Das Leben bietet einem relativ viele Möglichkeiten, sich zu entfalten. Die Schwierigkeit liegt nur darin, diese Möglichkeiten auch herauszufinden und für sich selbst zu nutzen.
Ich bezeichne mich gerne als Lebenskünstlerin und auch Freigeist. Ich habe gelernt, das Leben mit all seinen Bestandteilen in mich aufzunehmen und alles so zu gestalten, dass ich Spaß daran habe. Jeder Tag ist eine neue Herausforderung für mich, welche es zu meistern gilt. Einen Tag ungenutzt lassen gibt es bei mir nicht. Die Zeit ist viel zu kostbar und ich will sie genießen.. jede noch so unbedeutende Sekunde soll unvergesslich werden!
Das Leben ist ein unbeflecktes und leeres Buch, das ein jeder von uns gestalten muss.
Mein Buch soll das längste und spannendste aller Zeiten werden.
Wie jedes Jahr hatte der Frühling die Welt wieder zum Leben erweckt und bot dem Sommer somit einen glänzenden Auftritt dar. Während alles blühte und wuchs, kitzelten die gleißenden Sonnenstrahlen die Menschen aus ihrem gedanklichen Winterschlaf, der teilweise noch in ihnen wucherte.
So saß ich hier im Park und erhoffte, dass die Sonne auch mich endlich in Sommerstimmung versetzte, doch davon keinerlei Spur. Seit über einem Monat hatte mich die Muse verlassen und ich wusste um Gottes Namen nicht einmal, woran das lag. Die Jahreszeiten waren nicht Schuld daran, denn bisher hatte mich jede von ihnen tatkräftig inspiriert. Nur dieses Jahr nicht! Irgendetwas lief gewaltig schief und ich wusste nicht, wie ich das ändern konnte.
Vielleicht war mein freies und zügelloses Leben vorüber. Was, wenn es an der Zeit war, ein Teil der Gesellschaft zu werden? Zugegebenermaßen, bislang hatte ich nicht viel für die durchschnittliche Allgemeinheit getan. Man durfte mich gar als Egoistin bezeichnen. Regeln und Vorschriften waren noch nie mein Fall gewesen. Ich tat immerzu das, was ich für richtig hielt.
Dazu gehörte ein abgebrochenes Jura- sowie Literatur-Studium.
Doch ich bereute nichts. Alles unterlag meinen Entscheidungen und diese machten immerhin mein Leben aus, also konnten sie unmöglich falsch sein.
Der nagende Moment des Zweifels würde schon irgendwann vorübergehen. Ich musste nur länger den A4-Block in meinem Schoß mit meinen rehbraunen Augen taxieren und etwas würde geschehen!
Aber nichts.
Herrgott nochmal, wo blieb die Eingebung? Zum Teufel damit! Ich war am Ende. Nein, besser gesagt: Meine Lebenskunst hatte mich in den Ruin getrieben.
Und dann vernahm ich eilige Schritte, unter denen der Kies gequält aufknirschte. Nun gut, dass hier war ein Park und ja, ich saß in der Nähe des schotterbeladenen Gehwegs, doch um diese Uhrzeit arbeiteten die meisten Leute und ich konnte hier alleine sein. Warum störte also ausgerechnet jetzt jemand meine Ruhe?
Verdrießlich hob ich meinen Blick und sah einen Mann in einem dunklen Anzug an mir vorbeilaufen. Als er bemerkte, dass ich ihn ansah, hielt er an und warf mir einen spöttischen Blick zu. Anschließend kramte er mit seiner Hand in seiner Hosentasche herum und warf mir tatsächlich ein paar Cent-Stücke zu!
Normalerweise hörte man von mir kaum bis gar keine Schimpfworte, was an meinem strengen Elternhaus lag, doch nun konnte ich nicht anders und so entfuhr mir ein lautstarkes »Penner!«.
Gott, vergib mir, ich habe gesündigt und die Regel der Nächstenliebe missachtet. Doch hey, sein folgender Gesichtsausdruck war mir das allemal wert!
Erfolg im Leben ist der erste Grundsatz, der unser Überleben sichert.
