Cover

Prolog

Die Zeiten in denen wir uns fragten ob wir die einzigen Lebewesen im Weltall waren, hatten sich mit einem Mal zerstreut, als Dr. Amadeus Kerix von seinem Stuhl fiel und lauthals schrie „Da brate mir einer den Storch!“ Nun, den Storch bekam er nicht, die Vögel standen ja unter Artenschutz, aber für seine Entdeckung bekam er so viele Fördergelder, dass seine Schweitzer Bank völlig aus dem Häuschen war. Wir schrieben das Jahr 3093, und entdeckten gerade den ersten Planeten außer dem unseren, wo die Atmosphäre etwas Lebendes beherbergen konnte. Saya

. Fragen sie mich nicht wieso wir es so nannten, aber so hieß dieser Planet. Wir gaben ja auch unseren Naturkatastrophen wie Flutwellen und Tornados irgendwelche
unsinnigen, niedlichen Namen wie Wirbelsturm- Amalia oder Zyklon- Kassandra. Daher zuckten wir nur mit den Schultern und nannten es Saya

. Die Sucher, kleine Saatelite, die in der Lage waren in großer Entfernung von der Erde präzise Bilder und Thermische Besonderheiten zu speichern und an den „Mir“- Saateliten zu senden, der diese Information dann an unsere Rechenzentren schickte. Und diese Information riss den kauzigen Doktor von seinem Stuhl. Zu mehr waren wir auch Heute nicht Fähig. Ja, Russland existierte immer noch genau so wie die USA und alle anderen Staaten. Ja, viele trennten sich von einander und andere schlossen sich wiederum zusammen, zum Hundertsten Mal. Israel und Palästina waren wieder vereinigt und stritten nun wie ihr geeinigter Staat heißen sollte. Die eine Seite war für „Palästina- als Namensgeber und die andere für „Israel“, also wurde es wieder zu den Waffen gegriffen, doch dieses Mal griff weder die USA ein noch die Russen, langsam hatten sie es wohl einfach leid. Das interessante war es, dass die Palästinenser den geeinigten Staat „Israel“ nennen wollten als Zeichen des Friedens, und die Israelis ihrerseits es „Palästina“ taufen wollten.
So einigten sich auch wieder Süd und Nordkorea. Wer fand es auch Sinnvoll das Goguryeo- Königreich damals zu trennen?! Aber egal. Unsere Technologie jedenfalls steckte wie seit Anbeginn der Zeit in Kinderschuhen. Ja, immer noch!
Wir unterzeichneten immer noch die Abrüstungsvertrage bei den G8- Gipfeln, wobei es seit drei Jahren zwischen G8 und G9 variierte, und rüsteten fleißig weiter auf. Wir hatten einfach keine Mittel um große schiffe wie in Star Wars zu produzieren und bis jetzt auch keinen Grund. Zu Saya würde man eines der kleinen Frachter schicken müssen, die wir für die Kolonisierung des Mondes ausarbeiteten, und würden mindestens drei Wochen zu dem neuen, unbekannten Planeten damit brauchen. Und nein, der Mond blieb Menschenleer, wieder fehlte das nötige Kleingeld.
Der Satellit lieferte nur wenig informatives darüber ob es auf Saya intelligentes Leben gab, aber das würde die Menschheit nicht aufhalten. Wie Columbus würden wir aus dem Schiff heraus springen und unsere Fahne in den weichen, weißen Sand bohren!
Nun, Amadeus Kerix erlebte das nicht mehr. Nach einem plötzlichen Herzinfarkt erholte sich der Akademiker nicht mehr, und verstarb drei Monate nach seiner Entdeckung. Es dauerte noch weitere Zwei Jahre ehe das erste Schiff die „Magnolie I“ endlich ins All glitt und Kurs auf unsere neuste Errungenschaft nahm. Doch kam alles anders als wir, die Überlegene Rasse es uns ausgemalt hatten. Der Planet war keineswegs unbewohnt, und keineswegs würde es uns gehören. Saya war nur ein Mythos. Die Völker dort ähnelten vielleicht den Menschen äußerlich doch traten sie wenig erfreut den Eindringlingen gegenüber, uns also. Es folgten harte Jahre in denen wir versuchten so etwas wie einen geregelten Kontakt mit den Einheimischen herzustellen, die Sprache zu lernen und uns mit ihnen anzufreunden. Und ich?! Ich war gerade erst geboren und meine eigene Welt war mir groß und aufregend genug! Als Baby war ich bereits das reichste Kind der Welt und später würden mir alle Türen offen stehen. Doch so weit war ich noch nicht. Denn ich lag im Krankenhaus und die Ärzte kämpften um mein kurzes, kleines Leben, in der Zeit da meine Eltern mit den trennen kämpften und mit unseren Schicksal. Auch danach war ich als Kind sehr oft Krank und verbrachte auf den Wunsch meiner überfürsorglichen Eltern sehr viel Zeit in Kuren und Sanatorien. Ich hatte nie genug Zeit Freundschaften zu schließen und so entdeckte ich die großartige Welt der Bücher. Besonders fand ich die Sprachen aufregend. Mit sechs Jahren, bereits bei der Einschulung beherrschte ich die Französische und Russische Sprache wie die Englische. Mit Elf konnte ich mich frei in Spanisch, Italienisch, Polnisch, Portugiesisch, Griechisch und Latein unterhalten. Bei der Beendigung der High School war auch Japanische, Koreanische, Hindi, Persische, Kroatische, Kasachische und Chinesische Sprache vor mir nicht sicher. Manchen fiel es einfach Gesteine von einander zu unterscheiden, und manchen fiel es leicht keine Angst beim Achterbahnfahren zu haben. Und ich hatte keine Schwierigkeiten fremde Sprachen zu erlernen, und ich hatte es geliebt! Dann kam ich für eine Kurze Zeit auf den Mathematik-Geschmack, doch wegen den nervigen Medien verlor ich sehr schnell die Lust daran. Mittlerweile hatte ich eine Schwester und einen Bruder die ich selten zu Gesicht bekam, da ich die meiste Zeit entweder irgendwo in der Welt rumkam oder in meiner eigenen Wohnung hockte und über irgendeiner Lektüre grübelte, mit Siebzehn versteht sich. So sah mein Leben aus, so hatte ich es mir ausgestattet, das war Ich. Und ich duldete mein Ich mehr als ich mich damit abfand. Und auch zu dieser Zeit war ich das reichste Teeneger der Welt, aber es beeindruckte mich nicht. Ich unterrichtete an einer Universität Englisch und Latein, hatte genug um die Miete zu zahlen, den Rest finanzierte mir meine Großmutter, zu der ich eine engere Bindung hatte als zu jemand anderen. Vielleicht weil sie so unkompliziert war, oder weil sie eben zu kompliziert war, dass ich es dennoch mochte. Und erst als ich von dieser Arbeitsgruppe hörte, einige ausgewählte Studenten, begabte Studenten, die eine Chance hatten auf den Unbekannten Planeten für fünf Jahre zu gehen, und dort zu studieren, ging ich zu meinen Eltern. (So nannten wir nun diesen Planeten „Unbekannter Planet“ weil die Einheimischen wütend wurden, wenn wir ihrer Heimat unseren Namen aufzwangen, und es bei ihnen anscheinend erst gar keinen Namen hatte.)
