Scheibe und mein eigener Herzschlag ertönten im Arbeitszimmer wieder.

Sabik saß ruhig, ohne die geringste Regung im Sessel hinter dem Schreibtisch, sein Blick ruhte auf das verlebte Gedichtsband, dessen Ecken bereits vergilbten, in meinen Händen. Er ließ sich Zeit, um seine Worte zu formulieren. Als Vampir spielten die sich wie Perlen aneinanderreihenden Sekunden keine Rolle für ihn, doch mir kam jede Einzelne von ihnen wie eine kleine Ewigkeit vor.

»Sieh mich wenigstens an, das schuldest du mir.« Schließlich ruinierte er gerade mein Leben. Wer hätte gedacht, dass ein paar simple Worte alles verändern konnten?

»Anabelle, ich habe lange darüber nachgedacht. Aber ich komme immer wieder zum selben Schluss. Es ist an der Zeit für dich zu gehen. Glaub mir, so ist es besser für uns alle. Besser für dich.« Der Blick seiner kohlefarbenen Augen, in denen sich nicht einmal das Licht des Kronleuchters zu verirren wagte, wanderte höher, schaffte es aber nicht über den kleinen silbernen Anhänger in Form eines Libellenflügels meiner Halskette hinaus.

»Für mich oder für Stella?« Ich machte nie einen Hehl daraus, dass ich sie nicht mochte. Seid sie vor einem halben Jahr, als Geliebte meines Vaters, zum ersten Mal einen Fuß in dieses Haus setzte, machte sie nichts als Ärger. Sie verletzte ganz bewusst mit Worten, spann Intrigen und verscheuchte jegliche Konkurrenz um seine Zuneigung. Das mächtige Oberhaupt der französischen Clanlinien sollte ganz alleine ihr gehören. Nicht einmal vor seinem eigen Fleisch und Blut macht diese Hexe halt. Und das Traurige dabei? Sabik merkte nicht einmal, wie sie ihn manipulierte, um an mehr Macht, als ihr Zustand zu gelangen.

»Lass sie aus dem Spiel. Stella hat nichts mit meiner Entscheidung zu tun.«

Aber sicher half sie nach. Ich weiß nicht wie sie es schaffte ihn sosehr einzuwickeln, dass er blind für das wurde, was vor sich ging. Und wenn ich ehrlich war, ich wollte es auch gar nicht wissen. Unsere Beziehung bestand noch nie aus einem besonders innigen Vater-Tochter-Verhältnis und bisher glaubte ich es würde genügen, um es als Familienbande zu bezeichnen. Wie falsch ich doch lag.

»Mehr hast du nicht dazu zu sagen?« Ich wollte eine Erklärung und nicht nur eine Aufforderung. »Du wirfst mich wie einen räudigen Köter raus! Genauso wie meine Mutter.« Mein Magen zog sich unter Schmerzen zu einem faustgroßen Ball zusammen. Hitze begann sich durch meine Venen zu bahnen. Es war nicht fair von mir, ihm die Sache mit meiner Mutter vorzuwerfen. Doch er verletzte mich und ich neige dazu zu unfairen Mitteln zu greifen, um mich zu verteidigen. »Nach allem, was sie für dich getan hat!«

Vor dreiundzwanzig Jahren bestritt sie mit ihm das Ritual des Pharetra vitae. Geblendet von Liebe ermöglichte sie mir damit das Leben trotz seines toten Erbgutes. Doch diese Liebe hielt nur drei Monate bis nach meiner Geburt. Im Streit setzte er uns vor die Türe. Ohne Heim, Geld und mit einem Säugling auf den Armen stand meine Mutter Ancarbi vor dem Scherbenhaufen, der einst ihre Zukunft werden sollte.

»Mon Soleil ...«

»Nenn mich nicht so«, fauchte ich. Unter meiner Haut züngelten die ersten goldkupfernen Flammen meines Wesens auf. Bei starken Emotionen, wie Wut oder Angst zeigen sie sich, schlängeln unter und über meiner Haut. Wie zarte Bänder sehen sie aus und sind doch so gefährlich. Sie sind wie Nattern, die auf Beute lauern, um ihre giftigen Zähne in sie zu schlagen. Wenn sie dies tun, fordern sie ihren Tribut und wollen Haut und Stoff verbrennen, bis nichts als graue Asche übrig bleibt. Als Feuernymphe kämpfe ich ständig gegen meine gegensätzliche Natur. Zerstören und erschaffen. Verführen und besiegen. Etwas anderes will mein wahres Ich nur selten.

»Ich habe deine Mutter geliebt.«

»Bevor oder nachdem du ihr mich weggenommen hast?« Ich wandte mich zu ihm um.

»Anabelle« erhob er die Stimme.

»Sei still!« Ich wollte es nicht hören. In meinem Kopf wirbelten die Gedanken und jeder Einzelne so verletzend und schmerzhaft wie der andere. Einer stach besonders heraus und grub seine Fänge mit jedem Atemzug tiefer in meine Brust. »Sag mir Sabik, bin ich für dich nur eine Pflicht, die es bisher zu erfüllen galt?« Er nahm seine Angelegenheiten sehr ernst und bis auf die Sache mit Ancarbi erledigte er sie stets gewissenhaft. Ich weiß nicht, wie ich auf diesen Gedanken kam, doch er ließ mich nicht mehr los. Dies würde so vieles erklären, worauf ich all die Jahre eine Antwort suchte.

»Dein Flug nach London geht morgen um zwölf Uhr. Verpasse ihn nicht, Aizór Veleno wird dich dort erwarten«, sprach er mit müder Stimme bevor er sich, wie ein alter Mann aus dem Sessel hievte und ohne weitere Erklärung ging, um mich mit meiner zerbrochenen Welt allein zu lassen.

Das war es also? Das Ende von dem, was ich optimistisch als Familie bezeichnete. Erst nahm mir der Tod meine Mutter und nun entriss mir mein Vater das einzige Heim, das ich kannte. Tief seufzend kniff ich die Augen zu, während ich mir gleichzeitig so fest auf die Wangeninnenseite biss, dass der körperliche Schmerz, den seelischen für den Augenblick verdrängte. Unfähig mich zu rühren, blieb ich wie betäubt am Fenster stehen und lauschte dem sanften klopfen der Regentropfen.

In der Ferne sausten die Lichter der Autos wie kleine Glühwürmchen vorbei. Ich liebe Paris. Dort wurde ich groß. Verbinde gute, wie auch schlechte Erinnerungen mit der Stadt. Und dort, auf dem Cimetiére Montparnasse, fand meine Mutter ihre letzte Ruhestätte. Und nun sollte ich alles hinter mir lassen? Nur weil Sabik es so entschied?

Der Einband des Buches in meinen Händen fing Feuer, meine Flammen fanden ihr Ziel, um mit ihrem zerstörerischen Spiel zu beginnen. Erschrocken schmiss ich es zu Boden. Immer das Gleiche mit dem verdammten Feuer!

Das Foto, welches ich hinter der letzten Seite aufbewahrte, schleuderte heraus. Zerknittert und mit Flecken verunstaltete zeigte das Polaroid meine Mutter. Sie stand vor dem Eiffelturm, das lange kupferne Haar zu einem unordentlichen Knoten zusammengefasst und die Hände auf den gerundeten Bauch gelegt blickte sie den Fotografen lächelnd an. Auch wenn sie darauf glücklich wirkte, so erreichte das Lächeln doch ihre Augen nicht. Ob sie ahnte, wie das Schicksal in den Lauf ihres Lebens eingreifen würde?

Brennend füllten sich meine Augen mit den ersten Tränen. Ich fühlte mich alleine, so verdammt verlassen und ungeliebt. Ohne Rücksicht entrissen sie mich meiner Heimat, um mich haltlos, wie ein Baum ohne Wurzeln an einen fremden Ort, fern ab von allem was ich kannte auszusetzen.

Im Endeffekt gab es nur zwei Möglichkeiten. Ich blieb und kämpfte um meine Wurzeln oder ich ging, um sie anderswo neu zu entwickeln. Egal wie ich mich entschied, keine der Lösungen machte mich glücklich. Doch vielleicht war es für den Anfang gar nicht so schlecht, auf Abstand zu meinem Vater zu gehen und für eine Auszeit nach London zu fliegen. Ich könnte mich besinnen, zur Ruhe finden und darüber nachdenken, wie es weiter gehen sollte.

»Ich wünschte, du wärst hier«, ich hob das Foto auf und betrachtete es noch einen Augenblick lang. Es wurde Zeit zu gehen.

 

Hinter mir schob ich die Türe zum Arbeitszimmer leise ins Schloss zurück. Niemand sollte mir begegnen oder auf mich aufmerksam werden. All ihr falscher Trost, die unbedacht dahin gesprochenen Worte und mitleidigen Blicke brauchte ich nicht. Im Grunde meinten es die wenigsten ehrlich. In meinem kindlichen Jahren verstand ich dies nicht und schmollte oft darüber, doch inzwischen verstand ich. Im Laufe ihres langen Lebens erlebten die meisten Vampire ihre eigenen Dramen, welche sie die Situation in einem anderen Licht betrachten ließen oder sie für die Belange anderer gänzlich abstumpfte. Was für mich ein ausgewachsener Streit war, war für sie nichts als eine belanglose Auseinandersetzung, über die man sich nicht zu lange den Kopf zerbrechen sollte.

Trotz des Bemühens unbemerkt zu meinem Zimmer zu kommen misslang mir dieser Versuch. Pavel zwängte sich an mir vorbei und versperrte den schmalen Flur mit seinen breiten Schultern.

»Sawil, ich habe dich gesucht. Wo warst du?« Mit einem für ihn typisch arrogantem Blick sah der Russe auf mich nieder und verlangte nach einer Antwort.

»Was willst du?«

»Wissen, wo du dich wieder rum getrieben hast.«

»Das geht dich nichts an.« Für gewöhnlich stieg ich mit einer flapsigen Antwort auf seine Versuche einen Streit vom Zaun zu brechen ein. Eigentlich stritten wir ständig, und nur selten stimmten wir in unseren Meinungen überein. Wir trieben uns gegenseitig an den Rand der Weißglut, und wenn wir es vermochten auch darüber hinaus.

»Mich geht alles an, was du läufiges Kätzchen hier tust.« Sein Haar, das so hell war, dass man es schon mehr silbern, als weißblond bezeichnen konnte, fiel ihm um die Schultern. Er trug es nur selten offen, denn es schien ein ebenso merkwürdiges Eigenleben zu führen wie meine Flammen. Scherzhaft bezeichnete er es oft, als das Schlangenhaar der Medusa. Doch ich mochte es so ungebändigt.

»Pavel«, ich wollte nicht streiten. Nicht jetzt, sondern ihn einfach nur ein letztes Mal anschauen, bevor ich auch ihn hinter mir lassen musste. Doch wie mein Vater es nicht schaffte mir in die Augen zu blicken, schaffte ich es nicht in Pavels zu schauen. Stattdessen fixierte ich die kleine sternförmige Narbe an seiner Kehle, die ich so gut kannte, so oft berührte und mit der Zungenspitze nachfuhr. Auch wenn seine quecksilberfarbenen Augen meist kühl und distanziert drein schauten, wusste ich, wie sie aussahen, wenn wir stumm unsere Gegenwart genossen.

»Was hast du wieder angestellt?« Er griff nach meinem Kinn und zwang mich den Kopf weit in den Nacken zu legen, um ihn anzuschauen. Ich war noch nie eine gute Schauspielerin. In meinen Augen kann jeder wie in einem offenen Buch lesen, was ich fühle. Besonders, wenn er mich so gut kannte wie er.

»Sag mir, wer dir wehgetan hat, und ich werde ihm die Haut abziehen.«

»Dieses Mal kannst du nicht gewinnen«, meine Hände legten sich um sein Gesicht, unter den Fingerspitzen spürte ich seinen Dreitagebart. »Es wäre ein Fehler es nicht zu akzeptieren.« Zumindest für ihn. Ich brauchte dies nicht, denn es ging hier um mein Leben. Ein Leben in dem Pavel zu keinem Zeitpunkt ein fester Bestandteil war. Natürlich lebten wir unter einem Dach, stritten und Vergnügten uns, doch es war nichts Verbindliches. Seine Loyalität galt nicht mir, genauso wenig wie ihm meine Treue. Als Nymphe unterlag ich oft den Begierden meiner Natur, und auch den Männern. Monogamie schien für sie dasselbe wie für ein Bakterium das Penicillin zu sein.

Ich zog sein Gesicht zu mir hinunter, kam ihm den Rest auf Zehenspitzen entgegen und küsste ihn.

Knurrend umfing er mich mit einer Umarmung, presste unsere Körper aneinander und erwiderte den Kuss.

Die Flammen zischten auf, als er sanft an meiner Unterlippe knapperte. Erregung rollte sich in meinem Unterleib, einer Wüstenrose nach dem Regen gleich, aus. Nahrung für mein Feuer. Ich genoss das Gefühl der Wärme, wäre es möglich gewesen, hätte ich mich darin eingewickelt.

»Swil«, murmelte Pavel, nicht bereit locker zu lassen eher er seine Antwort bekam.

Seufzend zog ich mich zurück. Besser er erfuhr es jetzt von mir, als später von Stella oder meinem Vater. »Ich werde Paris verlassen.«

»Warum?«

»Ich muss über ein paar Dinge nachdenken. Das geht am besten mit etwas Abstand.« Wenn er nach dem Grund fragen musste, zog Sabik ihn nicht in seine Entscheidung mit ein. Pavel galt als sein Stellvertreter, jene Person, der er am meisten traute und die er stets um eine zweite Meinung fragte. Dies zeigte nur, wie ernst er es diesmal meinte. Er wollte mich wirklich los werden.

»Über uns?« Aufmerksam musterte er mein Gesicht.

»Über die Zukunft«, flüsterte ich. Das UNS endete hier, geschweige denn, dass es überhaupt irgendwann einmal zu seinem Zeitpunkt so etwas wie ein uns gegeben hätte.

»Wann gehst du?« Er distanzierte sich und trat zur Seite um den Weg freizumachen. Große Worte lagen ihm nicht besonders.

»Ich weiß noch nicht.« Ich zwängte mich an ihn vorbei. Seine schnelle Resonanz bohrte sich in meine Glieder, fraß sich durch Haut und Muskeln, bis sie an mein Herz zukratzen begann.

Er ließ mich ziehen. Und verließ dabei mein Leben, wie der letzte Atemzug die Lippen eines Sterbenden.

Diesen Weg musste ich alleine gehen. Mit jedem Schritt, den ich mich weiter von ihm entfernte, kämpfte ich stärker mit den aufkommenden Tränen. Dieser Abschied tat verdammt weh. Die Flammen zogen sich zurück, mit Trauer vermochten sich nichts anzufangen. Und mit sich nahmen sie die Wärme, um nichts als das brennende Echo der Erinnerung seiner Lippen auf den meinen zu hinterlassen.

Das Leben war beschissen! Genauso wie das Gefühl unerwünscht zu sein.

In meinem Zimmer verbrachte ich eine Ewigkeit damit die Wand anzustarren. Mir graute vor dem nächsten Tag. Diese ganze Abschiedsnummer lag mir genauso wenig wie Pavel und würde vermutlich alles nur noch schwerer machen. Doch von wem sollte ich mich auch schon verabschieden. Von meinem Vater? Von Stella? Das war doch alles hirnrissig. Genauso gut konnte ich einem Kaktus Adieu sagen.

Der Laptop auf dem Schreibtisch fing meinen Blick ein. Er wisperte mir zu, dass alles zu umgehen sei, wenn ich es nur zu ließe. Ich könnte verschwinden, ohne dass es jemand merkt und ihnen zeigen, wie wenig sie mir ebenfalls bedeuten. Auch, wenn dies nicht stimmte. Aber wie gesagt, bin ich verletzt greife ich zu unlauteren Mitteln, um ebenfalls zu verletzen.

Statt weiterhin Trübsal zu blasen, wurde ich aktiv, nahm mir den Laptop und buchte den nächstmöglichen Flug nach London.

 

Das Taxi wartete vor der Türe. Voll bepackt schloss ich ein letztes Mal die Zimmertüre und schleppte alles zur Treppe. Unten in der Eingangshalle ertönten aufgeregte Stimmen. Das fehlte mir noch. Gerade, wo ich klang heimlich verschwinden will. Wieder einmal zogen diese Blutsauger einen Strich durch die Rechnung.

»Sei doch vernünftig!«

»Was sonst? Willst du mir etwa drohen?«

»Natürlich nicht«, jedes Mal, wenn Pavel sich aufregte, kam sein russischer Akzent stärker zum Vorscheinen. »Aber …«

»Kein aber und keine Diskussionen mehr. Mein Entschluss steht fest.«

Und mein Wille geschehe, ergänzte ich Sabiks Worte im Geist. Pavel reimte sich also seine eigene Theorie dazu, warum ich Paris verließ. Und warf sie auch direkt seinem Boss zum Fraß vor.

Ob Sabik ihm etwas über seine Gründe verriet? Ich schüttelte den Kopf. Wohl eher nicht, sonst hätte er vorher schon mit ihm darüber gesprochen und den Russen mit seiner Entscheidung nicht ebenfalls so kalt erwischt wie mich.

Das ganze Rätselraten führte zu nichts, zudem wartete mein Taxi. Ein letztes Mal atmete ich tief durch, wappnete mich, um den Männern gegenüberzutreten.

Die Koffer im Schlepptau machte ich mich daran, die Treppe zu bewältigen.           

Augenblicklich nahmen sie meine Anwesenheit war und verstummten.

Ich ignorierte sie. Sobald ich aus der Türe treten würde, würde alles wieder gut werden. Ich musste nur ganz fest dran glauben. Und den anwachsenden Klos in meiner Kehle hinunter würgen.

»Anabelle,« Sabiks Blick brannte sich in meinen Rücken. »Du gehst?«

»Schlau erkannt,« entwich es mir. Unaufhaltsam bahnte ich mir meinen Weg bis zur Türe. Dort drehte ich mich zu den Beiden um, doch mein Blick ruhte ausschließlich auf Pavel. »Pass gut auf dich auf, Kater.«

»Ebenfalls Kätzchen,« ein schlichtes Nicken reichte ihm.

Sobald der schwarze Taxifahrer mich und meine Koffer aus der Türe treten sah, eilte er heran. »Lassen´s mich helfen.« Er nahm mir den größten Koffer ab und schleppte ihn zum Wagen.

Zwanghaft sah ich ihm dabei zu und zog ganz nebenbei die Türe, ohne einen Blick zurückzuwerfen, zu. Mit dem Klacken des Schlosses besiegelte ich mein Schicksal. Ein zurück in dieses Haus gab es für mich sehr wahrscheinlich nicht mehr.

Während ich zum Taxi schritt, öffnete sich die Türe abermals. Sabik trat heraus.

Stur stieg ich ein und fixierte das Armaturenbrett. Ein riesiger Klos saß mir im Hals, der sich nicht hinunterschlucken ließ. Alles ließ ich zurück. Mein Zuhause. Meine Freunde, Familie. Pavel. Meine Brust schmerzte entsetzlich über diese Verluste. Aber was konnte ich tun, außer mich vor neuen Verletzungen schützen? »Fahren sie schon!«

»Ja, ja«, murmelte der Taxifahrer auf seinem Kaugummi kauend und setzte das Gefährt in Gang.

 

 

***



Anabelle Nemour. Ein großes weißes Schild mit meinem Namen wurde in die Höhe gehalten, kaum, dass ich die Gepäckhalle verließ.
Seufzend schüttelte ich den Kopf. Jetzt bloß keinen Rückzieher machen. Ich steuerte den unhandlichen Wagen mit meinem Gepäck auf eine zierliche Brünette zu.
Ihr Haar zwirbelte sich vorwitzig um ihr schmales, helles Gesicht und die darin eingebetteten braunen Augen. Die schmalen Lippen zu einem Lächeln verzogen legte sie die letzten Meter zu mir zurück. »Anabelle Nemour?«
Nickend bestätigte ich.
»Herzlich willkommen in unserer aufregenden Stadt. Ihr Vater hat uns darüber informiert, dass Sie früher ankommen, als geplant.«
»Wer auch sonst?« Dies Ärgerte mich. Sein Rauswurf beinhaltete wohl nicht, dass er sich aus meinen Angelegenheiten raus hielt. Sollte ich in der nächsten Stunde ein Telefon in die Hände bekommen, konnte er was erleben.
Mitleidig lächelte mein Empfang »Ich bin Lena Evans, ihre erste Anlaufstelle bei Problemen in den nächsten Tagen.«
Seufzend quälte ich mich zu einem Lächeln »Oh Bitte nicht, mehr vertrage ich in den nächsten Tagen nicht.«
Lena rutschte das Lächeln aus dem Gesicht »Ich … Entschuldigen Sie, ich wollte nicht.«
»Schon gut.« Abwinkend schob ich den Wagen an ihr vorbei. Die süße Lena konnte nichts für Sabiks Verhalten. Oder dafür, dass Vampire zurzeit nicht gut bei mir ankamen.
Lena sammelte sich wieder und plapperte wild drauf los, während sie mich geschickt zu ihrem silbernen BMW manövrierte. »Sie sind sicherlich müde, nicht? Können sie im Flugzeug schlafen? Ich ja nicht, ich finde es jedes Mal so aufregend zu fliegen.«
»Ich will eigentlich nur noch ins Bett.« Gemeinsam hievten wir mein Gepäck in den Kofferraum.
»Oh, dass tut mir leid. Ich habe Anweisung Sie direkt zu Mister Veleno zu bringen.« Ihre Mundwinkel sackten nach unten »Ich warne Sie lieber vor, er war nicht gerade erfreut zu hören, dass Sie schon heute ankommen. Und das, wobei sein Tag sowieso schon miserabel genug war.«
»Kann ich verstehen, ich war auch nicht gerade erfreut zu hören, dass ich nach London fliegen soll.« Ich stieg auf der Beifahrerseite ein und ließ mich zurück in das weiche, helle Leder sinken. Darauf gespannt, was dieser Veleno für mich plante.


Zwanzig Minuten wartete ich nun schon auf ihn und er ließ sich immer noch nicht blicken. Pünktlichkeit gehörte hier wohl nicht zum guten Ton.
Velenos Büro strotzte in dunklen Kirschholz und blitzenden Chrom nur so vor männlicher Arroganz. Die weißen Wände ganz kahl und sein Schreibtisch aufgeräumt, als stünde er für einen Möbelkatalog Modell, verlieh dem Raum eine unnatürliche Kälte. Hier fehlte es eindeutig an Farbe oder wenigstens an ein paar Bildern an den Wänden.
Als ich schon glaubte, er käme gar nicht mehr, schwang die Türe kraftvoll auf, schlug gegen die Wand und laut klickend zurück ins Schloss.
Erschrocken fuhr ich zusammen. Velenos schlechte Laune jagte mir einen Schrecken ein. Ich erhob mich rasch aus dem weichen Ledersessel und wandte mich ihm zu. Im Magen das Gefühl nicht gerade einen guten Augenblick erwischt zu haben.
Die dunklen bitterschokoladenfarbenen Augen, umrandet von langen schwarzen Wimpern blickten mir kalt und wütend entgegen. Sein opalschwarzes Haar wild um seinen Kopf zerwuschelt verschluckte unbarmherzig jedes Licht, welches es wagte sich ihm zu nähern. Gut zwei Köpfe größer als ich stampfte er schnaubend an mir vorbei. Unter seinem weinroten Seidenhemd malte sich der durchtrainierte Körperbau eines Athleten ab. Vor mir stand der schlecht gelaunte Traum aller Frauen.
»Sie sind zu früh,« knurrend setzte sich der hellhäutige Vampir mir gegenüber. Die scharf geschnittenen Züge seines Gesichtes und die zu einem schmalen Strich verzogenen Lippen sprachen Bände darüber, wie sehr es ihn störte, sich gerade jetzt mit mir beschäftigen zu müssen.
»Ich weiß.« Was sollte ich sagen? Ihm mein Herz ausschütten? Ganz sicher nicht. Die Rechte auf meinem Knie gepresst unterdrückte ich das Wippen, was immer hervor brach fühlte ich mich nicht wohl.
»Ich habe eigentlich keine Verwendung für Sie.«
Na toll. Konnte er dies nicht früher sagen? Zum Beispiel, als mein verfluchter Vater bei ihm nach einen Job für mich fragte?
»Aber ich schulde ihrem Vater einen Gefallen und einer meiner Leute ist ausgefallen. Sie können ihn vertreten.« Aizór erhob sich und wandte sich dem großen Fenster hinter seinem Schreibtisch zu »Mit euch Nymphen verbindet man stets Sexualität und Fruchtbarkeit. Das passt ganz gut, vielleicht bringt es uns einige neue Kunden.«
»Wie bitte?« Ich starrte auf seinen breiten Rücken und überlegt. Was meinte er bloß?
»Sie werden die Geschäftsleitung des „Red Moon“ für die nächsten Wochen vertreten. Sie haben freie Hand. Dort können Sie auch wohnen. Lena wird ihnen assistieren.«
Red Moon? Ich kam nach London, um irgendeine verschluderte Vampirbar zu leiten? Große Klasse. Mein Vater verdiente in mehreren Hinsichten wirklich ein schön langes Sonnenbad.
»Ich habe noch zu tun.« Kalt wie ein Eisbrocken schickte er mich hinaus.
»Gute Nacht,« froh endlich aus dem Büro heraus zu können flüchtete ich zurück zu Lena.

»Und?« Neugierig sprang sie von der Couch im Vorraum auf.
»Sie sollen mir assistieren.« Ich war noch zu sehr mit der Erscheinung von Aizór beschäftigt, als dass ich mir darüber Gedanken machte, was sie dazu sagen würde. In meinen Gedanken festigte sich der erste Eindruck, und dieser war nicht gerade gut, es sei denn, man sah Arschloch, als Kompliment an.
»Und wobei?« Ihr Gesicht leuchtete auf.
»Irgendwas mit Red Moon, dort soll ich auch wohnen.«
Lena schnappte nach Luft »Im Red Moon? Anabelle, das ist ein Bordell für, naja, für alle möglichen Kreaturen eben.«
»Was?« Ziemlich verdutzt blickte ich ihr ins Gesicht, welches nun ziemlich blass um die Nase wirkte. »Das gibt es doch nicht! Der Mann macht mich zur Puffmutter?« Ich fiel aus allen Wolken. In mir begann es zu brodeln. Wie konnte er nur? Glaubte er nur, weil ich eine Nymphe sei, würde ich mein Geld auch mit Sex und dem Vergnügen Anderer verdienen wollen? So ein Mistkerl.
»Anabelle?« Lena wich einen Schritt zurück, den Blick starr auf meine zur Faust geballte Hand gerichtet »Sie brennen.«
»Was?« Scheiße! Schlanke Flammen schlängelten sie wie Blindschleichen über meine Haut und hinterließen bei ihrer Berührung zarte rote Striemen. Hektisch begann ich meine Hand zu schütteln. Die Wut, welche ich zuvor noch empfand, verflog mit dem Schrecken über meine brennende Haut, genauso wie die sich beruhigenden Flammen. Es kam öfters vor, dass ich versehentlich Dinge in Brand steckte, doch ich selber gehörte bisher noch nie dazu.
»Soll ich ein nasses Tuch holen?« Lena blickte überfordert drein.
Ich schüttelte den Kopf »Halb so schlimm.«
»Sind Sie sicher? Das sah schmerzhaft aus.«
»Ich bin es nicht gewohnt mich selbst in Brand zu stecken,« lächelte ich entschuldigend. »Aber keine Sorge, dass passiert mir nicht sehr oft. Allerdings wäre ich Ihnen jetzt sehr dankbar, wenn wir in ein Hotel fahren würden. Für heute reicht es mir mit den Überraschungen.«


Am nächsten Mittag stand ich mit Lena vor dem Eingang des heruntergekommensten Backsteinhauses des ganzes Viertels, am Stadtrand von London. Nichts deutete auf ein Bordell hin oder gar, dass dieses heruntergekommene Ding bewohnbar sei. »Also, mich wunderte es jetzt nicht, dass der Laden nicht läuft.«
Lena hob die Schultern »Ich versteh auch nicht warum Mister Veleno den Laden überhaupt hält. Er schreibt damit mehr rote Zahlen, als mit allem anderen.« Sie zupfte an ihren zusammengebunden Haaren. »Wenn ich es recht überlege, ist dass das Einzige, womit er Miese macht.«
»Damit wir etwas zu tun haben«, witzelte ich schwach. Wenn diese Bude von draußen schon aussah, als würde sie jeden Moment zusammenbrechen, wie sah sie dann erst von innen aus. »Komm lass uns mal rein gehen.« Wenigstens konnte ich mich so von meinen anderen Problemen ablenken.
Kaum öffnete sich die Türe empfing uns der schneidende Gestank von Zigarettenqualm, abgestandenem Bier und altem Schweiß. Bevor ich mich noch weiter in diese Hölle wagte, verkeilte ich die Türe mit einem dicken Stein, um wenigstens ein wenig frische Luft hineinzulassen und uns vor einem qualvollen Erstickungstod in dieser Brühe zu retten..
Dunkler, klebriger Paketboden, und weißer an manchen Stellen abbröckelnder Putz führte uns hinein in einen schummrig erleuchteten Gastraum. Die abgenutzten Tische und Stühle standen kreuz und quer und vervollständigten mit den vollen Aschenbechern und dreckigen Gläsern auf der Theke den Eindruck eines ausgebrannten Etablissements.
»Das wird ja immer schlimmer. Und hier soll ich auch noch schlafen?« Angeekelt schüttelte es mich. Von hier unten konnte man hinauf zu einer, den großen Gastraum umschlingenden, Gallery schauen. Wie auf einer Perlenkette aneinandergereiht lag Zimmer neben Zimmer und jeder konnte sehen, wer dort oben mit einer der Huren verschwand. Nicht gerade diskret.
»Die Damen kommen immer erst, wenn es Abend wird. Tagsüber ist hier niemand.« Lena achtete sorgfältig darauf nichts anzufassen. »Dass sie überhaupt kommen, wundert mich.«
»Naja, wenn man das Geld braucht.« Ich brauchte es nicht. Wohl aber eine Beschäftigung. »Haben wir Budget für den Laden?«
»Ja, Mister Veleno hat ein Konto einrichten lassen. Er dachte sich sicher, dass Sie hier Hand anlegen wollen.«
»Er hofft es wohl eher.« Auf mich machte Aizór Veleno nicht den Eindruck, dass er seine Geschäfte so schleifen ließ. Ganz im Gegenteil, er achtete sicher gut auf seinen Besitz. Wie man sich doch irren konnte. »Also wie viel haben wir?«
»Reichen fünfzig Tausend? Mehr bekommen wir nicht.« Sie blätterte in ihrem Timer »Was haben wir jetzt vor?« Für einen kurzen Augenblick huschte ihr Blick über das Innenleben des Red Moon.
»Ich denke, hier ist eine komplett Renovierung nötig und als Geschäftsleitung schließe ich hier mit offiziell das Red Moon! Wird sowieso niemandem auffallen.«
»Ich rufe die Frauen an.« Schmatzend lösten sich Lenas Sohlen vom Boden. »Und gleich eine Reinigungsfirma.«
Lachend schüttelte ich den Kopf »Wenn ich fertig mit dem Laden bin wird Veleno ihn gar nicht mehr wieder erkennen.« Dies würde meine neue Aufgabe werden. Sabik würde schon erkennen, was er da aus der Hand gegeben hatte, wenn der Laden erst einmal lief und seinem Club in Paris den Rang als heißeste Adresse in ganz Europa abnahm. Ich wollte es ihm so richtig zeigen, er sollte sehen, dass ich ihn nicht brauchte und vor mir auf allen vieren kriechend um Vergebung betteln. Genauso süß, wie diese Vorstellung, würde meine Rache aussehen.


