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Prolog

In der wolkenlosen Nacht konnte er keine Ruhe finden. Seine dunkle Gestalt strich um einen Wohnblock in der Nähe eines Waldes. Die meisten Menschen schiefen schon, nur noch selten brannte Licht in den Wohnungen. Er war hergekommen um Antworten zu finden. Sein Instinkt trieb ihn weiter. Aus der Ferne hörte er sie schnellen Schritte eines Menschen, einer Frau, die joggte. Sie kam ihm entgegen. So spät in der Nacht fand er es sehr gefährlich, die Menschheit war eine rücksichtslose Rasse. Gerade als er sich umdrehen wollte, um wieder nach Hause zu gehen, kam sie um die Ecke. Der Mann wollte ihr nur einen schnellen Blick zuwerfen, da er in der Dunkelheit perfekt sehen konnte. Sich dann aber von ihrem Anblick losreißen, schaffte er nicht, denn was er sah gefiel ihm. Die Frau wagte auch einen kurzen Blick in seine Richtung, um abzuschätzen welche Gefahr von ihm ausging. Ihr Atem ging ruhig. Der Blick aus ihren grünen Augen, traf seinen. Die Welt verlor sich in Unwichtigkeiten. Es war als würde seine Welt neu geordnet werden, mit ihr als Zentrum. Er fühlte wie Bänder ihn zu ihr zogen. In dem Moment ergab alles einen Sinn.


Kapitel 1

Es war noch hell als Liv aus dem Schlaf aufschreckte. Sie blinzelte um wieder sehen zu können, obwohl die schweren dunkeln Vorhänge die Sonne nicht ins Zimmer ließen. Mit laut pochendem Herzen schaute Liv zur Decke. Versuchte halt zu finden am Deckengemälde. Ihre Zunge strich über ihre trockenen Lippen. Als Sie schwer den Atem ausstieß wanderte ihre zittrigen Finger über ihren Kopf, um ihre Haare aus dem Gesicht zu streichen.
Es war ein altes Gemälde. Nach dem Stil des Rokoko oder Barock, sie wusste es nicht. Engel in allen möglichen Formen und Anordnungen lagen. Entweder saßen oder flogen sie auf oder zwischen Wolken. Manche nackt, andere angezogen, die meisten jedoch spärlich bekleidet. Ihr Blick huschte weiter, zu den Engeln mit den Trompeten und Harfen. Doch so kunstvoll und faszinierend das Gemälde auch war, konnte es sie doch nicht von ihrem Traum ablenken.
Als Liv ihren Arm wieder unter die Decke packte zog diese wieder bis zum Kinn. Sie schloss die Augen. Erinnerte sich. So wie jede Nacht, hatte sie von Ihm geträumt. Noch nie war sein Gesicht erkennbar gewesen, hörte jedes Mal nur seine Stimme, welche sie zu ihm rief. So tief, so rau. Begierde, Sehnsucht und Leidenschaft, aber auch Traurigkeit schwangen immer mit. Dort wollte sie am liebsten tief fallen lassen und nie wieder auftauchen.
Verstimmt schüttelte Liv ihren Kopf und öffnete wieder ihre Augen. Sooft sie es auch versucht, bisher konnte sie keinen Hinweis finden, wer dieser Mann überhaupt war. Deswegen wollte Liv auch nicht weiter darüber grübeln. Sie wollte jetzt nicht an ihn denken, an den Traum oder die Verführung die er ausstrahlte. Es war schon schlimm genug, das sie schon von einem anderen Mann träumte, da musste sie nicht auch noch den ganzen Tag an ihn denken.
Neben ihr lag schließlich ihr Mann. Er lag auf dem Rücken, sein Gesicht zur anderen Richtung. Doch sie musste sein Gesicht nicht vor sich haben. Liv kannte es auswendig. Sie musste nur ihre Augen schließen und sah dann sein genaues Abbild. Sein markantes Kinn, die Haselnussbraunen Augen die oft von den braunen Haaren die von seiner Stirn fielen verdeckt wurden.
Um wieder endgültig im Hier und Jetzt anzukommen zog Liv mit zittrigen Fingern die Decke noch mehr an sich heran und kuschelte sich fester an den männlichen Körper neben ihr. Sie quetsche sich zwischen John und seinem Arm und bettet ihren Kopf auf seiner Schulter. Schob ein Bein über die von John. Genüsslich zog sie den Atem ein und seufzte. So konnte ein Tag anfangen. „Guten Abend mein Schatz.“, Brummte John. Er drehte seinen Kopf herum, lies aber die Augen schlossen. Seine Wange legte er auf ihre Stirn. Um sie zu beruhigen, strich mit der Hand ihren Arm rauf und runter. Ihm war natürlich klar, dass Liv jeden Tag den gleich Traum hatte, worum es indem ging hatte sie ihm jedoch nie verraten. Seine vom Schlaf zerzausten braunen Haare waren für Liv die Verführung pur. „Schön, dass du wach bist.“ Liv lächelte ihn an. Mit ihrem Finger zog sie imaginäre Kreise auf seiner Brust nach. „Was wollen wir machen?“ „Mir fällt da schon was ein.“, sagte John mit einem verführerischen Grinsen, schob sich an sie heran und küsste sie leidenschaftlich.

Nachdem sie das Bett verlassen hatten, steuerten beide ins Bad. Liv bemühte sich mit wenigen Schritten dort hin zu kommen. Der Fußboden war mit Parkett ausgelegt, aber für sie war es zu fußkalt. Das war so als sie noch ein Mensch war und das blieb so als sie zur Vampirin wurde. Manche Dinge ändern sich halt nie. Noch hatte Liv John keinen Teppich schmackhaft machen können, aber sie würde es auf jeden Fall weiter versuchen. Das Himmelbett, welches Liv ausgesucht hatte, ließen sie ungemacht zurück. Liv hatte nicht nur das Bett ausgewählt, sondern auch die restliche Ausstattung des Zimmers und des Bades. Alles war in Naturfarben gehalten, ein brauner Teppich, grüne Wände, beige und sandfarbene Kommoden und Schränke. Liv liebte es so. Im Bad sah es ähnlich aus, weiße Fliesen mit grünen und braunen Verzierungen.
Nach der Dusche gingen sie zusammen nach unten. In der Küche, die zwar sehr gut ausgestattet ist aber noch nie zum Kochen benutzt wurde, warteten schon ihr Freunde ungeduldig auf sie. „Mensch John, Liv, beeilt euch doch ein bisschen. Wir wollen doch heute noch in den Club. ... Ich weiß John, bis dahin ist noch Zeit.“ sagte Clara als John Einwände erheben wollte, „Aber Mädchen brauchen nun mal länger um sich fertig zu machen.“ zwinkerte sie, ihre langen schwarzen Haare glänzten im Licht. „Ich sehe schon, ab jetzt komm ich nicht mehr in mein Bad.“, schmunzelte Tony, Claras Mann. Im großen hellen Wohnzimmer saßen noch die anderen, die mit ihnen das Haus bewohnten.
Ein Leben ohne sie war für Liv nicht mehr denkbar. Lex und Sonea lagen verliebt auf der Couch unterm Fenster. Während die beiden einzigen Männer ohne Frauen, zwei Brüder, Noah und Louis sich im Fernsehen die Nachrichten anschauten.
Das Blut in ihrem Glas sah für Liv nicht sehr verlockend aus. Aber sie war nun mal ein Vampir, was sollte man da machen. Sie war schon froh, dass sie nicht wie früher immer Ohnmächtig wurde.
„Na Schatz, war lecker oder? Ist noch frisch.“, John sah seine Frau an. „Ja natürlich.“ kam Liv nur über die Lippen und musste sich anstrengen ihr Gesicht nicht zu verziehen. Vielleicht hätte sie ihm doch schon früher die Wahrheit sagen sollen. Aber war schon ein Vampir und wollte nicht noch mehr auffallen, als ohnehin schon.
Liv besaß nämlich nicht nur in der oberen Zahnreihe Fangzähne sondern auch in der unteren. Somit war sie die einzige Vampirin mit 4 Fangzähnen. Nicht einmal die Ältesten unter ihnen wusste wie es dazu kam. „Was wollen wir heute anziehen, Clara?“ versuchte sie abzulenken, „ Ey, Lex hör mal auf Sonea zu belästigen. Wir müssen uns schick machen.“ rief sie rüber ins Wohnzimmer. Als Antwort kam nur ein Kissen geflogen und Gelächter war zu hören. „Bin schon da.“, lachte Sonea und rannte nach oben. Die anderen Beiden folgten ihr. Oben standen alle drei im Begehbaren Kleiderschrank.

