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Kapitel 46. Reise nach Illumina




Als ich meine Augen öffnete, starrte ich die Decke meines Zimmers an. Keith musste mich also nachhause gebracht haben, nachdem ich nach unserem Akt das Bewusstsein verlor.
Aber nun fühlte ich mich besser denn je! Ich war endlich wieder eine vollwertige Göttin! Ich konnte Tartaros zurück ins Leben holen und Rika auch. Es war fast wie ein wunderschöner Traum, nur das dieser nicht so schnell zerplatzen würde. Das war großartig, einfach nur großartig. Ich konnte es kaum erwarten, meiner Schwester wieder in die Augen zusehen, sie in den Arm nehmen zu können und ihr das Leben zurück zugeben, was ihr vor so langer Zeit geraubt wurde. Nun gut, mit einem gravierenden Unterschied: Keith gehörte nun mir.
Gerade als ich aufspringen wollte, um all meine Ideen in die Tat um zusetzen, bemerkte ich erst, dass mich jemand im Arm hielt. Diesem jemand riss ich mit meinem plötzlichen Gezappel aus den Schlaf.
„ Mhm..“ streckte sich Keith. „ Du bist also endlich aufgewacht.“
„ Wie lange habe ich denn geschlafen?“
„ Fast eine ganze Woche.“
„ Was echt?“ riss ich erstaunt meine Augen auf.
„ Ja, echt.“ stützte er seinen Kopf an der Hand und sah mich dann lächelnd an. „ Geht es dir gut?“
„ Sicher.“ nickte ich. „ Es könnte mir nicht besser gehen. Aber wie geht es Misaki?“
„ Nicht so gut.“ flüsterte er. „ Er schläft auch schon, seit dem Angriff und wie es scheint, will er auch gar nicht mehr aufwachen.“
„ Aber warum nicht?“ sah ich ihn schockiert an.
„ Granas vermutet, das deine Aura zu lange in seinem Körper war.“
„ D-Das ist ja furchtbar!!“ sprang ich aufgeregt aus dem Bett und zog mich eilig an. „ Ich muss sofort nach ihm sehen.“ rief ich meinem Freund noch zu, ehe ich aus dem Raum stürmte.
Auf dem Flur wäre ich beinahe mit Patty zusammen gestoßen, die gerade das Krankenzimmer verlassen hatte.
„ Du bist endlich wach, das freut mich.“ lächelte sie mich schwach an.
Man sah ihr die schlaflosen Nächte deutlich an, ich konnte mir gut vorstellen, das sie die ganze Zeit an seinem Bett gesessen hatte.
„ Geh dich etwas ausruhen, Patty. Ich werde mich schon um Misa kümmern.“ betrachtete ich sie besorgt.
„ Nein, schon ok. Ich habe Angst das er einfach verschwindet, wenn ich schlafen gehe.“ flüsterte sie.
„ Es wird alles wieder gut werden, versprochen.“ lächelte ich sie aufmunternd an und betrat dann das Zimmer des Verletzten. „ Hallo Opa.“ blickte ich ihn verblüfft an. „ Was machst du denn hier?“
„ Ich habe nach einem Weg gesucht, um ihn zu retten. Aber scheinbar kann ihn nur dein Blut noch retten und das ist unmöglich. Einen weiteren Blutrausch wird er nicht überstehen und du nicht überleben, oder er halt nicht. Es tut mir leid, Risa. Ich bin am Ende mit meinem Latein.“
„ Mach dir keine Gedanken, Granas. Seine Lebenslinie ist noch nicht am abreißen, uns bleibt also noch ein bisschen Zeit, um eine Lösung für das Problem zu finden.“ murmelte ich und lehnte dann meine Hände über Misaki's Körper, um mir ein Bild von seinen Wunden zu machen. „ Da hat meine Aura wirklich ganze Arbeit geleistet.“
„ Kannst du die Wunden nicht einfach heilen?“ fragte Patricia Hoffnungsvoll nach.
„ Leider nein. Meine eigene Aura hindert mich daran, sein Leiden zu beenden.“ dieser Weg führte also ins Leere. „ Aber was ist denn, wenn ich euch etwas von meinem Blut gebe und dann weit weit weg bin, wenn ihr es ihm verabreicht?“
„ Dann würde er in seinem Rausch vermutlich die ganze Stadt in Grund und Boden stampfen und uns gleich mit.“ antwortete Gran mir. „ Der zweite Blutrausch wäre auch zu mächtig, als dass ich ihn mit einem Bannfeld im Schach halten könnte. Diese Möglichkeiten bin ich mit Charis schon ein paar mal durchgegangen. Aber es kommt immer dasselbe bei raus, es werden viele unschuldige Seelen sterben. Dein Blut kommt also nicht in Frage.“
„ Und was ist mit Keith's Blut?“ harkte ich weiter nach.
„ Das haben wir ihm bereits verabreicht. Deshalb nimmt seine Lebenslinie nicht weiter ab.“
„ Aber auch nicht zu, ich verstehe.“ dachte ich fieberhaft über eine mögliche Lösung nach. „ So wird er zwar nicht sterben, aber auch nicht wieder aufwachen. Mein Blut scheidet aus, sein Blut auch, heilen können wir ihn auch nicht. Was bleibt uns denn dann noch?“
„ Eine Sache würde mir da noch einfallen.“ trat Patty an uns heran.
„ Und die wäre?“ blickten wir sie gleichzeitig an.
„ Wir könnten ihm von meinem Blut zu trinken geben.“ erzählte sie uns. „ Es hatte doch auch reagiert, als du deine Blutmächte aktiviert hattest, also müsste es doch noch seine Ursprungsfunktion haben. Nur halt stark abgeschwächt, weil es ja mit meinem Blut verdünnt wurde. Der Blutrausch dürfte also nicht so stark ausfallen, aber vielleicht sind die heilenden Fähigkeiten so abgeschwächt, das es gar nichts bringt. Allerdings ist dies unsere letzte Hoffnung, oder?“
„ Daran habe ich noch gar nicht gedacht.“ überlegte mein Opa. „ Das könnte wirklich klappen. Wir sollten es auf jeden Fall versuchen.“
„ Ist das auch nicht zu gefährlich? Er könnte trotz allem in einen Blutrausch fallen.“ teilte ich ihnen meine Bedenken mit.
„ Dann werde ich ihn mit Granas Hilfe im Schach halten.“ stand nun auch Keith in der Tür. „ Wenn wir ihn so retten können, dann müssen wir es einfach versuchen.“
„ Genauso sehe ich das auch.“ stimmte Patricia ihm zu. „ Es macht mir auch nichts aus, mir in den Arm zu ritzen. Hauptsache er wacht irgendwann wieder auf.“
„ Auf eine Wundersame Heilung brauchen wir wohl nicht zu hoffen, also ist dies die letzte und einzige Chance. Wir sollten nun anfangen zu beten, das die heilende Fähigkeit nicht zu geschwächt ist, aber auch nicht zu unverdünnt, das er in einen verhängnisvollen Rausch fällt.“ murmelte der Gott.
„ Also ist es abgemacht? Wir werden ihm mein Blut verabreichen?“
„ Dann soll es wohl so sein.“ flüsterte ich.
„ Gut.“ nickte sie. „ Ich bin gleich wieder da!“ rief sie uns zu, als sie aus dem Zimmer stürmte.
„ Hoffentlich geht das gut.“ sah ich besorgt auf Misaki herab.
Nun wurde er schon zum zweiten mal durch meine Aura schwer verletzt. Aber zum Glück war das ja jetzt vorbei. Nun konnten wir wirklich nur beten, das noch mal alles gut ging.
Kurze zeit später kam die junge Dame dann mit einem halb gefüllten Becher wieder und reichte diesen dann an Granas weiter.
„ Wird das reichen?“
„ Sicher.“ nickte er. „ Wenn es wirkt, dann ist das mehr als genug. Macht euch auf das schlimmste gefasst, ich gebe ihm nun das Blut.“
Vorsichtshalber stellte sich Keith vor uns hin und schob Patty und mich dabei schützend hinter sich. Wir schielten an ihm vorbei, um auch miterleben zu können, was nun mit dem Teufel geschah.
Als Gran ihm das Zeug verabreicht hatte, trat er ein paar Schritte zurück und machte sich bereit, ihm gegebenenfalls eine Barriere um die Ohren zu hauen.
