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Kapitel 8. Ein Unglück kommt selten allein...






Von unserem Balkon aus hatte man wirklich einen wunderschönen Ausblick auf die aufgehende Sonne, die nicht nur den Himmel in ein romantisches rot tauchte. Auch das Meer plätscherte leise und ruhig vor sich hin.
Die ersten Vögel gaben ihr schönstes Lied zum besten und der Wind trug diese wunderschöne Melodie durch die Lüfte.
Alles in allem, war dieser Moment einfach perfekt und ließ mich alle Sorgen und Ängste vergessen.
Obwohl wir erst vor kurzem erst nach Hause gekommen waren und die Müdigkeit an den anderen nagte, war ich noch Hellwach.
Der Vorfall mit Simon und auch die Zärtlichkeiten die ich mit Keith ausgetauscht hatte, machten es mir unmöglich ans schlafen zu denken.
Ganz im Gegenteil, ich hätte echt nichts dagegen, wenn der jüngere Prinz bei mir wäre und mich weiter wach hielt.
Jetzt, wo der Alkohol und seine Gehirnerschütterung, die ich ihm ja angedichtete hatte, seine Mauer niedermetzelten.
Leider war dieser schon in seinem Zimmer verschwunden und schlief bestimmt schon.
Ich konnte ja nicht ahnen, dass ich da voll ins leere griff...
Der Neck lag wirklich auf seinem Bett und bedeckte seine Augen mit dem Arm. Um sich ein wenig Abkühlung zu verschaffen, hatte er sich sogar das Hemd aufgeknöpft.
Aber nichts konnte seinen erhitzten Körper wieder runter bringen.
Sein Atem ging schneller und unregelmäßiger, sein Herz schlug ihm bis zum Hals und sein Puls raste.
Das schreiende Verlangen tobte in ihm und wollte Keith dazu bringen, endlich die Kontrolle über sich zu verlieren.
Er wollte mich berühren, mich spüren und dann mit mir zusammen die Erfüllung finden. Aber, selbst wenn ich nun zu ihm ins Bett kriechen würde, wäre er gar nicht in der Lage mich zu beglücken.
Der Fischmutant fühlte sich matt und hatte noch nicht mal die Kraft um wieder aufzustehen. In seinem Kopf drehte sich alles und schon bald fühlte er sich, als würde er in einem Karussell sitzen.
Außerdem hatte er ein unstillbares Verlangen nach Wasser... nach kühlem Salzwasser, was seinen Körper umschmeicheln würde.
Der Piranha konnte nun nicht länger leugnen, dass er an der Luftkrankheit litt und ihn diese schon bald völlig außer Gefecht setzen würde.
Hilflos musste er mit anfühlen wie ihn die Krankheit mehr und mehr gefangen nahm und auch das Fieber ließ ihn nicht zur Ruhe kommen.
Nebenbei pochte sein Auge wie verrückt und ein Stechen breitete sich in seinem Kopf aus.
Trotzdem verschwendete er noch immer keinen Gedanken daran uns über seinen Zustand zu informieren.
Jedoch hatte er die Rechnung ohne Maria gemacht, die den Flur entlang schlich und dann leise sein Zimmer betrat.
Seine unzähligen Komplimente und Aufmerksamkeiten hatten ihr Gefühl bestärkt, dass auch er mehr wollte und so trat sie, bloß mit einem zugegebenermaßen aufreizenden Negligé bekleidet, an sein Bett.
„ Schläfst du schon, mein Schatz?“ flüsterte sie ihm zu und kletterte dann über ihn.
Dass er jetzt schon beinahe völlig außer Atem war, lag für sie natürlich an ihrer Anwesenheit.
Langsam strich die Nixe sein geöffnetes Hemd zur Seite und bewunderte seinen muskulösen Oberkörper.
Als sie dann seine Brust streichelte und verspielt die Konturen seiner Muskeln nach zeichnete, zuckte er auch noch zusammen. Was Maria natürlich auch vollkommen falsch auffasste.
„ Du bist ja schon ganz heiß und ungeduldig...“ schnurrte ihm die verliebte Pute entgegen und rückte näher zu ihm hin. „ Aber jetzt bin ich ja da, um dich von deinem Leiden zu befreien.“
In freudiger Erwartung zog sie den Arm von seinem Gesicht und lehnte sich diesen um die Hüfte.
Erst als sie sich an Keith hoch zog und ihm einen feuchten Kuss auf seine Lippen geben wollte, kam auch ihr die Hitze, die von seinem Körper ausging, unnatürlich vor.
„ Oh Gott! Du hast ja Fieber!!“ rief sie völlig entsetzt. „ Warum sagst du denn nichts?“
Als er daraufhin noch immer nichts sagte, geschweige denn überhaupt die Augen öffnete, sprang sie besorgt vom Bett auf.
„ Warte hier! Ich hole Hilfe!!“ meinte sie und rannte aus dem Zimmer.
Panisch raste sie durchs Haus, jedoch war dieses wie ausgestorben, da normale Menschen um diese unchristliche Zeit bereits schliefen.
Sie gab die Hoffnung fast schon auf, noch auf jemanden zu treffen und war zum ersten Mal in ihrem Leben wirklich froh darüber, mich zu sehen.
„ Risa!!“ rief sie erleichtert meinen Namen und kam auf mich zu gestürmt.
„ Mhm?“ ich drehte mich zu ihr um und verzog argwöhnisch mein Gesicht. Nun war dieser schöne, einzigartige und romantische Moment für alle Zeiten zerstört. Sie kam zu mir hin gelaufen und packte mich an der Schulter.
Und dann trat sie mir auch noch in diesem Hauch von etwas unter die Augen. Ich hätte mich auf der Stelle übergeben können.
„ Du musst mir helfen!!“ noch immer konnte man die Blanke Angst in ihren Augen erkennen.
„ Dir helfen? Tut mir leid, dafür bin ich nicht ausgebildet.“
„ Es geht auch nicht um mich!“ gab sie von sich. „ Keith! Er ist so verdammt heiß!“
„ Ach? Und was habe ich nun damit zu tun?“ starrte ich sie von oben bis unten an. „ Wirst allein nicht mit ihm fertig, oder was?“ ich konnte es nicht verhindern, dass sich die Eifersucht in mir breit machte.
„ Doch nicht diese Art von Hitze! Verdammt Risa! Er hat hohes Fieber!!“ fauchte sie mich besorgt an. „ Du musst schnell mit kommen und ihm helfen!“ sie nahm meine Hand und zerrte mich hinter sich her zu seinem Zimmer hin. „ Bevor er stirbt!“
Als ich ihn dann sah, rutschte mir mein Herz buchstäblich in die Hose. Dass er SO schlimm aussehen würde, damit hatte ich nicht gerechnet.
Für seine Verhältnisse war er schon ganz blass und so langsam bekamen seine Lippen einen leichten bläulichen Stich. Ein eindeutiges Zeichen der Luftkrankheit!
Sein Körper war bereits dabei auszutrocknen, was man recht gut an den weißen Stellen seiner Haut sehen konnte.