Zu sagen, dass mein Verhältnis zu meinen Eltern zu diesem Zeitpunkt unterkühlt war, wäre nichts zu sagen. Aber anscheinend machte es keinem von uns etwas aus, also ging alles so weiter wie bisher. Und ich war auch nicht überrascht als sie gerne, und fast ohne zu zögern meinen Wunsch befürworteten. Und schon nach drei Wochen des Wartens saß ich auf einem der begehrtesten Sitze der Welt in „Magnolie IV“ und schaute voller Vorfreude in den schwarzen Weltall hinein. Drei Wochen waren ein Klacks für die Menschheit, doch ein Riesensprung für ein Mädchen das stets ihrem weißen Kaninchen überallhin folgte!


1. Wenn du deine Augen offen hältst.


Etwas fiel mit einem dumpfen Aufschlag auf den Boden. Ich zuckte zusammen und drückte mich mit dem Rücken fester in die raue Wand. Ws um alles in der Welt machte ich da?! Seit je und eh war ich niemals Neugierig! Mich interessierten nicht die Gehspinnteergeschichten die von unserem Dachboden handelten, und ich bin auch nicht Nachts dort herauf geklettert um heraus zu finden, was es mit den seltsamen, kratzenden Geräuschen auf sich hatte, wie es meine Cousine getan hatte. Und ich wollte auch nie wissen, was sich hinter der Kellertür in Großmutters altem Anwesen lauerte, wenn die Lichter ausgingen! Ich war nicht Neugierig! Wieder klatschte etwas zu Boden. Doch dieses Mal klang es wie ein schwerer, nasser Lappen. Mich schauderte es und ich schluckte hörbar. Taylor hockte neben mir in der Dunkelheit und umarmte ihre Knie. Und nicht nur, dass ich dem apathisch wirkenden Koch bis in seine Wohnung folgte, die in der Düsternis hinter dem Fenster lag. Ich war auch mit einem Menschen den ich bis auf das Äußerste nicht leiden konnte. Das schwarzhaarige Mädchen war dieser Art Mensch, dass niemals um irgendetwas bat, selbst wenn ihr Leben davon abhängen würde. Sie war arrogant und hochnäsig. Und seit ich vor zwei Jahren hierher gekommen war bekamen wir uns fast täglich in die Wolle. Und als es nicht reichte, das uns die Dozenten immer in eine Arbeitsgruppe einteilten, wobei wir bei jeder banalen Sache unterschiedlicher Meinung waren, so teilten wir auch noch ein gemeinsames Zimmer. Aus irgendeinem Grund empfand ich es als Blau, wenn sie Rot sagte. Oder ihr war Kalt, wenn mir Warm war. Schwer zu erklären wieso, aber wir gingen in Grund verschiedene Richtungen. Und diese zwei Menschen mussten nun „Kameraden“ spielen. Anders ging es hier ja auch schlecht. Unsere Welt schrumpfte bis auf dieses Lager, und seine Bewohner. Ich glaube ich hatte bis jetzt so um die Hundertfünfzig Menschen gezählt die wenigstens die englische Sprache beherrschten. Der Rest...Nun, schon wenn man auf den Markt von Makesh hinunter ging, merkte man bereits an den bohrenden Blicken, dass man nicht hierher gehörte. Sogar die Händler, die Furiom, mit denen der Lager seit nun mehr als zehn Jahren zusammenarbeitete, schauten dir böse hinterher, und weg ,wenn du dich nach ihnen umgedreht hasst. Taylor legte mir eine Hand auf den Arm und ich zuckte erneut zusammen. Durch das schwache Licht in der Ferne konnte ich ihre Augen blitzen sehen. Und das erste Mal seit wir uns kannten, waren wir tatsächlich einer Meinung, wir hatten beide Angst. Ich wusste doch selbst nicht wieso ich Tom gefolgt war. Schon seit Tagen schmeckte sein Fraß noch widerwärtiger als sonst. Da waren mir schon die Köstlichkeiten von dem Markt, von denen mein Körper immer noch heftig durchgeschüttelt wurde, wenn ich es in den Mund nahm, fast lieber. Den Kartoffelpüree unterschied nur noch der Name von dem Zement, und sein Cafe schimmerte grünlich, und irgendwie wollte ich es nicht glauben, dass es nur „so eine“ Sorte war. So war ich ihm nach dem Abendbrot einfach bis hierher gefolgt. Eigentlich ein Verstoß gegen die Campordnung. Es war den Studenten nicht erlaubt das Wissenschaftsgebäude zu verlassen sobald es dunkel wurde. Zudem es auf diesem Planeten Nachts so dunkel wurde, dass sogar das Licht der Neonlaternen nur wenige Meter Sicht garantierte. Und auch nach siebzehn Jahren war die Feindschaft der Einheimischen uns gegenüber so präsent und greifbar wie am ersten Tag. Professor Hannes, Taylors Vater war einer der wenigen, die beinahe seit zehn Jahren hier waren. Seine eigenwillige Tochter war dagegen genau so lange hier wie ich. Erstens war die Reise für Jugendliche unter sechzehn Jahren unerlaubt und nutzloses Verschwenden von Ressourcen, und außerdem die Reisekosten bestialisch Hoch. Das Raumschiff, wenn man diese Blechdose so nennen konnte, legte nur ein einziges Mal in einem Halben Jahr hier an und kehrte nach etwa vier Wochen wieder zu der Erde zurück. Studenten wurden auf der Erde aus einer unendlich langen Warteliste ausgesucht, doch nur diejenigen die den Platz auf dem Schiff auch bezahlen konnten wurden dann auch genommen. Dazu kamen die Kosten für den Unterhalt und Schule. Eigentlich war es hier wie ein etwas seltsamer Internat aufgebaut, nur, dass es dreimonatiger Weg nachhause wartete. Die Studenten waren also ab sechzehn Jahren aufwärts gegliedert und nur wenige von ihnen blieben länger als für ein Jahr im Wissenschaftslager. Die meisten schmissen das Handtuch bereits nach den ersten drei Wochen, wenn der Körper mit der fremden Nahrung kämpfte und der Geist