Einige Zeit passierte gar nichts, doch dann leuchtete sein Körper plötzlich auf und als er die Augen aufriss, strahlten diese in der gefürchteten roten Farbe auf. Als er sich dann auch noch prompt aufsetzte, nahm Keith seine Kampfhaltung ein und Granas schützte uns mit der Mauer. Allerdings blieb der erwartete Knall aus.
„ Was...ist denn hier los?“ blickte uns Misa abwechselnd an und war über die feindselige Haltung sichtlich irritiert.
Das rot seiner Augen war schon wieder abgeflacht und bloß ein leichter Schimmer blieb zurück.
„ Oh Gott sei dank.“ atmeten wir alle erleichtert aus.
„ Wie geht es dir?“ trat mein Opa wieder ans Bett heran.
„ Mir geht es gut. Wieso? Sollte es denn anders sein?“
„ Nein, so ist es genau richtig.“ lächelte ich ihn an.
„ Mhm.“ kratzte er sich am Kopf. „ Und warum zieht ihr dann solche Gesichter?“
Wir erklärten ihm kurz die Situation und berichteten ihm von den Sorgen, die wir uns wegen ihm gemacht hatten.
„ Du hast mich also gerettet. Danke.“ lächelte er Patricia an.
„ Schon ok.“
„ Da wird Charis aber froh sein, dass du wieder aufgewacht bist. Ich werde sie gleich mal anrufen gehen.“ verließ Gran das Zimmer.
„ Du solltest dich noch ein bisschen ausruhen.“ riet ich ihm. „ Ich werde mir jetzt erst einmal ein heißes Bad gönnen.“
„ Das klingt gut.“ grinste mich Keith schelmisch an.
„ Ich werde die Tür abschließen.“ murmelte ich, als ich durch die Tür schritt.
„ Zum Glück hat das Bad ja noch ein Fenster.“ folgte mein Freund mir.
„ Das werde ich schließen.“
Und so blieb Patricia allein mit Misaki zurück.
„ Ich sollte ins Bett gehen, die letzten Tage waren wirklich anstrengend.“ murmelte die Blondine. „ Dir wird die Ruhe bestimmt auch ganz gut tun. Also bis später.“ drehte sie sich von ihm weg und ging auf die Tür zu.
„ Den Blutrausch zu verbergen, ist gar nicht so einfach.“ kroch er aus dem Bett. „ Aber ich habe es voll drauf.“
„ Was...?“ sah sie erstaunt zu ihm zurück. „ Was meinst du damit?“
„ Mh...“ grinste er sie bloß schief an und schoss dann auf sie zu.
Noch ehe sie reagieren oder überhaupt schreien konnte, packte er sie, warf sie über seine Schulter und ließ sie dann schließlich aufs Bett fallen.
„ Was machst du denn da??“
„ Ich stille das Verlangen, was du netterweise in mir geweckt hast.“ flüsterte er, während er über sie kletterte.
„ Hä...?“ blickte sie ihn völlig entgeistert an. „ Kann das nicht warten? Ich bin müde.“
„ Du kannst danach hier bei mir schlafen, ich streichele dich sogar in den Schlaf. Ist das kein Angebot?“
„ ...“ seufzte sie verhalten auf, die Begeisterung sah man ihr so richtig an.
„ Komm schon, Patty.“ flüsterte er ihr zu und liebkoste dabei ihren Hals.
„ Es wird bestimmt wer rein kommen, willst du mir diese peinliche Situation wirklich antun?“
„ Die Tür ist abgeschlossen.“
„ Ist sie gar nicht!“
„ Wollen wir wetten?“ blickte er sie herausfordernd an.
„ Ich wette nicht mit Geistig abwesenden Menschen.“
„ Ich bin doch gar kein Mensch?“
„ Das macht die Sache nicht besser!“ maulte sie ihn an. „ Die letzte Woche war wirklich anstrengend. Ich habe kaum geschlafen, weil ich fast die ganze Zeit an deinem Bett gesessen habe und nun bringst du mich weiter um meinen wohlverdienten Schlaf! Das ist nicht fair.“
„ Du hast recht...“ ließ er sich seufzend neben sie aufs Bett fallen und verschränkte seine Arme unter dem Kopf. „ Tut mir leid.“
„ Nein, schon gut.“ lächelte sie ihn an und kuschelte sich dann an ihn. „ Gib mir nur ein paar Minuten...“ murmelte sie und schlief kurz darauf schon ein.
„ Ein paar Minuten nur, soso.“

Zur gleichen Zeit befand ich mich mit Keith im Badezimmer und bereitete mir ein dampfendes, heißes und wohlriechendes Bad zu.
„ Sag mal...“ drehte ich mich zu ihm um. „ Haben wir den Fluch wirklich gebrochen, oder habe ich das nur geträumt?“
„ Nein, den haben wir wirklich gebrochen.“ kratzte er sich fast schon verlegen am Kopf. „ Du...würdest merken wenn du...ähm... schwanger wärst...oder?“
„ Schwanger? Wie sollte ich denn... oh.“ ging mir dann ein Licht auf. „ Richtig, du bist ja über meine wahre Gestalt her gefallen und hast es scheinbar zu ende gebracht, ja? So viel zu, du weißt was du tust.“ grinste ich ihn schief an.
„ Ich kann da nichts für.“
„ Nein, natürlich nicht.“
„ Ich war nicht ganz bei mir, also kannst du mich nicht dafür verantwortlich machen. Der Blutrausch war schuld.“
„ Ich schätze das es noch mal gut gegangen ist. Ich kann keine weitere Lebenslinie in mir fühlen.“
„ Ich bin mir nicht sicher, ob ich das als gut empfinden sollte. Aber vermutlich hast du recht. Es wäre nicht der richtige Zeitpunkt. Trotzdem finde ich den Gedanken gar nicht so übel, das du von mir schwanger bist.“ lächelte er mich leicht an.
„ Begnüge dich erst mal mit dem Wissen, das du mein erster und letzter warst und bist.“ schlang ich meine Arme um seinen Nacken.
„ Mhm.“ drückte er mich fester an sich. „ Ich hätte dir dein erstes Mal gern schöner gestaltet. Wenn ich denn dann davon gewusst hätte.“
„ Es war doch schön. Richtig schön sogar. Jedenfalls besser als mein eigentliches erstes Mal, mit diesem Idioten.“ verdrehte ich meine Augen.
„ Was war daran so schlimm?“
„ Das es schon vorbei war, ehe es überhaupt richtig angefangen hatte.“ meinte ich. „ Er gehört zu dem Typ Mann, der zwar unglaublich gut aussieht, aber sonst echt nichts drauf hat. Er glaubte er wäre der Oberbringer, tja, leider stellte sich dann raus, das er Wahrnehmungsstörungen hatte. Vielleicht verschloss er auch die Augen vor der Realität, ich weiß es nicht. Ich hatte da zwar keine Schmerzen, aber auch keinen Spaß. Also erinnere ich mich lieber an dich, als an ihn.“
„ War er ein Gott?“
„ Ein Flaschengott, ja.“ lachte ich. „ Ich schätze das ich wohl aus gutem Grund auf die bösen Buben stehe.“ sah ich ihn lächelnd an.
„ Dann sollte ich wohl dafür sorgen, das du das nicht vergisst.“ flüsterte er mir zu und küsste mich dann verführerisch auf den Mund.
„ Mo-Moment.“ wisperte ich. „ Lass mich erst meine menschliche Gestalt annehmen.“
„ Nein, so ist es genau richtig.“
„ Willst du es etwa herausfordern?“
„ Ich passe schon auf.“
„ Ja, klar. So wie beim letzten Mal, oder was?“
„ Jetzt bin ich nicht im Blutrausch.“
„ Und das macht die Sache besser?“
„ Ja, macht es.“
Schließlich landeten wir beide in der Wanne und setzten beinahe das komplette Zimmer unter Wasser.
Danach genossen wir gemeinsam das warme und duftende Nass und außerdem bekam ich noch eine weiche Rückenlehne geschenkt.
„ Wollen wir heute Abend Illumina einen Besuch abstatten?“ sah ich zu ihm zurück.
„ Illumina?“
„ Ja, jetzt könnte ich euch alle mitnehmen. Aber denke das wir nicht alle in einen Bett passen würden.“ kicherte ich.
