„ Das ist das Hotel? Das ist perfekt, Misaki!!“ strahlte ich den Seelendieb begeistert an. „ Die haben heiße Bäder, eine Cocktail Bar und sogar einen Whirlpool, ich bin begeistert.“
„ Und die Betten sind weich, dass ist das wichtigste.“ schnurrte Elara, die sich gerade von Misa kraulen ließ.
„ Die Betten sind unwichtig, Hauptsache es ist schön warm da und man hat genug Möglichkeiten zum entspannen.“ schwärmte ich.
„ Ich dachte eigentlich wir fahren dahin um etwas über das Tor in die Unterwelt heraus zu finden.“ schielte mich Keith seitlich an.
„ Wir verbinden das Nützliche mit dem Angenehmen, ist doch klar.“ kicherte ich.
„ Warum werde ich das Gefühl nicht los, dass es dir bei der Reise gar nicht um die Bibliothek geht, sondern eher um deinen Spaß.“ lächelte mich der Prinz schief an.
„ Ich verbinde halt das Angenehme mit dem Nützlichen.“ wiederholte ich mich grienend.
„ Musst du wirklich hunderte von Kilometern weit weg fahren, damit du deinen Spaß haben kannst?“ schmunzelte Lucia. „ Das ist aber nicht sehr Schmeichelhaft für deine beiden Beschützer.“
„ Ach was. Die können das ab.“ ich hörte meiner Schwester nur mit einem Ohr zu, da das meiste Interesse der Internetseite des Hotels galt. „ Am liebsten würde ich da jetzt schon hin fahren und mich Kopfüber in die heißen Bäder stürzen.“
„ Oh ja, da wäre ich sofort dabei.“ seufzte meine Schwester.
„ Nackt?“ griente uns Misaki seitlich an.
„ Da ist sogar ein künstlich angelegter Wasserfall!“ quietschte ich. „ Perfekt, einfach nur perfekt.“
„ Freut mich dass es dir so gut gefällt.“ meinte der Seelendieb.
„ Und ob mir das gefällt. Das muss es in Illumina auch unbedingt geben.“
„ Besser nicht. Sonst bekommen wir dich da gar nicht mehr weg. Und wer soll sich dann um die Seelen kümmern, die auf eine Wiedergeburt warten?“ blickte mich Lucia fragend an.
„ Ich werde mich da schon nicht häuslich einrichten, keine Sorge.“ wehrte ich ab. „ Zu mindestens noch nicht.“
„ Du willst also Illumina zu einer richtigen Welt machen? Und was ist mit Ladthaa?“ harkte mein Schwesterchen nach.
„ Ladthaa wird wieder auferstehen, genauso wie es die Prophezeiung besagt. Aber ich möchte nicht neben dem Reich leben, was so viel Unheil verbreitet hat.“ erklärte ich ihr. „ Illumina hingegen ist einfach perfekt. Dort können wir alle gemeinsam leben, ohne das sich so ein tragisches Schicksal wiederholen kann. Das ist die Zukunft, die ich mir vorstelle.“ lächelte ich leicht. „ Tartaros wird seinen rechtmäßigen Platz als Herrscher der Ladthaaner einnehmen und seinem Volk ein gerechter König werden. Genauso wie es zu seinen Lebzeiten war.“
„ Und wer wird die Götter regieren? Du willst unseren Erzeuger doch nicht an der Macht lassen, oder?“
„ Nein, ganz bestimmt nicht. Wenn Opa noch lebt, dann soll er über Kythos wachen. Vielleicht werden die Götter unter seiner Führung wieder zu den Vorbildern, die die Menschen so verehren. Und alle die nicht von Hass zerfressen sind, finden in meiner Welt ihr neues Zuhause.“
„ Hört sich so an, als hättest du ein Paradies kreiert. Dann hätte der Alptraum endlich ein Ende.“ verträumt starrte die Göttin der Wahrheit vor sich hin. „ Das ist die Zukunft die wir alle ansteuern sollten. Miteinander und nicht gegeneinander.“
„ Daran arbeiten wir ja und eines Tages werden es auch die verbissenen Götter begreifen.“ davon war ich überzeugt.
„ Bis es allerdings so weit ist, steht uns noch ein langer und harter Weg bevor.“ meldete sich Keith zu Wort.
„ Es wird bestimmt nicht einfach werden, das ist mir klar.“ gab ich von mir. „ Aber wenn Xantos weiterhin so blöd ist und meine eigenen Mächte gegen mich verwenden will, dass ist es nur eine Frage der Zeit ist, wann ich den mächtigsten aller Teufel zurück ins Leben holen kann und dann wird uns nicht mal Gott höchstpersönlich aufhalten können.“
„ Du meinst den mächtigsten Ladthaaner, ehe ihm die Mächte geraubt worden sind, ja?“ glaubte Keith einen Fehler in meinen perfekten Plan gefunden zu haben.
„ Opa hatte uns oft Geschichten über die Ladthaaner erzählt, ehe sie durchdrehten und wir sie verbannen mussten.“ so wurde die Geschichte bei uns Göttern erzählt. „ Einen von ihnen lobte er immer in den höchsten Tönen. Ich schätze das er uns da schon unterbewusst beeinflussen wollte. Es handelte sich dabei um seinen damaligen besten Freund. Also um Tartaros.“ berichtete mein Schwesterherz. „ Sein Wille ist so stark, dass nicht mal ein magisches Gefäß ihn davon abhalten könnte, mit seiner wahren Stärke zu protzen.“ zitierte sie unseren Opa. „ Ich habe diesen Satz nie wirklich verstanden, bis zu jenem Zeitpunkt, als ich Vaters Lügen durchschaute. Und durch weitere heimliche Nachforschungen herausfand, welchen Teufel Opa meinte.“
„ Euer Opa glaubt also, dass Tartaros's Mächte zu ihm zurück kehren werden, wenn er wieder unter uns weilt?“ fragte Misa irritiert nach.
„ Genau das hatte er gemeint.“ nickte Lucia.
„ Ist er wirklich so mächtig?“ sah er seinen Kumpel an.
„ Er wird ja nicht umsonst der mächtigste Teufel genannt. Es wäre also gut möglich.“
„ Das würde uns natürlich einen erheblichen Vorteil verschaffen, wenn er an unserer Seite kämpfen würde.“ überlegte der Seelendieb.
„ Wir sollten uns aber nicht drauf verlassen. Bis ich Tartaros wiederbeleben kann, brauche ich erst mal mehr Macht! Und es ist wirklich fraglich, ob Thanatos so blöd sein wird und Xantos noch mal was davon überlässt.“
„ Wenn er allerdings auf unserer Seite ist, so wie du das vermutest, Risa, dann wird er ihn solange mit deiner Macht los schicken, bis er das erreicht hat, was er auch immer erreichen will...“ erzählte uns Misaki seine Gedanken.
„ Das würde mich allerdings auch interessieren, auf was Thana wartet.“ murrte ich. „ Es wäre viel einfacher wenn er einfach her kommen würde und mir meine Mächte zurück gibt.“
„ Vielleicht weiß er ja, dass du mit deinem jetzigen Können Ladthaa nicht retten kannst.“ sagte der Prinz. „ Ich weiß ja nicht was mit einem Gott geschieht, der seine gesamte Energie verbraucht. Oder was im Gegenzug mit Ladthaa geschehen würde, wenn du es nicht komplett heilen kannst.“
„ Risa würde in einen tiefen Schlaf fallen, aus dem sie eventuell nie wieder erwachen würde. Je nach dem, ob ihr Körper und ihre Seele es schaffen, sich zu regenerieren.“ antwortete die Göttin ihm leise. „ Ladthaa ist ein sterbender Planet, der erst erlöst werden muss, ehe er neugeboren werden kann. Wenn sie es nicht schafft, wird eure Welt für immer dazu verdammt sein, in sich zusammen zu fallen. Die Zukunft wie du sie dir vorstellst, wird es nicht geben können. Zudem würde Illumina mit dir verschwinden und mit ihr die ganzen geretteten Seelen.“
„ Uh.“ verzog Misa das Gesicht. „ Das ist ziemlich viel, was noch schief gehen könnte.“
„ Keine Sorge. Es wird nichts schief gehen weil ich herausfinden werde, wie ich meine gesamte Macht für mich nutzen kann.“ nachdenklich sah ich auf meine Hände. „ Ich weiß noch nicht wie ich mein Blut aktivieren kann, aber wenn Cecilia das geschafft hat, werde ich es erst recht schaffen.“
„ Cecilia hatte bestimmt jemanden, der ihr ihre Fähigkeiten näher gebracht hat. Sie wird nicht von Anfang an so mächtig gewesen sein.“ teilte uns Lucia ihre Bedenken mit.