Wir befinden uns längst nicht mehr in den barbarischen Zeiten, in denen man sich gegenseitig niederstach und danach die verwitwete Frau seines toten Opfers ehelichte. Nein, es herrschen Ordnung und Anstand! Diese beiden Tugenden führen uns mitunter zum Erfolg.
Mein Ziel ist es, aufzusteigen und die Welt mit Innovationen zu verändern. Natürlich birgt dieses Vorhaben viel Arbeit und Zeit, doch beides werde ich mit gutem Gewissen investieren. Das Ergebnis wird sich lohnen, ganz bestimmt.
Wer eifrig ist, wird immer belohnt.
»Machen Sie heute etwas früher Pause. Sie arbeiten immer so tüchtig, dass kann kaum einer mit ansehen. Vor dreizehn Uhr will ich Sie nicht hier sehen, verstanden?!«
Die eindringlichen Worte meines Bosses tönten immer noch dumpf in meinen Ohren nach und lösten einen kalten Zorn in mir aus. Ich hasste meinen Chef, Mr Cruhardt, keineswegs und ich konnte mich glücklich darüber schätzen, dass er meine Anstrengungen und Mühen erkannte, aber ich verstand nicht, weshalb er mich derart ausbremsen wollte. Leute, die anständig arbeiteten, gab es selten, also brauchte er nicht so zimperlich mit mir zu sein. Egal, welchem Druck ich unterlag, bisher hatte ich alles zu seiner vollsten Zufriedenheit gemeistert und meine Qualität war immerzu gleichbleibend hoch.
Die erste halbe Stunde hatte ich in einem kleinen Restaurant verbracht, aus dem mich letztendlich die beänstigend starren Blicke der Wirtin gescheucht hatten. Nun versuchte ich mein Glück in dem angrenzenden Park. Der lag nicht weit entfernt von meiner Arbeitsstelle und dennoch war ich noch nie hier gewesen.
Es war friedlich und nur selten drang das schrille Quietschen von beschleunigenden Autos an mein Ohr. Menschen liefen mir nur wenige entgegen und so konnte ich mich voll und ganz auf den Park konzentrieren. Leider gab es allerdings auch hier einen Störfaktor, der mir sofort ins Auge sprang.
Mein Denken war nicht von Vorurteilen behaftet, doch ich hatte keinerlei Verständnis für faule Nichtsnutze, die ihre Zeit mit Betteln und.. nun ja, eben Nichtstun verbrachten. Das Mädchen auf dem grünen Fleck Gras vergeudete ihre Zeit sinnlos, anstatt arbeiten zu gehen und dabei musste sie in der selben Altersklasse wie ich sein!
Es tut mir Leid, aber derartiges Verhalten erachtete ich als erbärmlich.
Im Vorbeigehen hielt ich inne und warf ihr das Kleingeld entgegen, das sich noch in meiner rechten Hosentasche befand. Kein Zeichen meiner Anteilnahme, oh nein. Eher ein Zeichen des Spotts, den ich empfand und eine Demonstration von dem, was ich in Hülle und Fülle besaß, ganz abgesehen von dem Mädchen, welches mich sogar beleidigte!
Dankbar hätte sie sein sollen. Ha, von wegen! Undankbarkeit ist der Welten Lohn.
Ein Zähneknirschen rang ich mir noch ab und dann lief ich ungeachtet der Beleidigung von dieser Göre weiter. Mit solchem Gesindel umgab ich mich nicht. Das war eindeutig mein erster und letzter Besuch im Park.
Aber man trifft sich immer zweimal im Leben…
Seit meiner Begegnung mit diesem Spinner lief alles … perfekt. Wenn ich im Nachhinein darüber nachdenke, wird mir ganz anders. Wer hätte gedacht, dass so ein verklemmter Spießer ein neuer Antrieb für mich werden könnte?
Mein Block, der gestern noch leer gewesen war, besaß nun viele Skizzen und Zeichnungen, welche teilweise zuhause auf meinem Schreibtisch ruhten und darauf warteten, weitergezeichnet zu werden. Mein Bleistift war den ganzen Tag über im Einsatz gewesen; es war ein atemberaubendes Gefühl gewesen. Ich hatte mir auch geschworen, das erste Bild, das mir gelungen war, diesem Typen zu widmen und ihm zu überreichen, sobald ich ihn wiedertraf.