„ Steh da doch nicht so blöd rum! Mach etwas!!“ schrie mich Maria verzweifelt an.
„ Geh meine Eltern wecken!“ befahl ich der Nixe. Sie konnte mir gerade ohnehin nicht helfen.
Vorsichtig setzte ich mich zu ihm auf das Bett und lehnte meine Hand auf seine Stirn.
„ Aber ich kann doch deine Eltern jetzt nicht wecken gehen. Wer weiß was die gerade machen.“
„ Mach schon, Maria! Ich brauche ihre Hilfe!“ zischte ich sie an.
„ Ok...“ meinte sie und stürmte aus dem Zimmer.
„ Was machst du nur für Sachen, Keith?“ seufzte ich leise. „ Na los, wach auf.“
Gerade als ich ihn wach rütteln wollte, öffnete er seine Augen und sah mich mit seinen fiebrig-glasigen Augen an.
„ Du musst jetzt aufstehen.“ erzählte ich ihm und lehnte mir seinen Arm um die Schulter. „ Wir gehen in den Keller, dort ist ein Becken mit Meerwasser. Los komm, du kannst dich bei mir abstützen.“
Es war gar nicht so einfach den nassen Kartoffelsack aus dem Bett zu zerren. Allerdings musste er unbedingt ins Wasser und da es viel zu Gefährlich war, ihn nach Atlantis zu bringen, musste es unser kleiner Pool auch tun.
„ Nun mach dich doch nicht so schwer!“ fauchte ich ihn an, nachdem wir aus dem Bett gestiegen waren und sein Gewicht mich fast zu Boden drückte. Gerade soeben konnte ich mich noch auf den Beinen halten. „ Ein bisschen darfst du schon mithelfen.“
Ich war zwar kein Arzt, aber dass er vollkommen Kraftlos war, konnte doch nur bedeuten dass die Krankheit schon sehr weit fortgeschritten sein musste.
Also litt er schon länger an den Symptomen und hielt es nicht für nötig uns darüber in Kenntnis zu setzen.
Scheinbar war ihm gar nicht klar, was er da für ein gefährliches Spiel spielte.
Ich hatte das Gefühl, als wäre unser Planschbecken plötzlich Kilometer weit entfernt und dass ich mindestens eine Tonne mit mir herum schleppen musste.
Dementsprechend lange dauerte unsere Reise durchs Haus und die Sorge um den Neck stieg Minute für Minute an.
Als wir dann endlich mit ach und Krach und jede menge Gekeuche den Keller erreichten, stieg ich mit dem schwächelnden Fisch ins Wasser und drückte seinen Oberkörper fester an mich.
Natürlich hätte ich ihn auch einfach im kühlen Nass treiben lassen können, schließlich konnte er ja nicht ertrinken, aber dafür war meine Besorgnis um ihn viel zu groß.
Hoffentlich senkte sich das Fieber so wieder ein bisschen und kühlte seinen erhitzen Körper ab. Zu mindestens entspannte Keith sich und sein Atem normalisierte sich wieder.
„ Das ist schon besser, nicht wahr?“ flüsterte ich ihm zu.
Immer wieder strich ich ihm mit meiner nassen Hand durchs Gesicht, hauptsächlich jedoch über die Stirn, damit er auch dort etwas von dem kühlen Nass abbekam.
Irgendwie war ich froh, dass er so am glühen war, auch wenn sich das richtig fies anhörte. Aber hätte der Meermann nicht so hohes Fieber, wäre der halbnackten Maria gar nicht aufgefallen dass was mit ihm nicht stimmte und dann hätte sie seinen hilflosen Zustand bestimmt ausgenutzt.
Allein der Gedanke daran, versetzte mir einen tiefen Stich mitten ins Herz. Das lag mitunter daran, dass er vor wenigen Stunden noch so offen zu mir war und ich für einen kurzen Moment glaubte alles wäre wieder genauso wie damals, bevor wir aus Atlantis geflüchtet waren. Der Schock den mir sein Zustand verpasste, gab meinem Gefühlschaos dann noch den Rest.
Ich bekam nicht mal wirklich mit, dass ich meine Umarmung verstärkte und ihn noch fester an mich presste.
Erst als er mir über den Arm strich, wurde mir bewusst dass ich zum Klammeraffen mutiert war.
Als ich ihn dann ansah, hatte er seine Augen wieder geöffnet, allerdings schloss er sie gleich wieder und lehnte seinen Kopf gegen meine Schulter.
Kurz darauf vernahm ich hastige Schritte, die die Treppe herunter stürmten.
„ Risa? Bist du hier?“ rief mein Vater nach mir.
„ Ja! Wir sind hier!“
„ Wie geht es ihm?“ fragte mich mein Dad, während er voll Bekleidet ins Wasser stieg.
„ Nicht gut, andernfalls würde ich wohl kaum mit ihm hier im kalten Wasser hocken.“
Hiro legte ihm eine Hand auf die Stirn, die inzwischen zwar etwas abgekühlt war, aber das Fieber war noch immer gegenwärtig.
„ Ohne Zweifel, Keith ist Luftkrank.“ erkannte mein Alter richtig. „ Warte hier, ich werde den Doktor rufen gehen.“
„ Dann beeile dich.“
Ich sah ihm noch hinterher, als er unseren Keller wieder verließ. Der besagte Arzt war auch ein Neck in Menschengestalt, der extra wegen den Meereswesen, die an Land lebten, aufs Festland gezogen war.
So was wie die Luftkrankheit war ja unter den Menschen nicht verbreitet und so kannte auch kein menschlicher Arzt den ganzen Ausmaß der Krankheit.
Es gab auch Wissenschaftler, die Medikamente für unsereins herstellte, da niemand genau sagen konnte, wie die Arznei der Luftatmer bei uns wirkten.
Wie man also sehen konnte, versteckten sich unsere Leute überall an Land und unterstützen uns wo sie nur konnten.

Etwa eine halbe Stunde später betrat mein Vater den Raum endlich wieder und hatte den Doktor mit dabei.
Nach einer kurzen Untersuchung war es dann amtlich, Keith litt an der Luftkrankheit.
„ Als ich Keith das letzte mal gesehen habe, war er fast noch eine Kaulquappe.“ meinte Kian, der Arzt. „ Zum Glück hast du ihn gleich ins Wasser gebracht, Risa.“
„ Vorhin in der Disco war alles noch so weit in Ordnung, warum geht es ihm jetzt plötzlich so furchtbar schlecht?“ wollte ich dann wissen.
„ Die Krankheit muss ihn da auch schon befallen haben. Aber erst durch den Schlag ist sie richtig ausgebrochen.“ antwortete der Dok.
>Also geht es ihm jetzt wegen mir so dreckig?< machte sich das schlechte Gewissen in mir breit.
Bevor uns Kian wieder verließ, überreichte er Hiroki noch Fiebersenkende und Schmerzlindernde Medizin. Außerdem gab er ihm noch eine Feuchtigkeitscreme, die extra für das Austrocknen durch diese Krankheit entwickelt wurde. Wir Meeresbewohner brauchten an Land sowieso besondere Pflege, aber diese Creme spendete überdurchschnittlich viel Feuchtigkeit und schloss diese auch noch lange ein. Das war für einen gesunden Meeresbewohner zu viel des Guten.