„Ach Clara, ich hab nichts zum Anziehen!“, maulte Liv, was ihr einen verständnisvollen Blick von Sonea einbrachte. „Ja, ich kenne das Gefühl.“ Wieder einmal fiel ihr der Unterschied zu den anderen beiden auf. Sie waren groß und schlank, Sonea hatte Schokobraunes, schulterlanges Haar und Haselnussbraune Augen. Claras Augen hatten die Farbe von einem Gewitterhimmel, grau mal heller und mal dunkler, passend dazu hatte sie langes schwarzes Haar, welches die Sonnenstrahlen zu verschlucken schienen. Liv war mit ihren nicht mal 1,60m die Kleinste der Gruppe und auch 10 cm Absätze halfen da wenig.
Sie versuchte die Tipps von Clara zu beherzigen und machte sich eine Hochsteckfrisur. Ihre hüftlangen blonden Haare sahen manchmal aus wie goldene Seide. Über ihre grünen Augen war sie sehr froh. Sie erinnerten sie immer an ihre Mutter.
Liv fühlte sich immer noch unscheinbar neben den beiden, daran konnten auch die vergangen 3 Jahre seit ihrer Verwandlung nichts ändern.

Damals war sie im Dunklen joggen. Es war schon fast Nacht. Sie spürte, dass jemand sie beobachtet. Als sie schon auf dem Rückweg war sprach er sie an. „Mein. Du bist mein. Du siehst aus wie meine Frau.“, sprach John sie an, kam immer näher und hielt sie fest, obwohl sie sich nach Kräften wehrte. „Bitte tu mir nichts.“, flehte sie. Sein Kopf kam immer näher und er biss sie in die rechte Seite, zwischen Hals und Schulter. Der Schmerz durchzuckte sie. Er ging weg und sie dachte, sie müsste sterben und verlor das Bewusstsein. Als sie wieder zu sich kam, trug John sie grade weg.

„Hallo. Erde an Liv.“, Sonea wedelte mit ihrer Hand vor Livs Gesicht, „Gefällt dir dein Kleid nicht?“ „Doch doch.“, wehrte sie ab, „Hab nur grade an was anderes gedacht. Wann müssen wir los?“ „Jetzt.“ meinte John, der in der Tür stand, „Na dann kann der Abend ja losgehen.“ Genießerisch ließ er seinen Blick über seine Frau wandern. „In welchen Club gehen wir denn?“, wollte sie ablenken, denn wenn John so weiter machte kamen sie bestimmt heute nicht mehr aus dem Haus. „Zu dem ganz neuen. Der heißt 'Five Seconds'. Soll sehr gut sein.“, informierte Clara sie.
Sie gingen in die Garage und fuhren los. Bei Vampiren wirkte Alkohol nicht in den Maße wie bei Menschen. Am Club angekommen stellten sie sich natürlich nicht hinten an, sondern gingen gleich nach vorne. Als der Türsteher die Gruppe sah, entfernte er hastig das Absperrband und öffnetet ihnen mit Freuden die Tür. Die Blicke der Menschen ignorierend ging sie vor.
Im Club war schon viel los. Menschen dicht gedrängt auf kleinsten Raum. Liv gefiel die Musik. „Ich hol uns mal was zu trinken.“ John war schon auf dem Weg zur Bar.
„Mensch, das sieht ja hier echt schick aus!“ Liv war verblüfft. An der Wand gab es kleine Nischen mit Tischen und bequemen Sesseln und Couch. Die Mädchen steuerten gleich eine Nische an. Als die Männer zurückkamen, amüsierten sie dich schon prächtig. Nachdem die Drinks leer getrunken waren, sog es alle auf die Tanzfläche. Irgendwo anders im Club kamen anscheint gutaussehende Männer rein. Wahre göttliche Gestalten, wenn man die Aussagen von Menschenfrauen Glauben schenken darf. Doch Liv kümmerte sich nicht weiter darum, sondern tanzte eng umschlungen mit John, seine Hände lagen auf ihrer Hüfte. Hielten sie, fesselten sie. Plötzlich spürte sie einen Blick auf sich. Den Blick ignorierend bewegte sich weiter zum Rhythmus der Musik, schloss genießerisch die Augen, den Augenblick auskostend.
„Ich hol mir mal einen Drink. Willst du auch noch einen?“, flüsterte John in das Ohr seiner Frau. „Erst mal nicht, wenn ich doch will, nippe ich mal an deinem.“ Zwinkerte Liv ihm zu. Als sie sich wieder umdrehte und allein weiter tanzen wollte, kamen Clara und Sonea zu ihr. „Unsere Männer sind auch grade Cocktails holen.“ meinte Sonea vergnügt. Doch Liv wollte zunächst die Quelle des Blickes ausmachen, den sie schon seit geraumer Zeit spürte. Ihr Blick glitt die Menge entlang, bis sie auf eine Gruppe Männer aufmerksam wurde. Das mussten die von vorhin sein. Jetzt konnte sie die Frauen verstehen, die reihenweise in Ekstase geraten waren. Alle fünf Männer waren sportlich und gut durchtrainiert und keiner war kleiner als 1,90m. Als Liv in die Gesichter der Männer blickte, stellte sie fest sie nicht nur über beeindruckende Körper verfügten, sondern auch über sehr männliche, markante Gesichtszüge. Bei dem Anführer der Gruppe verweilte ihr Blick länger, denn auch er schaute ihr geradewegs ins Gesicht. Die Augen, dachte sie. Er hatte die schönsten blauen Augen die sie je gesehen hat und noch dazu die etwas längeren dunkleren Haare.
Etwas an ihm kam Liv bekannt vor, doch sie konnte es nicht zuordnen.
Sie war völlig gefesselt von ihm, als Clara sie ansprach. „Liv, wo guckst du denn hin?“, sie folgte ihrem Blick. „Oh scheiße“ entfuhr es ihr. „Was hast du denn?“ fühlte sich Liv nun doch gezwungen sie zu fragen und musste ihren Blick doch noch von dem Mann abwenden.
Innerhalb von Sekunden waren ihre Freunde zu ihnen gekommen und stellen sich zwischen die Frauen und die Gruppe Männer. „Was zum … . Mist!!!“, zischte John, „ Was machen die denn hier?!“ John schaute ungläubig und verärgert auf die Gruppe. Die restlichen Männer hatten die Aufschreie gehört und wanden sich nun um. Zwar sahen sie ein bisschen überrascht aus, aber nicht beunruhigt. Der Blick des Anführers lag immer noch auf Liv. Sie fühlte sich regelrecht hypnotisiert. Er strahlte Gefahr aus, aber auch Sicherheit. Ein paar der Anderen grinsten, als sie die Reaktion der Vampire bemerken, aber niemand bewegte sich. „Los kommt. Wir gehen!!“, sagte Tony und zehrte schon Clara hinter sich her. Mit den Frauen in der Mitte, gingen sie geschlossen raus. Während Liv hinaus gezogen wurde, schaute sie nochmal zurück und warf dem Fremden noch einen Blick zu. Er faszinierte sie, das wusste sie, mehr als ihr eigener Mann. Er beobachtet sie immer noch, sah wie sie raus geschoben wurde.
„Wer ist das denn? Wieso mussten wir denn jetzt gehen?“ Doch Livs Fragen schenkte niemand Beachtung. Ohne ein Wort zu wechseln stiegen sie in die Autos und fuhren nach Hause.
„Das waren Werwölfe, Liv. Nicht nur irgendwelche, sondern das Alphatier mit seinen Wächtern.“, klärte man Liv auf. „Als Vampir sollte man sich nicht in der Nähe des Alphas aufhalten. Viel zu gefährlich. Es hat schließlich Gründe warum er ein Alpha ist.“
„Hmmm...Okay verstanden.“, murmelte sie. In Gedanken war sie immer noch bei ihm. Er zog sie an. Die Augen hatte sie schon mal gesehen, sie konnte sich nur nicht daran erinnern wo.

