Erst in den frühen Morgenstunden kamen wir wieder am Hotel an und schlichen durch die Gänge auf unser Zimmer zu.
„ Oh man, so spät schon.“ flüsterte ich. „ Ich weiß gar nicht wie ich gleich wieder aufstehen soll.“
„ Dann schläfst du halt länger. So wie gestern.“ meinte Keith.
„ Am besten bleib ich einfach auf.“
„ Das kannst du natürlich auch machen. Ich wüsste sogar schon was, mit dem ich dich beschäftigen könnte.“ grinste er.
„ Ne.“ wehrte ich dankend ab. „ Das muss jetzt erst mal für die nächsten Wochen reichen.“
„ Wie?“
„ Was hast du denn gedacht?“ blickte ich ihn fragend an. „ So oft brauche ich es nicht. Außerdem war es heute schon anstrengend genug.“
„ Das ist doch wohl ein schlechter Witz.“ zog er eine Augenbraue hoch.
„ Nö! Über so was macht man doch keine Scherze.“ grinste ich ihn frech an.
„ Du Monster!“ drückte er sich von hinten an mich und umschlang meinen Körper mit seinen Armen. „ Du willst mich doch nicht wirklich am langen Arm verhungern lassen, oder?“
„ Und wie ich das will!“ kicherte ich belustigt.
„ Wie ich sehe habt ihr euch wieder vertragen, ja?“ stand dann plötzlich Misaki vor uns, der Marie im Schlepptau hatte.
„ Oh Gott sei dank.“ atmete diese erleichtert aus.
„ Ja, haben wir.“ blickte ich die beiden an.
„ Es tut mir schrecklich leid, dass ihr wegen mir solchen Stress hattet.“ murmelte Marie. „ Ich wusste nicht das ihr beiden ein Paar seid. Sonst hätte ich das nicht gemacht.“
„ Schon ok. Vergiss es einfach.“ lehnte ich meine Hand an die Stirn. „ Das ist so ein Thema, was nie wieder auf den Tisch kommen sollte, ok?“ sonst müsste ich nämlich auch darüber nachdenken, was Misa sich vorstellte, wenn er in mein Gesicht sah. Oder welche neuen Gefühle nun erwacht sein könnten, wo er 'mich' doch spüren durfte. Ich könnte mir auch die Frage stellen, ob er Illusion und Realität unterscheiden konnte.
Ich wüsste dann nicht mehr wie ich mit dem Seelendieb umgehen sollte. Es würde ein großes Loch in unsere Freundschaft reißen, so viel war sicher.
Misa sah scheinbar an meinen unsicheren Blick, was mir durch den Kopf schoss. Dabei wollte er mich keineswegs von sich fort scheuchen. Er hätte besser drüber nachdenken sollen was passieren würde, wenn er erwischt werden würde. Der Fall, der jetzt ja eingetreten war und mit diesen Folgen wollte er sich nicht einfach abfinden.
„ Kann ich mit dir reden, Risa?“ fragte er mich daher. „ Unter vier Augen? Ich werde auch die Finger bei mir lassen, versprochen.“ sah er seinen Kumpel an, der ihn argwöhnisch an starrte.
„ Sicher.“ nickte ich. Wobei ich schon ein schlechtes Gefühl dabei hatte, den Prinzen mit der Succubus allein zurück zu lassen.
„ Sie ist gleich wieder bei dir.“ meinte Misa an Keith gewandt und zog mich dann hinter sich her in sein Zimmer.
„ Wo ist denn Lucia?“ sah ich mich fragend um.
„ Sie ist mit Elara im Whirlpool.“ antwortete er mir.
„ Ach so.“ nickte ich und drehte mich dann zu ihm um. „ Was gibt es denn? Ich sagte doch bereits, dass es besser ist wenn wir nicht weiter über das nachdenken, was passiert ist.“
„ Aber genau das tust du doch!“ meinte er. „ Du denkst genau darüber nach und weißt nun nicht wie du dich mir gegenüber verhalten sollst, oder nicht?“
„ Es ist wirklich beängstigend, wie leicht du meine Gedanken erraten kannst.“ murmelte ich. „ Ja, vielleicht ist das so! Aber was soll ich denn auch davon halten, dass die Succubus ausgerechnet meine Gestalt annimmt um mit dir zu schlafen?“
„ Du bist die einzige Frau, die sich in meinem Herzen befindet, sie hätte sich also in gar keine andere verwandeln können.“
„ Bin ich jetzt auch noch schuld daran, das ich die einzige Frau bin?“ maulte ich ihn an. „ Ist dir überhaupt klar, dass nicht ich diejenige war, mit der du geschlafen hast? Oder stellst du dir gerade sogar schon vor, wie ich stöhnend in deinen Armen liege? Was denkst du dir nur dabei? Wie soll ich denn noch normal mit dir umgehen können, wenn ich verdammt noch mal Angst davor haben muss, dass ich dich verletzen könnte?“
„ Natürlich weiß ich dass du das nicht warst! Meinst du wirklich ich würde hier noch so ruhig stehen, wenn ich mir solche Dinge vorstellen würde? Ich habe es doch nur zugelassen, um endlich los lassen zu können. Damit ich nicht irgendwann die Kontrolle verliere und über dich herfalle.“
„ Aber du bist doch über mich hergefallen! Zu mindestens über mein Aussehen! Und dann auch noch in deiner wahren Gestalt! Das grenzt schon fast an Vergewaltigung!!!“ fauchte ich ihn an.
„ Wer von uns beiden vermischt nun die Illusion mit der Realität? Und eine Vergewaltigung war das garantiert auch nicht!“
„ Ich habe doch gesagt es wäre besser dieses Thema nicht weiter aufzurollen.“ zischte ich ihn an und drehte mich schließlich von ihm weg und schlenderte zum Fenster hin.
Aber eigentlich war ich auf mich selbst viel wütender. Weil ich sein Liebesgeständnis nicht ernst genommen hatte und nicht einen Gedanken mehr daran verschwendete. Ich hätte auf Abstand gehen müssen, zu mindestens was meine ständige körperliche Nähe anging. Ich war es, die sein Verlangen immer wieder von neuem entfacht hatte. Gelöschte Feuer brachte ich zum brennen und überließ ihm dann einfach seinem Schicksal. Ich war diejenige, die ihn für meine Zwecke missbraucht hatte. Immer dann, wenn Keith irgendwas getan hatte, was mich verletzte. Letztendlich war ich es, die ihn in 'meine' Arme getrieben hatte... Ich ließ ihm am langen Arm verhungern und merkte es nicht mal.
„ Es tut mir leid...“ flüsterte ich betroffen. „ Wenn ich mich nicht die ganze Zeit so aufgedrängt hätte, dann wärst du vermutlich schon längst über mich hinweg. Ich hätte deine Gefühle ernster nehmen sollen.“
„ Red doch nicht so ein Unsinn!“ seufzte er dann und drückte mich feste an sich. „ Wenn du aufgehört hättest normal mit mir umzugehen, dann hättest du mich viel mehr verletzt. Ich will nicht dass sich etwas zwischen uns ändert, das habe ich dir doch schon gesagt. Das ich dich liebe kann ich nicht ändern, aber ich will dich deshalb nicht verlieren, Risa! Du bist mir viel zu wichtig, als das ich unsere Freundschaft einfach so aufs Spiel setzen könnte.“ sprach er energisch auf mich ein. „ Wenn du dich jetzt wegen meiner Schwäche von mir abwendest, zerreißt du mir damit meine Seele. Glaub mir...“ drehte er mich zu sich um. „ Ich werde an den Gefühlen nicht zerbrechen. Ich denke auch nicht an mein Abenteuer, wenn ich dich ansehe. Ich kann wieder normal mit dir umgehen, ohne Angst haben zu müssen die Beherrschung zu verlieren. Rücke mir ruhig weiter auf die Pelle, dir kann nichts geschehen. Mein Verlangen ist gestillt...“
„ Glaubst du wirklich dir tut das gut, wenn ich weiter so mit dir umgehe? Ich will dich nicht verletzen oder dir gar falsche Hoffnungen machen.“
„ Natürlich tut mir das gut.“ lächelte er mich an. „ Weil ich weiß dass du mir zu hundert Prozent vertraust und ich einen wichtigen Platz in deinem Leben einnehme. Nicht als Partner, aber als guter Freund. Und das ist mir tausend mal lieber, als eine Beziehung mit dir, die in die Brüche gehen könnte. Ich brauche dich nicht in meinem Bett, aber in meinem Leben. Du bist mir einfach viel mehr Wert, als dass du die nächste Kerbe in meinem Bettgestell werden könntest. Gib unserer Freundschaft eine zweite Chance.“
„ ...“ schweigend senkte ich meinen Kopf.
„ Nun verzeih dem Idioten schon, bevor er noch anfängt zu heulen...“ vernahm ich plötzlich Keith's Stimme, der am Türbalken lehnte und uns heimlich belauscht hatte.
Vertrauen ist gut, aber Kontrolle ist besser, so hieß es ja so schön.
Als Misaki dann seufzend zu seinem Kumpel hinsah, blickte ich zu ihm auf und umarmte ihn dann schließlich sanft.
„ Ok... dann lass uns von vorn anfangen.“ flüsterte ich.
„ Danke.“ sah er lächelnd zu mir runter.
„ Ok, das reicht jetzt. Genug gekuschelt für heut.“ meinte der Prinz und zog mich zu sich hin.
„ Eifersüchtiges Frettchen.“ murmelte Misa grinsend und schlenderte dann zur Tür. „ Ich gehe mal nicht davon aus, dass ihr zwei mit in den Pool kommen wollt, oder? Lucia und Elara wären auch da.“
„ Ne, ich muss ins Bett.“ schielte ich meinen Freund schief an.
„ Gut, aber lasst es uns mal nachholen, ja? Wir haben noch nichts gemeinsam unternommen, außer uns im Staub rum zu wälzen.“ sah er lächelnd zu uns zurück.
„ Lass uns das doch morgen, oder viel mehr heute Abend machen. Ich habe gestern gelesen, dass sie in einer Vollmondnacht das Dach über den heißen Quellen öffnen, das wollte ich mir eh ansehen!“ strahlte ich den Seelendieb an. „ Man soll dann einen beeindruckenden Blick auf den Sternenhimmel haben und auf den großen runden Mond.“
„ Dann machen wir das doch. Lucia und Elara sind bestimmt auch dabei.“ sagte Misaki.
„ Prima. So und nun geh ich ins Bett. Gute Nacht.“ verabschiede ich mich von dem Teufel und schlenderte in mein Zimmer.
„ Gehst du wieder nach Illumina?“ fragte Keith mich, der die Tür gerade schloss.
„ Nein, heute mal nicht. Ich will einfach nur schlafen.“ seufzte ich und verschwand dann im Bad.
Gerade als ich das Badezimmer wieder verlassen hatte, griff der Ladthaaner nach mir und warf mich aufs Bett.
„ Hey!“
„ Du glaubst doch nicht wirklich ich würde dich jetzt die nächsten Wochen in Ruhe lassen, oder?“ grinste er mich an und beugte sich dabei über mich.