Trotz dieser Lotion musste Keith noch mit Salzwasser feucht gehalten werden, zu mindestens solange es ihm noch so schlecht ging.
Erst als mein Vater den Neck wieder in sein Zimmer gebracht hatte, fing mich Maria auf dem Flur ab.
„ Was hat Keith denn nun?“
„ Er ist Luftkrank.“ erzählte ich ihr. „ Aber nun haben wir Medikamente, durch die es ihm bald wieder besser gehen wird.“
„ Oh Gott sei dank.“ atmete sie erleichtert aus.
„ Du brauchst dir keine Gedanken zu machen, es wird alles wieder gut.“ mit diesen Worten ließ ich sie stehen und betrat das Zimmer des kranken Neck's.
Hiro hatte bereits eine Schüssel mit kaltem Wasser geholt und zwei Waschlappen. Den einen legte er dem jüngeren Prinzen auf die Stirn mit dem anderen Lappen rieb ich dann seinen Körper ab.
Also seinen Oberkörper, das sollte reichen.
Nur wie ich ihn dazu bringen wollte, seine Medikamente zu nehmen, das war mir noch nicht ganz klar.
Schließlich schlief er die ganze Zeit.
Zum Glück war das Mittel flüssig und so entschied ich mich dazu, es ihm einfach einzuflößen.
„ Ist ja widerlich...“ murmelte ich, als ich das Zeug in den Mund nahm.
Dann verabreichte ich ihm das zartbittere Mittel, indem ich ihn küsste. Dass ihm mein Kuss ganz und gar nicht schmeckte, merkte ich an sein Gesicht, das er angewidert verzog.
Aber da musste er nun durch.
Lange Zeit blieb ich bei ihm am Bett sitzen und verteilte übertrieben viel Wasser auf seine Brust.
Mein schlechtes Gewissen nagte immer noch an mir und ich fragte mich, warum ich es in der Disco nur so weit hab kommen lassen?
Ich hätte Simon doch ohne Probleme außer Gefecht setzen können, dann wäre das alles erst gar nicht passiert und der Neck würde nun nicht so leiden.
Aber jetzt war das Kind nun mal in den Brunnen gefallen und ich musste das beste daraus machen.
Was für mich heißen sollte: Ich musste Keith wieder gesund pflegen!
Das war das mindeste was ich in dieser Situation für ihn tun konnte. Auch wenn ich nicht in der Lage war seinen Schmerz zu lindern.
Erst als die Medizin wirkte und er ruhig vor sich hin schlummert, wagte ich es, den Piranha allein zu lassen, um wenigstens noch ein paar Stunden Schlaf zu erhaschen.
Ich konnte ja zu dem Zeitpunkt noch nicht wissen, das ich weitaus mehr für ihn tun könnte, als ihm bloß mit der nötigen Feuchtigkeit zu versorgen und ihm sein abartiges Mittelchen zu verabreichen.
Denn neben der Luftkrankheit, und der leichten Gehirnerschütterung war der arme Neck auch noch in der Balz, die bei irgendeinem unserer zahlreichen küsse oder Streicheleinheiten ausgelöst wurde.
Er hatte also voll ins Schwarze getroffen oder auch den Jackpot gewonnen... und wie sagte man noch so schön: Ein Unglück kommt selten allein!
Nur wusste ich nichts von seiner einnehmenden Sehnsucht und konnte diese daher nicht besänftigen.
Mal abgesehen davon, dass der Herr gar nicht in der Lage war, auch nur an die Erfüllung zu denken.
Nachdem ich dann erfolglos versucht hatte mich hinzulegen, stand ich nun in der Küche und starrte aus dem Fenster.
Es war wieder ein wunderschöner Sommertag und die Sonne zeigte sich von ihrer besten Seite. Am Strand tummelten sich Wasserfernatiker, die die restlichen Ferientage noch genießen wollten.
Auch bei uns im Haus hatte sich die anfängliche Unruhe wegen einem gewissen kranken Neck gelegt und alle ließen sich von der guten Stimmung anstecken. Alle...außer ich...
Eigentlich hatte ich mich ja nur mit Keith gestritten, wenn man mal von den Momenten absah in denen wir beinahe übereinander hergefallen wären, aber trotzdem stimmte mich der Gedanke nun traurig, dass er bald schon nach Atlantis zurück kehren würde.
Denn das hielten alle Beteiligten für besser, wenn es ihm dann wieder soweit gut ging, dass er bis nach Hause schwimmen konnte.
So schnell würde ich ihn dann wohl nicht wiedersehen. Dabei sollte ich froh darüber sein, wenn er endlich weg war, schließlich brachte er meine Gefühle gehörig durcheinander.
Trotzdem konnte und wollte ich mich nicht mit unserer derzeitigen Situation abfinden. Ich wollte das alles wieder so wurde wie damals.
Und wenn wir schon kein Liebespaar werden konnten, dann sollte zu mindestens diese tiefe Freundschaft wieder bestehen.
Nach all den Niederschlägen die ich hinnehmen musste, seit ich wieder auf diesen Fischmutanten getroffen war, wünschte ich mir das noch immer mehr als alles andere auf der Welt.
Er war Gefühlskalt, egoistisch, eingebildet und ein richtiges Arschloch...aber...da war auch diese andere Seite, die sich hinter seiner eisig kalten Mauer verbarg.
Und genau diesen Keith wollte ich unter allen Umständen erreichen.
>M-MOMENT!!! Wieso überhaupt Liebespaar??< schrie ich in Gedanken erschrocken auf. >Soll das etwa heißen...ich habe mich in ihn verliebt? In diesen...kalten Froscharsch? Das kann doch gar nicht...oder doch?<
Hatte ich ihn vielleicht sogar damals schon geliebt? Und das ohne es zu wissen? War mir der Kuss deshalb nicht unangenehm gewesen? Wollte ich ihn deshalb unbedingt wieder sehen? Weil ich ihn liebte?
Und wenn es nicht so war, warum in Gottes Namen raste mein Herz dann so schnell, als würde es mir aus der Brust hüpfen wollen?
>Wie blöd kann man denn bitteschön sein, sich ausgerechnet in diesen eingefrorenen Fischmutanten zu verlieben?< fragte ich mich innerlich und strich mir seufzend durchs Haar. >Eine wirklich Hirnverbrannte Idee...<
„ Guten Morgen. Oder sollte ich eher sagen, guten Mittag?“ plötzlich drückte Alain sich von hinten an mich und verpasste mir damit beinahe einen Herzinfarkt.