Lena und ich stellten uns als richtig gutes Team heraus. Meistens wusste sie im Voraus, was ich wollte und so begannen wir innerhalb von zwei Tagen damit das Red Moon völlig umzukrempeln.
Niesend und lachend stand ich hinter der leer geräumten Bar. Einige sehr ansehnliche Bauarbeiter rissen gerade auf der Gallery elf der dreizehn kleinen Zimmer ein, um mehr Platz zu schaffen. Aus den zwei letzten sollte ein geräumiges Büro entstehen. Denn das Bordell Red Moon gab es nicht mehr.
»Ich bekomme hier nichts zu trinken?« Velenos dunkle, samtige Stimme tauchte so plötzlich hinter mir auf, dass ich schreiend den kleinen Block aus der Hand fallen ließ.
»Wieso so schreckhaft?« Nicht mehr als zwanzig Zentimeter trennten unsere Gesichter voneinander.
Ich schluckte. Weder ich noch Lena hielten es für angebracht ihn über die Veränderung im Red Moon zu informieren. Ich konnte mir denken, dass es ihm nicht gefiel, wie ich mit seinem Eigentum umging. »Wieso schleichen sie sich so an?«
»Ich schaue hin und wieder in allen meinen Clubs nach dem Rechten.« Seine Augen fixierten mich »Wieso erfahre ich erst jetzt von dem Umbau?«
»Weil… der Laden so heruntergekommen war, dass man angst haben musste unter dem ganzen Schutt begraben zu werden, wenn es zusammenfällt?«
Seine Augen verdunkelten sich.
Und ich schalte mich eine blöde Kuh. Mach ihn noch sauer, wisperte mein Gewissen mir in den Hinter tretend zu, dann kannst du dich gleich vom Boden pflücken.
»Und?« Die dichten Büsche über seinen Augen hoben sich fragend in die Höhe.
»Und weil der Laden als Bar viel mehr abwirft?«
»Das beste Geschäft ließ sich schon immer mit Sex machen« Seine große, perfekt manikürte Hand strich, wie ganz zufällig, meine Hüfte entlang als er sich am Tresen abstützte.
»Aber Sex kann man überall haben. Man braucht nur mal nachts an gewissen Clubs vorbei zu gehen, dort tummeln sich die Prostituierten nur so.«
»Das überzeugt mich nicht.«
Das überzeugte ihn nicht? Ich musste lachen, als Vampir wusste er doch besser als jeder andere Mann in der Stadt, wo sich seine willigen Opfer tummelten.
Knurrend presste sein starker Körper mich gegen die Theke. »Du lachst mich aus?«
Das Lachen blieb mir im Hals stecken. Ich brachte nur ein Kopfschütteln fertig. Der Geruch seines Aftershaves mit Anis und Sandelholz vermischt kroch mir in die Nase. Verursachte in meinem Bauch ein Schaudern, welches sich hinab zu meinem Schoss schlängelte und sich als warme Wirbel in die Haut brannten. Mit Aizor am Körper schaltete mein Verstand völlig in den Nymphenmodus um. Ich wollte nur noch eines, ihm die Knöpfe seines roten Seidenhemdes aufreißen und über die starken Muskeln seiner Brust streichen und meine Zunge in seiner Kehle versenken.
Doch genauso schnell, wie er sich gegen mich presste, stieß er sich sogleich ab. In seinen Augen spiegelte sich Abscheu und Ekel wieder.
Was hatte ich getan? Verwirrt blickte ich den attraktiven Vampir an, während mein Körper sich langsam wieder abkühlte. Gar ganz kalt ohne ihn fühlte. Ich seufzte, diese verflixten Nymphengene brachten mich ständig in peinliche Situationen. »Es tut mir leid.« Ich fischte den Block vom Boden, mich nicht trauend noch einmal in seine dunklen Augen zu schauen. Ich scheute vor dem zurück, was ich darin sehen könnte. Es wäre nicht das erste Mal, dass mich ein Mann voller Abscheu ansah.
»Wann ist die Eröffnung?« Kühl und fast schon zu desinteressiert erkundigte er sich nach meinen Plänen. Entweder wollte er nur höflich sein, oder vergaß schon wieder den Vorfall.
»Am Dreizehnten.«
»Ein Freitag?«
»Marketing«, antwortete ich knapp »Ich muss die Arbeiten beaufsichtigen.« Mit dem Blick auf den Boden huschte ich an ihm ohne ihn in der Enge zu berühren vorbei. »Die Drinks stehen hinten.« Mit dieser letzten höflichen Floskel an meinen Boss huschte ich die Treppe hinauf. Hinein in den Schutz des Baustaubes.


»Mo feabhas! Was ist hier passiert?« Ein Mann, nicht größer als ein kräftiger zwölfjähriger Knabe bahnte sich seinen Weg durch den Bauschutt. Die mausgrauen Augen verärgert verzogen schüttelte es sich »Was habt ihr hier gemacht? Wo sind die Mädchen?«, verlangte er in einem beeindruckend weichen irischen Akzent zu wissen. Die kurzgliedrigen Hände in die Hüfte gestemmt blieb er vor mir stehen und funkelte mich unter buschigen grauen Augenbrauen an.
»Wie Sie sehen, bauen wir um.« Die Hände weit geöffnet deutete ich auf den Bauschutt. »Der Laden hat es dringend nötig gehabt. Vielleicht darf ich Sie auch darüber informieren, dass wir ab nun kein Bordell mehr sind.« Mein erster Kontakt mit einem Gast, wenn auch nicht unter idealen Bedingungen. Doch das machte nichts. Gast blieb Gast, egal wie es gerade hier aussah.
»Umbau? De réir na gods! Wenn das der Chef erfährt.« Das pausbäckige Gesicht verzog sich zu einer hässlichen Fratze »Ich bin geliefert.«
»Ihr Chef?«
»Ja, Big Boss, du weißt schon, der Mann, dem das „Red Moon“ gehört.«
»Ach, sie meinen Aizor Veleno? Da machen Sie sich am besten keine Sorgen, er weiß davon. Er war erst vor wenigen Stunden hier und hat sich die Umbauarbeiten angesehen.«
»Cad?« Verblüfft fuhr er sich durch das kurze, struppige Haar. »Unglaublich. Und mir genehmigt er nicht einmal Geld für neue Betten. Die Alten sind noch gut genug, hat er gesagt, die Weiber sollen sich nicht so anstellen, hat er gesagt.«
Mir ging ein Licht auf. »Dann müssen Sie mein Vorgänger sein?« Weder den Namen des Mannes noch den Grund für seinen Ausfall nannte Veleno und ich glaubte, diesen auch so schnell nicht zu Gesicht zu bekommen. Ganz besonders nicht, während ich den Laden gehörig umkrempelte.
»Vorgänger?«, aufbrausend warf er die Arme in die Höhe »Ich bin hier der Chef, nur ich habe hier das Sagen und ich lasse es mir nicht von einer dahergelaufenen Buaf wegnehmen! Und schon gar nicht von einer Arsonist!«
»Hey, beleidigen Sie mich gefälligst so, dass ich Sie versteh!« Der kleine Mann erinnerte mich eher an einen wütenden Beagel statt eines Zuhälters. Stellte ich mir solche Männer doch eher groß und bullig vor. »Und wenn wir schon dabei sind, so dreckig wie der Laden war ist es geradezu ein Wunder, dass sich hier noch niemand eine Salmonellenvergiftung oder Läuse geholt hat. Obwohl, wenn ich darüber nachdenke, ist Tripper oder Syphilis wohl eher hier beheimatet gewesen.«
»WAS?« Unter seinem wütenden Aufschrei schien das gesamte Gebäude zu erzittern und für einen kurzen Augenblick den Atem anzuhalten. »Syphilis! Tripper! Meine Mädchen sind sauber!«
»Ja klar, und Veleno sonnt sich in der Karibik.« Wenn dieser Zwerg dies sauber nannte, angeekelt sträubten sich mir die Haare im Nacken, wollte ich erst gar nicht wissen, wann er es als dreckig empfand.
Das runde Gesicht bereits krebsrot angelaufen und die dicken Backen aufgebläht macht er den Eindruck kurz vor dem Platzen zu stehen.
Dieser Möchtegern-Zwerg fehlte mir gerade noch. Platzte einfach hier herein und fing an herumzumeckern. Ich hatte schon genug zu tun und wollte nicht auch noch einen wütenden Zwerg hier dazwischen funken haben. »Was machen Sie überhaupt schon hier? Man sagte mir, Sie wären auf unbestimmte Zeit ausgefallen«, fragte ich ihn so ruhig, wie es die Situation zuließ.
Zischend atmete er aus »Nach dem Rechten sehen.«
»Aha, dass bedeutet also, Sie sind offiziell noch nicht wieder zurück?«
Zähneknirschend drehte er mir den Rücken zu, um die weiteren Umbauarbeiten in Augenschein zu nehmen. »Nein.« Was er sah, gefiel ihm noch weniger als es Veleno tat.
Aber was sollte ich dazu auch sagen? Ich hatte Recht, dass war einfach so. Mit dem alten Schmuddelladen ließ sich nun mal kein Gold scheffeln. »Wenn es erst fertig ist, wird es mehr einbringen, als vorher.«
Freudlos lachte er auf »Ach Leanbh, es gibt nur eines, was du in diesem Geschäft wissen musst, Sex sales, das ist nun mal so.« Langsam kehrte seine alte leicht gräuliche Gesichtsfarbe zurück.
»Aber nicht in dieser Verpackung und schon gar nicht auf dieser Art. Sonst wäre der Laden doch gelaufen, andererseits.« Wenn ich mir dir Zustände vor dem Umbau ins Gedächtnis rief, konnte ich mir nur schwer vorstellen, dass hier jemand zum Entspannen herkam. Und genau dies musste geändert werden. Mit radikalen Mitteln.
»Die Gäste mochten es so, wie es war.«
»Auf die zwei, drei Gäste können wir in Zukunft gut verzichten.« Was waren dies schon gegen eine ganze Schar von Gästen, und das jeden Abend?!
»Ich glaube ich muss dir helfen, sonst wird das nie etwas. Von einer Nymphe erwartet man eigentlich, dass sie von solchen Dingen Ahnung hat. Aber du.« Theatralisch seufzend schüttelte er den Kopf »Ahnungslos wie ein junges Kätzchen.«
»Ach ja? Ich will ihre Hilfe nicht. Sie haben den Laden verkommen lassen und ihre Chance gehabt. Jetzt bin ich dran.« Hitze, wie nach einem scharfen Schnaps, schlängelte sich meine Brust hinauf. »Sie blöder Zwerg, nur weil eine Handvoll Nymphen sich in der Vergangenheit wie rollige Hündinnen benommen haben heißt dies nicht, dass wir alle so sind! Das ist mal wieder so klischeehaft! Nicht jede Nymphe läuft im Evakostüm herum und schmeißt sich dem nächst bestem Kerl an den Hals.«
»Bergmännlein, nicht Zwerg.«
»Was?«
»Ich bin kein Zwerg«, erklärte er ruhig.
»Das ist mir gerade ziemlich egal! Hauen Sie endlich ab, wenn ich Sie noch einen Moment länger sehen muss, geht der ganze Laden in Flammen auf!« Meine Fingerspitzen glühten. Wie ich diese Vorurteile hasste. Immer wenn die Sprache auf Nymphen kam, redete man von nichts anderem als von wilden Orgien, gierigen Männer-verschlingenden Lustbomben und ausgefallenen Sexualpraktiken. Dabei waren wir so viel mehr. Beherbergten ganze Naturgewalten in unseren Körpern, inspirierten Poeten zum Nachdenken, und halfen jenen, welche uns darum baten. Aber nein, all dies sah man nicht. Wegen diesen blöden Genen, welche sich sofort aktivierten, wenn sich ein Mann uns körperlich näherte. Sollte ich irgendwann Kinder bekommen, dann erst wenn die Gentechnik so weit war, um diese verflixten Chromosome in der DNA auszuschalten.
Schmunzelnd musterte er mich. »Leanhb, du brauchst wirklich meine Hilfe.« Er entledigte sich seines Jacketts und legte es sorgfältig über die Theke »Ich nehme an die Arbeiter sind oben?« Unter den hochgekrempelten Hemdärmeln erschienen kräftige, von harter Arbeit gestählte, mit einer Schar grauer Haare bedeckte Unterarme. »Mal sehen was du hier alles verbrochen hast.« Vor sich her lächelnd wandte er sich dem Gespräch ab und schlenderte die breite Treppe hinauf.
Irritiert blieb ich mit offenem Mund unten stehen. Was um alles in der Welt war mit einem Mal passiert? Soeben warf ich ihm vor ein sexistisches Arschloch zu sein und er grinste vor sich her wie ein Bär im Honigtopf. Ganz so als hätte ich nachgegeben oder ihn gerade für den unwiderstehlichsten Mann des Universums erklärt.
»Anabelle.« Lena stolperte die Treppe hinunter »Wer ist der Zwerg?«
»Der beurlaubte Geschäftsführer.« Kopfschüttelnd strich ich eine aus dem Zopf entschlüpfte lange rote Haarsträhne hinters Ohr zurück.
»Dieses Schwein hat mir an den Hintern gegrapscht.« Aufgeregt deutete sie auf ihren Po. Dort zeichnete sich ein verwischter, kleiner staubgrauer Handabdruck auf der Jeans ab. »Und er meinte er würde gerne mal probieren.«
Stöhnend verdrehte ich die Augen. »Dieses Ekel, der passt richtig in das vorherige Drecksloch.«
»Was will er hier?« Lena klopfte den Staub von ihrer Hose.
»Helfen«, brummte ich. Hinter meiner Stirn baute sich langsam ein unangenehmer Druck auf. Für heute reichte es mit den Überraschungsbesuchen. »Lena, schließ doch bitte die Türe ab. Noch mehr Idioten die meinen alles besser zu wissen ertrage ich heute nicht.«


Niik Remondis wurde ich auch am nächsten Tag nicht los. Er fühlte sich dazu berufen den Sexappeal des Red Moon zu erhalten.
Ich fragte mich wirklich, ob das Bordell jemals solches besessen hatte. Jedes Mal wenn ich darüber nachdachte kam ich zur selben schlichten Antwort, NEIN. Rein gar nichts an den Laden zeugte von Sexappeal, es sei denn, man mochte den Geruch von altem Schweiß und abgestandenem Zigarettenqualm.
»Wann werde ich Resultate sehen?« Geschmeidig, wie ein Löwe auf der Jagd, spazierte Veleno herein. In der Hand eine große schwarze Tüte mit silberner Aufschrift, wie es sie nur in überteuerten Modeboutiquen gab.
Hoffentlich keine Arbeitskleidung, betete ich innerlich und versuchte ihm nicht direkt in das kantige Gesicht zu blicken. Der gestrige Vorfall erinnerte mich peinlich genau daran was passierte, wenn ich nicht aufpasste. »Morgen wird gestrichen. Danach geht alles sehr schnell.« Es blieben nur noch acht Tage bis zum Dreizehnten. »Wir liegen gut in der Zeit.«
»Hier zieh das an. Du wirst mich heute begleiten.« Auffordernd hielt er mir die Tüte hin.
»Dafür habe ich keine Zeit.« Eher gefror die Hölle, als dass ich mit diesem Idioten ausging. Und schon gar nicht, wenn er so kam.
»Das war keine Bitte.«
Ging es ihm noch zu gut? Klar ich arbeitete für ihn, doch befehlen lassen musste ich mir trotzdem nichts. Trotzig verschränkte ich die Arme vor der Brust »Ich habe zu tun.« Wieso sollte ich ihn auch schon begleiten? Gab es nicht genügend willige Frauen, welche sich ihm für nur einen Blick mit diesen schokoladenbraunen Augen zu Füßen warfen? Außerdem würde dies nicht lange gut gehen.
»Wieso auf einmal so abgeneigt?« Seine Mundwinkel zuckten.
»Wieso sollte ich Sie begleiten wollen?«
»Eine Nymphe an der Seite sorgt für reichlich Gesprächsstoff.«
»Ach ja? Nicht mit mir!« Ehe ich mich versah, landete der Schwamm aus meiner Hand auf seiner Nase. »Wenn die Leute wissen sollen wie toll Sie im Bett sind gehen Sie raus und pflücken sich eine der Frauen aus einem ihrer Clubs. Ich bin mir sicher die spielen für Sie das völlig von ihnen begeisterte Weibchen.«
Velenos Augen weit aufgerissen sprühten Funken. Ein kleiner Wasserstropfen aus dem Schwamm glänzte speckig auf seiner Nasenspitze und erzählte von der Attacke auf ihn. »Du hast mich angegriffen.«
»Also bitte. Wenn ich Sie angreifen wollte, dann ganz bestimmt nicht so.« Wollte ich ihm wirklich schaden, dann mit meinem Feuer. Doch soweit würde ich es sicher nicht kommen lassen. Eher verließ ich London wieder. Eine meiner selbst auferlegten Regeln lautete kein Lebewesen absichtlich mit meinen Fähigkeiten zu verletzten, außer wurde ich angegriffen und musste mich verteidigen.
Seine Augen formten sich zu schmalen Schlitzen. Die Schultern bedrohlich gestreckt trat er auf mich zu »Dafür werde ich dich über das Knie legen und dir den Hintern versohlen, bis du nicht mehr sitzen kannst.«
»Provozieren Sie mich lieber nicht!« Geschwind flüchtete ich vor ihm auf die gegenüberliegende Seite des einzigen Tisches im Club. Zum Glück ein sehr großer Tisch.
»Du drohst mir schon wieder.« Langsam umkreiste er den Tisch.
Ich tat es ihm gleich, um den Abstand zwischen uns aufrecht zu erhalten. Natürlich konnte er mich mit seiner übermenschlichen Schnelligkeit sehr schnell einfangen, doch ich glaubte, ihm als perfekten Jäger reizte die Vorstellung mich langsam in die Enge zu treiben viel mehr, als mich nur so zu überrumpeln. »Wenn Sie mich anfassen.«
»Setzt du mich in Flammen?«, knurrte er.
»Wenn es sein muss, ja.«
»Schmerzen machen das Vorspiel doch erst exquisit.« Viel zu langsam, als das man es übersehen konnte, schnellte seine Zungenspitze hervor und leckte obszön über seine vollen Lippen.
»Nur für jemanden wie sie. Ich persönlich mag mir nicht die Finger an einer lebenden Fackel verbrennen.¬« Vorspiel, Pha! Jeder wusste, dass es bei den Blutsaugern nie ohne den Verlust des roten Saftes oder tiefen Schrammen ablief. Für mein Geschmack ein wenig zu radikal und schmerzhaft.
Seine Augen vollzogen einen Wechsel von Dunkelbraun zu Opalschwarz »Vielleicht bin ich es, der gerne mit dem Feuer spielt.¬« Ganz langsam, mich nicht aus den Augen lassend, umkreiste er, in einem einzigen geschmeidigem Spiel seiner Muskeln, den Tisch.
Ich bewegte mich in entgegengesetzter Richtung und vollführte mit ihm den Tanz zur Erhaltung der Distanz. »Da sind Sie bei mir aber an der falschen Adresse.«
»Wirklich?¬« Sein Blick senkte sich auf den Rand der Tischplatte. Dünne schwarze Striemen zogen sich über das Holz, dort wo meine Finger entlang strichen.
»Scheiße«, ich merkt nicht einmal, wie meine Fingerspitzen entflammten und das Holz verbrannten. Völlig überrascht starrte ich die Rußspuren an.
Viel zu schnell tauchte er hinter mir auf. Presste mich mit seinem durchtrainierten Körper gegen die Tischplatte. Mein Po schmiegte sich eng an seine Lenden, ganz so, als gehöre er dort hin während mein Rücken sich durchbog um ihm zu entkommen.
Eingekeilt zwischen Veleno und dem Tisch blieb mir nur die Flucht zur Seite.
Rasch versperrte er mir auch diesen Weg, stützt seine Arme rechts und links an der Platte ab. »Hier geblieben.«
Ich schluckte schwer, mir seine angeschmiegten Lenden viel zu deutlich bewusst. »Was wollen Sie damit bezwecken?« Veleno gehörte nicht zu den Männern, welche sich völlig grundlos einer Frau auf solcher Art näherten. Irgendetwas wollte er und ich ahnte worauf dies hinauslaufen würde.
»Heute Nacht, halb zwei in meinem Büro.«
Ein Duft, überaus würzig, nach Anis und Sandelholz, reizte meine Sinne. Alle meine guten Absichten gingen flöhten und ich spürte einmal mehr den muskulösen Körper hinter mir. Wohlig vereinte sich das Feuer aus meinen Fingerspitzen in meiner Körpermitte. »Und wo geht es hin?“« Halt suchend krallte ich mich am Tisch fest. Noch so einen Patzer wie vor einigen Tagen konnte ich mir nicht leisten. Schwer atmend starrte ich auf seine gepflegten Finger hinab, brannte mir die Position der breiten silbernen Ringe an seinem Daumen und Zeigefinger tief in mein Gedächtnis ein. Was er mit diesen Händen alles tun konnte. Die Vorstellung, wie sie meinen Rücken entlang zur Hüfte strichen entfachte auf meiner Haut ein starkes, elektrisches Prickeln.
»Zu einer Eröffnung,« raunte er, so nah an meinem Ohr, dass er mich fast mit den Lippen berührte.
Ich musste ihn berühren. Diese kalte Haut unter meinen warmen Fingerspitzen spüren, sie wärmen, liebkosen, necken. Mein Verstand verzog sich langsam in die hinterste Ecke meines Kopfes zurück, um von dort zuzusehen, wie ich mich ein weiteres Mal in die Nesseln setzte. Unaufhaltsam, wild entschlossen mich nicht stoppen zu lassen glitten meine Finger über das Holz, hin zu ihm.
Seine Haut glich einem glatten, kalten Kiesel, geschliffen von den unermüdlichen Wellen eines Baches. Einfach herrlich.
Veleno zuckte arg zusammen. Rasch, als habe ihn ein starker Stromschlag durchfahren wich er zurück.
Ich folgte ihm mit einer Umdrehung. Sein Anblick jedoch lösche auf einen Schlag all das Feuer in meinem Inneren.
Abwehrend, als sei ich ein lästiges Insekt stand er vor mir. Die Zähne gefletscht und die dunklen Augen zu Schlitzen verzogen spiegelte sein Gesicht die volle Verachtung wieder, welche er gerade empfand.
Das war zu viel. Rasch wandte ich mich wieder um. Auf die Tischplatte starrend, versuchte ich seinen Blick zu verdrängen. Wie konnte es nur so weit kommen? Bei Veleno verlor ich all meine jahrelang angeeignete Selbstbeherrschung. Ich benahm mich wie eine der anderen Nymphen. Wie eine läufige Hündin. Kein Wunder, dass ich ihn anwiderte. Sicher feuerte er mich jetzt.
»Sei pünktlich. Und zieh das Kleid an, das ich dir besorgt habe.« Völlig ruhig und sachlich äußerte er sich zum weiteren Verlauf des Abends.
»Sie wollen mich immer noch mitnehmen?« Ich musterte den teilweise abgeblätterten Goldlack auf meinen Nägeln. Veleno zog mich doch bestimmt nur auf. Den Blick, welchen er mir zuwarf, als er zurückwich, sprach nicht gerade für Sympathie.
»Ich hasse Unpünktlichkeit.«
Selbst als er längst gegangen war, klangen seine Schritte mir noch in den Ohren. Dieser Abend, auf welchen er so bestand, konnte nur in einer Katastrophe enden. Es wäre ein wahres Wunder würde ich den Abend ganz ohne anzügliches Benehmen meistern und meinen Job auch morgen noch haben. Dieser Mann war für mich genauso undurchschaubar wie ein samtener Türvorhang. Wenn ich doch nur wüsste, was er vorhatte.
»War das der Boss?« Niik stolperte die Treppe hinab.
»Versuch es erst gar nicht. Er wird dir nicht zustimmen.« Kopfschüttelnd strich ich mir über das Haar. Erst Veleno und dann Niik mit seiner ewigen Leier, es müsse mehr Sexappeal in den Laden.
»Aber Ana, stell dir doch nur mal vor, wie viel uns ein Nixenaquarium einbringen würde, Condenar. Weit und breit wären wir die Einzigen mit dieser Attraktion. Das würde sich richtig lohnen.«
»Nein!«
»Brauchst nicht gleich schreien.« Die fleischigen Lippen zur Grimasse verzogen rieb er sich theatralisch über die Ohren.
»Tut mir leid, aber im Moment geht ihr mir alle wirklich tierisch auf die Nerven.« Tief durchatmend versuchte ich runter zu kommen »Für so ein riesiges Aquarium haben wir einfach kein Platz.« Diese Schnapsidee stammte bestimmt aus einem seiner Besäufnisse. Wie sonst sollte ich mir erklären, kam man auf solch dumme Ideen?
»Darüber habe ich mir schon Gedanken gemacht.« Niik´s Gesicht strahlte auf, ganz so, als habe ich gerade mein Einverständnis dazu erklärt. »Das Lager hinter der Bar können wir in den Keller verlegen. Dann haben wir Platz genug, um umzubauen.«
»Begreif es endlich, ich habe Nein gesagt!« Für heute mein letztes Wort. »Jetzt lass mich bitte mit diesem Unsinn in Ruhe. Ich habe heute Abend noch etwas vor und gehe jetzt. Schließ hinter dir ab, aber vergess es nicht schon wieder.«
»Du hast etwas vor?« Niik wurde ganz hellhörig.
»Ich gehe heute Nacht aus.«
Pustend brach das Lachen aus ihm hervor. Der kleine rote Kopf wippte hin und her, während er sich auf die Knie klopfte, als habe er einen ganz besonders guten Witz gehört.
»Idiot!« Ich angelte mir die schwarze Tasche vom Boden und verschwand unter Niik´s hämischem Gelächter nach draußen.


Der jadegrüne Seidenstoff schmiegte sich kühl an meinem Körper. Verhüllte er vorne all die Verheißungen einer Frau, gewährte er eine sensationelle Rückenansicht. Ich musste Veleno einen wirklich ausgezeichneten Geschmack eingestehen. Die roten Wellen locker hochgesteckt und verziert mit zartem Silberschmuck kam ich mir vor wie eine Prinzessin.
Bei jedem Schritt, den ich die Empfangshalle des großen Gebäudekomplexes seines Unternehmens trat, schimmerte der Seidenstoff in allen Regenbogenfarben. Ich fühlte mich fantastisch und vergaß meinen Fauxpas vom frühen Abend schon fast wieder.
Tief über eine Klatschzeitung gelehnt sah der Mann hinter dem Empfang nicht einmal auf, selbst als ich direkt vor ihm stand und mich räusperte. Manche Menschen besaßen überhaupt keine Manieren. »Ich möchte zu Mister Veleno, wir sind verabredet.«
»Auf dem Dach,« murmelte er.
»Was macht er dort?« Sollte ich ihn nicht in seinem Büro treffen?
»Mondbaden. Sie sollen hoch kommen. Knopf 9 im Fahrstuhl.«
Er nahm ein Bad auf dem Dach? Wer setzte sich denn an einer solchen Stelle einen Pool? Ganz zu schweigen davon, dass er mir einschärfte, pünktlich zu sein. Na, wer war denn jetzt unpünktlich und noch nicht fertig? Kopfschüttelnd stampfte ich zum Aufzug, einmal mehr stellte ich fest, nur von Idioten umgeben zu sein.
Oben angekommen trat ich aus dem Fahrstuhl. Hatte ich einen Pool erwartet oder wenigsten einen Whirlpool, so wurde ich enttäuscht. Jenes, was mir der Wachmann als Mondbad anpries, entpuppte sich nicht wirklich als Bad.
Veleno räkelte sich, nur mit einem Handtuch um die Hüfte geschlungen, auf eine überdimensionale Sonnenliege. Der fahle Mond tauchte seinen muskulösen Körper in silbernes Licht, während die einzelnen Linien seiner Gestalt sich deutlich hervor hoben.
Meine Fingerspitzen kribbelten in freudiger Erwartung, jede einzelne dieser Linien nachzufahren. Leise stöhnte ich, das machte er doch mit voller Absicht. Er wusste, wie mein Körper auf ihn reagierte, und nun musste er sich mir ausgerechnet fast nackt präsentieren. Na, wenn das nicht ein Seitenhieb erster Klasse darstellte, sollte Niik sein Aquarium bekommen.
Seine Augen, bitterschokoladenbraun, blickten mir hochmütig entgegen, ganz so als würde er jeden Kampf gegen mich gewinnen können. Auch den gegen meine Nympheninstinkte. »Komm näher.«
»Das halte ich für keine gute Idee.« Lieber ging ich die letzten Schritte näher an eine steil abfallende Klippe heran, als auch nur einen auf ihn zu.
»Fürchtest du dich vor mir?« Listig und mit einer Spur Heimtücke grinste er.
»Nein.« Ich fürchtete mich nur vor mir und was ich tun würde, kam ich im näher.
Sein Blick wanderte von meinem Hals zum Saum des Kleides hinab. »Warum setzt du dich dann nicht neben mich?«
»Ich bin sogar fünf Minuten zu früh, aber sie sind ja noch nicht einmal angezogen. Außerdem haben sie noch gar nichts zu dem Kleid gesagt.« Ich ignorierte seine Worte. Stattdessen drehte ich mich langsam um die eigene Achse und präsentierte das ausgewählte Kleid.
»Oh, keine Sorge wir haben noch ein wenig Zeit. Das Kleid ist hervorragend. Ich habe es ja auch ausgesucht.« Damit handelte er das Thema Kleid ab und erhob sich in einer einzigen fließenden Bewegung von der Liege.
Vom Kommentar über das Kleid zufriedengestellt ertappte ich mich bei dem Wunsch, ihm möge doch das Handtuch von den Hüften rutschen. »Verflucht!« Knallrot im Gesicht senkte ich den Blick und musterte den Saum meines Kleides.
Schallend klang sein Lachen über das Dach »Wieso auf einmal so schüchtern?« Er legte es darauf an zu provozierte.
»Wenn Sie nicht in fünf Minuten umgezogen sind, können Sie alleine zu der Eröffnung gehen.« Dieses Spiel konnte er alleine spielen und so blieb ich ihm die Antwort auf seine Frage schuldig.
Schmollend verzog er die Lippen »Es macht sich wohl nicht gut von einer Nymphe versetzt zu werden?«
»Keine Frau würde mehr Interesse an ihnen zeigen.« Diese kleine Lüge verdiente er. Ich wusste zwar nicht genau wie sehr es einen Mann in den Augen der Anderen schaden würde von einer lusttollen Nymphe versetzt zu werden, doch war ich mir sicher, dass dies für einiges an Gelächter sorgen würde. Etwas das ein Mann, wie er, sicher nicht ausstehen konnte.
»Ich sollte dich also nicht verärgern?« Langsam, raubtierhaft und mit durchgedrückten Schultern näherte er sich.
Mein Kopf neigte sich in den Nacken, als er nur zwanzig Zentimeter vor mir stehen blieb. Der Geruch von Jasmin und Stiefmütterchen übertünchte den Geruch seines Körpers und stach unangenehm in der Nase.
»Wonach riechen Sie?« Das stank vielleicht. Unter dieser Bedingung mochten weder mein Verstand noch meine Gene ihn berühren.
»Gefällt dir der Duft,« verlangte er mit rauer Stimme zu wissen.
Als ehrliche Person musste ich ihm die Wahrheit sagen »Ganz ehrlich? Er stinkt furchtbar.« Demonstrativ wedelte ich mir frische Luft zu, um den widerlich süßen Geruch der Stiefmütterchen zu vertreiben.
»Gut, er wird dich auf Abstand halten.« Ungerührt meiner Worte schritt er vorbei zum Aufzug.
WAS? Mich auf Abstand halten? Sprachlos wandte ich mich ihm zu. Ich erhaschte seinen amüsierten Blick, bevor die Fahrstuhltüre sich schloss und ich alleine auf dem Dach zurückblieb. Ich fand keine Worte für das gerade geschehene und schüttelte immer wieder den Kopf. Jetzt schnappte er völlig über. Veleno glaubte wohl ich könne mich gar nicht benehmen. Wie er sich doch täuschte, ich konnte mich sehr wohl zurückhalten und schon Recht in einer Gesellschaft, auch wenn es mir meine drolligen Gene schwer machten. Dieses Verhalten war eine Beleidigung, die ich nicht auf mir sitzen lassen konnte. Er würde schon sehen, was er damit erreichte.
Ich entschied mich dafür unten in der Empfangshalle auf ihn zu warten, ihm jetzt nachzurennen und ihm eine Szene zu machen, dass erwartet er doch nur. Darauf jedoch konnte er warten, bis er sauer wurde, wie vergessene Milch.

