Cover

Kapitel 1




„Och, komm schon. Tu´s für mich.“ Bettelnd sah ich meine allerbeste Freundin Jasmin an. „Lass mich einmal an deine Haare und du wirst heute traumhaft aussehen. Denk an all die süßen Jungs, die dich dann beachten würden!“ Ich wackelte mit den Augenbrauen. Sie schüttelte den Kopf. „Wenn sie mich nicht so mögen, wie ich bin, kannst du sie sowieso vergessen.“ Ich stand auf und betrachtete mein Spiegelbild. Gut, es war nicht perfekt, aber ich war partymäßig angezogen. Während Jas darauf bestand, in Jeans zu gehen, hatte ich mich für einen schwarzen Tüllrock und einen pinkschwarzgestreiftes T-shirt entschieden. Ich seufzte resigniert und öffnete die Tür. „Da ich dich ja sowieso nicht zu etwas hübscherem als Jeans und T-shirt überreden kann, gebe ich es auf. Lass uns gehen, bevor mich mein Vater so sieht und ich doch dieses superspießige Kleid anziehen muss, dass meiner Mutter den Ruf rettet.“ Ich verdrehte die Augen. Meine Eltern waren reich und hatten einen tadellosen Ruf gehabt, bis ich entschieden hatte, mein Zimmer schwarz einzurichten, nur noch laute Rockmusik zuhören und auf eine normale Schule zugehen. Seit dem versuchte meine Mutter mich wieder in das süße Mädchen zu verwandeln, dass ich gewesen war. Ohne Erfolg. Die Zeit lässt sich eben nicht zurück drehen. Das hatte ich oft genug versucht. Auf der Highschool hatte ich auch Jasmin kennengelernt. Ein ganz normales Mädchen, welches versucht so wenig wie möglich aufzufallen. Also mein direktes Gegenteil. Sie war ungewöhnlich gutherzig und sah in allen immer nur das Beste, während ich allen Menschen erst einmal mit einem gesunden Misstrauen begegnete. Trotzdem waren wir die besten Freundinnen. Wir teilten die Liebe zu Büchern und Geschichten, in denen alles immer gut ausging. Während ich viel lieber Fantasyromane und Horrorgeschichten las, fand Jas an den Geschichten aus dem echten Leben mehr Freude. 

Wir schlichen uns aus der Hintertür, um Ray zu überlisten. Er war mein „Babysitter“. Was soviel hieß, wie: "Ich halte dich von allem ab, das Spaß macht." Der Typ war riesig, also hatte ich in Sachen Überwältigung keine Chance. Im Gegensatz zu seinem Körper waren seine Gesichtszüge seltsam fein und geradezu schön. Er war weder besonders helle noch irgendwie nett oder auch nur höflich. Ich konnte ihn nicht leiden und meine Eltern eigentlich auch nicht. Allerdings hatten sie in der ganzen Zeit nach meinem „Wandel“ mitbekommen, was passierte, wenn man mir die Freiheit ließ, allein auszugehen.
Als wir durch das große Eingangstor gekommen waren, ohne das irgendwer etwas mitbekommen hatte, stieß ich erleichtert die angehaltene Luft aus und raunte: „Wenn ich genauso gut wieder rein komme, wie raus, mach ich drei Kreuze.“ Jasmin sah mich verwirrt an. „Häääää? Drei Kreuze machen? Wieso?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Kein Plan. Sagt man irgendwie so.“

Kapitel 2


Die Party stieg bei Hally. Sie war verrückt, überdreht und immer gut drauf. Was aber am wichtigsten war, ihre Partys waren der Hammer. Wenn sie verkündete, dass sie wieder eine plante, hielt sich die gesamte Schule diesen Tag frei. Es passierte höchst selten, dass ich Jasmin dazu überreden konnte, mit zu kommen. Sie hielt nichts von diesen In-Partys. Ich eigentlich auch nicht so wirklich, aber wenn das hieß, dass ich ein paar Stunden mehr Freiheit genießen konnte, nahm ich sogar die Kotze und den Alkoholgestank in Kauf.
Die einzige Fete, die Jas jedes Jahr um Weihnachten konstant besuchte, war die ihres Schachklubs. Der Spaß bestand darin, das zu tun was sie schon das ganze restliche Jahr taten: Schach zu spielen. Doch nur an diesem einen Tag im Jahr konnten sie die ganze Nacht durchmachen, ohne das besorgte Eltern anriefen. Jetzt war gerade mal Mai. Wie oft hatte ich versucht, Jas dazu zu überreden, sich mal ein bisschen mehr Spaß zu gönnen, aber dazu war sie noch nicht mal in den Sommerferien zu überreden. Es war also eine Ausnahme, dass sie mitkam. 