„ Boar! Spinnst du? Warum erschreckst du mich denn so?“ zischte ich ihn verstimmt an. „ Willst du jetzt welche dafür haben, oder erst später?“
„ Kommt drauf an was du mit welche meinst.“
„ Bestimmt keine Massage!“
„ Och Schade...“ grinste er mich an. „ Hast du überhaupt geschlafen?“
„ Nein. Ich war damit beschäftigt deinen kranken Bruder zu pflegen.“
„ Ja ich hörte schon davon.“ er lehnte seinen Kopf leicht zur Seite, ehe er weiter sprach. „ Das kommt davon, wenn man sich so sehr gegen diese Welt wehrt.“
„ Bald hat er es ja überstanden.“
„ Hey! Höre ich da etwa einen hauch von Enttäuschung aus deiner Stimme heraus?“ griente er mich wieder frech an. „ Du kannst ja mit ihm nach Atlantis gehen. Da würde er sich bestimmt auch drüber freuen.“
„ Na klar, um mich dann klammheimlich in den Kerker werfen zu können.“ verzog ich mein Gesicht.
„ Ich glaube eher, dass er dich in sein Zimmer sperren würde.“ schmunzelte der Neck hinter mir.
„ Wozu? Er hat doch wohl Putzfrauen, die sein Zimmer in Schuss halten, oder?“
„ Schon, aber er hat kein Leibeigenes Betthäschen.“
„ Die wird er garantiert nicht in mir finden...“
„ Na, als Neck kommt er ja auch schlecht in dich rein...“
„ Also! Nun recht es aber mit deinen Zweideutigen Bemerkungen!“ giftete ich ihn an.
„ Ist doch nur Spaß.“ lachte der Herr.
„ Ja, wirklich sehr witzig. Ich liege schon fast aufm Boden vor lachen.“
„ Nun zieh doch nicht so ein Gesicht, Risa.“ bestimmend drehte er mich zu sich um und hob mein Kinn an. „ Keith wird es bald schon wieder besser gehen. Also mach dir nicht so viele Gedanken deswegen.“
„ Woher willst du denn wissen dass ich mir wegen dem den Kopf zerbreche?“
„ Weil ich dich kenne. Und außerdem hast du doch selbst gesagt, dass du nicht schlafen konntest, weil du ihn gepflegt hast...das sagt doch schon alles, oder?“
„ Es war ja sonst niemand mehr wach. Also hat das gar nichts zu bedeuten.“
„ Leugnen bringt nichts, Risa. Selbst ein Blinder würde erkennen, dass es zwischen euch gefunkt hat.“
„ So ein Schwachsinn.“
Dann entdeckte Feena uns, die hinter der Tür stehen blieb. Von ihrem Platz ausgesehen, sah es so aus als würden Alain und ich uns gerade küssen. Was ja nicht an dem war, aber die Nixe glaubte diesem Trugbild.
>Oh nein! Sie küssen sich. Was mach ich denn jetzt, wenn sie sich ineinander Verlieben? Und sie dann auch noch zusammen kommen. Keith ist ja auch nicht mehr in der Lage die beiden auseinander zu halten. Was nun?< suchte sie Fieberhaft nach einer Lösung. >Wenn Keith nicht zu ihr kommen kann, vielleicht kann ich sie ja dazu bringen zu ihm zu gehen?<
Da ihr gerade nichts besseres einfiel, betrat sie die Küche und räusperte sich leise.
„ Mhm?“ drehte sich der Prinz zu ihr um. „ Guten Morgen, Feena. Gut geschlafen?“
„ Ähm ja... guten Morgen...“ gab sie leicht gerötet von sich. „ Es scheint als würde es Keith wieder schlechter gehen... könntest du mal nach ihm sehen, Risa?“ das war natürlich gelogen, oder eher, sie wusste gar nicht wie es ihm wirklich ging.
Ein Blick auf die Küchenuhr verriet mir dann, dass er auch langsam die zweite Dosis seiner Medikamente bekommen musste.
„ Na klar. Ich schau mal nach ihm.“ ich griff mir noch eine Wasserflasche und verließ die Küche dann.
>Das klappt ja wirklich!< freute sich Feena.

Es wunderte mich ein bisschen, dass ich Maria nicht in seinem Zimmer antraf. Also entweder schlief sie noch, oder sie machte sich nicht halb so viele Sorgen wie ich.
Schließlich war ich ja auch diejenige gewesen, die Stundenlang an seinem Bett saß.
Und genau auf diesen Platz setze ich mich wieder und lehnte als allererstes meine Hand auf seine Stirn.
„ Du brennst ja immer noch..“ aber so schnell verschwand das Fieber dann wohl doch nicht.
Dafür zitterte er inzwischen wie Espenlaub und das obwohl er unter der Decke lag. Wäre er eine Frau, würde ich nun von den Wechseljahren sprechen...
„ Sag bloß dir ist kalt?“ manchmal war ich ja ein richtiger Blitzmerker... „ Dir bleibt auch gar nichts erspart, was?“ ich griff nach dem kleinem Fläschchen, wo seine Medizin drin war und tröpfelte etwas davon auf einen Teelöffel. „ Und nun kommt auch noch dieses widerwärtige Zeug. Du kannst einem echt leid tun.“
Wieder flößte ich ihm dieses Mittelchen durch einen Kuss ein, nur dieses Mal blieb diese Zärtlichkeit nicht einseitig.
Als ich meinen Kopf wieder erstaunt anhob, blickte er mich an und schon im nächsten Moment lehnte er seine Hand in meinen Nacken und zog mich zu sich runter.
Es schien fast so als wollte er, das ich meine eigene Medizin schmeckte. Anders konnte ich mir seinen leidenschaftlichen Kuss nicht erklären. Jedenfalls nicht in seinem ausweglosen Zustand.
Zum krönenden Abschluss zog er mich noch aufs Bett und legte die Decke über uns beide.
Auch wenn er nichts sagte, glaubte ich sein Anliegen zu verstehen: Er wollte bloß von mir gewärmt werden.
„ Na schön. Aber nur solange du noch so zitterst...“ ich wollte schließlich nicht schon wieder in seinem Bett, noch dazu in seinen Armen, von irgendwem entdeckt werden.
Also kuschelte ich mich an ihn und lehnte den Kopf an seine Schulter, erst da schloss er die Augen wieder.
„ Man bist du heiß...“ murmelte ich vor mich hin. „ Wie kann dir denn bei der Hitze kalt sein?“
Langsam schlang er seinen Arm um meine Hüfte, so als befürchtete er, dass ich durch diese Vulkan artige Hitze wieder aus seinem Bett flüchten könnte. Seine andere Hand griff nach meiner, die auf seiner Brust ruhte.
Schweigend betrachtete ich ihn, während mich die eigentlich angenehme Wärme schläfrig werden ließ. Und schließlich fand ich in seinen Armen die nötige Ruhe um endlich einschlafen zu können. Was ich ja eigentlich gar nicht wollte, denn nach meinem Glück würde mich Hizuki, mit einer Liste der Hochzeitsgäste im Schlepptau, dann wecken.
Aber just in diesem Moment, fühlte ich mich so tierisch wohl, dass ich erstens, gar nicht mehr aufstehen wollte und zweitens, mir mögliche Folgen vollkommen gleichgültig waren.
Schon kurze Zeit später wurde die Tür leise geöffnet und Alain schielte ins Zimmer.
„ Risa?“ fragte er im Flüsterton nach mir.