gegen die totale Isolation. Hier konntest du nicht Mal eben aus dem Haus gehen, oder schnell ins Internet. Hier warst du unter Menschen die deine Sprache sprachen wie eine Kuh im Stahl mit begrenzten Auslauf, dass an der zweiten Brücke hinter dem Markt endete. Ich war kurz vor meinem achtzehnten Geburtstag in Makesh eingetroffen, unnötig zu erwähnen, dass das Raumschiff nur hier anlegte, da es auf diesem Planeten, dessen Namen wir auch noch nach siebzehn Jahren nicht wirklich kannten, oder wie Prof. Korinth es immer sagte, einfach nicht verstanden hatten, was auch immer er damit meinte. Die Tatsache war, dass wir hier mitten in einer blühenden Stadt, wie in einem kleinen Dorf lebten, zu unserer eigenen Sicherheit wohl zu vermerken. Ich hatte die Wärter oft darüber schimpfen gehört, dass die Kobukar, wohl die Örtlichen Rebellen, immer wieder an den Rand der Siedlung kamen, und unsere Wachposten ausspionierten. Vor meiner Ankunft sollte der Camp bereits zwei Mal angegriffen worden sein, wobei ich mich jedes Mal frage wozu denn eigentlich. Es war ein reiner Forschungszentrum, die Professoren eigneten sich die Sprache an, erforschten die Landschaften, das Wetter, die Tierwelt. Wir saßen an Büchern, Reagenzien und Landkarten, wieso sich derart an uns Anstoß nehmen?! Aber hier herrschte eine ganz andere Kultur als bei mir zu Hause, dass musste ich täglich aufs neue Lernen und akzeptieren. Der Stolz dieser Völker würden wir niemals begreifen oder auch nur dessen Ausmaß erahnen können. Mir kam da immer die Inquisition in den Sinn, obwohl es eine ganz andere Geschichte war. Aber es gab da einfach Dinge die für uns unbegreiflich waren, für einen andern hingegen das Gut und Gebe. So war es mit den Leuten hier, wobei die Bezeichnung Mensch für die Einheimischen eine schlimme Beleidigung zu sein schien. Sie begegneten allem Neuen mit Skepsis und Feindseligkeit. Obwohl es uns ja nicht möglich war weit in das Leben Aussehalb des Lagers einzugreifen, kaum einer war in das Land hinein gereist, so lernten wir dennoch die starrköpfigen Leute lernen. Mit den Reisen war so eine Sache, denn die meisten kamen nicht wieder. So hörte ich stirnrunzelnd als die Krankenschwester von einem naiven Professor Namens Carl Vight berichtete, und dem kleinen Säckchen in das er nach seiner törichten Unternehmung hinein passte. >>Niemand wagt sich alleine hinaus, weiß tu! Wir hatten ihn davor gewarnt, aber dieser dumme Ochse wollte nicht begreifen, dass wir nicht einmal Gäste hier waren. Geduldet und gehasst werden wir.<< Und ihre leise Stimme bebte vor Aufregung. >>Es würde noch viele Jahrzehnte dauern bis die Erde in der Lage wäre solche langen Reißen effizient und schnell zu bewältigen, geschweige denn schwere Kampfschiffe zu bauen und zu unterhalten, und diese wilden hier wissen es! Eine Invasion also noch vollkommen Unmöglich, damit sie nicht so stur gegen uns vorgehen.<< Sie stopfte ihr Verbandszeug in eine Tasche und glättete ihren gebleichten Kittel. >>Mag sein, dass sie nicht die Vorzüge des World Weit Web kennen, und in unserem Mittelalter leben, doch Dumm sind sie dadurch noch lange nicht!<<
Ich weiß noch wie ich sie schief angeschaut hatte und gedankenverloren antwortete, mehr zu mir selbst. >>Leute, die Straßenbeleuchtung unserer Elektrizität nicht unähnlich nutzen, sind wesentlich weiter als wir in unserer Latrinen-Zeit.<< Danach hatte mich die blonde Frau immer argwöhnisch mit Blichen bedacht, von wegen Besserwisserin. Aber ich störte mich nur wenig daran. Vielleicht begegnete man uns genau aus diesen Gründen mit offensichtlicher Feindswelligkeit, weil wir Feuer mit Feuer zu bekämpfen versuchten. Was, die Wilden möchten ihr Brot nicht mit uns, der in allem Überlegenen Rasse, teilen?! Gut, dann drohen wir mal mit einer Invasion oder einer totalen Unterwerfung in ferner Zukunft. Auch wenn ich noch nicht lange hier war, so konnte ich das Gefühl nicht los werden, dass wir hier im Camp genau darauf warteten, und ich war mitten drin. Und dennoch, aus einem unerklärlichen Grund war ich dennoch fasziniert von diesem Planeten, obwohl ich es kaum kannte, und zu meinen Lebzeiten wohl auch nicht groß erkunden würde. Aber sogar die Luft fühlte sich hier irgendwie anders an. Ich kannte London und Paris mit ihren chaotischen Lebenszielen. Ich kannte Cannes und Milan, wo die Luft schwer und süß auf den Schultern lag und dich durch seine Feuchtigkeit zu Boden drückte. Ich kannte Teneriffa und Regenwald in Basil, und wie einem schwindlig wurde, weil man nicht wusste wo da einem der Kopf stand bei so vielen unterschiedlichen Gerüchen und Lauten. Hier, hier war mein Kopf seltsam befreit. Oder war es doch nur die Entfernung zu den Dingen, die ich hinter mir lassen wollte?! Im Grunde war ich weggelaufen, von allem was ich nicht lösen konnte, von allen Dingen die so wichtig waren aber für mich persönlich gar keinen Wert hatten. Und meine Eltern hatten es finanziert. Wie immer, wenn ich etwas unmögliches verlangte, wurde auch nur der dümmlichste Wunsch erfüllt um Zeit für eine Antwort zu sparen. Und seltsamer Weise lies es mich dieses Mal ungewöhnlich Unberührt, vielleicht weil es doch nur so weit Weg war, dass es nicht einmal der bloße Gedanke bis Nachhause schaffte.