„ Warum willst du denn überhaupt dahin? Du kannst Rika doch jetzt wiederbeleben.“
„ Sicher, aber ich würde vorher gern mit ihr sprechen. Es kann ja sein, dass sie gar nicht wiederbelebt werden will.“
„ Warum sollte sie nicht wollen?“
„ Wegen Noel vielleicht?“
„ Ihr neuer Freund?“
„ Ja, genau.“ lehnte ich meinen Kopf wieder gegen seine Brust.
„ Ich denke nicht, dass er sie davon abhalten kann dich hier zu unterstützen. Ich konnte sie ja auch nicht davon abhalten, für dich zu sterben.“
„ Für mich zu sterben...“ flüsterte ich.
„ Sie würde sich von nichts und niemanden davon abhalten lassen, an deiner Seite zu sein.“ er strich mir zärtlich durchs Gesicht und drückte mich dann fester an sich. „ Deshalb wird sie sich die Chance auch nicht entgehen lassen, ihren Weg zurück ins Leben zu finden.“
„ Vermutlich hast du recht.“
„ Natürlich habe ich recht.“ lächelte er. „ Wenn du heute Nacht gern nach Illumina gehen willst, dann begleite ich dich natürlich liebend gern. Aber vielleicht solltest du eher Lucia oder Charis fragen, ob sie mitkommen wollen. Ich schätze das es ihnen mehr bringen würde, jetzt schon auf Rika zu treffen.“ überlegte er. „ Was jetzt natürlich nicht heißen soll, das ich sie nicht gern wiedersehen würde. Sicherlich freue ich mich darauf, aber ich kann mich noch gedulden. Außerdem habe ich ein bisschen Angst davor, das du irgendwas in den falschen Hals bekommen könntest.“
„ Da brauchst du keine Angst vor zu haben. Das wird nicht mehr passieren.“
„ Bist du dir da sicher?“
„ Ja. Aber wir sollten Charis und Lucia trotzdem einladen.“
„ Du willst sie aber nicht zu uns ins Bett holen, oder?“
„ Doch. Wäre das nicht richtig aufregend?“ grinste ich.
„ Na klar, aber ob Helios das wohl auch so sehen wird und überhaupt, wie kannst du auch nur daran denken, mich mit anderen Frauen teilen zu wollen?“
„ Das will ich gar nicht.“ sah ich zu ihm auf. „ Niemals.“ verzog ich bei der bloßen Vorstellung schon meinen Mund. „ Es sollte reichen, wenn wir auf der Couch sitzen.“
„ Aha.“ gab er mir lächelnd einen sanften Handkuss. „ Ich dachte schon.“
„ Aber vielleicht sollte ich dich einfach ausquartieren und mir die Mädels ins Bett holen. Mit denen kann man bestimmt viel Spaß haben.“
„ Bestimmt.“ starrte er auf mich herab.
„ Was denn?“
„ Nichts.“ murmelte er und lehnte seinen Kopf an die Hand.
„ Du stellst dir das aber nicht gerade Bildlich vor, oder?“
„ Und wenn? Du hast es dir doch bestimmt auch gerade vorgestellt, oder nicht?“
„ Bei mir wäre das ja auch was anderes.“
„ Und ich habe damit nicht angefangen.“
„ Mhm.“ verschränkte ich beleidigt meine Arme vor die Brust.
„ Was denn? Zickst du jetzt etwa rum?“
„ Nö.“ maulte ich. „ Aber glaube ja nicht, das ich dich nun befriedigen werde.“
„ Wer sagt denn das ich scharf bin?“
„ Bist du das nicht immer?“
„ Nun übertreibst du aber.“
„ Ach wirklich?“ schielte ich zu ihm auf.
„ Selbst wenn es so wäre, liegt es nur daran, weil du mich wahnsinnig machst.“ schob er mir die Schuld nun in die Schuhe. „ Oder weil ich einfach nicht genug von dir bekommen kann.“ flüsterte er.
„ Du bist gemein.“ lächelnd griff ich mir seinen Arm und drückte diesen fester an mich.
„ Ich passe mich bloß an.“
„ Vielleicht sollte ich mich ja mal anpassen.“ kuschelte ich mich an ihn. „ Aber hinterher gefällt dir das noch.“
„ Oh, davon kannst du aus gehen. Wobei du mir so auch recht gut gefällst.“
„ Wie außerordentlich nett von dir.“
„ Nicht wahr?“
„ Und wie machen wir das jetzt? Gehen wir alle nach Illumina, oder soll ich mit Charis und Lucia allein gehen?“
„ Wie du möchtest, schließlich musst du die Kraft aufbringen, um uns dorthin zu bringen.“
„ Das ist jetzt nicht mehr der Rede wert, Schatz.“ lehnte ich meine Hand auf sein Knie. „ Ich rufe die Beiden später mal an. Mal schauen ob sie uns überhaupt begleiten wollen.“

Und genauso machte ich es dann auch. Natürlich ließen sich die beiden nicht zweimal bitten und schlugen schon wenig später bei uns auf.
„ Ich kann es kaum noch erwarten, geht es bald los?“ begrüßte mich Charis aufgeregt.
„ Ich freue mich auch dich zusehen, Charis.“ schmunzelte ich. „ Misaki geht es blendend, danke der Nachfrage und ja, mir geht es auch gut. Du brauchst dir echt keine Sorgen machen.“
„ Sorry, ich bin so furchtbar aufgeregt!“ tippelte sie rastlos durchs Wohnzimmer. „ Ich kann sie nach so vielen Jahren endlich wieder in die Arme schließen. Das muss gebührend gefeiert werden!“
„ Wir warten jetzt nur noch auf Lucia, dann geht es los.“
„ Hoffentlich kommt sie bald.“ murrte sie. „ Aber willst du Patty nicht auch mitnehmen? Für sie war die Geschichte heftiger, als für uns alle zusammen. Schließlich war sie noch ein Kind.“
„ Daran habe ich auch schon gedacht, aber sie schläft gerade.“
„ Ist das nicht ein guter Grund, um sie aufzuwecken?“ überlegte die Schicksalsgöttin. „ Außerdem kann sie doch eigentlich einfach weiter schlafen. Das wäre eine bombastische Überraschung, wenn sie plötzlich mit uns in Illumina steht.“
„ Stimmt.“ nickte ich. „ Daran habe ich gar nicht gedacht. Sie kann ja einfach weiter schlafen.“
„ Es wäre zu mindestens echt fies, wenn du mit uns dahin gehst, sie aber hier lässt.“
„ Du hast ja recht, du hast ja recht.“ seufzte ich. „ Gehst du sie holen, Keith? Sie befindet sich noch immer in Misaki's Zimmer.“
„ Klar.“ nickte er.
Nachdem der Prinz die junge Göttin aus den Armen des Seelendiebes entrissen hatte, Lucia endlich bei uns aufgetaucht war, machten wir es uns auf der Couch bequem und suchten gemeinsam nach der perfekten Position.
Dann durchschritten wir die goldene Pforte meiner Zuflucht und sahen einer goldenen Zukunft ins Auge.
„ Wow...“ sah sich Charis fasziniert um. „ Es sieht sogar noch unglaublicher aus, als in deinem Video.“
„ Unfassbar schön.“ flüsterte Lucia.
„ Wo sind wir hier?“ blickte uns Patricia irritiert an.
„ Dies hier ist Illumina. Willkommen im Paradies!“ strahlte die Göttin des Schicksals sie an.
„ Illumina?“ zog sie fragend eine Augenbraue hoch. „ Ist das ein Traum?“
„ Nein, das ist kein einfacher Null acht fünfzehn Traum. Das hier ist ILLUMINA! Das Paradies!“ wiederholte Charis ihre Worte jauchzend.
„ Warte! Wirklich? Aber dann lebt Rika hier, nicht wahr??“ verstand sie nun endlich.
„ Genauso ist es.“ nickte ich lächelnd.
„ Warum stehen wir hier dann noch rum?“ lief sie an uns vorbei. „ Los kommt schon!“
„ Ja, lasst uns gehen.“ folgte ich Patty.
„ EINHÖRNER!!! Da hinten sind ganze viele Einhörner!“ brüllte sie uns begeistert entgegen. „ Und da oben fliegen Paradiesvögel. Wow... wie die glitzern!“
„ Wie sie sich freut, ist ja echt niedlich.“ lächelte meine Schwester.