Als er mich dann aber nicht entdecken konnte, klar, ich lag ja bei Keith im Bett, betrat er den Raum und schloss die Tür hinter sich.
„ Na wo ist sie denn? Sie wollte doch nach dir schauen...“ murmelte der Neck vor sich hin. „ Dich wird meine Gegenwart nicht mal halb so glücklich machen, wie ihre. Oder irre ich mich da, Bruderherz?“
Doch plötzlich blieb er erstaunt stehen und konnte sich dann ein breites Grinsen nicht verkneifen.
„ Ach nein, wie süß!“ lächelte er. „ Aber da ist ja nichts weiter.“
Letztendlich war ich glücklich darüber, dass er mich entdeckt hatte und kein anderer. Denn Alain sorgte dafür, dass niemand anderes den Raum betrat, so dass ich in Ruhe ein paar Stunden schlafen konnte und nebenbei nicht aufflog.
Bei den weiblichen Bewohnern dieses Hauses war es ganz einfach sie von dem Raum fern zuhalten, da er jedes Mal die Ausrede verwendete, dass er Keith nun mit Wasser übergießen wollte und dieser dabei nackt sein würde. Also für die Frauen war der Zutritt somit verwehrt.
Bei meinem Dad und Hizuki meinte er:
„ Er brauch noch immer ruhe, also werde ich mich schnell um ihn kümmern. Ihr könnt dann später nach ihm sehen.“ und bevor einer der Älteren reagieren konnte, schloss er die Tür von innen.
„ Scheint fast so, als hätte Alain was zu verbergen.“ schmunzelte mein Vater.
„ Meinst du er versteckt Risa vor uns?“
„ Schon möglich.“ lachte Hiro.
Obwohl sie wussten warum der Prinz so akribisch darauf achtete, dass niemand in das Zimmer kam, beließen sie es dabei und kehrten dem Krankenzimmer den Rücken.
Erst am späten Nachmittag wachte ich wieder auf, weil Alain mir zärtlich durchs Gesicht strich und dabei immer wieder meinen Namen flüsterte.
„ Wach auf, Risa.“
„ Mhm?“ verschlafen streckte ich mich und blinzelte den Neck dann fragend an. „ Was ist denn?“
„ Ich störe dich ja wirklich nur ungern beim schlafen, gerade weil du so unglaublich niedlich bist, aber ich kann die anderen nicht länger davon abhalten hier herein zu kommen.“
„ Warum sollten sie denn nicht in mein Zimmer kommen?“ fragte ich ihn, noch immer schlaftrunken.
„ Weil dass hier gar nicht dein Zimmer ist?“ lachte er leise. „ Und ich glaube auch nicht, dass du unbedingt hier gesehen werden willst. Und dann auch noch in seinen Armen.“ deutete er auf den schlafenden Mann neben mir hin.
„ Welche Arme?“ als ich Keith dann sah, wäre ich beinahe vor Schreck rückwärts aus dem Bett gefallen. Zum Glück war der Ältere gleich zur Stelle, um mich aufzufangen.
„ Vorsicht! Du tust dir noch weh.“ lächelte er mich an. „ Keine Sorge, es weiß keiner dass du hier bist.“
„ Wie spät ist es denn?“ versuchte ich so vom Thema abzulenken.
„ Halb sechs. Oder so um den Dreh.“
„ Was denn? So spät schon?“ gab ich erstaunt von mir.
„ Ja. Hast du denn jetzt gut schlafen können?“ blickte er mich unschuldig an.
„ Viel zu gut, wie es mir scheint.“
Ich stand auf uns richtete mir schnell die Kleider und ordnete so gut es eben ging meine Haare.
Obwohl dies schon wieder eine ziemlich eindeutige Situation war, lächelte mich Alain bloß an, sagte aber nichts weiter dazu, in wessen Armen ich da gelegen hatte.
Kurz nachdem ich aufgestanden war, betraten dann Hiroki und Hizu den Raum.
Geistesgegenwärtig meinte der ältere Prinz zu mir: „ Ich habe mich während deiner Abwesenheit um Keith gekümmert. Aber wenn du willst, kannst du das jetzt wieder übernehmen.“
„ Äh..Lass mal. Ich schätze du machst das auch ganz gut.“
„ Hallo Risa. Wo hast du dich denn die ganze Zeit über versteckt?“ lächelte Dad mich an.
„ Ich habe in meinem Zimmer geschlafen...“ murmelte ich und versuchte gleichzeitig mir meine Verlegenheit nicht anmerken zu lassen.
Was sich jedoch als schwer erwies, da meine Wangen noch immer eine verräterische rötliche Farbe hatten.
„ So lange hast du geschlafen? Dann wirst du dir die nächste Nacht wohl auch um die Ohren schlagen.“ gab auch der König seinen Senf dazu ab.
„ Ja, das wäre schon möglich...“
Danach entschuldigte ich mich und verließ das Zimmer. Ich brauchte jetzt unbedingt eine wachrüttelnde Dusche.
Ich raste in mein Zimmer, schnappte mir ein paar neue Klamotten und verschwand dann im Bad.
Seufzend genoss ich das warme Wasser, das auf mich niederprasselte und schloss die Augen.
Es verwunderte mich, wie gut ich diese paar Stunden geschlafen hatte. Eigentlich wurde ich durch jedes noch so kleine Geräusch wach.
Aber bei Keith fühlte ich mich sicher und geborgen und hätte Alain mich nicht geweckt, würde ich Morgen vermutlich noch immer in den starken Armen des Piranhas liegen.
>Also muss ich mich wirklich damit abfinden, das ich ihn liebe?< hoffte ich auf eine Antwort meines Herzens. >Nein, dass ist keine Liebe. Ich jage einem Trugbild aus längst vergessener Tage nach. Schließlich habe ich ganze zehn Jahre auf ein Wiedersehen mit ihm gehofft und mir dieses erste treffen mehr als einmal vorgestellt. Ich wollte für ihn sogar von Zuhause abhauen, alles nur um bei ihm sein zu können. Aber der Keith von damals, ist nicht der von heute. Und da ist es auch egal wie oft ich bete, bettle oder flehe... es wird nie wieder so sein wie früher. Dieser Zug ist abgefahren und das ohne mich. Sieh es endlich ein du blödes Herz! Er ist es nicht! … er ist es nicht...<
Diese bedrückenden Gefühle überfluteten mich ein weiteres Mal und ich war wieder nicht in der Lage, mich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen.
Natürlich wusste ich dass er uns auf die schwarze Liste gesetzt hatte und ich war mir ebenso im klaren, dass die Wachen uns auf seinem Befehl hin suchten.
Trotz allem hatte ich bis zum Schluss auf ein Happy End gehofft. Dass er all seine Wut und den irrwitzigen Plan meine Schwester heiraten zu wollen, vergaß, wenn er mich wieder sah.
Und wie sah nun die grausame Realität aus? Ja sicher, mein Wunsch hatte sich erfüllt, ich sah ihn endlich wieder. Aber zu welchem Preis? Um zu erfahren, dass ich ihm nichts bedeutete? Dass ich ihm sogar auf die Nerven ging? Ich konnte doch nur glauben was ich sah und dass er mich auf irgendeine Art vermisst hatte, dass sah ich weiß Gott nicht. Egal was er mir letzte Nacht auch erzählt hatte, das was er tat, stimmte nicht mit dem überein.
>Verdammt, ich bin wegen dem von Zuhause abgehauen und dann auch noch dem Drake Labor in die Hände gefallen. Er war mein erster und letzter Gedanke, als ich mein Gedächtnis verlor und dass alles, für nichts und wieder nichts? Warum nur habe ich nie bemerkt, dass er nicht so fühlte wie ich? Dann hätte ich niemals einen Gedanken daran verschwendet heimlich nach Atlantis zu reisen...dann wäre das alles nicht passiert...wie konnte ich mich nur so täuschen?<
Gedankenverloren begann ich damit meine Haare zu waschen und schäumte dann meinen Körper ein.
Genauso weggetreten schaltete ich das Wasser aus und trocknete mich ab. Ich ersparte mir das Haare föhnen und rieb sie mir bloß mit einen Handtuch trocken.
Als ich das Bad dann wieder verließ, kamen mir gerade Kian und Dad entgegen, die dem Kranken einen Besuch abgestattet hatten.
„ Hallo.“ lächelte mich der Dok freundlich an.
„ Hallo...und wie geht es Keith?“
„ Er erholt sich wirklich unglaublich schnell. Ich schätze in wenigen Tagen kann er nach Hause gehen.“
„ Natürlich erholt der sich schnell, er hat ja schließlich eine fürsorgliche Krankenschwester.“ grinste mich Hiro frech an.
„ Redest du von Alain?“ schielte ich meinen Vater seitlich an.
„ Nein, von dir natürlich.“
„ Ach? Also bist du die gute Medizin?“
„ Wohl kaum.“
„ Na, egal was es nun ist, er sollte viel mehr davon bekommen. Das grenzt ja schon fast an Wunderheilung.“ gab Kian grinsend von sich.
Ich fragte besser nicht, woran er gerade dachte. Sein breites Grinsen verriet ja schon alles.
Man könnte jetzt echt denken, dass alle Necks mit einer perversen Ader geboren werden.
Und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich das nun auch glauben.
„ Apropos Medizin, vergiss nicht ihm die gleich noch zu geben.“ doch dann musste auch mein Alter anfangen zu grinsen. „ Ich meine natürlich die richtige Medizin.“
„ Ihr wart doch gerade eben bei ihm, warum habt ihr dass denn nicht gleich gemacht?“
„ Weil ich dachte, dass du das gern übernehmen würdest.“
„ Ach? Na wenn dass so ist, werde ich das gleich mal machen...“ murmelte ich vor mich hin. „ Also bis später.“
„ Ich schaue Morgen noch mal nach ihm. Obwohl...“ überlegte der Neck in Menschengestalt. „ Wenn er weiter diese hervorragende Medizin bekommt, wird ein weiterer Besuch überflüssig werden.“
„ Ist gut jetzt!“ rief ich beiden zu und stampfte in das Zimmer des schwächelnden Fisches. „ Alles Idioten...“ nuschelte ich und schlich mich zum Bett hin, um Keith bloß nicht zu wecken.
Was aber unnötig war, da der Herr bereits wach war.
„ Hey, du bist ja mal wach.“ ich setzte mich auf den Stuhl und lehnte wieder meine Hand auf seine Stirn. „ Fieber hast du noch. Geht es dir denn sonst wieder besser?“
Jedoch bekam ich auf meine dezente Frage keine Antwort.
„ Also nicht, hm?“ ich griff nach dem Fläschchen und dem Teelöffel und fuhr dann fort. „ Dieses Mal kannst du das Zeug allein trinken, ja?“
Zu mindestens bekam er mit, was ich ihm sagte. Denn er sah mich kurz an und drehte dann seinen Kopf zur Seite.
„ Och komm schon, Keith! Der Scheiß schmeckt so widerlich!“ dann starrte er mich mit einem Blick an, der wohl so was ähnliches bedeuten sollte wie: Ach wirklich? „ Aber du musst das Zeug nehmen, ich nicht.“
Da er sich aber weiter strikt dagegen wehrte, das Mittel zu nehmen, gab ich mich geschlagen und verabreichte es ihm auf dem gleichen Weg wie die Male zuvor auch. Und wieder verzogen wir beide gleichzeitig das Gesicht.
„ Böh, da wird einem ja richtig schlecht von.“ schüttelte ich mich. „ Versuch jetzt ein bisschen zu schlafen, Keith. Damit du das Zeug nicht mehr so lange nehmen musst.“
Als er mich nach etlicher Zeit noch immer wartend anschaute und meinen Arm permanent massakrierte, so dass ich ihn nicht länger ignorieren konnte, sah ich ihn seufzend an.
„ Soll ich dir vielleicht noch einmal den Rücken zerkratzen? Oder kann ich dir sonst noch was gutes tun?“ gab ich übertrieben freundlich von mir.
Anstatt zu antworten griff er nach meiner Hand und lehnte sich diese auf seine Brust, die vollkommen trocken war.
„ Ach so, du brauchst Wasser. Dann sag das doch.“ gab ich grinsend von mir. „ Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden.“
Und so erfüllte ich ihm auch diesen Wunsch und blieb noch lange an seinem Bett sitzen, so lange, dass ich bei seinem schlafenden Anblick selber müde wurde und meine Arme auf das Bett legte, um meinen Kopf dann darauf zu lehnen. Letztendlich schlief ich so ein.
Dadurch bekam ich jedoch nicht mit, wie der Neck immer unruhiger wurde und schließlich im Schlaf vor sich hin brabbelte.
Er träumte von dem Tag, als sich sein komplettes Leben veränderte und er die Person verlor, die ihm am wichtigsten war. Es war der Moment, als er erfuhr dass wir aus Atlantis geflohen waren.
Am Tag bevor wir spurlos verschwanden, nahmen Keith die Vorbereitungen auf die Prunkvolle Verlobungsfeier völlig in Beschlag. Egal wie oft ich zu ihm kam um mit ihm zu reden, er war immer beschäftigt und schickte mich immer wieder weg.
Dabei wollte ich doch bloß verstehen. Ich wollte ihn verstehen! Warum er plötzlich meine Schwester heiraten wollte, wo sie ihn doch gar nicht liebte. Ich wollte von ihm wissen, warum ihm ihre Gefühle so furchtbar egal waren und außerdem wollte ich von ihm hören, dass sich zwischen uns dadurch nichts verändern würde.
Dass er weiterhin mein bester Freund war, auch wenn er heiratete und vielleicht sogar eine Familie gründete.
Aber er hatte besseres zu tun, als sich meine Sorgen und Ängste anzuhören. Und dann sollte es zu spät dafür sein...
Denn als er mich am nächsten Morgen aufsuchte um mir alles zu erklären, waren wir bereits in einer Nacht und Nebel Aktion verschwunden.
Verzweifelt suchte er das gesamte Schloss und dann die Stadt nach uns ab, auch die nähere Umgebung, außerhalb der Mauern, wurden von ihm ausgekundschaftet.