Wieder plumpste etwas zu Boden, und rollte schwerfällig hin und her. Wie ein Holzkegel der über die Bodenlatten gerollt wurde, und dann wieder stille. Ich fühlte mich wie ein Spion der gleich den Verbrecher stellen, und die liebliche Geisel befreien würde. Doch irgendetwas weigerte sich in mir über den Fenstersims zu spähen. Ich schluckte den harten Klos der mir im Hals stecken blieb runter und atmete tief ein. Wann würden sie den toten Hund wohl entdecken, dessen lebloser Körper vor dem Zaun liegen blieb. Wieso hatte das arme Tier auch so hemmungslos wütend bellen müssen?! Sie schlichen hinter dem massigen Koch her seit er das Wissenschaftsgebäude verlassen hatte. Und soviel Krach wir beide, ich und Taylor veranstalteten, war es ein Wunder, dass er und nicht bemerkte. Aber er war wie ein Schlafwandler durch die langen, verwegene Flure der Akademie ohne wie gewohnt zu grüßen oder anzuhalten, geschwebt. Draußen starrte er dann fast eine Ewigkeit auf den aufgebrachten Mischling bevor er dann mit dem Fuß austollte und den Rüden niederstreckte. Wortlos trat er zu bis das Tier sich wimmern zur Boden warf und nach unregelmäßigen Atemzügen, regungslos liegen bleib. Mit aufgerissenen Augen starrten wir dem Koch hinterher. Er, der nicht ein einziges Mal die Stimme gegen seine unfähigen Mitarbeiter erhoben hatte, hatte gerade brutal einen Hund umgebracht?! Wir waren noch eine Weile hinter der Wand stehen geblieben, als Tom schon in den Personalunterkünften verschwand. Um diese Zeit war noch niemand dort, alle waren in der Akademie unterwegs. Aus kindischer, grundloser Skepsis wurde Neugierde, aus Neugierde wurde Abenteuer, und nun wuchs uns dieses Abenteuer über den Kopf. Ich weiß nicht wo wir so viel Mut fanden dem übergeschnappten Koch zu folgen, oder wieso keiner von uns der Gedanke kam den Vorfall sofort zu melden. Aber wie kleine, dünne Schatten schlichen wir durch die Dunkelheit auf das Haus, und auch da brannte kein Licht. Diese elende Sparsamkeit! Wir benutzten hier hauptsächlich Solarzellen um die Akademie, die Tierzwänge, das Gewächshaus und die Personalunterkünfte zu betreiben. Und das Wissenschaftsgebäude verbrauchte das meiste davon. Als ich das Ungestüm das erste Mal sah, dachte ich es wäre ein Baum, ein plumper, unförmiger Baum wie die im Regenwald. Denn wie eine dicke Zwiebel ragte es aus dem Boden zwei Etagen hoch, und dicke Kabeln durchzogen das seltsam geformte Komplex wie brüchige Lianen, und endeten irgendwo hoch Oben. Was für ein Unsinn ein Haus derart zu konstruieren, dachte ich irritiert. Erst später erfuhr ich, dass das Gebäude schon hier war und die Mauken, so hieß das Volk hier nämlich, es uns überließen, da es sowieso nicht genutzt wurde. Was auch immer es Früher mal war, innen war es vollgestopft mit High- Tech aller Art. Zementierte Flure, Kunststoff- Wandverkleidungen, Bewegungsmelder an Türen und Fenster. Lampen, Türen die Wusch machten, wenn man seine Hand an einen Knopf legte. Unsere Krankenabteilung war nach neusten Maßen aufstockt, Schlummerkammer, OP- Zellen. Für mindestens Zwanzig Menschen gleitzeitig waren Betten aufgestellt und alles glänzte in dem reinsten Weiß, dass ich jemals in einem teueren Krankenhaus auf der Erde gesehen hatte. Und das Gefängnis, dass ich eigentlich nicht betreten durfte, wie alle anderen Studenten auch, glich einem Hochsicherheitstrakt. Fünf Zellen für je sechs bis acht Menschen. Mit Gitterstäben und Alarmanlage, die aus Sirene und Stromschlägen bestand. Und das Unglaublichste, dass ich je im Leben gesehen hatte, der Glaskasten. Wirklich, ein riesiger Kasten aus Panzerglas! Sieben Meter lang, und vier Meter tief. Der Eingang konnte man nur von Außen öffnen, und das nur wenn man die nötige Sicherheitsstufe vorweißen konnte. Alles voll automatisiert. Die Durchsichtigen Wände die nicht an die Wand grenzten wiesen fingerbreite Luftlöcher, und drin stand eine lange Kunststoffbank. Wie auf einem Präsentiertablett füllte man sich dort, und ich fragte mich wozu so eine Einrichtung wohl dienen sollte. Was wollten sie hier mal festhalten?! Einen Schwerverbrecher, hier am ende der uns bekannten Zivilisation? Einen Marsmenschen?! Marcus hatte es mir gezeigt und zuckte nur mit den Schultern, als er meinen fragenden Blick bemerkte. Er müsse es schließlich nur bewachen, Fragen würde er ja doch nicht. Und ich sagte nichts mehr. So war es hier, jeder blieb in seinem Umfeld, dass er eingeteilt bekommen hatte, alles außerhalb dieses Aufgabenbereiches existierte nicht. Doch nur mit solchen Regeln überlebte unsere kleine Gemeinschaft hier, nur wenn wir alle zusammenhielten, nur wenn jeder seinen Part erfüllte. Und ich, ich war gerne ein Teil davon. Ich merkte wie es mir immer leichter fiel den Rhythmus hier aufzufangen, und schon schritt ich