„ Hättest du mir nicht vorher mal sagen können, dass ich mich mit einem Nymphomanen einlassen will?“
„ Du hast mich ja nicht gefragt.“ lächelte er und küsste mich dann zärtlich auf den Mund.
„ Aber es ist doch schon so furchtbar spät!“ jammerte ich.
„ Ja, ich weiß.“ hob er seinen Kopf wieder leicht an. „ Keine Sorge, ich werde nichts machen. Zu mindestens jetzt nicht.“
„ Das ist aber nett von dir.“
„ Nicht wahr?“ lächelte er.
Tatsächlich ließ er mich, in den wenigen Stunden die ich schlafen konnte, in ruhe. Er hielt mich die ganze Zeit über fest umschlungen und streichelte mich zärtlich.
Seufzend lehnte er seinen Kopf an meinen und drückte mich noch fester an sich. Keith hatte schon wieder nicht den Mut gehabt, mich über seine Gefühle aufzuklären. Dabei wollte er genau das auf der Klippe geklärt haben. Allerdings wollte er nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und Gefahr laufen, dass er als vermeintlicher Einbrecher erschossen wurde. Er ging fest davon aus, dass ich ihm nicht einfach so glauben konnte und er war sich ebenso sicher, dass ich den Kuss zwischen ihm und Lucia mitbekommen hatte. Das allein wird schon ausgereicht haben, um mein Vertrauen ins wanken zu bringen. Warum war es nur so furchtbar kompliziert ein einfaches ich liebe dich loszuwerden? Wobei es ihn wahnsinnig glücklich gemacht hatte, das ich mich in seinen Armen sicher fühlte und dass, wo wir beide nackt waren und er auch noch seine Teufelsgestalt besaß. Es war ein kleiner Schritt in die richtige Richtung und irgendwann würde ich ihm bestimmt auch glauben, wenn er mir seine Liebe gestand. Er musste sich bloß in Geduld üben und durfte nichts überstürzen. Aber vor allen Dingen durfte ihn so was wie mit Lucia nicht noch einmal passieren.
Natürlich verging die Nacht viel zu schnell und war viel zu kurz. Außerdem war es viel zu hell und ich war noch so unglaublich müde. Also drehte ich mich knurrend um und verbarg mein Gesicht an Keith's Brust.
Ich brauchte in der Regel ja auch nicht so viel Schlaf, aber ein gewisser Ladthaaner raubte mir ständig meine Energie.
Es wurde wirklich höchste Zeit, dass ich meine Mächte wieder bekam. Das Leben und Fühlen einer Sterblichen ging mir so gewaltig auf die Nerven. Außerdem hatte ich Angst, dass ich irgendwann nicht mehr fähig dazu war, das Leben einer Göttin zu führen.
Schließlich befand ich mich nun schon seit fünfzehn Jahren in diesen Zustand. Ich erinnerte mich schon gar nicht mehr daran, wie es war sich als vollwertige Göttin zu fühlen. War ich da nicht schon mehr Mensch als Gott? Ich hatte furchtbare Angst davor Keith's Trieben irgendwann nicht mehr gewachsen zu sein. Was völliger Schwachsinn war, da unsere Beziehung nicht für immer halten wird.
Das Aus stand ja schon einmal vor der Tür und konnte gerade so eben noch abgewimmelt werden und wer konnte mir schon versichern, dass es beim nächsten mal auch noch klappte?
Allerdings konnte ich ihm auch nichts von meinen Ängsten erzählen. Ich mein, wir führten eine Sex Beziehung, was würde also geschehen, wenn ich ihm sagte dass ich mich dessen nicht gewachsen fühlte? Oder es gerade so aushalten konnte?
Es war nun mal so, dass er selbst in seiner menschlichen Form ein Energiefresser war, was er nicht zuletzt seiner teuflischen Herkunft zu verdanken hatte.
Er war ein Nymphomane, dessen Batterien niemals zu ende gingen, ganz im Gegensatz zu meinen. Nebenbei hatte ich nicht mal genug Zeit um meine Akkus wieder aufzuladen. Hoffentlich schaltete er heute mal einen Gang runter, andernfalls würde er bemerken wie viel Kraft er mich letztendlich kostete. Einmal täglich, gepaart mit ganz viel Schlaf, bekam ich ja noch gebacken. Ein zweites Mal, wenn es so schnell zu ende ging wie gestern, konnte ich auch weg stecken. Aber alles was darüber hinaus lief, würde mir auf kurz oder lang das Bewusstsein nehmen.
Ich war halt bloß eine bessere Version eines Menschen. Mehr nicht...
„ Ich bin noch müde...“ murmelte ich.
„ Dann schlafe doch weiter.“ schlug mir Keith lächelnd vor, während er mich fester an sich drückte. „ Von mir aus können wir den ganzen Tag hier liegen bleiben und den anderen das Suchen nach dem Buch überlassen.“
„ Das klingt wirklich verlockend...“ flüsterte ich schnurrend. „ Ich könnte mir gerade nichts schöneres vorstellen, als mit dir zu kuscheln.“
„ Wirklich nicht?“ harkte er leise nach.
„ Wirklich nicht!“ säuselte ich ihm zu.
„ Wenn es so ist, dann bleiben wir zwei einfach hier liegen und genießen unsere Katzen freie zeit.“ lächelte er sanft und und drückte mich noch fester an sich.
„ Katzen freie Zeit?“ schreckte ich erschrocken hoch. „ Wo ist denn Elara?“
„ Vermutlich sitzt sie noch immer mit Lucia im Pool.“ vermutete er. „ Na los komm wieder her.“ strich er mir eine verirrte Strähne aus dem Gesicht. „ Wir sind hier auf einer Insel, sie kann nicht einfach verschwinden.“
„ Du weißt aber schon dass sie fliegen kann, ja?“ sah ich schmunzelnd zu ihm hin.
„ Sie wird schon wieder kommen, spätestens dann wenn sie Hunger hat. Also entspann dich...“ erzählte er und schob gleichzeitig den Träger meines Negligés hinunter.
„ Du gehst doch nicht ernsthaft davon aus das ich mich DABEI entspannen kann, oder?“ zog ich eine Augenbraue hoch.
„ Wollen wir wetten?“ beugte er sich zu mir hoch und drückte seine Lippen dann sanft auf meine Schulter.
„ Ne, mit dir wette ich nicht mehr, du greifst auf unfaire Mittel zurück!“
„ Stimmt doch gar nicht.“
„ Oh doch!“ widersprach ich ihm. „ Du hast Misaki auf mich abgesetzt, als wir das letzte mal gewettet haben.“
„ Das war Zufall!“ unterbrach er mich.
„ Ein Zufall der DIR zu gute kam.“
„ Und dir letztendlich doch auch, oder nicht?“ blickte er mich mit diesen verflucht verführerischen Augen an. „ Dein Körper jedenfalls dankt es mir noch immer...“
„ ...“
„ Bedeutet dein Schweigen das du mir recht gibst?“ rückte er noch näher ran und lehnte seine Hand an mein Gesicht.
„ Ob er dir wohl auch dankbar dafür ist, dass du mich mit Hilfe deiner dunklen Aura ausschalten wolltest?“
„ Dein Körper hat mir schon längst verziehen.“ lächelte er und beugte seinen Kopf dann zu meinem Hals hin, den er sachte mit seinen Lippen berührte.
„ Hör auf!“ zuckte ich zusammen. „ Das kitzelt.“
„ Ach nein, wirklich?“ flüsterte er und kitzelte mich weiter mit seinen Lippen und seiner Zunge.
„ Hihihi! Hör auf jetzt!“ kicherte ich und versuchte ihm vergeblich zu entkommen. „ Keith!“ knurrte ich ihn lachend an.
„ Ja, so heiße ich wohl...“ hauchte er mir zu und drückte mich zurück in die Kissen.
„ Hast du vorhin nicht noch von kuscheln geredet?“ sah ich ihn lächelnd an.
„ Genau das mache ich doch.“ erwiderte er das Lächeln.
„ Ach? Und du hast auch überhaupt keine Hintergedanken dabei, ja?“
„ Nein habe ich nicht.“ wobei sein Körper gerade etwas anderes andeutete... „ Solange du artig bleibst, werde ich das auch tun.“
„ Klingt fair.“ mehr war ich nicht imstande zu sagen, da er die restlichen Worte mit einem leidenschaftlichen Kuss erstickte.
Irgendwas war anders an ihm, ich konnte zwar nicht genau sagen was, aber ich hatte irgendwie das Gefühl als wären wir uns ein Stückchen Näher gekommen. So als würde sich unsere Beziehung nun nicht nur mehr um Sex drehen. Ich wusste das er zu diesem Zeitpunkt erregt war, das konnte ich deutlich an meinem Oberschenkel spüren, aber er tat nichts um sein Verlangen zu befriedigen. Just in diesem Moment hatte ich mehr denn je das Gefühl, dass er auf ein anderes Verlangen mehr Wert legte, als auf das körperliche. Aber da täuschten mich meine Sinne wohl...
„ Hey, ihr liegt ja immer noch in der Kiste!“ stand Elara plötzlich im Zimmer, die noch immer in ihrer wahren Gestalt herum wandelte. „ Es ist schon fast Mittags. Also los, seht zu das ihr aufsteht. Je eher wir unsere Zeit in der Bibliothek vergeuden, je eher können wir auch wieder hier her kommen und uns im Pool vergnügen.“
„ Wir wollten ja gleich aufstehen.“ murmelte ich leicht verlegen.
„ Ja, das würde ich jetzt auch sagen!“ kicherte meine Kitty. „ Obwohl du wohl was anderes meinst als ich.“
„ Nein, wir meinen beide dasselbe.“ brummte ich und rückte prompt vom Prinzen weg.
„ Ich warte dann im Speisesaal auf euch. Aber wehe ihr lasst euch zu lange Zeit, dann dürft ihr die Nachtschicht übernehmen, klar?“ hob sie warnend ihren Finger und verließ den Raum dann wieder.
„ Nicht mal im Urlaub hat man seine Ruhe.“ seufzte der Teufel und rückte dann näher zu mir hin. „ Und du hau doch nicht immer ab.“
„ Die Arbeit ruft, Schatz.“ meinte ich. „ Wir haben danach noch genug Zeit zum kuscheln.“
„ Mhm...“ lächelte er mich süß an, zog mich dann ganz plötzlich zurück und beugte sich über mich. „ Ich könnte mich glatt daran gewöhnen, das du mich Schatz nennst.“
„ ...“ ein leichter rötlicher Hauch legte sich auf meine Wangen, als ich meinen Blick verlegen von ihm abwendete.
„ Du machst mich wahnsinnig, Risa...“ flüsterte er mir zu und gab mir einen sanften Kuss auf die Lippen.
„ Ehrlich, hu?“ wenn er wüsste wie wahnsinnig er mich machen konnte...
Lächelnd schlang ich meine Arme um seinen Nacken und drückte ihn fester an mich.
„ Wenn wir gleich nicht aufstehen, wirst du das Bett nicht vor heute Abend verlassen, das verspreche ich dir.“ blickte er mich an.
„ Dann bekommen wir aber ärger.“
„ Das ist mir völlig egal.“
„ Ich möchte mir heute Abend aber lieber den Vollmond ansehen und meine Zeit nicht in der Bibliothek vergeuden, nur weil wir jetzt nicht aus den Federn kommen.“
„ Na gut. Dann lass uns aufstehen.“
Er sagte zwar, das WIR aufstehen sollten, letztendlich war ich es jedoch die aus dem Bett kroch und die Vorhänge unseres Zimmers aufzog, während der Herr mich bloß dabei beobachtete.
Wobei die Versuchung wieder zu ihm ins Bett zu kriechen ungemein groß war, so verführerisch wie er mich gerade ansah. Ich widerstand dieser Versuchung allerdings und schlenderte unbehelligt ins Bad.
Ich wurde das Gefühl einfach nicht los das mir Keith irgendwas sagen wollte und er sich mir gegenüber anders verhielt.
War ich nun an der Stelle im Buch angekommen, wo ich die Hauptrolle eines schlechten Liebesfilmes übernahm, wo das Hauptpärchen einfach nicht zu seinen Gefühlen stehen konnte? Für Außenstehende und auch für das Publikum ist es eine eindeutige Geschichte: Die beiden gehörten zusammen! Und keiner verstand warum sie diese aller letzte Hürde nicht überwinden konnten. Sie standen regungslos davor und niemand traute sich drüber zu springen. Jegliche Versuche waren vergebens und genau das, war für alle einfach Unbegreiflich. Drei einfache kleine Worte die es zu Fragen galt, aber nicht gefragt wurden. Tausend versuche und alle scheiterten schon bei der ersten Silbe. Liebst du mich? So schwer war das nicht. Aber für mich stellte diese Frage eine zu große Herausforderung dar. Ich hatte Angst etwas schönes kaputt zu machen, fürchtete mich davor, über meinen Schatten zu springen und schaffte es nicht, mein innerliches Chaos zu beseitigen.
Meine Gefühle vermischten sich mit der Sorge, das er noch immer an Rika hängen könnte und selbst diesen Verdacht konnte ich einfach nicht aus der Welt schaffen. Es war zum Mäuse melken und ganz im ernst, ich ging mir selbst auf die Nerven.
Warum musste ich mir mein Liebesleben auch so unglaublich kompliziert machen? Dabei könnte es so leicht sein, es gab so viele Anzeichen die darauf schließen ließen, das der Prinz und ich zusammen gehörten. Schließlich wurden wir gesegnet, das Schicksal war auf unserer Seite, ja selbst unsere Körper konnten einfach nicht genug voneinander bekommen. Aber mir blöde Kuh reichte dies immer noch nicht. Zumal mich Keith's offensichtliches Interesse an Lucia, zutiefst verunsicherte und auch verletzte. Zu mindestens war es für mich ganz offensichtlich. Vielleicht war er ja genau aus diesem Grund so gut gelaunt, weil ihn endlich mal jemand richtig befriedigen konnte. Allein die bloße Vorstellung daran, ließ einen Teil meines Herzens erschwärzen und der Rest erfror an der Kälte meiner Seele. Ich sehnte mich nach der Gewissheit, ganz bestimmt, aber ich fürchtete mich zu sehr vor den Konsequenzen meiner Fragerei. So langsam aber sicher mutierte ich zu einer hinterhältigen Schlange. Anstatt mich zu freuen, das der Prinz sie von ihrem Liebeskummer ablenken konnte, wünschte ich mir, wir hätten meine Schwester niemals mit hier her genommen. Das war grausam und gemein. Ich hasste mich für meine fiesen Gedanken, sie in dieser schwierigen Situation allein lassen zu wollen, war ungemein Kaltherzig und so war ich doch eigentlich gar nicht. Der Prinz weckte den unbarmherzigen Teufel in mir und trieb ihn immer weiter an die Oberfläche. Wo sollte das nur enden?
Letztendlich verletzte ich nicht nur mich selbst mit meiner stupiden angst vor der Wahrheit. Ich benutzte Misaki um Keith eifersüchtig zu machen, wenn er bei mir dieses Gefühl entfachte, würde Lucia, meine geliebte Schwester, am liebsten dorthin schicken wo der Pfeffer wuchs und nebenbei fiel ich in ein Bodenloses Loch ohne Aussicht darauf, gerettet werden zu können. Es sei denn, ich hielt mich an einer Wurzel fest und schaffte den Aufstieg aus eigener Kraft.
So wie es jetzt lief, konnte es jedenfalls nicht lange gut gehen. Ich wollte ihn keineswegs teilen, was ich aber musste, wenn wir diese Art von Beziehung weiter aufrecht hielten.
Es gab nun also zwei Möglichkeiten: Aufgeben und das Feld räumen, oder kämpfen und ihn von unserer Liebe überzeugen! Wobei mir keiner der beiden Wege wirklich zusagte.
Wann hatte sich meine Einstellung, das ich keine feste Beziehung eingehen wollte, eigentlich geändert? Hatte ich mich, ohne es zu wissen, in die Arme von Mister Perfekt geworfen? War er der Richtige für mich? Und warum in Gottes Namen mussten ausgerechnet jetzt die Kirchglocken läuten??
Fakt war, dass ich mich bisher zu keinem andere so dermaßen hingezogen fühlte wie zu Keith. Die paar anderen gingen mir schon nach wenigen Treffen auf die Nerven. Wenn ich also wirklich dem Mann meiner Träume begegnet war, konnte ich ihn dann einfach wieder ziehen lassen? Wieso war ich nicht mal in der Lage mir die einfachsten Fragen zu beantworten? Ich musste doch am besten wissen was in meinem inneren abging, aber es war fast so, als würde mein Herz eine andere Sprache sprechen...
Da ich allerdings nicht ewig vor dem Spiegel stehen und mich mit unnützen Fragen bombardieren konnte, frisierte und schminkte ich mich, zog mich um und verließ das Badezimmer dann wieder.
Der Kerl der mir noch den Verstand raubte, war inzwischen auch aufgestanden und betrat nach mir das Bad. Und wieder verschob ich das klärende Gespräch auf später...viel später. Dabei konnte es so nicht weiter gehen, das wusste ich, aber dennoch...
Kurz darauf saßen wir am Frühstückstisch und stärkten uns für die bevorstehende Sucherei.
Es war richtig ungewohnt in das schöne Gesicht meiner Wächterkatze zu schauen, es erinnerte mich an schönere, bessere Zeiten.
Man sah ihr richtig an das es ihr ungemein gut tat auf zwei Beinen laufen zu können. Ich würde ihr diese Möglichkeit gern viel öfter geben, allerdings müsste ich dafür meine Blutmächte aktivieren können und das war die nächste Herausforderung, der ich scheinbar nicht gewachsen war... Letztendlich war auch ich nur ein unreifes Kind, die weder von der Liebe noch vom Leben Ahnung hatte.
„ Willst du nichts essen?“ riss mich Lucia dann aus den Gedanken raus.
„ Wie?“ starrte ich sie irritiert an.
„ Ob du nichts essen möchtest.“ wiederholte sie ihren Satz besorgt. „ Was ist los? Bedrückt dich irgendwas?“
„ Naja, mir steht der Kampf mit meinem Vater und der gesamten Teufelsnation bevor, ich kann zwar weder meine Blutmächte aktivieren, noch weiß ich ob ich wirklich in der Lage sein werde Vater zu töten, aber sonst geht es mir gut.“ gab ich von mir.
„ Es wird alles gut werden, Risa.“ lächelte mich mein Schwesterherz an. „ Woher kommen plötzlich deine Zweifel? Die hattest du die ganze Zeit doch nicht.“ sie spürte das dies nur die halbe Wahrheit war, unterließ es aber näher drauf einzugehen.
„ Darf ich nicht auch mal zweifeln? Schließlich bin ich keine Maschine die jeden Tag zu hundert Prozent funktioniert.“ meckerte ich. „ Schließlich liegt auf keinem von euch die Last, die ich zu tragen habe. Also lass mich doch auch mal verzweifeln.“ meinte ich und stand dann auf. „ Sorry, ich wollte dich nicht an meckern. Ich gehe schon mal vor.“ nein, ich war nicht Schwanger! Meine heftigen Stimmungsschwankungen kamen von meiner eigenen Unzufriedenheit mit der gesamten Situation.
Zu allem Überfluss traf ich an der Tür von Speisesaal auch noch auf das Klosterschulen-Trio, auf dessen herablassende Blicke ich gut und gern verzichtet hätte. Natürlich hatten sie Marie in ihrer Mitte aufgenommen, aber an deren sonstige Art hatte sich nicht all zu viel verändert. Sie waren und blieben einfach Klostermatratzen.
Als dann auch noch ein Kellner mit einem Tablett voll mit kühlen Getränken an uns vorbei ging, konnte ich nicht anders als diesen stolpern zu lassen, so das sich seine Getränke über die neuen Klamotten der Mädels verteilte.
Das Geschreie und Gezeter hob meine Stimmung nun nicht so besonders an, aber ein Schadenfrohes grinsen huschte mir trotzdem über die Lippen. Es war schon schön, eine Göttin zu sein und magische Kräfte zu besitzen.
Auch wenn mich diese Fähigkeiten bei meinen Problemen mit Keith, nun nicht wirklich weiter brachten... vielleicht sollte ich mal nach einem Liebestrank aus schau halten. Das wäre es doch.
Seufzend schlenderte ich aus dem Hotel raus und nahm in einer unbeachteten Ecke meine göttliche Gestalt an und flog schließlich zu der Kirche hin.
„ Können wir sie in diesem Zustand allein lassen?“ wunderte sich nicht nur Elara über mein eigenartiges Verhalten.
„ Ich dachte ihr hattet euch wieder vertragen.“ gab auch Misaki seinen Senf dazu ab. „ Oder habt ihr euch zwischenzeitlich wieder gestritten?“
„ Nein, bis gerade war noch alles in Ordnung.“ meinte Keith.
„ Ja, das merkt man richtig, wie alles in Ordnung ist.“ schmunzelte Misa.
„ Ich wüsste nicht was ich gemacht haben sollte, das sie plötzlich so schlecht gelaunt ist.“ überlegte der Prinz.
„ Vielleicht solltest du mal genauer nachdenken. Hast du irgendwas gesagt? Irgendwas muss doch vorgefallen sein.“ bohrte der Seelendieb weiter.
„ Vielleicht erträgt sie ja auch deine Nähe nicht mehr, nun da sie von deiner Liaison mit der Succubus in Risa's Gestalt weiß.“ holte Keith zum Gegenschlag aus.
