An einem herrlich warmen Sommertag flogen Maja und Willi Hand in Hand über eine bunte Blumenwiese. Sie genossen das traumhafte Wetter und summten fröhlich vor sich hin.
"Du, Maja, sag mal, weißt du, ob das Wetter noch lange so bleiben soll?", summte Willi und schlug einen kleinen Salto.
"Huch, Willi, nicht so wild! Mir wird sonst noch schlecht von den ganzen Überschlägen", beschwerte Maja sich lachend. "Das Wetter? Nein, keine Ahnung. Aber lass uns doch mal bei Frau Kassandra vorbeifliegen und sie fragen. Die weiß doch immer alles."
"Okay, aber du fragst sie. Mich hält sie doch eh immer nur für faul."
Die beiden kleinen Bienenkinder fliegen wieder nach Hause, ans andere Ende der Blumenwiese. Aufgeregt summend bahnen sie sich ihren Weg entgegen den Strom der anderen Bienen.
"Maja, Maja! Warte! Ich kann nicht so schnell!" Willi schnaufte beinahe schon, so schnell flog Maja vor ihm her.
"Jetzt komm schon, Willi!" Mit einem kräftigen Ruck zog Maja Willi durch die Wabe hinter sich her ins Innere des Bienenstocks.
"Wo seid ihr gewesen?" - "Habt ihr Pollen mitgebracht?" - "Ihr treibt euch auch immer draußen irgendwo rum." Die beiden ignorierten die auf sie einprasselnden Worte der anderen Bienen und flogen direkt auf das Klassenzimmer zu.
"Frau Kassandra? Sind Sie hier?", rief Maja in den leeren Raum hinein.
"Ja, hier hinten." Frau Kassandra streckte den Kopf hinter einem Wabenregal hervor. "Was wollt ihr denn? Müsst ihr nicht Pollen suchen? Bald ist der Sommer vorbei und wir brauchen noch jede Menge Vorräte."
"Wir waren gerade schon draußen. Wie lange bleibt der Sommer denn noch? Wird es bald kalt?" Aufgeregt flog Maja, Willi weiter hinter sich herziehend, auf ihre Lehrerin zu.
"Es dauert nicht mehr lange. Die Tage werden bereits kürzer und bald ..." Frau Kassandra wurde immer leiser. "Bald ist Herbst und dann kommt der Winter. Da gibt es dann keine Blumen mehr, die blühen. Es wird kalt und noch kälter. Bis irgendwann der Frühling alles wieder zum Blühen bringt."
Willi beugte sich vor und flüsterte Maja ins Ohr: "Das hört sich ja schrecklich an!"
"Wie schrecklich", wiederholte Maja. "Dann müssen wir aber dringend noch vorher ein bisschen draußen fliegen. Komm, Willi, wir fliegen wieder raus. Danke, Frau Kassandra."
"Rein, raus, rein, raus", brummte Willi unwillig, flog aber dennoch brav neben Maja her. "Wo willlst du denn jetzt hin?"
"Lass dich überraschen! Aber ich bin mir sicher, es gefällt dir."Und so flogen die beiden wieder aus dem Bienenstock raus, hinaus über die bunte Blumenwiese. Zielstrebig lockte Maja Willi immer weiter, bis sie schließlich in der Nähe eines kleinen Häuschens ankamen.
"Bist du sicher, dass du dich nicht verflogen hast, Maja?" Willi deutete aufgeregt auf das Haus. "Beim letzten Mal hätte uns unser Besuch hier beinahe das Leben gekostet."
Maja nickte. "Ja, ich bin mir sicher. Außerdem müssen wir uns ja nicht wieder erwischen lassen. Lass einfach deine Finger von dem Butterkuchen, dann kommt auch kein Pantoffel angeflogen."
