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Lieber Leser,

auf den folgenden Seiten findest du 24 kleine und größere Geschichten, Gedichte und Gedanken, die dir hoffentlich das Warten auf Weihnachten verkürzen.

 

 Ich wünsche dir Tag für Tag ein paar ruhige Minuten beim Lesen und eine schöne Advents- und Vorweihnachtszeit.

 

Besinnliche Grüße

Jenna Killby

1 - Adventskalender

Jetzt ist es wieder soweit: Dezember. Vorweihnachtszeit. Advent. Und natürlich nicht zu vergessen: Adventskalender. Doch wo kommt dieser ursprünglich her? Welche Vielfalt gibt es? Wozu dient er?

Die letzte Frage ist wohl für alle am Einfachsten zu beantworten. Natürlich um die Wartezeit zu verkürzen. Tag für Tag wird ein Türchen am Adventskalender geöffnet und eine kleine Überraschung kommt zum Vorschein. Und mit jedem geöffneten Türchen sind wir wieder einen Tag näher an Weihnachten dran.

Die Frage nach dem Woher ist schon etwas schwieriger. Die Entstehung des Adventskalenders geht ins 19. Jahrhundert zurück und gehört seitdem zum christlichen Brauchtum. Bereits von Anfang an diente er als Zählhilfe für die verbliebene Zeit bis zum Heiligen Abend.

In protestantischen Häusern wurden nach und nach 24 Bilder an die Wand gehängt oder - wer die Mittel oder den Platz nicht hatte - 24 Striche an den Türrahmen gemalt, die von den Kindern Tag für Tag einer nach dem anderen entfernt wurden.

Für die Katholiken hingegen war es Brauch jeden Tag einen Strohhalm in eine kleine Krippe zu legen.

Während der Zeit des Nationalsozialismus war es üblich eine Kerze anzuzünden, die jeden Tag bis zur nächsten Markierung runtergebrannt wurde.

Die uns heute bekannten Adventskalender, mit Bildchen, Schokolade oder gar Spielzeug, wurden erst in den 1950er Jahren nach und nach immer populärer.

Ob eine Pappschachtel mit kleinen Schokotäfelchen oder doch ein größerer Karton mit Spielzeug; ob einer mit Bildern, die die Weihnachtsgeschichte erzählen oder doch der selbstgebastelte Weihnachtszug mit Waggons; ob klassisch oder modern; zum Lesen oder zum Hören - sie alle wollen uns das Warten auf Weihnachten verkürzen.

In manchen Dörfern gibt es "lebendige Adventskalender". Das bedeutet zwar einiges an Organisation, aber das ist es wert! Wenn man sich dann Tag für Tag vor einem anderen Haus trifft, gemeinsam singt, lacht oder auch nur einer kleinen Geschichte lauscht, hatte am Ende doch jeder nur EINEN Tag vorzubereiten. Die Gemeinschaft mit anderen Dorfbewohnern, jung und alt zusammen - so wird gemeinsam auf das Christfest gewartet. Die 24 ist dann meistens an der Kirchen- oder Gemeindehaustür und auch dort wird wieder GEMEINSAM gesungen und gelauscht.

2 - Ein Weihnachtsengel auf Schlittenfahrt

Schneeflocken rieselten in der Nacht leise auf den Boden und verliehen der Welt ein geheimnisvolles Flair. Nach und nach wurden Wege und Pflanzen von einer weißen Decke eingehüllt. Der Wetterdienst hatte für die nächsten Tage noch weitere Schneefälle angekündigt, sodass dies noch nicht alles sein würde.

In einem kleinen Ort stand der 4-jährige Nick am frühen Samstagmorgen in Schlafanzug und mit Kuscheltier im Arm in der Schlafzimmertür. Dort zögerte er einen kurzen Moment bevor er laut jauchzend mitten auf das große Bett sprang. Aufgeregt und voller Energie rief er lauthals: "Papa! Juli! Aufstehen! Es hat geschneit!" Dabei rüttelte er an den Schultern seines Vaters Martin und riss gleichzeitig Juliane, Martins Freundin, die Decke weg.