Deshalb saß ich nun auch abermals im Park, in der Hoffnung, ihn eventuell wirklich zu treffen. Wahrscheinlich war es nur angebracht, wenn ich mich ebenfalls für gestern entschuldigte. Zwar war seine Aktion genauso wenig höflich gewesen, aber irgendjemand musste den ersten Schritt machen.
Verdammt, ich war so beflügelt wie lange nicht mehr, da machten mir solche Lappalien gar nichts mehr aus!
Es war Freitag und man konnte die Straßen für diese Uhrzeit durchaus als voll bezeichnen. Auch im Park tummelten sich viele Personen; gestern noch hätte mich dieses Szenario rasend gemacht, aber heute sah ich in jedem Menschen die perfekte Vorlage für ein neues Meisterwerk aus meiner Hand. Selbst die Sonne funkelte noch heller als sonst und die Luft war so rein wie lange nicht mehr.
Überglücklich ließ ich mich nach hinten fallen und spürte die vielen Grashalme über meine entblößte Haut an den Armen und am Hals streicheln. Die Wolken glitten in Zeitlupe an meinen Augen vorbei und unregelmäßige Luftzüge ließen mich ein wenig frösteln. In Situationen wie diesen wusste ich, dass alles, was ich bisher getan hatte, richtig war.
Ja, ich war auf dem richtigen Weg. Die Bestätigung dafür erhielt ich so oft und dennoch gelang es mir, mich immer wieder in Selbstzweifel zu stürzen.
Kichernd schloss ich meine Augen und füllte meine Lungen mit einem tiefen Atemzug voll frischem Sauerstoff, als plötzlich ein Schatten über mir aufragte und ich neben dem Sauerstoff den Geschmack von Kiefernadeln und Zimt auf meiner Zunge schmeckte. Der erste Gedanke, der mir durch den Kopf schoss, war, dass dieses Parfüm bestimmt teuer gewesen sein musste. Ich hatte Erfahrung mit derartigen Sachen, leider.
»Neuer Tag, neues Glück? Haben die Einnahmen gestern etwa nicht gereicht?«, tönte eine tiefe Stimme über mir blasiert. Verwirrt öffnete ich die Augen; ich hätte wütend sein sollen, denn dieser Typ – derselbe wie gestern wohlgemerkt! – provozierte mich ein weiteres Mal. Nun, heute wollte ich mich nicht darauf einlassen.
Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen öffnete ich meine Augen und blickte geradewegs in ein Paar stahlblauer Seelenspiegel. Ich hatte das Gefühl, als ob seine Augenfarbe durch das Sonnenlicht flimmerte und glitzerte, doch das schob ich nur meiner angeregten Phantasie zu.
Er hatte volle Lippen, die zu einer strengen Linie zusammengezogen waren; dieselbe Strenge fand sich auch in seinem fesselnden Blick wieder, mit dem er mich auf dem Grund förmlich festzuhalten schien. Sein Gesicht wies markante Züge auf und war von einer geradezu adligen Blässe, die sein dunkles schulterlanges Haar noch faszinierender machte.
Die Begegnung gestern war nichts gegen das hier gewesen. Gestern hatte ich ihn kaum wahrgenommen. Er hatte eben existiert und mir neue Motivation geschenkt. Aber sein Gesicht, sein ganzes Aussehen! Gott, ich wusste nicht, wie es sich in zurückhaltenderen Worten ausdrücken ließ, doch er war die Krönung eines Mannes. Ein einziges Meisterwerk!
Und mit einem Schlag wurde mir etwas bewusst: Ich wollte ihn besitzen. Noch nie im Leben hatte solch ein intensives Gefühl mich erobert, aber es war untrüglich. Keine Liebe auf den ersten Blick, nein… einfach nur Verblüffung, da ich auf ein lebendes Meisterwerk gestoßen war und es nicht auf Anhieb erkannt hatte.
»Madame legt wohl nicht sonderlich Wert darauf, mir eine Antwort zu geben, was?« Der junge Mann erhob sich wieder und ließ seine Hände in die Hosentaschen gleiten.
