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Es ist noch früh morgens und nach einer traumlosen Nacht schrecke ich hoch. Oh mein Gott es ist halb acht und ich hab verschlafen. Dann eine kurze Überlegung, warum hat der Wecker nicht geklingelt? Ach ja, ich muss nicht mehr in die Arbeit fahren. Es ist der 1. Juli und ich bin endlich frei – keinen Chef mehr der herumnörgelt, keine Arbeitskollegen mehr, die nerven. Und vor allem, ich kann endlich mal etwas länger schlafen.

Ich sinke erleichtert in meine Kissen zurück und schaue gedankenverloren an die Schlafzimmer Decke. Also, was ist heute alles zu tun. Tja, gute Frage! Ich bin zwar jetzt selbstständig, aber das bedeutet auch, ich muss zukünftig für meinen Lebensunterhalt auch ständig und selbst aufkommen.

Mich hält jetzt nichts mehr im Bett. Es gibt ja soviel zu tun. Also nichts wie raus und ab ins Bad. Ich habe mir strenge Richtlinien gesetzt, was mein Zukünftiges zu Hause arbeiten angeht. Also immer frisch geduscht und fix und fertig angezogen an den Schreibtisch. Punkt 9.00 Uhr habe ich gefälligst da zu sitzen und zu arbeiten. Ja, nicht schludern anfangen. Von wegen einen Tag zu Hause im Jogginganzug oder gar im Schlafanzug und Morgenrock zubringen! Das gibt’s bei mir nicht! Ich nehme meine Selbstständigkeit nämlich sehr ernst.

Also lege ich mir meine Kleidung für heute fein säuberlich zurecht, trinke eine Tasse Kaffee und tatsächlich, um Punkt neun Uhr sitze ich gebügelt und geschniegelt, in meinem neuen Büro an meinem Schreibtisch. Computer an und los geht`s! Ich muss nun schnellstmöglich anfangen, Kunden zu generieren um an Aufträge zu kommen. Mich kennt hier keiner, ich muss mich nun bekannt machen. Aber leichter gesagt als getan. Was tun sprach Zeus! „Los, streng dich an, schließlich hast Du doch Marketing gelernt. Ich werde doch wohl in der Lage sein, für mich selbst Werbung zu machen. Also dann lass uns doch ein Werbeemail entwerfen für alle Unternehmen hier im Landkreis.“

Gedacht und getan, und schon ist der Vormittag fast vorbei. Na, jetzt habe ich mir aber eine kleine Kaffeepause verdient. Ich bin schon etwas stolz, wie konsequent ich das bis jetzt durchgezogen habe. Nichts wie wieder ab ins Büro und weiter geht`s! Oh, schön, es treffen bereits die ersten Antworten der angeschriebenen Unternehmen ein. Na, super, das läuft doch. Voller Vorfreude öffne ich die erste Email. Wie? – Spam Mail und Klage und Verbot! Na, so was! Ich habe doch nur gute Absichten! Sehen die das nicht? Ich bin etwas verschreckt und öffne die zweite Antwortemail. Oh, na Gott sei Dank, ein freundliches Email. Er findet das sehr interessant und wird sich bei Zeiten melden. Na, wenigstens etwas. Auch die dritte Email ist positiv gestimmt ... und bietet mir Software für die Buchführung an? Na, hör mal, ich will doch meine Dienstleistung verkaufen und nicht umgekehrt. Während ich noch meinen Überlegungen nachhänge, klingelt das Telefon. Juhu – es klingelt! Ganz geschäftsmäßig nehme ich ab: „SEM – Scheibner Event & Marketing. Grüß Gott!“ Mein Mann am anderen Ende – „Na, wie geht`s Dir an Deinem ersten Tag? Hast Du was zu tun oder langweilst Du Dich?“ Was für eine Frage - Unverschämtheit! Voller Entrüstung teile ich ihm mit, was ich schon alles vollbracht habe und wie toll alles ist und überhaupt! Er lacht und wünscht mir für den weiteren Tag noch alles Gute! Und schon klingelt wieder das Telefon. Ich nehme wieder ab und - oh Wunder – ein interessierter Kunde. Wir vereinbaren für den morgigen Tag einen Termin bei ihm um weiteres zu besprechen. Na, klasse – das geht doch! Jetzt platze ich fast vor Stolz! Mein erster Tag und schon einen Termin bei einem potentiellen Kunden. Was will man denn mehr!

Inzwischen ist es 14.00 Uhr und ich merke, dass ich vor lauter Eifer noch nicht mal was gegessen habe. Das hole ich nun mit dem Gefühl einer gewissen Genugtuung nach.

Bis ich mich umschaute, war es fast 18.00 Uhr und mit dem Gefühl, alles richtig gemacht zu haben, schloss ich meinen Computer und diesen Tag ab.

Seitdem sind inzwischen 3 Jahre vergangen und ich habe es bis heute nicht bereut, diesen Weg gegangen zu sein. Obwohl es sehr harte und teilweise entbehrungsreiche Zeiten gab, ich möchte mit niemanden mehr tauschen. Ich bin fest entschlossen, meinen Weg als Selbstständige Unternehmerin zu gehen, auch wenn es nicht immer lustig ist.

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Tag der Veröffentlichung: 02.12.2008

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