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Morgen war ihr Geburtstag.
Gerne dachte er nicht daran, obwohl sie es verdient hätte, wenigstens für einen kurzen Moment die gebührende Aufmerksamkeit zu erhalten.
Schon lange vorher war sie immer aufgeregt wie ein kleines Kind. Sie sprach es zwar nie direkt an, aber er spürte diese Unruhe eingepackt in freudiger Voraussicht.
Nur war es gerade diese Erwartungsfreudigkeit, die seinen Unmut herausforderte, denn sie stand im Kontrast zu ihrer doch stets betonten Wunschlosigkeit.
Er hasste diese Verpflichtungen, die schon alleine aus einer Vorgabe zum Muss wurden.

Sie gehörte zu einer Sorte Frau, die gerne schenkten und einen dann mit großen Augen ganz freudig und erwartungsvoll ansahen, schon wenn man die Schleife schnell vom Geschenk abstreifte um diesen Moment nicht unnötig zu verlängern.
Dabei war es reine Geldverschwendung, denn Papier und anderer Firlefanz landeten eh im Müll, der Wertlosigkeit anheimgegeben.
Dabei wäre alles so einfach, ohne jegliche Gedankenverschwendung.
Geld in einen Umschlag gesteckt, dazu noch eine liebevolle Umarmung und das Tagesgeschehen könnte zur Zufriedenheit weitergehen.


Vielleicht einen bunten Strauss Blumen noch dabei, die Blumenhändlerin hat bestimmt einen guten Geschmack, um bei der Auswahl entsprechend behilflich zu sein.
Alleine bei diesem Gedanken sah er aber schon wieder den bemühten Versuch die Enttäuschung nicht offen zur Schau zu tragen indem sie Heiterkeit simulierte.
Warum müssen Frauen nur immer so schwierig sein, gerade bei solchen Unwichtigkeiten?
Es gab genug andere Probleme, deren Lösungsversuche seine Energieressourcen über Gebühr verbrauchten.
Wenn er nur an Chantal dachte, die bereits auch schon wieder auf ein Wiedergutmachungsgeschenk wartete, weil seine Zeit stets knapp bemessen war.
Chantal war ein Teufelsweib und brauchte einfach die ihr angemessene Aufmerksamkeit.
Vielleicht konnte er sie diesmal mit dem exklusiven Saphirarmband besänftigen, welches sie noch letzte Woche in der Schaufensterauslage bewundert und nur ganz dezent drauf hingewiesen hatte.
Seine Sekretärin würde das schon richten. Auf sie war wenigstens immer Verlass.


Morgen war ihr Geburtstag. Und wieder kam eine Zahl dazu, was ihr ein wenig Unbehagen bereitete.
Alles war so festgefahren, ohne Höhen und Tiefen immer der gleiche Trott.
Viel zu oft wanderten mittlerweile ihre Gedanken rückwärts zu der Zeit, als Herzklopfen kein Krankheitssymptom sondern viel mehr Begleiterscheinung eines ersehnten Gefühls war.
Wie schnell doch diese Zeit vergangen war, diese Nächte im Rausch des sich Hingebens und der Glut der Leidenschaft und des Begehrens.
Wo war nur die Unbekümmertheit geblieben und die Spontaneität auch mal etwas Mögliches aus Unmöglichem zu machen.
So wie damals als er nachts einfach vor ihrer Tür stand um mit ihr ans Meer zu fahren, einfach so dem Mond entgegen mit dem Nichts im Gepäck.
Am Strand hatten sie sich geliebt und nackt im Meer gebadet, während sie keine Sekunde an den Morgen danach dachten.
Geld hatten sie keines und zu ihrem Geburtstag malte er die Blumen auf ein Blatt Papier und zündete ihr liebevoll die Zigarette danach an, obwohl er den Qualm hasste.
Morgen jedoch würde der Briefumschlag mit dem Geld schon neben ihrer Kaffeetasse liegen und irgendwann am Tag ein Bote die Blumen bringen.
Wie immer würden es Rosen sein, weil seine Sekretärin noch immer nicht wusste, dass sie Orchideen liebte.
Vielleicht würde er abends am Telefon etwas von Überstunden faseln und sie würde ihm im Glauben lassen nichts von seinen Stunden bei Chantal zu wissen.
Warum müssen Männer nur so schwierig sein? Bei dem Gedanken an Paul kloppte ihr Herz wie wild. Die Glut, die seine Hände entfachte, raubte ihr zuweilen den Atem.
Sein Geschenk kam gestern mit der Post, verewigt auf weißem Papier.
Es war ein Gedicht und jedes Wort ein Gefühl.

Und heute Nacht würden sie beide ans Meer fahren und nicht an das Morgen denken.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 21.02.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Wir treiben um uns herum im Kleinen Großes tun das Ziel mehr als unbekannt Schritte ins Neuland und wieder zurück. Deine Hand in meinem Haar Perlen auf der Haut Worte fließen in den Raum ungesprochen dennoch gehört. Das Licht spiegelte sich noch einmal in den Glasbausteinen der Lidstrich bereits verschmiert. berührt von deinem Dasein in unserer gemeinsamen Distanz. heimlich werde ich nach dir schauen Und jetzt muss ich gehen auch wenn ich lieber bliebe. Der nächste Moment wird kommen und wir bleiben.

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