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Kapitel 33. Sieg der Ungewissheit





Auch spät in der Nacht saßen wir noch eng umschlungen in den heißen Bädern und betrachteten die Sterne und die tanzenden Vollmondgeister.
Inzwischen hatten sich auch die anderen wieder zu uns gesellt, die nun schweigend die harmonische Atmosphäre mit uns genossen.
„ Wollen wir nicht langsam ins Bett gehen, Risa?“ blickte mich Elara an. „ Ich würde gern noch nach Illumina, bevor wir morgen wieder in die Bibliothek gehen.“
„ Ja, so ein paar Stunden Schlaf würden mir wohl nicht schaden.“ gähnte ich demonstrativ.
„ Dem Aufbruch würde ich mich dann anschließen.“ streckte sich Misa.
„ Ich hab schon richtige Waschfrauenhände.“ kicherte Lucia. „ Wenn wir nicht aufpassen, wachsen uns noch Kiemen am Hals.“
„ Dann könnten wir unter Wasser atmen, das wäre doch klasse, oder nicht?“ stimmte ich beim Kichern mit ein.
„ Stell dir mal vor, wir verwandeln uns in Fische und dann werden wir geangelt und aufgegessen.“ überlegte mein Schwesterchen. „ Ne, lass mal. Dann bleibe ich lieber eine Göttin.“
„ Ja, das ist wohl wirklich die bessere Alternative.“ stimmte ich ihr zu. „ Dann lass uns gehen, Elara. Sonst lohnt es sich fast schon nicht mehr nach Illumina zu gehen.“ meinte ich und stieg dann aus dem Becken. „ Bis Morgen oder eher später.“
Ich wäre zwar lieber sitzen geblieben und hätte weiter mit Keith gekuschelt, allerdings konnte ich mir durchaus vorstellen, wie hart es für Lucia und meine Kitty sein musste, uns beim kuscheln zuzusehen. Wobei es mein Wächter um einiges einfacher hatte, schließlich konnte sie ihrem Geliebten wenigstens Nachts nah sein. Die Göttin jedoch nicht, da sie sich erst frisch von ihrem Verlobten getrennt hatte.
Die Wunden waren noch frisch und tief, auch wenn man ihr die Schmerzen über den Verlust ihres Partners nicht ansah, war er dennoch stets gegenwärtig.
Natürlich vermisste sie ihn und sie sehnte sich nach seiner Nähe, die ihr immer Geborgenheit vermitteln konnte. Das er bisher noch nicht einmal hier aufgetaucht war, um sie von seiner Liebe zu überzeugen, versetzte ihr noch einen zusätzlichen Stich mitten ins Herz. Sie hatte einfach mehr in ihm gesehen und erwartet. Sie wollten heiraten, planten ihre Zukunft miteinander und sprachen sogar von Kinder, aber was war ihr denn jetzt noch geblieben? Außer einem riesigen Scherbenhaufen, der einst ihre Liebe verkörperte?
Der Alkohol hatte auch einen niederschmetternden Einfluss auf ihr Gefühlsleben und zog sie noch weiter runter.
Aber sie ließ sich nichts anmerken, die ganze Zeit nicht, dabei wäre jetzt der Zeitpunkt gekommen, wo meine Schwester mich wirklich gebraucht hätte und ich hab es nicht bemerkt...
Wir verabschiedeten uns in die verdiente Nachtpause und gingen unseren Aktivitäten nach.
Elara und ich verkrochen uns ins Bett und schliefen auch gleich ein. Misaki zog sich in seinem Zimmer um und verschwand dann. Lucia suchte ein ruhiges Plätzchen im Garten, wo sie ungestört war und ihre undurchdringliche Maske endlich fallen lassen konnte.
Sie dachte darüber nach, ob Helios wirklich von Kronos kontrolliert wurde und letztendlich gar nicht wusste was er da überhaupt anrichten wollte. Wenn es so war, wie konnte sie den Bann denn brechen? Wenn noch nicht mal die Trennung ihn wach rütteln konnte und je mehr Zeit verging, je mehr Taten der Gott beging, je größer war ihre Angst, ihm irgendwann nicht mehr verzeihen zu können. Auch wenn er im Grunde nichts dafür konnte.
Es war halt nicht einfach, 16 Jahre einfach so wegzuwerfen und die Gefühle von jetzt auf gleich abzustellen. Er war ihre erste große Liebe, der Mann ihrer Träume, sie sah in ihm schon den perfekten Ehemann und Vater ihrer Kinder. So was steckte man nicht so einfach weg und Frau auch nicht.
Aber es lag wohl in unserer Familie, das wir den Schmerz niemals nach außen ließen, solange, bis wir dann irgendwann platzten...
Bei Lucia kam es aber gar nicht so weit, weil sie ein Nachtschwärmer, der nicht schlafen konnte, vom Balkon aus entdeckte und zu ihr rüber kam.
„ Kannst du nicht schlafen?“ setzte sich Keith neben ihr auf die Bank. „ Oder kannst du dich bloß nicht von dem Anblick des Sternenklaren Himmels lösen?“
„ Beides, vermutlich.“ lächelte sie ihn leicht an. „ Ich kann nicht schlafen, weil ich ständig an die hellen Sterne denken muss.“
„ Und nebenbei wünscht du dir, das dieser Flaschengott hier auftaucht, ja?“ harkte er etwas leiser nach und schaute dabei in den Himmel.
„ Er könnte doch wenigstens mal versuchen die ganzen gemeinsamen Jahre zu retten, oder?“ seufzte sie. „ Aber leider tut er das nicht. Es ist wirklich tragisch, wie viel Gewalt Kronos über die Götter hat, das nicht mal ein gebrochenes Herz einen retten kann.“
„ Vielleicht sucht er ja schon nach dir. Aber hier wird er dich weder vermuten, noch finden. Was eigentlich auch gut ist, andernfalls würden sie ja auch Risa finden.“ lehnte er seinen Kopf an seine Hand. „ Wir können wirklich froh darüber sein, dass diese Insel von Granas beschützt wird.“
„ Ja, das können wir wohl.“ flüsterte Lucia. „ Vielleicht hast du ja recht und Helios sucht wirklich schon nach mir.“
„ Ich weiß zwar nicht wie stark Kronos die Götter beeinflussen kann. Aber was ich weiß ist, dass die Liebe eine unbesiegbare Macht ist, die selbst der Götter Vater nicht gewachsen ist.“ lächelte er leicht und sah dann zu Lucia hin. „ Das wird Helios auch noch erkennen.“
„ Und falls nicht, dann sollte ich meine neugewonnene Freiheit endlich genießen, anstatt diesem Idioten hinterher zu trauern, nicht wahr?“ lächelte die Göttin und senkte dann den Blick. „ Wie Granas schon so schön sagte, wir haben überhaupt keine Zeit übrig, die wir mit Kopfzerbrechen vergeuden können.“
„ Wenn das mal so einfach wäre...“ murmelte der Prinz vor sich hin.
„ Hast du noch immer nicht mit Risa reden können?“
„ Doch natürlich. Nur leider wird sie sich morgen schon, an nichts mehr erinnern können.“
„ Aber sie hat dir doch gesagt, das ihr reden müsst, als sie noch nüchtern war, oder nicht?“ überlegte Lucia. „ Das heißt, das sie all das was sie dir jetzt gesagt hat, auch da schon sagen wollte, oder nicht?“
„ Das würde auf jeden Fall Sinn machen...“ meinte Keith.
„ Dann solltest du jetzt ganz schnell von deinem sie-glaubt-mir-ja-eh-nicht-Trip runter kommen und morgen gleich von neuem das Gespräch suchen. Andernfalls verläuft sich ihre Zuversicht im Sande und du kommst wirklich nicht mehr an sie heran. Jede noch so kleine Erschütterung könnte sie wieder verunsichern und sie dazu bringen die Schotten dicht zu machen. Dazu darf es erst gar nicht kommen.“
„ Und du glaubst wirklich, das sie mir plötzlich zu hundert Prozent vertrauen wird, nur weil wir eine feste Beziehung führen?“
„ Das vielleicht nicht, aber es würde ihrem Vertrauen auch nicht schaden.“ glaubte meine Schwester Bescheid zu wissen. „ Ich hätte ja echt nicht gedacht, das der Sohn Tartaros's, Prinz der Ladthaaner, zudem noch Yujin Nachfolger und einer der stärksten Teufel überhaupt, so ein Feigling ist.“ schmunzelte sie.
„ Wie?“ starrte er sie seitlich an.
„ Nichts wie! Bei Rika musst du das doch auch irgendwie geschafft haben. Also weißt du doch wie es geht.“ grinste sie ihn frech an. „ Oder ist euch eines schönen Morgens klar geworden, dass Sex nicht alles im Leben ist und seit dann eine feste Partnerschaft eingegangen?“
„ So in etwa...“ murmelte der Herr.
„ Blödmann!“ kicherte die blonde Göttin.
„ Hatte Rika damals eigentlich öfter Lieder komponiert?“ schaute er sie fragend an. „ Oder warum bekam Risa von ihr eins geschenkt?“
„ Es ist ein Wegweiser, der sie in den schweren Stunden leiten soll.“ lächelte sie. „ Damit sie ihre Hoffnung nicht verliert und ihren Weg geht, egal wie steinig er auch sein mag.“ erinnerte sie sich. „ Die beiden hatten schon immer eine starke Verbindung, manchmal war ich echt neidisch und eifersüchtig. Ich hab mich wie das fünfte Rad am Wagen gefühlt und hab die innige Beziehung der Beiden beneidet. Ich schätze das Rika von Anfang an gewusst hat, das Risa ein schweres Schicksal zu tragen hat. Aber erst als sie zur Erde ging, hatte sie sich mir anvertraut und mir Risa's Wohlergehen in die Hände gelegt. Ich wollte sie begleiten, aber das hat sie strikt abgelehnt. Klar, sonst wäre niemand mehr da gewesen, der Risa vor Kronos beschützen konnte. Ich hab die Fäden der Intrigen nur leider viel zu spät gesehen. Mir war nicht klar, in welch großer Gefahr sich meine Schwestern befanden. Ich lebte vor mich hin, während sie beide um ihr Leben kämpften. Sie haben sich weiter entwickelt und um eine bessere Zukunft gekämpft, während ich bloß auf der Stelle trat. Aber das wird mir kein zweites Mal passieren.“ davon war sie überzeugt. „ Ich werde Risa nicht mehr von der Seite weichen, komme was wolle!“
„ Ich glaube nicht, dass die Verbindung zwischen Risa und Rika stärker ist. Sie hat dich vermisst, genauso wie sie Risa vermisst hat. Allerdings brauchte Risa einen besonderen Schutz und sehr viel mehr Aufmerksamkeit. Und nun ist es so, dass sie sich für ihre jüngere Schwester geopfert hat, das ist eine besondere Situation. Wärst du von uns gegangen, würde Risa auch alle Hebel in Bewegung setzen, um dich zu retten!“
„ Ja, vermutlich hast du sogar recht.“
„ Natürlich hab ich recht, wie immer halt.“ lächelte er.

Zur gleichen zeit befand sich die Kloster-Succubus gar nicht all zu weit von ihnen entfernt.
Sie stand am Meer und betrachtete ihr Spiegelbild im Wasser. Es war das erste Mal für sie, dass sie in die Augen ihres verruchten bösen Ichs schaute. Das erste Mal, das ihre Finger die Ziegen artigen Hörner ertasteten, ihre Augen die dämonischen Schwingen sahen und ihr Körper in diesem Hauch von nichts und einem Klecks Stoff steckte. Marie war fasziniert und verängstigt zugleich.
Sie ähnelte Lian ein bisschen. Zwar nicht vom Charakter, aber vom Aussehen und auch von ihrem bisherigen Leben. Aber für sie beide ging es ab jetzt steil bergauf!
Es dauerte ein bisschen, bis sie die Angst überwinden konnte und ihr Spiegelbild anlächelte. Schließlich war dies ein Teil von ihr, vor dem sie sich nicht fürchten musste. Sie verspürte aber auch diesen typischen Drang nicht, sich an irgendwas männlichem heran schmeißen zu müssen, wie es für ihre Spezies Gang und gebe war.
Die Succubus konnte sich an alle Begebenheiten langsam heran tasten und musste nichts überstürzen, weil ihr Leben davon abhing. Sie hatte alle zeit der Welt. Allerdings verschwendete sie nicht einen Gedanken daran, dass sie in dieser Gestalt auch eine teuflische Aura besaß und sich mindestens zwei Teufelsschlächter im Hotel befanden...
Jedoch war es ein anderer, der die Teufelin am Meer überraschte.
„ Sieh mal einer an, wenn das nicht ein kleine Succubus ist, die sich auf meine Insel verirrt hat.“ stand Granas plötzlich hinter ihr.
Völlig entsetzt sprang sie auf, drehte sich zu ihm um und trat ein paar Schritte zurück.
Vergeblich suchte sie nach etwas, womit sie ihren leicht bekleideten Körper verdecken konnte und griff letztendlich auf ihre Schwingen zurück, die sie sich um den Körper lehnte.
„ V-Vater Gran...“ stotterte sie erschrocken. „ Was macht ihr denn zu so später Stunde hier??“
„ Das gleiche könnte ich dich fragen, mein Kind.“ lächelte er sie an.
„ I-Ich??“ bekam sie langsam richtig Panik. „ Ich war gerade...äh..auf der Durchreise und mhm...habe hier....eine Pause eingelegt, ja genau! Meine Flügel sind von der vielen rum Fliegerei ganz erschöpft und müde.“
„ Schon ok. Du brauchst keine Angst vor mir zu haben, ich werde dir nichts tun.“
„ Wollt ihr mir nicht den Teufel austreiben?“ blickte sie ihn unsicher an.
„ Ach was. Das wäre reine Zeitverschwendung und würde auch überhaupt nichts bringen.“ wehrte er lachend ab. „ Du bist ein halber Mensch, nicht wahr?“
„ J-Ja, Sir!“
„ Und so gut erzogen bist du auch noch.“ schmunzelte er. „ Ist dein Vater für deine teuflische Seite verantwortlich?“
„ Ja.“ nickte sie. „ Er und meine Mutter haben sich auf den ersten Blick ineinander verliebt. Aber er ist nun mal ein reiner Inkubus und kann nicht lange bei einer bleiben, egal wie sehr er sich das auch wünscht. Deshalb hat er uns verlassen, damit meine Mum nicht verletzt wird. Jedenfalls hat sie mir das so erzählt...“
„ Dann wird es bestimmt auch so gewesen sein. Er hat euch vermutlich nicht nur deshalb verlassen, sondern auch um euch in Sicherheit zu wissen und keinen unnützen Gefahren auszuliefern. Du kannst deine dunkle Aura verbergen, dein Vater aber kann es nicht.“
„ Das würde auch erklären, warum meine Mutter nicht will das ich mich in dieser Gestalt zeige.“
„ Teufelschlächter gibt es wie Sand am Meer, aber richtig gute gibt es nur zwei Stück.“ sah er zum Hotel hin. „ Und diese beiden werden dir nichts antun.“
„ Was denn?“ versuchte sie seinen Blick zu deuten. „ Meint ihr damit, dass sich Teufelsschlächter im Hotel befinden??“ quietschte sie erschrocken auf und dann fiel ihr auch wieder ein, das sie nicht das einzige dunkle Geschöpf auf der Insel war. „ Misaki!“
„ Oh, du kennst ihn also bereits? Er hat aber nicht versucht dich um zu bringen, oder?“
„ Was? Nein, natürlich nicht! Wenn sich ein Schlächter, nein gleich zwei, im Hotel befinden, dann muss ich ihn sofort warnen!!“ doch dann hielt sie noch mal inne. „ Wie, versucht mich umzubringen? Ist er etwa einer von denen??“ rief sie erstaunt aus.
„ Nicht nur das, er ist auch noch die Leibgarde einer mächtigen Göttin und die rechte Hand des Prinzen der Teufel. Oh.“ lachte er dann auf. „ Ich erzähle schon wieder zu viel. Höre nicht auf die wirren Worte eines alten Mannes.“
„ Wirren Worte eines alten Mannes?“ schlenderte besagte rechte Hand auf die beiden zu. „ Was macht ihr beiden denn hier draußen und das zu so einer unchristlichen Zeit?“
„ Ich... ich wollte nur...mhm...“ stammelte Marie gerötet.
„ Wir haben uns nett unterhalten, nicht wahr mein Kind?“
„ J-Ja!“ nickte sie gerötet.
Misaki's Anwesenheit machte sie scheinbar nervös und irgendwie schämte sie sich ein bisschen dabei, in diesem knappen Outfit vor ihm zu stehen. Auch wenn ihre Schwingen den erotischen Anblick eigentlich verdeckten.
„ Ich lasse euch dann mal allein, schließlich möchte ich eure Verabredung nicht stören.“ lächelte mein Großvater und schlenderte dann weiter. „ Morgen früh sehen wir uns dann wieder!“
„ Schlaf gut.“ rief er dem alten Mann noch nach, ehe er sich der Succubus zuwendete. „ Alles ok?“
„ Ja sicher. Aber du hättest mir ja mal sagen können, was du für eine hohe Persönlichkeit bist.“ strafte sie ihn mit vorwurfsvollen Blicken.
„ Hohe Persönlichkeit? Ich?“ zog er irritiert eine Augenbraue hoch. „ Ich glaube du verwechselst mich da mit jemanden.“
„ Begabter Teufelsschlächter, rechte Hand des Prinzen und dann noch die Leibgarde einer mächtigen Göttin, klingelt es jetzt bei dir?“
„ Und das macht aus mir eine hohe Persönlichkeit? Wie schmeichelnd.“ lächelte er leicht. „ Aber letztendlich bin auch ich nur irgendein dahergelaufener Teufel.“
„ Nein, irgendwie bist du anders. Du besitzt keine Hörner, keinen Schweif. Dein ganzer Körperbau, ja sogar deine Schwingen sind...anders.“ meinte sie. „ Gibt es bei den Teufeln verschiedene Schichten, so wie bei den Menschen? Und sieht die Oberschicht so aus wie du?“
Marie war eine Klosterschülerin, mit einer besonderen Bindung zu Gott, also Kronos, wie also sollte er ihr jetzt sagen, dass genau dieser ein falscher Hund war. Misa also in Wirklichkeit ein Ladthaaner war und sein Volk von dem Göttervater niedergemetzelt wurde? Nein, ihren Glauben wollte er ihr nicht nehmen.
„ So könnte man es wohl sagen.“ überlegte er. „ Ich gehöre zu den Eliten der Teufel. Aber mehr kann ich dir nicht sagen, das ist ein Geheimnis. Ich hoffe du verstehst das.“
„ Ja, natürlich.“ nickte sie.
„ Und? Willst du mir nicht mal deine teuflische Gestalt zeigen?“ kam er lächelnd auf sie zu.
„ Meine teuflische Gestalt? Soll ich nicht lieber wieder Risa's annehmen?“ auch wenn sie es ja nicht mehr machen wollte, fühlte sie sich so sicherer.
„ Nein, das ist nicht notwendig.“ sagte er und strich ihr dann ein paar verirrte Strähnen aus dem Gesicht.
„ Sicher?“ blickte sie ihn unsicher an.
„ Aber ganz sicher.“ flüsterte der Seelendieb.
„ Na gut..“ murmelte sie vor sich hin und löste langsam die Umklammerung ihrer Flügel.
Schweigend musterte er sie, während die Teufelin den Blick gerötet abwendete.
„ Bist du müde?“ harkte er dann nach.
„ Nein.“
„ Gut.“ kurzer Hand nahm auch er seine teuflische Gestalt an, griff sich das erstaunte Mädel und flog mit ihr auf eine Lichtung im Wald, wo er ungestört über sie herfallen konnte.
Genau das tat er auch und brachte sie erst am frühen Morgen wieder zurück. Damit sie sich noch in ihr Bett schleichen konnte und niemand ihr nächtliches wegbleiben bemerkte.
Eventuell hätte es Keith auch so machen sollen...aber er war nicht da, als ich meine Augen öffnete und mich seufzend noch mal umdrehte.

Mein Schädel brummte, mein Hals schmerzte, ich fühlte mich wie gerädert und würde am liebsten den ganzen lieben Tag im Bett bleiben.
Allerdings war ich gleich, für meine Verhältnisse hellwach, als ich bemerkte das die Seite meines Freundes mal wieder leer war. Es machte auch nicht den Anschein, als hätte er die Nacht überhaupt hier verbracht.
Was aber noch viel schlimmer war, war die Tatsache das ich mich an fast gar nichts erinnern konnte, was den letzten Abend betraf.
Ich wusste das wir uns in den heißen Quellen trafen, um dort den Vollmond zu später Stunde zu bewundern, aber ich wusste noch nicht mal, ob wir das auch getan hatten.
Wir spielten ein Spiel, das wusste ich gerade noch so, jedoch verschwammen die Erinnerungen ab da und blieben dann schließlich ganz aus.
„ Guten Morgen!“ mauzte meine Kitty mich glücklich an und streckte sich gleichzeitig genüsslich.
„ Nicht so laut.“ seufzte ich. „ Ich wünsche dir ja auch einen guten Morgen, aber musst du mich denn so anschreien?“
„ Sieht so aus als hätte da jemand einen Kater!“ grinste sie mich schelmisch an und wechselte ihre Gestalt dann.
„ Mach dich nur lustig...“ knurrte ich.
„ Mach ich doch gar nicht.“
„ Nein, nur nicht.“
„ Soll ich dir eine Schmerztablette besorgen?“
„ Die würde doch eh nicht helfen.“
„ Aber der Alkohol wirkte doch auch?“ grinste sie mich schon wieder so frech an. „ Wo ist denn Keith schon wieder?“
„ Der feiert bestimmt noch mit den anderen...“
„ Aber wir haben die Quellen gestern doch alle gemeinsam verlassen.“ überlegte Elara.
„ Vielleicht sitzen sie alle schon am Frühstückstisch und konnten uns mal wieder nicht wach bekommen.“
„ Ja, so wird es wohl sein.“ stimmte sie mir zu. „ Ich habe auch schon großen Hunger!“
„ Wie immer eigentlich.“ brummte ich und setzte mich dann langsam auf.
„ Uh, du siehst echt scheiße aus.“
„ Na danke.“ so fühlte ich mich nämlich auch. „ Ich geh jetzt erst mal duschen, vielleicht bringt das meine ermüdeten Knochen wieder in Schwung.“ murmelte ich und erhob mich dann ganz vorsichtig.
Ich wurde das Gefühl nicht los, als wären meine Beine aus Gummi und mein Kreislauf fuhr ununterbrochen in einem rasanten Karussell mit. Jedenfalls drehte sich alles um mich herum und mein Gleichgewichtssinn war noch nicht wieder aufgetaucht. Dennoch schaffte ich es irgendwie ins Bad zu gelangen und mich erst einmal kalt ab zu duschen. Das half mir sogar dabei, wieder auf die Sprünge zu kommen. Jedenfalls was meinen Kreislauf betraf. Es weckte meine inneren Geister und befreite mich ein bisschen von meiner Katerstimmung.
Zum Glück brummte mein Schädel so dermaßen, dass ich mir überhaupt keine Gedanken darüber machen konnte, warum mein Freund schon wieder die Nacht woanders verbracht hatte. Oder mit wem, wobei ich mir diese Frage auch allein beantworten konnte: Mit Lucia!
Gerade war mir das aber so ziemlich egal, da ich meine volle Aufmerksamkeit meinem Gleichgewicht zukommen lassen musste, um nicht gleich einfach zur Seite weg zu knicken.
Eines war mir aber jetzt schon klar, noch einmal würde ich mich nicht so besinnungslos besaufen. Ich hatte ja eigentlich überhaupt keine Zeit für einen Kater. Es passte mir also so überhaupt nicht in den Kram. Eigentlich hätte es mir gestern ja schon klar sein müssen, dass mein Körper so viel Alkohol nicht ab konnte. Aber ich wollte mich wenigstens noch ein bisschen wie eine Göttin fühlen und nicht wie ein verletzbarer Mensch. Das war nun die Quittung meines unüberlegten Handelns.
Nach der wohltuenden Dusche ging es mir zwar schon ein bisschen besser, aber die Kopf und Gliederschmerzen blieben trotzdem. Grade mein halb steifer, schmerzender Nacken machte mir zu schaffen. Wie sollte ich mich denn so um die unzähligen Bücher kümmern, die noch immer auf uns warteten? Es war einfach nur ätzend.
Seufzend stellte ich das Wasser ab, verließ die Kabine und trocknete mich ab. Nachdem ich mich angezogen hatte, betrat ich das Zimmer wieder und ging gemeinsam mit meiner Kitty Frühstücken. Von den anderen war allerdings nichts zu sehen.
„ Vielleicht sind sie schon in der Bibliothek?“ vermutete mein Wächter.
„ Ja, vielleicht.“ wirklich überzeugt war ich allerdings nicht.
„ Du siehst wirklich nicht gut aus, Risa.“ blickte mich Elara besorgt an. „ Kann es sein das du dir was weg geholt hast?“
„ Ach quatsch. Das ist bloß ein kleiner Kater. Der geht bald weg.“ lächelte ich sie beruhigend an und ging dann mit ihr zum Buffet hin. „ Oh ne, nicht wirklich.“ verzog ich bei der Anzahl an verschiedenen Speisen angewidert meinen Mund. „ Mir reicht ein starker Kaffee und ein frischer Orangensaft.“
„ Aber ein bisschen was musst du doch essen.“ murmelte mein Kätzchen. „ Versuch es doch wenigstens mal. Hier, das Obst sieht doch lecker aus, oder lutscht von mir aus an einem Zwieback rum! Irgendwas musst du in den Magen bekommen.“
„ Ist ja gut, beruhige dich. Ein paar Vitamine werden mir wohl nicht schaden.“
Die Kopfschmerzen und mein trockener Hals waren gar nicht das Problem, was mich schon eher ab nervte, war meine eingeschränkte Bewegungsfreiheit. Ich war eigentlich überzeugt davon, das weder die Erdlinksbakterien noch die Medikamente der Menschen bei mir was ausrichten könnten. Aber wie es jetzt lief, musste ich mein Wissen wohl noch mal korrigieren. Ob mir wohl eine Massage helfen würde? Allerdings würde das bestimmt ganz schön schmerzhaft werden. Also, ließ ich es lieber sein.
Natürlich versucht ich auch meinen entzündeten Muskel zu heilen, aber das klappte irgendwie nicht. So langsam beschlich mich das Gefühl, dass es sich bei meinem Leiden gar nicht um eine menschliche Krankheit handelte. Göttliche oder auch teuflische Bazillen ließen sich nicht einfach weg heilen, das wäre ja auch zu simple. Da waren auch wir auf Medikamente angewiesen. Vermutlich lauerte da in der alten, verstaubten Bibliothek etwas auf meinen ohnehin schon geschwächten Körper und hielt ihn nun eisern besetzt.
Seufzend ließ ich mir die verschiedenen Früchte schmecken und trank meinen Kaffee und den Saft aus. Nun war ich zwar satt, aber das war es auch schon.
Vielleicht hatte ich ja Glück und mein Opa hatte spezielle Pillen da, damit es mir bald wieder besser ging und sich mein Zustand nicht noch verschlimmerte.
„ Ruhe dich heute am besten ein bisschen aus, Risalein.“ blickte mich Elara nachdenklich an. „ Ich werde einfach doppelt so schnell arbeiten, um auch deine Halle übernehmen zu können.“
„ Das brauchst du nicht, wirklich nicht. Es geht mir schon wieder besser.“
„ Dann entspann dich wenigstens noch etwas in den heißen Quellen oder im Whirlpool, oder wo auch immer und stoße heute Nachmittag erst zu uns, einverstanden?“
„ Na gut.“ gab ich seufzend nach. „ Dann gehe ich noch in den Pool, entspanne mich im Garten und stoße dann heute Nachmittag zu euch, bist du damit zufrieden?“
„ Aber so was von.“ nickte sie.
„ Na, Gott sei dank.“ somit war das Thema erst einmal beendet.
Nachdem verspäteten Frühstück machte sich Elara gleich auf den Weg zur Kirche hin, während ich zu unserem Zimmer hin schlenderte, um meine Badeklamotten anzuziehen.
Obwohl sich meine Vorfreude auf ein heißes Bad echt in Grenzen hielt. Mir war so schon heiß genug und das aus meinem Munde..., aber an ein kaltes Bad konnte ich auch nicht denken. Die kühle dusche heut morgen hatte vollkommen ausgereicht.
Jedoch würde mir die Wärme bei meinem schmerzenden Nacken bestimmt weiter helfen.
Wenn ich schon zu dieser Pause gezwungen wurde, musste ich sie doch auch in vollen Zügen genießen, oder? Also entschied ich mich dazu in das heiße Wasser des Whirlpools zu hüpfen und es mir dort gut gehen zu lassen.
Ich wusste ja nicht, dass dies die verheerendste Entscheidung war, die ich treffen konnte.

Zur Zeit befanden sich Misaki und Marie in dem Pool und ergründeten die Fähigkeiten einer Succubus. Damit sie die Angst vor ihrem anderen Ich verlor und mit ihren Mächten vertraut wurde. Im ersten Moment war da ja nichts verwerfliches dran, allerdings ergründeten sie das innerste eines Herzens...
„ Das Signal von Risa ist schwächer geworden...“ murmelte Marie und tippte Misa dabei mit ihrem Zeigefinger gegen die Brust. „ Wie kann es sein, dass du wirklich über sie hinweg kommen kannst, nur weil du sie spüren konntest? Das ist absurd.“
„ Vielleicht war aber auch die Neugierde einfach zu groß und nun wo diese gestillt ist, kann ich langsam wieder zur Normalität übergehen.“ lächelte er leicht.
„ Also war deine sogenannte 'Liebe',“ das Wort Liebe betonte sie extra, „ rein körperlich? Und eigentlich wolltest du bloß mit ihr schlafen? Nennst du das Liebe?“
„ Ich liebe Risa. Das müsstest du eigentlich wissen. Aber vielleicht nicht auf die Art wie es Pärchen tun. Natürlich ist sie durchaus in der Lage mich wahnsinnig zu machen, aber sie ist mir einfach viel zu wichtig, als das ich unsere Freundschaft wegen einer Bettgeschichte aufs Spiel setzen könnte.“
„ Kann ich dich nicht verstehen weil du ein Mann bist, oder liegt es doch eher daran, weil deine Worte keinen Sinn ergeben?“ überlegte sie.
„ Glaubst du nicht auch, dass man jemanden so stark lieben kann, dass man einfach keine Beziehung mit demjenigen eingehen will, um ihn nicht irgendwann einmal zu verlieren?“
„ Nein.“ lehnte sie ihren Kopf leicht zur Seite. „ Gerade wenn man jemanden so stark liebt, will man mit ihm sein ganzes Leben verbringen. Heiraten, Kinder bekommen, sich gemeinsam etwas aufbauen und genau dort dann zusammen alt werden.“
„ Und was ist, wenn dein Gegenüber diese starken Gefühl nicht erwidert und du weißt es?“
„ Mhm...dann würde ich versuchen ihn zu vergessen.“
„ Siehst du und das versuche ich auch.“
„ Mh...“ schielte sie ihn seitlich an, verstehen konnte sie ihn noch immer nicht. „ Wie dem auch sei.“ seufzte sie schließlich auf. „ Dein Herz bringt mich jedenfalls nicht weiter. Auch wenn das Signal von Risa schon schwächer geworden ist, kann ich es noch immer genau spüren.“
„ Dann nimm doch Keith's Herz auseinander, wenn dir meines nicht genügt.“ grinste er sie verspielt an.
„ Glaubst du wirklich dass das in Ordnung geht?“ blickte sie ihn unsicher an.
„ Was sollte er denn schon dagegen haben?“ zog er fragend eine Augenbraue hoch. „ Schließlich ist er gerade nicht da und wird auch nichts von deiner Analyse erfahren.“
„ Das hat bei den letzten beiden Malen ja auch schon so gut funktioniert.“ brummte sie.
„ Dieses Mal falle ich ja nicht über seine Freundin her.“ lächelte er leicht. „ Keine Sorge, es ist wirklich ok wenn du sein innerstes ergründest um dich mit deinen Fähigkeiten vertraut zu machen. Außerdem ist er gerade wie gesagt nicht da und du musst dich auf dein Gefühl konzentrieren, wenn du die Frau in seinem Herzen finden willst. Das ist doch perfekt, oder was meinst du?“
Es war natürlich um einiges leichter sein Opfer direkt vor einem stehen zu haben, anstatt das Signal des Herzens aus der Ferne wahr nehmen zu müssen.
„ Ich weiß auch so dass es Risa ist, auch ohne das Signal zu spüren. Ich könnte also schummeln und du würdest es nicht mal bemerken.“ kicherte die Succubus in Menschengestalt.
„ Und wenn du dich auf die Suche nach einer anderen Frau machst? Jene, die vor Risa sein Herz besaß? Wenn du ihr Aussehen kopieren kannst, obwohl ihr Signal ja unheimlich schwach sein müsste, hast du eine Belohnung verdient und deshalb bei mir einen Wunsch frei, was hältst du davon?“
„ Das klingt wirklich verlockend.“ grinste sie ihn an. „ Nun gut.“ sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf die männlichen Auren, die sich im Hotel befanden.
Es dauerte scheinbar ein bisschen bis sie den richtigen Typen ausfindig gemacht hatte und in seinem Herzen die richtige Frau fand.
Ausgerechnet als ich das Bad betrat, öffnete Marie wieder die Augen und grinste Misaki breit an.
„ Die Frau die sich in Keith's Herzen befindet, hier hast du sie!“ sie sprach grade so laut, dass ich sie auch verstehen konnte.
Ich hätte raus gehen sollen, ganz im ernst. Ich hätte mir das nicht ansehen sollen, es war noch nicht mal für meine Augen bestimmt und zudem hatte sie sich noch so ungeschickt ausgedrückt. Ich hätte einfach gehen sollen... aber das tat ich nicht. Ich dumme Kuh blieb an der Tür stehen und betrachtete die Teufelin mit einem beklemmenden Gefühl. Leider wurde aus meiner Vorahnung dann bittere Realität, als die Succubus tatsächlich Rika's Gestalt annahm.
Genau das hatte ich die ganze Zeit über geahnt und auch irgendwo gewusst. Aber trotzdem war ich so blöd und ließ mich mit dem Prinzen ein. Ich war sogar so naiv und glaubte an ein happy End. Wie konnte ich auch nur daran denken, das er Rika vergessen haben könnte? Wie konnte ich nur...?
Es zerriss mir die Seele, sprengte mein Herz vollends in tausend Stücke und vernichtete auch die kleinste Hoffnung auf eine glückliche Zukunft an seiner Seite.
Unbemerkt schlich ich mich wieder aus dem Bad raus und lehnte mich gegen die Wand. An dem Spruch, ein Unglück kam selten allein, war tatsächlich was wahres dran. Jetzt war ich nicht nur körperlich am Ende, sondern auch seelisch!
Er empfand also nicht mal annähernd so viel für mich, wie ich für ihn. Ich liebte einen Idioten, der sein Herz schon längst vergeben hatte. Warum musste ich nur mein Gedächtnis verlieren und diesen Teufel für meinen Freund halten? Warum nur, hatte ich seine Mauer durchbrochen?
Wäre ich doch niemals in den Genuss seiner Nähe gekommen, hätte ich doch niemals erfahren, wie unglaublich gut er sich anfühlte.
Warum hatte ich mich nicht vorgestern schon von ihm getrennt? Ich hatte es doch vor...
Ich war zu weich, ich war einfach zu weich. Aber noch einmal würde ich mich nicht von ihm einwickeln lassen, egal wie schnell sein Herz auch raste, wenn er mich ansah. Ich war nicht der Grund für seine heftige Reaktion. Das hatte mir die Succubus ja jetzt eindrucksvoll bewiesen.
Es war schon eigenartig, wie schnell sich die Wut mit dem Schmerz abwechselte. In der einen Minute, würde ich mich am liebsten heulend ins Bett verkriechen und in der nächsten Minute war ich bereit ihm die Augen auszukratzen, um danach Trost in seinen Armen zu finden... Mir war einfach nicht mehr zu helfen...
Er verletzte mich auf übelste weise, mein Herz zersprang, meine Seele zerrissen und alle Gefühle hinterrücks vernichtet. Ich war leer, gefangen in einer vernichtenden Dunkelheit, meine neugewonnene Zuversicht, mein ach so toller, unbändiger Wille, alles war weg. Zerstört und das in nur einem einzigen kurzen Augenblick. Dieser Schlag saß einfach...
>Wäre ich ihnen doch niemals begegnet...< schloss ich betroffen meine Augen. >Oder hätten sie mich nach meinem Überfall doch niemals gefunden. Dann hätte ich ihn niemals dazu gebracht sich mit mir einzulassen, dann hätte er mir niemals das Herz brechen können. Dann könnte ich auch jetzt noch normal mit ihm umgehen. Aber so...was habe ich mir nur dabei gedacht, Rika's Ersatz spielen zu wollen?<
Obwohl mein Körper die letzten Kraftreserven bereits aufgebraucht hatte, stieß ich mich von der Wand ab und schleppte mich zu dem Fahrstuhl hin. Ich ahnte wo ich meinen baldigen Ex Lover finden konnte, nämlich in Lucia's Zimmer. Ich hoffte nur, dass sie mir den Anblick eines frisch gevögeltem Pärchen ersparen würden...
Als sich der Fahrstuhl dann in Bewegung setzte, musste ich mich tatsächlich an der Wand abstützen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
Die Grippe oder was auch immer mich befallen hatte, breitete sich rasend schnell auf meinen Körper aus. Ich wusste ja, dass man von heut auf morgen von einer Grippewelle erfasst und lahm gelegt werden konnte. Aber von jetzt auf gleich, schien mir doch etwas zu heftig zu sein.
Wenn es sich wirklich um einen göttlichen Virus handelte, konnte das für mich nicht sogar tödlich enden? Schließlich war ich mehr als nur ein geschwächter Gott. Was würde die Krankheit also mit mir anstellen, wenn ich mich nicht zur Wehr setzte?
Aber als allererstes musste ich mich von meinem untreuen Freund trennen und das, bevor ich wieder zu dem denken überging, wo es ja gar nicht so schlimm war, das er nichts als sexuelles Interesse für mich übrig hatte.
Solange ich nicht mit der anderen konfrontiert wurde, war ja alles bestens! Klar, wer es glaubte. Nein, so wollte und konnte ich nicht weiter machen. Auch wenn ich mich damit gegen mein Schicksal, gegen meine Bestimmung und gegen mein eigenes Herz stellte, so musste ich es doch tun.
Ich verfluchte ihn dafür, das er mir mein Herz gestohlen hatte, verachtete ihn dafür, das er so Gedankenlos mit meinen Gefühlen gespielt hatte. Ich wollte ihm so unendlich viel an den Kopf werfen, aber mir war klar, dass das alles wie weg gewischt war, wenn ich ihm erst mal gegenüber stand.
Als der Fahrstuhl dann zum stehen kam, ging ich noch mit festen Schritten und erhobenem Hauptes zu der Tür des Grauens hin, aber als ich dann davor stand, verließ mich mit einem Schlag jeglicher Mut.
Ich hatte meine Hand schon auf der Klinke, aber vielleicht sollte ich ihm einfach später sagen, was ich von unserer Beziehung und ihm hielt. Später...viel später... Ich wollte schon wieder gehen, doch dann stieg das Bild der Succubus wieder in mir auf und weckte meinen Entschluss mich zu trennen von neuem. Ich nutze diesen Schwung neuer Kraft und öffnete die Tür.

Tatsächlich befanden sich Keith und Lucia in diesem Zimmer und saßen nebeneinander vor dem Bett auf dem Boden.
„ Risa.“ lächelte mich meine Schwester an. „ Na, gut geschlafen?“
„ Wie man es nimmt.“ blickte ich die beiden abwechselnd an. „ Am besten fängst du gleich an deine Sachen zu packen, Schwesterherz.“
„ Meine Sachen packen?“ sah sie mich irritiert an. „ Wollen wir schon abreisen?“
„ Nein. Aber du kannst ab sofort in meinem Zimmer schlafen und ich schlafe hier bei Misaki.“
„ Was? Wieso das?“ starrte mich nun auch der Prinz entgeistert an.
„ Weil ich keinen Bock mehr auf dich habe! Ich habe keine Lust mehr Rika's Ersatz zu spielen! Ich will mich nicht länger verletzen lassen!“ fuhr ich ihn an. „ Wir hätten erst gar keine Beziehung eingehen dürfen, diese Scheiße bringt mir nichts als Schmerzen und Leid.“
„ Nein, warte!“ sprang der Teufel wie von der Tarantel gestochen auf.
„ Komm nicht näher!“ warnte ich ihn, als er auf mich zu kommen wollte. „ Ich hasse mich dafür, dass ich mich in dich Idiot verliebt habe!! Hasse mich dafür wie naiv und dumm ich doch war. Ich lief Blind in mein Unglück und hab es zugelassen, das du mein Leben zerstörst. Aber das ist nun vorbei.“ meinte ich. „ Es war ein Fehler dich so nah an mich heran zu lassen. Ich wünschte ich könnte die Zeit zurück drehen und alles ungeschehen machen. Ich wünschte ihr hättet mich nie gefunden, als ich mein Gedächtnis verlor, denn dann wäre das alles nie passiert. Ich wünschte...“ sah ich ihn mit Tränen in den Augen an. „ ...ich würde Misaki lieben und nicht dich!“
„ Hör mich an, Risa. Ich flehe dich an! Hör mir zu!“ sah er mich mit einem flehenden Blick an, der mich beinahe schwach werden ließ.
„ Nein, es gibt nichts was du sagen könntest, um mich umzustimmen.“ aber ich blieb standhaft. „ Ich weiß das du Rika noch immer liebst. Und das du ständig Lucia's Nähe suchst, ist Beweis genug. Ich hätte mich schon viel eher von dir trennen müssen. Egal was die Bestimmung, das Schicksal, oder wer auch immer sagt, wir gehören einfach nicht zusammen.“ flüsterte ich.
„ Bevor du so was sagst, hör dir doch erst mal an was ich zu sagen habe, Risa bitte!“
„ Es gibt nichts was du sagen könntest. Ich kann dir nicht vertrauen und diese Ungewissheit verpestet die Atmosphäre. Sie macht aus mir ein Monster, welches ich nicht sein will! Sie lässt mich Dinge sagen, denken und tun, die ich mir niemals im Leben verzeihen kann! Es ist das beste für uns alle, wenn wir uns trennen.“
„ Nein! Das kann nicht der richtige Weg sein! Ich suche Lucia's Nähe doch gar nicht, ich will ihr doch bloß dabei helfen mit der Trennung von Helios zurecht zu kommen, mehr ist da nicht! Wirklich nicht!“
„ Na klar.“ glaubte ich ihm nicht ein Wort.
„ Aber es stimmt wirklich, Risa.“ schaltete sich nun auch die Göttin ein.
„ Halt dich bitte daraus, Lucia. Das hier geht dich nichts an.“
„ Verdammt Risa!“ kam er noch einen Schritt auf mich zu. „ Ich liebe Rika nicht mehr, nun glaub mir doch. Lass uns reden, Liebling. Bevor du vorschnell handelst und alles Hals über Kopf beendest. Bitte.“
„ Für wie blöd hältst du mich eigentlich?“ blickte ich ihn eiskalt an. „ Hast du wirklich gedacht ich würde dir noch immer einfach so glauben? Sei doch glücklich darüber, dass du nun wieder ganz zu haben bist, dann musst du dich nicht länger davon schleichen und verstecken. Obwohl...“ lachte ich kopfschüttelnd auf. „ Das hast du ja gar nicht getan. Du hast ja nicht mal ein Geheimnis daraus gemacht, dass du was mit Lucia am laufen hast. Warum auch? Wir waren ja nie fest zusammen. Wie blöd von mir, wie konnte ich das nur vergessen.“
„ Ich hab doch gar nichts mit Lucia am laufen! Risa bitte, lass uns noch einmal über alles reden.“
„ Nein, dafür ist es bereits zu spät. Mein Entschluss steht fest. Nicht eine Nacht mehr, werde ich in deiner Nähe verbringen. Der Schmerz in mir wird mir nicht länger die Seele zerreißen. Es ist vorbei und du kannst nichts, aber auch rein gar nichts, dagegen unternehmen. Akzeptiere es einfach, ok? Mach es nicht schlimmer als es ohnehin schon ist.“ mit diesen Worten ging ich zur Tür und drehte mich noch mal halb zu ihnen um. „ Solltest du das Zimmer nicht räumen wollen, Lucia. Dann werde ich wo anders schlafen. So oder so, die Nächte die ich mit diesem Kerl in einem Bett verbracht habe sind gezählt.“
doch gerade als ich gehen wollte, stürmte Keith auf mich zu und lehnte seine Hand gegen die Tür.
Obwohl er mir gerade so unfassbar nah war, regte sich überhaupt nichts in mir. Kein Verlangen, keine Sehnsucht, nicht mal den Wunsch von ihm umarmt zu werden. Ich wollte einfach nur weg, weg von ihm und den zerstörerischen Gefühlen, die er in mir hervor rief.
„ Ich werde dich nicht einfach gehen lassen! Nicht bevor du mich nicht endlich angehört hast!“ fuhr er mich an. „ Ich will dich nicht verlieren, ich will nicht dass das mit uns auseinander geht. Du hast mir mein Lächeln zurück gebracht und hast mir aus meinem selbst geschaufelten Grab wieder hinaus geholfen. Dir habe ich es zu verdanken, dass ich wieder glücklich bin. Ich will keine andere außer dich. Mag sein das unser Start nicht ganz so glücklich war, aber gib mir noch eine Chance, damit ich es jetzt besser machen kann. Risa, ich liebe dich!!“
Dieser letzte Satz brachte mich vollends zur Weißglut. Dank der Succubus wusste ich ja nun, das jedes einzelne Wort gelogen war. Das es Rika war, die sich in seinem Herzen befand. Sie liebte er, nicht mich! Vielleicht hätte ich ihm andernfalls sogar noch eine Chance geben, wäre Blindlinks in mein Verderben gerannt. Aber so, wusste ich ja Bescheid. Zu mindestens dachte ich das... und konnte ihm nicht länger über den Weg trauen.
Erbost sah ich zu ihm auf und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige. Er konnte von Glück sagen, dass ich ihn nicht mit meinen Mächten durchbohrte. Das war nämlich mein erster Gedanke gewesen...
„ Wie kannst du es wagen mir so dreckig ins Gesicht zu lügen? Und wie kannst du es zulassen das er das tut??“ strafte ich die Göttin mit bitterbösen Blicken. „ Ihr beide seit das allerletzte. Ich wünschte ich müsste keinen von euch je wiedersehen!!“ da war das Monster wieder, das mich Sachen sagen ließ, die ich mir niemals verzeihen konnte. „ Ihr widert mich an!“ zischte ich ihn an und schleuderte ihn dann mit einer Druckwelle von mir. „ Komm mir nie wieder zu nahe! Denn das würdest du nicht überleben! Lasst mich beide einfach in Ruhe!“ brüllte ich und stürmte dann aus dem Zimmer.
„ Risa!“ riefen mir beide hinterher und eilten mir schnellen Schrittes nach.
„ So warte doch!“ griff er nach meiner Hand und bekam gleich darauf die Quittung für sein Handeln.
„ Was von: KOMM MIR NIE WIEDER ZU NAHE, hast du nicht verstanden?“ schrie ich ihn an und ließ eine Wand aus reiner Energie an mir vorbei gleiten, die den Herren schmerzhafte Blessuren am Arm bescherte. „ Versuch dein Glück doch mit Lucia. Dann kannst du nämlich auch gleich mit der den Fluch brechen. Ich bin weg!“ immer wieder preschte meine schützende Attacke von einer Wand zur anderen und hinderte Keith daran mir nach laufen zu können.
Erst als ich außer Reichweite war, verschwand auch meine Barriere und gab den Weg somit wieder frei.
„ Bist du ok, Keith?“ sah sich Lucia seine tiefen Wunden erschrocken an.
„ Nein, nichts ist ok...“ lehnte er seine Hand an die Stirn. „ Rein gar nichts...“

Fast wie in Trance durchquerte ich die Straßen. Ich fühlte mich so leer und aus gepowert. Mein Herz blutete, meine Seele ertrank in einem Meer aus Tränen. Ich konnte einfach nicht mehr. Die Geschichte mit dem Prinzen, meine Krankheit, dies alles machte mich fertig. Ich wusste nicht wie es jetzt weiter gehen sollte, oder wie ich den Beiden je wieder unter die Augen treten sollte. Der Drops war gelutscht, es gab kein zurück mehr. Nun, wo meine Wut verflogen war, machte sich die Verzweiflung und die Trauer in mir breit. Leider verschwand auch meine Kraft und erinnerte mich daran, dass ich mir was eingefangen hatte.
Ich schleppte mich zu der Kirche hin, betrat die Bibliothek und fiel Yuri schließlich regelrecht in die Arme.
„ Risa??“ rief er erschrocken meinen Namen und kniete sich mit mir hin. „ Was ist los? Oh Gott du glühst ja richtig.“ schrie er panisch auf.
„ Ich habe gestern nur zu viel getrunken.“ lächelte ich ihn beruhigend an. „ Keine Sorge, es geht gleich wieder.“
„ Komm, setze dich hier hin.“ er stand mit mir auf und ging mit mir zu einem Stuhl rüber. „ Warte hier, ich hole dir was zu trinken.“ meinte er und eilte davon.
„ Danke.“ murmelte ich.
Es war die richtige Entscheidung sich von Keith zu trennen. Auch wenn ich es jetzt gerade nicht so sehen konnte. Er hatte einen besseren Ersatz für seine Verflossene gefunden, die ihn eher Befriedigen konnte und der nicht so schnell die Puste ausging, wie es bei mir der Fall war. Zumal sie ja Rika's Zwillingsschwester war und er sich bei Lucia eher vorstellen konnte, das sie Rika war. Sie hatten unheimlich viel gemeinsam. Viel mehr als ich und Keith. Ich hatte meine große Liebe nicht verloren, war diesem Schmerz also noch nie ausgesetzt. Jetzt hatten sich die beiden richtigen gefunden. Sie waren schon eher füreinander geschaffen.
„ Hier.“ riss mich Yuri aus meinen Gedanken raus. „ Trink einen Schluck.“
Dankbar nahm ich das Glas an und befeuchtete meine trockene Kehle.
„ Willst du darüber reden, Schatz?“ strich er mir eine Strähne aus dem Gesicht. „ Du siehst so aus, als würde dich etwas bedrücken.“
„ Ich habe mich gerade von Keith getrennt...“ flüsterte ich betroffen.
„ WWWAAASSSS?“ starrte er mich völlig schockiert an. „ Warum das?“
„ Weil er eine andere liebt und ich nicht länger ihren Ersatz spielen wollte.“
„ Wie kommst du denn darauf, das er eine andere liebt? Hat er dir das gesagt?“
„ Nein... aber ich habe gesehen wie eine Succubus die Gestalt der Frau angenommen hat, die sich in seinem Herzen befindet. Und das war nicht meine Gestalt.“
„ Aber das kann doch gar nicht sein...“ überlegte er. „ Komm mit, ich muss dir was zeigen.“
„ Willst du etwa schon wieder ein Bücherschloss bauen?“ lächelte ich schwach.
„ Nein, ich will dir ein paar Ereignisse aus der Vergangenheit zeigen, die der Aussage, dass er dich nicht liebt, der Lüge straft.“
„ Bitte erspare dir die Mühe...“ seufzte ich. „ Ich will es nicht sehen.“
„ Oh doch, das willst du. Weißt du...“ beugte er sich zu mir runter und lehnte seine Arme auf meine Knie. „ Ich habe etwas herum geforscht, weil du dir so viele Gedanken wegen eurer offenen Beziehung gemacht hast und bin dabei auf ein paar interessante Dinge gestoßen. Bitte sieh es dir an, ja.“ betrachtete er mich mit einem formvollendeten Schmollmund. „ Tu es mir zu liebe, ja? Sonst habe ich ganz Umsonst stundenlang in seiner Vergangenheit rum gewühlt.“
„ Na also gut.“ gab ich schließlich nach. Auch wenn ich nicht glaubte, das mir das was bringen würde.
Ich folgte ihm also bereitwillig in eine der Hallen, die wir bereits durchgeschaut hatten und wartete doch gespannt darauf, was er mir zeigen wollte.
„ Als erstes möchte ich dir gern seine Reaktion zeigen, die er an den Tag legte, als er glaubte das du was mit Misaki am laufen hast. Wenn er nichts für dich empfinden würde, hätte ihn das wohl kaum mitgenommen.“ erzählte der Gott mir und erschuf einen kleinen Rückblick.
Mit gemischten Gefühlen beobachtete ich Keith dabei, wie er mich und Misa quasi in Flagranti erwischte. Lauschte seinen verletzten und entsetzten Worten und fixierte seinen verletzten Blick. Das konnte doch nicht gespielt sein...aber warum...warum nahm es ihn so heftig mit?
Und dann zeigte mir der Gott der Vergangenheit die zweite Situation, wo der Prinz uns erwischte und das auch noch in diesen fiesen Gestalten. Es war fast so, als könnte ich sein Herz brechen hören, aber das war wohl nur eine Einbildung. Dennoch verwirrte mich seine dermaßen heftige Reaktion. Wieder sah ich mir alles still mit an und hörte ihnen einfach nur zu.
Erst als er Lucia küsste, wendete ich meinen Blick verletzt ab und starrte auf einen Punkt am Boden. Dann trat ich auf den Bildschirm und ihm wurde schlagartig bewusst, dass es sich bei der Risa im Pool um die Succubus handelte. Was er mir auf der Klippe gesagt hatte, stimmte also. Keith fror ein, weil er glaubte das ich Misaki mehr vertrauen würde als ihm. Weil er eifersüchtig war...
„ Warum sollte der Kerl so heftig reagieren, wenn er dich nur benutzt hatte und ihn einzig die Ähnlichkeit zu seiner Verflossenen interessiert hatte? Dann wäre er doch eher mit Lucia zusammen. Schließlich sind sie Zwillingsschwestern.“ beendete er diesen Rückblick. „ Es macht also keinen Sinn, das er so verletzt war, wenn er dich gar nicht liebt.“
„ Ich weiß es doch auch nicht...“ murmelte ich betroffen.
„ Ich weiß ja nicht was die Succubus in seinem Herzen gesehen haben will. Aber Keith ist überzeugt davon, dass du dich dort befindest. Er liebt dich.“
„ So ein Unsinn! Das hat er nur zu mir gesagt, damit ich weiter seine dreckigen Spielchen mit ihm spiele!“
„ Aber warum sagt er das dann auch zu Lucia? Wenn er sie doch haben will. Und warum erkennt sie keine Lügen in seinen Worten? Sie ist doch die Göttin der Wahrheit.“
„ Er hat es ihr gesagt...?“ blickte ich ihn erstaunt an.
„ Hat er.“ nickte Yuri und erschuf gleich den nächsten Rückblick.
„ Und was soll das bringen?“ hörte ich ihn verbittert auf lachen. „ Sie glaubt ich würde noch an Rika hängen und würde mir mit ihr bloß die Zeit vertreiben, bis ich wieder bei Rika sein kann. Du glaubst doch nicht wirklich dass sie mir allen ernstes glauben wird, wenn ich ihr sage, dass ich sie liebe, oder?“ leider behielt er recht damit, das ich ihm nicht glauben würde.
So langsam machten sich Zweifel in mir breit, das Marie wirklich Rika in seinem Herzen gesehen hatte. Seine Gespräche mit Lucia und die Reaktionen auf meine scheinbare Liaison mit Misaki, ergaben doch überhaupt keinen Sinn, wenn er meine Schwester noch so stark liebte.
Und dann kam die Frage auf das, was gerade eingetreten war:
„ Willst du denn auch, dass sie sich zurück zieht und dann alles beendet?“ sah sie ihn ernst an.
„ Nein...natürlich nicht.“ flüsterte er seufzend.
Ich verstand es nicht, ich verstand es einfach nicht. Aber ich wusste, das ich ihm nicht vertrauen konnte. Diese Unsicherheit würde mich nicht in Ruhe lassen. Nicht bevor ich ihn mit nach Illumina nehmen konnte. Erst wenn er wirklich vor Rika stand und mir versicherte, dass er nur mich liebte, ja dann, aber nur dann, konnte ich ihm vertrauen und die Geister vertreiben, die meine Seele gefangen hielten.
„ Na also! Dann hast du doch allen Grund zum kämpfen.“ gab sie ihm einen leichten Knuff in die Seite. „ Oder liebst du Rika doch noch?“
„ Wenn es so wäre, glaubst du wirklich ich würde mich dann so dermaßen aufregen, wenn Risa mit einem anderen durchs Becken turnt?“ schielte er sie seitlich an.
„ Es wäre ja immerhin möglich, dass sie nicht von ihren Gefühlen belogen wird und du wirklich noch was für Rika empfindest. Vielleicht merkst du es nur nicht, weil du sie nicht sehen kannst.“
„ Hast du schon mal in den Spiegel gesehen?“ sah er sie nun an. „ Du siehst aus wie sie, redest wie sie und verhältst dich sogar wie sie. Und nun sag mir, mache ich für dich den Anschein, dass ich auch nur Ansatzweise auf dich abfahren würde?“
Machte er nicht? Also hatte er ihr wirklich nur dabei geholfen, über den Verlust ihres Verlobten hinweg zu kommen?
Aber die Succubus...
„ Pass auf, pass auf!“ strahlte mich Yuri an. „ Jetzt kommt die Interessante Stelle.“
„ Du spürst also wenn man dich anlügt. Dann sag mir doch ob du etwas spürst, wenn ich dir sage, dass ich Risa mehr als alles andere auf dieser Welt liebe. Sogar mehr als mein eigenes Leben. Und ich sie...“ machte er eine kleine künstlerische Pause. „ ...nie wieder her geben will...“ lächelte er leicht.
„ Was...?“ fiel mir beinahe alles aus dem Gesicht.
„ Willst du es noch einmal hören?“
„ Äh nein... das ist nicht nötig. Ich habe es schon gehört, aber verstehen kann ich es nicht.“
„ Die Worte der Succubus, nicht wahr.“ seufzte er. „ Ach Mädel, wie viele Beweise brauchst du denn noch, bis du ihm glauben kannst.“ schüttelte er unverständlich seinen Kopf. „ Nun gut. Dann wollen wir doch mal schauen. Gespräch mit der Succubus. War das heute?“
„ Ja.“
„ Aha, das sieht gut aus. Dann wollen wir doch mal schauen, welche Frau sie in seinem Herzen gesehen hatte.“ strich er sich mit der Zunge über die Lippe. „ Eigentlich müsstest du mir deinen Kerl mindestens eine Woche lang ausleihen. Schließlich rette ich hier sein Ansehen und vielleicht sogar seine Liebe, mal sehen.“
„ Ich werde es ihm ausrichten.“ lächelte ich leicht.
Und dann spielte er die Erinnerung ab und eröffnete uns die wahre Begebenheit.
„ Ich weiß auch so dass es Risa ist, auch ohne das Signal zu spüren. Ich könnte also schummeln und du würdest es nicht mal bemerken.“ kicherte die Succubus in Menschengestalt.
„ Und wenn du dich auf die Suche nach einer anderen Frau machst? Jene, die vor Risa sein Herz besaß? Wenn du ihr Aussehen kopieren kannst, obwohl ihr Signal ja unheimlich schwach sein müsste, hast du eine Belohnung verdient und deshalb bei mir einen Wunsch frei, was hältst du davon?“
„ Die Frau die vor mir sein Herz besaß...?“ stiegen mir schon wieder die Tränen in die Augen. „ Warum hat sie es denn dann nicht so gesagt? Dann hätte ich das doch niemals in den falschen Hals bekommen. Man...“ liefen mir die Tränen über die Wange.
„ Mhm...“ nahm er mich tröstend in den Arm und strich mir über den Rücken. „ Wenn ihr aus euren Gefühlen nicht so ein Geheimnis machen würdet, dann wäre es gar nicht so weit gekommen. Dann hätte dich so ein kleiner Satz nicht aus der Fassung gebracht, dann würdet ihr euch nicht am laufenden Band verunsichern und verletzen.“ sprach er leise auf mich ein. „ Er liebt dich. Oder reicht dir das als Beweis immer noch nicht? Er hat dir bloß nichts gesagt, weil er fest davon ausging, das du ihm eh nicht glaubst. Und wie man sieht, lag er damit Gold richtig. Ihr seit beide erfroren, obwohl ihr euch so nah wart. Sprecht euch aus, bevor es kein zurück mehr gibt.“
„ Ich kann nicht!“ schluchzte ich. „ Ich kann mein Misstrauen einfach nicht besiegen. Ich habe Angst das er sich in etwas verrennt und dann doch alte Gefühle wieder aufflammen, wenn er Rika gegenüber steht. Ich werde immer unsicher sein, wenn er mit Lucia unterwegs ist. Ich...ich kann einfach nicht!“
„ Schch, ist ja gut. Hör auf zu weinen.“ flüsterte er. „ Es wird er Tag kommen, wo er Rika gegenübersteht und dir sagen wird, das er nur dich liebt. Dass er nur mit dir seine Zukunft planen will. Das er ganz viele kleine Metegos mit dir haben möchte und nur mit dir.“
„ Metegos?“ harkte ich verweint nach.
„ Na, Menschen, Teufel, Götter. Eure Kinder hätten ja von allem ein bisschen.“ lachte er.
„ Metegos. Du kommst auf Ideen.“ schmunzelte ich leicht.
„ Kannst du dich eigentlich noch an letzte Nacht erinnern? Als du dir mit Keith den Vollmond angesehen hast?“
„ Nein, kann ich nicht.“
„ Soll ich deiner Erinnerung auf die Sprünge helfen?“
„ Ja, gerne.“ strich ich mir die letzten salzigen Tränen weg.
„ Dann schau gut hin.“ lächelte er und erschuf den letzten Rückblick.
Schweigend sah ich mir auch diese Situation an. Betrachtete den Mond, die tanzenden Vollmondgeister, lauschte der romantischen Musik und betrachtete sein lächelndes Gesicht, als er mich glücklich ansah.
Es war ein Frevel, dass ich mich an diesen unglaublich romantischen Moment nicht erinnern konnte.
Ich hörte mir dabei zu, als ich ihm meine Liebe gestand und errötete auch gleich dabei.
Natürlich entging mir sein äußerst gequälter Gesichtsausdruck auch nicht. Er wusste das ich ihn liebte und das ich in diesem Moment die Wahrheit sagte. Aber genauso wusste er von meinen zweifeln und das ich es einfach nicht schaffte, ihm zu hundert Prozent zu vertrauen.
„ H-Heiraten??“ riss ich dann erstaunt meine Augen auf. „ Ich wollte ihn tatsächlich HEIRATEN????“
„ Oh ja, das wolltest du.“ kicherte Yuri.
„ Oh mein Gott, wie peinlich!“ verbarg ich mein knallrotes Gesicht mit den Händen.
„ Guck hin da!“ stieß mich der Gott an. „ Sonst kannst du ja gar nicht sehen, wie gern er dir diesen Wunsch erfüllt hätte. Dann verpasst du seinen Blick, der dir von der großen Liebe erzählt.“
Ganz langsam richtete ich meinen Blick wieder auf die Wiederholung und hörte ihm weiter zu. Da gestand er mir seine Liebe, schüttete sein Herz aus und legte sein innerstes offen und ich konnte mich an nichts erinnern.
Ich konnte kaum glauben, dass er sich schon in mich verliebt hatte, als ich mein Gedächtnis noch nicht mal wieder hatte. Noch weniger konnte ich es glauben, dass er von Anfang an eine feste Beziehung mit mir führen wollte und diese bescheuerte Face nur einging, um mich in Sicherheit zu wiegen. Damit ich mich auf ihn einließ.
„ Ist das wahr?“ hörte ich mir selbst beim reden zu.
„ Jedes einzelne Wort ist wahr. Ich liebe dich, Risa. Mehr als du dir vorstellen kannst, sogar mehr als ich ertragen kann. Dich nicht bei mir zu haben ist die reinste Hölle.“
„ Was habe ich nur getan...?“ stiegen mir schon wieder die Tränen in die Augen, dabei hatte ich mich gerade erst wieder beruhigt.
„ Du hast eure Ketten gesprengt und die Chance auf eine bessere Zukunft erschaffen.“ lächelte mich der Gott aufmunternd an. „ Aber nun solltet ihr die Sache langsamer angehen. Damit sich dein Vertrauen ihm gegenüber aufbauen kann und du dich nicht mehr so leicht aus der Bahn werfen lässt. Was sich liebt, lässt sich nicht so einfach trennen. Ihr werdet diese Krise überstehen, das habe ich ihm Gefühl.“
„ Warum nur rede ich die ganze Zeit von Heiraten? Das ist ja übelst unangenehm.“ murmelte ich.
„ Pass auf, es kommt noch besser.“ kicherte er.
„ IEKHHHHH!!!“ brüllte ich entsetzt auf, als mein vergangenes Ich vom Fluch brechen sprach. „ DAS habe ich nicht wirklich GETAN, oder??“
„ Sieh hin, dann weißt du es.“ grinste er.
„ Ne... nicht wirklich...“ lehnte ich erschrocken, so als würde ich einen Horrorfilm schauen, meine Hand an den Mund. „ IEKH!! NEEEIIINNN!!“ wendete ich meinen Blick völlig entsetzt ab, als er auch noch seine teuflische Gestalt annahm.
„ Gerade weil ich dich so liebe, kann ich deinen derzeitigen Zustand nicht ausnutzen.“ hörte ich seine Stimme und blickte ihn vorsichtig an. „ Bleib einfach bei mir und genieße mit mir zusammen diesen wundervollen Abend.“ lächelt er.
„ Du lässt dir diese vielleicht einmalige Gelegenheit entgehen, in der du den Fluch brechen könntest? Du wolltest den Fluch doch so dringend brechen, warum tust es jetzt dann nicht?“
„ Ich will den Fluch brechen, ja.“ antwortete er. „ Aber nicht unter diesen Umständen. Wenn du mir im nüchternen Zustand immer noch helfen willst, dann werde ich mich nicht zweimal bitten lassen, aber so garantiert nicht.“
„ Na gut. Wer nicht will, der hat schon.“ meinte mein gestriges Ich und kuschelte sich an Keith.
„ Er hat es nicht ausgenutzt? Dabei könnte der Fluch jetzt schon gebrochen sein.“ flüsterte ich.
„ Du hast ihn doch gehört, er wollte deinen Zustand nicht ausnutzen.“ drehte sich Yuri zu mir hin. „ Du solltest dich mit ihm aussprechen und danach ganz dringend ins Bett gehen. Es schaut so aus, als würdest du krank werden.“ musterte er mich besorgt. „ Jaja ich weiß, du hast bloß einen kleinen Kater.“ verdrehte er seine Augen, ehe ich auch nur irgendwas dazu sagen konnte. „ Geh zu euren Hotel hin, ich werden Gran in der Zeit suchen gehen und ihm ein paar Tabletten abknöpfen. Danach komme ich dann zu dir und morgen ist die Welt wieder in Ordnung. Du wirst schon sehen.“
„ Na gut...“ gab ich schließlich nach. „ Ich will es ja auch klären.“
„ Der arme Kerl leidet gerade bestimmt wie ein Tier, der ärmste...“ seufzte der Gott. „ Vielleicht sollte ich mal nach ihm sehen, der ist grad bestimmt richtig schon anfällig was Streicheleinheiten angeht.“
„ Das lässt du mal schön bleiben.“ schielte ich ihn seitlich an.
„ War nur Spaß.“ lachte er. „ Nun husch, husch. Du musst ins Bett!“
Ich ließ mich von ihm aus der Kirche scheuchen und machte mich dann auf den Weg zu unserem Hotel hin.
Ob es wohl auch an meinem Gefühlschaos lag, dass ich so furchtbar erschöpft und kraftlos war? Ich musste ständig irgendwo anhalten und eine künstlerische Pause machen und schließlich sackte ich im Garten des Hotels zusammen und kauerte mich vor eine Bank. Für den Fall dass ich mein Bewusstsein verlor, wollte ich nicht all zu tief fallen.
Wenigstens hatte ich es bis hierher geschafft und war nicht auf dem Weg irgendwo zusammen geklappt.
Erschöpft sah ich in den Himmel und versuchte das gefährliche Kribbeln in meinen Armen und das Flackern meiner Augen zu ignorieren.
Doch plötzlich schien meine drohende Bewusstlosigkeit mein kleinstes Problem zu sein... denn ich vernahm eine göttliche Aura, die mir durch und durch ging und mich panisch aufschrecken ließ.
„ Schau nur was für ein Häufchen Elend aus dir geworden ist. Die Welt der Menschen tut dir nicht gut, du solltest zurück kommen. Zurück in die schützenden Arme deines Vaters!“
„ Kronos!!“ riss ich erschrocken meine Augen auf.

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Tag der Veröffentlichung: 19.08.2012

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