Connor wusste, dass sie da war, spürte es. Irgendwo im Club. Es war nicht seine Idee gewesen hier in zu gehen. Doch er war froh über den Vorschlag gewesen. „Nicht so schlecht hier.“, meinte Darian anerkennend und riss ihn aus seinen Gedanken. Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder seinem Freund zu. Dessen grüne Augen suchten schon in der Menge nach einer Frau die ihn ansprach. Sie waren erst zwei Meter hinter dem Eingang, doch schon wurde die gesamte Frauenwelt auf sie aufmerksam. Was nicht verwunderlich war, denn Menschen fanden sie immer schon anziehend.
„Das du mir nicht in Versuchung gerätst, Pal!“, bemerkte Bowen, der hinter ihnen stand, trocken. „Du hast schließlich schon eine Gefährtin zu Hause.“
Pal sah mit seinen blonden Haare und Brauen Augen, eher wie ein Frauenheld aus, aber er würde seine Frau niemals untreu werden. „Ja das hab ich.“, erwiderte Pal nur knapp, aber mit einem Lächeln. „Hmm, riecht ihr das nicht auch? Riecht nicht wie Mensch.“, Sam runzelte die Stirn. Er ist afrikanischer Abstammung, was man gut an Sams dunkler Haut sah. Doch von seiner Mutter hatte er die haselnussbraunen Augen geerbt. Eine seltene Mischung. Connor schnupperte nochmal, zwischen dem ganzen Parfüm war ein unbekannter Geruch. Vampire, dachte Connor, aber nicht nur. An der Bar bestellten sie sich Bier. Die Barkeeperin versuchte die Bestellung schnell auszuführen und warf den Freunden immer wieder schmachteten Blicke zu.
Noch während sie zu einem Tisch gingen, schaute Connor sich um. Er musste sie finden. Zu lange hatte er sie schon nicht mehr gesehen. Als sie nun am Tisch gesetzt hatten, entdeckte er sie. Gebannt schaute er sie an.
Mit ihrem goldenen Haar, das ihr Gesicht umrahmte.
Die grünen Augen funkelten geheimnisvoll.
Das einzige was ihn störte war der Typ, der mit ihr tanzte. Er war der Vampir, der ihr so viel Schmerzen bereitet hatte und trotzdem blieb sie bei ihm. Das verstand er nicht.
Ihr kurzes Kleid ließ viel Haut frei. Er konnte den Drang seines Wolfes, zu ihr zu gehen, gerade noch beherrschen. Wie erstarrt konnte er seinen Blick nicht von ihr abwenden. Als sich der Vampir von ihr entfernt und zu Bar ging, kamen schon zwei Vampirinnen zu ihr. Es sah aus, als wenn sie sich kennen würden. So vertraut. Zu Vertraut.
Doch anstatt den Beiden zuzuhören schaute sie sich um, als suchte sie jemanden. Scheinbar hatte sie seinen Blick gespürt. Ihr Blick schweifte über die Menge bis sie an seinen Freunden und ihm hängen blieb. Sein Wolf kostete ihre Aufmerksamkeit voll aus, war wie gebannt über die Intensität ihres Blickes. Die anderen Wölfe merken zwar das Connor sich auf was ganz anderes konzentrierte, unterhielten sich aber weiter. Erst die andere Vampirin erkannte auf den ersten Blick was und wer sie waren und konnte einen kurzen Aufschrei nicht unterdrücken.
In Windeseile standen die männlichen Vampire zwischen ihnen und versuchten ihm die Sicht zu versperrten. Sein Wolf knurrte. Nun doch aufmerksam geworden drehten sich seine Freunde um. Die Vampire würden sie nicht angreifen, denn sie erkannten sie. Schnell schoben sie ihre Frauen aus dem Club und in Sicherheit. Connor hatte keine Ahnung wie er sich verhalten sollte, doch dann drehte sie ihren Kopf um und blicke noch einmal in seine Augen.

Am nächsten Tag grübelte Liv über das Verhalten der anderen nach. Liv war sich sicher, dass etwas Wichtiges dahinter steckte. So wie sich alle benahmen, als würde was passieren, was sie nicht mitbekommen sollte. Es musste mit den Werwölfe zusammen hängen, die sie im Club getroffen hatten. Nicht mal ihre tägliche Stunde Pilates half ihr beim Nachdenken. Ein Zusammentreffen beider Spezies kommt sicher häufiger vor, so dass es nicht der Grund für das veränderte Verhalten ihrer Freunde sein kann. Das heißt sie selber hatte vorher noch nie die anderen Arten des Mythos kennen gelernt, aber in Bücher darüber lesen.
Also anstatt die Zeit mit ihrer Familie zu verbringen, ging sie lieber in den Wald. Die hohen dichten Baumkronen umfingen sie. Da sie hier nicht verfolgt wurde, nahm sie die Sonnenbrille ab. Überall leuchtet der Wald in seinen schönsten Farben, die Blätter reflektierten das Licht der Sonne und lies diese in allen Grünnuancen schimmern. Immer tiefer lief Liv in den Wald hinein und die Pflanzen standen immer dichter zusammen, doch die Vampirin wusste wo sie lang laufen konnte. Schon etliche Male besuchte sie den Wald und hatte sich geheime Wege angelegt, mit Zeichen die nur sie verstand, wusste wo welche Kräuter wuchsen, welche zum Essen waren und anderen zum Heilen.
Für Menschen war der Wald vermutlich still, nur ab und zu Vogelgezwitscher, aber ihr Sinne waren viel besser und so hörte sie das Flüstern der Bäume, das Scharen der Tiere, das Knacken der Äste und sie liebe es. Es fühlte sich für Liv so an als gehörte sie zum Wald. Sie kletterte über umgestürzte Bäume und über Steine, hinauf zu einer Anhöhe.
Dort sitzend genoss Liv die Sonnenstrahlen auf ihrer Haut und das ungetrübte Gefühl der Freiheit. Die Tiere kannten ihre Gegenwart und gingen normal ihrem Tagesrhythmus nach, manchmal kamen sie auch zu Liv und ließen sie streicheln, wohl wissend, dass für sie keine Gefahr bestand. John hatte sie am Anfang nicht in den Wald gehen lassen, mit dem Vorwand es sei für sie alleine zu gefährlich, und sie hatte sich gefügt, doch mit der Zeit wurde ihr Verhalten immer unberechenbarer, als wäre sie auf Entzug und somit hatte er doch nachgegeben.

Normale Vampire konnten mit dem Wald nichts anfangen, und hegten Vorurteile gegenüber dessen Bewohnen zu denen auch die Wölfe gehörten.
Würden die Obersten wissen, dass Liv sich gerne im Wald herumtrieb, würde es sicher Ärger geben. Doch davor hatte sie keine Angst, Liv hatte Angst davor, entdeckt zu werden, dass jemand erkannte was mit ihr nicht stimmte. Denn die Obersten waren für ihr hartes Durchgreifen bekannt. Sie wusste nicht was dann mit ihr geschehen würde.