„ So jemanden habe ich auch.“ lächelte ich leicht. „ Ich weiß dass Cecilia in meiner Nähe ist und auf ihre Art versucht mir zu helfen. Ihr habe ich es zu verdanken, dass ich mich wieder an alles erinnere und ich habe es auch ihr zu verdanken, dass ich für einen kurzen Moment die Macht meines Blutes verspürte. Nun liegt es an mir mit den Zeichen etwas anzufangen.“
„ Ich bin mir sicher dass du herausfinden wirst, was zu tun ist um den Ansprüchen gerecht zu werden.“ meinte Misaki. „ Trotzdem finde ich den Gedanken, dass du dabei drauf gehen könntest, wenn du die Fehler deiner Familie ausbügelst, nicht sonderlich beruhigend.“ murmelte er.
„ Mir wird schon nicht geschehen, keine Angst.“
„ Das beruhigt mich auch nicht wirklich.“ knirschte er nachdenklich mit den Zähnen. „ Die Last die wegen deinem verantwortungslosen Opa und wahnsinnigen Vater auf deinen Schultern lastet, ist viel zu gewaltig.“
„ Aber ich muss diese Last nicht allein tragen. Ich habe Freunde die mich unterstützen.“
„ Mag sein dass wir dich im Kampf unterstützen können, aber Ladthaa zu retten liegt nicht in unserer Macht. Und wenn du wirklich stirbst, war alles umsonst. Deine Familie sollte für die Fehler geradestehen und nicht du!“ schnaufte der Seelendieb.
„ Aber es ist nun mal so, dass ich die Göttin des Lebens bin und es an mir liegt, die verfluchte Welt zu retten. Du wirst schon sehen, dass alles gut werden wird.“
„ Ich hoffe wirklich dass du recht behalten wirst.“
„ Sicher.“ lächelte ich ihn beruhigend an.
Ich war überzeugt davon, dass ich Ladthaa retten und Illumina zu dem Reich machen würde, wo alle in Frieden miteinander leben konnten. Selbst wenn ich von meiner neu gestalteten Zukunft nichts mitbekommen sollte, ich war bereit für das Glück meiner Freunde über mich hinaus zu wachsen. Koste es was es wolle...
Vertrauen und Hoffnung, das waren die Zauberwörter, die unser aller Schicksal verändern werden.
„ Versprich mir dass du Ladthaa nur retten wirst, wenn du weißt dass du stark genug dafür bist. Versprich mir, dass du kein Risiko eingehen wirst, wenn du Illumina auferstehen lässt. Sieh mich an und versichere mir, dass du Lebend aus der Sache heraus kommen wirst!“ befahl mein Schwesterchen.
„ Mhm...“ senkte ich meine Augen. „ Ich kann dir nur versprechen, dass ich es versuchen werde.“
„ DAS reicht mir aber nicht! Ich sehe dir schon an deinem Blick an, dass du bereit wärst zu sterben. In einer Zukunft ohne dich will ich nicht leben! Dieses Opfer wäre definitiv zu groß!“
„ Was ist schon ein Leben gegenüber tausenden? Soll ich sie alle leiden lassen, nur weil ich daran zweifel dass ich die Prozedur überleben würde?“ rechtfertigte ich mich. „ Außerdem bin ich überzeugt davon, dass wir es gemeinsam schaffen werden und jeder einzelne von uns das neue Zeitalter erreichen wird.“
„ ...“ sah mich Lucia schweigend an.
„ Vertrau mir, Lucia. Mir wird nichts geschehen.“
Sie spürte dass ich es ernst meinte, aber sie spürte ebenso, dass ich mich nicht wegen ein paar Zweifeln von meinem Ziel abbringen lassen würde. Auch wenn dies bedeutete, dass meine Lebenskerze erlischt.
Eine bedrückende Stille macht sich in dem Raum breit, da jeder hier wusste, dass ich auf mein eigenes Leben keine Rücksicht nehmen würde.
„ Nun zieht doch nicht solche Gesichter, als würde die Welt untergehen.“ versuchte ich meine Beschützer aufzuheitern. „ Bis es wirklich so weit ist, dass ich Ladthaa retten kann, werden noch viele Tage vergehen. Bis dahin habe ich bestimmt herausgefunden wie das mit meinem Blut funktioniert. Ihr werdet schon sehen dass ihr euch ganz umsonst den Kopf zerbrecht.“
„ Ja, du hast recht.“ meinte Lucia seufzend. „ Es wird bestimmt alles gut werden.“
„ Aber hundert Prozentig.“ stimmte ich ihr zu. „ So und jetzt freuen wir uns alle auf die schöne Zeit, die uns bevor steht und beenden die bösen Gedankengänge.“ strahlte ich sie an. „ Ich werde jetzt ins Bett gehen, damit ich morgen ausgeschlafen bin und beim packen nicht die Hälfte vergesse. Also gute Nacht!“ vermutlich war dies nur wieder eine Flucht nach vorne, damit ich nicht in die besorgten Gesichter meiner Beschützer sehen musste.
„ Gibt es wohl einen Weg sie zu retten?“ atmete Misaki schwer aus, als ich den Raum verlassen hatte.
„ Vor sich selbst? Wohl kaum.“ murmelte Keith.
„ Wir können nur an ihre Vernunft appellieren und hoffen, dass sie zur richtigen Zeit das richtige Tun wird.“ flüsterte meine Schwester.
„ Pfff, welche Vernunft?“ brummte der Prinz.
„ Ihr solltet darauf vertrauen dass sie es schaffen wird.“ mischte sich nun auch Elara ein. „ Wenn wir nicht an sie glauben, wer tut es dann?“ streckte sie sich und sprang dann von der Couch runter. „ Sie wird es schaffen.“ mauzte sie und rannte mir dann hinterher.
„ Ist denn wirklich jeder in deiner Familie dazu bereit, für seine Ziele zu sterben?“ harkte Misa leise nach.
„ Es sieht fast so aus...“
Zur gleichen Zeit befand ich mich im Badezimmer und machte mich Bett fertig. Ich wollte mir wegen der ganze Sache jetzt noch nicht meinen Kopf zerbrechen. Ich würde dass schon alles auf die Reihe bekommen, ohne selbst dabei drauf zu gehen. Ich musste halt nur noch herausfinden, wie das ging. Jedoch hatte ich ja noch genug Zeit um zu üben und wenn der Tag der Entscheidung dann kam, war ich bereit dazu ihm die Stirn zu bieten.
Nur nicht Verunsichern lassen, das war die Devise.
Mit der neugewonnenen Zuversicht verließ ich das Bad und stand im nächsten Moment Elara gegenüber, die im Flur auf mich gewartet hatte.
„ Bringst du mich heute wieder nach Illumina?“ schaute sie mich fragend an.
„ Na klar.“
„ Meinst du nicht auch, dass du dich so langsam mit Rika aussprechen solltest? Sie ist am Boden zerstört wegen euren Streitigkeiten.“
„ Ja, vermutlich hast du recht.“
„ Natürlich habe ich recht. Ich habe immer recht.“
„ Mh.“ lächelte ich sie an.
„ In welchem Zimmer schlafen wir denn heute?“
„ Wir könnten ja mal Patty's Zimmer ausprobieren. Oder doch das von Misaki?“ überlegte ich. „ Dann haben wir sie bald alle durch.“
„ Misaki hat auch ein richtig kuscheliges, weiches Bett. Allerdings frage ich mich, was Keith mit dir machen wird, wenn er dich in Misa's Bett erwischt.“ grinste das Kätzchen.