Das Taxi hatte kaum vor Hallys Riesenvilla gehalten, als sie die Tür aufriss und anfing zu kreischen. „Oh mein Gott, Cora, wie hast du´s geschafft, Jasmin dazu zu bewegen, mitzukommen?“ Gleich darauf stieß sie einen entsetzten Seufzer aus. „Jasmin Falcone, wie kannst du es wagen, hier in Jeans aufzukreuzen?!“ Sie zog Jas aus dem Auto und schleifte sie ins Haus.
Während Hally damit beschäftigt war, Jas so herzurichten, wie es sich ihrer Meinung nach für eine Geburtstagsparty gehörte, also flippig farbenfroh und ausgefallen, ging ich schon mal in die riesige Halle, wo das ganze statt finden sollte. 
Ich sah mich um.Die Party hatte noch nicht begonnen, aber ein paar Leute waren schon da. Kaitlyn, aus meinem Jahrgang und Samy, einer der Footballer. „Suchst du wen?“ Ich schloss die Augen und versuchte, meine Nervosität zu unterdrücken. Na toll, den hatte ich wohl übersehen. Während ich mich umdrehte, setzte ich ein Lächeln auf. „Julien. Wie schön dich zu sehen.“ Sarkasmus lässt grüßen. Julien war DER Star an der Highschool. Er war der Traumprinz eines jeden Mädchens auf meiner Schule. Nur mir blieb nicht das Herz stehen, wenn ich ihn sah, zumindest nicht vor Liebe. Nein, ich war nervös, weil ich ihn schon gekannt hatte, als wir beide noch in die Windeln machten. Ich hatte Angst, dass er mich erkannte. Nicht, dass das besonders wahrscheinlich wäre, seit wir uns aus den Augen verloren hatten, hatte ich eine neue Haarfarbe, leuchtend grüne Kontaktlinsen und Busen bekommen. Von letzterem allerdings nicht sonderlich viel. In der Schule wusste niemand meinen vollen richtigen Namen, daruf hatten meine Eltern aus "Sicherheitsgründen" bestanden. Ehrlich gesagt war ich darüber selbst ganz froh. Sonst müsste ich mich mit den ganzen Heuchlern herumschlagen, die nur mit an meinem Tisch in der Mensa sitzen wöllten, weil ich um einige Milionen reicher war als sie. Und falls Julien mich jemals erkannte, würde genau das passieren. Das durfte ich nicht zulassen. Deswegen versuchte ich ihm aus dem Weg zu gehen. Irgendwie. Nur schien es trotz allem nicht zu klappen. Ich mein, ich verbrachte mittlerweile schon meine Mittagspause mit Jas´Schachclub.
„Hallo? Erde an Cora! Ich habe dich was gefragt!!!!“ Ich schreckte auf. „Was?“ Julien sah mich verächtlich an. „Ob du wen suchst.“ Ich verzog den Mund und fauchte: „Was geht´s dich an? Was willst du eigentlich die ganze Zeit von mir? Verletzt es dein Ego, weil ich dir nicht zu Füßen liege, wie all die anderen, Lord?! Boah!“ Jetzt gings mir gleich besser. Ich drehte mich mit einem Schwung um und wollte aufs Büfett zugehen, da kam mir der Boden entgegen. Bevor ich aufprallte, hielt mich jemand fest und verhinderte meine Bekanntschaft mit dem pingelig sauber geputztem Parkett.

Kapitel 3


Als ich wieder aufrecht stand und mich umgedreht hatte, war eine wirklich riesige Nase in meinem Blickfeld. Mein Blick glitt weiter hoch und ich sah zwei belustigt-besorgte lila Augen. Moment, lila? Wieso lila? Noch weiter oben waren Stähnen schwarz gefärbten Haares. ich trat einen schritt zurück und betrachtete den Jungen ganz. Schwarze Bikerboots, schwarze Röhrenjeans, schwarzes T-shirt und Lederjacke, schwarzgefärbtes Haar. Ein Gothic. Ohne Zweifel. Nicht, dass ich was dagegen hatte, ich hatte mir selbst ein bisschen von dem Stil abgekuckt. Schließlich waren meine Harre ebenfalls schwarz gefärbt. Und ich LIEBTE meine Doc Martens. 
Was mich aber wunderte, war, dass er, obwohl er eigentlich nicht hübsch war, eine extreme Anziehungskraft auf mich ausübte. Vielleicht gerade deswegen. Ich war immer von Leuten umgeben, die total darauf fixiert waren, dass sie das Aussehen hatten, dass alle mochten. Sie alle hätten sich die Nase richten lassen, sähe sie so aus wie seine. 

"Fall nicht." Ich riss mich von seinem Haar los und sah ihn spöttisch an. "Bisschen spät, was?" Er lachte und sagte: "Ein einfaches >>Danke<< hätte gereicht." Ich wurde rot. Mein Gott, er hatte recht. "Danke", murmelte ich.
"Ich bin übrigens Niklas", er hielt mir seine Hand hin. Ich schlug ein. "Cora." Als er lächelte, konnte ich erkennen, was für wunderbare Zähne er hatte.

"Cora? Wo warst du? Ich hab dich schon überall gesucht! Du weißt doch, dass ich auf Parties nicht alleine klarkomme." Jas sah mich vorwurfsvoll an. "Du hast mich einfach der Willkür von Hally Anderson überlassen. Kuck mich doch an, sieh, was sie aus mir gemacht hat!" Und ich kuckte sie an. Sie trug schwarze enge Jeans und ein Blutrotes asymmetrisches Oberteil, welches ihre schlanke Figur wunderbar betonte. "Wow, Jas! Du siehst toll aus!!" Sie funkelte mich an. Ich konnte sie einfach nicht verstehen. Ihre Kleidung war weder besonders weit ausgeschnitten noch trug sie eine ultra kurzen Rock oder Latexhosen.
"Ich muss Cora zustimmen." Ach, Mist, Niklas hatte ich ja total vergesssen. Jas sah mich irritiert an. "Cora, wer ist das?"
Ich schluckte und meinte: "Jas, das ist Niklas. Er hat mir geholfen, als ich gerade auf die Fresse geflogen bin. Niklas, das ist Jas, meine allerbeste Freundin."

.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 02.02.2012

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /