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~ Das Jahr des Drachen ~




Ich bin Lichun:


Donner weckt mich. Helle Lichter regnen auf das Land. Ich spüre die Lebensfreude, die das neue Jahr einläutet. Schnee fällt auf die spitzen Berge, dunkle Wolken ziehen über weiße Landschaften. Ich rege mich. Spüre wie das Leben des neuen Jahres mich durchströmt.
Ich bin Yushui:


Kalte Regentropfen bedecken die Erde, kitzeln die Zwiebeln und Samen der längst vergangenen Pflanzen. Sie wollen wachsen, doch ihnen fehlt noch das Licht. Auch ich will fliegen, möchte den Wind auf meinem Körper spüren will das Land zum Blühen bringen.

Ich atme ein.



Ich bin Yinhzhe:


Wozu ich noch nicht in der Lage bin, schaffen tausende und abertausende von Insekten und Käfern. Sie drängen an die Oberfläche und beginnen mit ihrem Spiel des Lebens. Der Kreislauf beginnt von neuem und jedes noch so kleine Tier hat seine Aufgabe.
Ich bin Chunfen:


Erste Sonnenstrahlen finden ihren schweren Weg durch die Wolken. Durch diese Anstrengung sind sie noch schwach und wärmen nur durch ihren Anblick. Doch mein Körper spürt sie, nimmt sie auf und lässt mich zittern vor Erwartung.

Ich atme aus.



Ich bin Qingming:


Die Sonne durchbricht die Wolken. Erste warme Strahlen durchdringen die harte Schicht meiner Schuppen. Ich beginne zu leuchten. Nehme jeden, ach, so kleinen Sonnenfetzen in mir auf und bewege mich.
Ich bin Guyu:


Ich spüre das Leben um mich herum. Rieche die ersten Sprösslinge der neuen Saat. Merke, wie sie ihren Weg durch die noch, teils, gefrorene Erde suchen. Ich bewege mich zaghaft. Der lange Schlaf hat mich träge gemacht. Muskeln sind steif vom langen Liegen, eingerostet könnte man meinen. Aber ich schaffe es meine Flügel zu bewegen. Bald, bald werde ich mich erheben.

Ich atme ein.



Ich bin Lixia:


Ich durchbreche die Erde, wie die Knospen der jungen Pflanzen öffne ich meine Schwingen, breite sie aus, befreie sie von der Steifheit des langen Schlafes. Ich bin ein Spiegel eures Landes, schillere in allen Facetten eurer Welt. Grün wie die jungen Triebe, blau wie das Wasser der Flüsse und Seen, rot, gelb, ich kann sie gar nicht alle nennen die Farben die mich leuchten lassen.
Ich bin Xiaoman:


Meine Ankunft trägt erste Früchte. Samen, die vor kurzer Zeit aufgegangen sind tragen nun schon eigene. Überall im Land sehe ich mein Werk. Körbeweise tragt ihr meine Macht ins Haus, nährt euch, eure Kinder und euer Vieh.

Ich atme aus.



Ich bin Mangzhong:


Die Sonne wird wärmer, erste zarte Triebe neuer und langer Liebe beginnen zu keimen und sich unter meinen Schwingen zu regen. Tiere verlassen mit ihren Jungen die Höhlen gehen auf Jagd oder suchen frische Triebe um sich zu nähren. Unter meinen Flügeln herrscht Frieden.
Ich bin Xiazhi:


Meine Farbe ist die von blühendem Raps. Unter mir erstrecken sich millionen Hektar gelber Blüten. Auch das Getreide ist zu stattlichen Pflanzen herangewachsen. Unter meinen Flügeln beginnt ihr bereits die heißen Tage zu verfluchen.

Ich atme ein.



Ich bin Xiaoshu:


Ich bin paralysiert von der Macht der Sonne. Ihre Wärme gibt mir Kraft, durchdringt mich mit ihren heißen Strahlen. Ich jubele ich jauchze, drehe mich in den Wolken, wie ein kleines Kind. Ich werde unachtsam, kann meine Freude kaum zurückhalten.
Ich bin Dashu:


Es tut mir Leid. Voller Übereifer habe ich eure Wälder in Brand gesteckt. Eine unachtsame Sekunde und Wochen, wenn nicht Monate und Jahre des Schaffens sind dahin. Tiere flüchten, Menschen sterben. Ich bin Schuld. Ich hätte besser auf euch achten sollen.

Ich atme aus.




Ich bin Liqiu:


Erste Blätter färben sich rot. Ich schimmere nun in wärmeren Nuancen von Grün-, Gelb- und Ockertönen. Ich versuche mich zu beherrschen. Nur noch selten übermannt mich die unbändige Macht.
Ich bin Chushu:


Auch wenn die Sonne an Kraft verliert. Die Natur trumpft nun auf. Ganze Felder stehen prall und reif zur Ernte bereit. Tiere erwarten zum zweiten Mal in diesem Jahr ihren Nachwuchs und ich bin durchdrungen von Lebensenergie und grenzenloser Freude.

Ich atme ein.



Ich bin Bailu:


Ich glitzere wie der Tau der sich auf die grünen Halme der Gräser legt. Funkele wie abertausende von Diamanten die auf den Spinnennetzen ihr feuchtes Feuerwerk versprühen. Immer öfter bin ich ein schillerndes Juwel das durch den goldenen Himmel jagt.
Ich bin Qiufen:


Das erste Mal merke ich, wie die Kraft mich langsam verlässt. Es ist nur ein Hauch, aber ich spüre, dass sich mein Dasein dem Ende neigt. Ihr nennt es Herbst. Ich nenne es Abschied.

Ich atme aus.




Ich bin Hanlu:


Immer kälter werden die Nächte und immer träger meine Flügelschläge. Die letzten Felder werden abgeerntet und bald liegen sie brach. Meine Farbe ist die der untergehenden Sonne. Golden schimmere ich, fast kupfern.
Ich bin Shuangjiang:


Erster Frost lässt den Boden erstarren. Kalte Tropfen benetzen meine Flügel und lassen sie immer schwerer werden. Meine Kraft lässt nach. In wenigen Tagen werde ich nicht mehr Fliegen können. Tiere sorgen für den kommenden Winter vor, legen Vorräte an, fressen sich ein Polster für die, vor ihnen liegenden, eisigen Zeiten.

Ich atme ein.



Ich bin Lidong:


Der Reif in den Nächten ummantelt meine Schuppen und lässt mich fast weiß schimmern. Meine Flügel tragen mich noch, aber wer weiß wie lange. Die Sonne lässt sich in dieser Zeit kaum noch blicken, sie hat ihre Pflicht getan, wie auch ich selbst.
Ich bin Xiaoxue:


Wieder fällt Schnee, nicht viel, doch genug um mich an den Boden zu binden. Ich werde, so lange meine Beine mich tragen, laufen. Letzte grüne Halme kämpfen gegen die Flocken an. Ich werde es ihnen gleich tun und sie beschützen, so lange ich kann.

Ich atme aus.




Ich bin Daxue:


Dicke weiße Flocken bedecken die Hügel, das Land und mich. Meine Beine sind schwach geworden. Die fehlende Sonne lässt sie schwer wie Blei wiegen und mich jeden Schritt schwerer machen. Auch das letzte grün ist verschwunden und meine Haut ergraut unter der Last der eisigen Kristalle.
Ich bin Dongzhi:


Die Füße, die mich so lange getragen haben versagen ihren Dienst. Alles um mich herum schläft. Außer ihr Menschen, ihr seid tüchtig. Lebt in den Tag hinein und nehmt das was kommt. Ihr seht nicht die Schönheit, die sich unter der weißen Schicht schlafen gelegt hat. Auch ich bin unter dem Schnee zum Liegen gekommen. Meine Lider werden schwerer und ich spüre, dass mein Ende naht.

Ich atme ein.




Ich bin Xiaohan:


Ich werde grau. Mit der Zeit werde ich mehr und mehr verblassen, durchsichtig werden und von dieser Erde verschwinden. Kälte legt sich wie Blei auf meine Knochen. Nur schwer kann ich Gedanken fassen und ordnen. Nur langsam dem Lauf der Dinge folgen. Für viele ist ein Neues Jahr angebrochen, für mich endet das meine.
Ich bin Dahan:


Die Kälte zwingt mich die Augen zu schließen. Beißend fährt sie mir in jede Sehne, jeden Knochen, ja, sogar bis in meine Gedanken. Mit einem Funken Hoffnung schließe ich die Augen. Die Welt wird auferstehen, wird blühen, Früchte tragen und Leben hervorbringen. Sie wird in allen Facetten des Regenbogens schimmern, leuchten und ihr Leben wird alles durchdringen.
Und in zwölf Jahren werde ich wiederkehren.
Ich bin Huanyulong!
Ich bin die Welt.



Ich atme aus...



Impressum

Texte: Ashley Kalandur 2012
Lektorat: Unlektoriert
Tag der Veröffentlichung: 27.03.2012

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