Es war nur ein Tanz der Gefühle, einfühlsam führend und hingebungsvoll fallenlassend bis zum letzten Schritt im gemeinsamen Takt. Der Melodie im Einklang folgten ihre Schritte bis hin zum Flug in diese alles überwindende Schwerelosigkeit in der Faszination des Miteinanders.
Sie haben nur getanzt.
Lange Zeit noch habe ich dein Gesicht noch vor mir gesehen. Es wollte einfach nicht verschwinden, genau wie dein Duft oder die Berührung deiner Hand.
Vielleicht war es auch so, dass ich einfach leiden wollte, nicht zulassend, dass die Schatten der Vergangenheit verschwinden.
Es geschah immer von allein, dass eine Hand die Wunde berührte, sie immer wieder aufgehen ließ .
Trotzdem wusste ich, dass es einfach dazu gehörte, sich dem Schmerz hinzugeben, ihn auszuleben, um nicht daran zu ersticken.
Vielleicht wäre es besser gewesen, Wut zu empfinden oder einfach leichter auf Liebe auch dem Hass einen Platz einzuräumen.
Aber dies war kein Weg für mich, wozu auch, es hätte dich nicht treffen können, sondern nur meine Wunden noch vergrößert.
Denn wenn einmal dieses süße Gift sich in der inneren Umlaufbahn befindet, konnte kein Gegenmittel die Rettung bedeuten.
Nach so langer Zeit standst Du einfach vor mir. Nur eine flüchtige Begegnung, doch ein Hauch, der mich berührte.
Du warst der Tänzer, der mich den Tanz des Lebens lehrte.
Der stets nur führte, und dem ich die Macht gewährte mich zu führen.
Damals, als alles anfing, war es der langsame Walzer.
Alles war so weich, langsam und schwingend ausgedrückt in Harmonie und Zärtlichkeit. Es war der Tanz unserer Herzen, getanzt mit Hingabe bis zum Verschmelzen.
Fließend ging es dann zum Slowfox, raumgreifend mit sanften Wellen, die sie umgaben. Wir schwammen durch den Raum der Zeit im kontinuierlichen Bewegungsfluss ohne Stillstand und Rückwärtsgang.
Die Gezeiten beflügelten uns und die glühende Lava bahnte sich bereits ihren Weg.
Prickelnd wurde es dann beim Quickstep. Das Leben war für kurze Zeit fun und easy. Alles war so leicht schwebend und in meinem Gesicht umspiegelte immer wieder ein Lächeln, wenn ich deine Berührungen spürte.
Lachend überzog der Genuß unsere Sinne und mit jeder Berührung wuchs das Begehren bereits unermeßlich.
Besonders glücklich war ich dann beim Cha-Cha-Cha.
Es war eine Zeit der Ausgelassenheit und Fröhlichkeit. Manches mal waren wir albern wie kleine Kinder und wir hatten das Gefühl, als würde uns die ganze Welt gehören. Ich spürte wie deine Kraft in mich einfloß und sie wachsen ließ. Wir liebten das Leben und vor allem die Nacht, wo der Mond zum Liebesrausch sein strahlendes Licht uns schenkte.
Heiß wurde es beim Salsa. Hier offenbarten wir beide unsere eigene Art zu lieben, zu hassen, zu fühlen, die alltägliche Existenz zu leben, ohne Schutz zu sein, voll von Sonne, Wind und Meer, einem Horizont und einem weiten Himmel, herrlich blau, der uns einhüllte mit der ganzen wahrhaftigsten Hoffnung.
Unsere Gegensätzlichkeit zeigte sich dann im Tango Argentino: männlich und weiblich, weich und hart, aggressiv und sentimental.
Es kam die ganze Melancholie und Wehmut zum Ausdruck, so wie es schon Enrique Santos Discépolo treffend formulierte: “Tango ist ein trauriger Gedanke, den man tanzen kann.”
Auch wenn die Erotik zwischen uns noch vor Spannung knisterte, war der Tod bereits schon zu spüren.
Ich spürte es bei diesem Tanz, wie du dich entferntest , diesem gemeinsamen Schritt im Gleichklang nichts mehr abgewinnen konntest.
Die Harmonie schwand immer mehr und die Traurigkeit wuchs.
Es war ein letzter Kampf, weil ich noch nicht glauben wollte, schon längst verloren zu haben.
Mit etwas Hoffnung, weil ich selbst noch geben wollte, tanzte wir noch einen Bolero. Die Fröhlichkeit war längst der Schwermut gewichen.
Mit jedem Takt entferntest du dich immer mehr. Jede Bewegung war nur noch schwerfällig ohne Fluß und Hingabe.
Den letzten Blues gab ich dir als Geschenk. Noch einmal klammerte ich mich an schönere Gedanken , nur um dir noch ein letztes Mal nah zu sein und um mich für einen kurzen Moment anzulehnen.
Es war ein leises Ende ohne großartigen Schlussakkord.
Die letzte leise Melodie hatte ich nun im Ohr, als ich dir gegenüberstand. Ich summte sie leise mit und spürte doch gleichzeitig, dass wir niemals wieder den gleichen Takt finden würden.
Nur einmal noch werde ich heute durch die Nacht fahren um kurz vor der Abfahrt zum letzten Horizont anzuhalten. Dort werde ich barfuß auf heißen Kohlen tanzen und heimlich Hexagramme am Nachthimmel zeichnen, hinter denen ich mich verstecken kann.
In Gedanken werde ich bei der letzten Schlacht sein und bin mir sicher, dass wir uns wacker zärtlich geschlagen haben.
Beim letzten song hab ich zu viel geredet und sonst zu wenig. Und der Himmel hat sich langsam gedreht.
Wir haben uns immer geliebt als gäbe es keinen Morgen mehr und dabei haben wir wohl irgendwann den Himmel verpaßt.
Dance me to the end of love.
Tag der Veröffentlichung: 13.10.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Ich hab in dieser Nacht getanzt, gelacht und geweint vor Glück und mich im Danach heimlich
nach dir gesehnt.