Die Minuten verstrichen, während die Absätze meiner High Heels einen rhythmischen Tackt anschlugen und ihr Klang durch die gesamte Empfangshalle schallte. Langsam begann ich mich zu fragen, was er so lange dort oben trieb. Es konnte doch nicht so schwer sein einen Anzug anzuziehen? Oder doch? Bei diesem Vampir konnte man nie wissen.
Eine geschlagene halbe Stunde verstrich, ehe sich der Fahrstuhl in Bewegung setzte und seine silberne Türe öffnete.
Top gestylt im nachtschwarzen Anzug trat er heraus. Weder Fliege noch Krawatte zierte den Hemdkragen, stattdessen ließ er die ersten zwei Knöpfe offen und entblößte helle Haut. Ja, selbst ich gab zu, er sah umwerfend aus.
»Musste der Anzug erst geschneidert werden?« Bei diesem Anblick entsinnte mich sogleich daran, wie er mich auf Abstand halten wollte, als würde ich ihn jeden Moment anspringen. Vielleicht sollte ich mir ebenfalls ein Parfüm zulegen, welches ihn von mir fernhielt. Und ich wusste bereits dessen Namen, Ode Knobi, basierend auf Weihwasser.
»Anabelle!«
Völlig in der Vorstellung versunken wie er seine Nase angewidert von Ode Knobi kräuselte bemerkte ich nicht wie er an mir vorbei Schritt. Erst als er nach mir rief, schreckte ich auf. Wie peinlich, mit glühendem Kopf eilte ich ihm hinter her.
Ganz Gentleman öffnete Veleno mir die Beifahrertüre des vor dem Eingang geparkten schwarzen Mercedes, bevor auch er einstieg und sich in das dunkle Leder des Fahrersitzes sinken ließ.
»Hübsches Auto.« Bewundernd verfolgte ich die Linien der Armaturen. Ich fuhr ebenfalls gerne, doch da ich je nach Gefühlslage zum Rasen und aggressiven fahren neigte, verbot mein Vater mir mich hinter das Steuer eines Autos zu setzen. Doch nun, wo er sich aus meinem Leben verabschiedete, konnte er es mir nicht mehr verbieten. Ich überlegte ernsthaft gleich morgen zur Autovermietung zu gehen und mir einen schicken Flitzer zu leihen.
Veleno konzentrierte sich völlig auf die fast freien Straßen. Glatt kam es mir vor, als wäre er sich seines Beifahrers überhaupt nicht bewusst. Allerdings wusste ich aus Erfahrung, dass Vampire ihre Gegenüber gerne wie Luft behandelten, wollten sie ihre Ruhe haben.
»Was ist das für eine Eröffnung?« Leise fuhr das Fenster meiner Seite zehn Zentimeter hinunter. Hier im Auto stach sein Abwehr-Parfüm mir noch penetranter in der Nase, als auf dem Dach. Ich brauchte ein wenig frische Luft oder ich würde eingehen wie eine Wespe in der Pestizidwolke.
»Ein Freund eröffnet eine neue Location.«
»Das sagt mir auch viel. Was ist das für ein Laden?«
Veleno warf mir einen kurzen Blick, gefolgt von einem süffisantem Grinsen zu »Es wird dir gefallen.«
Oh nein, dieses Grinsen kannte ich inzwischen. Es verhieß nichts Gutes »Wehe Sie schleppen mich in ein Bordell, dann können Sie ihren knackigen Arsch drauf verwetten, dass Sie am Morgen in der Sonne goldgelb brutzeln.«
Velenos Grinsen wurde breiter »Spricht jetzt die Nymphe oder die Frau?«
»Beide!«
»Du findest also ich habe einen knackigen Hintern?« Abermals schaffte er es mich zu überrumpeln.
Tief seufzte ich auf. Ich musste besser auf meine Worte aufpassen. »Nun betreibt ihr Freund jetzt ein Bordell oder nicht?«
»Du lenkst ab.«
»Nein, ich übergehe nur eine völlig bescheuerte Frage.«
»Nein, du weichst aus. Man sollte immer den Mut haben, zu seinen Worten zu stehen.« Mit jenem Blick, welcher einen Eisklotz auf Anhieb zum Schmelzen zwang bedachte er mich »Tust du dies Anabelle? Hast du den Mut, zu deinen Worten zu stehen?«
Hatte ich dies? »Manche Dinge sollten nicht wiederholt werden. Ganz besonders wenn sie geradewegs ins Desaster führen.«
»Tun sie dies?«
»Dort wollen Sie mich doch haben? Ihnen reicht es nicht, dass ich mich ständig vor ihnen blamiere.« Ich wich seinem Blick aus und betrachtete mein Spiegelbild in der Seitenscheibe. Es gehörte wohl zu meinem Los von niemandem richtig verstanden zu werden. Entweder wollten oder konnten sie es einfach nicht.


Veleno führte mich in einen spärlich erleuchteten Club namens Elements. Die Musik dröhnte laut aus den Boxen und an der verglasten Theke tummelten sich lauter herausgeputzte Gestalten.
Fasziniert betrachtete ich die bunten Südseefische in einer der vier gigantischen Glassäulen, welche den Innenraum säumten. Neidlos gab ich zu, der Club verdiente seinen Namen völlig zu Recht. Sogar ein kleiner Wirbelsturm war in einer der Säulen gebannt, welcher sich genauso rhythmisch zum Beat der Musik bewegte wie die goldenen Flammen in der Dritten oder die grünen Dornenranken in der vierten Säule, welche wahrhaft lebendig wirkten.
Überall konnte ich die vier Elemente wieder erkennen. In der Gravur der Gläser, den Tischbeinen oder in der Farbe des Make-ups der Kellnerinnen. Alles passte perfekt zusammen.
»Aizor, ich hätte nicht gedacht, dass du hier auftauchst.« Vergnügt grinsend klopfte ihm ein dürrer Herr mit Halbglatze auf die Schulter. Die silbernen Strähnen übermannten bereits die wenigen noch vorhandenen braunen Haare und ließen den Mann sehr alt aussehen, obwohl er, kaum Falten im Gesicht, gerade Mal um die vierzig sein konnte.
»Konrad,« brummte Veleno während seine Hand sich auf die Mitte meines Rückens legte.
Sofort entfachte seine Berührung ein angenehmes Brennen auf meiner Haut. Wollte er mich nicht auf Abstand halten? So wurde das nichts.
»Dass du herkommst und dann auch noch in Begleitung.« Die braunen Augen fuhren langsam die Stellen nach, welche der Stoff so züchtig bedeckte.
Bei dieser Musterung regte sich rein gar nichts in mir, außer vielleicht Abscheu. Er schaffte es nicht, wie Veleno, mich alleine durch seinen Blick in Brand zu setzten.
»Wieso sollte ich nicht?«
»Na, weil Beatrice auch hier ist. Und sie kann es kaum erwarten dich wiederzusehen.« Sicher damit einen Nerv getroffen zu haben lächelte er Veleno siegessicher an, bevor er sich mir zuwandte. »Beatrice sieht über seine Eskapaden mit anderen Frauen hinüber hinweg. Er kommt sowieso immer wieder zu ihr zurück.«
»Nette Freunde haben Sie.« Ich konnte es mir einfach nicht verkneifen, ihn aufzuziehen. Wer solche Personen seine Freunde nannte, brauchte wohl keine Feinde mehr.
Bebend blitzten Velenos lange Eckzähne bei dem tiefen Knurren aus seiner Kehle auf. Im schwachen Licht schienen seine Augen völlig schwarz, nicht einmal die Spiegelung des Lichtes wagte sich dort hinein.

»Ich gehe mich etwas umschauen.« Meinetwegen konnte Aizòr diesen schmierigen Glatzkopf gerne in der Luft zerreißen, doch zusehen dabei lag mir fern. Dies wäre nur das blutige Highlight eines eh schon völlig verrückten Abends, angefangen bei Velenos Mondbad bis hin zu seinem Anti-Ana-Parfüm. Jetzt stand ich hier in diesem wirklich tollem Club, erfuhr von Velenos On-Off-Freundin und wurde allem Überfluss auch noch von Glatzi angestarrt, als wäre ich eine Praline für einen Verhungernden.
Aufgrund meiner Abstammung kannte ich dieses Verhalten, bei welchem jegliches männliche Wesen im Umkreis von fünf Metern sein Hirn abzuschalten schien, bereits. Doch immer wieder störte mich dies. Ich war doch kein Stück Fleisch, sondern ein Wesen mit Gefühlen.
»Du bleibst.« Veleno presste die Worte über seine Lippen, ohne diese wirklich zu bewegen.
»Dann geht er.« Hoffentlich wirkte mein Blick, den ich dieser Schmalzfliege zuwarf, genauso verachtend und angewidert, wie ich beabsichtigte.
Konrad verlagerte sein Gewicht auf das linke Bein, während sein Grinsen langsam erlosch. »Ich werde jetzt Beatrice suchen.«
»Gut mach das.« Meine Begleitung entspannte sich und blickte seinen Gegenüber nun gelangweilt entgegen.
Konrad zischte ab und ich befreite mich mit einer Umdrehung von Velenos Hand im Rücken. »Wieso sind Sie nicht mit ihrer Freundin gekommen?« Es kratzte an meinem Ego, wie ein Eiskratzer über die dick zugefrorene Windschutzscheibe.
»Ich bin Single.« Nickend deutete er auf einen Stehtisch, etwas abseits des Getümmels. »Ich kann mitnehmen, wen ich möchte.«
»Für gewöhnlich oder nur für heute Abend?« Durch die Lautstärke der Musik kam ich nicht herum ihm näher zurücken und ihm meine Worte ins Ohr zu rufen.
Sogleich schoss sein selbst aufgerichtet Schutzwall einen Schwall unangenehm süßlicher Pfeile nach mir. Stechend für es in meine Nasennebenhöhle und zwang mich zurück auf Abstand. Sein Parfüm wirkte wie Insektenspray auf lästige Blutsauger. Dämliches Zeugs.
»Immer dann, wenn ich es will.« Selbstgefällig blickte er auf mich hinab, bevor er sich an mir zum Tisch vorbeizwängte. Als geschähe es rein zufällig, streifte er dabei mit seinem Oberarm meine Brüste.
Lodernd erhob sich mein inneres Feuer, wie unter zufuhr trockenen Strohs, um alles zuversehren. Viel zu bereitwillig folgte ich Veleno zum Tisch, doch bevor ich auch noch den Fehler begann mich direkt neben ihn zu stellen, zwang ich meinen Körper zurück in die Gewalt des Verstandes und begab mich auf die gegenüberliegende Tischseite.
»Gerade also Single,« rief ich ihm zu und nahm das Gespräch wieder auf. Mich interessierte brennend, wer diese Beatrice war und was da nun wirklich lief.
»Interessiert?« Veleno gab sich große Mühe seine Mimik ausdruckslos erscheinen zu lassen, seine verräterisch zuckenden Mundwinkel jedoch sprachen von Heiterkeit.
Gut, wenn er es so haben wollte, dann sollte der Herr die Antwort bekommen, welche er verdiente. »Sie sind nicht gerade der Mann, welchen ich an mir knabbern lassen würde. Alleine schon ihr Parfüm, dies könnte eine ganze Horde wild gewordener Löwen in die Flucht schlagen. Ein Mann, an dem ich Interesse hätte, muss gut riechen und entsprechende Manieren besitzen.« Unsere bisherigen Auseinandersetzungen zeugten nicht gerade von guten Manieren, ganz im Gegenteil, er beleidigte und befehligte mich, wo er nur konnte. Dagegen war selbst Stella ein richtiger Sonnenschein.
Den Ellbogen auf den Tisch gelehnt fuhr er seinen Hemdkragen entlang »Dann hast du versucht dich Hoch zu schlafen?«
Ich fiel aus allen Wolken und fühlte mich gleichzeitig, als wäre der Stoff meines Kleides gerade unter Paukenschlag zu Boden geglitten. Diese Behauptung war so etwas von widerlich und obszön, dass es mich schon fast nicht wunderte, dass sie aus seinem Mund kam. Entsann ich mich der Blicke, nachdem er bereits einige Male mein Feuer heraufbeschwor, musste er dies ernsthaft glauben. Aber wieso dann diese Show? Die Worte blieben mir im Hals stecken. Brodelnd wandte ich mich ab und bahnte mir meinen Weg durch die Gäste hin zur Damentoilette.
»Dieser Leichenfledderer!« Wirsch stieß ich die weiße Flügeltüre auf und stieße dabei eine chinesische Vase mit Orchideen um. »So ein Mist! Wer stellt denn so etwas auch dort hin?«
Das Ding erwies sich als robuster, wie es aussah. Ohne nur einen Sprung davon getragen zu haben, rollte es noch ein wenig weiter in den Innenraum während sich das Blumenwasser und die Orchideen, als unfreiwillige Opfer meiner Wut auf dem gesamten grauen Boden des Toilettenvorraums ergossen. Auch das noch! Doch ich war alleine im Raum und sollte mich jemand fragen, so lag die Vase bereits umgestoßen hier, als ich hereinkam. Was kümmerte mich auch ausgerechnet jetzt so ein blödes Stück Keramik, wo mein Boss doch nur die allerbesten Ansichten über mich hegte?
Rote Flammen schlängelten sich wie lebende Schlangen, schlank und zierlich meine Finger entlang, umfassten meine Handgelenke, wie Armreifen, welche sich tief in meine Haut bohrten. Sah ich jetzt in den Spiegel, sah ich das Feuer in mir, welche hervor zu brechen versuchte mit all seinen Flammen und der senkenden Hitze.
Die Luftfeuchtigkeit im Raum nahm zu, dass Wasser auf dem Boden verdampfte aufgrund meiner enormen Körpertemperatur und zog sich in dünnen Dampfschwaden in die Höhe.
»Nein!« Ich musste das Feuer aufhalten, wenn bereits das Wasser auf dem Boden um mich herum zu verdampfen begann folgte alsbald mein Kleid. Zu Asche verfallen würde es mich all den lüsternen Blicken der Wesen im Club ausliefern, es sei denn, ich blieb für den Rest meines Lebens auf der Toilette oder stahl einer Anderen ihre Kleidung.
Vor meinem inneren Auge stellte ich mir das Meer vor, welches sich langsam über die wütenden Flammen wälzte, wie über den Sand eines Strandes. Kurzatmig stemmte ich mich am Waschbecken ab, während ich hoch konzentriert versuchte das Feuer niederzuzwingen. »Egal, was er sagt, es ist belanglos,« redete ich mir selber ein. »Pavel hat schon ganz andere Sachen gesagt.« Für einen kurzen Augenblick blitzten die silbernen Augen des Vampirs auf, welcher es liebte, mich bis zum Rand meiner Selbstkontrolle zu reizen. Ihm würde dies sicher gefallen, höhnisch würde er neben mir stehen und mich damit aufziehen, wie leicht ich zu reizen wäre. Sein Lachen würde mich nur noch mehr auf die Palme bringen, bis ich schließlich mit verschmorter Kleidung dastehen würde. »Pavel.« Die Erinnerung an jenen frostigen Kerl wirkte besser als meine Vorstellung vom Meer, die Flammen begannen kleiner zu werden und die Hitze abzunehmen. Endlich ein Erfolg.
»Wow!« Klatschend, als habe er einer besonders gute Zirkusnummer zugesehen stand Konrad an der Türe. Das Gesicht gerötet, leuchteten seine grauen Augen, wie die von einem kleinen Kind, dass von seiner Mutter ein Eis bekam. »Das war so aufregend. Fast dachte ich, ich müsste dich löschen.«
Erst jetzt viel mein Blick auf das volle Glas Wasser auf dem Rand des dritten Waschbeckens. »Das wäre mein Tod gewesen.« Ich übertrieb ein wenig, doch in der Realität stimmte dies weitgehend. Mir als Feuernymphe konnte Wasser oder alles Flüssige und Kalte sehr gefährlich werden.
»Das bisschen Wasser?« Ungläubig starrte er das Glas an.
Ich nickte. »Es ist wie eine Allergie auf alles Flüssige oder Kalte.« Eine sehr Schmerzhafte und Ätzende dazu.
»Dann kannst du nicht duschen oder die Hände waschen?«
Tief durchatmend zwang ich die letzten Flammen zu Funken nieder. »Ich habe meine Methoden entwickelt, um damit umzugehen.« Das Letzte, was ich jetzt wollte, war mit Glatzi über meine Veranlagungen zu sprechen. Der Grund für sein Auftauchen interessierte mich viel eher »Wieso bist du mir gefolgt?«
Konrad räusperte sich und riss den Blick vom Glas los »Ich sah Veleno aus der Damentoilette kommen.«
»OH.« Super, nun wurde auch noch Aizor zum Augenzeuge meiner Vorstellung. »Was hat er hier gemacht?« So sehr mit mir selber beschäftigt hatte ich gar nicht mitbekommen, wie er die Toiletten betrat oder gar wieder verließ. Der Abend wurde immer katastrophaler.
»Das weiß ich doch nicht. Wenn ich es wüsste, wäre ich nicht hier.« Als wäre ich ein Kind, welchem man alles erklären musste, schüttelte er den Kopf. Grinsend strich er sich über das dürre Haar, bevor sein Blick über mein Kleid wanderte und abermals an meinen Brüsten hängen blieb »Veleno war wohl doch nicht so ein toller Fang, was?«
»Das geht dich nichts an.« Ich straffte die Schultern und stampfte an ihn vorbei zur Türe. Bevor ich hindurchtrat überprüfte ich ein letztes Mal rasch die Unversehrtheit meines Kleides und begab mich anschließend wieder in den Innenraum.
Meine Lust den Abend jedoch weiter in diesem tollen Club zu verbringen ging mit meinen Flammen davon. Das Einzige was mich nun noch Antrieb war der berauschende Gedanke mich in mein Bett zu kuscheln und alles zu vergessen. Ob Veleno überhaupt noch anwesend war vermochte ich nicht zu sagen, erblicken konnte ich ihn nicht, als mein Blick ordnend durch die Menge glitt. Nun ließ er mich auch noch stehen. Aber gut, er sollte mir auch wirklich lieber aus den Weg gehen, auf eine weitere zur Schaustellung meiner Fähigkeiten war ich alles andere als scharf.
Erledigt schleppte ich mich zur Garderobe zurück. Gerade als ich meinen Schal in Empfang nahm, erblickte ich Velenos verwuschelten Hinterkopf über den Hals einer blonden Frau gebeugt in einer etwas abgedunkelten Ecke stehen. »Wie geschmacklos.« In meiner Brust stach es heftig, dieses Schwein!
»Ach, die Beiden kennen sich.« Die Schnepfe hinter dem Garderobentresen winkte lässig ab »Das ist seine Freundin. Hach, ich wünschte, er würde mich mal so halten.«
Das war also Beatrice? Ich sah mir die Frau genauer an. Ihre Gesichtszüge waren scharf und eher maskulin und ihr perfekt geschnittener Bob ließen sie wie eine Frau wirken, welche Dominanz und Strenge liebte. Etwas, dass viele Männer abstieß, Veleno jedoch geradezu anzuziehen schien. »Pha, von wegen Singel.« So ein Lügner. Ich packte meinen Schal fester und verließ ohne einen weiteren Blick auf diesen Leichenfledderer oder von ihm bemerkt zu werden den Club.


Die Nacht bescherte mir keine Ruhe. Der Gedanke, dass mir anscheinend niemand zutraute, aus eigener Kraft das Red Moon zum Erfolg zuführen, zerrte an mir. Wirkte ich so hilflos oder desorientiert auf meine Umgebung? Oder lag es wieder einmal daran, dass man mir als Nymphe nichts zutraute? Oder gar beides? Wie ich diese ewigen Vorurteile hasste.
»Ana?« Lena traf endlich im Red Moon ein. Ich musste einige wichtige Dinge mit ihr besprechen, ganz ohne Störenfriede die auf mehr Sexappeal pochten oder mir auf den Leib rückten, und bestellte sie so schon für neun Uhr ins Moon.
»Ich bin hier.« Auf dem einzigen sauberen Tisch im Gebäude lagen lauter leere oder beschriebene Blätter mit Notizen und ein Haufen Stifte. Ich wollte mir mit ihr ein neues Konzept ausdenken, dass alle vor Neid erblassen lassen würde. Der Besuch im Elements am Vorabend hielt mir deutlich vor Augen, dass ich besser sein musste, als meine Konkurrenz, wollte ich es zu etwas bringen. Und genau dies würde ich sein. Besser, als alle anderen.
Im Jogginganzug und unfrisiert schlenderte Lena herein, wie immer dabei ihre große schwarze Ledertasche mit sämtlichen Utensilien zum Planungsgebrauch. »Morgen,« sie warf mir ein müdes Lächeln zu, bevor sie auf einen freien Stuhl plumpste »Was ist so wichtig, dass du mich schon um neun hier haben willst?«
»Wir müssen die Eröffnung verschieben.«
»Wieso?«
»Das hier muss ein Hammer werden, so wie wir es bisher planten wird dies ein Reinfall. Ich war gestern mit Veleno im Elements, der Club ist das Nonplusultra.«
»Du warst mit Veleno aus?« Lena wurde mit einem Schlag wacher, ganz so als hätte ich ihr einen Eimer kaltes Wasser übergeschüttet, anstatt ihr meine neuen Pläne zu unterbreiten. »Los, ich will jede kleine, noch so schmutzige Einzelheit wissen!«
»Da gibt es nicht viel zu erzählen.«
»Wenn du mir nicht auf der Stelle alles erzählst, rufe ich Niik an und lad ihn zum Meeting ein.«
»Das wagst du nicht!«
»Oh doch!« Sie griff nach ihrer Tasche und begann nach ihrem Handy zu suchen. »Ich will doch nur eine kleine Zusammenfassung. Ach Ana komm schon, du kannst mir doch den Mund nicht wässrig machen und dann nichts verraten wollen.«
Theatralisch laut seufzte ich auf »Aber nur die Zusammenfassung.«
Lachend, ihr Ziel erreicht zuhaben, beendete sie ihre hoffnungslose Suche nach dem Telefon »Schieß los!«
»Nagut, er hat zuerst Anti-Nymphen-Parfüm aufgelegt, dann bringt er mich in den Club, wo ich von seiner Freundin Beatrice erfahre, er beschuldigt mich ich würde mich nur hoch schlafen und dann macht er auch noch mit dieser Kuh am Eingang rum. Genug erzählt?« Den kleinen Zwischenfall auf der Damentoilette verschwieg ich, es wäre zu kompliziert dies nun noch einmal zu erklären, zumal sich dies für einen Menschen wirklich sehr ungläubig anhörte, auch, wenn er in den Kreisen der Nichtmenschlichen verkehrte.
»Och, Analein.« Tröstend strich sie über meinen Arm »Männer sind solche Schweine.«
Zustimmend nickte ich »Können wir jetzt weiter machen? Ich will.«
Weiter kam ich nicht. Niik stürmte mit rotem Kopf ins Red Moon. Wie hatte er nur davon erfahren?
»Niik!«
»Weißt du, was er gemacht hat?« Niik warf die Arme in die Höhe und plusterte sich auf. »Wie kann er nur, Cursed seo marbh, dieser Idiot!«
»Niik, was ist denn?« Offensichtlich regte es ihn nicht auf, dass Lena und ich uns heimlich zum Meeting trafen. »Was ist passiert?«
»Was passiert ist? Was passiert ist? Das will ich dir sagen Leanaí, unser Boss hat gewettet, dass unser Laden eine totale Pleite wird! Céilí Mór!«
»WAS?!« Lena fuhr gemeinsam mit mir auf. »Das kann er doch nicht machen.«
»Woher weißt du das?«
»Von Konrad Dingens, ich hab seinen Namen vergessen. Veleno hat mit einigen anderen Vampiren gewettet, dass der Laden ein Phlimp wird.«
»Konrad!« Wieso wunderte mich dies nicht? Aber diesmal tat dieser Glatzkopf wenigstens zur Abwechslung etwas Nützliches.
»Das ist unglaublich.« Lena kaute auf ihrer Lippe »Wie kann er nur gegen uns wetten?«
»Vampire sind Arschlöcher, jeder Einzelne von ihnen.« Jetzt musste der Laden erst recht erfolgreich werden. Ich würde Veleno zeigen, was in mir steckte und dann würde er sich gehörig umsehen müssen.
»Ich dachte, ich hör nicht richtig, aber es muss stimmen, Konrad setzt keine Gerüchte in die Welt, das ist nicht seine Art.« Nicks kleine Äuglein wanderten über den Tisch »Cailín, was treibt ihr hier überhaupt? Ich wusste gar nicht, dass wir uns treffen wollten.«
»Ähm, woher weißt du eigentlich, dass wir hier sind?« Lena vermied es ihn anzublicken und sah stattdessen mir zu, wie ich die Blätter begann auf einen Haufen zu stapeln.
»Ich hab in der Pension angerufen, dort meinte man du wärst hier.« Misstrauisch trat er näher und warf einen Blick auf die Papiere. »Ihr wolltet euch ohne mich treffen?«
»Nein, wir haben uns nur zum Kaffetrinken hier getroffen.« Tolle Ausrede, lobte ich mich sarkastisch.
»Doch! Ihr wolltet euch treffen!« Schnaubend zog er einen Stuhl herbei und ließ sich nieder. »Gut, dass ich noch rechtzeitig gekommen bin, wir müssen uns jetzt überlegen was wir tun.« Zur Abwechslung zeigte Niik sich nicht nachtragend, sondern motiviert etwas Großartiges hervor zubringen. »Ich bin immer noch für das Aquarium!«
»Zu gewöhnlich.« Ich angelte mir einen Stift. Niiks gute Laune musste ausgenutzt werden. »Es muss etwas ganz Besonderes sein.«
»Und an was hast du gedacht?« Lena beruhigte sich rasch und zog sich ebenfalls ein Blatt für Notizen heran.
»Wir brauchen ein Thema. Etwas Elegantes, etwas das Es kaum ein zweites Mal gibt.«
»Ich habe da an die Zwanziger oder vielleicht waren es auch die dreißiger Jahre gedacht. Ich habe mal einen Untergrundclub in einem Gängster-Film gesehen, welcher in der Zeit spielte, die Atmosphäre, die Frisuren und Kleider, das wäre doch toll. Verrucht mit viel Erotik,« schwärmte Niik. »Das wäre iontach.«
»Mhm, in die Vergangenheit eintauchen. Hört sich nicht schlecht an, allerdings müssten einige magische oder mystische Elemente mit hinein, um es auch wirklich interessant zu machen. Und auch die Musik muss etwas flippiger sein. Es muss also im Ganzen etwas verruchter und exzentrischer werden.«
»Wie wäre es mit einem Nixenaquarium?«
»Niik, keine Nixen!«
»Das ist ja alles schön, aber wie willst du das mit den Gästen machen? Die werden wohl kaum Klamotten aus den Zwanzigern im Schrank haben.« Lena sprach genau die Punkte an, welche ich im Eifer vergessen würde.
»Es kommen nur geladene Gäste herein. Wir könnten Einladungen bis zwei Wochen zuvor verschicken, sie hätten dann genügend Zeit sich Kostüme auszuleihen.«
»Du willst für jeden Abend der Woche Einladungen verschicken?«
»Nein, wir werden nur an zwei oder drei Tagen in der Woche aufmachen.«
»Und an welchen soll das sein?«
Ich grinste Lena vergnügt an »Das legen wir für jede Woche vorher fest, so wird es spannender.«
»Das wird Veleno nie zulassen.«
»Er hat gegen uns gewettet, lassen wir ihn also ein wenig in dem Glauben, wir würden tatsächlich floppen. Aber zuvor besiegel ich mit ihm meine eigene Wette.« So leicht kam er mir nicht davon, und wenn er schon wetten wollte, dann mit mir und um den Club. »Lena schicke Veleno bitte einen Brief, dass ich mit ihm um den Schuppen wetten will. Wenn wir vier Wochen überstehen, ohne Miese zu machen, will ich den Laden haben.«
»Und was bekommt er als Gegenleistung?«
»Nichts, das wäre dann sein persönliches Pech, er wird’s verkraften. Und nun lasst uns anfangen mit der neuen Erfolgsgeschichte des Ladens. «


