Cover

Manchmal kamen nachts die Träume und damit die Visionen von der Wirklichkeit, ehe der Nebel gnädig alles verschlang.
Im Traum war er lange unterwegs gewesen, obgleich es nirgends geschrieben stand, wo die Wirklichkeit aufhörte.
Er war eines jener Geschöpfe, die man als Ruhelose betitelte und denen man es schon von weitem ansah. Eines von dem man sich lieber fernhielt, aus Furcht vor Ansteckung, weil es nichts als Prophylaxe gab.
Als Konsequenz dessen, musste er morgens schweißgebadet von Übelkeit geschüttelt und blind beschlagen aufwachen.
Die schwarzen langen Haare hingen ihm wirr ins Gesicht und vereinigten sich mit den salzigen Perlen, die ihm wie Blut miefig riechend aus jeder Hautpore tropften.

Der Dreitagebart hielt ein paar dieser Tropfen gefangen, die aus den blutunterlaufenen Augen rannen
Ihm war übel, obwohl er nicht wusste, ob es an dem irrigen Trip der letzten Nacht. dem billigen Brandy, der jetzt noch in der Kehle brannte oder doch an dem fahlen Beigeschmack der Offenbarung des sich stets wiederholenden Traumbildes lag.
Traum und Wirklichkeit waren schon längst eins und niemand wusste an welcher Stelle alles miteinander verschwamm.

Er war immer schon so rastlos gewesen wie heute, nur kam im hier und Jetzt der Geruch des Verbrannten dazu, so wie es ein Rest von Asche tat, deren letzte Glut noch glimmte.
Dieser Planet gab keine Ruhestätte für ihn her, weder im Gestern noch im Übermorgen.
An jeder Stelle, an jedem Ort zogen die Nebelschwaden hinter ihm her, so als wenn sie das Böse einzuweben vermochten, wie in einen Concon in dessen Mitte er kein Licht mehr sah.
Vielleicht war er einer jener apokalyptischen Reiter, nur war selbst er sich nicht sicher, auf welchem Pferd er saß.

Die Apokalypse fand auch ohne ihn statt, den Kampf zwischen Gut und Böse fochten andere aus, alle auf farbigen Pferden zwischen Gut und Böse mit dem Ziel zu siegen oder in der Niederlage unterzugehen.
Er hatte Visionen jenseits von Gut und Böse. Dennoch war ihm bewusst, dass er nie den Mut finden würde ihnen zu folgen. Deswegen ließ er sie im Nebel, weil Angst ein guter Grund ist.
Nur manchmal in seinen Träumen konnte er die Angst besiegen und setzte sich selbst damit die Krone auf in deren Schein er sich selbst die Ovationen zollte.

Er war nicht als der Antichrist geboren, der auf dem schwarzen Pferd vorbestimmt den Tod verhieß, selbst den gebrauchte es nicht, weil sich manches Problem von ganz allein erledigte.

Tausende von Vögeln wetzten ihre Schnäbel am Berg zur Ewigkeit hinter dem Universum und so kam manches früher als erwartet.
Irgendwann mal hatte er auch vielleicht an das Gute geglaubt, sogar tief in sich selbst.
An eine himmlische Macht, die auf dem weißen Pferd den Sieg davontrug, mächtiger als alles andere was irdisch vorstellbar.

Damals sah er noch in seinen Träumen das Paradies als Ort der Herrlichkeit, an dem die Elfen lustwandelten, als liebliche Geschöpfe, liebenswert, undunkel vom Gemüt, anziehend durch äußere Schönheit und magisch geheimnisvoll.
Er liebte eine von diesen edlen Geschöpfen, die ihn aus meergrünen Augen hingebungsvoll ansah.
Er verspürte, wie ihn die Glut innerlich verbrannte, je mehr sie mit eigener Elfenhand das Feuer schürte.
Sie beherrschte die Magie, die ihn in höhere Sphären steigen ließ um ihn dann mit einem Lachen aus einer dämonischen Fratze fallenzulassen um ihm dann am Boden liegend noch das schwach pochende Herz aus dem brennenden Körper zu reißen, weil Blut so rot ist.
Und er hielt still so lange er konnte, weil Menschen schnell vergessen, aus Erinnerungen streichen können um weiterzuleben auf diesem verbrannten Boden, auf dem nichts mehr wächst, nur weil das Atmen noch funktioniert.Er sah ihre Schönheit vor sich und hörte ihre becircende Stimme, die keine Zweifel zuließ, dabei vergessend, was sie wirklich war.
Sie war die Katze, er die Maus und er wusste nur noch, dass er sie dafür bewunderte wie sie ihn mit Stil erlegte.
Weil er sie liebte, begann er sie zu hassen. Und er hasste sich selbst für diesen Zustand der seelischen Divergenz, und sie war ein Konstrukt in der Wirklichkeit dem er letztendlich nur entfliehen konnte. Aber da hatte er schon die Pest an den eigenen Leib gemeißelt und schrie vor Schmerzen und wand sich im Feuer der Leidenschaft.

Je unerträglicher die Schmerzen wurden, desto mehr geriet er in seinen eigenen Blutrausch und er wünschte sie möge unter seiner Hand das erleiden, was die Pfeilspitze mitten in sein Herz bereits erledigt hatte.
Er floh vor ihr und suchte sie dennoch in jedem anderen Gesicht.
Im Traum ließ er sie sterben und begrub sie unter seiner eigenen Asche.
Er stellte sie selbst unter Anklage vor dem hohen Tribunal und bekannte sich selbst des Verrates schuldig an seinem eigenen Gefühl.
Das Urteil war einstimmig und er wurde zum Henker gemacht als Rächer all jener, die auf ihren Pferden die Apokalypse zum eigenen Sieg machten.
Sie war nicht zum Opferlamm geboren, denn die Maske passte nicht in ihr Gesicht.

Als er ihr den Dolchstoß versetzte, geschah es wie im Rausch.

Er sah sich im Spiegel als Luzifer, der durch Menschen Gedanken zu dem gemacht wird, was das Böse hergibt.
Nur wusste er selbst nicht mehr wer oder was er war.
Nur als sie so da lag war sie wunderschön, so umrahmt von ihrem blonden langen Haar und den blutroten Lippen, aus denen nur langsam von ihm nicht einmal bemerkt die Farbe wich.
Und er sah ihr Lächeln auf den Lippen und wusste, dass er nicht auf dem weißen Pferd reiten würde, welches den Sieg verhieß.
Er war lange unterwegs gewesen, und als er erwachte wusste er nicht mehr, war der Traum schon zu Ende da wo die Wirklichkeit begann.
Aber seine Hände waren blutrot und er hörte ein seltsames Lachen im Raum.
Ihm war fast so als würde ihn eine Hand streifen, die ihm sanft die Schweißperlen aus der Stirn strich.
Fast war es ihm so als würde er draußen im Morgengrauen Pferdegeklapper auf dem nassen Asphalt hören.
Nur der Nebel verschluckte alles Erkennen.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 06.01.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich habe immer versucht, in einem Elfenbeinturm zu leben, aber es brandet eine solche Flut von Scheiße gegen seine Mauern, dass er einzustürzen droht. [Flaubert]

Nächste Seite
Seite 1 /