Kapitel 2



Ein tiefes Knurren ließ Liv aufschrecken, sie war wohl eingeschlafen. Um sich drehend versuchte sie im Wald etwas zuerkennen doch es war zwecklos, nicht das sie nichts sah, sondern das sie nur die normale Vegetation ausmachen konnte. In der Luft konnte sie auch keine fremden Gerüche wittern. Der Fremde hatte sich gut versteckt, zu gut als das es ein Mensch sein könnte. Ein Wolf ist am wahrscheinlichsten, denn ihre Familie kam nicht hier her, überlegte Liv.
Er beobachtet die Frau aus seinem Versteck am Boden. Sie sah zum Schnurren aus, wie sie dort im Gras schlief. Doch hier war sie nicht sicher, neuerdings kamen immer mehr Fremde in den Wald, zu dem sie keinen Zutritt hatten. Der Wolf in ihm knurrte bei der Vorstellung ihr könnte was passieren. Connor wusste das sie oft in den Wald ging, was für ihre Art untypisch war.
Erst als seine Vampirin aus dem Schlaf aufschreckte, bemerkte er, dass sein Knurren über seine Lippen gekommen war. Dabei wollte er sie nicht ängstigen. Der Wolf in seinem Kopf ging auf und ab, bereit sich jeden Augenblick auf sie zu stürzen und sie unter sich zu begraben, um dann an ihrer Haut zu schnuppern.
Fürs erste hielt Connor es für besser sich nicht zu zeigen. Doch konnte er den Geruch der Furcht der von Liv ausging, nicht ignorieren. „Ich tut dir nichts.“ Bei diesen Worten fuhr Liv herum, und starrte in seine Richtung. Langsam kam er aus seiner Deckung. Livs Augen waren vor Schreck geweitet, doch sie bewegte sich nicht. Mit erhobenen Händen ging Connor weiter auf sie zu, das war keine unterwürfige Geste, wollte ihr so zeigen, dass er ihr nichts tun würde. Liv wusste nicht was sie machen sollte, die normale Reaktion wäre wegrennen gewesen. Doch erstens war sie nicht normal und zweitens so wie der Wolf vor ihr stand wollte er sie nicht angreifen. Die Sonne ließ sein Schokobraunes Haar wie dunkle Zarbitterschokolade glänzen. Als Livs Blick auf seinem Gesicht zur Ruhe kam, erkannte sie Connor. Sein Geruch wehte leicht zu ihr herüber, er roch nach Feuer, Gewürzen, Gefahr und Dominanz. Schon sein Geruch machte deutlich was sie vor sich hatte.
„Was willst du?“ Sie war unsicher wie sie sich verhalten musste. Nicht das sie sich an Höflichkeitsformeln halten wollte, aber sie kannte keine Begebenheiten der Wölfe. Trotz seiner so offenen Körperhaltung war seine Anwesenheit respekteinflößend. Durch die erhobenen Hände wurden seine Armmuskeln deutlich. Jede Faser seines Körpers machte deutlich, dass er ein Kämpfer war, das Alphatier.
„Das frage ich dich. Was will eine Vampirin im Wald?“ Er kannte die Antwort schon, hatte er ihr doch manchmal nachgestellt als sie ihre Zuflucht im Wald gesucht hatte. Alles in seinem Körper stand unter Spannung, wartete auf eine Reaktion von ihr. „Mir gefällt es hier. Und du hast nicht geantwortet.“ Die Unsicherheit wich ihrer sehr ausgeprägten Neugierde. „Meinst du, dass du in der Position bist, Fragen zu stellen?“ Ein Grinsen umspielte seine Lippen. In den himmelblauen Augen sprühten Funken. „Es ist nur eine Frage.“ Die sture Seite in Liv kam zum Vorschein. Ihr Rückgrat schien ihm zu gefallen. Es kam Liv so vor als wenn der Wald den Atem anhalten würde, kein Geräusch war mehr zu hören. „Du bis in meinen Territorium. Dein Mann sucht dich bestimmt schon, willst du ihnen nicht helfen?“ Connor musste sich zusammen nehmen um nicht mit den Zähnen zu knirschen. Seim Wolf gefiel nicht, dass er sie zurück zu ihrem Mann schickte.
Natürlich ging der Idiot nicht auf ihre Frage ein. Liv legte den Kopf schief als wenn die Wahrheitsgehalt seiner Aussage überprüfen müsste. „Warum bist hier. Ich meine warum greifst du mich nicht an?“
Schon bei dem Gedanken daran, dass er sie verletzen sollte, verkrampfte sich sein Inneres. „Ich greife keine Wehrlosen und Unschuldigen an. Du hast uns nichts getan. Wenn sie sowas behaupten dann lügen sie.“ Liv wusste, dass er die Wahrheit sprach, das konnte sie an seiner Körpersprache erkennen und die Abscheu in seinen Augen sehen als er darüber sprach.
Connors Kopf fuhr hoch und er lauschte Geräusche im Wald. Seine Sinne waren um einiges besser als ihre, stellte sie fest. Er presste die Lippen aufeinander, als wenn er verärgert wäre. Dünne Linien umrandeten seinen Mund. Ein Verlangen, seine Lippen zu berühren um zu überprüfen ob diese genauso sinnlich waren, wie sie aussahen, stieg in Liv auf. Vor Schreck über diese Erkenntnis konzentrierte sie sich und versuchte auch im Wald etwas zu hören, doch Liv konnte nur den Wind hören und die Tiere in ihrer Nähe. „Du solltest jetzt nach Hause gehen, süße Liv. Wenn du das nächste Mal herkommst musst solltest du aufmerksamer sein, es gehen Geschöpfe im Wald um die hier nicht hingehören.“ Connors Stimme und Betonung legte ihr Nahe, seinen Befehl Folge zu leisten. Widerspruch würde er nicht gelten lassen. Ihre Familie hatte ihr beigebracht Feinden nicht den Rücken zukehren. Aber er war kein Feind, zu mindestens nicht ihrer, er hätte sie schon angreifen können als sie noch geschlafen hatte.
So nickte Liv nur und drehte sich zum Gehen um. Da sie noch auf Connor achtete, trat sie auf ihre Sonnenbrille, die sie vorhin ins Gras gelegt hatte. Mit Schreck wurde ihr bewusst, dass sie die jetzt eigentlich aufgehabt haben müsste da es mitten am Tag war. Scheiße, Connor machte sich jetzt bestimmt Gedanken ob was mit ihr nicht stimmte, weil sie nicht von der Sonne geblendet wurde. Sie nahm die Reste der Sonnenbrille und rannte so schnell wie möglich nach Hause ohne sich noch einmal um zudrehen, aber sie wusste auch so das der Wolf noch dastand und ihr hinterher guckte. Sein Blick brannte immerhin schon Löcher in ihren Rücken.

Mit großen Schritten und voller Vampirgeschwindigkeit lief sie durch den Wald, überließ ihren Instinkten die Führung, den besten Weg durch das Dickicht finden. Liv wollte sich beeilen immerhin brauchte sie noch eine Stunde zurück. Mit einem durchgeschwitzten Shirt und pumpenden Lungen übersprang sie den 2 Meter Zaunes des Anwesens. Die Begrüßung der anderen war lautstark, da sie sich große Sorgen gemacht hatten. Doch sie wollte sich jetzt nicht rechtfertigen oder Ausreden erfinden und so ließ sie ihre Freunde so stehen und stellte sich unter die Dusche. Wer auch immer behauptet Vampire schwitzen nicht, weiß nicht wovon er redet, dachte Liv.
Als die warmen Tropfen auf ihre Haut trafen stöhnte sie vor Wonne auf. Sie nahm sich das Duschgel mit Minzduft und war grade dabei es mit dem Schwamm auf ihrer Haut zu verteilen, als ihr ein Luftzug ihr zeigte, dass John ins Bad gekommen war. Sie wollte sich schon um drehen, als eine Männerbrust ihren Rücken gerührte und sich starke Arme um sie schlossen. „Hab mir Sorgen gemacht. Gib mir den Schwamm, ich will das machen.“ Er hielt die Hand offen. Mit einem Lächeln gab sie John den Schwamm. „Du brauchst dir doch keine Sorgen zu machen. Mir ist noch nie was passiert. Hier bin ich doch das Raubtier.“
Leichte Seufzer entwichen ihrem Mund als John sie einseifte. Voll entspannen konnte sie sich trotzdem nicht, Liv hoffte das sie nicht nach Wolf roch. Sie wollte lieber nichts von Ihrer Begegnung mit dem Alpha der Wölfe erzählen, wo die andern sie doch extra noch gewarnt hatten.
„Ich verstehe einfach nicht was du an dem Wald so toll findest. Er ist unzivilisiert, genauso wie die Tiere die er beherbergt.“ Der Atem war rau an ihrem Ohr.
„John. Es ist mir egal ob du es verstehen kannst. Ich liebe jedenfalls liebe es.“ Livs Stimme zitterte, aber nicht vor Angst. Sie wollte sich nicht rechtfertigen oder wieder ankämpfen müssen. Verärgert drehte sie sich um, lies ihren irritierten Mann in der Dusche stehen, schnappte sich im Laufen ein Handtuch und ging raus.

Normalerweise würde sie ihn nie so stehen lassen, aber Liv war einfach zu aufgebracht. Erst wollten die Anderen sie nicht einweihen und hatten Geheimnisse vor ihr und dann sollte sie wieder kuschen. Erschöpft suchte sie ihre Schlafsachen aus dem Schrank und genoss das Gefühl der zarten Stoffe auf ihrer Haut. Im Hintergrund hörte sie immer noch die Dusche und Johns Atmen, doch sie wollte mehr, also konzentrierte sie sich und konnte auch noch seinem Herzschlag lauschen. Wie oft hatte es sie beruhigt an Johns Brust gelehnt seinem Herzen zu hören.
Doch jetzt war sie nur genervt. Seufzend zog sie die Sachen an und kuschelte sich in die Decken. Liv legte ihre nassen Haare wie einen Zopf zusammen, wie lang sie geworden waren wunderte sie immer noch. Nur noch schwach bemerkte Liv wie John sich zu ihr ins Bett legte. Dann driftete sie schon in den Schlaf.

