Das Phantom
Es schlüpft einfach in einen Kopf,
versteckt sich dort, ist erst mal ganz leise.
Nur selten kommt es zum Vorschein, denn ihm ist klar:
sein Wirt, der ist sehr weise.
Es irrt dort oben gewaltig herum,
lässt den Wirt mal denken und lässt ihn mal fühlen.
So ganz langsam schafft es dann eines:
ihn immer mehr und mehr aufzuwühlen.
Es setzt sich sodann endgültig fest,
stiehlt anderen Gedanken den Platz und den Raum.
Der Wirt nimmt es wahr, nur begreifen tut er's nicht:
es ist ein Gespinst, aber auf keinen Fall ein Traum.
Es setzt sich dem Wirt mittens ins Ohr,
so hört dieser nur noch alles halb so laut.
Es kriecht hinunter den Sehnerv bis zu den Augen:
so dass ihm bei jedem Blick einfach nur graut.
Es vereinnahmt ihn jeden Tag immer mehr und stärker,
besetzt den Geruchsinn, die Sprache, die Haltung.
Der Wirt ist nicht mehr das, was man nennt sein Herr:
steuert zu auf eine komplette persönliche Spaltung.
Um ihn herum nimmt man das vielleicht wahr,
spendet dem Wirt ganz viel und kräftigen Applaus.
Oder aber man lässt ihn einfach links liegen:
weil man darin spürt nur noch den Graus.
Was glaubt ihr, wovon ich da rede?
Was ist wohl fähig zu so einem schrecklichen Akt?
Oder denkt Ihr, ich spinne, ich übertreibe,
lasse mich gar ein auf einen teuflischen Pakt?
Doch wenn der Wirt mal wieder käme zu sich selbst,
dann würde er fragen, welch' Phantom ihn da beehrt.
Ob sein Name ist Neid, Vorurteil, Ausgrenzung oder gar Hass:
ob er's hat lieb gewonnen oder ihm doch die Bleibe verwehrt.
Tag der Veröffentlichung: 02.02.2012
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