Wie schön ihr Gesicht aussah, so wie sie da vor ihm lag in diesem weißen Kleid, das so einen fast harten Kontrast zu ihrem schwarzen Haar bot.
Mit zärtlichen Gesten strich er über ihr Gesicht. Noch war es ganz weiß, so weiß wie der Schnee durch den sie letzten Winter zu der alten Hütte am See gestapft sind.
Hin und wieder hatten sie wie die Kinder sich ausgelassen in der weißen Pracht gewälzt um danach wieder wie zwei ertrinkend Verliebte sich aneinander zu wärmen.
Sie war so jung und unschuldig und er liebte sie abgöttisch, jetzt noch mehr so wie sie da vor ihm lag in ihrem weißen Kleid und ohne jede Farbe in ihrem Gesicht.
Nur ihr Lachen fehlte ihm gerade, denn es berauschte ihn fast immer wenn er wusste, dass sie nur ihm dieses reine von Herzen kommende Lachen schenkte.
Er war ihr erster Mann und wusste es zu nutzen.
Mit sanfter Hand strich er ihr um den mit Lippenstift verschmierten Mund um ihre Vollkommenheit wieder vor sich zu sehen.
Er liebte diese vollen Lippen, die rechts und links zwei kleine Grübchen zierten.
Ein Mund, der ihn so voller Inbrunst geküsst hatte, dessen Lippen immer so feucht glänzten wenn sie mit der Zunge drüberfuhr bevor sie das Eis in ihm wieder mit ihrem Lachen zum Schmelzen brachte.
Wenn sie ihn anstrahlte vor ihm kniend, dann sah er das Leuchten in ihren Augen, die all ihre Stimmungen auszudrücken vermochten.
Er sah das Meer in ihnen und den Schleier der Melancholie und selbst wenn sie lächelte konnte er eine gewisse Traurigkeit fast schmerzlich spüren.
Das rote Haarband, mit dem sie ihre schwarzen Haare bändigte, zog er raus.
Er mochte es nicht, wenn sie ihre Haare so trug.
Es war der Anfang ihrer Rebellion gegen seine Anweisungen und es überkam ihn ein Zittern bei diesem Gedanken.
Ihr erstes Aufbegehren war der Anfang vom Ende, und dieses Bewusstsein erschütterte ihn damals zutiefst.
Es erfüllte ihn mit Stolz dieses Wesen sein Eigen zu nennen, es zu besitzen mit Haut und Haaren.
Er war ihr verfallen und wusste sie ihm gehörig zu machen, damals als sie so jung und unschuldig vor ihm stand.
Seine Rose, deren Blüte gerade erst aufgebrochen war und mit voller Macht ihren betörenden Duft verstreute.
Gekonnt brach er die wenigen Dornen an ihr ab, die in seinen Augen das Gesamtbild störten um seiner selbst Willen nicht an den möglichen Wunden zu verbluten.
Sie war sein Werk, auch jetzt noch, als sie so regungslos vor ihm lag.
Ihre starr blickenden Augen hatte er selbst liebevoll geschlossen mit sanfter Hand.
Zu gerne hätte er gewusst, was diese Augen jetzt wohl zu erblicken vermochten.
Ihr letzter irdischer Blick galt ihm, das war ihm gewiss und erfüllte ihn mit Stolz, auch wenn die paar wenigen Tränen ein wenig das Gesamtbild störten.
Aber es waren ja Tränen, die ihm zugedacht waren, was ihn in seinem Besitz krönte.
Wie all die Zeit zuvor wachte er auch jetzt kniend vor seinem Eigentum.
Sie war auch jetzt noch so wunderschön auch wenn ihre Lippen ein wenig bläulich schimmerten.
Mit seinem Speichel benetzte er seine Finger und fuhr ihr sanft über den Mund, so als wenn er damit wieder dieses leuchtende Rot zaubern könnte.
Die Kratzspuren auf seinen Handrücken bemerkte er nur am Rande.Ein paar ihrer rotlackierten Fingernägel waren dabei abgebrochen und es schadete leider etwas ihrer Vollkommenheit, wie er selbst etwas traurig feststellte.
Mit den Fingerspitzen strich er leicht über ihren Busenansatz, der sich leider nicht so wie sonst unter seiner Berührung schneller hob und senkte.