„ Nichts wird er machen, weil wir eine offene Beziehung führen. Er hat also gar kein recht sich darüber aufzuregen.“
„ Eine offene Beziehung? Ist es wirklich das was du willst? Du willst doch nicht wirklich, dass er offiziell mit anderen Frauen schlafen darf, oder?“
„ Soll er doch.“ zuckte ich mit der Schulter, so als wäre mir das tatsächlich gleichgültig. „ Er darf schließlich machen was er will und mit wem er will.“
„ Also ich an deiner Stelle würde durchdrehen.“ meinte die Kitty. „ Gerade auch, weil das genaue Ebenbild seiner Ex im Haus ist, die nun, wo sie Liebeskummer hat, eine leichte Beute wäre.“ plapperte sie unbedacht drauf los.
Darüber hatte ich mir noch überhaupt keine Gedanken gemacht. Es war eigentlich selbstverständlich für mich, dass ich ihr in der schweren Zeit zur Seite stehe. Dass sie genauso aussah wie Rika und Keith ja eigentlich voll auf sie anspringen müsste und zudem noch grünes Licht hatte, hatte ich gar nicht bedacht.
Allerdings dürfte ich mich nicht aufregen, selbst wenn er was mit ihr anfangen würde. Schließlich war ich diejenige, die sich nicht fest binden wollte und auf ihre Freiheit bestand. Es war also sein gutes Recht sich auch anderweitig umzusehen. Ich würde schon damit zurecht kommen. Das hoffte ich zu mindestens.
„ Na komm, lass uns in unser Zimmer gehen.“ meinte ich dann und öffnete die Tür zu dem Raum.
„ Ok.“ mauzte sie und schlenderte an mir vorbei, um dann mit einem Satz aufs Bett zu springen.
Ich folgte ihrem Beispiel und kuschelte mich unter die Decke. Warum ich nun in diesem Zimmer war, anstatt in Keith's Zimmer fragte ich mich nicht. Andernfalls würde ich nämlich bemerken, dass mir der Gedanke überhaupt nicht gefiel, dass sich der Prinz auf Lucia einlassen könnte... Und wenn er es tat, war es besser nichts davon mitzubekommen.
Ich lag noch lange wach und versuchte mir einzureden, dass es nicht an meiner Schwester lag, dass Keith jetzt nicht bei mir war. Er musste ja nicht jede Nacht mit mir verbringen und eigentlich sollte ich doch froh darüber sein, dass er mir nicht so auf die Pelle rückte. Nur leider, war ich das nicht. Es wäre mir viel lieber wenn er jetzt bei mir wäre, dann wüsste ich nämlich was er gerade tat. Obwohl mich das ja nicht zu interessieren hatte. Trotzdem störte mich der Gedanke, dass er sich jetzt in aller Ruhe an meine niedergeschlagene Schwester heran schmeißen konnte.
Meine rebellierenden Gefühle verärgerten mich, ich wusste doch dass es nichts ernstes zwischen uns war und wir einzig und allein wegen der sexuellen Anziehungskraft so dermaßen aufeinander abfuhren. Und weiß Gott, dabei sollte es auch bleiben. Auch wenn ich mein Herz bereits an ihn verloren hatte. Daran würde ich nicht sterben und der Schmerz würde auch nicht ewig bleiben. Vielleicht war es mit diesen Aussichten doch besser, meine neugestaltete Zukunft niemals zu erreichen...
Aber egal was nun geschah, ich würde es überleben.
Etwas beruhigt schloss ich meine Augen und betrat im nächsten Moment meine Zuflucht.
Es gab ohnehin wichtigeres, worüber ich mir meinen Kopf zerbrechen musste, da konnte ich auf die Geschichte mit Keith gut verzichten.
„ Da seit ihr ja wieder!“ begrüßte uns mein Kater fröhlich.
„ Charon!“ klammerte sich Elara glücklich an ihn. „ Hast du mich vermisst?“
„ Und wie.“ lächelnd küsste er meine Kitty auf den Mund.
„ Ihr kommt allein zurecht, ja?“ ich würde die beiden jetzt eh nur stören, also machte ich mich auf den Weg zu der Stadt hin.
Einige Paradiesvögel flogen über meinem Kopf hinweg, einer von ihnen kam zu mir runter und setzte sich auf meinen Arm. Das farbenprächtige Gefieder des Piepmatz funkelte richtig in der Sonne. Es waren wunderschöne Tiere, die perfekt in diese Welt passten.
„ Na mein kleiner. Geht es dir gut?“ strich ich ihm über den Kopf.
Er fiepte mich an und streckte sich dann demonstrativ und zeigte mir seine volle Pracht.
„ Ja, dir scheint es sogar richtig gut zu gehen.“ lächelte ich ihn an.
Bevor er sich wieder in die Lüfte erhob, flog er noch einmal um mich herum und folgte seinen Freunden dann.
Ich sah ihm noch einen Augenblick hinterher, ehe ich mich wieder auf den Weg machte. Als ich dann endlich an dem Brunnen ankam, wo sich Rika für gewöhnlich aufhielt, konnte ich diese nicht entdecken.
Erst als ich näher ran ging, sah ich meine Schwester. Sie saß mit gesenktem Kopf auf dem Rand des Brunnens und zeichnete mit ihren Füßen Kreise auf den Boden.
Elara hatte also nicht übertrieben, als sie meinte, das Rika am Boden zerstört wäre.
„ Rika?“ sagte ich leise ihren Namen, als ich fast neben ihr stand.
„ Mh?“ sah sie zu mir auf. „ Risa!“ hastig sprang sie auf und umarmte mich stürmisch. „ Ich bin so froh dass du da bist! Bitte verzeih mir, ich wollte nicht dass du das mit Noel und mir so erfährst.“ sprach sie aufgelöst drauf los. „ Ich wollte Keith auch nie verletzen, dass musst du mir glauben! Aber ich kann meine Gefühle doch nicht abstellen und Noel ist auch der erste und einzige der mein Herz erobern konnte. Bitte versuch mich zu verstehen.“
„ Schon ok, Rika.“ lächelnd erwiderte ich die Umarmung und drückte sie fester an mich. „ Es tut mir leid, dass ich so ausgerastet bin und dir so viele Sachen an den Kopf geworfen habe. Aber weißt du, ich lebe mit Keith zusammen und ich bekomme Tag für Tag mit, wie sehr er unter euer Trennung leidet. Es hat mir das Herz zerrissen, als ich dich in den Armen eines anderen sah. Das hat Keith einfach nicht verdient.“
„ Ich weiß.“ flüsterte sie. „ Ich habe mich lange Zeit gegen die Gefühle für Noel gewehrt. Aber er war verdammt hartnäckig und hat einfach nicht aufgeben wollen. Er hat mir geholfen mit der ganzen Situation klar zu kommen. Die Trennung von Keith war auch für mich nicht einfach. Ich habe ihn genauso vermisst, wie er mich vermisst hat. Und dann war da noch die Ungewissheit, was mit dir geschehen wird. Ich hatte solche Angst davor, dass du dich Xantos allein stellst und er dich umbringt. Und ich bin hier gefangen und kann dir nicht helfen.“ sah sie mich gequält an. „ Es hat mich wahnsinnig gemacht, wenn ich dran dachte, dass du den Lügen und Intrigen unseres Vaters hilflos ausgeliefert bist. Ich hatte furchtbare Angst davor dich nie wiederzusehen. Noel war mein Retter, das Licht in der Dunkelheit. Nur durch ihn habe ich meine Hoffnung nicht verloren.“
„ Er hat dich also aufgefangen, als du in ein Bodenloses Loch fielst...“ murmelte ich.
„ Genau.“
„ Dann hast du nicht vor, zu Keith zurück zu gehen?“
„ ...“ schweigend senkte Rika ihren Kopf.
„ Ich verstehe schon.“ gab ich leise von mir. „ Du liebst Noel, nicht wahr?“
„ Ja, das tue ich.“ gestand sie mir mit gedämpfter Stimme. „ Es war nicht geplant, wirklich nicht. Aber ich konnte mich meinen Gefühlen nicht widersetzen.“
„ Ja, ich weiß.“ schließlich spürte ich das zur Zeit am eigenen Leib. „ Ich bin mir sicher, dass du Keith nicht absichtlich verletzen wolltest. Und ich glaube auch nicht, dass dir die Gefühle der anderen egal sind. Du lebst schon so lange hier, dass es wohl ganz natürlich ist, dass du dich nach Geborgenheit gesehnt hast. Für Keith tut es mir wirklich leid, aber ich bin froh dass du glücklich bist.“
„ Du verzeihst mir also?“
„ Ja, natürlich.“ lächelte ich sie an.