mit. Ich kam auch erstaunlich gut mit meinen Mitmenschen aus, den neben mir mal ausgenommen, und auch der Unterricht machte Spaß. Aber vor allem mochte ich die Sprache. Diese dumpfen Laute, etwas zwischen unseren Kasachischen und der Französischen Sprachen. Wobei die Leute hier schafften es diese zwei unterschiedliche gekonnt zusammen zu verbinden, dass mir das Herz aufging. Daher war es ja auch nicht überraschend, dass ich in diesem Fach auch die beste war, dies war einer der Gründe wieso sich Taylor an mir störte, ich hatte sie von der Siegertreppe verdrängt und mittlerweile weit überholt. Aber auch das war für mich unwichtig, ich hatte einfach Spaß daran. Schwer war es dennoch, vieles wusste man einfach noch nicht, zu einem wegen der störrischen Einheimischen, die sich entschieden weigerten und ihre Sprache beizubringen, zum anderen, weil die Aussprache und der Satzbau auf solch eine irritierende Art dargelegt wurde, dass selbst die Professoren sich manchmal uneinig waren, was das eine oder das andere Wort bedeutete. Ich versucht mich an den grimmigen Krimskrams- Händler Tharek Aklair heranzutasten. Und da er mich noch nicht davongejagt hatte, nehme ich einfach an, dass er nichts dagegen hat, dass ich von ihm die Sprache erlerne, und hin und wieder etwas anderes. Wie er zum Beispiel mit seinen Landsleuten umgeht, oder die vorbeizenden Karawanen, anderer Stämme behandelt. Soviel wusste ich auch schon. Es waren insgesamt wohl drei Völker, die Mauken zu dessen Gebiet auch Makesh gehörte, und der das meiste Land überhaupt beanspruchte. Dann warn da noch die Vaukiis, die in den Bergen und Hügeln beheimatet waren. Und die Grafi, die irgendwo zwieschen den Bergen und dem breitesten alle Flüsse zuhause waren. Aber mehr wusste auch niemand.
Wer achtete da also schon auf ein zierliches Mädchen, dass still am Rand der Budden im Dreck saß und etwas in einen bräunlichen Block hinein kritzelte. Und obwohl ich so kurz hier war füllte ich mich irgendwie freier und lebendiger als je zuvor.
>>Was macht er bloß da?!<< Das leise Flüstern holte mich wieder in den Dreck unter dem Fenster, und ich schaute hoch, als ob ich dort etwas sehen konnte. Doch auch heute war der Himmel Sternenlos und düster. Ich hörte Taylor neben mir im Grass wühlend und langsam zog ich mich hoch. Scheinbar eine halbe Ewigkeit brauchte ich um mich in meiner ganzen Größe aufzurichten, und ich drückte mich seitlich gegen die Wang. Jemand zupfte an meinem Ärmel, und dann hörte ich eine leise Bewegung, sie stand gleich neben mir. Ich horchte doch hinter dem Fenster rührte sich nichts. Ich fasste mir ans Herz und mit dem Gedanken, was mir da schon passieren soll, lugte ich um die Fensteraussparung in das Haus. Nichts. Dunkel lag der Raum im offenen Fenster. Es roch nach Vanille und Pfeffer. Ich versuchte vergeblich hindurch zu spähen, ich erkannte absolut nichts hinter den Holzrahmen. Nur die Gardinen bewegten sich leicht im Wind und das Glas in den Fensterläden vibrierte leise. Nun war mein Kopf fast über dem Fenstersims, doch auch da erkannte ich nichts. Ich stampfe die Hände auf das bröckelnde Gestein und drückte meinen Oberkörper etwas in den Raum hinein. Taylor legte mir eine Hand auf den Rücken und zog mich zurück, genau in der selben Sekunde ging das Licht an, und ich musste die Augen zusammenkneifen. Oh, Gott, hätte ich es doch nur nicht getan. Benommen setze ich einen Schritt zurück, denn als sich meine Augen wieder an die Helligkeit gewöhnten, raubte mir das Bild in dem Wohnungsinneren den Atem und den Schlaff für viele Wochen. Die weisen Wände waren über und über mit breiten, sich unterbrechenden Steifen Blut überzogen. Es rann zäh und glänzend hinunter auf den Fußboden und sammelte sich zu kleinen Pfützen auf den Holzlatten. Keine Möbeln waren da, keine weiteren Gegenstände, nur die getünchten Wände, und Ströme von Blut...Ich starrte die Striemen und mein Magen kämpfte sich zusammen. Erst jetzt sah ich eine breite Gestalt mitten in der Blutlache. Tom Stand an der wand und hielt etwas in der Hand, dessen Reste wie ein Bettbezug auf dem Boden lagen. Wir starrten einander dumpf in die Augen. Ich wagte nicht einmal zu atmen, oder meinen Blick vor seinen blasen, trüben Augen zu nehmen. Sonst hätte ich das, was von der Krankenschwester offenbar noch übrig war, ansehen müssen. Denn den Klumpen rohes Fleisch konnte man nur noch an einigen weiß gebliebenen Fetzen Stoff erkennen, der Rest war nur Blut und Fleisch. Der Koch bewegte sich nicht und ich tat es auch nicht. Ich zitterte am ganzen Körper, und der innige Wunsch aufzuschreien gewann mehr und mehr die Oberhand. Ich biss mir so fest auf den Unterkiffer, dass mein Kopf zu schmerzen anfing. Es dauerte einige Sekunden bis ich meinen Körper wieder soweit im Griff hatte.