Doch seine Suche blieb erfolglos, wir blieben verschwunden.
Seine Welt brach wie ein Kartenhaus zusammen als er dann erfuhr, dass wir geflohen waren. Als er realisierte, dass er mich nicht wiedersehen würde. Nie mehr...
Ich wurde irgendwann durch sein Gezappel wach und setzte mich schließlich wieder hin.
„ Was ist denn...?“ fragte ich noch im Halbschlaf.
Auch Keith murmelte noch immer irgendwas unverständliches vor sich hin, während sein Atem immer schneller ging und er sich unruhig hin und her bewegte.
Gähnend streckte ich mich und wollte mich gerade wieder hinlegen, als der Neck plötzlich erschrocken hoch fuhr und Kerzengerade im Bett saß.
Er sah mindestens genauso schockiert und erstaunt aus wie ich in diesem Moment. Allerdings hatte das bei ihm andere Gründe.
Als er mich dann anblickte, spiegelte sich noch immer die Angst in seinen Augen wieder.
„ Was ist? Hattest du einen Alptraum? Oder tut dir etwas weh?“ gab ich besorgt von mir.
„ Risa...“ flüsterte er meinen Namen.
„ Äh...ja?“
„ Risa!“ das war alles was er raus bekam, dann griff er nach meiner Hand und zog mich zu sich hin.
Völlig perplex kniete ich auf dem Bett und ließ es zu, dass er mich so feste an sich presste. Es dauerte auch ein bisschen, bis er sich wieder ein bisschen beruhigt hatte und zu mindestens nicht mehr so Stoßhaft atmete.
„ Geh nicht...“ murmelte er. „ Du darfst nicht gehen...“
„ Wo soll ich denn auch hin?“ ich wurde aus ihm nicht schlau, was wohl auch daran lag, dass ich gerade erst wach wurde und selber noch etwas neben mir stand.
Ob er wohl Halluzinationen hatte? Fantasierte er irgendetwas vor sich hin? Jedenfalls müssen dass ganz schön fiese Illusionen sein, so verzweifelt wie er mich umklammert hielt.
„ Ich werde nicht gehen, hörst du? Ich bleibe bei dir...“ ich strich ihm durchs Gesicht und brachte ihn so dazu, mich anzusehen. „ Nun leg dich wieder hin und schlafe weiter.“
Scheinbar kamen diese Worte bei ihm an, da er sich tatsächlich wieder hin legte. Allerdings drückte er mich gleich mit runter, drehte sich auf die Seite und hielt mich weiter zärtlich in seinen Armen gefangen.
„ Du bist ja ganz schön anhänglich...“ nuschelte ich mir in meinen nicht vorhandenen Bart. „ Aber nun gut... dann bleib ich halt noch hier.“
Vielleicht sollte ich diese anhängliche Art genießen, solange es ihm noch so schlecht ging. Sobald er seinen Verstand wieder ausgegraben hatte, würden nur wieder die Fetzen fliegen, so wie die ganze Zeit schon.
Nachdenklich streichelte ich seine Hüfte und dann seinen Rücken, damit er schneller wieder einschlief.
Auch wenn mir dieser Neck besonders gut gefiel, eben weil es ihm so offensichtlich nach meiner Nähe verlangte, sollte man mit der Luftkrankheit nicht spaßen. Und so hoffte ich wirklich, dass es ihm bald wieder besser ging. Selbst wenn er dann nicht mehr so klammerte...

Am nächsten Morgen war ich längst aus seinem Zimmer verschwunden als die ersten nach Keith sehen wollten.
Ich stand in der Küche und bereitete das Frühstück zu, als mein Vater zu mir trat.
„ Guten Morgen, mein Schatz.“ begrüßte er mich lächelnd und gab mir dann einen Kuss auf die Wange.
„ Morgen, Dad.“
„ Du bist ja schon richtig fleißig.“
„ Ich habe ja auch Hunger.“ kicherte meine Wenigkeit.
„ Und was machst du da gerade feines?“
„ Früchtemus.“ antworte ich ihm knapp, da der Mixer jedes weitere Wort übertönt hätte. „ Für Keith. Damit der wenigstens ein paar Vitamine zu sich nimmt.“
„ Vielleicht sollte ich mich bei Keith anstecken.“ scherzte mein Alter. „ Damit ich auch so rührend umsorgt werde.“
„ Ich glaube nicht dass Mama das tun würde.“ grinste ich ihn frech an.
„ Ja...das glaube ich auch nicht...“ seufzte Hiro theatralisch. „ Keith kann sich wirklich glücklich schätzen, so einen lieben Engel an der Seite zu haben.“ tätschelte mein Dad mir den Kopf.
„ Von wem sprichst du bitte?“
„ Jetzt sei doch nicht so bescheiden!“
„ Komischerweise bist du der einzige, der in mir einen Engel sieht.“ schmunzelte ich. „ Mal schauen ob ich den Prinzen dazu bringen kann diesen Smoothie zu trinken.“
„ Das schaffst du ganz bestimmt.“
„ Na mal schauen.“
Ich nahm das Glas und schlenderte zu dem Zimmer hin, das Keith zur Zeit sein eigen nennen durfte.
Maria war ich übrigens noch immer nicht begegnet aber dafür saß Feena gerade an seinem Bett.
„ Huch. Guten Morgen Feena. Das ist ja eine nette Überraschung.“
„ Äh...ja guten Morgen.“ gab sie gerötet, so als fühlte sie sich ertappt, von sich. „ Ich wollte auch mal nach Prinz Keith sehen...“
„ Schön.“ lächelte ich sie an. „ Willst du ihm vielleicht auch noch den Smoothie eintrichtern?“
„ Nein! Ich... ich bin schon weg.“ rief sie und eilte aus dem Zimmer.
„ Du hättest jetzt aber nicht gehen brauchen....mhm...“ ich sah ihr verdutzt hinterher. „ Nun dann bleibt es halt wieder an mir hängen.“ seufzend ging ich zum Bett und setzte mich auf den Stuhl.
Zu mindestens hatte sie den Waschlappen auf seiner Stirn neu befeuchtet.
Als der angeschlagene Neck seine Augen öffnete und mich ansah, verfinsterte sich sein Blick schlagartig.
„ Hey! Du kannst ja wieder böse gucken! Dann geht es dir ja wieder besser, was?“ lächelte ich ihn leicht an.
Feena saß nicht ohne Grund am Krankenbett, sie hatte ihm ihr Herz ausgeschüttet und auch erwähnt, dass sie sah wie Alain und ich uns küssten. Sie glaubte ja das gesehen zu haben.
Eigentlich würde die schüchterne Nixe niemals die nötige Offenheit finden, um sich irgendwem anzuvertrauen, aber dadurch dass der Prinz eh nichts von dem mitbekam was man ihm sagte, jedenfalls ging sie davon aus, war es bei ihm was anderes.