„ Oh Gott sei dank!“ atmete sie erleichtert aus und drückte mich dann wieder an sich. „ Ich dachte schon ich hätte dich jetzt verloren.“
„ Nein, hast du nicht.“ lächelte ich leicht. „ Stell mir Noel doch bei Gelegenheit mal vor.“
„ Das werde ich machen, versprochen.“ meinte sie. „ Aber nun erzähl doch mal, was es bei dir so neues gibt.“
Wir setzten uns auf die Mauer des Brunnens und unterhielten uns angeregt. Ich erzählte ihr von dem Überfall, von meinem Gedächtnisverlust und wie Keith es schaffte, mich zu erreichen. Ich berichtete ihr von Lucia und ihrer Begegnung mit Helios, von unserem Urlaub und dass ich in der heiligen Bibliothek der Götter weiter nach Anhaltspunkten suchen würde. Ich erzählte ihr so ziemlich alles, außer das was zwischen Keith und mir ablief und wer Dark in Wirklichkeit war, das verschwieg ich ihr. Dafür berichtete ich ihr von den Mächten meines Blutes und dass ich die Geister der Vergangenheit vertrieben hatte. Dass ich mich nicht mehr davor fürchtete, zusagen wer ich war. Und dass wir ganz viele neue Verbündete fanden, die uns im Kampf gegen Xantos unterstützen würden.
„ Außerdem bin ich auf die Schicksalsgöttin gestoßen.“ murrte ich.
„ Wirklich? Und was hat sie gesagt?“ harkte Rika scheinheilig nach.
„ Das weißt du doch am besten, oder nicht?“ blinzelte ich sie seitlich an.
„ Woher soll ich dass denn wissen?“
„ Weil du bestimmt mit der unter einer Decke steckst.“
„ Ach was.“
„ FUUURRRIIIIIIEEEE!!“ ertönte plötzlich eine Stimme wie aus dem nichts, von der ich gleich eine Gänsehaut bekam. „ Bist du jetzt etwa auch tot, oder lebst du noch?“ flatterte Lian vor mir rum.
„ Ich enttäusche dich wirklich nur ungern, aber ich lebe noch.“
„ Und wie geht es meinem Misaki? Ich hoffe du lässt brav die Finger von ihm.“ hob sie drohend einen Finger.
„ Und wenn nicht, wirst du das eh nie erfahren.“ griente ich sie an.
„ Mh.“ landete sie vor mir und stemmte ihre Hände in die Hüfte, ehe sie sich zu mir runter beugte. „ Ich hoffe dir ist klar, dass kein Mann in der Lage ist einer Succubus zu widerstehen. Solltest du jemals einen Freund haben, wird der mir unter Garantie auch verfallen. Also hüte deine Zunge!“
„ Na, ein Glück dass ich keinen Freund haben will.“ lachte ich. „ Aber nun weiß ich was ich zu tun hab, wenn ich meinen Lover los werden will.“
„ Glaub ja nicht, ich würde für dich mit ihm Schluss machen.“ verschränkte sie die Arme vor die Brust. „ Das kannst du dann schön selber machen.“
„ Du scheinst dich ja richtig gut hier eingelebt zu haben, ja?“
„ Na klar. Bei dem tollen Herrscher.“ kicherte sie.
„ Ich habe dir doch schon ein paar Mal gesagt, dass es in dieser Welt keine Herrscher gibt, oder?“ trat nun auch Tartaros auf die Bildfläche.
„ Ja, tut mir leid.“
„ Wie ich sehe habt ihr euch wieder vertragen, das freut mich.“ lächelte mich der Teufel warm an. „ Es ist auch schön dich wiederzusehen.“
„ Ich freue mich auch dich wiederzusehen.“ erwiderte ich das Lächeln. „ Aber es wird langsam mal Zeit dass wir uns unterhalten.“ blickte ich ihn und meine Schwester dann ernst an.
„ Wir unterhalten uns doch schon die ganze Zeit.“ schmunzelte Rika.
„ Glaubt ihr nicht auch, dass es an der Zeit ist, mir alles zu erzählen?“ meinte ich. „ Ich weiß inzwischen wer für den Untergang von Ladthaa verantwortlich ist. Ich weiß auch, dass Kronos Thanatos in unsere Welt gelassen hat. Das Thana von Yujin besessen ist.“
„ ...“ schweigend sahen sich Tartaros und mein Schwesterchen an.
„ Also gut.“ seufzte die Göttin des Lichts. „ Was möchtest du wissen?“
„ Ich wüsste gern ob Thanatos mein Feind ist.“ starrte ich den Herrscher der Teufel an. „ Und ob du freiwillig gestorben bist, weil nur derjenige den Thron besteigen kann, der den König niederstreckt.“ dann senkte ich kurz meine Augen, ehe ich den Vater von Keith wieder ansah. „ Sag mir, ob du mich angelogen hast und dein bester Freund, also der Grund für diese Tragödie, noch lebt.“
„ Ich hätte nicht gedacht das du uns so schnell auf die Schliche kommen würdest, da habe ich dich wohl unterschätzt.“ seufzte der Teufel. „ Ich nehme mal an, das du auch schon weißt wer Yujin ist?“
„ Ja, er war der Ladthaaner mit dem magischen Blut.“
„ Ja, richtig.“ stimmte er mir zu. „ Das heißt, das Thanatos zu mindestens damals noch nicht dein Feind war.“ erklärte er mir. „ Allerdings weiß ich nicht wie es jetzt aussieht. Yujin leidet mit seiner Heimat. Er kann ihre schreie hören, wie sie um Gnade winselt. Er muss hilflos dabei zusehen, wie immer mehr von uns einen qualvollen Tod sterben. Die Geräusche der sterbenden Ladthaaner und das Flehen von Ladthaa selbst, machen ihn wahnsinnig. Er will helfen, aber er kann nicht. Also staut sich die Wut und der Hass, auf diejenigen die Schuld an der Misere sind, immer weiter an und irgendwann werden ihn diese Gefühle beherrschen.“
„ Aber ich will ihm doch helfen! Ich will Ladthaa und deren Bewohner retten.“
„ Schon. Aber du bist eine Göttin. Und der Hass unterscheidet nicht ob du ein Freund oder Feind bist.“
„ Wie lange war Thana denn schon von ihm besessen, als er uns überfiel?“
„ Schon einige Zeit.“ antwortete er mir. „ Yujin musste sich erst das Vertrauen der Teufel erschleichen, damit sie ihm auch folgten und später noch folgen würden. Außerdem musste Granas deinen Vater einreden, dass es besser wäre dir deine Mächte zu rauben. Er wollte nicht dass dir was geschieht, oder das Charon stirbt. Aber er wollte dir einen Grund geben damit du deine Fähigkeiten trainierst, die dein Vater unterdrücken lassen wollte. Granas wollte, dass du aus dem Teufelskreis heraus kommst und das endlich jemand erkennt, was für ein unfähiger Herrscher sein Sohn ist, der es billigend in Kauf nimmt, das seine Tochter zu schaden kommt. Und das alles nur, damit er der alleinige Herrscher bleibt. Dabei dachte er eigentlich an Lucia, die Göttin der Wahrheit. Dass sich nun Rika auf den Weg gemacht hatte und als erstes die Intrigen durchschaut hatte, war nicht vorhersehbar.“
Also hatte Lucia in diesem Punkt wirklich recht gehabt mit ihrer Vermutung, dass dies alles geschehen musste um mich aus den Fängen von Kronos zu befreien.
Darüber hinaus verstand ich jetzt, was Yujin damit meinte, als er mich darum bat ihn zu erlösen. Mich zu rächen und ihn aufzuhalten. Er wusste dass ihn der Zustand von Ladthaa Amok laufen lassen wird. Ich sollte ihn stoppen, bevor das geschehen konnte.