„ Ach? Nun soll ich es also gewesen sein, oder was?“
„ Jungs, hört bitte auf zu streiten.“ seufzte Elara. „ Ihr scheint zu vergessen, dass die gesamte Situation nicht so einfach ist. Vielleicht ist ihr inzwischen bewusst geworden, in welcher ausweglosen Situation sie sich befindet. Es sind ja nicht nur die Kämpfe, in denen sie jedes Mal aufs neue ihr Leben riskiert, das Schicksal des gesamten Universums, der Menschen, der Götter und auch der Ladthaaner, ruht auf ihren Schultern. Die Chancen lebend aus der Sache wieder raus zukommen sind zur Zeit nicht wirklich gut.“ stauchte die Kitty die beiden Teufel zusammen. „ Sie müsste den Umgang mit dem Schwert weiter üben, müsste lernen wie sie ihre Blutmächte aktivieren kann und ihr läuft verdammt noch mal die Zeit davon. Also hört auf euch zu streiten und seht zu, dass ihr sie unterstützt! Ihr zwei Pappnasen seit unschlagbar im Nahkampf, zudem kannst du Trottel ihr noch näher bringen, wie sie ihren inneren Fluss für sich nutzen kann. Schließlich kämpfst du doch selbst mit den Mächten, die durch deinen Körper jagen.“
„ Elara hat recht.“ stimmte Lucia ihr zu. „ Wir sollten unsere Zeit nicht mit streiten vergeuden, sondern Risa noch stärker unterstützen. Wir können nicht zulassen das sie sich Blind in die Gefahren stürzt.“
„ Ihr habt recht....tut mir leid...“ seufzte Misaki.
„ Ja, mir auch...“ die beiden machten grad den Anschein, als wären sie kleine Lausbuben, die bei einem fiesen Streich überrascht wurden und nun ihr Fett weg bekamen.
Inzwischen war ich in der Bibliothek angekommen und ärgerte mich über mich selbst. Ich hatte weder meine Stimmung noch mein Gefühlsleben im Griff, das kotzte mich regelrecht an.
Allerdings kam ich gar nicht dazu mir in einer einsamen Minute den Schädel an einer Wand zu Brei zu schlagen, da Yuri sofort zur Stelle war, der meine miese Laune sofort bemerkte.
„ Was ist los mit dir, Schätzchen?“ begutachtete er mich. „ So ein erboster Gesichtsausdruck steht dir nicht. Willst du mir vielleicht dein Herz ausschütten?“
„ Nicht nötig, danke.“ wehrte ich energisch ab und stampfte in meine Halle.
„ Es ist aber viel besser sich die Sorgen von der Seele zu reden, ehe du in ein tiefes schwarzes Loch fällst. Ich biete dir eine standfeste Leiter, falls du meine Hilfe annehmen willst.“
„ ...“ schweigend blieb ich stehen und drehte mich dann zu ihm um. „ Hast du schon mal eine Sex-Beziehung geführt?“
„ Oh ja, Liebchen. Nicht nur eine.“ kicherte er leicht gerötet.
„ Ist es dir da auch schon passiert, dass du dich in deinen Freiheitsliebenden Partner verliebt hast und du dich einfach nicht traust ihm von deinen Gefühlen zu erzählen?“
„ Ja, auch diese Problematik ist mir sehr wohl bekannt.“
„ Und was hast du getan?“
„ Ich habe es ihm irgendwann gesagt.“ überlegte er.
„ Und dann?“
„ Dann haben wir uns getrennt.“
„ Na toll.“ seufzte ich fast schon theatralisch auf und drehte mich kopfschüttelnd wieder von ihm weg.
„ Es hatte mir gezeigt, dass er nicht der Richtige für mich wahr. Die Glocken läuteten nicht für uns, das Schicksal hatte andere Pläne. Und was soll ich sagen, ich bereue es nicht ihm von meinen Gefühlen erzählt zu haben. Den dies ist auf alle Fälle besser, als auf alle Ewigkeit bloß eins von vielen Betthäschen zu sein. Besser als das eigene Herz bluten zu lassen, wenn er in den Armen eines anderen, oh Pardon, einer anderen liegt und man ihm auch noch die Erlaubnis dafür erteilt hat.“ redete er sanft auf mich ein. „ So wusste ich, dass mir Mister Perfekt noch nicht über den Weg gelaufen war und konnte mich wieder auf die Suche begeben, anstatt meine Zeit mit solch einem Windbeutel zu vergeuden.“
„ Und wenn du das Gefühl hast, das genau dieser Windbeutel der richtige ist?“ harkte ich flüsternd nach.
„ Dann wird er es genauso sehen. Andernfalls wurdest du von deinen Gefühlen in die Irre geführt. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende, oder?“
„ Ja schon.“
„ Es ist schwer, das kann ich verstehen. Aber zerbreche dir deshalb nicht dein hübsches Köpfchen. Wenn er dich nicht versteht, dann hat er dich nicht verdient.“
„ Vermutlich hast du recht.“ aber wirklich beruhigt war ich nicht.
„ Na komm.“ strahlte er mich plötzlich an. „ Mission: Rettet das Schäfchen wurde gestartet.“ jubelte er und zog mich mit in eine Halle, die wir bereits durchgesehen hatten.
„ Was hast du vor?“ fragte ich verwundert.
„ Schließe deine Augen und lass dich einfach überraschen.“ schnalzte er voller Vorfreude mit der Zunge. „ Na los, Liebchen.“
„ Na gut...?“ schielte ich ihn seitlich an und schloss dann meine Augen. „ Aber was hast du denn vor?“
„ Ich entführe dich in ein Schloss, das von der Fantasie und der Liebe erfüllt ist.“ erzählte er mir und da bemerkte ich einen sanften Wind, der mein Kleid erfasste und sanft hin und her schaukelte. „ Du wirst die Prinzessin der Herzen sein, genauso wie es sein sollte. Eine Atmosphäre ohne Lügen, Intrigen, Schmerzen oder Zweifeln. Lass dich einfach fallen und tanze zu der Musik, die dir dein Herz vor summt.“
„ Welche Musik?“ harkte ich etwas verblüfft nach, doch schon im nächsten Moment vernahm ich eine leise Melodie, die ich nur zu gut kannte. Es war das Lied, was Rika extra für mich geschrieben hatte und mir jeden Abend vorsang.
„ Nun öffne deine Augen und schaue in das klare Licht...oder so!“ kicherte er.
Langsam öffnete ich meine Lieder und blickte mich erstaunt um. Yuri hatte ein riesiges Schloss aus Büchern gebaut, was bis unters Dach reichte.
An den Papierwänden spiegelten sich meine schönsten Erinnerungen wieder, natürlich durfte Rika da nicht fehlen und genau diese sang mein Lied. Ich sah alle meine Freunde, Patty, Hanon, Takeo, Naoki, einige Teufelsschlächter waren zu sehen und Keith, Misaki, Lucia, Dark, Elara, Charon, Tartaros, ja selbst Charis spiegelte sich an der Schlosswand wieder. Ich konnte sogar Lian entdecken, die mich grinsend anstarrte. Allerdings war ich zu gerührt, als das ich auch nur ein kleines Wort von mir geben konnte. Der Gott wusste wirklich wie man jemanden wieder aufbauen konnte. Langsam kletterte meine Wenigkeit an der Leiter empor, die mir aus meinem Loch wieder hinaus half.
„ Komm!“ lächelte er mich glücklich an, nachdem er die ganzen Gesichter gesehen hatte, die mir zur Seite standen.
Kurzer Hand griff er nach meiner Hand und flog mit mir auf einen der Türme rauf, wo wir uns niederließen.
„ Eines Tages wird alles genauso sein, wie du dir das erträumst, Risa. Du darfst deinen Mut nur nicht verlieren. Du hast so viele Freunde, die dich in der dunkelsten Nacht suchen und finden würden. Du kannst auf sie bauen und ihnen vertrauen. Du bist nicht allein, vergiss das bitte nicht.“
„ Danke...“ lächelte ich ihn mit Tränen in den Augen an.
„ Du musst dich nicht bei mir bedanken.“ meinte er und drückte mich dann sanft an sich.
Lächelnd senkte ich meine Augen, lehnte mich an den Gott und sang mit Rika zusammen das Lied, was mir noch immer unendlich viel bedeutete. Es war schon lange her, seit ich ihre Stimme außerhalb von Illumina hören konnte, das war so ein ausgesprochen schönes Gefühl.
Schweigend saßen wir dicht beieinander und lauschten der schönen Stimme meiner Schwester, während ich leise mitsang.
Dabei vergaßen wir vollkommen die Zeit und ließen uns Gedankenlos von der rührenden Atmosphäre mitreißen.
Ich kannte Yuri erst seit wenigen Tagen trotzdem schien es mir als würde ich ihn schon mein ganzes Leben lang kennen. Ein ähnliches Gefühl hatte ich bei Misaki gehabt. Er war da, als ich in einen tiefen Abgrund zu stürzen drohte und brachte mich zurück ans Licht. Ich wollte ihn nicht verletzten, ganz bestimmt nicht, aber ich möchte auch nicht das sich irgendwas zwischen uns änderte. Er überstand und besiegte den Blutrausch, einen besseren Vertrauensbeweis konnte er mir gar nicht liefern.
Zur Zeit war einfach alles so kompliziert und für die ganzen Probleme die auf mich einbrachen war meine Seele einfach zu klein. Ich würde am liebsten einfach ausbrechen, aber das ging nicht. Also hatte ich nur eine Möglichkeit, ich musste die Sorgen und Nöte beim Schopf packen und sie eigenhändig aus meinen Kopf werfen.
Nun gut, dann hatte der Seelendieb halt mit meiner Gestalt geschlafen, wenn es ihm dabei half sein Verlangen zu stillen, war es auch für mich ok. Ich würde es mir niemals verzeihen wenn er wegen mir leiden müsste. Die Sache mit Keith war da schon komplizierter. Ich musste nur meinen gesamten Mut aufbringen und wenn er nicht so empfand wie ich, dann war er halt nicht der Richtige. Diese furchtbare Ungewissheit fraß letztendlich nicht nur mich auf. Sie knabberte an meinem Vertrauen Keith und auch Lucia gegenüber und vergiftete unsere Freundschaft. Das durfte ich doch nicht länger zulassen.
Just in dieser Minute fühlte ich mich so unglaublich stark, was mit Sicherheit auch an dem Lied lag und an der Nähe des Gottes der Vergangenheit. Ich hatte das Gefühl, als könnte mich nichts mehr schocken. Ganz so, als könnte ich jedes Hindernis überwinden und würde jedem Niederschlag belustigt ins Gesicht lachen.
„ Ihr habt beide eine wunderschöne Stimme.“ flüsterte Yuri gerührt. „ Beneidenswert.“
Ich senkte bloß meine Augen und sang lächelnd weiter.
„ Was ist denn hier los??“ stand Misaki plötzlich in der Tür und schaute sich das Bücherschloss erstaunt an.
„ Woha!“ Yuri bekam so einen derben Schrecken verpasst, das er die Magie fallenließ, die das Gebäude aus Papier aufrecht hielt und so stürzten wir beide in die Tiefe.
„ RISA!“ rief der Seelendieb erschrocken meinen Namen und wollte auf uns zu stürmen, allerdings schlug ihm eine heftige Staubwolke mitten ins Gesicht, der ihm zum anhalten zwang.
Auch Lucia, Keith und Elara kamen durch den lauten Knall angerannt und blieben erschrocken über den Atemraubenden Dunst wie angewurzelt stehen. Keuchend hielten sie sich die Arme vors Gesicht und versuchten gleichzeitig zu verstehen, was hier geschehen war.