Leise brummend versuchte Juliane ihre Decke zurück zu erobern, hatte aber ohne die Augen zu öffnen keine Chance. Gähnend drehte sie sich auf die Seite und blinzelte Nick verschlafen an. Verstohlen warf sie einen Blick auf den Radiowecker: 6:25 Uhr. "Es ist doch noch viel zu früh zum Aufstehen. Komm, Nick, leg dich noch was zu uns."

"Ich will aber Schlitten fahren", maulte Nick, kuschelte sich aber gleichzeitig zu Martin, der mittlerweile auch wach war, unter die Bettdecke.

Martin warf Juliane einen fragenden Blick zu, sie nickte kurz zur Bestätigung und drehte sich dann auf die andere Seite um noch ein bisschen zu schlafen. "Weißt du, Nick", erklärte Martin. "Im Moment ist es noch viel zu dunkel und gefährlich zum Schlitten fahren. Wir schlafen jetzt alle noch ein bisschen. Nach dem Frühstück packen wir dann deinen Schlitten ins Auto und suchen einen richtig tollen Berg."

Resignierend seufzte Nick leise und murmelte schließlich: "Na gut ..." Wenige Minuten später war er mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen eingeschlafen und auch Martin und Juliane fanden noch etwas Schlaf.

Gegen acht Uhr war dann jedoch die Nacht endgültig vorbei. Nick hielt nichts mehr im Bett und so blieb auch den Erwachsenen keine Möglichkeit mehr, noch ein wenig zu schlafen. Widerwillig, aber dennnoch mit einem Lächeln im Gesicht, schwangen sie die Füße aus dem Bett.

Leise tapste Juliane in dicken Socken über die - dank Fußbodenheizung warmen - Fliesen im Flur und bereitete in der Küche das Frühstück für die kleine Patchworkfamilie vor. In der Zwischenzeit deckten Martin und Nick zusammen den großen, runden Esszimmertisch in der Nische, die direkt ans Wohnzimmer anschloss.

Gemütlich saßen sie anschließend um den Tisch, frühstückten, tranken Kaffee oder Kakao und freuten sich gemeinsam auf den bevorstehenden Schlittenausflug.

Juliane liebte den Winter, zumindest solange sie nicht selbst hinterm Steuer eines Autos sitzen musste. Ihr Blick wanderte durch den weihnachtlich dekorierten Raum um schließlich am Fenster zu verharren. Mit verträumtem Blick betrachtete sie die winterliche Landschaft vor dem Haus. Das kleine Häuschen, das Martin und sie sich im Frühjahr gekauft hatten, lag in Sackgassenlage direkt am Waldrand. Im Sommer konnten sie Nick draußen spielen lassen, ohne dass sie alle fünf Minuten gucken mussten, ob er nicht gerade auf die Straße lief. Doch im Moment war von dem sonst so vertrauten Grün draußen nichts mehr zu sehen. In Gedanken sah sie sich selbst, wie sie mit ihrer jüngeren Schwester Jessica als Kinder über die verschneiten Wiesen getollt war. Ihre Schwester und sie, sie waren einander so nah und doch manchmal so fern.

Ein leiser Seufzer drang aus Julianes Mund und sie strich sich gedankenverloren eine lockige Strähne aus dem Gesicht. Erst Nicks Kichern holte sie in die Wirklichkeit zurück. "Na, du hast ja heute gute Laune", sagte sie grinsend und zwinkerte Nick zu.

"Klar hab ich das! Wir gehen gleich Schlitten fahren." Dann stockte er kurz und blickte Juliane mit großen Augen an. "Du kommst doch mit, oder etwa nicht?"

"Natürlich. Denkst du ich lass mir eine Schlittenfahrt mit dir entgehen?"

"Nein", lachte Nick und kletterte von seinem Stuhl rüber auf Julianes Schoß. "Ich hab dich lieb", murmelte er leise und kuschelte sich an sie.

"Ich hab dich auch lieb", erwiderte Juliane mit einem seligen Lächeln. Verstohlen wuschelte sie Nick durch seinen blonden Lockenschopf. 'Manchmal sieht er wirklich aus wie ein kleiner Engel ...'