„ Und warum musstest du sterben?“ blickte ich Rika an. „ Wenn er doch auf unserer Seite war und zudem noch wusste, dass ich das unsterblich machende Blut in mir habe, warum hat er dich dann so brutal hingerichtet?“
„ Um dir mehr Zeit zu verschaffen.“ flüsterte Tartaros. „ Seine Untergebenen wurde langsam unruhig und wollten die Welt der Götter erneut überfallen um dich umzubringen. Sie wollten Kythos endlich bluten sehen und die restlichen Götter vernichten. Yujin wusste dass du diese Welt hier erschaffen würdest und somit jede einzelne Seele rettest. Du warst zwar noch Klein, aber trotzdem hättest du es nie zugelassen, dass Charon für immer von dir geht. Deshalb hatte er die blutrünstigen Teufel auf eine falsche Fährte geführt.“ betroffen starrte er in den Himmel, ehe er weiter sprach. „ Brutale Teufel folgen nur einem noch brutaleren Teufel.“
„ Und dann hast du dich von ihnen niederstrecken lassen?“
„ Ja.“
„ Aber warum? Ihr hättet doch beide über die Teufel herrschen können, um sie in Schach zu halten.“
„ Nein. Ich hätte diesen brutalen Weg niemals gehen können. Außerdem wäre die Gefahr zu groß gewesen, dass unser Plan auffliegt. Yujin hatte die Meute gegen mich aufgebracht, damit auch der brutalste von ihnen, auf das hörte, was Yujin ihm befahl. Hätte er mich am Leben gelassen, wäre seine Glaubwürdigkeit ins Wanken geraten. Viele der Opfer hätten bestimmt nicht sein müssen und wären wir nicht so unter Zeitdruck geraten, hätten wir besser über unseren Plan nachdenken können. Aber dein Vater hat uns keine Zeit gelassen. Er wollte dich dazu bringen, deinen Status als Göttin aufzugeben, damit du auch ja die Prophezeiung nicht erfüllen kannst, verstehst du? Kronos wollte aus dir einen Menschen machen, Granas sah keine andere Möglichkeit als dem König einzureden, dass es viel einfacher wäre dir deine Mächte rauben zu lassen. Und dass auch noch von einem Teufel, somit würde der Hass bei dir ja verstärkt werden. Dieser Weg wäre leichter, als auf die neue Göttin des Lebens zu warten und sie dann auch negativ beeinflussen zu müssen.“
„ Er wollte mich damals schon zu einen Sterblichen machen?“ blickte ich ihn schockiert an. Mein Vater konnte mich nicht lieben, dessen war ich mir nun im klaren. Ich war ihm bloß ein Dorn im Auge. Deshalb war es ihm auch egal was mit Rika geschah, er war nicht fähig zu lieben. Und dass, wo er doch mit der Göttin der Liebe verheiratet war...
Also hatte mich mein Opa letztendlich mit dem brutalen Überfall auf mich gerettet.
„ Wie kann er so was nur zulassen?“ wütend ballte ich meine Hände zu Fäusten. „ Und was war mit meiner Mutter? Sie wäre in der Lage gewesen ihn zu verändern. Sie hätte ihn mit Liebe vollpumpen können, bis er platzt! Warum hat sie bei all der Scheiße nur zugesehen?“
„ Weil auch deine Mutter unter dem Einfluss deines Vaters steht.“ gab mir Tartaros die Antwort.
„ Sie nennen mich eine unwürdige Göttin?“ platzte es aus mir aus. „ Sie sollten sich alle mal an die eigene Nase fassen.“
„ Verstehst du nun, warum Yujin so handelt, wie er handelt? Warum du deiner Mächte beraubt wurdest und Rika sterben musste?“
„ Ja.“ presste ich hervor. „ Aber das erklärt noch nicht, warum mir Thanatos meine Mächte nicht einfach wieder gibt.“
„ Weil du noch nicht bereit dazu bist. Würde er sie dir jetzt wiedergeben, würdest du Ladthaa retten wollen und bei dem Versuch sterben. Illumina würde sich auflösen, Ladthaa noch tiefer in die Finsternis versinken und alle Opfer wären umsonst gewesen. Du hast dein wahres Potential noch nicht erreicht und solange dies nicht der Fall ist, muss er weiter den grausamen Herrscher spielen. Die Schreie von Ladthaa ertragen und sich von den Mächten seiner großen Liebe anfeinden lassen. Alles in allem, wird er irgendwann unter der Last zusammen brechen.“
„ Meine Mächte dürften sich nicht länger gegen ihn wehren.“ murmelte ich. „ Auch wenn sie zur Zeit nicht bei mir sind, wissen sie wer mein Feind ist und wer nicht. Und da ich nun weiß, dass Thanatos irgendwo zu den Guten gehört, haben meine Mächte keinen Grund mehr ihm Schaden zufügen zu wollen.“
„ Das wird dir Wertvolle Zeit verschaffen.“ lächelte mich der Teufel an.
„ Was ist denn nun mit meinem Opa? Lebt er noch? Und wenn ja, warum hatte Vater ihn verbannt?“
„ Ja, Granas lebt noch. Dein Opa hat versucht deinen Vater umzustimmen und ihm seine Unfähigkeit vor Augen geführt. Kronos verbannte ihn, als Granas versuchte Rika's Tod abzuwenden. Dein Vater hätte sich nur von seinem verbissenen Hass abbringen lassen müssen. Aber seine Seele ist schon so vom Hass zerfressen und das Verlangen nach noch mehr Macht so stark, dass er sich nicht mehr von seinen Plänen abbringen lassen wird. Und somit besiegelte er Rika's Schicksal.“
„ Hat Opa ihm von der Intrige erzählt? Und ihm gesagt, was mit Rika geschehen würde, wenn er nicht einsichtig ist?“ harkte ich dann leise nach.
„ Nein. Von der Intrige wusste er nichts. Es wäre auch viel zu Gefährlich gewesen, da Kronos dies niemals auf sich sitzen gelassen hätte. Wenn er erfahren hätte, dass dir nur deshalb die Mächte geraubt wurden, damit du später in der Lage bist deine Bestimmung zu erfüllen, hätte er dich noch im gleichen Atemzug zu einer Sterblichen gemacht. Deshalb wusste er davon nichts.“ dann sah mich Tartaros bedrückt an und zog mich dann schützend in seine Arme. „ Ich wünschte ich könnte dir das alles ersparen. Aber du wirst keine Ruhe geben, bis du die ganze Wahrheit weißt, nicht wahr?“
„ Natürlich nicht.“
„ Nun gut.“ er drückte mich noch fester an sich und senkte seinen Kopf. „ Granas hat ihm zwar nichts von seinem Spiel erzählt, aber das Rika sterben würde, das wusste dein Vater. Dein Opa hatte ihm erzählt, dass die Teufel deine Schwester umbringen, wenn Kronos nicht endlich einsieht, dass Kythos und Ladthaa zusammen gehören. Aber deinem Erzeuger war es egal. Er verbannte Granas, weil er versuchte Rika zu retten und mit den Ladthaanern zusammen arbeiten wollte.“
„ ...“ mit weit aufgerissenen Augen hörte ich dem Teufel zu. Ich wusste ja das mein sogenannter Erzeuger ein Herzloses Arschloch war. Aber das ihm selbst das Leben seiner eigenen Tochter am Arsch vorbei ging, das saß. Hatte ich mich denn wirklich so stark von ihm blenden lassen? Ich raffte es einfach nicht.
„ Dein Alter hat echt ne Macke...“ murmelte Lian. „ Dabei dachte ich immer, die Teufel wären die Bösen. Aber der toppt sie ja echt alle. Das ist fast schon beängstigend.“
„ Und dieser Abschaum eines Gottes wird auch noch von allen angebetet und verehrt.“ schnaufte ich verächtlich auf. „ Ich fass es nicht dass ich SEINE Gene in mir habe.“
„ Da kann ich dich aber Beruhigen, du kommst weder nach deiner Willenlosen Mutter, noch nach deinem Herrschsüchtigen Vater.“ versuchte sogar die Succubus mich aufzubauen. „ Vielleicht bist du ja adoptiert.“
„ Wohl eher nicht.“ knurrte ich. „ Aber Kronos wird schon sehen was er davon hat, wenn ich dich erst mal wiederbelebt habe und wir ihm seiner gerechten Strafe zuführen.“ sah ich zu Tartaros auf. „ Er wird sein Verhalten noch bereuen, das schwöre ich.“
„ Du willst ihn wiederbeleben?“ mischte sich Lian mal wieder ein. „ Dann würde es hier aber ganz schön langweilig werden.“
„ Tut mir ja wirklich leid für dich, aber ich brauche seine Hilfe um an mein Ziel zu kommen.“
„ Ja schon gut. Solange du nicht vergisst uns auch wiederzubeleben.“
„ Das vergesse ich schon nicht, keine Sorge.“
„ Dann ist ja gut.“ gab sich die Teufelin damit zufrieden.