»Nein, nein! Ich meine, ich… oh… – oh – mein – Gott! Darf ich dich zeichnen?« Peinlich, endpeinlich. Ich hörte mich wie eine komplette Idiotin an. Somit war der Auftritt von gestern gar nichts mehr im Gegensatz zu jetzt. Er musste mich für durchgeknallt halten, mindestens.
Aber ich hatte es über mich gebracht und ihn gefragt. Blieb nur noch zu hoffen, dass er auf diese Frage eine Antwort gab, welche mich zufrieden stimmen konnte.
Der Umgang miteinander in der heutigen Gesellschaft war klar definiert. Unter seinesgleichen sollte man stets höflich und respektvoll auftreten. Man ließ andere aussprechen. Die Erwachsenen hatten eine noch höhere Position inne; sie waren nicht nur Autoritätspersonen, sondern kamen Göttern gleich. Beleidigungen waren unschicklich. Älteren Leuten bot man seinen Sitzplatz an und half ihnen über stark befahrene Straßen.
Bei dem weiblichen Wesen war es noch ein bisschen komplizierter. Ohne es zu übertreiben, doch bislang war niemand hinter das Geheimnis der Frauen gekommen, nicht einmal die Frauen selbst. Sie waren ein verschleiertes, merkwürdiges Mysterium, vor dem man sich insgeheim seit Lebzeiten fürchtete.
Ich allerdings machte mir über all das keine allzu großen Gedanken. Die heutige Gesellschaft bestand nur noch aus jugendlichen Wracks, Freaks und Obdachlosen, die ihr Leben nicht richtig zu nutzen wussten. Dinge wie Sitte oder Anstand waren zum Mythos geworden und würden es wohl auch bleiben.
Aus welchem Grund sollte ich diese Göre also nicht so behandeln, wie sie es verdiente und wie ich es für richtig hielt? Sie hatte schon bestens bewiesen, wie Recht ich mit meiner Vorahnung gehabt hatte. Auch heute saß sie nämlich wieder im Park, anstatt etwas für die Allgemeinheit zu tun.
Da meine Schicht im Büro heute ungewöhnlich früh begonnen hatte, konnte ich nun etwas früher als sonst Schluss machen. Ich war kein besonders guter Frühaufsteher und schlief deshalb gerne mal aus, darum nahm ich auch gerne in Kauf, dass ich erst später als der Rest aus hatte. Nur heute musste ich eine Ausnahme machen. Zur Abwechslung war das ganz interessant und zeigte mir außerdem, dass ich mit meinen Menschenkenntnissen keineswegs falsch lag.
Ohne es wirklich steuern zu können, lief ich auf sie zu; das Mädchen lag mit dem Rücken auf der Wiese und tätigte wohl so etwas wie Tagträumerei oder dergleichen.
»Neuer Tag, neues Glück? Haben die Einnahmen gestern etwa nicht gereicht?«, fragte ich sie unverfroren. Meine Art konnte man mitunter als provozierend bezeichnen, doch wer sich davon reizen ließ, war selbst Schuld. Heutzutage war es eben wichtig, sich in Selbstdisziplin zu üben. Eine außerordentlich seltene Gabe, die ich selbstverständlich besaß, wie auch so vieles andere.
Weißgefärbtes Haar, vielleicht hüftlang, lag wirr zwischen den saftig grünen Grashalmen. Als sie ihre Augen öffnete, konnte ich auch ihre Augenfarbe erkennen – rehbraun. Eine überaus passende Farbe, denn ihr Gesicht hatte etwas Kindliches und … nun ja, Süßes an sich. Das weckte in einem den Beschützerinstinkt. Doch sobald sich das Grinsen auf ihrem Gesicht ausgebreitet hatte, sah man ihr sofort an, dass sie keinen Beschützer brauchte. Ein freches Glimmen war in ihre Augen getreten und man erkannte deutlich ihre Lachfalten. Ein hübsches Geschöpf. Natürlich hübsch und keineswegs so künstlich wie irgendwelche Models oder operierte Frankensteine, welche es zuhauf gab. Soweit ich das erkennen konnte, bestand sie noch aus einem Stück und hatte bisher nicht zugelassen, dass Skalpelle ihre zarte Haut aufschlitzten und verunstalteten.