Zwei Tage verstrichen und weder hörte noch sah ich etwas von Veleno. Ganz zu schweigen von einer Antwort auf mein Angebot. Sollte er sich am Ende doch als vorsichtig oder geizig entpuppen? Nach der Nacht im Elements traute ich diesem Blutsauger wirklich alles zu.
Die Umbauarbeiten liefen weiter auf Hochtouren. Niik und Lena entwarfen immer neue, exotischere Ideen für den Club, welcher noch immer keinen neuen Namen besaß. Es lief sogar so gut, dass ich mir eine kleine Wohnung ganz in der Nähe des Red Moon anmietete. Viel befand sich noch nicht darin, außer einer Einbauküche mit Kaffeemaschine, ein wenig Geschirr, meine Koffer und eine ausgelegen Matratze, sowie einen von Lena geliehenen Fernsehapparat. Für den Anfang wollte ich mir auch nicht mehr anschaffen, wer wusste schon, ob ich länger hier wohnen blieb. Dies zeigte sich erst nach der Neueröffnung meines Projektes. Zumindest erstrahlten die Wände frisch gestrichen in einem warmen Vanilleweiß und auch sonst war sie sehr sauber.
Nun saß ich vor dem Fernseher auf dem Boden, sortierte meine Unterlagen, während ein schnulziger Bollywoodstreifen im Abendprogramm lief. Absolute Stille behagte mir nicht.
An der Tür schrie die Klingel schrill unter Dauerbetätigung auf. Es gab nur ein Wesen, welches dermaßen auf die Klingel drückte, als ginge es um Tod und Leben. »Ich komme ja schon!« Schwerfällig erhob ich mich aus dem Schneidersitz und trottete zur Türe. »Niik, hör auf, ich werde noch ganz tau…« Das Wort blieb mir Hals stecken.
Vor mir stand nicht der Möchtegern-Zwerg.
»Pavel?«
Die weißen Fransen des einst langen Haares fielen ihm wild ins Gesicht und wippten beim Verneinen. »Nenn mich Zetó.«
Vampire ändern öfters, je nach Lebensabschnittsphase ihre Namen und manchmal kam es sogar vor, dass niemand mehr den richtigen Namen einer Person wusste, weil sie sich zu oft umbenannte. Aber nie erlebte ich, dass ein Vampir aus meinem unmittelbaren Umfeld seinen Namen wechselte. »Was tust du hier?«
Pavel, nein Zetó drängte mich zurück in die Wohnung. Wie selbstverständlich schob er die Türe hinter sich zu, dabei lud ich ihn nicht ein hereinzukommen. Dass ein Vampir nur herein kann, wurde er gebeten, ist ein oft belächelter Mythos, an welchen die Menschen gerne glauben, aber eigentlich gebot es ihnen nur die Höflichkeit zu warten bis sie eingelassen wurde.
»Weiß Sabik das du hier bist? Wenn nicht wird es großen Ärger geben.«
»Ich wollte dich sehen.« Zetó trat näher.
Sofort breitete sich ein warmes kribbeln in meinem Bauch aus und mich verlangte es danach, ihn zu berühren.
»Das ist nicht gut.« Seine Wange fühlte sich fabelhaft unter meinen Fingerspitzen an, so kühl und glatt.
»Ich habe Sabik gebeten, mich lösen zu dürfen.«
»Wieso tust du das? Du warst Sabiks rechte Hand, der beste Hengst im Stall, du hättest es bei ihm noch sehr weit bringen können.« Ich zog seinen Geruch, den des frischen Schnees, in mich. Wohltuend legte sich dieser Duft auf meine Sinne und schwängerte meine Hormone mit dem Verlangen nach mehr.
»Er glaubt ich wolle zurück in meine Heimat und mich dort einem heimischen Clan anschließen.« Zielgerichtet fanden seine Hände den Weg auf meine Hüfte. »Doch da liegt er falsch.«
»Was willst du dann,« meine Worte glichen kaum mehr einem Flüstern. Den letzten Rest des Abstandes überwand ich mit einem kleinen Schritt auf ihn zu. Freudig jubelte mein Körper auf und entsandte lauter elektrische Wellen durch mich hindurch. So fremd und doch so vertraut konnte mir nur Zetó sein.
»Eine eigene Familia.« Zetós Hände wanderten weiter, fesselten mich in einer Umarmung an seinen kühlen Körper.
Und ich? Ich genoss es. Die Funken im Bauch loderten gierig auf und lechzten nach mehr Zündstoff. Seine Worte kamen nur verschleiert zu mir hindurch, das Denken viel mir schwer während alles in mir noch Zetó schrie. »Du spinnst, das ist viel zu riskant.« Wie eine Katze, die nach Streicheleinheiten lechzte, schmiegte ich mich an seinen durchtrainierten Körper, rieb meine Hände an seinen Schultern, als könne ich damit das Verlangen in meinem Inneren mildern.
»Für mich ist nichts zu gefährlich.« Seine Hände verkeilten sich unter meinem Po, mit der Leichtigkeit einer Feder hob er mich in die Höhe. Nun größer, als er, sah er unten zu mir hinauf. Zuversicht und Hoffnung schimmerten in seinen silbernen Augen, die Kälte und die Distanz, welche normalerweise dort innewohnten, schienen völlig verschwunden. So erkannte ich ihn kaum noch wieder. »Du bist nicht auf den Kopf gefallen, oder?« Sanft strich ich ihm die Fransen aus den Augen »Und du ziehst mich nicht schon wieder auf?« Sogleich schalte ich mich irrsinnig, zu glauben er hätte extra den weiten Weg zurückgelegt, um sich einen Scherz mit mir zu erlauben. Doch nach den Tagen mit Aizor reagierte ich ein wenig vorsichtiger auf die Aussagen eines Vampirs, als früher. Ob Veleno eifersüchtig wäre, wüsste er, was sich gerade hier abspielte, wie ich mich an Zetó krallte und mir die Erlösung meiner Gier von ihm wünschte? Ach was! Er hatte Beatrice und ich Zetó.
»Ich bin völlig gesund.« Das Silber seiner Pupillen verdunkelte sich »Woran denkst du?«
»Ich kann es immer noch nicht glauben, dass du hier bist.« Hatte er bemerkt, dass ich mit meinem Gedanken kurz zu einem Anderen schweifte?
»Muss ich dir erst beweisen, dass du nicht träumst?«
»Vielleicht.«
Gurrend beugte sein Haupt sich vor. Kühl und dennoch sehr weich legten sich seine Lippen auf die kleine Kuhle an meiner Kehle. Die empfindliche Haut küssend arbeitete er sich Stück für Stück weiter.
Auf meiner Haut explodierten lauter Silvesterknaller, entzündeten meinen Körper, als habe Zetó Spiritus auf ein Feuer gegeben. Lüstern drückte ich mich an ihn, bereit mich meiner Gier völlig hinzugeben. Viel zu lange schon musste ich mich zurückhalten, um dieses auf dem Silbertablett servierte Angebot auszuschlagen zu können. Meine Hände fanden den Weg zum Saum seines grünen Seidenhemdes. Ohne Rücksicht es nicht zuzerstören, riss ich es auseinander, der Stoff ächzte, während die Knöpfe prasselnd auf dem Parkett aufschlugen.
Zetó knurrte, seine Lippen wurden von seiner Zunge abgelöst, welche immer fordernder über meine Kehle leckte. Seine Wand aus Selbstbeherrschung bröckelte immer schneller ab, und hervor brach das zurückgehaltene Verlangen, wie ein lange ausgehungertes Untier.
Ohne seine Schritte wahrgenommen zu haben, fand ich mich eingekeilt zwischen Wand und Zetó wieder. Seine Hände wanderten meine Beine entlang, forderten mich auf, sie um seine Hüfte zu schlingen, als sei ich eine Python und er mein hilfloses Opfer.
Egal was er von mir verlangte, im Augenblick war ich ihm hörig, völlig ausgefüllt mit dem Verlangen nach Erlösung von dieser Gier, nach seinem Körper. »Zetó!«
Seine Hände schoben sich unter mein Shirt, immer höher bis zur Spitze meines BHs.
»Weiter!«
Leise lachte er über diese Aufforderung und machte sich daran mir das Shirt vom Leib zu schälen.
Die Umgebung erwärmte sich, meine Haut brannte unter seinen Berührungen, während sich mein Verstand gemütlich zurücklehnte und zusah. Ich wollte Zetó. Mit Haut und Haar, heute Nacht gehörte er nur mir alleine.
Zetós Finger verharrten unerwartet auf meinem Schlüsselbein, den Kopf zur Türe gedreht lauschte er.
»Was ist?« Schwer atmend folgte ich seinem Blick. »Wieso hörst du auf?«
»Es hat geklingelt.«
»Egal lass es.« Ich überhörte dies wohl. Aber egal wer dort vor der Türe stehen mochte, ich ließ mich nicht davon stören, sollte der Klingler doch später wiederkommen. Ich umfasste Zetós Gesicht und zwang ihn mit ein wenig Druck mich anzuschauen »Wenn du jetzt aufhörst, verwandel ich dich in Kohle.«
Rau gurrte er auf. »Keine Störung mehr!« Damit packte er mich abermals unter dem Po und stieß sich von der Wand ab, um den Weg ins Schlafzimmer anzutreten.


»Los, steh schon auf.« Bewegungslos verharrte Zetó auf der Matratze. Das Gesicht zur Decke gerichtet und die Augen verschlossen machte er den Eindruck, als würde er schlafen. »Die Sonne geht gleich auf, und wie du unschwer erkennen kannst, habe ich nur Rollos und keine richtigen Rollladen. Wenn du jetzt nicht gehst, muss ich der Polizei wohl oder übel erklären, wie der riesige verkohlte Körper in meine Wohnung kommt.« Ich zog die Decke enger an mich und verdeckte meine Blöße. Es war albern, hatte er mich doch bereits splitternackt die ganze Nacht für sich gehabt, doch nun schämte ich mich ihm meine unbedeckten Brüste entgegenzuhalten, wie Appetithäppchen zum snacken. »Außerdem, ich steh absolut nicht auf Creme brûlée.«
»Creme brûlée,« seine Wangenmuskulatur zuckte bei dem Versuch nicht zu lachen. Zetó drehte sich auf die Seite, den Kopf auf seiner Hand gestützt beobachtete er mich bei dem Versuch, nicht mehr als nötig von meinem Körper zu zeigen.
»Du weißt schon, angekokelter Pudding.«
Zetós Lachen schallte durch das Schlafzimmer. So erlebte ich ihn zum ersten Mal. Zugegeben, ich erlebte ihn völlig verändert. Von dem harten, kalten und berechnenden Mann aus Paris war nichts übrig geblieben außer dem wachsamen Ausdruck in den silbernen Augen, mit welchem er mich und die Umgebung beobachtete.
»Was ist nur los mit dir? Du benimmst dich wie ein pubertierender Teeny.« Ich war zu sehr die andere besonnene Seite von ihm gewohnt, als nun seine Neue völlig zu akzeptieren. Irgendwo unter dieser fröhlichen, ausgelassenen Fassade musste der Alte Pavel schlummern, bereit auszubrechen, sollte ich es am wenigsten erwarten.
»Muss ich dich erinnern, dass du über mich hergefallen bist, wie eine verhungernde Katze?¬ Und nicht umgekehrt?« Zetós Fingerspitzen strichen behäbig meine Schulter hinab, während sein Blick voller Selbstsicherheit strotzte. Er wusste genau was er tat.
»Mag sein, aber du hast dich ja auch als Maus regelrecht angeboten.¬« Er legte es genauso an, wie ich, und konnte mir nun wohl kaum die alleinige Schuld an dieser hitzigen Nacht geben.
»Und als Dank wirfst du mich raus?« Kopfschüttelnd strich er weiter meinen Arm entlang, bis hin zum Deckensaum, welcher ihm den Blick auf meine Brüste verwehrte.
»Sag mal, hörst du mir überhaupt zu, wenn ich dir etwas erkläre?« Ich deutete seufzend auf die alten Baumarktrollos, welche kaum mehr das Sonnenlicht vom Eintauchen ins Schlafzimmer abhalten konnten. »Du verbrennst, wenn du hier bleibst, verstehst du? Von dir bleibt nichts als ein Stück riesiger Kohle übrig, dann war´s das mit untot bis in alle Ewigkeit.«
»Glaubst du, ich hätte es gewagt mit dir zu schlafen, wäre ich so empfindlich?« Unweigerlich hefteten sich unsere Blicke an den großen schwarzbraunen Schmorfleck auf der Matratze. »Wenn du wolltest, könntest du das Sonnenlicht imitieren und mich töten.«
»Aber ich imitiere sie nicht, also mach dich jetzt vom Acker, bevor ich es mir noch mal mit dem Imitieren überlege.«
»Das könnte heiß werden.« Er lachte über seine Worte, wie über einen guten Witz. Wenigstens eines hatte sich nicht verändert, sein Humor blieb trotz seiner Bemühungen, wo er war, in der sibirischen Einöde.
»Verschwinde, bevor ich wirklich noch zur Sonne werde!« Der Sex mit Zetó laugte mich aus, mein Feuer glich nur noch einem winzigen Holzscheit der kümmerlich vor sich her glühte, nicht mal mehr ein Prickeln aufgrund seiner Berührung wollte sich mehr einstellen. Und auch wenn ich all meine letzten Reserven herauf beschwören würde, heraus käme nur ein Feuer im Ausmaß einer Kerzenflamme. So verpuffte meine Drohung, wie ein Tropfen Wasser auf heißer Herdplatte.
»Und wo soll ich hin? Ich bin letzte Nacht erst angekommen.« Sein Zeigefinger schlüpfte unter die Decke, fordernd zog er daran mit der Absicht den Stoff zu entfernen.
»Lass dass!« Männer konnten manchmal ziemlich lästig sein und gerade jetzt kam Zetó mir wie die Wespe auf dem Nussteilchen vor, die einfach nicht locker ließ. »Was weiß ich, wo du hin sollst. Die Stadt ist groß genug, da wirst du doch wohl was für den Tag finden. Veleno besitzt bestimmt einen Haufen Hotels für solche Gelegenheiten.«
»Veleno?“ Die Wespe stach zu. Seine silbernen Augen zogen sich unter einem mehr als nur unerfreuten Blick zusammen.
»Mein Boss, ihr habt mich bei ihm abgeschoben, schon vergessen?«
»Sabik hat dich abgeschoben, nicht ich,« Zetó klang beleidigt und zog auch sogleich seine Finger vom Saum der Decke. »War er es der gestern an der Türe klingelte?«
»Kann ich hellsehen? Woher soll ich wissen, wer an der Türe klingelt?« Könnte ich dies, würde mein ganzes Leben anders verlaufen, aber leider war dies nicht der Fall. »Wenn ich das könnte, hätte ich dir die Türe erst gar nicht aufgemacht.«
»Erst ein anderer Mann und jetzt bereust du es auch noch?« In einer einzigen fließenden Bewegung erhob Zetó sich und stampfte murmelnd aus dem Zimmer. Was mir blieb, war die Ansicht seines blassen schlanken Rückens und des festen, sexy Hintern.
Schnaubend fiel ich zurück in die spärlichen Federn. Wie konnte man nur so anstrengend sein? Weder erwähnte ich Veleno, noch dass ich die Nacht mit ihm bereute. Mal wieder legte Zetó mir etwas in den Mund, was von ihm und nicht von mir selbst stammte.
Doch trotz dieses kleinen Rückschlages musste ich lächeln, auch wenn Zetó es vorgab, ganz ändern würde er sich nie.
»Hier für dich! Hat er unter der Tür durchgeschoben.« Zetó kam zurück, seine langen Beine steckten bereits in seiner verwaschenen Jeans, und schleuderten mir ein zerknülltes Stück Papier entgegen, bevor er sich auf den Fersen wieder umdrehte und aus dem Blickfeld verschwand.
»Lass dich beerdigen,« rief ich ihm hinterher, während ich das Papier auffischte »deine schlechte Laune ist unerträglich.« Endlich entknittert konnte ich in sauberer, ordentlicher Schrift lesen:
Wette angenommen. Morgen zwanzig Uhr, Brunch, Dachterrasse. Aizor.
»Ach du scheiße!« Auch das noch, kein Wunder, dass Zetós Laune sich gefährlich dem Gefrierpunkt näherte. Ich vergaß völlig das Laken und sprang auf. Velenó stand tatsächlich vor meiner Türe während ich Zetó nicht schnell genug aus den Klamotten bekam, und zu allen Überfluss musste dieser Idiot mir auch noch eine Nachricht unter der Türe durchschieben, welche Zetó prompt finden musste. Wieso konnte er mir nicht einfach eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen? »Zetó!« Nackt rannte ich aus dem Zimmer »Wo bist du?«
Stur schwieg er und klapperte stattdessen in der Küche mit der Schnalle seines Gürtels.
»Das ist nicht, was du glaubst.« Ich verspürte den unbändigen Drang ihm die Sache zu erklären, er sollte verstehen, dass mit Velenó nichts lief, zumindest nichts Außergeschäftliches. »Lass es mich erklären.«
»Nein!« An die Arbeitsplatte gelehnt beschäftigte er sich mit dem Hemd und dessen abgerissenen Knöpfen. Er machte sich nicht einmal die Mühe aufzusehen.
»Bitte.« Ich offenbarte mich ihm gerade, völlig nackt und er sah mich nicht einmal an, das tat weh.
»Nein, mir ist egal, was du mit ihm hast.« Ein letztes Mal strich er über sein offenes Hemd, welches unverschämt die straffe Muskulatur seines Bauches unterstrich. »Aber jetzt bin ich hier,« entschlossen sah er auf »ab jetzt wird sich einiges ändern und ich werde alles daran setzen, dass es für dich nur noch mich gibt, wenn ich hier fertig bin.« Eine Ansage, welche keinen Zweifel an seinen Absichten ließ.
»Aber Zetó,« kaum setzte ich an stand er vor mir, den Zeigefinger auf meinen Lippen, um sie zu versiegeln.
»Kein aber, ich muss jetzt gehen, es wird bald hell.« Die Spitze seines Zeigefingers fuhr sanft über meine Lippen hinweg »Ich werde dich zum Abschied nicht küssen, Bestrafung muss sein.« Lachend wandte er sich ab und verließ mich.
Ohne die richtigen Worte zu finden, sah ich ihm hinter her, bis das Schlagen der Türe mich aus der Starre riss. »Bestrafung?« Stöhnend schüttelte ich den Kopf, hätte er mich doch nur ausreden lassen.


Ich machte mir nicht die Mühe mich für das Brunch herauszuputzen, stattdessen trug ich meine Lieblingsjeans, kombiniert mit einem grünen Shirt, auf dem fröhlich ein Smiley dem Betrachter entgegen grinste. Hier ging es einfach nur ums Geschäft und nicht darum ihm zugefallen. Zumal ich von Männern, ganz besonders von dieser sturen, überheblichen Art erst einmal genug hatte. Zetós Abgang lag mir immer noch unangenehm im Magen, und vorerst verdrängte ich die Gedanken an ihn, denn hier ging es um Wichtigeres, hier ging es um meine weitere Zukunft.
Die Fahrstuhltüre öffnete sich und gab den Blick auf die Dachterrasse frei. Velenó ersparte mir dieses Mal zum Glück den Anblick seines Mondbades und winkte mich aus einem hellen Korbsessel näher heran.
»Du bist unpünktlich.« Abschätzend glitt sein Blick über meine Aufmachung.
»Zwei Minuten.« Er sollte sich mal nicht so anstellen, ich war pünktlich, zwei Minuten hin oder her. Ich achtete nicht auf sein Schnauben, das offensichtlich meinem Kleidungsstil galt, und ließ mich neben ihm in den zweiten Sesseln sinken. »Und das schimpfen Sie Brunch? Ich bin enttäuscht.« Auf dem kleinen Glastisch stand lediglich eine Flasche Rotwein, samt zwei schlichte, bauchige Rotweingläser.
»Was hast du dir denn vorgestellt?« Velenó nahm die Flasche und schenkte uns großzügig ein.
»Wie wäre es mit etwas zum Essen?« Da aß ich den ganzen Abend nichts, freute mich auf Croissants und Erdbeermarmelade und dann dies! Zwei dämliche Gläser Rotwein, dabei trank ich noch nicht einmal gekorenen Traubensaft. Heute war eindeutig nicht mein Tag.
»Ich kann dir etwas kommen lassen.« Beiläufig strich er sich über das mitternachtsblaue Jackett. Im Gegensatz zu mir kleidete er sich vorzüglich. Unter dem Jackett trug er ein weißes Seidenhemd, das im Schein der Lampe sanft glänzte. Natürlich trug er auch die passende Hose dazu, alles passte perfekt zusammen. Neben mir wirkte er wie ein vollendetet Kunstwerk, während ich die zufällige Touristin darstelle, welche ihn betrachtete.
»Nein, ich esse dann später etwas.« Die Tortellini vom Vortag sollten noch genießbar sein.
»Wieso so missgelaunt?« Behutsam schob er das Weinglas näher an mich heran. Er erwartete, dass ich mit ihm anstieß, doch den Gefallen tat ich ihm nicht.
»Das fragen Sie auch noch? Sie schieben mir Zettel unter die Türe, anstatt mir auf die Mailbox zusprechen.«
»Wer war letzte Nacht bei dir?«
»Tzt, das geht Sie gar nichts an.« Wieso erwartete er gleich jedesmal, dass ich ihm Rede und Antwort stand? »Mein Privatleben hat Sie nun wirklich gar nicht zu interessieren.« Ich arbeitete lediglich bei ihm, nichts weiter.
»Ich kann ihn an dir riechen.« Ein Satz und er beugte sich über mich, das Gesicht gefährlich nahe an meiner Halsbeuge.
»Hey,« ich zuckte zurück vor seinem überraschenden Angriff.
Geräuschvoll zog er den Geruch auf meiner Haut in sich auf. Das hatte ich von der Katzenwäsche am Morgen, obwohl ich von der empfindlichen Nase der Vampire wusste. Zu meiner Schande muss ich gestehen, ich mochte Zetós Geruch nach frisch gefallenen Schnees an mir.
»Hat es dir gefallen, wie er dich berührt hat?«
»Gehen sie weg!« Ich stemmte die Hände auf seine Brust und drückte. Velenó rührte sich genauso wenig vom Platz, wie eine Mauer.
»Kenne ich ihn,« rauchig strich seine Stimme, wie schwerer Samt, über meine Haut.
Mein Inneres begann sich zu regen, gut erholt, um sich abermals auszupowern.
»Unwahrscheinlich. Und jetzt seien Sie brav und setzten sich wieder.« Noch immer versuchte ich ihn von mir zudrücken, diese Nähe ließ mich schaudern. Zumal Zetó, sollte ich ihm über den Weg laufen, bevor ich mich gründlich mit Desinfektionstüchern reinigte, sicherlich seinen Kontrahenten ebenso an mir roch, wie Velenó ihn. Was dann passierte, wollte ich nach letzter Nacht nicht herausfinden.
»Dich sollte keiner küssen.« Hart und fordernd presste er seine kalten Lippen auf meine.
Überrumpelt vergaß ich all meine Gegenwehr. Damit rechnete ich nicht mal in meinen kühnsten Träumen. Funken stoben auf, entfachten mein Blut, als sei es Glycerin, das sich über mich ergoss.
Seine Zunge leckte über meine Unterlippe, wollte Einlass dort, wo er nicht hingehörte.
Der Wunsch, nach seinen spitzen Zähnen, welche zart über meine Lippen glitten, klopfte leise bei meinem Verstand an. Mit aller Willenskraft verstärkte ich das Schloss an der imaginären Türe in meinem Kopf mit weiteren Schlössern. So sicher, gegen die Versuchung die von ihm ausging, wie klebriges Karamell auf Sahneeis, wiederstehen zu können tauchte ich aus der Bewegungslosigkeit auf, um sogleich nach hinten auszuweichen.
Veleno folgte, wie ein gieriger Nimmersatt meiner Bewegung, bis mein Kopf gänzlich im Nacken lag, und er fast auf mir. Sein Seidenhemd begann unangenehm muffig zu riechen, dort wo ich ihn berührte musste der Stoff bereits schmorren. Dem Vampir jedoch schien dies nichts auszumachen.
Sein Kuss, so leidenschaftlich, fühlte sich gut auf meinen Lippen an, er prickelte und dort wo kalte auf warme Haut trafen knisterte es leise, als würde Wasser sieden. Ich durfte ihn nicht küssen, das würde nur Ärger bringen, ganz von Zetó zu schweigen. Und doch fühlte es sich so unverschämt unwiderstehlich an, wie geschmolzene Schokolade. Das erste von dutzend Schlössern brach.
Doch ehe ich noch wirklich in Versuchung geriet nachzugeben, zog Velenó sich zurück. Weiterhin über mich gebeugt sah er mir forschend ins Gesicht, er erhoffte sich etwas darin zu finden, dass ihm Antwort auf seine unausgesprochene Frage gab.
»Mistkerl!« Keuchend stieß ich heftig meinen Atem aus und sah ihn meinerseits ins Gesicht. Was ich dort sah, gefiel mir nicht.
Velenó blickte zufrieden drein, als habe er sich etwas bewiesen, was er längst wusste, und dies bezog sich ganz offenbar auf meine Sexualität.
»Ich bin kein Wanderpokal!« In seinem Blick sah ich es, er glaubte er könne mich haben, wie jeder andere auch. Eine Nymphe, unersättlich, die mit jedem die Nacht verbrachte, der es nur wagte.
Er hinderte mich nicht beim Aufspringen und trat einige Schritte zurück.
»Diesen Scheiß können Sie vielleicht mit ihrer Schnepfe machen, aber nicht mit mir.« Wie konnte ich nur glauben er führe nichts im Schilde, als er mich einlud? Velenó war gerissen, er tat nichts ohne seinen eigenen Vorteil daraus zu ziehen.
»Meiner Schnepfe?« Die dunklen Augenbrauen hoben sich.
»Hat doch jeder gesehen, wie ungeniert Sie neulich über diese Emanze hergefallen sind.«
Vor sich her lächelnd nahm er sein Glas »Hast du mit ihm geschlafen, weil du eifersüchtig bist? Um mich zu ärgern?«
In diesem Augenblick entglitten mir alle Gesichtsregungen. »Eifersüchtig? Ich? Auf wen denn bitte?« War es nicht eher anders herum? Warum sonst sollte er dieses Theater veranstalten, begonnen bei dem Zettel unter der Türe?
»Du erträgst es nicht, wenn mir eine andere Frau zu nahe kommt.«
Der Wein in seinem Glas warf Blasen, als habe er ihn über Feuer erhitzt.
»Das ist so was von lächerlich.« Ich rief mir den Abend in Erinnerung, an jenem ich ihn am Hals dieser maskulinen Frau erkannte. Und noch etwas bahnte sich seinen Weg in mein Gedächtnis zurück, bei Gelegenheit sollte ich Konrad meinen Dank ausdrücken für die Observation von Velenó. »Sie waren es der aus der Damentoilette gerauscht ist, wie ein Fuchs mit brennendem Schwanz.«
»Du hast nach Pavel gestöhnt, als ich nach dir sehen wollte.« Seine Mundwinkel verzogen sich beim Anblick des kochenden Weines. »Nicht mehr zu gebrauchen.« Abfällig leerte er sein Glas direkt dort, wo er stand. Wein spritzte in kleinen, glitzernden Blutstropfen auf den Boden und seine Hose.
»Ich habe nicht gestöhnt! Und damit sie es wissen, Pavel bringt mich im Gegensatz zu ihnen nicht dazu, eine Bar fast abzubrennen.«
»Du hast dich nicht unter Kontrolle.«
»Ich habe es nicht drauf angelegt Sie zu küssen. Ohnehin legen Sie es ständig darauf an mich zu provozieren!« Jetzt reichte es, Boss hin oder her, ich brauchte mir nicht alles gefallen zu lassen. »Auf Wiedersehen.« Wütend ließ ich ihn stehen und ging zur offenen Fahrstuhltüre.
»Du läufst schon wieder davon,« rief er lachend und ließ sich in den Sessel zurücksinken, als wäre nichts geschehen.
»Ach, bevor ich es vergesse, Zetó küsst viel besser als Sie.« Damit schloss sich die Fahrstuhltüre. Schade eigentlich, ich hätte gerne Aizors Gesicht dazu gesehen.
Weit jedoch kam ich nicht, zwei Stockwerke und der Fahrstuhl blieb stehen.
Die Fahrstuhltüre öffnete sich und gab den Blick auf Veleno frei, wie er lässig da stand, die Hände in den Hosentaschen vergraben und den Kopf zur Seite geneigt. Wie kam er nur so schnell vom Dach? Ach ja, er war ja einer dieser dämlichen Vampire, die meinten es wäre cool, schneller als der Wind zu sein. »Wiederhol das noch einmal.«
»Was?«
»Was du gerade über meine Qualitäten als Küsser gesagt hast.«
Ah, darauf lief es also hinaus, der Herr war nicht nur arrogant und eitel, wie ein orientalischer Kater, sondern auch noch völlig von seinem Können überzeugt. »Was wollen Sie lieber hören? Dass sich ihr Kuss genauso anfüllt, als würde man sich an einer Marmorstatue vergehen oder lieber, dass selbst die Mönche in dem abgelegensten Kloster noch besser küssen?« Veleno verdiente es nach seiner Vorstellung auf dem Dach nicht besser.
Er trat in den Fahrstuhl ehe sich die Türe schließen und mich vor ihm befreien konnte. Die Augen zusammengekniffen fixierte er mich »Wenn das so ist, will ich einen zweiten Versuch.«
»Nein,« fester als nötig drückte ich erneut auf den Knopf für das Erdgeschoss. Hier auf engstem Raum, eingeschlossen mit Veleno, blieb mir keine andere Möglichkeit als mich ihm zu stellen. Was sollte ich auch sonst tun? Weglaufen ging schlecht. »Diese eine Demonstration hat mir genügt, Sie stellen sich doch auch kein zweites Mal ins Sonnenlicht, nachdem Sie festgestellt haben, dass Sie danach aussehen wie ein Brathühnchen.«
»Falscher Vergleich,« knurrte er und trat näher.
»Stop,« ich wich zurück bis die Wände des Fahrstuhls sich an meinen Rücken schmiegten, »Ich will Sie nicht küssen und ich warne Sie, wenn Sie es versuchen, werden Sie als Kohlebrikett enden.« Ein kurzer Konzentrationsschub, mein Lebensfeuer loderte auf und die Umgebungstemperatur schnellte in dem viel zu kleinen Raum um fünf Grad in die Höhe. »Ich meine es ernst.« Das tat ich in der Tat, eher durchschwamm ich den Atlantik, als mich noch einmal von ihm küssen zu lassen. Nicht, wenn er sich selber etwas beweisen wollte.
»Wieso so kratzig?« Die Drohung ließ ihn kalt »Für gewöhnlich bist du mir mehr angetan.« Er zog die Hände aus den Taschen und stützte sich links und rechts an den kühlen Wänden des Fahrstuhls ab. Sollte die Türe sich öffnen, kam ich nicht an ihm vorbei.
»Für gewöhnlich versuchen Sie mich auf Abstand zu halten, ganz zu schweigen davon, wie Sie mich zuvor stets ansahen, kam ich ihnen näher. Aber soll ich ihnen sagen, was ich denke?« Tief nahm ich Luft. »Ich denke, dass ihr männliches Ego verletzt ist und nun beweisen will, dass Sie die dumme Nymphe die gleich den erst besten Kerl anspringt, ebenfalls haben könnten.« Brennend fuhr es durch meine Venen, ein so starkes Gefühl wie Wut ist eine willkommene und sehr gute Nahrungsquelle für mein Feuer.
»Wie habe ich dich angesehen?« Fragend sah er mich mit seinen dunklen Augen an. Entweder wusste er es nicht oder er legte mir gerade eine perfekte Inszenierung seines Schauspielkönnens vor.
Seufzend lehnte ich an die Wand und rief die Flammen zurück. »Sie wissen es wirklich nicht?«
Eine schwarze Haarsträhne fiel auf seine Stirn empor, während er den Kopf schüttelte.
»Angewidert,« die Erinnerung zerrte unangenehm an meinen Gedanken »Verschlossen, verachtend.«
Velenos Körperspannung ließ nach. »Sprich weiter,« forderte er rau, ohne dabei eine Miene zu verziehen.
»Da gibt es nichts weiter zu sagen. Sie lieben nun mal das Spiel mit dem Feuer, deshalb können Sie es nicht lassen mich in ihre Nähe zu beordern.«
»Du glaubst also, mich zu durchschauen?« Grinsend schüttelte er den Kopf. »Typisch Frau.«
»Was ist daran so lustig?« Dieser Idiot besaß doch tatsächlich die Frechheit sich über mich lustig zu machen. »Sie wollen es nicht hören, aber so ist es nun mal.« Die Arme vor der Brust verschränkend trat ich von einem auf das andere Bein. Wann kamen wir endlich unten an? Es schien eine Ewigkeit zu dauern.
»Du! Du glaubst zu wissen, was in mir vorgeht und hast doch nicht den blassesten Schimmer.« Noch immer grinsend blickte er mir in die Augen. »Willst du noch immer mit mir wetten?« Dieser unerwartete Schwenk des Themas überraschte mich so sehr, dass kein Ton über meine Lippen kam und ich nur nicken konnte. Natürlich wollte ich noch wetten, aber verstand einer diesen Mann.
»Mein Wetteinsatz ist der Club, gewinnst du bekommst du ihn, verlierst du aber,« Veleno wurde völlig ernst »Wirst du fünf Jahrzehnte keuch leben, es sei denn, ich erlaube es dir deiner Begierde zu frönen.« Ich setzte an, um etwas zu erwidern, doch er hob die Hand und brachte mich zum Schweigen. »Ich bin noch nicht fertig. Ausserdem will ich, dass du Öffentlich bekundest, dass ich der beste Küsser überhaupt bin.«
»Ich wusste, dass Sie so richtig eitel sind.« Aber das sprengte sogar meine Vorstellungskraft.
»Stimmst du zu?«
Tausende kleine Stimmen schienen in meinem Inneren empört aufzuschreien, meine Nymphengenome protestierten entschieden gegen Velenos erste Bedingung. »Zur Keuschheit bin ich nicht gemacht.«
»Wieso gehst du davon aus, völlig keusch leben zu müssen?« In seinen Augen blitze der Schalk auf.
»Weil ich mich eher in Luft auflöse, als mit ihnen ins Bett zugehen.« Ganz davon abgesehen, dass ich ihn anbetteln würde, wenn es sein musste auch auf Knien, um mein inneres Feuer zu befriedigen. Natürlich besaß ich ein gewisses Maß Standhaftigkeit, doch irgendwann würde auch dies verbraucht sein.
»Wir werden sehen.« Der Aufzug ruckte und hinter Veleno öffnete sich die Türe. »Ich warte.«
Zähneknirschend erdolchte ich ihn in Gedanken, er schaffte es immer wieder mich in die Falle zu locken, ganz so, als wäre ich die Maus, die immer wieder erneut auf das Stück Käse in der Mausefalle hereinfällt und sich bisher aus purem Glück nicht das Genick brach. Aber ich wollte den Club, unbedingt. Eine Chance, wie diese bekam ich kein zweites Mal. »Ich werde nicht verlieren.«
»Dann sind wir im Geschäft.« Seine Arme sanken herab und die Hände verschwanden wieder in seinen Hosentaschen. »Ich ebenfalls nicht.« Veleno trat zur Seite und gab den Weg frei.
»Verlassen Sie sich diesmal lieber nicht darauf.« Eilig zwängte ich mich an ihn vorbei und lief schnellen Schrittes durch die Eingangshalle, gefolgt von seinem schallenden Lachen.