„ Ich glaube ich brauche jetzt erst mal einen Drink.“ knurrte ich. „ Sagt ihr Elara Bescheid, dass ich sie später abholen komme?“
„ Machen wir.“ umarmte mich meine Schwester noch einmal. „ Lass den Kopf jetzt nicht hängen und drück Lucia von mir, ok?“
„ Ja, ok.“
„ Und Misaki von mir, verstanden?“ bellte mich Lian an. „ Und gib ihm noch einen Kuss von mir. Aber wehe dir gefällt der Kuss, dann bekommst du es mit mir zu tun.“
„ Hö?“ starrte ich sie verstimmt an.
„ Ach egal. Gib diese Umarmung einfach an ihn weiter!“ schnalzte sie mit der Zunge und drückte sich dann auch noch an mich. „ So und nun kannst du gehen.“
„ Grrr...“ fauchte ich sie an und flog dann zum Tor hin.
Ich brauchte nicht nur ganz dringend einen Drink sondern auch eine starke Schulter, an die ich mich anlehnen konnte.
Gott sei dank brauchten die Teufel ja nicht so viel Schlaf, so dass die Chancen gar nicht so schlecht standen, dass ich Keith irgendwo antraf. Ich brauchte ihn gerade mehr denn je...
Allerdings war ich nicht die einzige Göttin im Haus, die mitten in der Nacht ans Aufstehen dachte. Auch Lucia stand bestürzt auf dem Balkon und starrte in den klaren Sternenhimmel. Die Sache mit Helios hatte sie mehr mitgenommen, als sie uns weiß machen wollte, genauso wie ich es von Anfang an vermutete. Die Gefühle ließen sich nicht einfach abstellen, genauso wenig wie der Schmerz einer Trennung.
Und so Kalt wie unser Erzeuger, war sie bei weitem nicht.
Natürlich sehnte sie sich nach ihrem Ex und nach der Geborgenheit, die er ihr geben konnte. Zu mindestens bevor sie sein zweites Gesicht mit eigenen Augen sah. Sie war die ganze Zeit so sehr damit beschäftigt gewesen, irgendwas über die alte Geschichte heraus zu bekommen, dass ihr nie wirklich auffiel, was für einen Idiot sie im Bett neben sich liegen hatte. Andernfalls hätte sie sich schon viel früher von ihm getrennt. Aber dass er nun ihrer eigenen Schwester, also mir, schaden wollte, konnte sie ihm nicht verzeihen. Er wäre sogar bereit dazu gewesen, eine Götterkatze zu töten. Er befolgte seine Befehle ohne sie auch nur einmal zu hinterfragen. Wie eine Hirnlose Marionette, die keinen Gedanken an mögliche Folgen verschwendete. Und so einen Typen liebte sie mehr als alles andere auf der Welt. Wie konnte sie nur so blind sein?
Zudem war sie so sehr in ihren Gedanken versunken, dass sie auch nichts mehr mitbekam.
Keith wanderte nämlich gerade den Flur entlang und öffnete die Tür zu seinem Zimmer.
„ Na toll...“ verzog er seinen Mund, als er mich dort nicht vor fand.
Knurrend verließ er den Raum wieder und schlenderte zu meinem Reich hin, allerdings entdeckte er die Göttin auf seinem Balkon, ehe er in mein Zimmer trat und ging erst mal zu ihr hin.
„ Was machst du denn zu dieser späten Stunde noch hier draußen?“ gesellte sich der Prinz zu ihr und lehnte sich neben ihr ans Geländer.
„ Ich konnte nicht schlafen und wollte mir den Sternenklaren Himmel ansehen.“ sah sie ihn lächelnd an.
„ Und in Wirklichkeit machst du dir Gedanken wegen diesem Flaschengott, ja?“
„ Bin ich wirklich so leicht zu durchschauen?“
„ Wenn man deine beiden Schwestern kennt, ja.“ schielte er sie seitlich an. „ Ich nehme nicht an, dass du darüber reden willst, oder?“
„ Du meinst weil die Verschwiegenheit bei uns in der Familie liegt?“
„ Ich würde es eher so formulieren, dass ihr die anderen nicht mit euren Problemen belasten wollt.“
„ Ist Risa so, ja?“ lächelte Lucia leicht.
„ Risa ist ein kleines Monster, das nicht hören kann und unglaublich gerne provoziert.“ ein sanftes Lächeln umschmeichelte seine Lippen, als er von mir sprach. „ Sie ist äußerst empfindlich was ihr wahres Alter angeht und echt nachtragend, wenn man da etwas falsches sagt.“ lehnte er seufzend seine Hand an den Kopf.
„ Aber dafür ist sie auch unglaublich süß und verführerisch zugleich, nicht wahr?“
„ Mhm...“ schielte er sie seitlich an und verschränkte dann die Arme vor die Brust. „ Das ist wohl wahr.“
Lucia lächelte nur und schaute wieder die Sterne an.
„ Aber es gibt tatsächlich etwas, wo drin du dich von Risa unterscheidest.“ murmelte der Prinz.
„ Ne, Risa kämmt sich die Locken bloß raus.“ kicherte die Göttin.
„ Das meinte ich gar nicht.“
„ War auch nur ein Witz. Sie hat nämlich gar keine Locken.“ sah sie ihn schmunzelnd an. „ Also erzähl schon, wodurch unterscheiden wir uns?
„ Du ziehst dir wenigstens einen dicken Mantel an, wenn du dich in die Kälte begibst. An so was unnützes denkt Risa gar nicht. Sie nimmt es lieber in Kauf zu erfrieren.“
„ Das sieht ihr ähnlich.“ lachte Lucia. „ Sie ist auch schon im Schlafanzug in den Schnee gesprungen, weil sie diesen für Zuckerwatte hielt.“ erzählte sie ihm.
„ Ich glaube das könnte ihr heute auch noch passieren.“ schmunzelte der Herr.
Es tat ihr ungemein gut, mit Keith über solch belanglose Dinge zu reden. Es lenkte sie sogar ein bisschen ab. Aber völlig freimachen konnte sie sich von ihren bedrückenden Gedanken nicht.
„ Warst du lange mit Helios zusammen?“ fragte er nach einer Schweigeminute nach.
„ 16 Jahre...“ antwortete sie ihm leise. „ Ich bin wirklich froh darüber, dass ich ihn nicht geheiratet habe. Das ich kein Kind in diese verlogene Welt gesetzt habe. In der das Wort Vertrauen ohne jegliche Bedeutung ist.“ sie kniff die Augen zusammen und ballte ihre Hände dann zu Fäusten. „ Ein Reich was von einem König regiert wird, der aus seinen Volk blutrünstige Monster macht. Nein, in so einer Welt haben die Kinder keine Zukunft.“
„ 16 Jahre, dass ist eine lange Zeit.“ meinte der Prinz. „ Ihr hattet bestimmt große Pläne.“
„ Ja, die hatten wir, oder eher ich.“ lachte sie verbittert. „ Aber bis vorhin habe ich ja auch noch geglaubt, dass er sie wegen mir so energisch suchen würde. Aber da habe ich mich wohl geirrt. Er hat sie nur gesucht um sie an Vater auszuliefern, der sie zu einer Sterblichen machen will. Wie konnte ich, als Göttin der Wahrheit, mich nur so lange blenden lassen? Wenn Naivität einen schrumpfen lassen würde, dann wäre ich nur noch eine Mikrobe.“
„ Mach dich nicht selbst so fertig, Lucia.“ auch das lag wohl in unseren Genen. „ Du hast ihm blind vertraut und das ist nur natürlich, schließlich ward ihr lange Zeit ein Paar. Wenn du deinem eigenen Partner nicht vertrauen kannst, wem dann?“
„ Ich hätte es einfach besser wissen müssen. Ich habe auch nur ganz Zufällig erfahren wo Risa sich aufhält. Helios hätte mir erst gar nichts davon erzählt. Aber ich habe gehört wie er Kronos davon erzählt hat und dass er sie beim nächsten Mal auf jeden Fall zurück bringen wird. Er würde sich schon um die Teufel kümmern, die sie beschützen. Als ich ihn später darauf ansprach, meinte er er würde nur so reden, damit mein Vater ihn nicht von dem Fall abzieht. Ich hätte es merken müssen, dass das nur Lügen waren und er wirklich das Monster war, was er meinem Erzeuger zeigte. Man, ich bin so blöd.“
„ Nein, bist du nicht.“ flüsterte er und zog das erstaunte Mädel dann in seine Arme. „ Du hast dich doch selbst auf den Weg zur Erde gemacht, um sie zu finden. Um ihr zu sagen, was bei euch abläuft und sie zu warnen. Wenn du Helios da noch vertraut hättest, hättest du ihm dann nicht auch alles erzählt? Du wusstest da doch bestimmt auch schon über die Intrigen deines Vaters Bescheid, oder?“
„ Ja, wusste ich. Aber ich hatte ihm nichts erzählt. Allerdings wusste Helios, dass ich nur auf ein Lebenszeichen von ihr gewartet habe und mich dann sofort auf den Weg zur Erde machen würde. Ich wollte mich nicht Kopflos auf die Suche machen, ich hatte viel zu viel Angst davor, dass sie Risa finden, während ich nicht da bin und ihr niemand auf Kythos dann zur Hilfe eilen würde. Er wusste dass und trotzdem wollte er mir verschweigen, dass er sie gefunden hatte!“
„ Vielleicht wollte er es dir ja noch sagen.“ strich er ihr beruhigend über den Rücken.