„ Ich habe dir etwas zu trinken mit gebracht, damit du wieder zu Kräften kommst.“ erzählte ich ihm, während ich mich aufs Bett fallen ließ. „ Dieser Früchtepunsch wird dir bestimmt gut tun. Jedenfalls besser als gar nichts im Bauch zu haben.“ als ich ihn dann seitlich ansah, blickt er mich noch immer verstimmt an. „ Was ist? Fehlt dir etwas? Brauchst du Wasser?“ Jedoch fühlte sich seine Haut noch ganz weich an, also weit entfernt von ausgetrocknet. „ Nein, dass ist ok. Willst du den Smoothie vielleicht mal probieren? Der ist echt lecker.“
Warum redete der denn noch immer nicht, wo er doch wieder so böse drein schauen konnte. Diese Frage stellte ich mir ein paar mal. Kam aber auf keinen Nenner. Ich nahm einfach an, dass er zwar körperlich wach war, sein Geist aber noch leise vor sich hin schlummerte.
Jedenfalls wäre das gut möglich, da einem hohes Fieber ja bekanntlich die Sinne rauben konnte.
Irgendwann öffnete Alain dann die Tür und schielte ins Zimmer.
„ Morgen, Liebling. Kommst du gleich Frühstücken?“
„ Guten Morgen. Ich bin gleich da.“
„ Ok.“ gab der Thronfolger von sich und schloss die Tür wieder.
„ So letzte Chance, möchtest du den Smoothie wenigstens mal probieren? Nicht? Na gut dann geh ich jetzt.“ wie zu erwarten hielt er meine Hand fest, als ich aufgestanden war. Schweigend sah ich dann zu ihm runter. „ Na schön, dann setze dich hin.“ seufzte ich und setzte mich zurück aufs Bett.
Der Herr quälte sich dann doch und nahm ein Schluck von dem Früchtemus.
„ Das schmeckt doch ganz gut, oder? Jedenfalls besser als das widerliche Zeug was du nehmen musst.“ lächelte ich ihn leicht an.
Ganz brav trank er dann fast den gesamten Inhalt des Glases aus, während ich die Chance nutze und sein Kissen aufschüttelte.
Irgendwie war das ja echt süß, dass er so hilflos wie ein Baby war, man könnte auch sagen, dass er mir hilflos ausgeliefert war...aber nicht nur mir. Aber scheinbar hielt sich Maria von dem Kranken fern.
Vielleicht dachte sie ja dass die Luftkrankheit ansteckend war...
>Dann soll sie das ruhig weiter glauben...< dachte ich mir.
„ Hast du deine Medizin heut Morgen eigentlich schon bekommen?“ fragte ich mich eher selber und schaute mir den Inhalt der Flasche an. „ Sieht nicht so aus. Aber nun hast du ja was, womit du das Zeug gleich runter spülen kannst.“ auch ohne ihm ins Gesicht sehen zu können wusste ich, dass er genau dieses angewidert verzog. „ Da musst du jetzt durch.“
Schließlich ergab er sich seinem Schicksal und schluckte das bittere Mittel runter.
„ Es schmeckt zwar furchtbar, aber es hilft.“ diesen Satz hatte ich schon oft von meinen Eltern gehört und endlich konnte ich diese Erkenntnis weiter geben... „ Brauchst du sonst noch was?“ sprach ich wiedermal mit mir selbst. „ Medizin hast du... dein Körper ist auch nicht am austrocknen...“ ich tastete noch einmal seinen Rücken, die Arme und seinen Bauch ab um mich zu vergewissern, dass ich Recht hatte. „ Joa, alles gut. Es geht Bergauf würde ich sagen.“
Lächelnd sah ich ihn dann wieder an und entdeckte die Kratzer auf seinem Rücken, die ich in unserer ersten Nacht hinterlassen hatte.
„ Uh, die sehen wirklich schmerzhaft aus...“ murmelte ich vor mich hin.
Und dass, wo sie ja schon dabei waren wieder zu verheilen.
„ ...“ der Herr sah zu mir zurück und drückte mir dann sein Glas in die Hand.
„ Wow. Du hast es ja komplett ausgetrunken.“ wie bei einem Kind tätschelte ich ihm kichernd den Kopf. „ Braver Junge!“
Seit dieser Nacht in der Disco waren die Stunden irgendwo so unwirklich. So als würde ich mich in einen wunderschönen Traum befinden, wo einfach alle Wünsche wahr werden konnten.
Ich versuchte noch nicht mal mich zu wehren, oder ihn abzuhalten, als er mir das Glas aus der Hand nahm, es auf das Nachtschränkchen stellte und sich dann langsam über mich beugte.
Das einzige was ich tat, war zu schauen ob mein Kopf gegen das Bettgestell schlug, wenn ich mich nun zurück legte.
Als dass nicht der Fall war, ließ ich es ohne Gegenwehr geschehen, dass er mich erneut so verlangend auf den Mund küsste. Leidenschaftlich erwiderte ich sein Spiel mit der Zunge und schlang meine Arme um seinen Nacken.
Schwer zu sagen wie weit wir gegangen wären, wenn Keith über die notwendige körperliche Kraft verfügt hätte.
Aber dadurch das er sie nicht besaß, drehte sich bald schon alles und er musste sich seufzend ins Kissen fallen lassen.
Dabei würde ein erfüllendes kommen seinen Zustand ungemein verbessern, eben weil zu mindestens die Balz dann ausgestanden wäre.
Jedoch hatte das Schicksal andere Pläne mit dem armen Anglerfisch. Obwohl das Leiden durch die Luftkrankheit das Verlangen der Balz dämpfte, war die Sehnsucht nach mir unwahrscheinlich stark.
Allein der Gedanke daran, dass sich Alain nun seelenruhig an mich ran machen konnte, ohne dass Keith dazwischen gehen konnte, machte ihn wahnsinnig.
Dann kam noch Feena dazu, die ihm von irgendwelchen Küssen erzählte und die Vermutung äußerte, dass der Thronfolger nun mit mir zusammen war. Und er konnte nichts machen, weil er regelrecht ans Bett gekettet war.
Das belastete seinen ohnehin geschändeten Verstand noch mehr und ließ ihn kaum zur Ruhe kommen. Die Träume die er hatte bewiesen seine gedanklich und gefühlsmäßigen Unruhen, die seinen Geist ärgerten.
Der Wille war da um seine Sehnsüchte zu stillen, die nicht nur die Balz in ihm ausgelöst hatte, aber das Fleisch war schwach und verweigerte jegliche Zusammenarbeit.
Deshalb war es umso wichtiger wieder Gesund zu werden und seinen Bruder in die Schranken zu weisen, auch wenn er dafür dieses elendige Medikament nehmen musste.
Selbst jetzt, in seinem verwirrten Zustand, wollte und konnte er es nicht einfach hinnehmen dass Alain mit mir sein Glück fand. Oder lag es letztendlich daran, dass sein inneres Eis schmolz und seine wahren Gefühle sein Gefühlsleben überfluteten? Was ja erst durch seine Krankheiten geschah.
Schließlich konnte er seine Gefühle, die er für mich hegte, bisher immer recht erfolgreich verbergen. Aber jetzt drang immer mehr nach außen...

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Tag der Veröffentlichung: 12.02.2012

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