Mit ihrer Hand suche Liv nach der Quelle von Körperwärme an die sie sich sonst immer kuschelte, doch fand sie nichts außer einer leeren Bettseite. Verwundert stand sie auf, sie konnte sich nicht daran erinnern, dass sie je alleine aufgewacht wäre. Mit ungekämmten Haaren und ohne umziehen ging sie nach unten. Die veränderte Stimmung im Haus spürte sie schon im Flur. Es war alles ruhig, zu ruhig. Sie zog einmal tief die Luft ein und witterte die anderen, Liv entdeckte sie schließlich im Wohnzimmer. Keiner schien als erstes was sagen zu wollen, wichen ihrem Blick aus.
Clara fummelte nervös an ihrem Reißverschluss, machte ihn auf und zu, immer wieder. Noah rutschte auf seinem Stuhl hin und her, warf den Kopf mal auf die eine Seite dann auf die andere. Lex trippelte unaufhörlich mit dem Fuß.
„Was ist denn mit euch los? Wo ist John?“ Fragend zog Liv eine Augenbraue hoch. Die Gruppe zuckte zusammen als, wenn sie geschlagen worden waren. Es war Sonea die ihr schließlich antwortet. „Er musste … geschäftlich verreisen.“ Versuchte sie zu erklären, doch es hörte sich wahrscheinlich nicht mal für sie glaubwürdig an. Der Rest wartet angespannt auf das, was folgen würde. „Bitte! Und warum konnte er es mir nicht selber sagen, sondern ist einfach so verschwunden ohne was zu sagen!“ Aus Wut warf Liv eine teuer aussehende Vase, die vorher auf einer Kommode gestanden hatte, an die Wand, wo sie auch gleich in Tausend Teile zersprang.
Augen wurden aufgerissen, vor Überraschung, Schreck und Entsetzen. So kannten sie Liv gar nicht. Sie nahm einen tiefen Atemzug, drehte sich um und rannte in voller Geschwindigkeit nach oben. Dort zog sie sich eine Jeans an und eine grüne Bluse. Im Laufen zog sie ihre Stiefel über und rannte hinaus, dahin wo sie hin gehörte.
Alle Warnungen die ihr die Vampire noch zuriefen ignorierte sie und schon bald konnte sie sie nicht mehr hören.
Sie stoppe, war außer sich vor Wut, ihre blonden Haare flogen unbändig durch die Luft als sie den Kopf schüttelte, um wieder klar zu denken. Sie wollte auf was einschlagen, kämpfen bis sie die Kraft verlor und erschöpft zu Boden sinken würde. Mit einem lauten Aufschrei drehte sich sie um und schlug mit aller Kraft auf einen Felsen ein.
Doch sie fühle sich nicht besser, nur der Fels war jetzt in mehrere Teile zerbrochen. „AAHHH! Man was für eine Scheiße.“ Wenn sie also nicht kämpfen konnte würde sie sich halt auspowern und so rannte sie los.

Immer weiter entfernte sie sich von ihrem Zuhause, doch es war ihr egal, sie hatten Geheimnisse vor ihr und ihr Mann war einfach so verschwunden. Liv biss die Zähne noch mehr zusammen. Als die Vampirin wieder einen normalen Gedanken fassen konnte, war sie in einem Wald angekommen wo sie noch nie zuvor war. Ihr Instinkt hatte sie hier her getrieben. Völlig ausgepowert und erschöpft, schaute sie sich um, suchte einen Platz zum Sitzen und versuchte zu erkennen was sie hier her gezogen hatte. Es war schwärzeste Nacht, aber das störte sie nicht, es war ja nicht so als wenn sie die Beute im Wald wäre und erfrieren würde sie nicht. Liv stützte ihren Kopf in die Hände und versuchte nachzudenken, doch sie kam zu keinem Ergebnis. Warum war John nicht da und warum wollte ihr die anderen nicht die Wahrheit sagen? Wo war er hin und wann und warum war sie nicht wach geworden. Das alles machte keinen Sinn.
Nach der kurzen Verschnaufpause stand Liv wieder auf um weiter zu gehen, stieg über umgestürzte Bäume, wollte sich ihre neue Umgebung angucken. Sie zog witternd die Luft ein. Sie roch die Tiere, aber auch übernatürliche Wesen. Es waren viele, ein bisschen Wolf, ein bisschen Dämon aber auch Wesen die nach Wald und Tieren rochen und die sie nicht zuordnen konnte. Schnell duckte sie sich und versteckte sich hinter einen Baum, versuchte sich möglichst klein zu machen. Wenn die anderen sie bemerken, wird das kleine Versteck sie natürlich nicht retten, dass wusste Liv, aber vielleicht bekam sie so Zeit genug zum wegrennen. Die vielen Wesen verunsicherten Liv, sie kannte sich mit anderen Unsterblichen nicht aus und sie hatte keine Kampfausbildung. Schnell überlegte sie, ob sie doch lieber die Flucht ergreifen sollte.
Doch die Entscheidung wurde ihr schon abgenommen, als nur ein paar Meter neben ihr ein Ast knackte. Liv versuchte flach zu atmen und keine Geräusche zu machen, der Geruch sagte ihr, dass es ein Wolf war. Sein Atmen war laut zu hören, seine Füße auf dem Waldboden leise, aber er bewegte sich immer weiter auf Livs Versteckt zu. Sie kniff die Augen zusammen und ihr Herz versagte seinen Dienst.
Plötzlich wurde sie am Arm herum gerissen und starrte in die dunklen bernsteinfarbenen Augen des Wolfes in menschlicher Gestalt. Die restliche Luft entwich ihrer Lunge, erstarrt stand sie da und wagte nicht sich zu rühren auch nicht, um zu flüchten. Der dunkle Krieger musterte sie, aber nicht wie eine Frau sondern, um einzuschätzen ob von ihr Gefahr ausging. Liv wollte wegrennen, aber ihr Körper bewegte sich nicht, sie war sich sicher, dass jetzt ihr letztes Stündlein geschlagen hat. Dann schlich sich auf das Gesicht des Mannes ein abfälliges Grinsen, war er sich doch sicher, dass die nur klein und wehrlos war. Was an sich auch nicht so falsch war, doch ihr Überlebensinstinkt regte sich und Liv versuchte sich zu befreien. „Nana, kleines Mädchen. Was machst du denn hier?“ Seine Stimme triefte nur so vor Hohn und Spott.
Schnell zog er Liv hinter sich her, so schnell das sie ein paar Mal stolperte. Er ging in Richtung der Lichtung wo die Stimmen der anderen zu hören waren. Liv versuchte sich gegen ihn zu stemmen aber das half nicht, er lachte sie nur aus und verstärkte den Griff um ihren Arm nur noch mehr.

Auf der Lichtung blickten ihr schon die ersten neugierigeren, aber auch misstrauischen Augen entgegen. Die Vampirin zitterte, ihr Kopf zuckte hin und her und untersuchte ihre Umgebung, jetzt hatte sie keine Fluchtmöglichkeit mehr. Nicht das sie vorher so groß war, aber jetzt hatte sie auch keine Hoffnung mehr auf Überleben.
„Hey Boss, schau mal was ich hier habe! Süß nicht?“ Er hatte einen Mann in einer Gruppe angesprochen, der geistesabwesend über seine Brust strich als wollte er etwas verreiben, während sich nun alle umdrehten.
Himmelblaue Augen blickten erschrocken auf, er zog die Luft scharf ein. „Connor!“ Oh Gott, sie war gerettet. Schnell konnte sie sich von ihrem Wärter befreien, der ziemlich überrumpelt war, rannte in voller Geschwindigkeit auf Connor zu und versteckte sich hinter ihm. Im gleichen Augenblick wie Liv hinter Connor zum Stehen kam, ging er in Kampfposition und knurrte laut, bereit jeden anzugreifen der näher kam. Doch vor Schreck gingen lieber alle Anwesenden schnell auf Abstand, niemand war scharf drauf in der Nähe eines wütenden Wolfes zu sein. Die Meute wusste nicht was das zu bedeuten hatte und hielt es für besser erst Mal abzuwarten
Connor wusste das Bowen keine Schuld traf, aber das war ihm egal, er hatte seiner Vampirin Angst gemacht. Dieser Geruch hing schwer in der Luft. Der Wolf in seinem Kopf wollte raus und sie beschützen. „Halt dich von ihr fern, Bowen.“ Bowen riss ungläubig seinen Augen auf, war aber klug genug jetzt nicht zu widersprechen, nicht wenn Connors Wolf so nah an der Oberfläche war, und nickte nur. Liv beruhigte sich hinter Connor schnell, denn sie fühlte sich sicher und wusste, dass ihr jetzt nichts mehr passieren konnte.
Langsam drehte sich Connor zu Liv um und kniete sich hin. Tröstend und sanft strich er mit seinen Fingern ihr Gesicht entlang und murmelte ein paar Worte die so leise waren, die nicht einmal sie verstand und drückte sie an sich. Ein paar Beobachter zogen gleichzeitig scharf die Luft ein. „Alles gut. Dir wird niemand was tun. Was machst du denn hier draußen?“ Das sagte er jedoch ganz normal, damit allen klar war, das Liv kein Freiwild war. Der Wolf saß immer noch in seinen Augen. „Ich hab es zuhause nicht mehr ausgehalten und bin hart gerannt, zum auspowern. Und dann bin ich hier gelandet.“ Sie konnte nichts tun ihre Stimme zitterte immer noch.
Die anderen legten ihre Köpfe schief und versuchten zu begreifen was hier eigentlich los war. Das Alphatier der Wölfe beschützte eine Vampirin, so etwas gab es schon lange nicht mehr. Nicht das sie sich gegenseitig umbrachten, es gab schließlich eine Waffenruhe, aber richtig miteinander auskommen konnten Wölfe und Vampire auch nicht.
Connor stand mit Liv zusammen auf, fuhr mit einem Arm unter ihrem und brachte sie in eine Hütte. „Bleib erst mal hier. Ich muss noch was klären, dann komm ich wieder.“ Liv bekam noch einen Kuss auf den Kopf und als sie dann hoch schaute war die Tür schon zu.