»Ana, schau doch mal! Jetzt guck gefälligst,« Niik starrte voller Begeisterung das ovale Glasgefäß an. »Ist er nicht iontach? Und wenn du ihm einen Ring hinhältst, schwimmt er durch. Warte, ich hab ihn irgendwo.« Tastend fuhren seine kleinen Hände über das Cordjackett. »Wo ist er nur?«
»Verrat mir lieber mal, wo du ihn herhast?« Ich beugte mich über das Glas und beobachtete, aus sicherer Spritzentfernung, wie der Nöck, nicht größer als eine Elritze, sein ebenso langes zusammengeflochtenes Haar wie einen Schwanz umher schwang. Dabei leuchteten die verschnörkelten Male auf seinem menschlichen Oberkörper mit den Neonblauen Schuppen um die Wette. Stellte man ihn sich nachts neben das Bett, gab er sicher ein hübsches Nachtlicht ab. Es sei denn, man zog sich bereits bei dem kleinsten Tropfen Wasser Verbrennungen zu und machte naturgemäß einen großen Bogen um Wasserlebewesen.
»Aus einer Hafentaverne. Ich kenne dort jemanden der ihn mir besorgt hat. Jero sagt, er kann uns noch viel mehr besorgen, soviel wir wollen und ab einhundert Exemplaren gibt er uns Rabatt. Ní dochreidte? Einzeln will er zwölf Pfund haben.« Niik tastete ohne den Blick vom Nöck zu lassen über seine Hosentaschen. »Das Beste ist, es sind alles Nachzüchtungen. Keine Wildfänge. Somit können wir sie getrost halten, sie werden nichts vermissen.«
»Niik?«
»Tá?«
»Du bist ein Idiot!« Mit der flachen Hand schlug ich gegen seine Stirn. Vielleicht kurbelte ja dies seinen Verstand etwas an. Vorfreudig, über den winzigen Funken Wut loderte es in meinem Magen auf.
»Mbean, was soll das?« Der Stuhl scharrte über den Boden während Niik sich aus der Reichweite meiner Rechten brachte. »Bist du verrückt geworden?«
»Ich hab dir mehr Verstand zugetraut! Wie kannst du nur so dumm sein? Hast du je von Nachzüchtungen gehört? Sie vermehren sich in Gefangenschaft nicht, es sei denn, jemand hätte eine ihrer heiligen Grotten vom Meeresboden in ein Aquarium verfrachtet.« Es war eine unumstrittene Tatsache, die Meermänner vermehrten sich nur an fünf für sie heiligen Orten im Meer. Eine alte Magie stieg von diesen Orten auf, welche sie zur Paarung animierte und dafür sorgte, dass mindestens achtzig Prozent der Eier schlüpften. Ohne diese spezielle Magie blieb der Laich unbelebt wie ein Sandkorn.
»Du meinst, thuigthe!« Niiks kleine graue Augen weiteten sich zu großen Tellern »Aber Jero hat doch gesagt es ist eine neue Art, weil er doch auch so klein ist.«
»Das ist wie mit den Goldfischen Niik. Sie werden nur so groß, wie ihre Umgebung es hergibt.« Der arme kleine Kerl. Mitleidig betrachtete ich ihn, wie er seine Bahn in dem zwanzig Zentimeter hohen Glaszylinder drehte, dessen eigentlicher Zweck als Blumenvase entfremdet wurde. »Und die Fische haben es dabei besser. Er hat ja nicht einmal Sand am Boden oder Pflanzen.« Kaum merkte mein Feuer, dass es keine wirkliche Wut gab, zog es sich zurück in seine Lauerstellung, um hervor zuspringen, wie ein Panther, glaubte er Beute zu machen.
»Aber er ist so zahm. Wildfänge sind nicht zahm!«
»Wer weiß schon, wie lange er bereits da drinnen vor sich her vegetiert? Wenn ich dich in ein winziges Zimmer ohne Beschäftigung sperre, wirst du mir auch irgendwann aus der Hand fressen. Da wird man doch bekloppt im Kopf.« Und das als hätte ich nicht schon genug Dinge, um die ich mich sorgte. Es schien als habe sich die Männerwelt um mich herum verschworen. Erst Zetó, dann Aizor und jetzt schleppte Niik mir auch noch einen illegal gefangenen Nöck an. »Das müssen wir melden.«
»Wem? Willst du zur Polizei gehen und denen erzählen du hast einen illegalen Nöck gefunden und würdest ihn gerne wieder abgeben? Mensch Ana, die rufen die Männer mit der weißen Jacke.«
»Ich hab ja auch eher an die Nöcks selber gedacht. Mein Vater hat mal erzählt es gäbe von ihnen Abgesandte in den größeren Küstenstädten, die sich um solche Fälle kümmern würden.« Natürlich wusste ich, dass ich nicht zur Polizei gehen konnte, denn für den Normalsterblichen verbarg sich unsere Welt unter einem dicken undurchsichtigen Schleier, der besser nicht angehoben wurde. Wer wollte auch schon die Wahrheit über das Monster im Schrank erfahren? Und alte Albträume mit dem Unterschied der Realität erwecken?
»Und wie willst du so einen erreichen? Im Telefonbuch stehen die sicher nicht.«
»Ich weiß nicht, sicher weiß Lena Abhilfe.« Ich warf einen Blick auf die Uhr. »Sie kommt nachher, aber bis dahin wirst du ein anständiges Aquarium für den Nöck beschaffen.«
»Orm?« Als habe man ihn beschuldigt die Juwelen der Königin gestohlen zu haben fuhr er zusammen.
»Ja, du! Du hast ihn angeschleppt und jetzt sorgst du gefälligst dafür, dass es ihm gut geht.«
»Aber Cailíní, ich hab keine Ahnung von Aquarien.« Hilflos warf er die Arme in die Luft.
»Schon mal davon gehört, dass Feuer und Wasser sich nicht vertragen? Aber, bevor du wieder nur Mist anschleppst, gehen wir lieber zusammen.«
»Aber in zwei Stunden kommen die Bewerber, da müssen wir hier sein.«
»Was für Bewerber?«
»Für die Jobs natürlich. Ich hab es dir doch dutzend mal gesagt,« erklärte er vorwurfsvoll.
»Ähm, ach ja das habe ich fast vergessen. Also komm jetzt, wir müssen uns beeilen, vielleicht hat dieser riesige Markt in Islingten noch auf.«
»Um einundzwanzig Uhr?«
»Jetzt sei kein Miesepeter!« Ich schubste Niik Richtung Türe »Und trödelt nicht so.«

»Ich glaube er fühlt sich jetzt wohl.« Gemeinsam knieten Niik und ich auf dem Boden meines künftigen Büros und betrachteten das muntere Treiben im einzigen Einrichtungsstück des violett und golden gestrichenen Raumes.
Das achtzig Zentimeter lange Aquarium stand voll ausgestattet auf dem Boden und diente nun dem Nöck als zeitweilige Unterkunft. Der kleine Meermann sauste so freudig zwischen endlosen Wasserpflanzen umher, dass er einige Male fast mit der großen Baumwurzel in der linken Ecke zusammenstieß, die ihm als Versteckmöglichkeit diente, und regelmäßig bei seinen Manövern von ihm übersehen zu werden schien.
»Mhanainn, für dreihundert Pfund hätte ich das auch getan. Stand doch außerdem nur herum.« In der besagten Taverne am Hafen, in jener Niik den Nöck erstand, fanden wir das Fischheim verlassen und verstaubt auf der Fensterbank vor. Die einstigen Bewohner waren schon lange fort. Der Wirt sträubte sich zunächst dieses überflüssige Dekorationsstück abzugeben, ganz im Gegensatz zu seiner Angetrauten, doch als ich begann mit den Scheinen vor seiner Nase zu wedeln, kamen wir sehr schnell ins Geschäft. »Weißt du, ob er einen Namen hat?«
»Sehe ich aus wie ein Fischflüsterer?«
»Fragt ihn doch,« Lena meldete sich von der Mitte des Raumes, wo sie im Schneidersitze auf dem Boden saß und ihre Unterlagen durchging. Während vor ihr drei DIN A5 große Blätter mit den Aufschriften nein, vielleicht, wahrscheinlich lagen, türmte sich der Haufen mit den Bewerbungsunterlagen neben ihr auf. Selbst nach drei Stunden, meist völlig sinnloser Gespräche, hatte sie immer noch nicht genug.
»Und wie soll ich das machen? Mit einem Strohhalm Luftbläschen ins Wasser blasen?« Besaßen Nöcks überhaupt ein funktionstüchtiges Sprachorgan? Vermutlich, immerhin kommunizierten sie mit den an Landlebenden Abgesandten. »Ich glaub auch kaum, dass er Englisch spricht.«
»Eher Nöckisch,« warf Niik ein.
Lena seufzte »Niik, es gibt kein Nöckisch.«
»Pha, du bhean teannta, woher willst du das wissen?«
»Weil ich es eben weiß.«
»Hast du denn schon mal einen gefragt?«
»Nein, aber.«
»Da, siehst du!«, fiel Niik ihr ins Wort »Du hast gar keine Ahnung!«
Lena murmelte leise etwas vor sich her, was sich bei genauem lauschen anhörte, wie ich dreh dir deinen kleinen den Kopf gleich ab.
Grinsend schüttelte ich mich, diesen Streitereien konnte ich wirklich stundenlang zuhören, ohne in Langeweile zu geraten. Ständig versuchten die Beiden sich in ihrem Wissen über Gott und die Welt zu übertrumpfen. Nicht selten ging Lena als Siegerin aus solchen Diskussionen hervor. Wenn ich mich recht entsann, stand es inzwischen vierzehn zu drei für sie.
»Vielleicht kann er ja Lippen lesen. Ich habe mal gehört, dass Nixen das können.«
»Nixen können aber meist auch Englisch,« warf Lena sofort ein.
»Wer sagt, dass er es nicht kann?«
»Jetzt haltet mal den Rand,« anstatt sich darüber den Kopf zu zerbrechen, was der Nöck schlussendlich konnte oder nicht entschied ich die Probe zu machen. Irgendwie mussten wir vorankommen.
»Schnuckiputzi,« vorsichtig klopfte ich gegen die Aquariumsscheibe. Ohne seine Aufmerksamkeit konnte ich direkt einpacken.
Tatsächlich reagierte der Fischmann. In einer lang gezogenen Schleife schwamm er zur Scheibe. Die winzigen Hände an die Scheibe gepresst blickte er aus völlig blauen Augen, auch die Augäpfel besaßen diese meeresblaue Farbe, zu mir hinaus.
»Du bist ein wirklich aufmerksamer kleiner Kerl,« sprach ich langsam, damit er die Bewegung meiner Lippen erkennen konnte. »Ich hoffe dir gefällt dein neues Zuhause. Es ist nur übergangsweise, bald kannst du hoffentlich zurück ins Meer.«
Ohne eine deutliche Reaktion erkenne zu lassen sah er weiter aus seinem Reich heraus. Vielleicht verstand er mich gar nicht, dennoch ich wollte noch nicht aufgeben und versuchte es weiter.
»Ich sollte uns wohl erst einmal vorstellen, nicht?« Ich deutete auf meine Assistentin »Das dort ist Lena.«
Lena winkte dem Nöck ohne aufzusehen und grüßte dabei die Wand anstatt den Neuankömmling.
»Und jener der dich mit brachte ist Niik und ich bin Ana. Würdest du uns auch deinen Namen verraten?«
»Glaubst du er kann Lippenlesen?« Noch drei Zentimeter näher und Niik klebte mit der Nase an der Scheibe.
»Lass ihn einen Moment Zeit.«
Zwei Minuten verstrichen, bis der Nöck sich zu einer Reaktion bewegte. Rückwärts schwamm er einige Flossenlängen von der Scheibe fort eher er begann energisch immer wieder auf mein T-Shirt zu deuten. In großen roten Lettern strahlte vom gelben Stoff der Name der größten Stadt des US-Bundesstaates Tennessee dem Betrachter entgegen.
»Memphis?« Ich deutete auf die Schrift. »So heißt du?«
Der Nöck lachte, klatschte in die Hände und begann voller Freude Loopings zu drehen, während er immer wieder auf mein Shirt deutete.
Niik kicherte »Cailíní?«
»Was ist jetzt schon wieder?«
»Der meint nicht die Stadt!«
»Aber er zeigt doch drauf.«
»Ana, ich glaube er meint deine Bubus,« Niiks Augen leuchteten während er krampfhaft versuchte die Lippen aufeinander zupressen.
»Meine Bubus?!«
»Ja,« platzte Niik unter merkwürdig klingenden Prust- und Trötgeräuschen heraus.
»Du meinst meine.«
»Deine Titten, Tüten, Tröten, Melonen. Deine Memphis,« lachte er sich krümmend.
»Das ist,« ich war sprachlos.
Dem Nöck schien meine Verwirrung zu gefallen. Immer ausgiebiger drehte und wendete er sich, den Mund zu einem Lachen verzogen. Es war nicht zu übersehen, er machte sich lustig über mich.
»Jetzt geifern mir auch noch Elritzen nach!« Da glaubt man eine gute Tat vollbracht zu haben und erhielt zum Dank eine dämliche Anzüglichkeit.
Lena schluckte ihr Kichern hinunter und räusperte sich einige Male. »Er kann ganz sicher nicht lesen, sonst könnte er nämlich auch sprechen. Aber vielleicht wollte er dir auch nur ein Kompliment machen.« Egal was geschah sie versuchte ständig und überall das Gute zu sehen. »Versuchen nett zu sein.«
Niik gluckste ein letztes Mal, bevor er hechelnd Stellung zu dieser Behauptung nahm. »Das wollte er bestimmt,« die mausgrauen Augen huschten über meine Brüste hinweg »Du hast immerhin sehr schöne Memphis, könntest die ruhig öfters mal herzeigen!«
»Du Schwein!« Ich nahm weit aus und boxte den stämmigen Schwerenöter in die Seite.
Japsend, weil ihm durch das Lachen noch immer die Luft fehlte, rollte er auf die Seite und anstatt sich endlich zu beruhigen brach er erneut in Lachen aus.
»Wo man auch hinschaut, überall Idioten. Und du mein Freund,« warnend erhob ich den Zeigefinger »solltest besser nicht vergessen, dass ich eine Nymphe des Feuers bin. Dein nettes kleines Reich könnte sich sehr schnell in Kochwasser auflösen, wenn du die Flossen nicht stillhältst!« Ein letzter strenger Blick und ich krabbelte auf allen vieren zu Lena.
»War wahrscheinlich das Schnuckiputzi,« murmelt sie grinsend.
»Unglaublich,« ich seufzte, für heute hatte ich genug von frechen Meermännern und ihren dämlichen Komplimenten.

»Und was machen wir mit ihm?« Nickend deutete Lena auf das Aquarium, wo nun Ruhe herrschte.
»Licht aus und schlafen lassen.« Ich angelte meine Tasche aus der Ecke. Inzwischen stand der Zeiger meiner Uhr auf Viertel vor vier und eigentlich wollte ich bereits, genauso wie Niik, seit zwei Stunden zu Hause sein. Ich sehnte mich nach meinem Bett und meinem Kuschelkissen.
»Ach Ana, ich mein doch nicht heute Nacht.«
»Ach so. Ich kenn da zwei, die ich anrufen könnte.« Doch Aizor wollte ich nicht anrufen und von Zetó besaß ich keine aktuelle Nummer. Zu glauben er würde immer noch die alte Mobilfunknummer besitzen war einfach zu naiv, als dass ich diese Gedanken weiter verfolgte. »Ich werde morgen mal schauen, was sich ergibt.«
»Gut, schließt du ab oder soll ich das machen?«
»Los hau ab, bevor ich es mir anders überlege.«
Lena warf mir einen Handkuss zu bevor sie mit einem müden „Bis Morgen“ davon eilte.

Gähnend trat ich aus dem Haupteingang und erstarrte.
Unter der Laterne lehnte Zetó an seiner frostfarbenen Kawasaki Ninja, die weißen Haarsträhnen fielen ihm lässig ins Gesicht, während er einen Zug von einer Zigarillo inhalierte. Die hautenge Motorradhose schmiegte sich an seine Beine, als wäre sie nur für ihn gemacht und endete unter einer ebenso perfekt sitzenden Lederjacke.
»Zetó?«
Sein Anblick aktivierte meine müden Sinne, als habe er auf den ON-Schalter gedrückt. Die feinen Härchen im Nacken erhoben sich, während ein Schauer prickelnd, kühl, angenehm meinen Körper hinunter jagte.
Stumm fixierte er mich, während er den inhalierten Rauch zwischen den schmalen Lippen wieder ausstieß.
»Was machst du hier?« Das ich das ehemalige Red Moon gehörig umkrempelte war kein Geheimnis. Dank Aziór und Konrad wusste sicher bereits die ganze dunkle Gesellschaft Londons davon.
»Mich bewerben,« antwortete er nach einer weiteren verstrichenen Sekunde.
»Wofür?« Ein Windzug fuhr ihm durchs Haar und trug den Geruch nach frisch gefallenem Schnee zu mir hinüber. Ich inhalierte, genoss und erzitterte. In meinem Schoss loderte es begehrlich auf.
»Manager,« Zetó stieß sich von der Ninja ab und schlenderte, wie ein Löwe auf Revierstreife, hinüber.
»Den Posten gibt es nicht,« raunte ich. Könnten meine Gefühle Lasso werfen, wäre er längst eingefangen. Meine Zungenspitze schnellte hervor und leckte über die viel zu trockenen Lippen.
Kühl und glatt strichen seine Fingerspitzen über meine Wange und hinterließen lauter kleine explodierende Flammen auf der Haut zurück. »Ich weiß.« Seine Hand fuhr in mein Haar.
Und ehe ich verstand was er tat schlang er die dicken roten Strähnen um seine Hand und bog meinen Kopf soweit zurück bis meine Kehle sich ihm offenbarte.
Der Ruck an meinem Haar schmerzte, erschrocken keuchte ich auf. Dies war nicht, was ich erwartete.
Der Blick hart und zornig glänzend fletschte er die Zähne. »Für diesen Sauladen verwettest du dich?«
Er wusste es! Verdammt! »Lass mich los,« ich wand mich in seinem Griff. Mit offener Kehle einem wütenden Vampir gegenüber zustehen war das Dümmste, was einem passieren konnte. Sie verloren nicht oft die Kontrolle, doch einige machten sich einen Spaß daraus ihre Gegenüber durch einen Biss zu bestrafen oder zu belehren. Wobei mir nicht in den Sinn wollte, warum ich dies verdienen sollte.
»Nein,« knurrend zerrte er fester an meinem Haar.
Die entfachten Flammen der Lust schlugen um in Wut. Ich spürte, wie das Feuer knisternd meine Venen entlang floss, meinen Körper aufheizte, gewillt den Angreifer zu verbrennen.
»Du machst mir keine Angst mit deinem Feuer,« er zwang mich zwei Schritte zurück. Es steckte doch mehr vom herrschsüchtigen Pavel im neuen Zetó, als er zugeben wollte.
»Zetó verdammt noch mal hör auf,« flehte ich. »Bitte.« Ich wollte ihn nicht verletzen, aber dieser Zustand machte mir Angst und notfalls würde ich mein Feuer gegen ihn benutzen. Ehe ich mich von einem Vampir unter solchen Umständen beißen ließ, ernannte man die Hölle zum neuen Trend-Skigebiet.
»Ich an deiner Stelle würde sie loslassen,« drohend erklang es aus dem Schatten, gefolgt von näherkommenden Schritten. Aus der Dunkelheit schälte sich, elegant gekleidet, Aizors imposante Gestalt.
Zetó fixierte den Störenfried ohne den Griff in meinem Haar zu lockern. So einfach machte er es weder Aizór noch mir. »Sonst was?«
»Wirst du dir wünschen in der Sonne zu sterben,« erklang Velenos Stimme verzerrt, als kratze man mit einem rostigen Eisenstab über Beton.
»Sie gehört zu mir.« Dadurch ließ Zetó sich nicht im geringsten Einschüchtern. Er liebte die Gefahr und je brenzliger eine Situation, umso besser.
»Das sehe ich anders mein Freund,« Veleno trat aus dem Schatten hervor unter die Laterne. Das Gesicht in harte Züge gehüllt beobachtete er das Szenario.
Sein Auftauchen linderte die Wut meiner Flammen nicht im Geringsten. Lauernd zügelten sie unter meiner Haut und erzeugten ein sich ständig änderndes Geflecht von Mustern darauf. Wenn Zetó mich nicht langsam los ließ, würde ich ihm weh tun müssen.
»Sabik hat sie mir überlassen.«
Zetó knurrte, während seine Hand sich aus meinem Haar löste.
Erleichtet seufzte ich auf und wich einen Schritt vor dem Weißhaarigen zurück. Meine Kopfhaut brannte unangenehm, noch immer glaubte ich den Zug seiner Hand zu spüren. Hier gewann ganz klar der alte Pavel die Oberhand zurück.
»Sabik ist ein Idiot.«
»Vielleicht, aber er weiß, was gut für ihn ist.« Abschätzend beobachteten sich die beiden Vampire, wie Löwen die versuchten abzuwägen, ob sie in einer Auseinandersetzung als Sieger hervorgehen würden. Beide waren arrogant, stark und alt genug, um dies zumindest in Erwägung zu ziehen. Doch wenn Zetó das Oberhaupt des Ortsansässigen Clans jetzt angriff, konnte er sich nur noch im Untergrund Londons bewegen. Jede öffentliche zur Schaustellung seiner Präsenz würde einen weiteren Kampf nach sich ziehen. Solch einen Affront gegen sich konnte Veleno sich nicht leisten.
»Und ich weiß, was ich will,« zischend verzog Zetó das Gesicht zu seiner hässlichen, zähnefletschenden Fratze.
»Anabelle, du gehst jetzt heim.« Ohne eine Miene zu verziehen, donnerte Veleno seinen Befehl in die Nacht. »Ich will nicht dass du mit anziehst, wie ich ihn töte.«
»Das ist nicht ihr ernst!« Drehte er jetzt völlig durch? Demonstrativ verschränkte ich die Arme vor der Brust »Da müssen Sie mich schon hier wegtragen.« Wie konnte er glauben ich würde jetzt nach Hause gehen? Zumal er vorhatte Zetó auseinander zu nehmen? Nicht mit mir.
Zetó schaffte es trotz der Fratze zu grinsen »Würden Sie sie kennen, wüssten Sie das sie es ernst meint.«
Aizór knurrte »Anabelle! Tu, was ich dir sage!«
»Nein, nicht wenn ihr vorhabt über euch herzufallen, wie zwei tollwütige Hunde.« Das konnte ich nicht zulassen. Nicht, wenn es dabei um mich ging. »Ihr geht jetzt beide besser. Und zwar in entgegengesetzter Richtung.«
»Du musst dich entscheiden.« Zetós Züge nahmen wieder Normalzustand an. Nun, wo ich meinen Standpunkt klärte und nicht heulend zu Veleno in Deckung rannte glaubte er sich seiner Sache sicher.
»Ich muss gar nichts.«
»Doch, dass musst du. Er hat recht, entscheide dich,« bekräftigte Veleno seinen Kontrahenten.
»Da gibt es doch gar nichts zu entscheiden. Sie sind mein Boss, fertig.«
Zetó grinste.
»Und Zetó,« ich hob die Schultern »ist halt Zetó.«
Sein Grinsen erstarb.
»Mehr bin ich nicht für dich? Einfach nur Zetó?« Er neigte sein Haupt und blickte mich fragend mit silbern leuchtenden Augen an.
»So meine ich das nicht,« seufzend strich ich mir durchs Haar »das kann ich dir hier jetzt nicht erklären.« Und vor allem nicht vor Veleno.
»Ich verstehe,« gekränkt schnaufte er »Du fickst mit mir, aber für mehr bin ich anscheinend nicht gut.«
Seine Worte saßen, pressten mir die Brust zusammen, als läge eine Eisenschlinge darum. Flehend sah ich ihn an, ich wollte es ihm erklären, mit ihm darüber reden was zwischen uns ist, aber wie sollte ich dies, wenn ich mir darüber selbst nicht wirklich im Klaren war?
»Ich verschwinde,« er spuckte die Worte aus, als seien sie Gift »Ruf mich nicht an.« Stolz und hoch erhobenen Hauptes marschierte er zu seiner Ninja. Ohne einen einzigen Blick zurück zuwerfen bestieg er sein Gefährt. Heulend jaulte die Maschinen auf, als er sie anließ und davon fuhr.
Mit jedem Meter den er sich mehr von mir entfernte, zog sich mein Innerstes schmerzhaft zusammen. Kälte und das Gefühl verlassen zu sein bohrte sich in meine Brust, während eine kleine Stimme in meinem Kopf mir zuflüsterte ihm hinter zu laufen, ihn nicht gehen zu lassen. Es tat verdammt weh, Zetó in die Nacht verschwinden zu sehen.
»Er ist kein guter Umgang für dich.« Veleno blieb als Sieger zurück. Wie er gewann schien ihn nicht zu kümmern. »Komm jetzt, ich bring dich heim.«
»Nein.« Kopfschüttelnd zog ich meine Jacke enger, mir fröstelte es zunehmend.
»Nein?«
»Nein!«
»Und darf ich fragen wieso?« In typischer Manier zog er eine Augenbraue fragend in die Höhe.
»Sind sie jetzt stolz auf sich?«
»Was soll die Frage schon wieder?! Ich habe ihn nicht gezwungen abzuhauen. Das hast du ganz alleine geschafft.«
»Wären Sie nicht hier aufgetaucht, wäre dies erst alles gar nicht passiert,« fuhr ich ihn an. Dabei lag die Schuld bei mir, er hingegen wollte nur helfen.
»Anabelle, glaubst du wirklich er wäre der Richtige für dich?«
»Ach und wer wäre dies ihrer Meinung nach?«
Veleno lächelte und blieb mir die Antwort schuldig. »Komm ich fahr dich heim.«
»Diese ganze Geheimniskrämerei geht mir langsam wirklich auf den Zeiger.« Er gewann. Zudem neige ich zu Raserei regte ich mich auf und Zetós Abgang gehörte definitiv zu den Dingen, die mich dazu brachten sämtliche Verkehrsregeln zu brechen.


