“Schläfst Du schon?”
Deine Stimme am Telefon geht mir unter die Haut. Wieder mal oder noch immer, aber das spielt auch keine Rolle, da ich schon bei deinen ersten Worten weiß, dass es mich Mühe kosten wird deiner Distanz gerecht zu werden.
Ganz egal woran ich gerade denke, am Ende denk ich immer nur an dich.
Ich kann mich noch genau an unsere erste Begegnung erinnern. So als wäre es gestern gewesen. Aber die Zeit läuft einfach weiter und es gibt nichts, was sie aufhalten könnte.
Wir sind uns damals über den Weg gelaufen und waren nicht darauf vorbereitet.
Wozu auch, Dinge passieren, ohne dass man selbst am Rädchen drehen kann, um so die Beeinflussung in den Händen zu halten.
Von mir habe ich dir nie viel erzählt. Wozu auch, es war die Konsequenz daraus, dass du nie danach gefragt hast und du gabst mir letztendlich damit das Argument an die Hand, hinter dem ich mich verstecken konnte.
Trotzdem konnten wir reden, fast bis in die tiefsten Tiefen unserer dunkelsten Seiten und manchmal war ich verwundert, dass Du es vermochtest mich zu durchschauen, da wo ich mich selbst nicht kannte, oder mich bewusst unbewusst gab, wie ich nie sein wollte oder konnte. Ja, durchschaut hast du mich von Anfang an und ich konnte es nicht verhindern.
Trotzdem habe ich mich vor dir nackt hingestellt und wusste doch gleichzeitig, dass es nicht richtig war.
Im Nachhinein betrachtet, denke ich, es war die Verzweiflung, die uns aneinander gefesselt hat und mein unbändiger Stolz, der immer wieder versucht hat zu lösen, weil mir deine Freiheit wichtig war. Viel wichtiger als meine Tristesse beim Fortgehen.
In unserem Nonkonformismus waren wir uns ähnlich und doch trennte er uns, weil unser gegen den Strom in unterschiedliche Richtung ging und doch bewirkten wir Fortschritt und Wandel allein in unserem Kopf.
Unsere Reformation war die kognitive Abrüstung zugunsten intuitiver Entfaltung und so genossen wir den Rausch der Leidenschaft in aller Leichtigkeit, ohne in unserem Wissen und Gewissen zu ersticken.
Wir wussten beide, je mehr wir unser Leben reglementieren, desto berechenbarer wird es, und desto mehr geht die Lebendigkeit verloren. Damit hielten wir uns aneinander fest, so gut es ging und so weit unsere Ratio uns ließ.
Mit deinem Atem im Nacken, dachte ich an Wilde und seine Exzentrik: “Reizvoll ist nur die Ungewissheit. Der Nebel macht die Dinge zauberhaft.”
Du sagtest mir, dass mein erster Kuss bitter geschmeckt hätte und gabst mir Zucker, den ich wohl niemals aß.
Dafür habe ich im Garten nach deinen Träumen gesucht, die du schon lange vorher dort vergraben hattest. Gefunden habe ich sie nicht. Dafür habe ich meine für mich behalten und wäre manches Mal fast daran erstickt.
Du warst so viel weiter als ich und als ich dich fragte, “wer bin ich für dich?”, konnte es keine andere Antwort geben von dir, als: “du bist wie immer der Narr.”
Ich hab dir nie von meinen schlaflosen Nächten erzählt, hätte nur gerne gewusst ob das jemals aufhört. Und dann kamen sie wieder diese Stimmen, die mich ins Fegefeuer meiner Schuld riefen und mir sagten, dass es dir besser ohne mich geht.
Wusstest du eigentlich, dass ich Heiterkeit simulieren kann, vor allem dann, wenn mir eher nach Weinen ist?
Ich glaube wir haben viel zusammen gelacht.
Und es gab einen Moment, da standen wir da oben auf dieser Klippe und unter uns konnte man den Nebel sehen, der sich über dem tosenden Meer erhob.
Ich spürte dich so nah hinter mir, dass sogar meine Angst vor der Tiefe verflog.
Mit deinem Atem im Nacken hätte ich für einen Augenblick den Sprung gewagt, aber in deinen Augen sah ich die Grenzen, die auch wir mit vereinter Kraft nicht verschieben konnten.
An Wunder hab ich noch nie geglaubt nur daran, dass wir wenigstens eine Chance hatten und sie so gut es ging hätten nutzen können.
Als ich ging, tat ich es mit dem Wissen, dass du mich nicht aufhalten würdest.
Die Schatten waren zu lang, und selbst mit Anlauf wäre der Sprung darüber nicht gelungen.
Für uns hat es nicht gereicht und doch war nichts umsonst.
Und mein Gehen war das was ich dir noch geben konnte.
Ich hab dir nie erzählt, dass du mir fehlen wirst. Wozu auch?
Und jetzt am Telefon erzählen wir uns, wie gut alles ist. Du redest von dir und deinem Leben und ich erinnere mich einfach nur.
Ich höre den Regen als Symphonie und mir ist kalt.
Mein Maske verrutscht ein wenig und ich hoffe, dass du es nicht bemerkst., denn du hast mich gerne lachen gehört und ich ein wenig mehr Halt gesucht.
Meinen letzten Traum verrate ich dir nicht. Wozu auch? Es würde nichts ändern.
Ich wünsch dir so viel und alles ist gut.
Tag der Veröffentlichung: 20.10.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Schweige bitte
bleib einfach stumm
er muss ja nicht wissen,
dass ich noch oft an ihn denk.
Lass mich einfach stärker sein
als jedes Gefühl
hab diesen Wahnsinn Liebe genannt
mich in diesem Feuer selbst verbrannt.
Für dich hätte ich den Horizont gesucht
im freien Fall meine Angst besiegt
trotz Scherben noch getanzt.
Ich muss jetzt weiter
mit meinen Gedanken
an Dich in mir.
mein letztes Geschenk,
ich wünsch Dir Glück.