Kapitel 3



Die Augenbrauen fragend zusammengezogen sah Bowen seinen Freund an als Connor zu ihm trat. Er hatte die Lippen noch zusammengepresst und in den Augen sah man noch den Wolf. Die anderen im Lager schauten neugierig zu den beiden. Connor schüttelt den Kopf um sich zusammenzureißen, als er das geschafft hatte, guckte er wieder auf und schaute den Kriegern in die Augen. „Die Hütte ist tabu für euch.“ meinte er nur zu Ihnen. „Müsst ihr nicht was erledigen!“ Hastig wandten sich alle ab und gingen wieder ihren Aufgaben nach, schielten aber trotzdem noch zu den beiden, wenn sie sich unbeobachtet fühlten.
Connor kniff sich mit den Fingern in die Nasenwurzel und stieß ein schweres Atmen aus. „Los kommt mit.“ Bowen folgte seinem Alpha und sie steuerten zur anderen Seite des Lagers von dem sie aber noch freie Sicht zur Hütte hatten. Sein angespannter Körper zeigte, dass er sich immer noch Kampfbereit war und dass er sich heute nicht mehr weit von der Hütte entfernen würde, stand für Bowen außer Frage. Er kannte Ihn schon lange und wusste, dass er nur anfangen würde zu reden wenn er wollte.
„Ich weiß nicht wie ich das erklären soll.“ Er starrte auf die Behausung, wo er seine Vampirin untergebracht hatte. Es hatte Ihn so überrascht sie hier zu sehen und dann noch so voller Angst. Sie waren so weit weg von ihrem zuhause, wenn er daran dachte was ihr alles zustoßen konnte. Connor fragte sich wie sie hierher gefunden hatte.
„Fang am besten von vorne an.“ Bowen setze sich auf den Boden, Connor kniete sich zu ihm nach unten und ließ Sand durch seine Finger laufen. „Sie ist nicht wie die anderen. Sie ist was Besonderes, irgendwas ist an ihr einzigartig.“ Er schaute Bowen fest in die Augen. „Sie steht unter meinem Schutz, klar?“ Ein Nicken. „Sie ist die Vampirin aus dem Club.“ Da das keine Frage war, antwortete Connor nicht. „Sie hat einen Mann, das muss dir auch klar sein. Also was bringt dich dazu ihr Obdach zu gewähren? Sie dann auch vor den Mitgliedern anderer Arten für Tabu zu erklären?“ Bowen legte den Kopf schief in einer Art die zeigte, dass auch er halb Wolf war.
Seinen Blick auf der Hütte haftend, stand Connor wieder auf und strich sich durch die Haare. „Ich kann dir keine Antworten geben, die ich selber noch nicht weiß. Sie ist halt nur nicht wie die anderen.“ „Das kann sie nur umso gefährlicher machen, vergiss das nicht.“ Bowen wandte seinen Kopf in Richtung Hütte. „Vielleicht soll sie uns auch nur ausspionieren.“ Doch Connor schüttelte den Kopf. Daran wollte er nicht denken. „Nein, woher sollte sie wissen, dass wir hier sein werden. Die Vampire haben nicht Bescheid bekommen. Aber das ist jetzt erst mal egal. Sie ist hier und ich werde mich um sie kümmern.“
„Ist meine Annahme richtig wenn du kümmern sagst, dass auch so meinst?“ Der Wächter runzelte die Stirn. „Aye, ich werde ihr jetzt Essen bringen.“ Connor musste sie irgendwann zurück bringen doch die Zeit bis dahin wollte er noch genießen, sie in seinem Territorium zu haben. Wer wusste schon wann, dass wieder der Fall sein würde. Außerdem wüsste er gerne wie sie hier her gefunden hatte, dieser Ort war sehr weit von ihrem Zuhause entfernt und der Weg beschwerlich. Genau deswegen hatten sie ihn zum Treffpunkt erklärt.

Liv sah sich unterdessen in der Hütte um. Es war ein einfaches Holzhaus. Sie stand zwischen Wohnzimmer und Küche und konnte sich nicht entscheiden ob sie sich hinlegen oder lieber den Kühlschrank plündern sollte. Sie war so geschafft und das Sofa mit den Decken sah so gemütlich und einladend aus. In der Luft hing eindeutig der Geruch der Wölfe, es musste also ihnen gehören. Das würde auch die ganzen Kissen, Decken und andere Möglichkeiten zum Entspannen erklären. Während sie die Schuhe auszog, fragte sich Liv, ob sie das Haus erkunden konnte und entschied sich dann dafür.
Im Wohnzimmer sah sie noch ein paar Türen und steuerte darauf zu. Auf ihrem Weg durch das Wohnzimmer lief Liv über einen sehr weichen Flokati vor dem Sofa, bei dem sie am Liebsten sich schon hineingekuschelt hätte. Ja diese Wölfe hatten eindeutig Geschmack, schoss es ihr durch den Kopf. Als die Vampirin durch die erste Tür spähte entdeckte sie ein Badezimmer, es war nicht sehr groß und nur praktisch eingerichtet, aber es hatte Charme.
Das Schlafzimmer hinter der zweiten Tür gefiel Liv und dazu roch es so wunderbar nach Connor. Es musste seins sein. Oh ja, da würde sie drin schlafen. Noch während sie das dachte, ging sie schon auf das Bett zu und kuschelte sich ein. Sie konnte sich noch richtig im Bett platzieren, steckte ihre Nase in die Kissen und schlief schon ein.

Blut als Werwolf zu bekommen war gar nicht so einfach, wie er gedacht hatte und dazu noch die komischen Blicke der Leute aus den Blutbanken, dabei gehörten auch ein paar Blutbanken den Unsterblichen. Aber seit die Vampire sich aus dem Mythos zurückgezogen hatten, war auch der Bedarf an Spenderblut zurückgegangen.
Connor konnte ihre Beweggründe immer noch nicht verstehen, aber er hatte auch besseres zu tun als darüber nachzudenken, eine Vampirin musste schließlich auch versorgt werden. Seine Vampirin. Er ging zurück zu Darragh, der Dämon hatte ihn hierher teleportiert und wartete schon ungeduldig, obwohl er sich seit ihrer Ankunft nicht einen Zentimeter bewegt hatte. „Teleportation kann man nicht lernen oder?“ Natürlich wusste Connor die Antwort schon, aber ein bisschen Smalltalk war wichtig um die Beziehungen auszubauen. Darragh hob nur eine Augenbraue aber ein Mundwinkeln zog sich nach oben. „Nur wenn du ein Dämon wärst, mein Lieber. Und wie es aussiehst gehört dein bepelzter Hintern nicht zu uns.“ Er zeigte deutlich auf die zwei Hörner die zwischen seinen braunen Haaren aus seinem Kopf herausragten. „Dir ist doch klar, dass alle wissen wollen was los ist?“
„Wenn die Zeit gekommen ist.“
„Wenn die Zeit gekommen ist? Bist du unter sie Hellseher gegangen oder was?! Komm mir nicht mit dem philosophischen Scheiß!“
Darragh legte Connor seine Hand auf die Schulter. Der Körperkontakt wurde benötigt um eine weitere Person beim Teleportieren mitzunehmen. Es tat nicht weh und bevor Connor blinzeln konnte standen beide wieder im Lager. Es war mittlerweile wieder Ruhe eingekehrt und alle berieten sich.
„Soweit ich euch was sagen kann, wird ich das auch tun.“
Ein Versprechen von einem Alphatier zum anderen, auch wenn die Hierarchie bei den Dämonen eine andere, als bei den Wölfen, war. „Verstanden.“ Darragh klopfte ihn noch auf die Schulter und ging dann in die andere Richtig fort. Bevor Connor zu Liv in die Hütte ging schaute er noch bei Chloe vorbei. „Hey, kannst du mir einen Gefallen tun?“ Er stand vor einer großgewachsenen Frau mit roten Haaren, die vor ein paar Kisten kniete und etwas suchte. „Klar schieß los. Gehts um deine Kleine?“ Chloe war nicht dumm und sie war ein einzigartiges Computergenie. Im Zeitalter der Elektronik was sie zu Hause. Genau das was er jetzt brauchte. „Kannst du ein bisschen nachforschen über sie, das übliche? Auch den Clan.“ „Kein Problem, mach mich gleich ans Werk.“ Sie schaute immer noch nicht auf, aber er hatte sich auch schon umgedreht und war auf dem Weg zum Haus.