>>Geh Hilfe holen...<< Wisperte ich durch die zusammengebissene Zähne, und hoffte, dass der Koch es nicht bemerken würde. Doch dieser starrte mich nur mit leeren Augen an und bewegte sich nicht. Ich konnte Taylor zögern spüren, und ich winkte ihr leicht mit der Hand, die durch das Fenster nicht zu sehen war. Dann hörte ich ein leises Geräusch und ich wusste, dass sie fort war. Und ich fürchtete, dass wenn sie wieder kommen würde, wäre ich nicht mehr da. Ich würde einer der namenlosen Streifen dort an den Wänden werden, und langsam hinunter tropfen. Ich füllte wie sich die Kälte über mein Innerstes legte, und wie ich immer tiefer in dieses milchige Nichts seiner Augen hineingezogen wurde. Mich schauderte es und ich dachte gleich würde die Erde unter meinen Füssen nachgeben und mich verschlingen. Alles was ich wollte war es dem Koch Diebstahl nachzuweisen, weil das Kantinenessen grauenhaft nach Wasser und Seife schmeckte. Und nun stand ich da in einem Alptraum aus roten Fäden und dieses Mal war nichts davon Requisite aus einem Gruselkabinett.
Wie lange es wohl her war, dass Taylor hinter mir in der Düsternis verschwand, und immer noch lag der Vorplatz ruhig und schläfrig da. Ich glaube Tom blinzelte nicht einmal, und immer noch standen wir beide unbewegt da und starrten einander an. Jeder wohl aus seinen eigenen Gründen. Ich für meinen Teil, weil ich fürchtete wenn ich auch nur für eine Sekunde den Blick von ihm riss würde die dünne Wand in seinen Augen zerfallen, und er würde sich auf mich stützen. Aber natürlich war es einem wahnsinnigen Mörder wohl egal, er würde es früher oder später sowieso tun, ungeachtet meiner törichten Gedanken. Ich schluckte und sah wie er diese kleine Bewegung auf meiner Kehle verfolgte, und wagte kaum zu atmen. Wir standen höchstens acht Schritte von einander entfernt, und nur das Fenster würde ihn für einen Augenblick aufhalten, aber ich glaubte ich würde dennoch verlieren. Ich habe ich schon mit einem riesigen Küchenmesser hantieren sehen, und wie er blitzartig durch die Küche rannte um seine Mitarbeiter vorwärts zu treiben. Nein, er wäre bei mir noch bevor ich den ersten Fuß in Richtung der Akademie setzte. Eine starke Windböe streifte das Plato und erfasste meine langen Locken, und diese wirbelten im wilden Durcheinander um meinen Kopf. Bäume rasselten, Büsche bogen sich leicht zu der trockenen Erde, und ich glaubte jemanden tuscheln zu hören, doch alles blieb still und gespenstisch. Langsam verzweifelte ich, doch waren es erst wenige Minuten vergangen, die ich hier war, und nicht Stunden wie mir schien. Ich fröstelte und verfluchte meine Haare die mir hin und wieder die Sicht in die leeren Augen des Kochs versperrten, doch dieser bewegte sich auch jetzt nicht als ich Geräusche und laute Stimmen hinter mir hörte. Ich stand auch noch unbewegt da als Menschen an mir vorbei stürmten und in die kleine Wohnung einbrachen. Ich sah wie sie Tom mit Waffen bedrohten und in immer enger umstellten. Ich sah wie Marcus sich angewidert umwandte und wie Roy Sanct die Stirn des Kocht mit dem kleinen roten Punkt seiner Waffen an der fixierte. Und wie jemand an meiner Schulter zog. Ich starrte immer noch in die trüben, seelenlosen Augen, und diese starrten zurück. Du, du bist die Nächste...schienen sie zu sagen. Und mir wurde übel. Erst als sie ihn mit dem Gesicht in den blutüberströmten Boden drückten und ich nichts mehr hinter dem Fenster sehen konnte brach die hoch wand und ich ließ die Schultern sinken. Ich senkte den Blick und betrachtete meine Hände. Als ich mich über dem Fenstersimms lehnte und ich mich mit den Haänden abstützen musste, musste ich auch in das Blut gegrifen heben. Denn lange, gänzende Streifen zogen sich üben meine Handflächen. Mit einem Satz drehte ich mich um und rannte zu dem naheliegenden Gebüsch. Zitternd hockte ich mich davor und erbrach das übelschmeckende Essen auf den Boden. Sie werden diese Erfahrung niemals vergessen...hörte ich meinen alten Lateinlehrer in meinen Gedanken rumspucken, und ich würgte. Wie ich diesen überheblichen Kauz im Augenblick hasste! Aber wieso spuckte er jetzt gerade in meiner Erinnerung herum? War es vielleicht der muffige Geruch um mich herum? Es hatte fast den ganzen Monat nicht mehr geregnet, also wieso war es hier so feucht? Und dann erinnerte ich mich an das viele Blut hinter mir in einer Wohnung, von einem Menschen den ich kannte, und ich übergab mich erneut. Man möchte meinen ich hätte gar keine Nahrung mehr in mir die hinaus wollte, doch konnte ich es nicht unterdrücken. Gebannt starrte ich in die schwarzen Blätter des Gebüschen vor mir und versuchte mich zu beruhigen. Ja, ich würde es nicht vergessen, diese Erfahrung, du trotteliger alter Esel! Zufrieden?! Schrie es in mir, doch nach Außen brachte ich keinen Ton heraus.