Nachdem sie ihr Frühstück beendet hatten, wurde blitzschnell der Tisch abgeräumt damit sie schon bald losfahren konnten. Nick rannte die ganze Zeit über aufgeregt durch den Flur. Immer wieder klangen Sätze wie "Wo sind die Handschuhe?" oder "Ich find den blöden Schal nicht!" durch die Wohnung. Irgendwann hatten die drei es dann aber endlich geschafft und es konnte losgehen.

Warm eingepackt - Nick in einem molligwarmen blauen Schneeanzug, Martin und Juliane in Skihose und Skijacke - stapften sie den kurzen Weg von der Haustür zur Garage durch knöcheltiefen Schnee. Während Martin die beiden Schlitten im Kofferraum verstaute, schnallte Juliane Nick an und machte es sich auf dem Beifahrersitz bequem.

"Wohin sollen wir denn fahren?", fragte sie Martin als dieser das Auto rückwärts aus der Garage fuhr.

"Ich dachte, wir fahren ins Grüblertal. Da soll's einen super Hang geben zum Schlittenfahren und zur Not sogar ein kleiner Skilift falls wir keine Lust mehr haben, den Schlitten immer wieder den Berg hochzuziehen. Ist ein Tipp von einem Arbeitskollegen." Konzentriert lenkte Martin den Astra von der Seitenstraße auf die Hauptstraße. Der Schnee knirschte unter den Rädern und als sie um die Ecke bogen, rutschte der Wagen hinten leicht weg.

Nick jauchzte glücklich auf dem Rücksitz und summte leise die Melodie von "Schneeflöckchen, Weißröckchen". Zwischendurch hauchte er die Scheibe an und malte mit dem Finger Strichmännchen auf die beschlagene Stelle. "Wann sind wir da, Papa?"

"Dauert nicht mehr lange, Nick", antwortete Martin grinsend. Er hatte die Frage schon viel eher erwartet und war erstaunt, dass sein Sohn so lange durchgehalten hatte.

"Du kannst dir ja schon mal überlegen, mit wem du zuerst die Piste runtersausen willst", schlug Juliane vor und drehte sich auf dem Sitz so, dass sie Nick ansehen konnte ohne sich den Hals zu verrenken.

"Das ist doch wohl klar. Mit dem, der schneller fährt." Aus Nicks Stimme klang der Brustton der Überzeugung doch sein Blick wanderte zwischen seinem Vater und dessen Freundin hin und her. Es schien fast so, als würde er abwägen, wer von den beiden wohl schneller fahren würde.

Juliane lachte leise und drehte sich wieder nach vorne. Aus dem Autoradio erklang leise Weihnachtsmusik und untermalte die winterliche Atmosphäre, die draußen an ihrem Auto vorbeizog noch zusätzlich.

Eine halbe Stunde später bog Martin auf den bereits gut gefüllten Parkplatz am Ski- und Rodelhang Grüblertal ein. Der Wagen stand kaum in seiner Parklücke als Nick auch schon versuchte aus dem Auto zu kommen, was ihm durch die Kindersicherung jedoch verwährt blieb. Lachend stiegen Martin und Juliane aus und Martin öffnete die hintere Tür damit auch Nick aussteigen konnte.

Kurz darauf bahnten die drei sich mit den beiden Schlitten im Schlepptau ihren Weg zwischen den parkenden Autos in Richtung Piste. Lautes, freudiges Jauchzen, Jubelrufe und Kreischer schallten ihnen entgegen. Den knirschenden Schnee unter den Füßen und vom Himmel fallende Schneeflocken im Gesicht stiefelten Martin und Juliane den Berg hinauf. Nick lief ein paar Meter vor ihnen und ließ sich zwischendurch immer wieder laut lachend in den Schnee fallen.

"Ich bin ein kleiner Schneeengel", rief er laut jauchzend als er auf dem Rücken liegend die Arme neben sich durch den Schnee bewegte.

Martin lachte kurz auf und murmelte leise brummend: "Wohl eher ein Schneebengel ... So früh, wie du uns heute morgen geweckt hast."