Sie war immer so willig und bereitete ihm damit die höchsten Lustgefühle und war auch sonst seine gelehrige Schülerin,
Ihm gefiel dieser Blick aus ihren sonst immer so lebhaft neugierig schauenden Augen, der zuletzt eine Mischung aus panischer Angst, Abwehr und Traurigkeit aber vor allem Schmerz bot.
Es schien, als könne sie nicht fassen was gerade geschah und versuchte sich dann wie aus einer ersten Starre erwacht dagegen zu wehren.
Dabei hätte sie es wissen müssen.
Niemals hätte sie gehen oder ein anderer sie besitzen dürfen.
Es fing doch damals alles so wunderbar perfekt an.
Er sah sie und wusste sofort, dass sie einzig in seine Hände gehörte, nur noch von ihm berührt und unter seinem Verschluss.
Sie war die wilde Rose, die er selbst in dieser riesigen wildwuchernden Rosenhecke unter so vielen anderen gefunden und auserwählt hatte.
Und unter seiner Hand blühte sie auf, und folgte ihm mit ihrer ganzen Unschuld und dem Glauben an ihren Herrn und Meister.
Er gab ihr alles so wie der Gärtner seinen Blumen das Wasser in ihrer Abhängigkeit verabreicht und er wusste wonach es ihr dürstete.
Ihr weißes Kleid war ein wenig eingerissen, aber er liebte dieses reine Weiß an ihr.
Sie hätte immer weiß tragen sollen
Aber sie kam auf einmal mit diesem Gedanken an Rot und das missfiel ihm, so wie er auch manch andere Veränderung an ihr mit Argwohn betrachtete.
Ihre langen schwarzen Haare trug sie auf einmal ab und zu nicht mehr offen und ihre Lippen glänzten nicht mehr so feucht wenn sie ihn anlächelte.
Und irgendwie schien es ihm, als ob ihre Augen manchmal etwas anderes suchten und fixierten.
Als sie es zum ersten Mal wagte ihm zu widersprechen, konnte er nicht an sich halten und gab ihr die erste Ohrfeige.
Ihre Augen starrten ihn entsetzt an, trotzdem war sie es, die ihn um Verzeihung bat.
Er spürte immer mehr, dass etwas passierte, was nicht sein durfte.
Auch wenn er den Zaun um seine Rose immer höher baute und ihn mit dicken Brettern zu einem Refugium machte, dessen Betreten für jeden Unbefugten fast unmöglich zu werden schien, entglitt sie ihm.
War es einmal das Lächeln, das sie genauestens von ihm beobachtet dem Fremden an der Bar schenkte oder der gekonnte Augenaufschlag für den bastardischen Adonis irgendwo auf der Straße.
Er hasste sie alle, wusste er doch in jedem das Ansinnen zu erraten.
Still aber mit einem Lächeln auf den Lippen betrachtete er seine Hände, die eben noch fast zärtlich über ihren Hals glitten.
Diesen Händen durfte nicht das genommen werden, was nur ihnen gehörte.
Dieses das seine Geschöpf, das er mit jeder Faser seines Herzens abgöttisch liebte, das er selbst so geformt hatte, dessen Unschuld und Schönheit ihn liebend gemacht hatte und so sich an ihn band untrennbar auf ewig.
Er war sanft mit ihr, als seine Finger zu ihrem Hals glitten und dennoch verzog sie das Gesicht zu einer schmerzverzerrten Maske.
Ihre Finger krallten sich in seine Hand, so als könnten sie ihn hindern das zu tun was er tun musste.
Als er zudrückte hörte er nicht ihr Röcheln, sondern sah, dass ein paar Tränen noch eben ihren Augen entwichen, um ihm zu sagen wie leid ihr das alles tat.
Die schwarzen Spuren die sie hinterließen hatte er sorgfältig verwischt.
Seine Rose blühte auch im Tod noch weiter, denn seine Hände wussten zu verhindern, dass ein anderer sie eingehen ließ.
Als er rausblickte, war es schwarze Nacht und zum ersten Mal verspürte er Kälte in sich und um sich herum.
Trotzdem war es die Wärme des Trostes für ihn seine Rose in den Händen zu halten.
Tag der Veröffentlichung: 05.01.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Es ist immer etwas Wahnsinn in der Liebe.
Es ist aber auch immer etwas Vernunft im Wahnsinn.
Friedrich Nietzsche