Irgendwas weckte Liv, so genau konnte sie es nicht sagen, aber das brauchte sie auch nicht, denn als sie die Augen aufschlug, entdeckte die Connor der an der Tür gelehnt stand. Er sagte nicht, aber in seinen Augen stand ein merkwürdiger Ausdruck, den Liv nicht zu deuten wusste. Seinen verschränkten Armen ließen sein Kreuz noch breiter aussehen als sie ohnehin schon waren. „Hey, ich wusste nicht wann du wieder kommst und war so müde. Ich hoffe das macht dir nichts aus.“ Es schien ihr besser den ersten Schritt zu machen. Connor blähte die Nase und zog die Witterung ein doch dann schüttelte er kurz den Kopf. „Nein ist schon okay. Ist schließlich ein weiter Weg von deinem Zuhause bis hier her. In der Küche ist schon Essen fertig.“ Er drehte sich auf dem Absatz um und ging zurück.
Liv wusste nicht recht was sie davon halten sollte, er sah so angespannt aus, doch sie wollte Connor noch vieles Fragen und musste ihm wohl folgen. Beim Aufstehen fuhr sie sich noch mit den Fingern durch die Haare und stieg aus dem Bett. Nachdem Liv die Decken wieder ordentlich hingelegt hatte, strich sie sich ihre Kleidung glatt. Essen, er hatte Essen gesagt, ob er die Wahrheit kannte, doch woher sollte er es wissen.

Mit gespitzten Ohren hörte er jedes noch so leises Geräusch. Sein Wolf wollte wissen was sie machte, oder wollte er sie nur kontrollieren, er war nicht ganz sicher. Vielleicht wollte er es auch gar nicht so genau wissen. Seine Augen hielt er lieber aus dem Küchenfenster gerichtet, nicht das er jetzt noch Dinge tun würde die er später bereute.
Das Trippeln von Livs Füßen verriet ihm ihre Ankunft und das sie an der Tür stehen geblieben war. Ihr Atem ging gleichmäßig, er musste schmunzeln bei dem Gedanken über die Geschichten Vampire seien auferstandene Tote. Bei ihrer Verwandlung war sie gestorben, aber das Vampirblut hatte sie wieder zurück ins Leben geholt. Es wirkte wie ein Defibrillator. Livs Duft wehte leicht zu ihm herüber. Er überlegte und zog dabei seine Augenbrauen zusammen; Honig und noch was, Honig und Blumen. Aber er kam nicht auf den Namen der Blume.
„Du hast Bratkartoffeln gemacht?“ Ihre Frage war ungewöhnlich. Vampire interessierten sich nie für Nahrung und konnten bestimmt Gerichte nicht mehr beim Namen nennen. „Du kannst dich von Blut ernähren, ich jedoch muss essen. Deins steht schon auf dem Tisch.“ Connor neigte seinen Kopf in die Richtung. Eine Welle von Erleichterung schwebte zu ihm rüber. Noch bevor er sich umdrehen konnte lief sie schon an ihm vorbei. Ohne jedoch gleich zum Glas zu greifen, nahm Liv sich einen Stuhl und setzte sich an den Tisch. Sie schien keinen großen Durst zu haben, sondern versuchte sich stattdessen bequem auf dem Stuhl zu platzieren. Connor konnte nicht anders, er musste einfach zusehen. Bein rauf, Bein runter. Anderes Bein rauf, andere Bein wieder runter. Sie rutschte mit ihrem Hintern hin und her. Nahm das Bein wieder hoch, winkelte es an und schon es zwischen sich und dem Stuhl. Ihre Bluse, die den gleichen Farbton wie ihre Augen hatte, zog seinen Blick auf sich. Oder vielmehr die nicht verschlossenen oberen Köpfe. Er würde gerne wissen, wie zart sich ihre Haut anfühlte.
„Ist was?“ Liv pustete noch eine Strähne aus ihrem Gesicht und stütze ihren Kopf auf ihre rechte Hand. Dabei blickten ihre grünen Augen direkt in seine. Ja du bist hier bei mir!

Er blinzelte. „Nö was soll sein? Hab nur gedacht du hättest großen Durst, wo du doch diesen langen Weg zu uns gelaufen bist.“ Die Frage wie sie in das Lager gefunden hatte, brannte ihm unter den Nägeln. „Wo bin ich eigentlich?“ Er hasste Gegenfragen, so etwas gehörte verboten. Zum Glück hatte es sich schnell rumgesprochen, dass er davon nicht angetan war, was Liv aber anscheinend nicht bewusst war.
Sein Wolf wollte ihr natürlich alle Fragen beantworten. „In einer Hütte meines Rudels.“ Der Wolfin seinem Kopf kratze an seinem Käfig und hielt seine menschliche Seite für einen Volltrottel. „Tz, das weiß ich auch. Ich meinte wo auf der Landkarte.“ Weibliche Verärgerung schwang in der Luft. „In Weißrussland.“ Seine Stimme wurde um ein paar Oktaven tiefer als sein Wolf durchbrach. Connor dachte an Bowens Worte, aber er konnte sich nicht vorstellen dass Liv eine Spionin war. Sein Wolf hatte sich bei Leuten noch nie geirrt und ausgerechnet er hatte einen Narren an ihr gefressen. Ja das war sein eigentliches Problem. Nicht nur sein Wolf wissen wie sie sich anfühlte, er auch. Und wenn beide das gleiche wollten, war die Richtung klar.
„Willst du nichts essen?“ Er wandte sich um, da nicht mehr am Tisch saß. „Was machst du da?“ Ärgerlich über sich selber, kniff er die Augen zusammen. „Dir einen Teller suchen, was dachtest du denn? Ein Messer, um dich zu erdolchen!?“ Sie antwortete in einem Ton, der sonst nur Welpen vorbehalten war, die eine Frage gestellt hatten bei der die Antwort nur allzu offensichtlich war.

„Warum machst du das?“ „Warum mach ich was?“ Wieder eine Frage als Antwort, er konnte es nicht fassen. „Lass das!“ Er nahm ihr den Teller aus der Hand. „Dann such doch deinen Teller das nächste Mal alleine!“ Connor zog scharf die Luft ein. „Das meinte ich nicht. Du sollst mir nicht immer mit Fragen antworten.“ Geräuschvoll entwich die Luft wieder seinen Lungen. Connor fuhr sich mit der rechten Hand durch seine Haare. Bei ihr fühlte er sich, wie durch den Strich gebürstet. Liv kniff währenddessen ihre Augen zusammen und beobachtete ihn. Die Strähne die ihr wieder ins Gesicht fiel schien sie nicht zu stören, ihre Lippen fest zusammengepresst.