Als sich der Nebel dann wieder lichtete, kamen sie auf das Chaos zu gelaufen.
Yuri und ich lagen inmitten der vielen Staubfänger und bekamen bei unseren bedröppelten Gesichtsausdrücken auch gleich einen heftigen Lachanfall.
„ Oh man.“ strich sich Misa zähneknirschend durchs Haar. „ Die lachen, während mir das Herz buchstäblich in die Hose rutschte. Sie wird noch mein Untergang sein, ganz im ernst.“
„ Alles ok bei dir?“ fragte der Gott dann lachend nach. „ Alles noch dran?“
„ Ja, bei mir scheint alles in Ordnung zu sein.“ klopfte ich meinen Körper ab. „ Und bei dir?“
„ Es scheint unser Schicksal zu sein, dass wir ständig irgendwo runter fallen. Vielleicht sind wir auch verflucht worden, oder ein böses Omen schwebt über uns.“ überlegte er. „ Aber heute ist es noch mal gut gegangen, scheinbar habe ich mir nichts wichtiges gebrochen.“
„ Wieso? Hast du dir etwa was unwichtiges gebrochen?“
„ So was besitze ich nicht.“ grinste er.
„ Wenn das so ist, bin ich ja beruhigt.“
„ Was habt ihr denn hier gemacht?“ harkte Misaki nach, während er uns beim aufstehen half. „ Und wofür habt ihr überhaupt Flügel, wenn ihr sie nicht nutzt?“
„ Ach ja.“ lachte ich. „ Das habe ich vollkommen vergessen. Ich laufe schon viel zu lange als Mensch rum.“
„ Mhm.“ verzog der Teufel seinen Mund.
„ Was macht ihr denn für Experimente hier? Wolltet ihr euch das Genick brechen, oder wie sieht das aus?“ stemmte meine Schwester die Hände in die Hüfte und starrte uns dabei streng an. „ Und wer soll die Unordnung nun wieder aufräumen?“
„ Das mache ich schon, keine Bange.“ streckte sich Yuri ausgiebig und ließ dann seine Handknöchel knacken. „ Das geht ratze fatze, versprochen.“ schnalzte er mit der Zunge und hob dann seine Hände.
Ein wahrer Wirbelsturm fegte durch die Bücher und sammelte jedes einzelne ein. Danach wurden sie allesamt wieder zurück ins Regal geschleudert und glänzten zudem noch in einer vollkommenen Sauberkeit.
„ Wir haben die Bücher bloß mal abgestaubt.“ kicherte er. „ Und nun wo wir diesen Punkt ab geharkt haben, können wir uns ja der nächsten Aufgabe widmen.“ verkündete er fröhlich. „ Auf auf Kinder. Das Buch findet sich nicht von allein.“ wiedermal scheuchte er alle Anwesenden aus dem Raum und lief dann pfeifend in seine Halle.
Gerade als auch ich in meine Kammer des Schreckens gehen wollte, hielt mich Keith an der Hand fest und zog mich in seine Arme.
„ Hau nicht schon wieder ab.“ flüsterte er.
„ Abhauen? Wo soll ich denn hin?“
„ Wir haben uns Gedanken darüber gemacht, wie wir dir dabei helfen können, deine Sorgen aus der Welt zu schaffen.“ meinte er und legte dabei seine Schwingen um meinen Körper, um mich noch fester umschlungen zu halten. „ Ich könnte dir vielleicht beibringen, wie du deine Blutmächte aktivieren kannst, außerdem kann ich dich im Nahkampf trainieren.“
„ Und das fällt dir erst jetzt ein?“ zog ich fragend eine Augenbraue hoch. „ Das hättest du mir schon viel früher beibringen können.“
„ Da wusstest du aber noch nicht wer ich wirklich bin.“
„ Stimmt, es war ja unzumutbar für dich, mich aufzuklären.“
„ Es tut mir leid, Risa. Aber auch du wolltest mir anfangs nicht erzählen wer du bist. Von daher müsstest du mich eigentlich verstehen.“
„ Mhm...Ja, ich verstehe dich ja.“ vermutlich wollte er sich selbst nicht mal damit abfinden, dass das gesamte Universum uns zusammen sehen wollte.
„ Wir kriegen das zusammen hin, Liebling.“ flüsterte er.
„ Ich weiß.“ lächelte ich leicht. „ Aber das ist nicht das einzige was mich beschäftigt.“ murmelte ich.
„ Und was wäre da noch?“
„ ...“ ich atmete noch mal tief ein und löste mich dann von ihm. „ Wir müssen dringend miteinander reden. Aber nicht jetzt und nicht hier.“
„ Reden? Worüber denn?“
„ Über uns.“ sah ich ihn fest in die Augen. „ Aber wie gesagt, nicht jetzt. Das machen wir mal in einer einsamen, ruhigen Minute. Wenn wir das Buch bald finden wollen, sollten wir uns schleunigst an die Arbeit machen.“ sagte ich ihm und ging dann in meine Halle.
„ Über uns...?“ sah er mir mit einem mulmigen Gefühl im Bauch nach. Das ich mich ihm gerade schon wieder entzog, weckte in ihm eine böse Vorahnung. >Will sie sich etwa von mir trennen..?< fragte er sich selbst.
Die Zeit schlich auf Zehnspitzen an uns vorbei und schien ständig irgendwo stehen zu bleiben, um uns schadenfroh bei der Sucherei zuzusehen.
Inzwischen hatte ich mein letztes Buch wieder ins Regal gestellt und so langsam fragte ich mich, ob sich der Wegweiser überhaupt hier befand. Wir hatten zwar noch einige Hallen voll mit alten Lektüren vor uns, aber die meisten hatten wir bereits hinter uns gebracht. Ohne das wir auch nur einen kleinen Erfolg verbuchen konnten.
Die Lust hatte ich schon lange verloren, aber so langsam verabschiedete sich auch meine Hoffnung, das wir hier einen Hinweis auf das letzte verbleibende Tor nach Ladthaa fanden. Es schien ausweglos zu sein, alle Mühen waren vergebens.
Seufzend setzte ich mich auf den Boden und betrachtete die vielen Regale. Da waren Bücher über Bücher, aber keines davon brachte uns weiter. Eigentlich war es richtig niederschmetternd, das es nur ein einziges Buch gab was uns weiter helfen konnte.
„ Ich habe hier ein interessantes Buch gefunden.“ stand Keith plötzlich hinter mir. „ Es hat zwar nichts mit dem Weg nach Ladthaa zu tun, aber ich finde es trotzdem recht interessant.“ grinste er mich an.
„ So? Wie heißt es denn und worum geht es?“ blickte ich über meine Schulter zu ihm zurück.
„ Hilfe, ich sitze bei einem Menschen auf der Couch!“ las er den Titel vor. „ Die Geschichte handelt von dem ersten Gott, der von einem Menschen enttarnt wurde.“
„ Und?“
„ Als dieser Gott damals enttarnt wurde, war er dazu verdammt dem Menschen so lange zu dienen, bis er ihn gehen ließ.“ erzählte er mir. „ Da die Menschheit, wir wissen es ja, von Macht nicht genug bekommen kann. Sich nach noch mehr Geld, Glamour und Ruhm sehnt, hatte er auch nie vor seinen Wünsche Erfüller wieder gehen zu lassen. Der hohe Rat der Götter hatte das Enttarungsgesetz dann neu beschlossen und demjenigen, der einen Gott enttarnt, neun Wünsche zugesichert. Somit kam der Gott frei und konnte endlich nach Kythos zurück kehren.“
„ Das ist nur ein Mythos. Wir sind doch keine Dschinnis, die in einer Lampe wohnen und demjenigen, der uns befreit neun Wünsche erfüllen.“ wehrte ich lachend ab.
„ Ach wirklich?“ klappte er das Buch zu und ging vor mir in die Hocke. „ Und warum befindet sich dann solch ein Buch in der heiligen Bibliothek der Götter?“
„ Weil sie alle gern Geschichten erzählen und über eine blühende Fantasie verfügen.“
„ Wir können es ja gern mal ausprobieren, ob dieser Mythos nicht doch wahr ist.“ griente er mich schief an. „ Ich bin zwar eigentlich Wunschlos glücklich, aber ein paar Kleinigkeiten wüsste ich schon, die ich mir wünschen könnte. Schließlich gibt es da noch einen Fluch, den ich brechen will...“ sah er mich mit einem herausfordernden Blick an.
„ Selbst wenn es solch ein Gesetz gibt, gilt das nur für Menschen und du bist keiner.“
„ Warst du nicht diejenige, die mich zu gern an meine menschliche Seite erinnert hat? Du hast sogar versucht mich damit aufzuziehen.“ grinste er mich noch immer schelmisch an. „ Jetzt muss ich dir wohl dafür danken, das du mich netter weise daran erinnert hast.“
„ ...“ starrte ich ihn entsetzt an. Sein menschliches Blut hatte ich ja ganz vergessen. „ Genau genommen war es ja auch Dark, der mich enttarnt hatte und nicht du!“
„ Und letztendlich war ich es dann doch.“
„ Nein, warst du nicht!“
„ Wollen wir es ausprobieren? Wenn du so überzeugt davon bist, dass mir die neun Wünsche nicht zustehen, dann hast du doch nichts zu befürchten, oder?“
„ Hab ich auch nicht!“
„ Na dann wünsche ich mir dass du...“ doch weiter kam er nicht, da ich ihm erschrocken den Mund zu hielt.
„ Halt den Mund!“ fauchte ich ihn an.
„ Aha.“ grinste er wissend vor sich hin. „ Dachte ich es mir doch. Zu schade dass ich erst jetzt von den Wünschen erfahren habe. Ich habe es zwar mal gehört, dem aber keinen Glauben geschenkt.“
„ Wage es nicht dir so was gemeines zu wünschen!“ warnte ich ihn.
„ Würde ich nie tun.“ griff er sich lächelnd meine Hand und gab dieser einen sanften Kuss. „ Ich bin mir sicher, dass ich dich auch auf anderem Wege dazu bringen kann mich zu erlösen. Und falls nicht, dann muss ich halt sterben.“
„ Zu sterben ist noch immer keine gute Option.“ murmelte ich.
„ Dann wirst du wohl mit meiner teuflischen Gestalt zurecht kommen müssen. Andere Optionen haben wir nicht.“
„ Doch. Die dritte und beste Option wäre, den Fluch erst gar nicht zu brechen.“
„ Das kommt für mich aber nicht in Frage.“ erhob er sich wieder. „ Sollte ich mich noch einmal in Dark verwandeln, dann nur um zu sterben.“
„ Glaubst du ehrlich du wärst in der Lage dich vor mir zu verstecken?“ sah ich ihn fragend an. „ Ich werde nicht zulassen das du stirbst.“
„ Dann ist doch alles klar.“ griente er mich wiedermal an. „ Vielleicht kann ich dich ja dazu bringen, das du dich an meine dunkle Seite gewöhnst und dann wirst auch du feststellen müssen, das man nicht immer alles glauben sollte, was die Filme einen weiß machen wollen.“ meinte er und verließ den Raum dann wieder.
Das war so unfair, warum in Herrgotts Namen fand der Kerl einen Staubfänger, der ein offenes Geheimnis über uns Götter lüftete, während ich nicht ein interessantes Schriftstück in Händen gehalten hatte? Wenn ich wenigstens mal einen Anhaltspunkt bekommen würde, wie es die Ladthaaner ungefähr taten, wäre ich ja schon glücklich. Aber nein, so was tolles fiel mir nicht vor die Füße.
Am Abend saßen wir dann alle in den heißen Quellen und erholten uns von den Strapazen des Tages.
„ Ich habe uns was leckeres mitgebracht.“ verkündete Lucia strahlend und hielt eine Weinflasche in der einen und Weingläser in der andere Hand hoch, während sie zu uns ins Wasser tapste. „ Das ist echter Wein aus Kythos. Ich hatte mir ein paar Flaschen mitgenommen, als ich zur Erde ging. Das was die Menschen hier Alkohol nennen ist lächerlich im Gegensatz zu diesem Zaubermittel hier.“
„ Wein aus Kythos?“ schaute sich Misaki die Flasche neugierig an. „ Klingt interessant.“
„ Ihr wisst doch, angeheitert lüften sich die schmutzigen Geheimnisse besser.“ kicherte mein Schwesterchen.
„ Also ich trinke den Wein nicht.“ verzog ich argwöhnisch meinen Mund. „ Als ich den damals mal probiert hatte, lag ich nach einem Glas schon unterm Tisch.“
„ Der haut schon richtig rein.“ nickte die Göttin. „ Dir würde ich ihn auch nicht empfehlen. Aber wir wollen ja nicht das du die einzige bist, die der Alkohol zu Kopf steigen kann. Deshalb gibt es jetzt die volle hochprozentige Dröhnung.“
„ Und du glaubst wirklich, du bekommst uns mit einer Flasche platt?“ zog Keith fragend eine Augenbraue hoch.
„ Du, wo das her kommt, gibt es noch viel mehr.“ griente sie ihn an und entkorkte die Flasche gleichzeitig. „ Ich habe nicht nur eine Flasche mit gehen lassen.“
Nachdem dann alle Gläser befüllt und verteilt waren, ich hatte einen Caipi, stießen wir an und tranken einen Schluck.
„ Mhmm.“ nickte Misa. „ Fruchtig.“
„ Und der haut echt rein, wow!“ kicherte Elara. „ Lecker.“
Plötzlich ertönten aus den Lautsprechern aktuelle Lieder aus den Charts und machte die feierliche Atmosphäre so perfekt.
Wir tranken, lachten und genossen das nette Beisammen sein. Es liefen sogar einige Songs, die ich damals in Takeo's Schlächter Treff auf der Bühne performt hatte und auch jetzt machte es mir wahnsinnigen Spaß die Lieder mit zu singen. Diese Sorgenfreie Zeit fehlte mir schon ein bisschen. Vielleicht sollte ich Spaßeshalber mal wieder dort auftreten.
Die Teufelsschlächter würden sich darüber bestimmt auch tierisch freuen.
„ Wenn du irgendwann keine Lust mehr hast, dich um das Leben zu kümmern, kannst du auch eine Sängerin werden. Die Stimme hast du jedenfalls schon mal.“ lächelte mich mein Schwesterherz an.
„ Mal schauen, vielleicht mache ich das sogar.“
Inzwischen hatten sie schon die zweite Flasche des Gesöffs geleert und die Stimmung hob sich noch weiter an.
Auch bei mir blieb die Wirkung des Alkohols nicht aus und das, wo ich bloß ein paar Caipirinhas getrunken hatte. Aber diese Umdrehungen reichten schon aus, um einem entkräfteten Gott den Kopf zu verdrehen.
„ Also, wer möchte denn mal damit anfangen die Abgründe seiner Seele offen zu legen?“ warf Lucia grinsend in die Runde. „ Oder wollen wir die Flasche entscheiden lassen?“
„ Ja, warum nicht.“ überlegte meine Kitty. „ Und da du die Flaschen mit gebracht hast, hast du auch die Ehre diese zu drehen und die erste peinliche Frage zu stellen.“
„ Seit ihr denn damit einverstanden?“ harkte die Göttin noch einmal nach.
Nachdem keine Einwände zu hören waren, legte sie die Flasche auf das Wasser und drehte diese. Dies war möglich, da sie auf einem Zauber gebettet war, die den harten Untergrund eines Bodens simulierte.
Gott sei dank blieb die Flasche nicht bei mir stehen, eigentlich hatte ich das Pech bei so was ja gepachtet, aber jetzt traf es Keith als erstes.
„ Mhm.“ legte Lucia ihren Finger grinsend auf die Lippen. „ Hattest du schon mal was mit einem Mann?“
„ Nein.“
„ He!“ riss sie die Augen auf und starrte ihn an. „ Du lügst!“
„ Nein, tue ich nicht.“ seufzte er. „ Zu mindestens war er damals nicht in einem männlichen Körper.“ man sah ihm richtig an das ihm die Erinnerung daran nicht gefiel.
„ Was denn?“ zog Misa eine Augenbraue hoch. „ Du hattest mal was mit einem Kerl und mich lehnst du ab??“
„ Ich wusste ja gar nicht dass er ein Kerl war.“ verdrehte der Prinz die Augen.
„ Wie dich lehnte er ab?“ fragte ich nun erstaunt nach. „ Also hast du ja doch eine schwule Ader! Ich wusste es doch!“
„ So ein Quatsch.“ wehrte der Seelendieb energisch ab. „ Das war eine Notsituation!“
„ Hihihi.“ lachte ich. „ Eine Notsituation? Ja, das glaube ich auch.“
„ Hör mir doch erst mal zu, du Monster!“ spritzte er mich mit Wasser nass. „ Das war als er sich zum ersten mal verwandelt hatte. Ich hatte halt Angst das der vor meinen Augen krepiert.“
„ Und du hättest auch überhaupt keinen Spaß dabei gehabt, was?“ stichelte ich weiter. „ Welche Position hättest du denn übernommen?“
„ Ich hätte ganz bestimmt nicht die Frau gespielt.“
„ Schade das Yuri jetzt nicht hier ist, der würde das bestimmt zu gern erfahren.“ grinste ich die beiden Schlächter fies an. „ Ich werde es ihm morgen erzählen, dann kommt ihr sicherlich noch zum Schuss.“
„ Bevor das passiert, muss dir Keith ganz dringend noch Manieren beibringen.“ knurrte mich Misa an.
„ Das werde ich auch noch tun, darauf kannst du dich verlassen.“ schielte mich mein Freund seitlich an.
„ Nun erzähl schon! Wie kommt es, dass du dich mit einem Kerl eingelassen hast?“ bat Kitty ihn darum weiter ins Detail zu gehen.
„ Ich sagte doch schon das ich keine Ahnung hatte das er ein Kerl war.“
„ Frauen unterscheiden sich ja auch nicht wirklich von Männern, da kann man das schon mal nicht merken.“ kicherte ich belustigt.
„ Nun rücke schon raus mit der Sprache.“ drängelte mein Wächter weiter.
„ Ich war damals noch jung und ja, auch ich musste einige Dinge lernen. Zum Beispiel das sich ein Inkubus auch in eine Frau verwandeln konnte, wenn sein Opfer auf Frauen stand.“ erzählte er. „ Eines Nachts war ein unerfahrener Teufelschlächter auf jagt und traf da in einer dunklen Ecke auf eine verdammt heiße Dämonin. Knappes Outfit, ein Körper zum verrückt werden, einen Blick der einen schwach werden ließ und sinnliche Lippen, die zum Küssen einluden. Der Schlächter erlag dem Scharm der Teufelin, die sich selbst Vicki nannte und verbrachte eine verdammt heiße Nacht mit ihr. Als die Sonne dann allerdings aufging, zeigte sie mir grinsend und mit einem überlegenen Blick ihre wahre Gestalt. Ihr Name war gar nicht Vicki, sie war nicht mal eine Frau. Sie war ein dreckiger Inkubus, der Viktor hieß.“
„ Und das hast du nicht mal bemerkt? Ich meine die Aura kann man doch leicht erkennen.“ lachte Misa. „ Dein Gesicht hätte ich ja zu gern gesehen.“
„ Und? Läuft da immer noch was zwischen dir und Vicki?“ harkte Lucia grienend nach. „ Wenn es dir so gut gefallen hatte, solltest du dir vielleicht mal Gedanken darüber machen, das du auch auf Männer stehen könntest.“
„ Das erklärt auch warum deine Haut so furchtbar weich und deine Hände so übertrieben gepflegt sind.“ kicherte ich. „ Viktor hat deine weibliche Seite zum Vorschein gebracht.“
„ Viktor hatte allerhöchstens meinen Hass auf seine Teufel Art geweckt. Mehr aber auch nicht.“
„ Och, ich glaube schon dass er auch andere Gefühle in dir geweckt hatte.“ grinste ich ihn noch immer frech an.
Keith war also nicht von Anfang an so perfekt gewesen und das er auf die Maschen eines Inkubus herein gefallen war, geschah ihm ganz recht.
„ Und was ist nun mit Vicki geschehen?“ wollte mein Schwesterchen gern wissen.
„ Sie weilt nicht mehr unter uns.“ antwortete er ihr knapp.
„ Uh. Du bist also der Gegenpart der schwarzen Witwe, was.“ meinte die Göttin. „ Erst seinen Spaß haben und dann die Partnerin genüsslich verspeisen, das haben wir ja gern.“
„ Er war doch selbst schuld.“ zuckte der Prinz mit der Schulter.
„ Dabei warst du es bestimmt, der ausgehungert über die vermeintliche Dame hergefallen war.“ vermutete ich. „ Vielleicht hat er sogar noch versucht dich abzuhalten, aber dein Gehirn war auf Standbye, deshalb hast du ihm nicht zugehört.“
„ Der hat einiges getan, aber mich von irgendwas abzuhalten gehörte definitiv nicht dazu.“
„ Das würde ich jetzt auch sagen.“ schmunzelte ich. „ Armer Viktor, da war er deinen Trieben hilflos ausgeliefert und wie dankst du ihm für deine Befriedigung? Der kann einem echt leid tun.“
„ Das du eine Schwäche für diese Teufel hast ist uns ja bekannt, aber deshalb müssen wir diese Schwäche nicht auch teilen.“ konterte Keith.
„ Tja, diese Teufel können einem den besonderen Kick geben. Kein anderer Teufel ist dazu in der Lage, aber da erzähle ich dir nichts neues, nicht wahr?“ provozierte ich ihn immer weiter.
„ Ich gebe dir gleich den besonderen Kick.“ knurrte er mich an.
„ Oh, erspare dir die Mühen, dazu bist du bei weitem nicht in der Lage.“ lachte ich. „Uah!“ brüllte ich lachend auf, als er mich dicht zu sich ran zog.
„ Hast du ein Glück, das wir nicht allein sind.“ flüsterte er mir zu und lehnte dann den Arm um meine Hüfte. „ Wäre nun alles geklärt? Dann kann ich ja drehen.“ murmelte er und drehte die Flasche, die bei Elara stehen blieb. „ Und was war dein ausgefallenstes Sex Erlebnis?“
„ Mein ausgefallenstes Sex Erlebnis.“ überlegte sie. „ Die waren alle ausgefallen.“ lachte sie dann. „ Aber ich glaube das ausgefallenste Erlebnis war bei einer erotischen Masken- Schaumparty.“
„ Erotische Masken-Schaumparty?“ harkte ich verwundert nach. „ Du meinst so ne Party, wo jeder mit jedem rum macht? Ohne das man weiß wer da eigentlich vor einem steht?“
„ Ja genau. Auch wenn man nicht viel gutes über Kythos erzählen kann, wie man richtig feiert, das wissen sie. Es war ungemein aufregend von einem Unbekannten vernascht zu werden. Allerdings war das alles vor Charon's Zeit und ich trauere meiner Experimentierfreudige Zeit echt nicht nach. Charon kann mir all das geben, was ich brauche.“ schwärmte sie uns einen vor. „ Götterkater sind halt die besten Liebhaber.“ kicherte sie dann gerötet.
„ Das glaubst du bloß, weil du noch keinen Teufel im Bett hattest.“ grinste Misa sie schelmisch an.
„ Als wenn ihr einem Götterkater das Wasser reichen könntet, also bitte.“
„ Wollen wir wetten?“
„ Ne lass mal, ich habe gehört das ihr schummelt.“
„ Schummeln? Ich? Niemals!“
„ Wer es glaubt wird selig.“ schielte sie ihn seitlich an.
„ Ich wusste ja gar nicht was ich für ein schmutziges Kätzchen hab. Da tun sich Abgründe auf, das ist ja unglaublich.“ lachte ich leicht.
„ Und die schlimmste und dreckigste von allen bist bestimmt du.“ sah sie mich herausfordernd an.
„ Wohl kaum. Dafür fehlt mir eindeutig die Lebenserfahrung.“
„ Stimmt ja, du bist ja gerade mal süße zwanzig Jahre alt.“ lächelte Lucia. „ Bist die Unschuld in Person, das süße Küken von nebenan und noch grün hinter den Ohren.“
„ So würde ich es nun nicht beschreiben.“ murmelte ich.
„ Aber genau so ist es doch.“ glaubte mein Schwesterchen Bescheid zu wissen. „ Aber egal, dreh erst mal, Elara.“
„ Ok.“ und schon im nächsten Moment kullerte die Flasche wieder über das Wasser und zeigte dann schließlich auf Lucia. „ Na dann erzähl uns doch mal ein paar Geheimnisse aus deinem Liebesleben. Hattest du schon mal was mit zwei Männern gleichzeitig?“
„ Mit zwei Männern nicht, nein. Helios war mein erster und letzter. Aber ich hatte schon mal was mit zwei Frauen.“ grinste sie die Kitty wissend an. „ Das solltest du doch eigentlich wissen.“
„ Was denn? Ihr beide hattet mal was miteinander??“ blickte ich meine Schwester und meinen Wächter abwechselnd an.
„ Ohh... lang, lang ist es her.“ dachte das Kätzchen darüber nach. „ Schon über zwanzig Jahre.“
„ Damals wollte ich mich noch für den Richtigen aufbewahren, also habe ich das einzig logische getan und mich mit einer Frau eingelassen. So hatte ich meinen Spaß und bewahrte mich trotzdem noch auf.“
„ Und diese Frau war Elara, verstehe ich das richtig?“ schaute ich die beiden noch immer verblüfft an.
„ Ja genau.“ nickte Lucia. „ Wir hatten unseren Spaß, ohne Verpflichtungen oder ähnliches und konnten machen was wir wollten. Es war einfach nur eine besondere Freundschaft, mit flexiblen Regeln und jeder Menge Spaß.“
„ Und wann hattet ihr euch für eine normale Beziehung entschieden?“ hatte mich die Neugierde gepackt.
„ Als du geboren wurdest und Charon und ich zu deinen Wächtern ernannt wurden. Ich nahm meinen Job von Anfang an verdammt ernst und entschied mich dazu mein Lotterleben hinter mir zu lassen.“ erzählte Elara.
„ Und dann hast du dich in Charon verliebt, ja?“ bat ich um mehr Details.
„ Nein.“ lachte sie. „ Es hat ein ganzes Jahr gedauert bis ich mich in ihn verliebt hatte. Anfangs konnten wir beide nicht viel miteinander anfangen. Das einzige was uns verband war die Liebe zu dir.“ berichtete sie mir. „ Charon war immer der Meinung, das Götterkatzen zu schwächlich wären, um richtig gute Wächter sein zu können. Er war unglaublich Arrogant, von sich eingenommen, überheblich, einfach ein Arschloch wie es im Buche stand. Aber dir gegenüber war er immer total lieb und fürsorglich. Es war fast so als wärst du unser Kind.“ erinnerte sich Elara lächelnd.
„ Und wann hatten sich seine Gefühle verändert?“ fragte ich.
„ Er hatte mich von Anfang an geliebt, aber er konnte es halt nicht zeigen.“ seufzte sie. „ Wir waren uns mal auf einer der Schaumpartys begegnet und hatten zusammen wahnsinnigen Spaß. Ich wusste nicht das er das war, aber Charon wusste das ich seine Gespielin war. Er hatte mich irgendwann mal dabei beobachtet wie ich meine Maske außerhalb der Party abnahm. Ich suchte also damals schon seine Nähe. Jedes mal wenn ich auf solch einer Party war. Als ich ihm dann aber sagte, das ich nicht wiederkommen würde, war er verletzt und verspürte die ganze Zeit eine unerfüllte Sehnsucht, wenn er sich in meiner Nähe aufhalten musste.“ lächelte sie noch immer. „ Der Kerl rückte erst nach einem Jahr mit der Sprache raus, als du deine ersten Schritte gemacht hast, als wir uns mal wieder gestritten hatten. Du hast dich an unsere Beine geklammert und uns mit deinen großen Augen traurig angesehen. Wir beiden waren so gerührt und begeistert, dass du laufen konntest, das wir unseren Streit prompt vergaßen und am Abend erzählte er mir dann, dass er mich schon seit Jahren geliebt hatte.“
Ich erinnerte mich wenn überhaupt dann nur noch düster an die kurze Zeit, die ich an der Seite von meinem Wächterkater verbringen konnte. Aber war es vielleicht möglich, das mir meine Erinnerung wieder einen Streich spielte, wenn ich mich an die stolzen Blicke meines Erzeugers erinnerte? War es eventuell eher so, das Charon diese Blicke gehörten? War er ein Vaterersatz für mich gewesen, woran ich mich nicht mehr erinnern konnte? Das würde zu mindestens erklären warum ich mich an zärtliche Blicke meines Vaters erinnern konnte, wo er doch nichts als Verachtung für mich übrig hatte.
„ Dein erstes Wort war sogar Charon.“ riss mich Elara aus meinen Gedanken raus. „ Oder eher etwas was so ähnlich klang.“ kicherte sie. „ Schron, hast du ihn immer gerufen und mich Lala. Und nun schau wie groß du schon geworden bist. Die Zeit vergeht viel zu schnell.“
„ Ja, viel zu schnell.“ seufzte Lucia. „ Hach, wenn man die Zeit doch zurück drehen könnte, du warst so ein süßes Kind!“ zerwuschelte sie mir lachend das Haar.
„ Pass bloß auf. Sonst verwandele ich mich wirklich in ein kleines Kind zurück, mal schauen ob du dich dann immer noch so darüber freust.“ entzog ich mich ihren Händen und rückte noch näher an Keith heran.
„ Warum sollte ich mich denn nicht freuen, du warst ein braves Mädchen.“
„ Das glaubst aber auch nur du.“ murmelte ich. „ Ich wollte ständig ausreißen, konnte nicht hören und tat immer genau das Gegenteil von dem, was man von mir verlangt hatte.“
„ Hört sich fast so an, als hätte sich an deinem Verhalten nichts geändert.“ mischte sich nun auch Misa ein. „ Du verschwindest noch immer gerne, hören kannst du auch nicht und du machst auch tatsächlich immer genau das, was du nicht tun sollst.“
„ Nuckelst du auch noch an deinem Daumen?“ blickte mich mein Schwesterchen leicht grinsend an.
„ Nein tu ich nicht!“ knurrte ich sie an. „ Wollen wir jetzt weiter spielen, oder was?“
„ Ja natürlich.“ griente sie mich noch immer frech an und drehte die Flasche, die dieses Mal bei mir stehen blieb. „ Na dann erzähl mir doch mal, was da zwischen dir und Naoki lief.“
Das sie mir ausgerechnet diese Frage stellen musste, wo ich den Schlächtern doch versichert hatte, das da rein gar nichts gelaufen war. Im Ansatz stimmte das sogar, aber als ich mein Gedächtnis verloren hatte, wollte ich nichts sehnlicher als die Visionen der Vergangenheit zu vertreiben. Da gehörte das Bild des silberhaarigen Typen natürlich auch zu. Ich hatte mir zeitweise in den Kopf gesetzt meinem Körper die Erinnerung an ihn zu nehmen und wollte dieses Vorhaben mit Naoki's Hilfe durchsetzen. Wir trafen uns öfters und gingen zusammen aus und dann fuhr ich mit ihm nach Hause. Wir küssten uns, landeten schließlich in seinem Bett, aber ich konnte Keith's Bild einfach nicht aus meinem Kopf verbannen und so hinderte er mich daran, mit dem Schlächter zu schlafen. Daraufhin einigten wir uns auf eine Freundschaft, was für beide Seiten auch vollkommen in Ordnung war.
„ Da...lief nichts...“ antwortete ich ihr dann zögernd und starrte sie dabei warnend an.
Allerdings erkannte man schon an dem Gesichtsausdruck der Göttin das ich log und das entging weder dem Seelendieb noch Elara.
„ Du lügst!!“ riefen sie beide gleichzeitig.
„ Wie?“ starrte mich nun auch mein Freund argwöhnisch an.
„ Da lief wirklich nichts. Jedenfalls nichts wichtiges.“
„ Ach? Was ist denn für dich nicht wichtig?“ harkte der Prinz nach.
„ Wir haben uns vielleicht mal geküsst, mehr aber nicht.“
„ Na, wenn du schon anfängst dich zu verraten, dann kannst du auch gleich mit der ganzen Wahrheit raus rücken.“ stieß mich mein Schwesterchen in das offene Messer.
„ Oh man ok. Ja, ich wollte mit ihm schlafen, konnte es aber nicht, bist du nun zufrieden?“ schnaufte ich genervt.
„ Du wolltest, konntest aber nicht? Warum nicht?“
„ Ich hatte halt meine Gründe...“ murmelte ich. „ So, nun bin ich dran.“ somit war das Thema für mich gegessen.