"Aber der ist doch immer so lecker. Und das Auto vom letzten Mal steht auch wieder hier. Da gibt's bestimmt Butterkuchen." Allein bei dem Gedanken floss Willi bereits das Wasser im Mund zusammen.
"Willi, benimm dich! Sonst flieg ich beim nächsten Mal wieder alleine", drohte Maja.
"Okay", brummte Willi unwillig. "Dann lass uns mal gucken."
Leise summend flogen sie weiter und ließen sich auf einer Blume auf der Fensterbank nieder. Das Fenster stand offen und sie hörten das Stimmengewirr der Menschen im Inneren des Hauses. Auf dem Küchentisch stand er: der leckere Butterkuchen.
"Oh, Maja, ich kann einfach nicht wiederstehen", summte Willi und flog langsam in die Küche.
"Willi! Nein!" Panisch folgte Maja ihn und versuchte vergeblich, ihn zum Fenster zurück zu ziehen. "Das darfst du nicht."
Doch Willi saß bereits auf dem Rand des Backblechs und sog gierig den Duft des Kuchens ein.
"Anne!!! Komm sofort in die Küche!", donnerte plötzlich die Stimme eines Mannes durch den Raum.
Kurz darauf bog eine Frau, leicht auf ihren Rollator gestützt in die Küche. "Was brüllst du denn so? Ich kann zwar nicht mehr so gut laufen, aber hören tu ich beileibe noch gut genug!"
"Ach, egal. Guck dir diese kleinen Mistviecher an. Schon wieder zwei Bienen an unserem Butterkuchen." Er bückte sich und griff nach seinem Pantoffel.
"Opaaaaaa!! Nicht!! Sowas darfst du nicht machen." Ein kleiner Junge rannte aufgeregt in die Küche und stellte sich schützend zwischen den Küchentisch und seinen Opa.
"Geh aus dem Weg, Junge. Die Biester verstehen das anders nicht. Da hilft nur ein kräftiger Schlag."
"Aber, Opa, dann sind Maja und Willi doch tot. Das kannst du nicht machen."
"Maja und Willi?" Verdutzt blickte Anne ihren Enkel an. "Hast du die beiden etwa mitgebracht?"
"Ach, quatsch, Oma. Aber das weiß doch jedes Kind. Wenn zwei Bienen zusammen irgendwo Blödsinn machen, dann sind das Maja und Willi. Und du müsstest das eigentlich auch wissen, hast uns doch oft genug von den beiden erzählt."
"Maja und Willi? Maja und Willi? Ach, natürlich." Anne lachte auf. "Okay, du hast Recht. Den beiden dürfen wir nichts tun. Aber was machen wir jetzt? Wir können sie doch nicht auf dem Backblech sitzen lassen."
"Tu ihnen ein Stückchen von dem Butterkuchen auf einen kleinen Teller. Den stellen wir auf die Fensterbank und dann haben Maja und Willi etwas und wir können in Ruhe den Rest essen."
"Okay", seufzte Anne und tat, wie ihr Enkel vorgeschlagen hatte.
Es war seltsam, als Anne ein kleines Stück Butterkuchen für die beiden auf die Fensterbank stellte, schien es, als hätten sie jedes Wort verstanden. Dankbar drehten Maja und Willi eine kleine Runde um den Kopf des Jungen, der sie lachend dabei beobachtete, und ließen sich dann auf dem kleinen Teller nieder.
"Na sowas aber auch", wunderte sich Anne. "Nun, egal. Kommt, wir essen jetzt auch etwas."
Und während die Menschen am Küchentisch den Butterkuchen aßen, naschten Maja und Willi auf der Fensterbank.
"Du, Maja, sag mal, woher wusste der Junge unsere Namen?"
"Ist doch egal. Auf jeden Fall hat er uns das Leben gerettet ..."
Texte: Jenna Killby
Bildmaterialien: Cover: Schnief - Vielen Dank!!!
Tag der Veröffentlichung: 20.02.2015
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für Anneliese K.