>>Alles klar?!<< Hörte ich Taylors Stimme hinter meinem Rücken, aber ich drehte mich nicht um. Sie war die letzte die ich gerade vertragen konnte, und so nickte ich nur. Beide hörten wir die Wachen schimpfen und fluchen, es war nicht leicht den stämmigen Koch hinaus zu bringen, wie es schien. Eigenartiger Weiße wehrte er sich nicht einmal. Teilnahmensolos lies er sich die Hände verdrehen und abführen. Doch von all dem sah ich nichts, denn vor mir stand immer noch der weiße Raum und das viele Blut, und ich würgte erneut. Ja, für diese Erfahrung habe ich wohl die Erde verlassen müssen...

>>Was deckst du, wieso er es getan hat? Ich weiß du machst dir so deine Gedanken.<< Taylor lag auf ihrem Bett und hatte die Augen geschlossen. Es war nun schon eine ganze Woche vergangen seit sie Tom in Gewahrsam nahmen. Doch von Marcus wusste ich dass es nichts neues dazu gab wieso er es getan hatte, also schwieg ich. Ich saß am Fenster und tippte mit dem Zeigefinger an die Scheibe. Aus unseren Zimmer hatten wir einen großartigen Ausblick auf den Pakht-Fluss. Auf die breite Steinbrücke und die Markstrasse. Zwei bis drei Stockige Gebäude zierten den Platz und neigten ihre alten Häupter als ob sie sehen wollte was dort in den Buden vor sich ging. Ich mochte die steinernen Häuser und ihr graues Gemüht. Doch Heute schaute ich nur auf das Wasser und runzelte die Stirn. Draußen regnete es nun seit drei Tagen unaufhörlich und das Wasser wirkte trüb und unheilbringend. An dem Akademiegebäude wurde es in einen mächtigen Kanal umgeleitet. So konnte ich in die Wellen greifen, wenn ich mich nur weit genug aus dem Fenster lehnen würde. Und da wir sowieso Hausarrest hatten, vertrieb ich mir die Zeit damit die bunten Blätter auf der Wasseroberfläche zu verfolgen.
>>Hörst du mir überhaupt zu. Oder ist das Genie zu schade dafür um mit jemanden Gewöhnlichen zu reden.<< Ihre Stimme jagte mir einen Schauder über den Rücken, oder war es doch nur der mächtige Fluss, dessen Wellen gegen die Steinmauern des Kanals drückten.
>>Was kann ich dafür, dass ich gewonnen hatte. Einige von uns können nun mal etwas besonders gut, ohne darauf zu achten was die anderen sagen, Taylor. Also hör auf mir zu unterstellen dass dich in irgendeiner Art provozieren würde, das stimmt nicht. Mir ist nur nicht nach reden zumute, das ist alles. Es gibt solche Menschen, weißt du, die einfach keine Lust zu reden haben.<< Vor fast fünf Jahren hatte ich in New York einen internationalen Wettbewerb in Mathematik gewonnen. Seit dieser blöden Olympiade trieften die Zeitungen davon wie unglaublich toll ich war. Für mich änderte sich nichts. Ich mochte einfach das was ich tat, ich löste einfach gerne Gleichungen und lernte gerne Sprachen. Ohne jemanden beeindrucken zu wollen, nur um nicht darüber denken zu müssen wie ätzend mein Leben doch war. Ich gehörte wohl einfach zu dieser Minderheit, die ihre Hausaufgaben gerne machte, und gerne Bücher las. Du meine Güte, ein Verbrechen an der Natur, hängt mich auf! Und vor ihr würde ich mich jetzt nicht rechtfertigen, solle sie doch weiter Gift und Galle spucken! Nicht nur dass wir alle Projekte hier gemeinsam meistern mussten, so musste ich auch noch ein Zimmer mit dieser Giftspuckerin teilen! Womit hatte ich es bloß verdient?! Und nicht nur, dass sie nach diesem fürchterlichen Vorfall nicht nur nicht netter zu mir geworden ist. Möchte man nach diesem Schreck doch wollen, dass man wenigstens für eine Weile keine doofen Fragen zu beantworten braucht. Aber nein, sie ist nur noch stinkiger geworden, wenn so etwas überhaupt möglich sein konnte. Nun betrachtete sie mich entgültig wie einen Marsmenschen. Als sie mich wohl da stehen sah, wie ich diesen Mörder mit den Augen fixierte, war ich bei ihr total unten durch. Nun war ich einfach nur Übergeschnappt für sie , aber damit konnte ich problemlos leben. Ich drückte meine Stirn gegen das Glas und es vibrierte leicht.
>>Das wasser steigt immer höher.<< Sagte ich mehr zu mir selbst und hörte es hinter mir rasseln. Taylor stellte sich neben mir und schaute übelgelaunt aus dem Fenster in die dunkle Brühe.
>>Das kommt öfters vor, wenn es regnet.<<
Ich schwieg.
>>Manchmal wird auch der Boden danach zum Matsch, weißt du.<<
Ich schwieg immer noch, aber es wurde mit jeder Sekunde schwieriger.