Wir spielten dieses Spiel noch einige Zeit und offenbarten so noch ein paar schmutzige Details aus unserem Leben. Das Misa sich auch gerne auf solchen Sexpartys aufgehalten hatte, wunderte mich nun nicht sonderlich. So konnte er davon ausgehen, das er befriedigt aus der Sache wieder herauskam.
Die Stunden vergingen rasend schnell und auch die Gläser leerten und füllten sich am laufenden Band.
Alles in allem war dies ein gelungener ausgelassener Abend gewesen, der besser nicht mehr werden konnte. Jedenfalls dachte ich das. Aber um kurz vor Mitternacht öffnete sich das Dach über den Quellen, mit einem lauten Brummen und erlaubte uns einen Atemberaubenden Blick auf den Sternenklaren Nachthimmel. Der Vollmond war nun an der perfekten stelle, das man ihn in seiner vollen Pracht bewundern konnte.
„ Wow...“ murmelte ich begeistert.
Ich war so auf diesen wunderschönen Ausblick fixiert, dass mir gar nicht auffiel das Lucia Misaki und Elara aus dem Wasser scheuchte, damit Keith und ich in der romantischen Atmosphäre allein sein konnten.
Selbst die Musik aus den Lautsprechern veränderte sich und gaben nun ruhigere Liebeslieder von sich.
Um Punkt Mitternacht erschienen plötzlich einige Geister, die hübsche weiße Kleider trugen und paarweise durch die Luft tanzten.
Erschrocken über diesen Anblick rutschte ich quietschend auf Keith's Schoss und schlang verängstigt die Arme um seinen Nacken.
„ G-GEISTER!!!“ schlotterte ich.
„ Das sind Vollmondgeister.“ meinte er. „ Sie tun dir nichts, keine Angst.“
Vorsichtig blickte ich wieder zu den Erscheinungen hin und entdeckte dann einen von ihnen, der direkt vor uns auf dem Wasser stand und sich entschuldigend verbeugte. Er trug einen schwarzen Anzug und hielt einen Zylinderhut in der Hand, den er sich lächelnd wieder aufsetzte und mit einer der Damen davon schwebte.
„ Sie können nur einmal im Monat für eine begrenzte Zeit auf Erden wandeln und nutzen diese Zeit meist, um das zu tun was sie zu Lebzeiten gern getan haben. Sie sind nicht gefährlich und tun keiner Fliege etwas zu leide.“ erzählte mir der Prinz.
Ich hatte diese Art von Geistern noch nie zuvor gesehen und eigentlich war an ihnen gar nichts gruseliges. Ganz im Gegenteil sogar, ihre sanften Bewegungen im Takte der Musik verleite der romantischen Stimmung das gewisse etwas. Es war einfach unheimlich schön mit an zusehen. Dann noch dieser beeindruckende Vollmond und der wolkenfreie Himmel, fantastisch, mehr konnte ich dazu nicht sagen.
Es war die perfekte Situation um mit Keith das klärende Gespräch zu führen, zudem hatte ich noch genug Alkohol intus, dass ich mich diesem Schritt stellen konnte. Wenn nicht jetzt, wann dann?
Ich ließ mich von der Romantik mitreißen und blickte meinen Freund wieder lächelnd an. Ich war mehr als bereit dazu, ihm mein Herz auszuschütten, was ja schon lange überfällig war.
Also atmete ich noch einmal ganz tief ein und nahm meinen gesamten Mut zusammen, um die Worte endlich los zu werden, die mir schon so lange auf der Zunge lagen. Ich wusste weder wie er reagieren würde, noch ob er meine Gefühle auch nur ansatzweise erwiderte, aber diese Farce musste nun endlich ein Ende haben.
Seine Beziehung zu Rika spielte keine Rolle mehr und selbst wenn er was mit Lucia gehabt hatte, konnte ich darüber hinweg sehen, solange seine Hände ab jetzt bei mir blieben.
Vielleicht lag es am Schicksal, oder an unserer Bestimmung, wer wusste das schon. Aber ich konnte mir ein Leben mit ihm durchaus vorstellen und wenn er das nicht konnte, war nun der richtige Zeitpunkt gekommen um einen Schlussstrich zu ziehen. Egal wie, unsere Beziehung würde sich heute Nacht verändern.
„ Wir sollten jetzt reden, Keith.“ meinte ich von daher. „ Es wird Zeit, dass sich etwas verändert. Diese offene Beziehung war eine hirnverbrannte Idee, die wir besser niemals in die Tat umgesetzt hätten.“
„ Willst du dich etwa wirklich von mir trennen?“ sah er mich gequält an.
„ Mich von dir trennen? Nein.“ lächelte ich ihn an. „ Ich will bloß keine offene Beziehung mehr führen. Ich will dich ganz für mich allein haben.“
„ Und du glaubst wirklich, das du das morgen auch noch so sehen wirst?“ harkte er leise nach. „ Das du über meine Beziehung mit Rika hinweg sehen kannst und dann auch nicht mehr davon ausgehst, dass ich nur sie liebe?“
„ Natürlich glaube ich das.“
„ Vermutlich wirst du dich nicht mal mehr an dieses Gespräch erinnern können.“ vermutete er.
„ So viel habe ich gar nicht getrunken.“ protestierte ich. „ Ich werde mich morgen garantiert noch an alles erinnern. Ich liebe dich, Keith! Und das wird morgen auch noch so sein.“
Er glaubte mir nicht, das konnte ich deutlich an seinem gequälten Gesichtsausdruck sehen. Aber wie sollte er auch, wo er doch wusste das ich die Sache mit Lucia mitbekommen hatte und diese nicht einfach so weg stecken würde.
„ Sagst du mir das nochmal, wenn du wieder nüchtern bist?“
„ Du glaubst mir nicht. Dann lass uns doch einfach heiraten!“
„ Wie?“ blickte er mich nun völlig entgeistert an.
„ Ja, wenn dir das nicht als Beweis reicht, dass ich dich liebe und nur noch mit dir zusammen sein will, dann weiß ich auch nicht.“ überlegte ich. „ Mein Opa ist ja Priester, der kann uns sofort vermählen. Also? Was meinst du?“
„ Das ist ja wirklich verlockend, aber ich denke dass du das später bereuen wirst, wenn du dich fest an mich bindest.“
„ Kann es sein das du nur nach Ausreden suchst, um keine feste Beziehung mit mir eingehen zu müssen? Warum sagst du denn nicht einfach, das du nicht willst?“ maulte ich und wollte eigentlich von seinem Schoss runter rutschen, allerdings hielt er mich fest und drückte mich fester an sich.
„ Ich suche gar keine Ausreden, ich erzähle dir bloß von meinen Bedenken. Ich kann einfach nicht glauben, dass du deine Meinung über mich von jetzt auf gleich ändern kannst.“ erklärte er mir. „ Ich habe mich schon in dich verliebt, als du dein Gedächtnis noch nicht mal wieder hattest, aber du hättest mir das doch niemals geglaubt. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dich fest an mich zu binden. Als ich glaubte dich und Misaki beim Sex erwischt zu haben, bin ich fast durch gedreht.“ gestand er mir offen. „ Ich wollte ihn eigenhändig zurück in die Hölle schicken und verfluchte die offene Beziehung gleichzeitig. Ich möchte dich auch nicht teilen, Risa. Ich habe dir dieses Angebot doch nur gemacht, damit du dich auf mich einlässt, um dich in Sicherheit zu wiegen, das du deine Freiheit nicht verlieren wirst. Ich wollte dich von Anfang an nicht mit anderen Kerlen teilen. Mir passt es ja nicht mal dass du Misaki ständig provozierst, du schürst damit meine Eifersucht.“
„ Ist das wahr?“ blickte ich ihn nun erstaunt an.
„ Jedes einzelne Wort ist wahr. Ich liebe dich, Risa. Mehr als du dir vorstellen kannst, sogar mehr als ich ertragen kann. Dich nicht bei mir zu haben ist die reinste Hölle.“
„ Keith!“ überglücklich schlang ich meine Arme um seinen Nacken und drückte mich noch fester an ihn.
„ Ich wünschte mir wirklich du könntest dich morgen noch an unser Gespräch erinnern...“ flüsterte er.
„ Ich werde mich daran erinnern, wirklich.“ strahlte ich ihn an. „ Wenn deine Gefühle stark genug sind, das du dir ein Leben mit mir vorstellen kannst, dann lass uns heiraten. Jetzt sofort.“
„ Ich halte das immer noch für keine gute Idee. Du wirst mich dafür hassen, wenn ich das zulassen würde.“
„ Nun gut, dann Beweise ich dir mein Vertrauen halt auf andere weise. Nimm deine teuflische Gestalt an.“
„ Wieso?“ harkte er verblüfft nach.
„ Du willst da doch noch einen Fluch brechen, lass es uns jetzt tun!“
„ Du willst mit mir schlafen und das in meiner teuflischen Gestalt?“
„ Ja, wenn du sagst es wird nicht so schlimm werden, dann glaube ich dir das.“ lächelte ich ihn wieder an. „ Nun komm schon.“
„ Bist du dir sicher, dass du das willst?“
„ Aber so was von.“
„ Wie du meinst...“ flüsterte er und nahm seine teuflische Gestalt an.
„ Obwohl ich Dark ja schon vermissen werde.“ grinste ich leicht, während ich mich seinen Lippen näherte.
„ Hör auf mich zu provozieren...“ flüsterte er bevor sich unsere Lippen trafen und wir uns leidenschaftlich küssten.
Als ich mich allerdings wieder von ihm löste, hatte er seine menschliche Gestalt wieder angenommen.
„ Gerade weil ich dich so liebe, kann ich deinen derzeitigen Zustand nicht ausnutzen.“ meinte er, nachdem er meinen fragenden Blick bemerkte. „ Bleib einfach bei mir und genieße mit mir zusammen diesen wundervollen Abend.“ lächelt er und drückte mich fester an sich.
„ Du lässt dir diese vielleicht einmalige Gelegenheit entgehen, in der du den Fluch brechen könntest?“ versuchte ich sein Verhalten zu verstehen. „ Du wolltest den Fluch doch so dringend brechen, warum tust es jetzt dann nicht?“
„ Ich will den Fluch brechen, ja.“ antwortete er. „ Aber nicht unter diesen Umständen. Wenn du mir im nüchternen Zustand immer noch helfen willst, dann werde ich mich nicht zweimal bitten lassen, aber so garantiert nicht.“
„ Na gut.“ zuckte ich mit der Schulter. „ Wer nicht will, der hat schon.“ meinte ich und kuschelte mich an Keith.
Er sah mich zwar an, sagte aber nichts weiter dazu. Wir beobachteten stillschweigend die tanzenden Geister und den sternenklaren Himmel.
Wir genossen die Nähe des jeweils anderen und hofften inständig, das der Zauber am nächsten Morgen nicht verschwunden war...
Tag der Veröffentlichung: 12.08.2012
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Auch dieses Kapitel widme ich den Lesern, die mit ihren Ideen dafür gesorgt haben, das dieser Teil meiner Geschichte zu etwas ganz besonderem wird. Ich hoffe ihr erkennt eure umgesetzten Ideen wieder :D
Eure Arisu