„ Sie kennt diese Tiere ja auch nur aus Büchern, oder aus Filmen. Kein Wunder also, das sie so begeistert ist.“ gab auch Keith seinen Senf dazu ab.
„ Stimmt auch wieder.“
„ Hier entlang bitte.“ wies ich ihnen mit einer Handbewegung an, mir zu folgen. „ Bis zur Stadt ist es nicht mehr weit.“
„ Ich würde dem Phantom gern noch einen Besuch abstatten, nachdem wir Rika besucht haben.“
„ Wieso das?“ sah ich meinen Freund fragend an.
„ Ich habe das Gefühl, als müsste ich mich bei ihm entschuldigen. In meiner blinden Wut hätte ich alle dunklen Gesellen vernichtet, ganz gleich ob er uns feindlich oder freundlich gesinnt ist. Ich sehe ein, dass das ein Fehler war.“
„ Wow.“ lächelte ich ihn an. „ Deine Einsicht kommt reichlich spät, aber besser spät als nie, nicht wahr?“
„ Richtig.“
„ Ich kann die ersten Dächer schon sehen!!“ quietschte Patricia und raste schon mal vor.
„ Hey! Mir gehört die erste Umarmung!!“ brüllte Charis ihr nach, ehe sie hinter ihr her stürmte.
„ Wenn überhaupt, dann gehört sie jawohl mir! Schließlich bin ich ihre Schwester!“ lief Lucia gleich mal mit.
Atemlos kam die junge Dame in der Stadt an und lief dann langsam durch die Straßen, bis sie schließlich am Marktlatz ankam, wo sich Rika zur Zeit aufhielt.
„ Rika...“ stiegen ihr bei dem Anblick meines Schwesterchens die Tränen in die Augen.
„ Mhm...?“ drehte sie sich zu ihr um und musterte sie von oben bis unten. „ Unmöglich... bist du das etwa, Patty?“ riss sie erstaunt die Augen auf. „ Bin ich wirklich schon solange Tod?“
„ Rika!“ warf sie sich weinend in ihre Arme. „ Ich dachte ich sehe dich nie wieder! Ich dachte ich hätte dich für immer verloren!“
„ Rika!!“ stürmte nun auch Charis auf sie zu und kurz danach Lucia.
„ Aber...was macht ihr denn alle hier? Ist was passiert? Ist mit Risa alles in Ordnung? Ihr seit doch nicht etwa Tod, oder?“ stiegen auch ihr die Tränen in die Augen. „ Bitte sagt mir, das ihr noch am Leben seit.“
„ Keine Sorge.“ strich sich die Schicksalsgöttin die Tränen aus dem Gesicht. „ Es ist alles in Ordnung, Risa hat uns her gebracht.“
„ Risa?“ sah sie ihre Freundin verblüfft an. „ Bedeutet das etwa, das sie wieder im Besitz ihrer Mächte ist?“
„ Genau das bedeutet es!“
„ Wirklich? Sie hat es geschafft?“ harkte sie erneut, mit ein paar Tränen der Freude in den Augen, nach. „ Sie ist nun wieder eine vollwertige Göttin?“
„ War sie das nicht schon die ganze Zeit?“ zwinkerte Charis ihr zu. „ Sie hat mehr Feuer unterm Hintern, selbst als Entkräftete Göttin, als so manch reiner Gott. Aber um auf deine Frage zurück zukommen, ja sie hat es wirklich geschafft!“
„ Das ist großartig!“ lächelte sie. „ Einfach großartig.“
„ Das ist es.“ nickte die schwarzhaarige Göttin.
„ Aber wo steckt Risa denn? Sie hat euch doch nicht hier abgesetzt und ist gleich wieder gegangen, oder?“ sah sie sich suchend um, genau in diesem Moment kam ich mit Keith um die Ecke geschlendert, der sich die Stadt fasziniert ansah. „ Aber das ist doch...“ riss sie erstaunt ihre Augen auf.
„ Keith, ja richtig.“ vollendete Patty ihren Satz. „ Ich bin so froh dich endlich wiederzusehen!“ klammerte sie sich wieder an mein Schwesterchen fest.
„ Und ich erst!“ folgte Lucia ihrem Beispiel.
„ Lasst mir auch noch ein Stück vom Rika-Kuchen übrig!“ kicherte die Schicksalsgöttin und heftete sich ebenfalls an ihr fest.
„ Uah! Ihr zerquetscht mich ja!“ lachte besagter Kuchen.
„ Passt auf, nicht das sie noch platzt!“ kamen wir nun auch endlich am Knäuel an.
„ Risa!“ befreite sich die Göttin des Licht von ihren Anhängern und drückte mich dann lächelnd an sich. „ Wie ich höre, machst du richtig große Fortschritte. Ich bin so stolz auf dich.“
„ Ich habe ganz viele fähige Helferlein, die mich in allem was ich tu unterstützten. Ich kann also gar nicht anders, als gute Fortschritte zu machen.“
„ Da hast du wohl recht.“ lächelte sie mich noch einmal an, ehe sie sich ihrem Ex, also meinem Freund, zu wendete. „ Du hast dich wirklich kein Stück verändert.“
„ Du dich aber auch nicht.“
„ Du hättest ihn mal vor ein paar Monaten erleben sollen, ich würde wetten, dass du das dann nicht mehr so siehst.“ murmelte Patricia.
„ Ja...“ sah sie kurz zu der Blondine, dann wieder zu dem Prinzen hin. „ Es tut mir leid, Keith. Ich wollte nicht das du wegen mir so leiden musst. Ich hätte es dir zu gern erspart.“
„ Schon ok. Ich weiß das du damals keinen anderen Ausweg gesehen hast, du wolltest Risa beschützen und da kann ich dich voll und ganz verstehen.“ meinte er, während er sie in seine Arme zog und ihr „ Opfer müssen nun mal gebracht werden, nicht wahr?“ zuflüsterte.
„ Wir sollten unser erstes Wiedersehen nicht mit diesen niederschmetternden Erinnerungen feiern.“ versuchte Charis vom Thema abzulenken. „ Es gibt so viel anderes, was wir dir erzählen können.“
„ Da hast du wohl recht.“ löste sie sich leicht lächelnd von ihm. „ Trotzdem würde ich gleich sehr gern unter vier Augen mit ihm reden, wenn das ok ist?“
„ Ja, sicher.“ nickte ich. „ Ihr habt euch bestimmt viel zu erzählen.“
„ Ich kann die Geschichte nicht einfach so auf sich beruhen lassen.“
„ Furieeee!!!“ winkte mir Lian begeistert zu, ehe sie sich stürmisch an mich drückte. „ Ich freue mich ja so, dich zusehen!“
„ Uahh!!“ versuchte ich mich aus ihrer Umklammerung zu befreien. „ Ich freue mich ja auch dich zusehen, aber musst du denn ständig an mir kleben?“
„ So zeige ich dir, das ich mich freue dich zusehen! Also wirklich!“
„ Bist du nicht das Gegenstück vom Inkubus? Also die Ex von Misaki?“ betrachtete Patty sie interessiert.
„ Succubus. Das Gegenstück vom Inkubus heißt Succubus. Und wer bist du? Misa's neue, oder wie?“
„ Ganz bestimmt nicht!“ wehrte sie gleich ab.
„ Ach? Und was spricht bitte dagegen, mit ihm zusammen zu sein? Einen besseren Freund wirst du kaum finden.“ verschränkte sie die Arme vor die Brust. „ Nichts für ungut.“ wandte sie sich kurz Keith zu. „ Also? Was hast du bitte gegen einen fürsorglichen, zuvorkommenden, treuen, liebevollen und ehrlichen Freund, der dich auf Händen trägt und dir alle Wünsche von den Augen ablesen würde einzuwenden?“
„ Äh...“ füllte sie sich leicht in die Enge getrieben. „ Wenn die Gefühle nicht da sind, bringen einem die ganzen guten Eigenschaften nichts.“
„ Du bist doch das kleine blonde Mädchen, was damals bei ihnen abhing, oder?“ betrachtete sie sie von oben bis unten. „ Ich weiß nicht was sie dir zu essen gegeben haben, das du nun so alt bist. Aber ich bin mir ganz sicher, dass du dieses Mädchen bist.“
„ Und wenn? Was hat denn das mit den Gefühlen für Misaki zu tun?“
„ Du hast dich da doch schon für ihn interessiert. Das war wirklich nicht zu übersehen.“ grinste Lian sie schief an. „ Und ich als Succubus, sehe so was erst recht.“
„ Halbe Succubus!“ berichtigte ich sie.