Seid ich in Velenos Wagen einstieg herrschte Schweigen zwischen uns. Ich sah aus dem Seitenfester, meine Gedanken kreisten um Zetó, Aizór und der Tatsache, dass ich nicht wusste was genau ich für den jeweiligen Mann empfand. Beide waren auf ihre ganz eigene Art anziehend und abstoßen zu gleich.
»Anabelle?« Aizórs Blick lag stur auf der Straße. »Du solltest ihn vergessen. Er ist nicht gut für dich.«
»Das sagt der Richtige.«
»Wie soll ich das verstehen?«
Ich strich mir über das Gesicht und seufzte leise. Hier half nur noch die Flucht mittendurch. »Ich kenne Zetó und seine Beweggründe, aber Ihre.« Kopfschüttelnd warf ich einen Seitenblick auf ihn. »Ich weiß nie wo ich bei Ihnen dran bin, was sie eigentlich wollen. Sie verpacken alles in Andeutungen und Gesten, dass ich manchmal nicht weiß, ob sie gerade mit mir spielen oder es ernst meinen.«
»So undurchsichtig bin ich also für dich?«
»Wie Milchglas.«
Dunkel lachte er auf. »Ich bin schon mit vielem verglichen worden, aber noch nie hat mich eine Frau mit Milchglas gleich gestellt.«
»Gefällt ihnen Blümchenkaffee besser?« Aizórs Schultern bebten, während sein Lachen sich auf mich ergoss und mir einen wohlig warmen Schauer entlockte. Freudig hüpfte es in meinem Magen auf. Dieses Lachen gefiel mir, machte ihn menschlicher.
»Blümchenkaffee? Das musst du mir erklären.«
»Ach kommen Sie, sagen sie mir nicht Sie haben sich nicht schon mal über eine Tasse Kaffee geärgert, bei der sie trotz vollen Inhaltes auf dem Boden schauen konnten.«
Kopfschüttelnd grinste er »Ich trinke keinen Kaffee.«
»Sie sind verrückt. Ohne würde ich keinen einzigen Tag überstehen.« Kaffee ist das Erste und das Letzte, was ich an einem Tag zu mir nehme, meistens sogar fast das Einzigste was meinem Magen an einem stressigen Tag überhaupt einen Besuch abstatten darf.
»Ich weiß, dein Blut ist ständig mit Koffein geschwängert.« Seine Nasenflüge blähten sich auf, während er sich die Bestätigung für seine Worte holte. »Ja, sogar jetzt.«
»Das ist mein Blut, damit darf ich machen, was ich will.« Die Arme vor der Brust verschränkt sah ich wieder auf die Straße. Dass er sich über den Zustand meines Blutes Gedanken machte gefiel mir nicht. Ich gehörte nicht zu seiner Beute, die er erst auf Blutkrankheiten oder sonstige Mängel begutachten musste, bevor er sie vernaschen konnte. »Fahren wir eigentlich einen Umweg?« Vom Club bis zu mir brauchte ich höchstens fünfzehn Minuten, mit ihm jedoch waren wir schon zwanzig Minuten unterwegs und die Gegend, in der wir uns befanden, gehörte definitiv nicht zu meiner.
»Wir fahren zu mir.« Seelenruhig schaltete er höher.
»Warum? Das war nicht abgemacht.«
»Weil wir Sex haben werden.«
»Ich hab mich verhört oder?« Was war das jetzt wieder für eine total bescheuerte Idee?
Stumm schüttelte er den Kopf, er meinte es ernst.
»Wie kommen Sie darauf, dass ich mit Ihnen Sex haben werde.«
»Ein direkter Vergleich.«
»Zu was?« Meine Haut kribbelte unter dem freudig tanzenden Feuer in meinem Inneren. Den Flammen kam dieser Gedanke nach all dem Stress gerade recht.
»Der Konkurrenz.«
»Göttin, wo bleibt der Blitz!« War ich schon so weit gesunken, dass ich nun meine aktuellen und künftigen Sexualpartner auf ihre Qualitäten testen musste, um Vergleiche zu ziehen? Ich fühlte mich im falschen Film. »Unter diesen Bedingungen werde ich mit ihnen garantiert keinen Verkehr haben.«
»Dann lässt du mir keine Wahl.« Der Wagen kam auf der Spur zum Stillstand, der Motor verstummte und die kleinen Lichter der Armatur erloschen.
»Sie können doch nicht mitten auf der Straße einfach das Auto ausmachen.«
»Wen sollte es stören?« Das Haupt geneigt, sah er mich unter hervorgefallenen Haarsträhnen an.
»Mich. Der Frühverkehr beginnt gleich.« Unauffällig rutschte meine Linke zum Verschluss des Gurtes.
»Das ist kein Argument,« langsam beugte er sich mir entgegen, seine Augen fest auf mich gerichtet.
»Wie kommen sie überhaupt auf die Idee mit Zetó oder wem auch immer um mich konkurrieren zu wollen?« Ich musste ihn ablenken, davon überzeugen, dass sein Vorhaben völligem Schwachsinn glich.
Aizór verharrte »Du bist eine schöne Frau,«
»Das sind andere auch,« fiel ich ihm ins Wort.
»Sag bist du mir verfallen?«
»Oh Gott nein,« lachte ich. Einem Mann hinterher zurennen, wie ein flennendes Etwas beschämte selbst meine hungrigsten Genome. So nötig hatte ich es bisher noch nie gehabt. Wollte ich wirklich einen Mann für gewisse Stunden, bekam ich ihn auch. Meistens.
»Siehst du,« seine Hand fuhr meinen Hals hinauf. Dort wo seine Finger auf warme Haut traf breitete sich ein sanftes brennen aus. »Du bist nicht wie andere Frauen.« Neckend strich er über meine Kehle, beobachtete wie das Feuer unter der Haut Wirbel und wirre Muster erzeugte, dort wo seine Fingerspitzen auf mich trafen.
Schaudernd bahnte es sich in meinen Körper hinab, zog unnachgiebig an meiner Leiste, als wollte es mich auffordern endlich aktiv zu werden.
Aziór entging das winzige aufzittern nicht. Die Mundwinkel nach oben verzogen führte der Weg seiner Finger Richtung Kinn weiter.
»Tun Sie das nicht,« mit all jener Kraft, die ich aufzubringen vermochte, wandte ich meinen Kopf und sah hinaus auf die hell erleuchtet Straße. »Bitte.« Aziórs Finger glitten durch die Bewegung kitzelnd über meine Haut und kamen an jener Stelle, wo der Fluss des Lebens besonders stark floss, zum erliegen.
»Das war deutlich genug,« knurrend lehnte sich wieder zurück, strich sich schnaufend durchs Haar und brachte es durcheinander. »Deine Ablehnung mir gegenüber ist größer als ich annahm.« Er klang gekränkt.
»Das verstehen sie nicht.« Zornig ballte sich das Feuer in meiner Mitte zusammen und hämmerte gegen meinen Brustkorb, ihm gefiel nicht, wie ich vorging. Ich ignorierte es, ich konnte mich nicht ständig davon leiten lassen und im Nachhinein die Schuld für mein Handeln darauf schieben.
»Du hast fünf Minuten.« Er startete den Wagen, ruppig, wie ein Fahranfänger, ließ er den Mercedes von der Leine.
»Sex macht nur zwei Dinge. Entweder alles komplizierter oder gleich kaputt. Aber ich erwarte nicht, dass sie das verstehen.« Wehmut legte sich über meine Gedanken. »Alles wird zerstört, weil gewisse Gene nicht an sich halten können. Es zerstört das, was ich mit Zetó hatte und Sie zürnen mir nun auch, weil ich nicht das tue, was Nymphen für gewöhnlich in solch einer Situation tun würden.«
»Was tun Nymphen denn in solchen Situationen,« sprach er völlig ruhig, den Blick auf der Straße.
»Jetzt machen Sie sich auch noch lächerlich über mich! Aber ich sag Ihnen was eine andere Nymphe tun würde. Sie würde wie eine Verhungerte über Sie herfallen und Sie sexuell Auslaugen, bis Sie um Gnade betteln.« Sollte er ruhig wütend darüber sein, was ich ihm vorenthielt und er verpasste. Sehr viel schlimmer konnte ich es nun auch nicht mehr kommen.
»Was glaubst du gäbe es zwischen uns zu zerstören, würdest du dich so verhalten,« ein amüsierter Unterton schwang in seinen Worten mit.
»Oh Verdammt Aizór jetzt tun sie doch nicht so, ich mag sie irgendwie okay? Auch wenn sie es meistens auf die Spitze treiben und mich dazu bringen Sie in ein Kohlestück verwandeln zu wollen.«
Abrupt trat er auf die Bremse. Die Reifen quietschten und ich wurde durch den plötzlichen Stillstand in die weichen Polster gedrückt.
Genauso unerwartet trafen unsere Lippen aufeinander. Seine Hände in meinem Haar vergraben beugte er jedes Ausweichmanöver im Voraus aus. Kühl strichen seine Lippen über meine, entlockte ihnen ein warmes Prickeln und meinem Feuer ein Jubelschrei, gleich einer Fanfare.
»Das sollten wir nicht tun,« nuschelte ich an seinen Lippen. Ich meinte es ernst mit meinen zuvor erwähnten Worten.
»Nicht denken,« seine Hände fuhren über meinen Schultern, hinab zu meiner Hüfte. Aizór packte zu und zog mich über die Schaltung hinweg, ohne unsere Lippen zu lösen. Fest umschlungen von seinen kräftigen Armen und mit dem Lenkrad im Rücken saß ich rittlings auf seinen Schoss. Dutzende kleiner Feuerwerkskörper explodierten in meiner Leistengegend, trieben mich weiter auf den Abgrund zu, den ich mir selbst schuf.
»Aizór, das geht nicht gut,« ruppig zog ich sein Jackett weiter auseinander, während ich neckisch, fordernd, begierig über seine Lippen leckte. Das Zurück wich in immer weiterer Ferne. Und mit jedem zurückgelegtem Meter stieg die Innentemperatur.
Gehorsam öffnete er seine Lippen, ließ die Zungenspitze hervor schnellen, um mich anzustupsen und herauszufordern.
Ihr fuhr über sein Hemd die harten Konturen seiner Brust nach, spürte wie die Muskeln sich unter der Berührung anspannten. Hart fuhren meine Fingerspitzen über seine Brustwarzen bis sie sich mir entgegenstreckten, als sei ich ihre Erlösung.
Aziór einzige Beteiligung blieb beim Kuss, der immer neckender und fordernder wurde. Seine Arme blieben fest um mich geschlungen, drückten mich auf seinen Schoss und Jenem, welches sich durch seine Hose aufbäumte, während es leise bei den Berührungen unserer Lippen knisterte.
Ich wollte mehr – nein, ich wollte alles. Meine Einwände verdampfte, wie Wasser in der Sahara. Nichts schien mehr wichtig.
Bis es an der Scheibe klopfte und ein pausbackiger Polizist mit großen runden Augen zum Fahrerfenster hinein grinste.
Aizór fuhr zurück und löste das Band der Begierde. Selbstsicher und mit der Miene eines Mannes, der sich keiner Schuld bewusst war, ließ er das Fenster hinunter und starte den Kerl mit geschwollenen Lippen an »Ja?«
Das Gesicht des Polizisten weiteiferte mit meinem um das intensivere Rot, während er versuchte einen kühlen Kopf zu behalten. Er räusperte sich zweimal bevor es ihm gelang zu sprechen. »Würden sie bitte zur Seite fahren? Sie blockieren die Straße.«
Mit offenem Mund starrte ich von Aizór, der gar nicht berührt schien, zum Polizisten. »Kriegen wir einen Strafzettel?«
»Wollen sie denn einen?«
»Gerne.«
Zwischen Aizórs Augenbrauen bildete sich eine tiefe Furche »Nein, natürlich nicht.«
»Ich habe noch nie einem wegen Sex mitten auf der Straße bekommen,« flüsterte ich. Begeistert wollte ich dieses Stück Papier. Dies würde ich mir einrahmen, als Trophäe und jedem meiner späteren Partner mit der Aufforderung dies zu überbieten zeigen.
»Wir hatten keinen Sex,« er verdrehte die Augen »wäre dies der Fall gewesen würden wir mehr als einen Strafzettel bekommen.«
»Das stimmt.« Hätte der Gesetzeshüter uns wirklich beim Sex auf einer öffentlichen Straße erwischt, wäre eine Anzeige wegen Sittenwidrigkeit wahrscheinlicher gewesen. »Dann keinen Strafzettel,« gezwungen lächelte ich den Polizisten an. Im nach hinein schalte ich mich dämlich, die Situation sollte mir Peinlich sein und mich nicht noch belustigen.
»Wie sie wollen, dann räumen sie jetzt die Straße, der Frühverkehr beginnt gleich.« Mahnend hob er den Zeigefinger »Und in Zukunft nicht mehr in der Öffentlichkeit.« Den Block schwingend entfernte er sich vom Fenster und schwang sich, so schien mir, gut gelaunt zu seinem Wagen zurück.
»Du hast den Mann gehört,« der Vampir hievte mich zurück auf den Beifahrersitz, nicht ohne seine Hand über meinen Schenkel gleiten zu lassen.
Bei der Göttin, ich schüttelte den Kopf, was tat ich nur schon wieder? Dabei hatte ich mir fest vorgenommen die Finger von Aizór zu lassen und seinen Verführungsversuchen standzuhalten. Eine neue Strategie musste her, denn mit meiner Standhaftigkeit war es nicht sehr weit hergeholt.
Soweit herunter gekühlt, dass es in meinem Unterleib nur noch sanft brannte gelangten wir fünf Minuten später vor meinem Wohnblock an. Ich vermied es Aizór ins Gesicht zu schauen, zu oft sah er mich nach solchen Gegebenheiten abwertend und kalt an, als bereue er alles. Diesen Anblick konnte ich mir sparen. Die letzte viertel Stunde trieb mir ohne hin schon die Röte auf das Gesicht und rührte den Wunsch in mir nach einem Loch, das sich auftun und mich verschlucken möge.
»Du hattest recht,« brach er die Stille.
»Dass Sex alles verkompliziert?« Stur blickte ich auf den großen grauen Eingang mit der schlichten Glastüre zum Treppenhaus. Was würde ich dafür geben sie bereits durchquert zu haben, anstatt hier mit Veleno zu sitzen und eine zwanghafte Konservation zu führen.
»Nein, damit dass die Strauße ungeeignet ist,« die Arme über das Lenkrad gestützt lehnte er sich vor, ein verwegenes Lächeln auf den Lippen. »Ich werde mir einen besseren Ort suchen müssen, einen der feuerfest ist.«
»Woher die plötzliche Wandlung?«
»Ich habe nachgedacht, darüber was du im Fahrstuhl zu mir gesagt hast.«
»Und zu welchem Entschluss sind sie gekommen?«
»Ein anderes Mal,« er lehnte sich zurück, hob die Hand und strich über meine Schulter »Es ist spät, die Sonne geht bald auf. Wir sollten uns beide jetzt zur Ruhe begeben.«
»Sie sind wirklich um keine Ausrede verlegen.«


»Ach komm schon. Schneeweißchen wird sich schon wieder blicken lassen. Nach dem was du mir über ihn erzählt hast wird er nicht lange Abstinent bleiben können. Der Typ gibt nicht so schnell auf.« Lea reichte mir einen Latte im Styroporbecher über den Schirm des Laptops.
»Vielleicht. Aber was mach ich mit Rosenrot?« Vorsichtig zog ich den Plastikdeckel ab. Dampfend stieg der Duft des herben Getränkes empor, umgarnte liebkosend meine Sinne und versprach süße Verheißungen. »Weiß du, ich komme mir wie der böse Wolf in Rotkäppchen vor. Kaum fress ich einen, haut mir der andere seine Flinte um die Ohren.«
»So schlimm ist es schon nicht. Musst halt nur kräftig zurückbeißen.«
»Zurück beißen?« Kopfschüttelnd lächelte ich »Wenn du glaubst, dass ich dann ruhe hab.«
Lena nickte »Ganz sicher. Und du weißt doch, wenn alle Stricke reißen, stellt Niik sich gerne zu deiner Verfügung.«
»So verzweifelt kann ich nicht sein.« Als das ich auf das Bergmännlein zurückgriff. Der Gedanke war einfach absurd. Für mich muss ein Mann gut gebaut und mindestens einen Kopf größer als ich sein und mir nicht nur bis zu den Brüsten reichen.
»Lass ihn das bloß nicht hören, es sei denn, du willst dir die ganze Nacht anhören, was für Vorteile ein kleiner Mann zu bieten hat.«
»Erfahrung?«
Seufzend verdrehte sie die Augen »Du kennst doch Niik.«
Oh das tat ich und wie. Sobald er glaubte angegriffen zu werden begann er seine Standpauken warum, wieso und weshalb. Dies verursachte nicht nur bei mir Kopfschmerzen, damit schaffte er es sogar den gestandesten Bauarbeiter in die Flucht zu schlagen.
»Was machst du da eigentlich? Ich dachte du hilft Niik bei den Aufbauarbeiten.«
»Du meinst den Männern bei der Arbeit zuzuschauen und oberschlaue Kommentare abzugeben, wie es besser gemacht wird während ich keinen Finger rühre?«
»Ja.«
»Das habe ich Niik überlassen.«
»Das beantwortet aber immer noch nicht meine Frage, was du hier machst.« Sie umrundete den dunklen Schreibtisch, welcher seid dem Morgen mit einem großen Aktenschrank und anderen diversen Mobiliar mein Büro ausschmückte und beachtete die Grafik auf dem Bildschirm. »Wow, Ana das sieht toll aus.«
»Danke, ich bin auch inzwischen ziemlich zufrieden damit.« Ich betrachtete den Feuerreif in dessen Mitte das Gold des Kleides und Rot des Haares der Silhouettenfrau um die Wette strahlten. Seid zwei Tagen arbeitete ich daran und endlich war ich soweit, dass ich behaupten konnte es fertig gestellt zu haben. »Ich dachte, es könnte das neue Logo werden.«
»Hat Niik das schon gesehen?«
»Nein, aber ich denke es wird ihm gefallen.«
»Auf jeden Fall, woher kannst du so etwas?«
Ich lehnte im Chefsessel zurück, den Blick ein wenig Wehmütig auf das Abbild gerichtet. »Mein Vater ist in Paris kein unbeschriebenes Blatt. Er veranstaltet öfters große Events, ich habe für ihn die Flyer, Plakate und was so dazugehört gestaltet. Das macht mir einfach wahnsinnig Spaß.«
»Das sieht man,« Lena trat einen Schritt zurück »Jetzt fehlt nur noch der Name darunter.«
»Oh der Name.« Bisher verdrängte ich erfolgreich die Tatsache, dass der Laden einen völlig neuen Namen brauchte, um keine alten Vorurteile oder Erwartungen bei eventuellen Gästen zu erwecken. Es wäre nicht nur peinlich, sondern auch sehr rufschädigend würde ein Gast hier ein Bordel erwarten und Arger machen, weil er es nicht vorfand. »Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht.«
»Dann wird es Zeit. Aber wie ich sehe, steht zumindest ein Bestandteil schon fest.«
Verständnislos sah ich in ihr mädchenhaftes Gesicht. Wovon zum Teufel sprach sie nun schon wieder?
»Jetzt tu nicht so. Schau dir doch nur einmal den Feuerring an.« Ihr perfekt manikürter Zeigefinger fuhr die Kontur des Ringes am Bildschirm nach. »Es muss auf jeden Fall etwas mit Feuer oder Flammen in den Namen. Außerdem würde es jeder sofort mit dir identifizieren können. Immerhin ist das Feuer ein Bestandteil von dir. Und da du aus Paris stammst, wie wäre es mit feu, le feu?«
»Nein, wenn schon eher etwas mit flammes, dass trifft mein Inneres schon besser.«
»Gut,« begeistert klatschte sie in die Hände »Das hört sich gut an. Dann haben wir ja schon einen Bestandteil des neuen Namens.«
Eine Hommage an meine Flammen, sollte es also werden? Das gefiel mir, schließlich gehörte das Feuer zu mir, wie die Luft, welche ich zum amten brauchte.
»Wie wäre es dann noch auf Betracht deines Logos mit Glitter? Glitter Flammes würde sich doch toll anhören.«
»Ach Lena,« lachend stellte ich rasch meinen Becher ab. Es fehlt noch, dass ich meinen neuen Schreibtisch direkt mit Kaffee versaut, weil Lenas Französisch zu wünschen übrig ließ. »Das musst du anders Formulieren. Wenn schon dann Flames Glitter. Doch das hört sich blöd an. Wie wäre es dann eher mit Flames Glamour? Glamourös passt hier besser.«
»Flames Glamour? Glamour flammes?« Sie spielte mit der Grammatik und stellte die Wörter so um, wie bis sie sich in ihren Ohren, die nicht ans französische gewöhnt, gut anhörten. »Also ich weiß, es ist grammatikalisch vermutlich totaler Schwachsinn aber Glamour flammes gefällt mir am besten. Es hebt dich und den Club hervor, so wie ihr seid.«
»Ach und wie sind wir?«
»Selbstbewusst genug, um der Welt zu zeigen, dass ihr anders seid.«
»Ich glaube kaum, dass der Club sich darum kümmert, aber ich bedanke mich für dieses Kompliment trotzdem.« Ja, ich war noch nie wie die anderen oder so, wie man mich am liebsten haben wollte. Oft genug gehe ich mit dem Kopf voran durch die Wand und begehe genau jene Fehler, vor die man mich versucht zu warnen. Doch das war ich. Eigensinnig, ehrlich und klar. Und genauso wollte ich den Laden führen. »Du hast Recht. Glamour flammes passt perfekt.«
»Dann schickst du mir das Logo und ich gebe es mit dem Namen in den Druck, damit die Einladungen endlich raus können. Es wird höchste Zeit.«
»Gut, aber vorher passe ich den neuen Namen noch an das Logo an. Hast du inzwischen die Liste, die ich wollte?«
»Ja, und alles, was Rang und Namen hat, ist darauf vertreten.«
»Gut. Lade fünfzig Prozent von ihnen ein und den Rest der Einladungen vergib an unser Personal und die Bauarbeiter.« Meine Pläne begannen langsam immer mehr Gestalt an zunehmen, sich wie eine Skulptur aus einem Haufen Lehm zu entwickeln.
Irritiert hielt sie in ihren Bewegungen inne. »Was willst du damit bezwecken?«
»Ich will die magische High Society richtig heiß auf eine Einladung machen. Sie erwarten doch gerade eingeladen zu werden, wo Veleno so schön Werbung mit der Wette um uns betreibt.«
Auf Lenas Zügen schlich ein erleuchtendes Grinsen. »Sie werden glauben nicht wichtig genug zu sein, um eingeladen zu werden.«
»Genau und sie werden sich zu Tode ärgern, keine Einladung erhalten zu haben, wie andere mehr oder weniger angesehene Personen. Und wenn wir diese dazu bekommen von uns nur in den besten Tönen zu sprechen.«
»Werden wir uns vor Anfragen nicht mehr retten können und Veleno verliert.«
»Genau.« Wenn das bloß nicht nach hinten los ging. Mit so einem Vorgehen konnte ich mir auch ganz schnelle in paar Feinde schaffen. Doch daran durfte ich im Moment nicht denken. Das einzige was zählte war der Erfolg des Glamour flammes.
»Und Rosenrot? Willst du ihn einladen?«
»Nein.« Ich grinste »Das muss er sich erst verdienen.«


