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Sie saß alleine an der Bar und schaute traurig in ihr Weinglas.
Gedanken kreisten in ihrem Kopf. Gedanken ohne Anfang und Ende.
Sie trank schnell und hastig, so als wenn sie mit jedem Schluck schneller vergessen könnte.
Ihr rotes Haar schimmerte im Scheinwerferlicht, aber ihr Gesicht wirkte fahl.
Auch die dicke Makeup Schicht konnte nicht verbergen, dass sie Vieles hinter sich hatte.
Sogar ihre Augen erzählten in diesem Moment Geschichten von Tristesse und Vergessenwollen.
Aber wenn man sich die Mühe machte und genauer hinsah, konnte man auch Sehnsucht darin erkennen.
Sehnsucht nach Leben, Liebe und Leidenschaft, verbunden mit dem Wunsch, dass dieses noch nicht alles gewesen sein mag.


Sie sah ihn nicht, als er die Bar betrat. Aber wie magisch angezogen wendete sie ihren Blick.
Er schaute genau in ihre Richtung.
Es waren genau diese Augen, die ihr zuerst auffielen.
Ein durchdringender klarer Blick, der etwas Wissendes hatte, so als könne er in ihre Seele schauen und all ihre unerlebten Wünsche darin lesen.

Er war groß und kräftig. Seine wilde dunkle Haarmähne hatte er zu einem Zopf zusammengebunden. Was ihm etwas Verwegenes zukommen ließ.
Sein Gesicht zeigte ihr, dass auch er gelebt hatte und geliebt in aller Unermesslichkeit.
Ihr Herz pochte wie wild und sie spürte etwas fast Vergessenes in sich, eine Spannung die durch ihren ganzen Körper zog.

Sie brauchte sich nicht umzudrehen um zu wissen, dass er hinter ihr stand.
Es ging etwas von seinem Körper aus, das sie lähmte und widerstandslos, ja fast willenlos machte. Sein Geruch ließ sie leicht erzittern.
Es war der Duft eines Mannes, der begehrte. Sie konnte Leidenschaft darin spüren und den Schweiß der Ekstase.
Er nahm einfach nur ihre Hand und zog sie mit sich auf die Tanzfläche.
Sie schaute nur in seine Augen und ihre Gedanken begannen zu fliegen, hin zu diesem Rausch der Begehrlichkeit.
Zwischen ihren Körpern war nur ein Zentimeter Hochspannung.
Sekundenlang schaute er sie mit diesem Blick an, einem Blick, der alles wusste und alles kannte.
Ihre Sehnsucht, ihre Einsamkeit, ihr Vergessenwollen.


Einmal nur wieder ohnmächtig sein ohne jede Macht ohne jeden Verstand.
Einfach nur sein und diese ganze Lust und Leidenschaft.
Ja, sie sehnte sich danach, wollte vergessen, alles abschütteln was schwer wog.
Und wenn es auch nur für eine Nacht sein würde, sie wollte nicht an den Morgen denken…, nicht jetzt in diesem Moment.
Ein kleines bisschen Zärtlichkeit, mehr würde er ihr nicht geben können, aber mehr wollte sie auch nicht.
Mehr konnte sie auch nicht geben….

Er zog tief den Duft von ihr in sich ein. Der Duft der vom Leben erzählte, von Tränen die nie geweint und wilden, heißen Küssen die nie gegeben wurden. Ihr Kopf ruhte auf seiner Schulter und ohne dass er es sehen musste, wusste er, dass sie lächelte. Er spürte das Lächeln, weil es einer der Küsse war, die sie nie gegeben hatte und der Kuss brannte mit der ganzen Leidenschaft der Sehnsucht die in ihr war. “When a man loves a woman”, und der Gleichklang ihrer Körper wurde mit jedem Wort von Percy Sledge größer und die tanzenden, erotisierenden Funken auf ihrer Haut mit jedem Akkord sprühender.
Durch seine Poren drangen ihre Erzählungen. Mit jedem Herzschlag wurden ihre Worte durch seine Ader getragen, sprachen von Nächten der Liebe und Sonnenaufgängen die in fröstelnder Einsamkeit strahlten.


Von zerwühlten Kissen die von dem Mann dufteten und in denen sie ihre Not und ihren Schmerz hinein weinte - lautlose Schreie in hilflosem Schluchzen. Und mit jedem Wort das durch seine Haut drang wurde ihm bewusst, wie viele Tränen sie um ihn geweint hatte. Die Tränen der Frauen deren Namen er nicht mal mehr wusste, das Schluchzen der Frauen deren Leidenschaft er gierig trank, aber den Becher der Liebe ließ er neben der halbgerauchten Zigarette im Aschenbecher unberührt stehen.
Langsam hob sie ihren Kopf und ihre Augen trafen sich. Er hielt zärtlich ihre Hand als sie an die Theke zurückkehrten. Er nahm das Glas und trank es leer ohne seinen Blick aus dem Meer ihrer Augen zu wenden. Ein Lächeln aus längst vergangenen Tagen huschte über Lippen bevor sie sich seine halbgerauchte Zigarette aus dem Aschenbecher nahm. Und sie lächelte immer noch, als sie diese anzündete und den Rauch genussvoll tief in ihre Lunge zog. Und es roch wie das Gestern nach dem Duft aus den zerwühlten Kissen.
In diesem Augenblick endete das Lied und in der kurzen Stille war das Klacken der ins Schloss fallenden Tür zu hören.
Ein kleines bisschen Zärtlichkeit und ein wenig Hoffnung ….


Und der Morgen breitete zögerlich sein Licht über das Dunkel des Firmaments.
Fahles Licht drängte sich durch die schweren Vorhänge.
Langsam erhob er sich aus den Kissen und sah sie neben sich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen und im Zimmer schwebte dieser unverwechselbare schwere Duft.
In ihrem Gesicht spiegelte sich der Glanz der Freude wider, der erkennbar wird wenn man etwas vor langer Zeit Verlorengegangenes unverhofft wieder findet. Die Hoffnung an viele derartige Nächte, aber noch mehr den Glauben an den wiederkehrenden Morgen in liebevoller Umarmung. Er hat seinen Glauben an die Einmaligkeit und Unauswechselbarkeit der Sehnsucht nach dieser Frau gefunden und sie ihr Lächeln für die Ewigkeit, wissend der Vergänglichkeit.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 31.01.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich wünsche mir einen Moment. Ein kurzer Moment reicht. Ein Moment um zu fühlen ein Moment für die Sinne ein Moment für den Genuss und dann einen Moment für das Begehren. Lass mich in diesem Moment alles von dir aufsaugen was für die Zeit danach reicht, wenn die Vergangenheit beginnt, die immer jedem Moment folgt. Gestillt. Wir treiben um uns herum im Kleinen Großes tun das Ziel mehr als unbekannt Schritte ins Neuland und wieder zurück. Deine Hand in meinem Haar Perlen auf der Haut Worte fließen in den Raum ungesprochen dennoch gehört. Das Licht spiegelte sich noch einmal in den Glasbausteinen der Lidstrich bereits verschmiert. Ich muss gehen auch wenn ich lieber bliebe. Der nächste Moment wird kommen und wir bleiben.

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