Liv wusste nicht, was sie von Connor halten sollte. Er war eindeutig mehr Respekt und Gehorsam gewohnt, als sie ihm entgegen brachte, da er sie aber noch nicht auf ihren Platz verwiesen hatte, würde sie ihr Verhalten nicht ändern. Auch durch ihren Faux-pas von gestern, schein er nicht zu denken, dass Sie anders wäre. In ihre Erleichterung schlich ein kleines bisschen Wehmut. Zu gerne hätte sie mit jemandem darüber geredet, sich jemandem anvertraut. Bei den Vampiren war das nicht möglich gewesen. Connor war stark, ob er sie beschützen konnte? Aber für Wölfe zählte nur das Rudel, meldete sich eine kleine Stimme in ihrem Kopf. Liv wusste, dass ihre Tagträume nicht wahr werden konnten. „Connor?“ Die Sehnsucht in ihrer Stimmer ließen ihn aufhorchen. „Was los?“
„Wie ist es ein Wolf zu sein?“
Diese Frage hatte er nicht erwartet. Connor war sich nicht sicher was er davon halten sollte. Ihr Blick ging aus dem Fenster, als wollte sie ihm nicht zu viel verraten. Ihr Körper war angespannt, deswegen wollte er ihre Frage so gut wie möglich beantworten. „Ich weist nicht, ob es leicht zu erklären ist. Wir werden mit zwei Geistern geboren, dem Menschen und dem Wolf, trotzdem sind wir Eins. Es sind immer beide Seiten vorhanden, aber mal mehr und weniger merkbar. Unsere Wölfe lassen sich von ihren Instinkten leiten. Unsere Menschen von ihrem Kopf, aber es gibt immer ein Gleichgewicht. Eine Seite zu ignorieren geht nie lange gut.“ Nachdenklich schaut Connor aus dem Fenster. Connors Stimme war rau, als wenn sein Wolf mit ihm zusammen gesprochen hätte.
„Manchmal wünschte ich mir, ich könnte mehr sein.“ Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen, wusste sie doch nicht wie er auf ihr Geständnis reagieren würde. „Manchmal habe ich das Gefühl, ich wäre mehr.“ Liv musste einfach in seine Augen schauen, wollte dass er sie verstand. Ihr Zögern, ihre Angst. „Bin ich seltsam?“
Mit einem Schlag waren alle seine Instinkte geweckt. Ihre Angst, ihre Verletzlichkeit lies in Connor den Wunsch aufkeimen, Liv in seine Höhle zu nehmen und sie vor allem und jedem zu beschützen. Wie selbstverständlich streckte er seine Hand aus und strich Liv über ihre Wange. Zuerst war sie überrascht, doch seine Haut auf ihrer, seine Hand an ihrer Wange, spülten die Gefühle fort und hinterließen nur noch einen Gedanken. Mehr. Liv schoss die Augen und ihr Kopf lehnte sich wie selbstverständlich in seine Hand. Sie spürte wie seine linkte Hand ihr die Haare aus dem Gesicht strichen und an der Seite ihres Kopfes zum Halten kamen. Oh Gott, sie musste sich zusammenreißen um nicht laut aufzustöhnen. Connor veränderte seine Position, sie hörte wie er sich vorlehnte, das Rascheln seiner Kleidung.
„Du bist das faszinierendste Geschöpf welches ich je gesehen habe und so wunderschön. Süße Liv, lass dir nie etwas anderes einreden. Du bist etwas ganz Besonderes.“ Sein Atem strich warm über ihre Haut. Connor war so nah, sie wusste dass sich ihre Gesichter nur Millimeter voneinander entfernt waren. Mit einem Daumen fuhr er über ihre geöffneten Lippen. „Connor, ich…“ „Schon gut, Baby. Denk nur immer daran.“ Genauso langsam wie Liv ihre Augen öffnete, nahm er seine Hände von ihrem Kopf. Ihre Sehnsucht verschleierte immer noch ihren Blick. In seinen Augen war ein bernsteinfarbener Ring zu sehen. Auch sein Wolf wollte sie kosten.

„Wenn wir mit Essen fertig sind, zeig ich dir das Lager.“ Misstrauisch zog Liv eine Augenbraue nach oben, sie hatte gedacht, sie würde mit verbundenen Augen wieder rausgeschafft werden. „Wie, du zeigst mir das Lager? Ich hab gedacht, ich darf nicht raus.“ Als Antwort zog sich ein spöttisches Grinsen über sein Gesicht. „Du solltest nur nicht alleine raus. Im Gegensatz zu dir, bin ich in der Lage dich zu beschützen.“ Am liebsten hätte sie ihm jetzt eine schnippische Antwort gegeben wie, ich kann auch kämpfen oder ich kann schon auf mich aufpassen. Doch da das nicht stimmte, hielt sie lieber den Mund. Ihr missmutiger Blick wanderte zu ihrem Glas. Liv hatte keinen Hunger, aber sie wusste, dass sie Energie brauchte. Oh, wie sie richtiges Essen vermisste. Panecakes, mit Schokostückchen und Ahornsirup, lecker, aber das hier

war … nicht lecker, es war nur abstoßend.
Liv wollte zu gerne das Lager erkunden und die verschieden Unsterblichen aus der Nähe betrachten. Diesmal musste sie auch nicht fürchten dass ihr was passieren würde, Connor würde sich zwischen Sie und jede Gefahr werfen. Also runter mit dem Gesöff. Livs Fangzähne verlängerten sich automatisch als das Blut ihre Lippen berührte. Bah, was ist daran jetzt so gut? Vampire waren echt seltsam.
„So, ich bin fertig können wir los?“ Verwundert blickte Connor sie an. Er hatte schon früher Vampire beim Trinken gesehen und diese hatten sich immer irgendwie verändert, waren vampirischer geworden, vom Aussehen und Verhalten. Außer den Fangzähnen war bei Liv nichts gewesen. Sie schien auch keine große Lust auf Blut gehabt zu haben.
Hatte es wirklich geklappt?
Warum Connor sie so komisch anschaute, wusste Liv nicht. Vielleicht hatte sie noch Blut auf den Lippen? Oder war es doch was ganz anderes? „Was?“ Misstrauisch zog sie die Augenbrauen zusammen.
„Nichts. Ich bin nur noch nicht mit essen fertig.“ Mit diesen Worten zeigte er auf seinen Teller. „Wenn es Madame nichts ausmacht, möchte ich erst zu Ende speisen.“ Bei allem aber das hatte Liv nicht erwartet. Connor wollte mit ihr spielen. „Über die Dringlichkeit deiner Bitte muss ich erst noch entscheiden.“ Sie konnte nicht anders, er faszinierte sie zu sehr. „Oh, wie großzügig.“ Spott zog sich durch jedes seiner Worte. „So bin ich immer. Das zeigt sich auch darin, dass ich bin geneigt bin deiner Bitte zuzustimmen.“ Sie versuche diesen überfreundlichen höflichen Ton des letzten Jahrhunderts nachzuahmen. Anscheinend kam ihr Versuch nicht sehr authentisch rüber, denn Connor fing erst mal laut an zu lachen.
Verspielt zog er an einer ihrer Strähnen. Immer noch erheitert schüttelte Connor den Kopf. Connor hatte nicht gedacht, dass Liv wirklich auf sein Spiel einsteigen würde. Vampire galten allgemein als Snobs und eingebildete Aristokraten. Dieses Verhalten übertrug sich normalerweise ziemlich schnell auf die Neueinsteiger. Dass Liv in diesen Dingen anderes war, zeigte schon wie viel Zeit sie im Wald verbrachte. Als hätte sie einen Kokon um sich, der sie von den aus seiner Sicht negativen Eigenschaften der Vampire fernhielt.

„Wenn du nicht bald fertig wirst, ess ich dir dein Essen weg.“ Das lies Connors Kopf hochschnellen, den Ton in ihrer Stimme konnte er nicht ganz zuordnen. „Das sollte ein Scherz sein.“ Beeilte Liv sich zu sagen, doch Connors Augen blickten sie immer noch prüfend an. Sein Wolf hatte etwas in ihrer Stimme vernommen, doch es war so schwach gewesen, dass er es nicht halten konnte. Connor wusste nicht warum, aber sein sechster Sinn sagte ihm, dass es nicht nur so dahin gesagt war. Da er noch nicht wusste wie er mit der neuen Information umgehen sollte, ließ er es erst einmal beiseite. Sobald sie genug Vertrauen zu ihm hatte, würde er aber das Thema wieder anschneiden.
Das war ziemlich knapp, beinahe hätte sie sich verraten. Was Schlimmeres konnte ihr grad nicht passieren. Liv hoffe, er würde nicht weiter nachfragen. Unsterbliche konnten eine Lüge weit besser erkennen als ein Mensch und sich noch welche Lügen ausdenken wollte sie nicht. Unter normalen Umständen konnte sie ihre Lust auf richtige Nahrung gut zurückhalten. Bei den Vampiren, sie jedoch eh nie Nahrungsmittel im Haus hatten, war das nicht sehr schwer. Wenn jedoch etwas frisch zubereitet genau vor ihr stand, war das schon weitaus schwerer. Es war als wenn der Wolf genau wüsste wonach sich ihr innerstes verzehrte.
Liv ließ ihre Gedanken weiter schweifen. Zu der Zeit kurz nach ihrer Verwandlung, an die Umgewöhnung, bis zu der Zeit in der sie die Dinge akzeptiert hatte, die sie nicht ändern konnte.



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Texte: Alle Rechte Vorbehalten
Tag der Veröffentlichung: 06.10.2011

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