„ Na und? Nur weil ich bloß eine halbe Succubus bin, macht das auch mir noch lange keine Blinde!“
„ Du bist bloß eine halbe Succubus? Deshalb hast du also auch nicht diese Elch artigen Hörner?“ lehnte Patricia ihren Kopf leicht zur Seite.
„ Ziegen artige Hörner.“ warf ich erneut ein. „ Die sehen aus, wie die von einem Ziegenbock.“
„ Haben Succubuse solche Hörner denn?“
„ Eigentlich schon, ja. Nur ich halt nicht.“ murrte sie.
„ Ich weiß nicht was du hast, diese Hörner finde ich viel hübscher. Sie stehen dir und außerdem wird man dich nie mit einer Ziege verwechseln. Das ist doch gut, oder etwa nicht?“
„ Oh! DANKE!!“ strahlte sie Patty an und umklammerte nun ihr nächstes Opfer. Aber dafür ließ sie von mir ab. „ Ich bekomme so selten Komplimente zuhören.“ schnurrte sie ihr entgegen. „ Du bist ja soo niedlich! Warum bist du nicht auch so niedlich, Furie?“
„ Vielleicht hat Thanatos meine Niedlichkeit ja behalten.“ murmelte ich.
„ Meinst du das er deshalb so niedlich ist?“ überlegte Charis. „ Möglich wäre es zu mindestens.“
„ Wie kann man Thanatos und niedlich nur in einem Satz benutzen?“ strafte die Succubus sie mit bösen Blicken.
„ Ach ich vergaß. Du hast sein Theaterspiel ja am eigenen Leib zu spüren bekommen. Aber hat man dich nicht inzwischen aufgeklärt?“ sah sie Rika fragend an.
„ Doch haben sie. Aber deshalb muss ich ihn ja jetzt nicht mögen. Für mich gibt es nur einen König. Und zwar Tartaros.“ verstrahlte sie uns alle erneut.
„ Wo steckt der alte Mann überhaupt?“ wollte ich dann von ihr wissen.
„ Alt? Weißt du denn nicht, dass das Alter einen Mann erst richtig interessant macht? Ignorante Furie!“
„ Warum rede ich überhaupt mit dir?“ seufzte ich.
„ Aber sie hat recht, Risa.“ stimmte Charis ihr zu. „ Erst das Alter bringt die Erfahrung mit sich.“
„ Das halte ich für ein Gerücht! Man kann schon Steinalt sein und trotzdem von nichts eine Ahnung haben!“
„ Was die jungen Hüpfer aber auch nicht haben!“
„ Ach ich gebe es auf.“ schüttelte ich seufzend meinen Kopf. „ Ich gehe ihn einfach in seinem Reich suchen.“ drehte ich mich von ihnen weg und schlenderte zu den Toren hin.
„ Oh ja, die Teufel werden sich bestimmt darüber freuen, im dichten Nebel über dich herfallen zu dürfen.“ grinste Lian schief.
„ Ich... warte doch hier bis er auftaucht...“
„ Dachte ich es mir doch.“ griente sie mich noch immer breit an.
Wie setzten uns alle an den Brunnen auf die Mauer und berichteten Rika von den jüngsten Ereignissen. Wobei bei diesem Teil der Geschichte das meiste Lob Patricia einheimste, weil sie Misaki nicht nur einmal den Allerwertesten gerettet hatte. Das ich meine Mächte nun wieder hatte, war eher etwas nebensächliches. Was mich aber nun nicht sonderlich störte, schließlich hatte es Patty verdient im Mittelpunkt zustehen.
Natürlich erklärten wir meiner Schwester auch, warum sie nun zwanzig Jahre alt war. Und das sich selbst Reika von Kronos abgewendet hatte und nun bei uns lebte, verschwiegen wir ihr natürlich auch nicht.
„ Da ist ja wirklich einiges bei euch passiert.“ meinte Rika. „ Ich stoße also eigentlich nur zu euch, um das Prunkvolle Ende mitzuerleben.“
„ Du willst also wiederbelebt werden?“ sah ich sie fragend an.
„ Was ist denn das bitte für eine Frage? Natürlich will ich euch dabei helfen, Vater aufzuhalten, die Teufel zu überrennen und Yujin von seinem Leid zu befreien. Es gibt nichts, was mich davon abhalten könnte.“
„ Das höre ich wirklich gern.“ lächelte ich sie an.
„ Hast du etwa gedacht, ich würde hier bleiben wollen, während du dein Leben aufs Spiel setzt? Niemals! Ich will mit eigenen Augen sehen, das alles gut gehen wird.“
„ Das wirst du auch.“ senkte ich leicht lächelnd meine Augen. „ Wo bleibt Tartaros denn bloß?“
„ Stimmt was nicht, Risa?“ blickte mich Rika besorgt an. „ Du gehst doch auch davon aus, das alles gut gehen wird, oder nicht?“
„ Ja, sicher. Ich sagte doch bereits, das ich das glaube und das du das bald mit eigenen Augen sehen wirst. Ladthaa wird wieder voller Leben sein und Illumina wird von einer Geisterwelt zu einer richtigen Welt auferstehen. Genauso wird es kommen.“
Unsicher sah meine Schwester dann zu Charis rüber, die sie bloß aufmunternd anlächelte. Sie verstanden sich, auch wenn niemand ein Wort sagte. Deshalb wusste mein Schwesterherz nun, das wirklich alles gut gehen würde. Das auch das Schicksal es so sah. Sie hatten ja keine Ahnung... aber dafür wusste ich umso mehr.
Deshalb musste Tartaros bald hier auftauchen, deshalb musste ich mich ran halten und das Buch endlich lesen. Eine Woche hatte ich bereits verloren, ich musste aufpassen, das dies nicht ausartete.
Wenn ich mich nicht ran hielt, würden nicht mehr alle Illumina hautnah miterleben dürfen. Dabei sollte das unsere goldene Zukunft sein.

Zum Glück tauchte der Herr wenig später schon bei uns auf. Er landete vor uns auf dem Marktplatz und kam dann auf uns zu.
„ Wow...“ blickte Patty ihn fasziniert an. „ Im Gegensatz zu ihm bist du ja ein richtiger Zwerg, Keith.“
„ Ich bin ja auch um einiges Jünger als er.“
„ Im Fernseher sah er gar nicht so groß und majestätisch aus.“ überhörte sie den Prinzen einfach. „ Beeindruckend!“
„ Wenn du ihn haben willst, dann kann ich ja Misaki haben, nicht wahr?“ grinste Lian sie breit an.
„ Nimm ihn doch, wenn du ihn unbedingt haben willst.“
„ Da habe ich aber auch noch ein Wörtchen mitzureden.“ schaltete sich nun auch Charis ein. „ Schließlich teile ich schon seit Jahren das Bett mit ihm.“
„ Was?“ entfuhr es den beiden.
„ Genieße es, solange es noch anhält! Sobald ich wieder lebe, werde ich ihn mir unterm Nagel reißen.“
„ Das wüsste ich aber.“
„ Wollen wir wetten?“ funkelte sie ihre Nebenbuhlerin herausfordernd an. „ Kein Mann kann den Scharm einer Succubus widerstehen!“
„ Aber du bist doch nur eine halbe Succubus, also ist dein Scharm auch nur halb so groß.“ konterte sie.
„ Das ändert aber nichts an meinen Fähigkeiten! Ich habe bisher noch jeden rum bekommen!“
„ Und darauf bist du nun stolz? Also bitte, was will er bitte mit so einer ausgelutschten Teufelin anfangen?“
„ Das halte ich nicht aus...“ stand ich seufzend auf und ging Tartaros schon mal entgegen. „ Hi!“
„ Risa!“ lächelte er mich sanft an, während er seine Menschen ähnliche Form annahm. „ Wie schön dich zusehen.“ er lehnte seinen Arm um meine Schulter und gab mir einen sanften Kuss auf meine Stirn. „ Wie geht es dir?“
„ Blendend.“ lächelte ich. „ So blendend, das ich dich bald schon zurück ins Leben holen werde.“
„ Hast du Yujin's letzten Test etwa schon bestanden?“ zog er fragend eine Augenbraue hoch.
„ Schon ist gut. Ich war immerhin fünfzehn Jahre lang völlig Machtlos. Aber ja, ich habe den Test bestanden und bin nun wieder im vollen Besitz meiner Kräfte. Wo sich das Tor nach Ladthaa befindet, werden wir bald auch wissen.“
„ Das ist ja großartig.“ tätschelte er meinen Kopf.
„ Grummel.“ verzog ich argwöhnisch meinen Mund.
„ Was ist? Ist das etwa nicht großartig, oder wie?“
„ Doch, aber trotzdem musst du mich nicht wie ein kleines Kind behandelt.“ verschränkte ich schmollend die Arme vor die Brust. „ Es nervt.“
„ Oh Sorry.“ plötzlich griff er meine Hand und gab mir einen sanften Handkuss. „ Hallo, wie schön dich zusehen und das sind ja großartige Neuigkeiten!“ drückte er mich im nächsten Moment schon an sich. „ Ist das so besser?“ lachte er, allerdings verstummte sein lachen, als er seinen Sohn erblickte. „ Keith?“ riss er erstaunt seine Augen auf. „ Ist das denn die Möglichkeit?“ ließ er von mir ab, um zu ihm hin zugehen. „ Ist das lange her. Mensch siehst du gut aus. Du bist sogar ein Stück gewachsen, kann das sein?“ betrachtete er ihn von oben bis unten. „ Aber mir kannst du noch immer nicht auf den Kopf spucken.“ grinste er ihn schief an und nahm ihn dann in den Schwitzkasten, um ihm mit der Faust über den Kopf zu rubbeln.
„ Scheinbar liegt das in seiner Natur das er jeden wie ein kleines Kind behandelt.“ murmelte ich lächelnd.
„ I-Ist gut, Vater!“ befreite er sich aus dem Griff.
„ Lass dich umarmen, mein Sohn!“ lächelte er ihn an und umarmte ihn dann einfach. „ Es ist wirklich schön zusehen, das du dich so prächtig entwickelt hast. Du wirst wahrlich ein guter Herrscher sein.“
„ Ich bin nicht an dem Thron interessiert.“
„ Und wer sorgt hier sonst an Risa's Seite für Recht und Ordnung?“ sah er ihn fragend an.
„ Ach, den Thron meinst du.“
„ Glaubst du etwa, ich würde erwarten das du mit ihr die Teufel regierst? Das ist schon mein Part.“
„ Was? Mit ihr die Teufel zu regieren?“
„ Eigentlich nicht, aber wenn du schon so fragst...“ tat er so als müsste er darüber nachdenken.
„ Vergiss es.“
„ Ich habe damit nicht angefangen.“
„ Nun bin ich wieder dran!!“ quetschte sich Lian zwischen Sohn und Vater und klammerte sich dann an Tartaros's Arm fest.
„ Bist du wirklich so stark und weise wie sie alle sagen?“ wendete sich Patty dem Teufel zu.
„ Wie stark und weise soll ich denn sein?“ lächelte er sie an.
„ Sehr stark und sehr weise.“
„ Sehr aussagekräftig, meine Kleine. Wer bist du denn überhaupt?“
„ Oh entschuldige. Ich heiße Patty.“
„ Ach, dann bist das Mädchen, von der ich schon so viel gehört habe? Schön das ich endlich mal ein Gesicht zu den Geschichten habe.“
„ Du hast schon viel von mir gehört? Dann wird es aber zeit, dass du auch was von dir erzählst, sonst wäre es doch unfair.“
„ Was möchtest du denn wissen?“
„ Wie alt bist du?“
„ Puhh...da fragst du mich aber jetzt was. Ich weiß nicht. Ein paar tausend Jahre.“
„ Ein paar tausend Jahre?“ rief sie erstaunt aus.
„ Zu mindestens war ich so alt, bis ich gestorben bin.“
„ Und wie lange bist du schon der König der Ladthaaner?“
„ Auch so... ein paar tausend Jahre?“
„ Warst du etwa der erste Herrscher der Teufel?“
„ Nein, vor mir gab es schon ein paar. Mein Vater zum Beispiel und mein Opa, bevor er vom Thron gestoßen wurde und sich ein brutaler Wicht die Herrschaft unter den Nagel riss.“
„ Dein Opa wurde vom Thron gestoßen?“ harkte sie neugierig nach. „ Er zählst du mir die Geschichte?“
„ Wenn dich das interessiert, klar, warum nicht.“
„ Mich würde das auch interessieren!“
„ Macht es euch was aus, wenn ich euch dann kurz allein lasse?“ fragte Rika.
„ Nein, geht ruhig.“ blickte ich sie kurz an.
„ Ok.“
Es machte mir wirklich nichts aus, das Keith mit meiner Schwester, also seiner ersten großen Liebe, verschwand. Jedenfalls war es nicht so schlimm, das ich es vor Eifersucht und misstrauen nicht aushalten würde. Ich vertraute ihnen und ich war mir sicher, dass sie mich nicht enttäuschen würden.
Ich konnte mir gut vorstellen, das sie trotz allem viel zu bereden hatten. Schließlich hätte er ihren Tod beinahe nicht verkraftet. Er brauchte diesen Moment, davon ging ich stark aus. Außerdem war ja Tartaros noch da, der mich mit seiner Story über seinen Opa ablenkte. Er erzählte uns, das schon zu Zeiten seines Opas die Seelendiebe die rechte Hand des Königs waren, so wie Thanatos die rechte Hand von Tartaros und Misaki von Keith war. Erst als der alte Herr vom Thron gestoßen wurde, änderte sich diese Tradition. Eben weil sie jedem Gegner die Mächte oder gleich die gesamte Seele rauben konnten und dann die speziellen Angriffe des Ausgezogenen für sich selbst beanspruchte, waren sie gute Schutzschilde und gefährliche Kämpfer. Zu gefährlich... der damalige König der Teufel fürchtete sich vor der Macht, die die Seelendiebe besaßen. Wenn sie selber eine starke Seele besaßen, konnten sie so mächtig werden, dass selbst der Herrscher gegen diese Übermacht kapitulieren müsste. Deshalb legte man diese Teufel in Ketten, machte aus ihnen Sklaven der Königsfamilie, aus dieser Zeit stammte der Spruch, dass ein Seelendieb ein moderner Inkubus sei.
Was man mit ihnen gemacht hatte, muss ich an dieser Stelle nicht erwähnen, richtig?
Man sollte hier vielleicht erwähnen, das es keine weiblichen Seelendiebe gab. Wenn sich einer mit einer Frau einließ und die bekam ein Mädchen, dann bekam sie die Gene der Mutter geschenkt und beim Jungen halt die Gene des Mannes. So waren selbst die Seelendiebe Mischlinge und doch auch reine Geschöpfe, da sie nicht ein Gen der Mutter abbekamen. Im Laufe der Zeit, waren diese Ladthaaner dann als moderne Inkubusse bekannt, weil sie die körperliche Nähe zwar nicht zum überleben brauchten, aber trotzdem dazu gezwungen wurden, diese immer und immer wieder zu ertragen.
Erst als der Opa nach einem heftigen Kampf den damaligen falschen König tötete, endete das Martyrium und die Seelendiebe waren frei. Sie nahmen den rechtmäßigen Platz an der Seite des Königs wieder ein und lebten von dort an ein besseres Leben.
Weder Misaki noch Thanatos hatte diese Zeit miterleben müssen, dennoch sprachen sie nicht gern darüber. Natürlich, ich fände es auch nicht wirklich berauschend, wenn meine Vorfahren als Sexsklaven gehalten worden wären. Dann auch noch als Sklaven für den männlichen König. Erniedrigend.

Während wir uns also dieses dunkle Detail aus der Geschichte der Seelendiebe anhörten, hatten es sich Keith und Rika an einer Klippe bequem gemacht und sprachen über die alte Zeit.
Wie sehr sie jeder für sich gelitten hatten. Sowohl vor, als auch nach dem tragischen Überfall.
Allerdings sprachen sie auch über die schönen Erinnerungen, die ihnen auch heute noch ein Lächeln auf die Lippen zauberte.
Es war fast so, als wenn nie was geschehen wäre, als wenn die Trauer und der Schmerz, bloß ein böser Traum gewesen wäre. Der Zauber flammte ohne Zweifel von neuem auf, als sie über diese wunderbaren und schönen Ereignisse redeten. Sie lachten, bis ihnen beinahe die Tränen kamen und sich die Schmerzen im Bauch für die ausgelassene Stimmung rächten. Es war wirklich so, als wenn nie etwas gewesen wäre. So als würden die beiden keineswegs in neuem Partnerschaften stecken, als gäbe es niemanden anderes, den sie liebten. Die Zeit lief unaufhörlich zurück und stand dann schließlich in einer Epoche still, in der es weder mich, noch Noel, Rika's neuen Freund, gab. Und dann kam, was kommen musste, was ich aber eigentlich niemals für möglich gehalten hätte:
Als sie sich in die Augen sahen, verfielen sie vollends dem Zauber und küssten sich leidenschaftlich auf den Mund! Erst als sie die Arme um seinen Hals schlang und er sie schon zurück ins weiche Gras drücken wollte, schoss meine Erscheinung an seinem inneren Auge vorbei.
Völlig entsetzt riss er die Augen auf und rückte gleich Ruckartig von ihr weg, ehe er wie von der Tarantel gestochen aufsprang.
„ Oh scheiße.“ murmelte er aufgelöst vor sich hin.
„ Was...was haben wir nur getan?“ zerplatzte auch bei meiner Schwester der Zauber.
„ Wir haben etwas getan, was wir niemals hätten tun dürfen.“ strich er sich Kopflos durchs Haar. „ Wie konnte das nur geschehen?“
„ Scheinbar sind da noch Gefühle, die nicht mehr da sein sollten.“ verbarg sie ihr Gesicht mit den Händen.
„ So etwas darf nie, nie wieder passieren!“
„ Da bin ich voll und ganz deiner Meinung!“ stimmte sie ihm zu.
„ Wir sollten jetzt zurück zu den anderen gehen.“ meinte er dann nur noch und wanderte den Weg zurück, den sie gekommen waren.
Inzwischen hatten wir die Story der modernen Inkubusse und dem falschen Herrscher abgeschlossen und redeten über die Zukunftspläne.
„ Wenn ich dich wiederbelebt habe, fallen wir in Ladthaa ein und dann werde ich meine Bestimmung erfüllen und Kronos nebenbei noch beseitigen.“ erzählte ich Tartaros.
„ Kronos... mhm...“ murmelte er plötzlich. „ Es gibt da eine Kleinigkeit, die ich dir noch nicht erzählt habe, Risa.“
„ Ach so? Und das wäre?“
„ Dein Vater ist letztendlich auch nur eine Schachfigur in einem Spiel, was viel weiter geht, als du dir das vorstellen kannst.“
„ Was meinst du?“ blickte ich ihn fragend an. „ Ich meine, das er auch nur eine Marionette seiner eigenen Ängste ist, weiß ich bereits.“
„ Hast du dich nie gefragt, warum er Ladthaa vernichtet hat? Oder wie er überhaupt die Götter manipulieren kann, das nicht mal Lucia, die Göttin der Wahrheit, die Lüge erkennen kann?“
„ Doch, natürlich habe ich mich schon gefragt, warum mein Vater so eiskalt ist. Aber ich dachte, das er so geboren wurde und eigentlich braucht man doch auch keinen Grund, um so blöd zu sein, oder?“ überlegte ich. „ Aber scheinbar hat er ja doch seine Gründe, warum er das ganze Universum ins Unglück stürzt. Erzähl mir mehr davon.“
„ Kronos ist besessen.“
„ Von wem?“ zog ich eine Augenbraue hoch. „ Von sich selbst, oder was?“
„ Nein, von einem Wesen namens Chaos.“
„ Chaos? Wer oder was ist das?“
„ Er ist das abscheulichste und hinterhältigste, das brutalste und rücksichtsloseste Wesen aller Zeiten! Man kann ihn nicht besiegen, weil er keinen Körper hat, deshalb ist er nicht nur unsterblich, sondern auch unverwundbar.“
„ Pf, ich glaube eher, das dieser Chaos der Zustand der Bude von Keith war. Bevor wir dort richtig aufgeräumt haben.“ kicherte Patty.
„ Nein, das verwechselst du jetzt mit der Müllhalde.“ stimmte ich beim kichern mit ein.
„ Du scheinst dir den Ernst der Lage nicht bewusst zu sein, Risa. Chaos kann man gleich stellen, mit dem Wesen, dessen Blut du in dir trägst.“
„ Du meinst diese Type, der die Welten erschaffen hat und dann uns, weil er sich allein nicht mehr drum kümmern konnte?“
„ Genau den mein ich.“
„ Ich dachte das wäre nur eine Legende.“
„ Nein, ist es nicht. Diese Type, wie du ihn nennst, gab es wirklich. Genauso wie es Chaos wirklich gibt.“
„ Du willst mir also allen ernstes sagen, das mein Vater von einem Überwesen besessen ist, der keinen eigenen Körper hat und deshalb auch nicht vernichtet werden kann?“
„ Ja.“ nickte er.
„ Das heißt also, das er weiter leben wird und gleich den nächsten befallen könnte, selbst wenn wir Kronos aufhalten können?“
„ Ja.“ nickte er erneut.
„ Und, was sind seine Ziele? Warum macht er das alles?“
„ Ähnlich wie bei den meisten Teufeln, ernährt auch der sich von etwas. Die Zerstörung des Universums ist sein Leibgericht! Er befällt ein Opfer, das großen Einfluss hat und sorgt dafür, das sein Wirt das Universum langsam und schmerzhaft vernichtet. Von diesen vernichtenden Gefühlen einer sterbenden Welt ernährt er sich.“
„ Er trägt den Namen Chaos also nicht ohne Grund. Warum hast du mir das nicht früher schon gesagt?“
„ Weil ich Angst hatte, das du zögern würdest, wenn du deinem Vater gegenüber trittst. Er würde es nämlich nicht tun. Er räumt alle Personen, die ihm in die Quere kommen könnten, nach und nach aus dem Weg. So hat er das mit Yujin und Cecilia, mit Rika und so hätte er es auch mit dir gemacht, wenn er gekonnt hätte.“
„ Also können wir meinen Vater retten?“
„ Nein.“ senkte er leicht seine Augen. „ Genau deshalb, habe ich es dir bisher verschwiegen. Ich wusste, das du versuchen würdest ihn zu erreichen. Und das hätte böse enden können.“ sah er mir wieder in die Augen. „ Chaos nistet sich in dem Körper seines Wirtes ein und übernimmt die Kontrolle über diesen, während die rechtmäßige Seele langsam von ihm absorbiert wird und schließlich im nichts verschwindet. Also selbst wenn Chaos den Körper deines Vaters frei gibt, wird er höchstwahrscheinlich bloß noch eine leere Hülle sein.“
„ Aber es gibt zu jedem bösen Part doch auch einen guten Part, der die Fähigkeiten besitzt, das Monster aufzuhalten!“
„ Bei Chaos wäre das dann die Ordnung, oder wie?“ zog Patty eine Augenbraue hoch.