Ich schluckte unruhig und ließ meinen Blick trüb werden. Ich wollte nicht mehr zu sehr ihr Äußeres analysieren und stattdessen erfahren, was sie sich dabei dachte, wertvolle Zeit ungenutzt verstreichen zu lassen. »Madame legt wohl nicht sonderlich Wert darauf, mir eine Antwort zu geben, was?« Ein leises Schnauben kroch über meine Lippen. Ich richtete mich auf und versteckte meine fest geballten Hände in meinen Hosentaschen.
Vielleicht hätte ich einfach wieder abhauen sollen; es war merkwürdig genug, dass ich diesem Mädchen derart viel Beachtung schenkte wie sonst niemand anderem. Genervt schlug ich meine Augenlider für einen längeren Moment nieder und machte einen halben Schritt rückwärts, als sie endlich zu mir sprach.
»Nein, nein! Ich meine, ich… oh… – oh – mein – Gott! Darf ich dich zeichnen?«, drang es unsicher an mein Ohr. Hatte ich mich da verhört? Ja, oder? Ich meine, das konnte sie mich doch nicht ernsthaft fragen! Wenn sie jemanden zeichnen wollte, hätte sie genauso gut eine Annonce in der Zeitung aufgeben können. Bestimmt wollte sie mich noch nackt zeichnen! Ich als Aktmodell – von wegen!
»Aus welchen Gründen sollte ich dem zustimmen?«, fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen und unterzog sie weiterhin einer strengen Musterung.
»Ich.. ich weiß nicht. Na ja, wenn du nicht möchtest, dann eben nicht. Aber ich würde mich gerne für gestern entschuldigen, weißt du? Mein Verhalten war nicht sehr beispielhaft und das tut mir Leid. Wenn du willst, bekommst du das Bild danach auch. Ich zeichne nur um des Zeichnen willens und nicht wegen dem Endprodukt.«, erklärte sie mir mit einem unübersehbaren Glänzen in den rehbraunen Augen. Sie neckte mich irgendwie, auf ihre ganz spezielle Art und Weise, die ich nicht hinterschauen konnte. Und zu meiner eigenen Verwunderung ärgerte mich das nicht einmal.
»In Ordnung. Ich denke, es ist mal interessant, eine 'Künstlerin' bei ihrer Arbeit zu sehen und man sollte denen, die ihr Auftreten in der Vergangenheit bereuen, eine faire Chance geben, ihre Fehler wiedergutzumachen. Am Samstag um 15 Uhr?« Sicherlich wäre es höflicher gewesen, wenn ich einen Teil der Schuld auf mich genommen hätte, aber ich war ein Mann und hatte nun einmal meinen Stolz. Dass ich mir dann auch noch die Frechheit herausnahm, den Zeitpunkt unseres bevorstehenden Treffens festzulegen, lag nur daran, dass ich fest in die Arbeitswelt eingebunden war und sie allem Anschein nach nicht. Außerdem musste ich am Wochenende für gewöhnlich nicht arbeiten und man hatte da viel mehr Raum für seine Zeiteinteilung.
»Geht klar, abgemacht! Samstag um 3 Uhr nachmittags bei mir.« Sie nannte mir ihre Adresse und schien sichtlich zufrieden damit. Nun hatte das Mädchen doch bekommen, wonach es verlangt hatte.
Wenn ich schlussendlich das Treffen Revue passieren ließ, fiel mir ein, dass ich sie immer noch nicht nach ihrem Namen gefragt hatte. Und sie auch nicht nach meinem. Irgendwie waren wir weiterhin Fremde. Und dennoch fühlte ich mich nach diesem Wiedersehen ungewöhnlich beschwingt. Wir stammten zwar aus zwei verschiedenen Welten, aber das milderte meine Freude keineswegs. Ich würde etwas Neues kennenlernen, meinen Horizont erweitern und somit noch ein Stück mehr von dieser Welt offenbart bekommen. Neue Erfahrungen waren wertvolle Schätze.
Und hey, sie war nicht gerade hässlich, um diese Tatsache nicht ganz unerwähnt zu lassen.
Texte: Elisabeth Meziani
Bildmaterialien: Elisabeth Meziani
Lektorat: Elisabeth Meziani
Tag der Veröffentlichung: 04.07.2012
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