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Ich rannte und rannte. Ich rannte so schnell ich konnte. Und während ich so um mein Leben ring, dachte ich noch einmal nach, was geschah …



Ich war allein unter den Wesen, die meine Welt besetzten, war der einzige Mensch unter ihnen. Aber ich durfte nicht auffallen. Ich musste so aussehen wie sie. Mich so benehmen wie sie, sonst war ich tot.

Vor zwei Jahren war alles noch so friedlich und ich lebte glücklich mit meiner Familie zusammen. Einmal in der Woche trafen wir uns alle zum Kaffee. Oma, Opa, Tanten, Onkel, Cousinen, Cousins. Und ich mit meiner Familie: meine kleine Schwester Annika, mein Vater, der leider viel zu selten daheim war, meine Mom, die uns sehr liebte, und ich.
Im Großen und Ganzen waren wir alle eine sehr glückliche Familie.
Bis jetzt…aber dann änderte sich alles …

Mom und ich saßen gerade zu Hause auf dem Sofa und hörten meiner kleinen Schwester zu, wie sie von ihrem ersten Schultag berichtete, als unser Vater endlich Heim kam. Aber er war irgendwie merkwürdig … So anders als sonst.
Gemein, schlecht drauf und als ich ihn fragte, was los sei, gab er mir eine Ohrfeige. Er schien es sofort zu bereuen. Aber nicht, das er mich geschlagen hatte, sondern, das er mich berührt hatte. Er schien sich vor mir und den anderen zu … ekeln.

Ein paar Tage später waren Oma und Onkel Jebbo ebenfalls so komisch zu sein wie mein Vater.

Es wurde immer merkwürdiger. Jeden neuen Tag verschwanden Menschen und kehrten den nächsten Tag so merkwürdig zurück. Hasserfüllt, angeekelt und wütend.
Meine gesamte Familie und mein Freundeskreis wurden „befallen“. Eigentlich jeder, den ich kannte … Alle bis auf mich. Ich hatte Angst, vor diesen Leuten, die nicht mehr sie selbst waren, deshalb versteckte ich mich vor ihnen. Was würden sie mit mir machen, wenn sie mich fänden? Würde ich so werden wie sie? Oder würden sie mich umbringen?
Was war mir lieber?


Ich hatte mich geirrt: es gab außer mir doch noch einen Menschen. Wir trafen uns zufällig, als ich in ein Haus eindrang, um mir etwas zu essen zu besorgen. Im dunkeln stießen wir aneinander. Ich wusste sofort, das er ein Mensch war. Nennt es Intuition…
Jedenfalls verbrachten wir ein paar Tage miteinander. Ich war sehr froh, nicht allein zu sein auf dieser Welt. Wir lagen gerade auf hartem Steinboden in einer Höhle, die wir uns für die Nacht gesucht hatten, als wir Stimmen hörten. Und sie kamen eindeutig näher. Geschockt sahen wir uns erst an und rannten in den nächstbesten Höhlengang. Leider waren die Wesen schon in der Höhle und sahen uns fliehen.
Sie schnappten meinen Freund sofort. Ich hörte seine verzweifelten und schmerzerfüllten Schreie. Dann war er still und ich hörte, wie sie ihn wegbrachten.

Die nächsten Wochen streifte ich traurig umher ohne irgendeinem bestimmtem Ziel. In diesen Wochen wäre es mir egal gewesen, wenn sie mich gefunden hätten. Aber sie fanden mich nicht. Natürlich wussten sie inzwischen von meiner Existenz aber ich versteckte mich seit dem Tod von meinem Freund im Wald. Dort gab es viele gute Verstecke.

Aber irgendwann fanden sie mich doch.
Ich schlich gerade aus dem Wald, weil ich seit über einer Woche nichts gegessen hatte. Ich musste wieder in ein Haus einbrechen.
Gerade, als ich aus dem Wald kam, entdeckte mich eines der Wesen.


Ich rannte zwar, so schnell mich meine Füße tragen konnten, aber ich wusste nicht, wie lange ich dieses Tempo noch aushielt.
Das Wesen kam immer näher. Es holte mich fast ein. Wir waren schon beinahe im Wald und das war ein Hoffnungsschimmer für mich, denn ich kannte mich im Wald blind aus. Ich rannte schneller, da die Hoffnung aufs Überleben mich anspornte.
Da sich das Wesen nicht so gut auskannte, wie ich, stürzte und stolperte es ständig und das gab mir einen Vorsprung. Das Wesen war schon gar nicht mehr in Sicht – das spornte mich weiter an und mir kam eine Idee.
Ich rannte auf eine Schlucht zu. Und sprang.
Das Wesen nahm an, dass ich tot war und ging. Was das Wesen aber nicht wusste, war, das sich unter dem Felsvorsprung eine niedrige Höhle befand, in die man hineinkriechen konnte.
Ich war froh, dass ich das Wesen abgehängt hatte, kroch aber trotzdem tiefer in die Höhle hinein. So tief, dass ich schon gar nichts mehr sah. Und genau das war mein Fehler.
Anscheinend hatte ich das Wesen doch nicht angehängt und es kannte sich im Wald besser aus, als gedacht …

Die Vögel wurden aufgescheucht. Sie hatten meinen verzweifelten Kampf ums Überleben gehört und flogen aufgeregt krähend davon …


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Tag der Veröffentlichung: 30.10.2010

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