„ Es gibt wohl einen guten Part. Aber niemand weiß wo sie sich aufhält, oder ob sie wirklich existiert. Den Sagen zufolge, soll sie eine wunderschöne junge Frau sein, mit langen silbernen Haaren, goldenen Flügeln, einem wunderschönen Lächeln, das selbst die Sonne verblassen lässt und einer Haut, so weich wie samt. Sie soll ein weißes Kleid tragen und vor Reinheit nur so protzen.“
„ Das klingt nach einem Märchen.“ murmelte ich. „ Aber Chaos gibt es ja auch, also warum sollte es diese Frau nicht geben. Leider haben wir nicht die Zeit, die unzähligen Universen um uns herum zu durchsuchen. Wir wissen ja nicht mal, wo sie sich befindet oder ob sie, wie Chaos, einen Körper übernehmen muss. Es wäre also unsinnig uns in blinde, Erfolgslose Situationen zu stürzen.“
„ Deshalb bleibt uns nichts anderes übrig, als den Wirt zu töten. Auch wenn er letztendlich nichts für das kann, was Chaos angerichtet hat. Ich wollte nur das du weißt, das er von Chaos besessen ist. Nicht das du dir hinterher noch Vorwürfe machst, das du nicht versucht hast ihn zu retten. Es ist beinahe unmöglich, bitte sei dir dessen bewusst.“
„ Nur beinahe unmöglich?“
„ Die Chancen das seine Seele nach dieser langen Zeit noch existiert sind verschwindend gering.“
„ Wie lange ist er denn schon besessen?“
„ Seit langer langer Zeit. Überlege doch mal, wie lange Yujin und Cecilia schon weg sind. Das sind bereits ein paar hundert Jahre.“
„ Aber wir sollten es trotzdem versuchen.“
„ Nein! Auf gar keinen Fall! Das ist viel zu gefährlich! Und wie willst du Chaos überhaupt dazu bringen, seinen Wirt zu verlassen? Solange Chaos da ist, wird sich sein Körper von jeder Wunde erholen, du musst ihn töten, wenn es endlich ein Ende haben soll.“
„ Und dann?“ meckerte ich zurück. „ Dann ist Kronos tot, aber Chaos nicht! Er wird sich ein neues Opfer suchen und dann geht das alles wieder von vorne los! Welchen Sinn soll das Ableben meines Vaters denn haben?“
„ Wir können nichts anderes machen, als ihn zu töten! Er wird deinen Vater nicht mehr frei geben, es sei denn er muss! Und das tut er nur, wenn die Lebenslinie abreißt! Einen anderen Grund gibt es nicht, warum er seinen Wirt verlassen sollte!“
„ Und wenn wir aus Kronos einen Sterblichen machen?“ warf Charis ein. „ Dann ist Kronos für ihn Wertlos und er wird ihn bestimmt frei geben, um sich ein neues, mächtigeres Wesen zu suchen.“
„ Das könnte klappen. Aber das ändert nichts daran, das seine Seele bereits absorbiert sein könnte. Dann hättest du eine menschliche, Seelenlose Hülle. Nach allem was er dir angetan hat, denkst du wirklich darüber nach, wie du ihn retten könntest? Du bist wirklich einzigartig.“
„ Ja, so ist sie.“ seufzte die Schicksalsgöttin verhalten auf.
„ Ich bin die Göttin des Lebens, ich muss das Leben schützen und es nicht vernichten. Und so lange es auch nur einen kleinen Lebensschimmer gibt, muss ich versuchen dieses Leben zu retten. Es ist meine Pflicht.“
„ Selbst wenn du dafür mit deinem eigenen Leben zahlen musst?“
„ Dann ist es eben so.“
„ Nun gut.“ erhob er sich. „ Du hast ja zwei Seelendiebe auf deiner Seite. Aber sollten sie scheitern, werde ich der erste sein, der Kronos sein Schwert in die Brust rammt.“
„ Ich verstehe ja, das du kein Risiko eingehen willst. Dir liegt Ladthaa sehr am Herzen und dein Volk natürlich auch. Du willst sie alle retten und hast dich für dieses Ziel sogar geopfert. Aber du musst mehr Vertrauen in mich haben. Wir werden es schaffen und wenn Kronos sterben muss, dann muss er das halt. Aber ich muss versuchen es zu verhindern.“
„ Wie du meinst.“ sagte er und flog dann davon.
„ Ich glaube du hast dir gerade deinen zukünftigen Schwiegervater zum Feind gemacht.“ blickte Lucia ihm nach. „ Und das auch noch wegen unserem unfähigen Erzeuger.“
„ Wenn ich irgendeine Göttin wäre, dann würde ich auch auf meinen Vater pfeifen. Aber ich bin nun mal die Göttin des Lebens und ich kann und darf meine Augen nicht vor dem möglichen Lebensbeweis verschließen.“ sah ich ihm nach. „ Allerdings wird es mich keineswegs umbringen. Seine Sorgen sind bei mir angekommen, jedoch sind sie unbegründet.“ setzte ich eine ernste Maske auf. „ Wir sollten bald gehen.“
„ Du hast wirklich ein ganz schön großes Herz.“ blickte mich Lian an.
„ Schon möglich.“
Vermutlich war es falsch, selbst meinen verblödeten Erzeuger retten zu wollen. Gerade nach allem was er angerichtet hatte. Nur was war denn, wenn seine unschuldige Seele noch irgendwo in seinem Unterbewusstsein hockte und sich vielleicht sogar gegen Chaos zur wehr setzte? Wenn er einen erbitterten Kampf gegen diesen Giganten bestritt? War es da nicht unsere Pflicht, ihm zu helfen? Was machte es schon für einen Unterschied, ob wir ihn nun umbrachten oder entkräfteten? Verloren hatte er dann so oder so. Wir würden schon sehen, wie es endete.

Als Keith und Rika wieder zu uns stießen, herrschte eine eigenartige Stille zwischen uns. Ich stand inzwischen fern ab von ihnen auf einem Dach und blickte nachdenklich auf die schöne Landschaft herab. Die anderen befanden sich noch immer am Brunnen und starrten Gedankenverloren vor sich hin. Niemand wusste so richtig, auf wessen Seite sie sich schlagen sollten. Auf der einen Seite, stand der Gott der alles vernichten will und auf der anderen Seite der Gott, der vielleicht sogar um sein Leben kämpfte. Sterben oder retten, dies war eine ausgesprochen schwierige Entscheidung.
„ Was ist denn hier los?“ sah Keith erstaunt auf die schweigsamen Damen herab. „ Und wo ist Risa?“
„ Auf dem Dach dahinten.“ zeigte Lucia ihm die Richtung meines Standortes.
„ Und wo ist Tartaros?“
„ Der ist abgedampft.“
„ Und wieso?“
Lucia beantwortete ihm auch diese Frage und erzählte ihm alles, was gerade ans Licht kam.
Zwischenzeitlich tauchte auch der vermisste Ladthaaner wieder auf, der neben mir auf dem Dach landete.
„ Es tut mir leid, Risa.“ seufzte er. „ Du hast natürlich recht, wenn es nur den kleinsten Hoffnungsschimmer gibt, dann sollten wir danach greifen. Es bringt nichts, die angestaute Wut und den Hass an Kronos auszulassen, wenn es eigentlich Chaos war. Letztendlich würde es nichts bringen, außer das ein weiteres Opfer dem kalten Krieg erliegen muss und sich Chaos an einem weiterem Opfer laben kann. Trotzdem musst du mir versprechen, das du nicht zögern wirst ihn umzubringen, wenn er es bei dir versucht.“
„ Ich würde nicht zögern, keine Sorge. Wenn es sein muss, dann muss es sein. Das weiß ich.“
„ Dann werde ich deinem Wunsch natürlich nicht im Weg stehen.“
„ Danke.“ lächelte ich ihn leicht an. „ Aber vermutlich brauchst du mir nicht im Weg stehen, da ich es schon selbst tun werde. Ich empfinde nichts als Hass für meinen Erzeuger. Ich würde ihm am liebsten all das antun, was er den anderen angetan hat. Ich war schon einmal mehr als bereits dazu gewesen, ihn zu töten. Aber nun kommt plötzlich eine höhere Macht ins Spiel, die die Spielregeln neu aushandelt. Kronos wird plötzlich zu einem weiteren Opfer dieser Tragödie, aber irgendwie ist er aber auch schuld daran. Ein Teil in mir will ihn unbedingt retten, es zu mindestens versuchen, aber ein anderer Teil will ihn am Boden liegen sehen. Ich bin hin und her gerissen. Ich weiß nicht was ich tun soll... ich muss ihn doch retten, schließlich ist das meine Pflicht. Allerdings muss er für das was er getan hat aber auch büßen. Allerdings war es ja Chaos, der das angerichtet hatte. Also wie sollten wir Kronos dafür belangen können? Das wäre ja so, als würden wir einen unschuldigen verurteilen. Ich weiß das die anderen mich nicht verstehen...“
„ Als ich Rika davon erzählt habe war sie auch gleich dafür, das er gerettet werden müsste.“ erzählte er mir dann. „ Ihr seit euch wirklich sehr ähnlich. Allerdings hatte sie es leichter, weil sein Schicksal letztendlich in deinen Händen liegt. Du musst deinem Herzen folgen, Risa. So wie es dann kommt, wird es richtig sein.“
„ Meinem Herzen folgen...mhm...“

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Tag der Veröffentlichung: 18.02.2013

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