Nur noch drei Tage bis zur Eröffnung. Das Personal war eingestellt und wurde bis zum großen Tag angeschult. Die Band war gebucht, die Kostüme bestellt und die Gäste eingeladen. Alles passte. Bis auf mir. Mein berufliches Leben schien langsam in geordneten Bahnen zu laufen. Doch etwas fehlte. Jemand der es anerkannte, mir Mut zusprach, wenn ich wieder einmal kurz davor stand alles hinzuwerfen, jemand der seine schützende Hand über mich hielt und der mich nicht wegstieß begann ich einen Fehler.
Eine Last, schwer und kalt drückte auf mein Gemüt, erschwerte mir das freie Atmen und Denken. Obwohl ich jeden Tag von dutzenden Lebewesen umgeben wurde legte sich die Einsamkeit kalt über meinen Leib und deckte mich unter ihrer bedrückenden Beschwerlichkeit liebevoll zu.
Tief in wirren Gedanken versunken wanderte ich durch die belebte Einkaufsmall. Kichernd stöckelten junge Frauen, händchenhaltende Pärchen oder hektisch davon eilende Karrieremenschen an mir vorbei. Doch für all diese fehlte mir der Blick, er gehörte alleine zweien Menschen.
Lachend hob ein junger Mann seine blondgelockte Tochter in die Höhe, damit sie über die Schaufensterauslage hinweg in den Spielzeugladen hinein schauen konnte. Begeistert klatschte die Kleine in die Hände und schenkte ihrem Vater das fröhlichste Lächeln der Welt. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr worauf sie wichtig schauend nickte, bevor sie ihm einen dicken Schmatzer auf die Nase drückte und von ihm verlangte zurück auf den Boden gesetzt zu werden. Vater und Tochter, setzten ihren Weg voller Zuneigung und die Hände vertrauensvoll ineinander gelegt fort.
Seufzend wandte ich mich ab, nach diesem Anblick schmerzte es in meiner Brust, als läge Stacheldraht um mein Innerstes.
Ich nahm mir den Abend frei, wollte endlich einmal wieder für mich sein, doch im Grunde genommen tat es mir nicht gut, es führte mir nur ein weiteres mal vor Augen, dass ich alleine war. Mein Vater wollte mich nicht. Er stieß mich von sich, wie ein lästiges Insekt, ein Welpe den man sich zu Weihnachten schenkte und im Sommer an der nächsten Autobahnraststätte anband, weil er lästig wurde.
»Anabelle?« Summer, eine der eingestellten Kellnerinnen trat aus der Parfümerie, an dessen bunt beleuchteten Fenster ich vorbei schlenderte.
»Hey,« matt lächelte ich. Auch, wenn ich sie auf Anhieb symphytisch fand, stand mir der Sinn zurzeit nicht nach Gesellschaft. Schon gar nicht, wenn sie so gut gelaunt der Welt entgegen lächelte, als wäre alles super und perfekt.
»Das ist ja ein Zufall, dass wir uns hier treffen. Was machen Sie hier?«
»Spazieren gehen.« Dumme Ziege, was sollte ich hier schon machen? Bauchtanz?
»Oh, aber sicher ist doch noch so viel bis zur Eröffnung am Freitag zu tun oder nicht?«
»Dafür habe ich Angestellte,« ich verkniff mir ein entsprechendes Kommentar, um des zukünftigen Arbeitsklimas willens. Ganz davon abgesehen, dass ich einer Kellnerin keinerlei Rechenschaft über meine freie Zeit geben musste.
»Natürlich,« Summer bemerkte nichts, von ihrem Tritt ins Fettnäpfchen und plauderte freudig weiter. »Ich bin mit meinem neuen Freund hier. Er hat mich zum Shoppen eingeladen,« grinsend beugte sie sich ein wenig vor und gab den Blick auf ihr sahnefarbenes Dekolleté frei. »Ich glaube er geht nur mit mir shoppen, um die Dessous auswählen zu können.«
»Wie schön für Sie.« Dies gehörte eindeutig zu den Dingen, welche ich nicht über sie hören mochte. »Dann wünsche ich Ihnen und ihren Freund noch einen schönen Abend.« Ich wollte mich schon von ihr abwenden, als ihr neuer Freund aus dem Laden trat und ich glaubte, von einem riesigen Felsbrocken erschlagen zu werden.
In seiner Bewegung versteinert starrte er mich aus silbernen Iriden an, als sei ich der Teufel persönlich.
»Zetó komm, ich möchte dir meinen Boss vorstellen.« Summer hüpfte auf ihn zu und klammerte sich, in bester Klettenmarnier, an seinen Arm.
So war das also. Kaum glaubte er sich mir nicht mehr hundertprozentig sicher schnappte er sich bereits die Nächste. Summers gackerndes Lachen und die strahlend blauen Augen kotzten mich mit einem mal so an, dass es unter meiner Haut für einen kurzen Moment kupfern aufloderte, und ich spürte, wie die Flammen sich um meine Fingerknochen legten und in jedes einzelne Molekül meines Seins eindrangen, während sich mir das Bild einer brennenden und schreienden Summer ins Gedächtnis schlich. »Tut mir leid, ich habe keine Zeit mehr.« Schleunigst wandte ich mich ab. Wenn ich jetzt nicht ging, tat ich etwas Unüberlegtes.
»Aber ich wollte doch,« jammerte Summer, bevor ihr Protest vom leisen Bass gemurmelter Worte erstickt wurde.
Aufgeregt tanzte es in meinem Magen, gefolgt von brennendem Verlangen zurück zugehen und das Feuer aus seinem Käfig zu lassen. Ich beschleunigte meine Schritte, schnurstracks fort von Summer und ihrem Lover.
»Ich kündige sie, ganz einfach, dann bin ich sie los,« sprach ich zu mir selber, um meiner Wut entgegen zu wirken. Für gewöhnlich war Zetó das Beste Mittel zur Abkühlung, doch gerade er feuerte sie an, wie trockenes Geäst ein Lagerfeuer. Wie konnte er mich nur so hinter gehen? Dieser Mistkerl. Während ich mir noch Gedanken über ein UNS machte, vögelte er sich bereits durch meine Belegschaft. Das ging zu weit. Ich konnte viel vertragen, doch dass kratzte an mir, wie ein Eispickel an einem Gletscher. Und dies an einem Abend, der mir bereits eklig zusetzte.
Mein Weg führte mich direkt in den nächsten Coféshop, in dessen hinterste Ecke ich mich mit einem großen White Macchiato mit extra viel Sahne, dem Eingang und der Theke abgewandt, in einen weichen braunen Ledersessel niederließ. Doch bevor ich meinen Macchiato genießen konnte muss ich Lena die Kündigung von Summer übermitteln, bevor ich es vergaß oder schlimmer noch, es mir anders überlegte. Ich kramte mein Handy aus der Tasche und hätte es am liebsten sogleich wieder dort versenkt. Auf dem Display blinkte Aizórs Nummer, drei Mal versuchte er bereits mich ans das andere Ende der Leitung zu bekommen. »Auch das noch.« Wenn es einmal kam, dann ganz dick. Sicher wollte er sich beschweren, weil sich noch keine Einladung zur Eröffnung in seinem Briefkasten wiederfand. Genervt von ihm und dem Rest der Welt, tippte ich eine Nachricht für Lena mit der Anweisung Summer zu kündigen, schaltete anschließend das Gerät aus und warf es achtlos auf den Tisch, neben die dampfend Tasse. Und wenn er noch so oft versuchte mich ans Telefon zu bekommen, heute war ich für niemanden mehr zu sprechen. Ich brauchte eine kleine Auszeit.
Zwei weitere Macchiatos später war mein Kopf so leer, dass ich gedankenlos die dunkel vertäfelte Wand anstarrte. Auf keine meiner Fragen fand ich eine Antwort oder gar eine Lösung. Nichts schien mich weiter bringen zu wollen.
»Darf ich mich dazu setzen?« Jeans, so zerrissen, dass sie nur noch an den Nähten zusammenhielt und mehr von der kakaofarbenen Haut preisgab, als versteckte schob sich in mein seitliches Blickfeld. »Sie sehen so traurig aus, ganz alleine hier hinten.«
»Und das konnten Sie, von wo aus sehen?« Meine Rückenansicht verriet ihm ganz sicher nicht, wie ich mich fühlte.
Weiße Schneidezähne blitzten zwischen seinen dunklen Lippen auf während er Lächelte. »Ich habe ein Gespür für so etwas. Also? Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
»Ein anders Mal gerne, aber heute,«
»Heute ist genau richtig,« fiel er mir ins Wort und ließ sich auf die Couch gegenüber sinken. Die langen Beine von sich gesteckt, sich mit dem Ellenbogen auf der Lehne abstützend musterte er mich, wie ich da saß. Beine und Arme verschränkt, und einem Gesichtsausdruck, der selbst einen bissigen Hund in die Flucht schlagen konnt. »Jetzt schauen sie mich nicht so böse an, ich möchte Ihnen nur ein wenig Gesellschaft leisten.«
»Warum?« Wenn meine Körpersprache ihn nicht davon abhielt, sich zu setzen, musste es einen Grund dafür geben.
»Darf ich ihnen denn keine Gesellschaft leisten?«
»Was wollen Sie?«
Er seufzte und schob sich eine lange Strähne seines Rasterhaares über die Schulter. »Sagt ihnen EOKL etwas?«
»Nein,« kopfschüttelnd verneinte ich. Woher sollte ich dieses Buchstabenwirrwar auch schon kennen? »Müsste ich?«
»Sollten Sie.« Er lehnte sich ein Stück vor und sprach leise »EOKL steht für die europäische Organisation zur Kontrolle paranormaler Lebewesen.«
Meine Alarmglocken schrillen. Plötzlich geweckt erhob sich das Feuer in meinem Inneren, wie ein Schutzhund, bereit bei der ersten falschen Bewegung zuzubeißen. Für die Mehrzahl der Menschen existierte die magische Gesellschaft nicht, und für gewöhnlich wurde es vermieden einen Normalsterblichen in das Geheimnis einzuweihen. Es ging in Achtundneunzig Prozent der Fälle nie gut. Entweder sie wurden verrückte oder setzten sich als Ziel, all die bösen Monster vom Angesicht der Erde zu tilgen. Dass es dafür inzwischen sogar eine eigene Kontrollgesellschaft gab hörte ich jedoch zum ersten Mal.
»Ganz ruhig,« beschwichtigend senkte er seine offene Hand. »Ich bin nicht hier, um Ihnen Schwierigkeiten zu machen.«
Ich setzte mich ordentlich hin, so dass ich notfalls ohne Komplikationen aufstehen konnte. »Ach? Und was wollen Sie dann von mir?« Die Flammen krochen empor und setzten sich lauernd unter meiner Haut ab, sofort wurden es drei Grad wärmer um mich herum.
»Faszinierend.« Er schüttelte den Kopf, als müsse er sich einen besonders hartnäckigen Gedanken austreiben. »Ich bin hier um über das Glamour flammes zu sprechen. Wir würden es begrüßen, eine Einladung von Ihnen zu erhalten.«
»Eine Einladung?«
»Ja, alles was Rang und Namen hat wird da sein.«
»Und da dachten Sie, sie könnten dort ein wenig herumschnüffeln?« Na klasse. »Wollen sie mich ruinieren?« Sprach sich herum, dass ich jene merkwürdige Gesellschaft einlud und zuließ, dass sie den Gästen hinter herschnüffelten, konnte ich einpacken. Keiner würde mehr einen Fuß ins Glamour flammes setzen und mein Ruf wäre bis in alle Ewigkeiten dahin.
»Sie formulieren das wirklich unschön.«
»Weil es unschön ist. Ganz zu schweigen davon, glauben Sie nicht, dass Sie oder ihre Leute meinen Gästen bekannt sein werden?«
»Wir agieren für gewöhnlich im Verborgenem. Niemandem wird unsere Anwesenheit auffallen, dass verspreche ich Ihnen.«
»Und wenn ich Nein sage?« Er machte nicht den Eindruck, als gäbe er sich mit einer Abweisung zufrieden. Besser ich wog die Alternative ab, bevor ich mit Konsequenzen rechnen musste.
»Nicht mehr viel und sie hätten die kleine Blonde vor der Parfümerie in eine lebende Fackel verwandelt.« Er lehnte sich zurück, auf den Lippen ein selbstgefälliges Grinsen. »Sie sind nicht ganz so ungefährlich, wie Sie sich geben.«
»Sie Drohen mir?«
»Wieder so ein unschönes Wort. Ich würde es eher als Deal bezeichnen. Sie überlassen mir fünf Einladungen und ich sorge dafür, dass dieser Zwischenfall nicht weiter behandelt wird.«
Verdammte Scheiße! Die Flammen glitzerten unruhig hin und her züngelnd unter meiner Haut, sie lechzten danach die Sache zu bereinigen und diesen Schmarotzer aus dem Weg zu schaffen. »Nein,« flüsterte ich und strich über einen meiner Fingerknöcheln, um die Flamme, die dort drohte auszubrechen zurück zu zwingen. Ließ ich sie jetzt raus, gab es ersten kein Zurück mehr und zweitens, war ich nicht so naiv anzunehmen er wäre alleine gekommen. Sicher beobachteten uns seine Leute, um für den Notfall eingreifen zu können.
»Bitte?« Sein Blick lag dort, wo die Flamme sich ein weiteres Mal aufbäumte und durch die Haut hervor brach, bevor sie sich für den Moment zurück zog.
»Sie drohen mir nicht nur, sie wollen mich auch erpressen.« Ich wusste es, ich hätte daheimbleiben sollen.
»Nun? Bekomme ich meine Einladungen?«
»An wen soll ich sie schicken?« Mir blieb im Moment nichts anderes übrig als nachzugeben. Jedoch, wenn er glaubte ich würde diese Erpressung so hinnehmen, irrte er sich gewaltig. Dies würde noch ein Nachspiel für ihn und seine verfluchte Organisation geben.
»Schicken Sie die Einladungen an Chuck Brighten.« Zufrieden nickte er über das Geschäft und erhob sich von der Couch. »Ich muss nun los. Es war mir wirklich eine Freude, mich mit Ihnen zu unterhalten Miss Nemour. Vielleicht können wir unser Gespräch bei der Eröffnung ein wenig vertiefen.« Mit großen ausholenden Schritten ging er vorbei, doch bevor er ganz aus meinem Sichtfeld verschwand, drückte er mir noch eine letzte Nettigkeit rein »Ein Tipp für die Zukunft. Halten sie sich von diesem weißhaarigen Vampir fern, jener scheint eine explosive Wirkung auf sie zu haben.«
»Groschenstricher!«


»Wieso gehst du nicht ans Telefon, wenn ich dich anrufe?« Kein Hallo, wie geht es oder was ist passiert, dass du mich unbedingt sprechen willst? Nein, stattdessen machte er mir direkt wieder Vorwürfe, als sei ich sein beschissener Besitz.
»Ich habe ganz andere Probleme, als mich jetzt darüber zu streiten, warum und wieso ich nicht an mein Handy gehe.« Ich stand vor seinem Schreibtisch und betrachtete seine breiten Schultern. Mir abgewandt blickte er aus dem Fenster, wie ein beleidigtes Kind, dass sein Spielzeug nicht bekam.
»Ich habe mehrmals versucht dich zu erreichen.«
»Meine Güte. Sie bekommen ja ihre Einladung, wenn sie so darauf bestehen. Aber könnten wir jetzt darüber sprechen, wieso ich hier bin?«
»Du glaubst ich wollte dich nur wegen der Einladung sprechen?« Noch immer wandte er sich mir nicht zu, sondern blickte auf die erleuchtet Straße hinunter.
»Weshalb sollten Sie mich sonst sprechen wollen? In drei Tagen ist immerhin die Eröffnung.«
»Wir sind also wieder bei dem Sie angekommen?«
»Bei allen Göttern, warum müssen Sie alles so kompliziert machen? Ich duze alle meine Sexualpartner. Aber gerade jetzt habe ich keinen Sex mit Ihnen, sondern suche Sie in Ihrer Funktion, als Clanoberhaupt, als mein Boss auf.«
Leise erklang sein Lachen, doch es klang nicht ehrlich. »So siehst du das also?«
»Bitte fangen Sie nicht auch noch mit dieser Masche an. Meine Nacht war schon beschissen genug.« Ich sank in den Sessel vor seinem Schreibtisch und deponierte meine Tasche auf dem Sessel neben mir. In Anbetracht der sich anhäufenden Probleme kam ich zu ihm, um zumindest eines zu lösen und nicht um mir ein weiteres aufzuhalsen. »Seien Sie für die nächsten Minuten doch einfach nur mein Boss, nichts weiter, einfach nur der Mann der mir helfen kann. Mehr will ich nicht.«
»Gut, wie du willst.« Er wandte sich zu mir um. Die Lippen fest aufeinander gepresst und eine geschäftige Miene aufgesetzt setzte er sich. »Um was geht es?«
»EOKL.«
»Die sind mir bekannt. Jedoch brauchst du dir wegen ihnen keinen Kopf machen. Sie sind harmlos.«
»Von wegen.« Ich erzählte Veleno, wie dieser Chuck mich im Coféshop aufsuchte, mir drohte und mich erpresste.
Er hörte sich alles geduldig an. An einer Sache jedoch hatte er entschieden etwas auszusetzen. »Wenn ich dir helfen soll, musst du mir allerdings schon den Auslöser nennen, mit dem sie dich versuchen zu erpressen.« Bisher konnte ich dies gut umgehen, doch jetzt musste ich mit der Wahrheit heraus rücken und ich wusste nicht, wie er darauf reagierte.
»Naja, eigentlich ist nichts passiert. Ich hatte mich den Umständen entsprechend noch gut unter Kontrolle.«
»Was ist passiert?«
»Es ist nur eine Kleinigkeit. Nichts was nicht öfters passieren würde.«
»Ich warte!«
»Naja, sie ging mir eben so sehr auf die Nerven,«
»Anabelle,« unterbrach er scharf.
Ich seufzte. »Na gut. Ich habe fast eine Frau verletzt, eigentlich wollte ich es nicht und doch irgendwie schon. Es ist schwer zu erklären.« Natürlich wollte ich Summer keinen Schaden zufügen, aber verdient hätte sie es.
»Welches Gefühl hast du in dieser Situation empfunden?« Er lehnte sich vor, die gefalteten Hände auf der Tischplatte platziert studierte er mein Gesicht.
»Brennende Eifersucht.« Und auch jetzt noch loderten die Flammen auf, dachte ich an den Augenblick zurück, an jenem Summer mir ihren neuen Freund vorstellte. Mein Magen zog sich zusammen, mir wurde richtig schlecht erwischte ich mich dabei, den Abend der beiden fort zu planen.
»Zetó!« Aizór erfasste den Grund sofort. »Ich habe dir gesagt er ist nichts für dich. Vergiss ihn endlich.«
»Das sagt sich so einfach.«
»Ist es auch.« Er erhob sich und wandte mir abermals den Rücken zu, um auf die Stadt zu schauen. »Du musst es nur wollen.«
»Ach und das sagt gerade der, der nicht von diesem Mannsweib loskommt.« Nein, ich vergaß weder Beatrice noch das Bild, wie er an ihrer Kehle klebte.
»Anabelle. Ich brauche nun mal Blut zum Überleben und es gibt Situationen in jenen es einfach lästig ist, sich eine Menschenfrau zu erbeuten.«
»Es gibt genug Angebote, da braucht man nicht über die Ex herzufallen.«
Er schwieg und ich lenkte das Gespräch zurück auf mein eigentliches Problem. »Und was soll ich jetzt wegen diesen EOKL machen? Wenn ich nichts gegen sie unternehme kann ich die Wette direkt als verloren einstufen. Ganz zu schweigen, dass sie mich immer wieder versuchen werden zu erpressen.«
»Schlaf mit mir.«
»Wie bitte?« Irritiert sah ich, total aus dem Zusammenhang gerissen auf.
»Du hast schon verstanden.« Aizór wandte sich um und lehnte gegen die Scheibe. Aus dunklen Augen sah er mit einer Mischung aus Ernsthaftigkeit und Herausforderung auf mich hinab. »Und bekenn dich zu mir.«
»Und wie soll das mein Problem lösen?«
»Als meine Partnerin werden sie nicht wagen dir zu schaden.«
»Das kann doch nicht wahr sein.« Die gesamte Welt schien sich nicht nur gegen mich zu verschwören, sondern sich auch noch gehörig darüber zu amüsieren, wie ich ständig auf die Fresse fiel.
»Ich meine es ernst. Damit wären alle deine Probleme gelöst.«
»Wissen Sie was?! Es war falsch herzukommen.« Ruckhaft erhob ich mich und nahm meine Tasche. »Ich habe gedacht Sie würden mir helfen und nicht solch einen abwegigen Vorschlag machen.« Das Letzte was ich jetzt noch brauchte war ein fester Partner, wo ich mir nicht einmal sicher war, was genau ich eigentlich wollte oder von den Männern in meiner Umgebung erwartete. Ich ließ mich nicht drängen und zu einer Partnerschaft schon recht nicht. »Das beweist nur wieder einmal, dass Sie mich nicht für voll nehmen. Ganz davon abgesehen, haben Sie schon vergessen, was ich Ihnen über sich sagte? Ein Kuss hier oder ein wenig nackte Haut da reicht nicht, um darüber weg zu täuschen.«
»Wenn du jetzt aus dieser Türe gehst,« drohend erhob er seine Stimme, die Augen zusammengekniffen und die Schultern angespannt richtete er sich zu seiner vollen Größe auf.
»Was dann?« Die Spannung in der Luft nahm zu, es knisterte vor unterdrückter und aufgestauter Wut. Eine Mischung gefährlich, wie Schwarzpulver neben einer offenen Flamme.
Erregte lechzte mein Feuer danach, es zu entzünden und den ganz großen Knall herbei zuführen. Es liebte Auseinandersetzungen und Streit, wie außer Sex nichts anderes mehr.
»Du wirst es furchtbar bereuen,« presste er hervor. Der Zorn erreichte seine Augen und entfachte ein Feuerwerk tödlicher Blitze.
»Ach und was wollen Sie tun?« Es reichte. Enttäuscht, bedroht und genervt warf sich jegliche Vorsicht hinab in den Abgrund, geradewegs ins Nirwana. »Mir einen Quicky aufzwängen? Oder einen Blow job? Oder wollen sie direkt den großen Wurf?«
Knurrend stieß er sich von der Wand ab, in Zeitlupentempo bewegte er sich auf mich zu.
Stur blieb ich stehen. Die Zeit in jener ich vor ihm zurück wich endete endgültig. Ich ließ es zu, dass rotgoldenen Flammen über meine Handgelenke glitten und im Kontakt mit der Luft leise auf knisterten.
»Weib,« er setzte an und sprang.
Sein Gewicht schleuderte mich gegen die Wand, raubte mir für einen kurzen Augenblick den Atem und die Selbstkontrolle über mein Feuer. Dieses nutzte die Gelegenheit. Wie ein Vulkan brach es aus meinem Körper heraus, schlang sich in wilden Bahnen windend um Aizórs Körper. Schmorrte, qualmte, zerstörte und hinterließ rote Striemen dort, wo sie auf weiße Haut trafen.
Zischend verfärbte sich der Stoff seines Hemdes, schmale nach verschmorter Seide stinkende Rauchschwaden erhoben sich.
Knurrend pressten seine harten Lippen sich auf meine. Seine Finger krallten sich in das erhitzte Fleisch meiner Hüfte, nicht gewahr, dass die Flammen von ihm zerrten, wie von einem guten Stück Holz.
Das machte mich an, richtig heiß und stürzte meine Gefühle in einen wilden vor Lust geifernden Strudel.
Wie das Feuer zuvor schlang ich meine Arme um ihn, drückte mich gegen seine harten, gut trainierten Körper und erwiderte den Kuss mit der Gier eines Süchtigen. Fordernd leckte ich über seine Unterlippe, knapperte und biss.
Grunzend tat er es mir gleich, tastete nach dem Saum meiner Bluse, nur um sie sogleich daran auseinander zu reißen.
Erfreut über den Wechsel von Wut zur Lust kehrten die Flammen zu mir zurück, ballten sich in meinem Magen zu einer Kugel zusammen, um sogleich in dutzenden vibrierenden Erschütterungen im Unterleib zu explodieren.
Aizórs Lippen wanderten über mein Kinn hinab zu den Ansätzen der Brüste. An der Spitze des BH´s angekommen, leckte er dort entlang während seine Hände sich auf den Weg machten, den Verschluss und ihm den Weg zu öffnen.
Mit dem Stück Spitzenstoffes fiel auch der letzte Rest meiner Beherrschung und ich gab mich Aizór mit Leib und Seele hin.

»Wenn jeder Streit so endet, sollte ich dich öfters dazu bringen mit mir zu streiten.« Vor sich her grinsend saß Veleno nur von seiner angeschmorten Stoffhose bedeckt in seinem Sessel und beobachtete mich dabei, wie ich die Träger des BHs zurück auf meine Schultern schob, während er an einem Brandy nippte.
»Das würde ich dir nicht raten.« Ich hielt in meinem Tun inne und betrachtete die Striemen auf seinem Oberkörper, welche mir krebsrot entgegen leuchteten. »Der Sex mit mir bekommt dir nicht.«
»Das ist nächste Nacht schon verheilt.« Sein Blick, welcher zuvor noch ungezwungen wirkte, veränderte sich. »Denkst du über mein Angebot nach?«
»Über eine Partnerschaft mit dir?« Die Bluse vom Boden klaubend vermied ich es ihn anzublicken. Meine Meinung änderte sich nicht, wegen ein bisschen Sex, auch wenn der grandios war. »Aizór es ist so, eine Partnerschaft einzugehen, nur um alle Probleme los zu werden, ist keine Lösung, welche ich in Betracht ziehen kann. Es wäre nur eine Lösung auf Zeit, verstehst du?«
Stumm nickte er.
»Für mich ist eine Beziehung etwas das auf Vertrauen und Zuneigung aufbaut. Und etwas das nur zwischen zwei Wesen sein sollte. Und so lange ich nicht weiß was genau ich überhaupt will, werde ich mir eine solche Last nicht aufbürden.«
»Last?« Er leerte sein Glas mit einem großen Schluck, als müsse er meine Worte erst einmal verdauen.
»Das ist vielleicht das falsche Wort. Was ich eigentlich sagen will ist, solange ich mir nicht einhundert Prozent sicher bin kann ich keine Entscheidung treffen. Würde ich mich entscheiden und dann feststellen doch etwas anderes zu wollen würde ich es nicht nur mir schwer machen.«
»Ich verstehe. Zetó ist also immer noch im Rennen.«
»Wie bereits gesagt, dass ist alles nicht so leicht.« Auch wenn kein Knopf mehr an Ort und Stelle saß, zog ich die Bluse an. Zumindest hing an der Garderobe draußen meine Jacke, welche ich bis nach Hause überziehen konnte.
»Würde es dir leichter machen, wenn ich dir meinen Entschluss über deine Worte im Fahrstuhl offenbare?«
»Es wäre zumindest ein erster Schritt. Wobei ich wirklich nicht weiß, woher dein plötzliches Interesse an mir herkommt.«
»Ich hoffte bereits mehrere Schritte an dir dran zu sein.« Der angenehm dunkle Bass seines Lachens strich über meine empfindliche Haut, wie raue Seide. So entspannt konnte ich ihn wirklich gut ertragen.
Velenos Lachen verstummte, den Blick fest auf mein Gesicht gerichtet offenbarte er sich. »Damals als du herkamst, schienst du alle meine Vorurteile über deines gleichen zu erfüllen. Du bist schön, temperamentvoll und die Männer liegen dir zu Füßen, so stellt man sich euch Nymphen im Allgemeinen vor.«
»Nein, es geht eher in die Richtung notgeil, sexbesessen und unberechenbar,« fiel ich ihm dazwischen verstummte jedoch sogleich. »Entschuldige.« Was die Vorurteile anbetraf, besaßen wir eindeutig gegenteilige Vorstellungen. Wobei meine wohl eher dem Fall entsprachen.
»Das ist eher zweitrangig. Ich hatte mir Vorgenommen mich nicht von dir um den Finger wickeln zu lassen. Doch jedes Mal hast du es geschafft das Loch meine Selbstbeherrschung zu finden, mochte es auch noch so klein sein. Ich gebe zu, ich habe dich dafür verflucht, stundenweiße sogar richtig gehasst, dass tue ich manchmal noch,« lachte er »Aber ich sehe den Fehler jetzt nicht mehr bei dir. Schließlich bin ich der mit der löchrigen Selbstbeherrschung in jener du dich ständig verfängst.«
»Wie ein Fisch im Netz.« Er traf es doch tatsächlich auf dem Punkt. »Ich danke dir für diese Erklärung.« Nun wurde einiges deutlicher und ich konnte sein Verhalten langsam verstehen. »Es ist schon spät, ich muss jetzt wirklich gehen, für die Eröffnung muss noch soviel erledigt werden.«
»Hast du nicht etwas vergessen?« Das Lächeln kehrte auf seine Züge zurück.
»Nein?« Natürlich wusste ich dass er auf die noch fehlende Einladung für ihn anspielte. So einfach allerdings kam er mir nicht davon.
»Bist du dir sicher?«
»Ja.«
»Du kannst es nicht lassen oder?«
Die Hände in die Hüfte gestemmt funkelte ich ihn lachend an »Auf gar keinen Fall.«
»Du Biest!« Theatralisch seufzte er besonders laut auf »Ich muss wohl am Tag der Eröffnung mit dir um den Einlass streiten.«
»Das würdest du nicht tun.«
»Willst du Wetten?« Teuflisch grinsend zwinkerte er.
»Mit dir? Auf gar keinen Fall.« Lachend angelte ich nach meine Tasche. »Wir sehen uns.«
»Anabelle?« Gerade als ich die Türe öffnete, hielten seine Worte mich zurück. »Ich werde mich um diese Organisation kümmern.«


Kühl schmiegte sich das schwarze Gehäuse des Telefons an meine Hand und unter der sachten Berührung meiner Fingerspitzen streckten die Zifferntasten sich mir flehend entgegen. Ich kämpfte gegen den Wunsch den Hörer abzunehmen und die einzige Nummer zu wählen, die ich selbst im Schlaf noch beherrschte.
»Ana? Hier steckst du also.« Lena trat in den kleinen Lagerraum im hinteren Teil des Gebäudes. »Schau mal, es ist schon wieder einer gekommen.« Im Arm hielt sie einen Strauß großer weißer Rosen. »Was soll ich mit ihm machen?«
»Das was du mit den anderen Dutzend auch getan hast. Wegschmeißen!« Kopfschüttelnd wandte ich mich vom Telefon ab. Glaubte Zetó wirklich, dass ich ihm wegen ein paar Sträußen Rosen vergab? Oh nein, wenn er dies wirklich tat, kannte er mich schlecht. Ich würde ihm nicht einmal verzeihen, wenn er nackt auf allen vieren vor mir her gekrochen kam. Zumindest nicht in den nächsten einhundert Jahren.
»Aber sie sind so schön. Viel zu schade für die Tonne.«
»Einfach ausführen, nicht denken.« Lena besaß einen ausgeprägten Sinn für Romantik. Ein paar Blumen hier, etwas Schokolade dort und sie ließ sich von dem erst besten aufs Kreuz legen. Aber ihr gefiel es und mich ging dies nichts an.
»Aber du weißt doch gar nicht, von wem sie sind.«
»Von Veleno sicherlich nicht,« Niik schob sich durch die Türöffnung an Lena vorbei. »Er würde ihr Rote schicken.«
»Woher willst du das wissen?« Seufzend versenkte sie ihre Nase zwischen den weißen Blütenblättern und nuschelte »Ich meine,«
»Weil Mann einer Affäre immer rote Rosen schickt.«
»Ich bin keine Affäre,« grummelnd verschränkte ich die Arme vor der Brust. Nein, ganz und gar nicht. Zu einer Affäre gehört, dass man Zeit mit einander verbrachte, sich neckte und heimlich für ein Stell-Dich-Ein traf, während man sich gleichzeitig mit schnulzigen SMS oder Kleinigkeiten versorgte. Keines von allem traf auf mich oder Veleno zu, geschweige dass mir dafür im Moment die Zeit, als auch der Sinn fehlte.
»Da habe ich aber etwas anderes gehört,« breit grinsend blickte er lauernd unter seinen buschigen grauen Augenbrauen hervor.
»Ach und von wem willst du das gehört haben?«
»Man munkelt so etwas.«
»Genauso wie man munkelt Nööks seien legal?«
»Sie wären es würden diese Fischleiber nicht so ein riesen Tam-Tam darum machen,« pfefferte er zurück. Niik ließ sich nicht leicht aus der Ruhe bringen, doch der Stress der letzten Tage und der Hohn darüber, dass er auf einen Betrüger hereingefallen war, zerrten an seinen Nerven. »Aber du bist auch nicht viel besser. Machst ein Theater darum, mit welchem Kerl du nun in die Kiste steigst, als wärst du Aphrodite persönlich!«
»Niik, übertreib es nicht,« warnend baute ich mich vor dem kleinen Mann auf. Unter meiner Haut züngelte es begierig.
»Ja hör besser auf. Das letzte Mal als du sie wütend gemacht hast hätte es dich fast das bisschen Haar auf deinem Kopf gekostet,« kicherte Lena, welche es sich nicht nehmen ließ Niiks Zustand auszukosten.
»Weib,« knurrend entblößte er gelbe, abgewetzte Zähne.
»Also was soll ich jetzt mit den Rosen machen?«
»Wegschmeißen!« Erklang es gleichzeitig von Niik und mir, endlich einmal derselben Meinung.
»Bist du sicher?«
»Lena mach es einfach,« ich wandte mich von den Beiden ab »Ich muss jetzt auch los die Kostüme noch abholen.«
»Soll ich mitkommen?« Lena vergaß für einen Augenblick die Blumen »Wir könnten danach noch etwas trinken gehen.«
»Das ist nett gemeint, aber ich glaube ich bleibe heute Abend lieber daheim.« Überall schien ich auf Zetó oder Veleno zu treffen oder es lief darauf aus, dass ich mich zu einem flüchtete. Nach dem Stress mit ihnen in den letzten Tagen allerdings verspürte ich nicht den geringsten Antrieb ihnen zu begegnen. Auf einen weiteren Tiefschlag konnte ich verzichten.
»Ach komm schon. Ich kenne eine nette kleine Bar, die garantiert vampirfrei ist. Und dir wird es gut tun, nach all dem Stress.«
»Das hört sich gut an.« Niiks Hände rieben unentwegt ineinander, ganz so als schäume er sie sich mit imaginärer Seife ein.
»Tut mir Leid du Zweig. Nur Ana und ich. Frauenabend eben.«
»Mhná diabhal,« schnaufend drehte Niik uns den Rücken zu und stampfte beleidigt zurück in den Gastraum. Sogar ihm war nicht zum Diskurieren zumute.
»Also was sagst du?« Mit einem Grinsen im Gesicht sah Lena dem Bergmann nach.
»Na gut. Aber du zahlst.«


