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Die Zeit ist niemals gnädig, und wir am wenigsten zu uns.
Und dennoch haben wir die Möglichkeit wenigstens im Danach das Gewesene zu löschen, indem man weitergeht ohne sich umzublicken und damit die Vergangenheit als solche zurücklässt.


Es war vielleicht einfach eine Frage der Zeit, dass er einfach vor ihr stehen würde, so wie früher mit diesem leichten Grinsen auf den Lippen und das Kreuz schwer durchgedrückt, um noch ein wenig größer zu erscheinen, als er eh schon war.
Schon damals kam sie sich viel zu klein neben ihm vor, auch wenn die hohen Schuhe das Bild ein wenig wenigstens nach außen hin retuschierten.
Auch an ihm war die Zeit nicht spurlos vorübergegangen, was sie beruhigt feststellen konnte.
Damals hatte sie jede noch so kleine Spur von ihm gelöscht.
Nicht jede Stimmungsphase danach war ihr angenehm in Erinnerung geblieben.
Da war zuerst diese Traurigkeit, weil man sich von einem Gefühl verabschieden muss, mit dem Wissen versagt zu haben, weil man auch im Miteinander nicht stehen bleibt und man nicht festhalten kann, noch nicht einmal das eigene Gefühl.
Dann kam diese Wut, auf sie selbst, auf ihn, auf jedes einzelne Wort und jeden Gedanken, um den kleinen Tod zu sterben, den jede große Liebe am Ende im Finale durchlebt.
Sie brauchte dieses Gefühl, welches das Gehen leichter macht, auch wenn es nur eigene Suggestion war oder sein sollte.
Trotz allem machte sie ihm sein Gehen leicht, vielleicht weil der Schlussstrich schon lange vorher gezeichnet war. Somit war es ein leises Gehen, was ihn eher verwunderte, weil er schon die Trostworte parat hatte.
Insgeheim hätte er lieber die Messer gewetzt weil man im Kampf leichter gehen kann doch für nichts dergleichen konnte er sie an Land ziehen, was ihn noch mehr anfeuerte, genauso wie es sie schneller von allem entfernte.

Sie sah es als Trotz, der dem eines Kindes ähnelte und versöhnte sie damit in aller Leichtigkeit.
Anfangs wollte sie auch nichts in Vergessenheit geraten lassen. Sein Bild sollte keine Risse erhalten und dennoch bröckelte der Putz mit jedem weiteren Wort und dem damit verbundenen Gedankengang.
Aber die Tür stand weit offen und sie konnte schnellen Schrittes den Raum verlassen in dem es keine Gemeinsamkeit mehr gab. Und das Wetzen der Messer hallte noch ihrem Lauf hinterher.
Draußen tat die Kühle der Nacht der inneren Hitze gut.
Tief inhalierte sie die Züge von der Zigarette, an der sie sich im ersten Moment wunderbar festhalten konnte, hatte er es immer gehasst, wenn sie im engen Raum rauchte, schmeckte jetzt die Zigarette danach erst recht noch besser als jemals zuvor.
In der Zeit danach fand sie zu sich selbst und zu der, die sie mal war.
Sie war selbst überrascht, dass es sogar eine andere Person war, als die er kannte und jemals in ihr sehen wollte.
Sie wurde vielleicht ein wenig härter auch gegenüber sich selbst aber dafür hatte sie die Fäden selbst in der Hand.
Leicht war es nicht dann endgültig die Escape-Taste zu drücken, aber irgendwann ging es ganz schnell und ohne Umschweife von der Hand.

Und dann stand er einfach vor ihr, wie damals mit diesem leichten Grinsen auf den Lippen und dem durchgedrückten Kreuz.
Verwundert stellte sie fest, dass gar nichts dabei war. Alles versank in dieser Leichtigkeit, der sie sich gemeinsam stellen konnten, weil die Gleichgültigkeit es gestattete.
Sie hatten ihre gemeinsame Zeit, die vorbei war, weil die nicht mehr vorhandene Verbundenheit es zuließ.
Fremd geworden waren sie sich im Laufe der gemeinsamen Zeit, als Fremde begegneten sie sich wieder und als solche konnte sie danach ihren eigenen Weg fortsetzen.

Die Zeit ist doch manchmal gnädig, wenn man sich den Veränderungen stellt und man es zulässt, dass die Gleichgültigkeit einen einhüllt und vergessend macht.
Vielleicht dachte er genau wie sie, dass es gut war, ihre gemeinsame Zeit hinter sich zu haben, bei all dem was noch vor ihnen lag.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 12.01.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Glaubst Du, Du würdest mich wirklich finden in diesem Gewirr aus Buchstaben in dem ich mich schon längst freiwillig verloren habe? Glaubst Du, ich würde wirklich die Wirklichkeit verkennen, die ich selbst nie in Frage gestellt habe um mich darin zu platzieren, weil ich mir treu bleiben muss? Glaubst Du, ich könnte nicht die Gleichung bilden aus der Summe mit den Unbekannten, die Du mir an die Hand gegeben hast, deren Lösung für mich ganz einfach aus der Vergangenheit zu ziehen war? Glaubst Du, ich würde das Spiel nicht auch beherrschen, und lachen über den Narrn, den ich selbst mime, weil alles andere mein Geheimnis ist, welches Du nicht errätst? Glaubst Du, Du kannst morgen noch in den Spiegel schaun, weil Du nicht den Glauben an Dich selbst verloren hast, und die Werte Deines Ichs auf festem Fundament stehn, weil Du weißt woran ich glauben möchte und nicht mehr weiß was ich glauben soll. Komm sag mir, was glaubst Du?

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