„ Mag sein, aber das ändern nichts an der Tatsache, dass er Risa schaden wollte. Ausgerechnet ihr, wo ich doch schon Rika verloren hatte. Wie kann ein Gott nur so Gefühlskalt sein.“ dann kniff sie wieder die Augen zusammen, drückte sich ganz plötzlich an ihn und schlang ihre Arme um seinen Nacken. „ So ein Idiot!“
Und ausgerechnet jetzt, verließ ich mein Zimmer aufgewühlt und bekam den nächsten Schlag direkt in die Magengrube.
Mit einem Mal fiel mir auch wieder ein, worüber ich mir den Kopf zerbrach, bevor ich nach Illumina ging und dort diese niederschmetternden Dinge erklärt bekam.
Ich war doch sowieso schon mit meinen Nerven am Ende, musste man mir dieses Szenario denn auch noch antun? Ich wusste doch dass das geschehen würde. Ich hab es gewusst und dennoch verletzte mich dieses Bild auf übelste weise. Auf seine starke Schulter musste ich nun wohl verzichten, zumal da kein Platz mehr für mich war. Und vielleicht war es auch besser so, schließlich war Lucia ja jetzt auch Single und wenn er Rika schon nicht bekommen konnte, dann könnte er eventuell mit ihrem Zwilling glücklich werden.
Allerdings war ich gerade auch viel zu aufgewühlt und völlig neben der Spur, deshalb traf es mich so hart. Außerdem stand es ihm ja frei, mit ihr anzubändeln, schließlich führten wir eine offene Beziehung und auch wenn ich ihn nun ganz gut gebrauchen könnte, war es ok, wenn er keine Zeit hatte weil er Lucia umarmen musste. Es war ohnehin bestimmt alles ganz harmlos und er tröstete sie bloß. Also kein Grund das in den falschen Hals zu bekommen.
Es lief alles genauso, wie ich mir das vorgestellt hatte und wenn ich mir das oft genug sagte, dann würde ich es bestimmt auch irgendwann glauben.
Nun konnte ich nichts besseres tun, als den beiden den Rücken zukehren und mir einen anderen Platz zu suchen, wo ich in Ruhe nachdenken und mich besinnungslos besaufen konnte. Und das tat ich auch. Ich beeilte mich extra und lief die Treppen runter.
Weder Keith noch Lucia hatten mich bemerkt, sie gingen beide davon aus dass ich Seelenruhig am schlafen war.
„ Du weißt schon dass das böse enden kann, wenn Risa uns so sieht...“ flüsterte sie und trat dann einen Schritt zurück. „ Ich möchte keinen Keil zwischen euch treiben.“
„ Das macht sie selber schon gut genug.“ murmelte der Teufel. „ Risa schläft gerade und außerdem habe ich dich bloß getröstet.“
„ Schon. Aber sie vertraut dir nicht und geht felsenfest davon aus, dass du Rika noch liebst. Was geht also in ihrem Kopf vor, wenn sie mich in deinen Armen stehen sieht?“
„ Nichts gutes, das ist schon mal klar...“
Naja, damit hatten sie ja nur zum Teil recht. Natürlich ging ich im ersten Moment vom falschen aus und irgendwie fühlte ich mich immer noch in meinem Verdacht bestätigt, dass er Rika liebte und gar nicht Fähig war, sie zu vergessen.
Allerdings beschäftigte mich das Gespräch mit Tartaros mehr. Ich fragte mich, warum meine Eltern mir einen Teil ihrer Mächte überließen, damit ich mich zur Not wehren konnte und wo mein Opa jetzt war. Auch ihr auf der Erde? Oder in Ladthaa? Lebte er jetzt überhaupt noch? Es waren schließlich schon ein paar Jährchen ins Land gezogen.
Jede Antwort die ich bekam, brachte noch mehr Fragen mit sich. War mein Gehirn überhaupt groß genug, um die ganzen neuen Erkenntnisse zu verarbeiten? Oder würde ich, genauso wie Yujin, irgendwann durchdrehen und dann Amok laufen?
Langsam wanderte ich durch das Wohnzimmer rüber in die Küche und blieb dann mit verschränkten Armen vor dem Kühlschrank stehen.
Ich konnte es einfach nicht glauben, dass mein Vater von Rika's Tod wusste und es einfach hinnahm. Ohne mal daran zu denken ihr zu helfen. Aber das bewies nun, dass wir ihm mehr als Gleichgültig waren. Rika, Lucia genauso wie ich, die ihm ganz besonders ein Dorn im Auge war. Uns so was schimpfte sich Vater. Blut war dicker als Wasser, wer es glaubte. Der Gedanke, dass es gar nicht erst so weit kommen musste, trieb mir die Tränen in die Augen.
Rika hätte nicht sterben müssen, Charon könnte schon wieder hier sein. Das ganze Leid, die Schmerzen, die Trauer, das ganze Elend unnötig, wenn mein Erzeuger richtig reagiert hätte. Er hätte sie retten können dann heuchelte er uns noch seine Traurigkeit vor, als ihre Leiche zurück gebracht wurde.
Ich wusste ja, dass Kronos ein Arschloch war, aber die volle Wahrheit über ihn, riss mir den Boden unter den Füßen weg.
Vergeblich versuchte ich die Tränen zu unterdrücken, die mir über die Wange kullerten. Verzweifelt versuchte ich meine Fassung zu behalten und strich mir auf seufzend mit beiden Händen durchs Gesicht.
Ich brauchte unbedingt etwas zu trinken, mit ganz viel Umdrehungen. Egal wie scheußlich es auch schmeckte, solange ich wieder runter kam, war das ok.
Also griff ich mir das Lieblingsgetränk meiner Beschützer, nämlich ihren Cognac und überlegte ob ich ein Glas brauchte oder ihn gleich weg exte. Wenn das so weiter ging, würde ich noch ein echtes Alkoholproblem bekommen.
Ich entschied mich dann dazu, dass ich kein Glas brauchte und verließ mit der Flasche in der Hand die Küche. Da mein Lieblingsplatz gerade belegt war, ich aber auch nicht wirklich auf jemanden treffen wollte, schnappte ich mir den Haustürschlüssel und eine kuschelige Wolldecke und setzte mich vor der Tür auf die Treppe.
Ausnahmsweise machte mir nicht mal die Kälte was aus, die Decke war richtig kuschelig und hielt mich zudem noch einigermaßen warm.
Seufzend lehnte ich mich gegen die Tür und löste den Verschluss meiner Kette, um sie näher zu betrachten.
Gab es diese lieben Momente in meiner Kindheit, damit ich keinen Verdacht schöpfte und er mich leichter Kontrollieren konnte? War die Kette also auch nur eine Art Alibi? Zu mindestens war sie kein Peilsender, ansonsten hätten sie mich längst gefunden.
Warum bloß setzte so ein kranker Gott Kinder in die Welt? Wo er doch nicht mal in der Lage war sie zu lieben. Ich verstand es einfach nicht.
Bedrückt lehnte ich meinen Kopf an die Tür und sah in den Himmel.
Ich bekam unterbewusst mit, dass im Flur das Licht angemacht wurde, aber ich ließ mich davon nicht stören. Es würde jetzt eh keiner mehr raus gehen und meine Beschützer gingen ja davon aus dass ich bereits schlief.
Misaki würde niemals einfach in mein Zimmer gehen und Keith war ja mit Lucia beschäftigt und würde von daher auch nichts mitbekommen. Also brauchte ich mir auch keine Gedanken darüber machen, dass sie mich suchen, bzw. finden könnten.
Allerdings hatte ich da etwas außer Acht gelassen und zwar dass ich das Lieblingsgetränk von Misaki stibitzt hatte und dieser sich gerade ein Glas davon gönnen wollte.
„ Ach das gibt’s doch nicht.“ maulte er. „ Ich habe da doch vorhin erst eine Flasche rein gestellt. Oh, dieser Mistkerl.“ knurrend lief er die Treppe hoch und betrat dann den Balkon, wo sich Keith und Lucia befanden. „ Hast du schon wieder den Cognac aus gesoffen?“ meckerte der Seelendieb gleich drauf los. „ Wie oft habe ich dir schon gesagt, das du eine neue Flasche rein stellen sollst, wenn du die aus dem Kühlschrank raus nimmst??“
„ Welche Cognac Flasche?“ zog er irritiert eine Augenbraue hoch. „ Ich hab heut noch nichts getrunken.“
„ Echt nicht?“
„ Echt nicht!“
„ Und du auch nicht, nehme ich an?“
„ Ich auch nicht, nein.“ schüttelte meine Schwester ihren Kopf.
„ Wo ist Risa?“ harkte Misa nach.
„ Sie schläft.“
„ Sie schläft, also. In deinem Zimmer?“
„ Nein, ich denke sie wird in Rika's Zimmer schlafen.“
„ Ok.“ der Teufel ging zurück ins Haus und öffnete leise die Tür zu meinem Zimmer. „ Sie ist hier aber nicht.“
„ Wie?“ eilte Keith zu ihm hin. „ Tatsächlich. Aber wo ist sie denn dann?“
„ Och nicht schon wieder. Sie wird doch nicht abgehauen sein.“
„ Warum sollte sie?“ fragte der Prinz nach.
„ Was weiß ich denn? Fakt ist, dass sie nicht da ist, oder? Elara aber schon, also wird sie da bestimmt auch geschlafen haben.“ fluchend machte er sich auf die Suche nach mir und sah in allen übrigen Zimmern nach, ebenso auf Keith's Balkon und im Garten.
„ Sie ist nicht im Haus.“ trafen sich die Drei im Wohnzimmer. „ Also ist sie wirklich getürmt. Verdammt! Die kann echt was erleben, wenn ich sie in die Finger bekomme.“ machte Misaki seinen Unmut Luft.
„ Dann müssen wir draußen nach ihr Suchen.“ packte Lucia die nackte Panik.
„ Gute Idee!“ stimmte Misa ihr zu.
Der Seelendieb raste auch gleich zur Tür, an der ich von außen lehnte und riss diese auf.
„ Wow!“ rief ich erschrocken auf, als ich den Halt verlor und dem Seelendieb direkt vor die Füße fiel.
Ich hatte wohl Glück, dass sie Tür nicht nach außen hin geöffnet wurde, andernfalls würde ich wohl jetzt einen Freiflug geschenkt bekommen.
„ Risa! Ich werde wegen dir noch einen Herzinfarkt bekommen, ganz im ernst!“ motzte er mich auch gleich an. „ Was machst du denn überhaupt hier draußen?“
„ Nichts.“ antwortete ich ihm und setzte mich wieder hin.
„ Nichts also...“ betrachtete er die Flasche neben mir. „ Ah ja.“
Das die mich ausgerechnet jetzt finden mussten, war wieder so typisch.
„ Was ist los?“ ging er an mir vorbei und hockte sich vor mir hin. „ Hast du etwa geweint?“ strich er mir eine Strähne aus dem Gesicht. „ Ist etwas passiert?“
„ ...“ schweigend senkte ich meine Augen, umschlang meine Knie mit den Armen und lehnte meinen Kopf dann an diese, dabei ließ ich meine Kette fallen, die ich noch in der Hand hielt.
„ Was ist in Gottes Namen ist los mit dir?“ versuchte er mich weiter zum reden zu bewegen und hob gleichzeitig mein Schmuckstück auf.
Auch Lucia und Keith kamen nun zu mir auf die Treppe.
„ Geht es um deine Eltern? Verdammt, Risa. Rede doch mit mir!“ sprach Misaki weiter besorgt auf mich ein. „ Hattest du Streit mit Rika? Was ist es? Warum versteckst du dich hier in der Kälte?“ doch er bekam noch immer keine Antwort von mir. „ Na gut.“ kurzer Hand nahm er mich auf den Arm und trug mich zurück ins Haus, dort setzte er mich auf der Couch ab.
Etwas erstaunt sah ich ihn an, als er sich neben mir niederließ. Keith nahm noch die Flasche mit rein und stellte sie auf den Wohnzimmertisch, ehe er sich zu mir auf die Couch setzte. Lucia hoffte allerdings nur, dass ich nicht wegen ihr am Boden zerstört war, weil ich sie und den Prinzen eng umschlungen auf dem Balkon stehen sah.
„ Nun erzähl schon was dich so sehr belastet.“ sprach Misaki beruhigend auf mich ein und hielt mir dann meine Kette hin. „ Ist es wegen deinem Vater?“
„ Ja...“ flüsterte ich.
>Oh Gott sei dank.< atmete meine Schwester innerlich erleichtert aus.
„ Ich hab mich in Illumina mit Tartaros und Rika unterhalten und einiges heraus gefunden.“ meine Stimme zitterte noch immer. „ Kronos hätte alles verhindern können.“ ich fühlte mich so leer, innerlich wie abgestorben. Deshalb realisierte ich nicht mal, das mir schon wieder eine Träne über die Wange kullerte. „ Er wusste das Rika sterben würde, aber es war ihm egal. Obwohl er es hätte verhindern können. Aber er hat nichts getan, um sie zu retten und dass, wo es doch in seiner Macht lag. Er hat sein eigenes Kind verraten und im Stich gelassen.“
„ Was?“ starrten mich die drei erschrocken an.
„ Wie er hat es gewusst? Woher konnte er das denn wissen? Und warum hat er dann nichts unternommen, um sie zu retten?“ sprach Lucia aufgebracht drauf los.
„ Opa hat ihm erzählt, dass die Teufel Rika umbringen würden, wenn er nicht einsehen würde, dass Ladthaa zu Kythos gehörte. Aber es war ihm egal. Er hat Opa verbannt, weil er Rika retten wollte, weil er mich gerettet hat und hatte Rika's Schicksal somit besiegelt. Und dann heuchelt er uns auch noch seine Trauer vor, dieses miese Schwein.“ ballte ich meine Hände zu Fäusten. „ Er hat sie auf dem Gewissen. Dabei hätte er nur einlenken müssen. Er hätte den ganzen Scheiß verhindern können. Dieser verdammte Heuchler!“ wutentbrannt warf ich meine Kette gegen die Wand.
Nun waren gleich zwei starke Schultern da, an die ich mich lehnen konnte, als mich Keith allerdings zärtlich umarmte, stieß ich ihn wütend weg.
„ Fass mich nicht an!“ fauchte ich ihn an, sprang auf und raste die Treppe hoch.
„ Risa!“ rief mir Lucia betroffen nach.
„ Keine Sorge, ich kümmer mich um sie.“ so leicht ließ sich Keith nämlich nicht abschütteln und so folgte er mir und ließ meine Schwester mit Misa allein zurück.
„ Ich wusste ja das mein Vater einen an der Klatsche hat, aber das ist selbst für seine Verhältnisse zu heftig.“ murmelte sie.
Tag der Veröffentlichung: 01.07.2012
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