Es klopfte und ich seufzte erleichtert auf. Mick Frya, ein Schwede drückte sein hellen Lockenkopf durch die Tür und seine Augen glänzten erheitert. >>Wieder am streiten, was.<< Und er zwinkerte spitzbübisch. Auf der Erde hätte ich ihn sogar als recht ansehnlich bezeichnet, mit seinem dunklen Teint und den grünen Augen. Aber hier wirkte er blas und geisterhaft, unter den Einheimischen. Es würde mich nicht überraschen wenn die Mauken seine Kleidung berühren würden wollen oder seine Locken, als Glücksbringer, wie es die Dunkelhäutige Bevölkerung in Afrika mit den blonden Europäer machte. Aber die Mauken waren sowieso anders als die Menschen die ich kannte. Verschlossen waren ihre Mienen, resigniert war ihre Körperhaltung, düster ihre Gedanken, wenn sie uns sahen. Manchmal stellte sich sogar meine Nackenhaare auf, wenn ich auf dem Markt an einer Familie vorbei ging, sogar die Kinderr schienen uns zu hassen, ohne recht zu wissen wieso.
>>Wir tauschen die Meinungen, aber was geht dich das an.<< Schaltete sich Taylor ein.
>>Der Direktor will euch beide Sprechen.<< Und er grinste.
Na wunderbar! Als ob die vier Stunden Verhör nicht gereicht hatten, wo wir alles Schrittweiße erörtern mussten, was wie an dem Tag so alles getan hatten, seit wir die Augen aufgemacht hatten, Toilettenpausen einbegriffen. Doch alles brachte nichts. Wir wussten nicht wieso der Koch so ausgerastet war, und er selbst schwieg behaglich. Wenn wir früher wenigstens in einer Gruppe auf den Markt von Makesh gehen konnten, so durften wir nach diesem Vorfall die Akademie nicht verlassen. Und jetzt wollte uns auch noch der Professor sprechen. Wir tauschten vielsagende Blicke mit Taylor und gingen hinaus. Wann würde das Schiff hier eintreffen um uns zu der Erde zurück zu schicken?! Ich seufzte. Ja, für Ärger sorgen konnte ich schon immer gut. Oder sich in welches zu verwickeln.Wieder seufzte ich unglücklich. Das Direktorium wie wir Studenten das Büro des Direktors nannten sah hell und geräumig aus, trotz des Wolkenhimmels aus dem großen Fenster. Er selbst ein älterer Herr, Professor für Theologie und Soziologie. Ich schmunzelte, ich fragte mich jedes Mal wieso die meisten Professoren hier gerne mit ihren Doppeltiteln angesprochen wurden, schon die Tatsache, dass diese immer im Doppel waren fand ich lustig. Eitle Menschen waren keine Mangelware, sogar außerhalb der Erde. Aus den Augenwinkeln sah ich jemanden der mich unverholt zu mustern schien und ich zog fragend eine Augenbraue. Dr. Hannes stand an dem Schreibtisch des Direktors und winkte uns freundlich und etwas zu aufgeregt für meinen Geschmack, herein. Und als die Tür hinter uns eine leisen Wusch machte, wurde mir unbehaglich. Denn ich starrte direkt in die blausten blauen Augen, die jemals in meinem Leben gesehen hatte. Seine schwarzen Haare waren kurz geschnitten und lagen etwas in seiner ruhigen Stirn. Er hatte eine schwarze Tunika an die ihm bis zu Knöcheln ging, und war an Säumen und Mangelten mit silbernen Faden bestickt. Er überragte Dr. Hannes um einen ganzen Kopf, und dieser überragte mich fast um ein Halbes. Also reichte ich dem fremden gerade bis zu der Schulter. Er sah auch furchterregend aus, wie eine düstere Felswand in der Brandung, ich blieb vor Taylor stehen und diese musste sich an mir vorbeidrängeln. Ich wusste nicht recht ob ich seine Erscheinung bewundern sollte, oder fürchten. Auf eine seltsame Weiße Grotesk und Angsteinflössend. Doch erst Direktors Worte ließen mir das Blut in den Adern gefrieren.
>>Meine Teuersten, dies ist Kieran Anubakk, Sohn des Tapek, er wird ab Heute einer unserer Studenten an der Akadenie. Dies sind Miss Taylor Hannes eine außergewöhnlich gute Biologiestudentin. Und Miss Alice Ganner, sie wird Euch in unserer Sprache unterstützen, und Ihr sie in der eurer.<< Seine Stimme brach ab.
Ich neigte nur sprachlos den Kopf zur Seite und der Mauke kniff die Augen zusammen. Er lies mich keine Sekunde aus seinem Blickfeld. Und ich holte tief Luft. Na, dass nenne ich Austauschstudent mal anders, spuckte es mir durch den Kopf.
>>Ich freue mich dich kennen zu lernen.<< Stammelte ich vor mich her, und konnte nicht entscheiden ob ich ihm jetzt die Hand reichen sollte wie es bei uns üblich war. Doch dann dachte ich mir wie dämlich es wäre einen Mauken berühren zu wollen, dies war bei ihnen anscheinend eine Todsünde, und ich verlagerte lediglich mein Gewicht von einem Bein auf das andere. Es herrschte Ruhe, wie sie nicht einmal auf einem Friedhof sein würde. Man, was gingen mir da eigentlich für seltsame Gedanken durch den Kopf. Und ich zuckte leicht zusammen, als seine Augen unglaublich dunkel und tief wurden, als ob es nach irgendetwas in mir suchte was ich nicht sehen konnte.
>>Das „A“ ist der schwächste Laut in unserer Sprache, und er passt.<< Mit diesen Worten neigte er wiederwillig den Kopf Richtung des Schreibtisches und ging an und vorbei. Seine ganze Haltung zeigte Widerwillen und Abscheu. Doch wieso war er dann hier, dachte ich irritiert. Und erst langsam dämmerten mir seine seltsamen Worte durch den Kopf. Das „A“ war für die Mauken ein Zeichen der Schwäche?! Das war mir neu, aber aufregend. Und erst als ich begriffen hatte, dass es sich auf meinen Namen bezog, runzelte ich die Stirn. Alice klang also schwach...Na und, das brauchte mir keiner zu sagen!




Fortsetzung folgt...

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 13.05.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Mir selbst widme ich dieses Buch, meiner Sehnsucht, meiner Hoffnung...

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