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Ich habe einen Traum (2015)

Ich habe einen Traum (im Jahre 2015)

 

Fast jeder von uns kennt den Titel der Rede Martin Luther Kings „Ich habe einen Traum“ aus dem Jahre 1963. Viele wissen, wer Martin Luther King war und für was er kämpfte. Nur wenige wissen, dass die grundlegenden Aussagen dieser Rede, nämlich eine Welt ohne Rassismus, keineswegs erreicht wurden. Nahezu niemand will etwas dagegen tun.

 

Wir schreiben bereits das Jahr 2015 und die Revolutionsgedanken der 68-er Generation sind verblasst. Wir finden uns in einer Gesellschaft, in der laut Verfassung die Menschenrechte anerkannt werden. Wie finden uns in einer Welt, in der diese Menschenrechte zwar anerkannt sind, aber nicht gewährleistet werden. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ heißt es im ersten Artikel der Menschenrechte. Ich kann nicht sagen, ob diese „Würde“ überhaupt irgendwo auf der Welt gewährleistet ist. Wer weiß, ob es der Menschenwürde entspricht, dass immer noch Kinder auf der Welt verhungern oder die Menschheit systematisch ausspioniert wird. Ist diese Würde dadurch gewährleistet? In einer Welt, in der niemand weiß, wie lange sie sich noch drehen wird, wenn die Kernkraft und die Produktion von Kernwaffen immer weiter ausgebaut werden oder die Natur für ein Zehntel der Menschheit zerstört wird, kann die Würde der nächsten Generationen gewährleistet sein.

 

Ich habe einen Traum, dass meine vier Kinder eines Tages in einer Nation leben, in der sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach dem Wert ihres Charakters beurteilt werden.“ – Martin Luther sprach sich bereits in den 60-er Jahren für eine soziale Gleichberechtigung unter Anerkennung des Wertes eines jeden Menschen aus. Dieser Aspekt wurde bis heute nicht erfüllt. In der heutigen Gesellschaft werden die Menschen nach ihrer Religionszugehörigkeit bewertet. Kann man davon sprechen, dass in einer Welt, in der sich ethnischer Nationalismus und religiöser Fundamentalismus gegenseitig ausspielen, die Heterogenität des Menschen als Normalität anerkannt wurde?

Wir halten diese Wahrheit für selbstverständlich, dass alle Menschen gleich geschaffen sind.“ – Dieser Satz ist auch in der Rede Luther Kings zu finden. Die Frage ist, ob dieser Satz heute an Gültigkeit gewonnen hat. Wenn die Menschen nach ihrem kulturellen Hintergrund und ihrer ethnischen Herkunft gewertet werden, dann kann dieser Wunsch von Martin Luther King auch im 21. Jahrhundert nicht bestätigt bzw. erfüllt werden.

 

Martin Luther King hatte diesen Traum von der Welt ohne Rassismus und Vorurteile. Heute sprechen viele von ihm, aber nur wenige wollen seine Visionen Wirklichkeit werden lassen. Sie haben Angst um ihren Besitz, um ihre Privilegien, jedoch zeigen sie sich als „offen“ und „gerecht“. Die Gleichgültigkeit und Zwiespältigkeit unserer Gesellschaft machen die Forderungen von so vielen Revolutionären zu Nichte.

 

Ich habe auch einen Traum. Ich träume davon, dass es eine Welt geben wird, in der soziale Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, Solidarität und das schöne Leben für jeden Menschen als Grundrecht und Normalität angesehen und die Individualität des Menschen als Grundsatz gesehen werden. Es ist zwar nur ein Traum, aber es ist ein Traum, für den es sich zu kämpfen lohnt!

Raphael Honeder
(04.03.2015)

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 27.04.2015

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