"Wo bleibt ihr denn?", rief Juliane ihren beiden Männern zu, die sie mittlerweile überholt hatte. "Wenn ihr euch nicht beeilt, fahr ich gleich ohne euch ins Tal."

Lachend sprang Nick auf und rannte hinter Juliane her. Mit Schwung sprang er auf den Schlitten, den diese hinter sich herzog. "Jetzt musst du mich ziehen", meinte er mit breitem Grinsen und funkelnden Augen.

Aus Spaß stöhnend und schnaufend legte Juliane die nächsten Meter zurück. "Nick, was hast du gefrühstückt? Du bist viel zu schwer", kicherte sie und blieb stehen um dem Jungen die Mütze wieder zurecht zu rücken.

Oben angekommen blickte Nick, den Finger an die Nasenspitze gelegt, zwischen Martin und Juliane hin und her, die ihn wiederum abwartend anguckten. Nach einem Moment des Überlegens stellte er sich vor seinen Vater und meinte mit leiser Stimme: "Bist du sauer, wenn ich zuerst mit Juli fahr? Ich glaub, sie hat Angst alleine zu fahren."

Nur mühsam unterdrückte Martin ein lautes Lachen. "Nein, Nick, ich bin nicht sauer. Fahr ruhig mit Juli und pass gut auf sie auf." Dabei streichelte er seinem Sohn liebevoll mit dem Handrücken über die Wange.

"Na dann komm mal her, mein Beschützer", ging Juliane auf das Spiel ein und klopfte vor sich auf den Holzsitz. Sie hatten sich bewusst für zwei alte Holzschlitten entschieden, da diese ihrer Meinung nach einfach mehr Stil hatten.

Nick kletterte belustigt grinsend zu Juliane auf den Schlitten und lehnte sich vertrauensvoll nach hinten in ihre Arme. Die Beine auf der kleinen Stange zwischen den beiden Holmen gestützt, drehte er seinen Kopf leicht zur Seite und grinste über die Schulter.

"Bereit?", fragte Juliane und erntete ein begeistertes Nicken. "Gut. Dann halt dich fest. Wär doch gelacht, wenn wir nicht vor Papa unten ankämen, oder?"

"Jaaaaaa", rief Nick freudig und umklammerte mit seinen Armen Julianes Beine.

Diese schob mit ihren Füßen den Schlitten an und stellte sie nach ein paar Schüben auf die Oberseite der Kufen.

Durch die gut präparierte Piste rutschte der Schlitten ohne große Probleme los. Lachend und vor Freude kreischend fuhren sie in rasanter Fahrt ins Tal. Julianes Haare, die, zu einem Pferdeschwanz gebunden, unter ihrer Mütze hervorlugten, wehten wie eine kleine Fahne in ihrem Nacken.

Martin beobachtete den Beginn der Talfahrt zuerst noch einen Moment. Glücklich dachte er daran, wie froh er war, dass sich Nick und Juliane so gut verstanden. Natürlich würde Juliane niemals Nicks Mutter ersetzen können, die bei dessen Geburt gestorben war, aber sie gab sich wirklich alle Mühe, Nick ihre Liebe zu zeigen. Dem Jungen - und auch ihm selbst. Schließlich versetzte auch er seinem Schlitten einen anständigen Schub und fuhr den beiden hinterher.

Im Tal angekommen, warteten Juliane und Nick ungeduldig, dass Martin endlich nach kam. Nick wedelte wild mit seinem rechten Arm und sprang wie ein Flummi auf und ab, als er seinen Vater erkannte. Nur mühsam schaffte es Juliane, Nick davon abzuhalten seinem Vater auf der Piste entgegen zu rennen.

Sie stiefelten noch einige Male den Berg hinauf und rodelten ins Tal, bevor sie am Nachmittag wieder nach Hause fuhren. Dort angekommen machten sie es sich im Wohnzimmer bei Kerzenschein mit einer heißen Tasse Kakao und Plätzchen gemütlich. Im Hintergrund

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Jenna Killby
Bildmaterialien: Jenna Killby
Tag der Veröffentlichung: 30.09.2015
ISBN: 978-3-7396-1607-0

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