Lena behielt recht. Die kleine Bar am Rande Londons wurde ausschließlich von Lebenden bevölkert. Weit und breit kein Vampir oder sonstiges übernatürliches Wesen, von mir abgesehen. Auf einem kleinen Podest gleich neben der Bar spielte die Hausband einen ruhigen Song nach dem Anderen für die umschlungenen Paare auf der Tanzfläche, während die Barkeeperin im Rhythmus mitschaukelte.
»Was hast du vor, wenn du gewinnst? Wirst du wirklich in London bleiben?« Lena beugte sich über den Tisch und stapelte die Bierdeckel zu einem Turm auf. Ihr Gedanken flatterten, wie ein Kolibri von Thema zu Thema.
»Frag mich doch nicht so etwas.« Ich genoss einen großen Schluck meines Fruchtcocktails, bevor ich weiter sprach. »Aber ich denke schon. London hat so einiges zu bieten.«
»Wie Schneeweißchen und Rosenrot?« Sie konnte es einfach nicht lassen die Männer aus unserem Gespräch heraus zuhalten.
»Sag mal Lena, wieso hast du eigentlich keinen Freund?«
»Du lenkst schon wieder ab.«
»Nein, du hast damit angefangen. Also? Raus mit der Sprache.«
Lachend schüttelte sie sich »Katze pass auf, dass du vor lauter Neugierde nicht in die Wassertonne fällst.«
»Die, wie ich bemerken darf, schon von dir besetzt ist.«
»Ist ja schon gut,« abwehrend hob sie die Hände und ergab sich. »Ich habe einfach noch nicht den Richtigen gefunden. Seine Vorgänger waren bisher alles so richtige Reinfälle, also sei mir nicht böse, wenn ich es spannender finde, über dein Liebesleben zu plaudern.«
»Egal wie ich es drehe und wende, du kommst immer wieder auf dasselbe Thema zurück.« In meiner Zeit in London entwickelte Lena sich zu einer guten Freundin und auch wenn ich es vor mir versuchte zu leugnen mit ihr über Veleno und Zetó zu sprechen half mir meine Gedanken zu ordnen. »Wenn du so heiß auf sie bist, sollten wir die Plätze tauschen.«
»Um Gottes willen,« hickste sie »Ich würde eher Mord und Totschlag begehen, als mich mit diesen Zweien herumzuschlagen.«
»Sehr aufbauend.« Ich hob mein leeres Glas in die Höhe und deutete der Barkeeperin an mir noch einmal dasselbe zu bringen. Grinsend nickte sie und begann die erste Flasche in die Luft zu werfen, um ihre Künste den begeisterten Gästen darzubieten.
»Ach komm schon. Das sind beide wirklich attraktive Männer, du solltest dich nur endlich für einen entscheiden.«
»Und wenn ich gar keinen von beiden will?«
»Das kannst du mir nicht erzählen.« Mit dem Strohhalm ihres Sex-on-the-beach wirbelte sie die am Boden verbliebenen Eiswürfel umher. »Genau genommen willst du sogar alle beide. Ich habe ein wenig recherchiert und herausgefunden, dass Monogamie genauso wenig zu euch Nymphen gehört, wie ein Kamel ins Meer. Das ist nicht die Lebensweise deiner Art. Es gab sogar Frauen, die haben sich einen Harem mit mehr als hundert Männern zusammengestellt. Da solltest du eigentlich mit zweien völlig klarkommen.«
»Hast du die Nummern dieser Frauen?«
»Ana,« quietschend trat sie nach meinem Schienenbein, verfehlte es und schlug stattdessen die Spitze ihrer Pumps in die Unterseite der Polsterecke. »Ich meine das völlig ernst.«
»Das ist ja schön für dich. Aber Zetó und Veleno werden mich in der Luft zerreißen, wenn ich mit dieser Haremsidee ankomme.« Mit Männern deren Individualismus weniger stark ausgeprägt war mochte dies ja vielleicht funktionieren, doch bei den dominanten Vampiren konnte ich es mir nicht vorstellen. Jeder von ihnen wollte nicht nur der Erste, sondern auch der Alleinige sein. Und wenn es sich einrichten ließ, auch das bestimmende Glied in einer Partnerschaft. Teilen lag ihnen mehr als fern.
»Bist du dir da so sicher? Sie sind beide ganz verrückt nach dir, ich könnte mir sie als Haremsmänner gut vorstellen.« Ein Grinsen, gleich einer in den Sahnetopf gefallenen Katze, legte sich auf ihre Züge. Lena schien sich die Männer leicht bekleidet und mit Palmwedeln vorzustellen.
»Das hat nichts zu heißen.« Ich vergaß Zetós Vorstellung mit Summer nicht. Und als habe ich damit die Gasration im Körper erhöht züngelte das Feuer müde unter der Haut meiner Knöchel hervor. »Davon abgesehen wäre Zetó wirklich so verrückt nach mir wäre er nicht gleich zu dieser Kuh gelaufen, um sich gewisse Körperteile zu wärmen.«
»Ach Ana,« mitleidig streichelte sie über meine Schulter. »Er war sicher nur wütend auf dich und wollte dir einen Denkzettel verpassen.«
»Schöner Denkzettel,« brummte ich.
»Denk doch nur mal an die Rosen, die er dir geschickt hat.«
»Erstens wissen wir nicht, ob sie wirklich von ihm sind und zweitens lasse ich mich nicht von Rosen bestechen. Soweit kommt es noch, dass er Mist bauen kann und ich ihm gleich verzeihe, als hätte er lediglich meine Lieblingstasse fallen gelassen.«
Eine kurze Pause entstand in jener die Barkeeperin die neuen Cocktails brachte. Lena blickte nachdenklich in ihr Glas und ich konnte formlich sehen, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete. »Wie war er so in Paris?«
»Zetó?« Wenn ich an ihn denn alten Pavel zurückdachte, fuhr es mir jedes Mal kribbelnd den Rücken hinunter. »Gefährlicher und Ernster. Der Pavel, wie ich ihn kenne oder kannte, wäre niemals vor einer Auseinandersetzung geflüchtet. Er hätte seine Kathinka gezogen, Veleno den Schädel weggepustet und seinen Posten eingenommen.«
»Kathinka,« prustete Lena los »Er gibt seiner Waffe einen Namen?!«
»Nicht nur seiner Waffe.« Ob er es immer noch tat? Ich wusste es nicht, denn bisher erhielt ich keinerlei Gelegenheit, um dies in Erfahrung zu bringen. »Früher war er einfach anders verstehst du? Er hat sich meistens genommen, was er wollte und sich einen Dreck darum geschert, wer sich ihm in den Weg stellte oder ihm androhte.«
»Das hört sich nach einem echt harten Kerl an.«
»Der selten Lachte.«
»Vermisst du ihn? Ich meine, welcher gefällt dir denn jetzt besser? Zetó oder Pavel?«
»Sie haben beide ihre Reize. Zetó ist viel Gelassener und Umgänglicher, aber mit Pavel wusste ich wenigstens umzugehen.« Der neu erfundene Vampir, den er jetzt darstellte, konnte ich einfach nicht einschätzen. Beginnend von seinen Reaktionen auf mich bis hin zu dem Denkzettel und den Rosen. Er blieb einfach ein großes Rätsel.
»Und Veleno?«
»Was soll schon mit ihm sein? Ihn kann ich genauso wenig einschätzen. Manchmal ist er das größte Arschloch im ganzen Universum und im gleichen Moment mutiert er zu einem Mann, dem Frau Leib und Seele zu Füßen legt. Zum Beispiel das er mir die Partnerschaft mit ihm angeboten hat, nur um meine Probleme los zu werden, als würde er eine Immobilie kaufen. Was bin ich denn? Ein Geschäftsmodell? Verstehst du? Ich werde einfach nicht schlau aus diesem Mann.«
»Vielleicht ist er in dich verliebt?«
»Vielleicht schneit es in der Karibik?«
»Du bist manchmal so was von negativ,« schlürfend nuckelte sie an ihrem Drink. »Dabei ist die Lösung doch ganz einfach. Wenn du wissen willst, wem du wirklich wichtig bist, brauchst du ihnen nur einen Grund zur Besorgnis stellen und jener der innerhalb der ersten Stunde bei dir ist liegst du am Herzen.«
»Damit ich ihnen dann einen Harem vorschlagen kann?« Im Geist sah ich mich meine Überreste bereits an Decke und Wänden kleben. »Daran glaubst du doch nicht wirklich oder?«
»Natürlich.« Lena angelte ihre Tasche und begann darin herum zu suchen. »Wir geben den Jungs jetzt etwas, dass sie schwer ignorieren können. Danach wirst du wissen, wer es wirklich ernst meint.«
»Was hast du vor?« Mir schwante Übles. Lena mochte romantisch, nett und lieb sein, doch wenn es um Beziehungen ging, schien sie eine leicht selbstzerstörerische Ader zu besitzen. Wie sonst konnte ich mir erklären, dass sie mich unbedingt in den Höllenschlund schmeißen wollte, während sie „Love ist in the Air“ dabei sang?
»Wir simulieren jetzt einen Unfall.« Grinsend zog sie ihr Handy hervor. »Wenn ihnen da nicht ihre untoten Herzen bei stehen bleiben, will ich nicht mehr Aphrodite heißen.«
»Du bist betrunken,« rasch entzog ich Lenas Drink aus ihrer Reichweite. »Gib mir das Handy, bevor du noch mehr Blödsinn verzapfst!«
»Nein, ich bin nicht betrunken.« Wer dies noch nach sechs starken Cocktails von sich behauptete, stand eindeutig unter Alkoholeinfluss und sollte nicht mit Handys herumspielen.
»Und ob, lass den Unsinn. Du machst mir nur noch mehr Ärger.«
»Ich und Ärger?« Schmollend verzog sie ihre Lippen und vergaß dabei völlig, dass dieser Trick nur bei Männern funktionierte.
»Ich sage es nicht noch einmal.« Fordernd hielt ich die Handfläche hin, damit sie das Telefon dort hineinlegen konnte. »Jetzt sei schön brav und gib mir das Handy.«
»Gewonnen,« ohne Gegenwehr überreicht sie mir das kleine schwarze Gerät. Dies war fast schon zu einfach. »Aber, während ich jetzt mal für kleine Mädchen gehe, überlegst du dir die Sache noch einmal. Nur so kannst du herausfinden, wer der Richtige für dich ist.«
»Und wenn beide kommen, stehe ich noch genauso da wie vorher.«
»Dann musst du sie eben doch zum Harem überreden,« kichernd kletterte sie zwischen Eckbank und Tisch empor, um leicht schwankend in Richtung Toilette zu verschwinden.
»Das zahl ich dir heim,« murmelnd verstaute ich das Gerät in meine Tasche, damit Lena zu einem späteren Zeitpunkt nicht doch noch auf dumme Gedanken kam. Obwohl ich zugeben musste, dass sie in einem Punkt recht hatte. Ich musste herausfinden, wer von den Männern es wirklich ernst mit mir meinte und wer dies nur zu tun glaubte. Denn ob ich wollte oder nicht, ich musste mir langsam darüber klar werden, wen der Beiden ich wirklich wollte. Ob ich sie überhaupt wollte, nicht nur für ein oder zwei nette Nächte. Die Entscheidung darüber konnte ich zwar in die Zukunft schieben, vermeidbar allerdings war sie nicht.
Grinsend und immer noch ein wenig schwankend kam Lena zurück zum Tisch. »So meine Süße, ich habe bereits bezahlt, jetzt pack deine Sachen, wir müssen los.«
»Los? Aber wieso denn? Ich habe meinen Cocktail noch gar nicht ausgetrunken.«
»Hinten war ein Telefon,« mit dieser Offenbarung wandte sie sich ab und suchte das Weite.
»LENA!«


»Ich hasse dich,« maulte ich zwanzig Minuten später über Lena »Und diesen immer kaputten Fahrstuhl.«
Mit schmerzenden Füßen fiel ich auf die Couch. Lena hatte zwar darauf bestanden mit hinaufzukommen, doch ich schaffte es sie davon zu überzeugen nach Hause zu fahren. Immerhin wollte sie doch nicht das störende Rad am Wagen sein, was sie schließlich überzeugte. Und vielleicht die Tatsache zusehen zu müssen sollte ich mich von meiner Freude, wie sie glaubte, überwältigen lassen und dem ersten Kandidaten um den Hals fallen. Allerdings kam ich nicht daran vorbei ihr hoch und heilig zu versprechen, sie sogleich sobald ich Zeit fand anzurufen und über das Ergebnis zu informieren.
In meiner Tasche summte es schon seit geraumer Zeit. Obwohl ich nicht zu sagen vermochte ob es nun Lenas oder mein Eigenes war, tippte ich eher auf Letzteres. Dran zugehen jedoch lag mir genauso fern, wie nachzusehen. Ich wollte jetzt nicht mit den Vampiren reden, schon gar nicht um ihnen sagen zu müssen, dass Lena ihnen einen Streich spielte.
Es dauerte auch nicht lange, da klingelte es auch schon an der Türe.
Brummend drehte ich mich zur Seite und nuschelte ein verschwindet in die Sofakissen. Was war ich denn? Der Nabel der Welt? Wohl kaum, wieso also veranstalteten sie solch ein verdammtes Theater um mich?
Das Klingeln wurde immer permanenter, immer Drängender. Genauso wie das Surren in meinem Kopf, dass nur darauf wartete zu ausgewachsenen Schmerzen heran zu mutieren.
Mir blieb nichts anders übrig, als zur Türe zu schlürfen. Mies gelaunt, müde und ein wenig angetrunken riss ich sie auf »Lasst mich alle in …. Zetó?!«
Die Hände gegen den Türrahmen gestützt stand er leicht vorgebeugt vor mir. Das silberne Haar fiel ihm strähnig ins Gesicht und bildete einen harten Kontrast zu seiner schwarzen Motoradkluft. »Man sagte mir du wärst verletzt.«
»Und?«
»Anabelle,« grollte er »Was ist passiert?«
»Was geht dich das noch an?« Mit vor der Brust verschränkten Armen stand ich vor ihm, nicht gewillt ihn in meine Wohnung zu lassen. Ich wusste, wo das hinführen würde. Am Ende ließ ich mich nicht nur wieder von ihm breitschlagen ihm zu verzeihen, nein ich bot ihm sogar auch noch bereitwillig Versöhnungs-Sex an. Das Letzte, was ich jetzt wollte. Schon gar nicht, wenn ich dabei Gefahr lief, von Aizór erwischt zu werden.
»Солнце мое.«
»Lass gefälligst das Russisch, du weißt genau ich verstehe es nicht.«
Seufzend richtete er sich auf, seine Augen glitten suchend über mich. »Sag mir, was passiert ist.«
»Ich sagte schon, das geht dich nichts an! Geh jetzt bevor Veleno kommt!« Ich konnte es nicht lassen, ihn meine Spitze ins Fleisch zu treiben.
Er verzog keine Miene »Anabelle bitte.«
»Bitte was? Zetó was willst du noch von mir?«
»Das weißt du,« hauchte er und trat näher in der Absicht sich im Inneren weiter zu unterhalten.
»Nein, weiß ich nicht,« stur blieb ich stehen, auch wenn ich nun den Kopf in den Nacken legen musste, um ihn anzuschauen. »Ich dachte ich kenne dich, aber da lag ich falsch. Und weißt du, was mir das gezeigt hat?« Ich legte eine kurze Pause ein, bevor ich flüsterte »Das ich dir nicht vertrauen kann.«
»Warst du eifersüchtig, als du mich mit ihr gesehen hast?«
»Nein.«
»Kein bisschen,« sein Atem strich über meine Schläfen.
»Überhaupt nicht.« Unter meiner Haut züngelten die Flammen, begierig darauf die Wut über das Bild im Kaufhaus wieder hochsteigen zu lassen und Zetós Leib dafür zu verbrennen.
»Du lügst.« Er drängte mich mit seinem Körper weiter in die Wohnung hinein. »Ich habe dich gesehen.«
»Und? Glaubst du ich vergesse alles wegen ein paar dämlicher Rosen?«
»Wieso hast du sie fortgeschmissen?«
»Du warst schon immer ein Meister im Spionieren, also sag du es mir doch.«
»Weil du mir nicht vergeben willst. Weil du sauer auf dich bist und auf mich, weil ich dir zeige, was ich empfinde, wenn ich dich mit Veleno sehe.«
»Dann reiß dir besser jetzt das Herz raus, denn es tut dir jetzt vermutlich richtig weh, wenn ich dir sage, dass ich noch am gleichen Abend mit Veleno geschlafen habe!«
Erstarrt in seinen Bewegungen blickte er mich an »Sag das noch einmal.«
»Ich habe mit Veleno geschlafen,« schleuderte ich ihm entgegen. Ich erhoffte mir Genugtuung dadurch, dass ich ihn genauso verletzte, wie er es mir antat. Doch stattdessen füllte mich ein Gefühl von Schwere und Wehmut aus, ich bekam den Drang mich für mein Handeln rechtfertigen zu müssen. »Was hast du erwartet? Dass ich mir die Augen wegen deines Verrates ausheule? Dir zu Füßen gekrochen komme und darum bettele das Geschehene alles zu vergessen und neu anzufangen?«
»Dass du um mich kämpfst.«
»Dasselbe habe ich von dir erwartet.« Jetzt waren wir quitt. Doch dafür zahlten wir einen hohen Preis. »Ana,« die silbergraue Iriden seiner Augen schienen sich zu verdrehen, wie Wellen auf rauer See. Einzelne dünne Farbwellen flossen über seine Pupillen hinweg oder zogen sich am Rand entlang, als seien sie starke Masten im Wasser. Zetó erwachte aus seiner Starre und stieß empor. Unerbittlich packten seine Hände zu, legten sich um mein Haupt wie stählerne Fesseln, um ein zurückweichen zu verhindern, als seine Lippen sich auf meine pressten.
Das Feuer züngelte empor, griff auf ihn über und knisterte auf seinen Lippen, als habe er kaltes Wasser in kochendes Öl geträufelt. Meine Hände fanden auf seine Brust, um mich gegen ihn zu stemmen. Ich wollte los von ihm und einen Sicherheitsabstand einnehmen ohne Gefahr zu laufen schwach zu werden.
Obwohl die ersten schmalen Flammen über seine Hände krochen, ihm die Haut verbrannten und sich wie schmale Armreifen um seine Gelenke schlangen ließ er nicht ab.
Wut ballte sich zu einem festen Knäul in meinem Magen zusammen und streckte gierig die Fänge nach ihrer Beute aus. Ich musste ihn auf Distanz bringen, bevor die Wut das Feuer zur abscheulichen alles verbrennenden Bestie formte oder noch schlimmer, sie in Lust umschlug. Worte kamen nicht über meine Lippen, meine Hände und gar das Feuer ignorierte er. Es gab nur noch eine Möglichkeit dazu zu bringen mich los zu lassen, und bei allen Göttern, ich betete, dass seine Stiefel keine Stahlkappen besaßen. Mit dem Pfennigabsatz meiner Pumps stampfte ich gezielt nach seinen Zehen auf. Ich traf und das Leder seiner Stiefel gab nach, bis es auf Widerstand stieß.
Zetó zeigte keinerlei Zeichen von Schmerz. Und ich keine, dass ich den Kuss genoss oder erwiderte. Wenn er mir nichts anderes mehr übrig ließ außer meinem Feuer, um ihn davon zu jagen, saß es schlecht für uns aus.
»Du solltest sie loslassen.« Veleno tauchte aus dem Hausflur auf. Das Hemd halb offen, die Haare total verwuschelt und einer Miene die von Wut und Anspannung sprach. Der Mann sah nach Bedrohung pur aus.
Sein Auftauchen zwang Zetó diesen einseitigen Kuss zu unterbrechen, nicht aber seine Hände weiter auf meinem Körper zu lassen. Aus den Wellen meines Haares befreit wanderten sie über meine Schultern zur Hüfte hinab. Dort angekommen schlangen sich seine Arme um mich, als seien wir ein Liebespaar. Mit dem Unterschied, dass er mich in diesem Fall nicht so unerbittlich und kalt in dem Käfig seiner Arme an ihn drücken würde. »Verschwinde,« fauchte er.
»Wenn du sie verletzt hast, « knurrend griff Veleno hinter seinen Rücken und zog aus dem Hosenbund eine Browning hervor »töte ich dich.«
Ich zwang mein Feuer zurück, erleichtert Veleno zu sehen, der mich aus dieser pikären Situation befreien würde.

»Töte mich und du verlierst sie.«
»Da bist du dir sicher?« Arroganz zeichnete sich seinen Augen wieder, als er die Waffe auf Zetós Augenhöhe brachte, den Finger fest am Abzug.
»Hört auf!« Ich wollte immer umkämpft werden, doch die Situation glitt mir immer mehr aus den Händen. Wenn ich zuließ, dass sie sich gegenseitig zerfleischten, würde ich mir dies den Rest meines Lebens vorwerfen.
»Ja. Du kannst vielleicht ihren Körper besitzen, aber ihr Herz gehört mir!«
»Sie wird dir niemals gehören!« Die Männer ignorierten mich. »Das werde weder ich, noch Sabik zulassen.« In der Absicht wirklich abzudrücken presste er die Mündung der Pistole gegen Zetós Schläfe.
»Veleno hör auf!« Abermals stemmte ich mich gegen den weißhaarigen Vampir, der so unbeeindruckt da stand und sich drohen ließ. Und wieso das alles? Weil er glaubte, wir gehörten zusammen. Fiebrig floss es meine Venen entlang, während mein Magen sich krampfhaft zusammenzog. Das durfte alles nicht wahr sein. »Zetó!«
Endlich lockerte sich Zetós Griff. Sogleich befreite ich mich mit einem beherzten Stoß und wich zurück, verfolgt von silbern wirbelnden Iriden. Noch immer stand er nur da ohne etwas gegen die Pistole an seiner Schläfe zu unternehmen.
»Wenn du stirbst, werde ich dir das nicht verzeihen,« formten meine Lippen, ohne wirklich einen Ton über sie kommen zu lassen. Es stimmte, ich könnte mich nicht für einen der beiden entscheiden und ich grämte Zetó wegen seines Abstechers zu Summer, aber dies konnte er nicht tun. Mir auf solche Art und Weise eine Entscheidung aufzudrängen, war nicht richtig. Ich brauchte mehr Zeit.
»Anabelle?!« Veleno ließ den Blick nicht von Zetó, für den Fall, dass dieser versuchen wollte ihm die Pistole zu entwenden und die Situation umzudrehen.
»Aizór, nimm die Pistole runter. Bitte.«
»Das kann ich nicht tun, das weißt du.«
»Du darfst ihn nicht erschießen!«
»Er stellt eine Gefährdung meines Clans dar, es ist völlig legitim einen Konkurrenten auf dieser Art auszuschalten.« Seine Stimme hallte kalt und klar, wie ein frostiger Morgen, von den Wänden wieder. Und mit ihr ein Anflug von Macht, welche sich leicht wie ein Seidentuch über uns legte und verdeutlichte, dass Veleno sich für den Stärkeren hielt.
Zetó blieb stumm, den Blick auf mich gerichtet.
»Ist es auch legitim mir auf diese Weise das Herz zu brechen?« Denn nichts anderes würde sein Tod bewirken.
»Liebst du ihn?« Die Macht im Raum nahm zu und zum ersten Mal seit er seine Browning zog blickte er mir in die Augen. Im Gegensatz zu Zetós innerer Unruhe verrieten sie nichts von seiner Stimmung.
»Ich weiß es nicht,« antwortete ich ehrlich. »Er bedeutet mir viel. Sehr viel mehr sogar, als gut für mich ist. Aber ob es Liebe ist? Vielleicht, ich weiß es nicht. Doch was ich weiß ist, dass ich ihn nicht verlieren will. Was völlig absurd ist, denn das Selbe empfinde ich auch für dich.« Es sprudelte nur so aus mir heraus. »Ich weiß, ihr wollt endlich eine definitive Antwort. Eine endgültige Entscheidung, ein Ja oder ein Nein. Aber das kann ich euch nicht geben.« Im Raum wurde es kälter, das Feuer zog sich in mein Inneres zurück, um sich lauernd wie eine Katze im Unterholz zusammenzurollen. Waren Wut oder Lust im Spiel war es sofort da, doch entwickelte sich alles in die entgegengesetzte Richtung ließ es mich allein. Fröstelnd schlang ich die Arme um mich. »Ich wünschte es wäre anders, aber so ist es nicht. Und glaubt ja nicht, dass es für mich leicht ist, dass ich euch extra zappeln lasse.« Ich blickte von Veleno, der den Arm und somit die Waffe nicht senkte, zu Zetó. Sie sollten verstehen, dass es auch für mich schwierig war. Ihr Hass aufeinander machte es nicht leichter. Vielleicht konnten sie sich gegenseitig bekämpfen und es gelang ihnen den Gegner zu töten, doch dies würde unweigerlich bedeuten, dass sie auch mich verloren. Ich konnte nicht mit einem Mann leben, welcher den anderen mir am Herzen liegenden umbrachte, um die Konkurrenz los zu sein. »Ich wollte nicht, dass der Abend so endet. Und ich bin völlig Okay, was das Körperliche angeht. Lena dachte es wäre eine tolle Methode herauszufinden, wem ich wirklich wichtig bin. Aber das ging wohl nach hinten los.« Seufzend schüttelte ich den Kopf. Meine schlimmste Befürchtung, dass beide aufeinandertreffen und auf sich losgingen, verwirklichte sich.
»Du musst dich entscheiden,¬« presste Zetó hervor.
»Lässt du dich sonst erschießen?«
»Schön wäre es,« murmelte Veleno, sich bewusst, dass Zetó nicht das einfache Opfer war, als das er sich gerade darstellte.
»Zetó antworte mir!¬« Ich ignorierte Veleno, erst sollte Zetó mir antworten.
»Könnte ich dich damit zu einer Antwort zwingen, ja.« Er ballte die Hände zu Fäusten und trat einen Schritt auf mich zu. Veleno richtete seine ganze Konzentration wieder darauf, die Waffe auf Zetós Haupt zu richten. »Leider kenne ich dich zu gut. Ich weiß wann du lügst, wie du reagierst, dränge ich dich in eine Ecke und somit zu einer Entscheidung.« Seufzend fuhr er sich durch die weißen Franzen und marschierte ganz selbstverständlich, als habe er die auf ihn gerichtete Waffe vergessen zur Küche »Wo hast du deinen Kaffee?«
Verdutzt blickte ich ihm hinter her. Ich rechnete damit, dass er über Veleno herfiel, mich an sich zerrte und abermals küsste, aber nicht damit, dass er Kaffee kochen ging. Ob dies ein gutes Zeichen war?
»Er ist nicht gut für dich,« Veleno stieß die Haustüre mit dem Fuß zu, während er die Waffe für das erste senkte. Wie es aussah, hatte keiner der Beiden vor zu verschwinden.
»Und du bist es?«
Den Kopf wiegend musterte er mich »Meistens.«
»Ansichtssache,¬« brummend wandte ich mich von ihm ab, um gefolgt von aufeinanderschlagendem Geschirrs aus der Küche, ins Wohnzimmer zu trotten. Wenn ich es genau bedachte, war keiner der Beiden gut für mich. Ließ ich nicht gerade meinen Feuer freien Lauf, um meine Wut über sie zu äußern, fiel ich, genauso wie das Nymphenklischee es vorsah, über sie her.
Ich zog mich auf den Sessel zurück und verdeutlichte den Männern damit auf Distanz zu bleiben. »Willst du ihn immer noch erschießen?«
»Er bleibt eine Bedrohung für mich und meine Leute, dich eingeschlossen,¬« Veleno tigerte zum Fenster, mit der Hüfte an das Fensterbrett gelehnt, die Waffe immer noch in der Hand, sicherte er sich den Blick über den gesamten Raum. »Und ich mag ihn nicht.«
»Das hatten wir schon,« erinnerte ich. »Der Gedanke, dass ihr euch am liebsten Gegenseitig das Leben nehmen wollt gefällt mir nicht.«
»Ich will nicht seinen Tod. Nur dich an meiner Seite.¬« Zetó stieß hinzu. »Ohne Konkurrenz.« In den Händen zwei dampfende Tassen mit frischen Kaffee.

Anmerkungen




06.04.2012



Ihr musstet diesmal echt lange auf die Fortsetzung warten. Dafür entschuldige ich mich bei euch. Aber inzwischen ist der Knoten geplatzt und ich komme wieder ziemlich gut mit dem Schreiben voran mit Bittersüße Träume.

Da es inzwischen jedoch so viele Leser und Fans meiner Bücher gibt und ich regelmäßig die Hälfte vergesse bei Fortsetzungen zu benachrichtigen gibt es jetzt eine Gruppe zu meinen Büchern.

Dort findet ihr nicht nur die Fortsetzungen, sondern erfahrt die ein oder anderen interessanten Hintergrunddetails. Natürlich könnt ihr mir dort auch eure Meinungen sagen, Fragen stellen oder mir in den Hintern treten, wenn es mal wieder etwas länger dauert :)

Also, lange rede kurzer Sinn, wollt ihr über Fortsetzungen und etr. informiert werden tretet bitte der Gruppe "Bittersüße Nachtschwärmer" bei. Die Wegbeschreibung dort hin findet ihr im Klappentext.

lg Askare



An dieser Stelle möchte ich mich endlich einmal bei euch allen für das Lesen, die vielen Sternchen und die lieben Kommentare zu "Bittersüße Träume" bedanken.

Das euch meine Geschichte gefällt, bzw. das ihr sie überhaupt lest, freut mich wirklich sehr und ich werde mir Mühe geben, dass ihr auch weiterhin eure Freude am lesen von B.T. habt.

Allerdings habe ich auch eine kleine Bitte an euch.

Mich interessiert es natürlich sehr, was ihr über die Charaktere von B.T. denkt,
z.B. mögt ihr Zeto überhaupt, oder wer ist eure Lieblingsfigur etr.,
und hier möchte ich euch nun bitten, natürlich nur, wer Lust dazu hat, mir kurz eine Nachricht mit euren Meinungen und Gedanken zu den Charakteren von B.T. zu hinterlassen, ob ihr dies nun per PN, Pinnwand oder direkt unter dem Buch macht, völlig egal.

So, nun aber genug geschwafelt.

Ich wünsch euch weiterhin viel Spaß beim Lesen der Story.

glg Askare


vom 18.03.2011



Ich habe seid der letzten Fortsetzung viel Feedback von euch über die Charas. von B.T. bekommen. Darüber habe ich mehr sehr gefreut und natürlich interessiert es mich auch weiterhin was ihr über B.T. und dessen Charas. denkt. Also lasst von euch hören, wenn ihr mögt ^^

Aber eins sei gesagt, Zetó und Aizor sind gleichermaßen beliebt. Ich hatte eher gedacht, dass die Richtung zu Aizor geht, aber das Zetó mindestens genauso beliebt ist freut mich wirklich ^^



18.07.2011



Endlich geht es weiter!

Und obwohl ich natürlich versuche euch alle zu benachrichtigen, sobald es weiter geht, sind es inzwischen sind es so viele Leser, dass ich garantiert den ein oder anderen vergessen habe. An dieser Stelle möchte ich mich dafür entschuldigen, ich hoffe ihr nehmt es mir nicht übel^^

Wie ihr bereits gelesen habt, hat das ehemalige Red Moon nun endlich einen neuen Namen. Und da ich euch natürlich das neue Logo nicht vorenthalten möchte, könnt ihr es euch auch anschauen. Ich hoffe es gefällt euch^^

glg Askare



Impressum

Texte: Askare
Bildmaterialien: Askare
Tag der Veröffentlichung: 06.02.2010

Alle Rechte vorbehalten

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