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Reise nach Pommern.


In meinem Heimatdorf Großtuchen wurden wir herzlich und freundlich empfangen. In diesem Dorf gibt es eine Stätte der Begegnung für Menschen aus ganz Europa. Aus der Schule, in die ich acht Jahre lang gegangen bin, wurde eine Art Jugendherberge. Der Klassenraum für die fünfte bis zur achten Klasse ist jetzt Frühstücksraum. Für die heutigen Bildungsansprüche wurde eine moderne Schule gebaut. Auch ein Gymnasium ist da untergebracht, siehe Bild auf der nächsten Seite.
In dieser Begegnungsstätte konnten wir übernachten, und wo ich als Kind „Das Lied von der Glocke“ aufsagen musste, durfte ich jetzt mein Frühstück einnehmen. Eine Schulklasse mit sechs- bis zehnjährigen polnischen Kindern war da auch untergebracht. Sie begrüßten uns mit „Guten Tag“. In Polen erhalten die Kinder schon von der ersten Klasse an Deutschunterricht.
Dann waren wir noch in Marienburg, dem Heimatort meiner Frau, sind ihren Schulweg an der Nogat entlang gegangen mit Blick auf die Marienburg, feuchte Augen inbegriffen.




Die neue Schule auch mit Gymnasium
in Tuchomie (Großtuchen),
meinem Heimatdorf.


Auf der Fahrt hin und auch zurück hatten wir keinen Stau. Keine Grenzkontrolle. Gleich hinter der Grenze konnten wir tanken mit EC – Karte. Es gab hier ein Restaurant und eine Wechselstube. Der Kurs war ein Euro = 4,10 Sloty.
Unser Dorf ist sehr sauber und gepflegt. Wir hatten ja so ein herrliches Sommerwetter. Durch mein Dorf zu gehen war wie im Traum. Unsere Wiese war abgeerntet und schon wieder einige Zentimeter nachgewachsen. Auf unserm Ackerland war der Roggen reif. Die Bewohner meines Elternhauses waren nicht anwesend. Uns wurde gesagt, dass sie sich zeitweise in Berlin aufhalten.
Die Eisenbahnbrücke über die Kamenz, ein Fluss, der in die Stolpe fließt, war von der deutschen Wehrmacht auf dem Rückzug gesprengt worden. Und nun wurden die jetzt polnischen Großtuchener von den Sowjets gezwungen, die Brücke aus Holz zu bauen, damit sie ihre Kriegsbeute abtransportieren konnten. Und sie hat gehalten. Dann montierten sie aber die Schienen ab, keine nette Geste des großen Bruders. Das Holz dieser Brücke wurde dann anderweitig verwendet.
Als wir uns für die drei Übernachtungen in der Stätte der Begegnung angemeldet hatten, lud Sabine Dombrowski uns in ihr Haus zum Abendessen ein. Dann am nächsten Tag zum Mittagessen und noch mal zum Abendbrot, wo es warmes Essen mit Rehrouladen und Salzkartoffeln gab. Für den Heimweg gab sie uns selbst geschleuderten Honig mit. Es war ein herzliches Zusammensein. Sabine spricht fließend deutsch. Als wir am Sonntag nach dem Frühstück zu unserm Auto gingen, um unsere Rückfahrt anzutreten, kam Sabine mit ihrem Enkel, dessen Frau und Kind, um sich von uns noch mal zu verabschieden. Ihr Hof liegt fünf Kilometer außerhalb des Dorfes. Sie waren mit ihrem Auto auf dem Weg zur Kirche. Als Abschiedsgeschenk überreichte sie uns einen Karton voll selbst gesammelter Pfifferlinge und für die Kinder unseres Sohnes Süßigkeiten. Dann ging schweren Herzens die Heimreise los an unserer Kirche vorbei. Von beiden Seiten strömten die Kirchgänger die Anhöhe zum Gotteshaus hinauf – ein Bild, das wir bei uns nicht mehr kennen.


Ursprünglich hatte ich nie die Absicht, in mein Heimatdorf zurückzukehren. Wenn dieses Stück Erde anderen gehört, gönne ich es ihnen. Außerdem wollte ich meine Heimat so in Erinnerung behalten, wie ich sie verlassen habe. Aber unser Sohn Andreas wollte gern sehen, wo sein Vater herkommt. Und so kam es zu dieser Reise. Aber nun freue ich mich doch, an meinem Lebensende in meinem Dorf gewesen zu sein. Die traumhaften Eindrücke begleiten meine Gedanken immer noch nachhaltig. Am letzten Abend gingen wir zu einem Schlaftrunk noch mal an den Bach, an unsere Kamenz, die direkt an der Schule vorbeifließt, und auf dem uns am Tage ein Schwanenpaar mit drei jungen Schwänen begrüßte.
Zweimal wurden wir im Dorf von Einheimischen in deutscher Sprache angesprochen, die uns reden hörten. So ließen sich leicht Kontakte knüpfen.

Abendstimmung an einem hochsommerlichen Tag.


Wir hatten uns zu Viert auf unserm alten evangelischen Friedhof versammelt, um meinem Vater die letzte Ehre zu erweisen. Er wurde in den letzten Kriegstagen zum Volkssturm verpflichtet. Wir haben von ihm kein Lebenszeichen erhalten, wissen also nicht, was er alles durchmachen musste. Auf diesem Friedhofsgelände stehen viele alte hohe Bäume. Es war so friedlich und still. Andreas und sein Schwiegervater Reinhard lasen abwechselnd Bibelverse vor, und Reinhard hielt eine sehr angemessene und mir wohltuende Ansprache. Zwischendurch sangen wir drei Choräle aus dem evangelischen Gesangbuch.
So wird mir diese Reise immer in Erinnerung bleiben.



Lore´s täglicher Schulweg an der Marienburg vorbei.





Unsere ehemalige Wiese





Auf dem ehemals polzinschen Acker reift jetzt das Getreide.

Unser Elternhaus, von den neuen Besitzern vergrößert.


Unser Elternhaus, kurz nach dem Kriege fotografiert. Die Tür wurde von einem Sowjetsoldaten eingetreten und von meinem Bruder behelfsmäßig repariert.

Eine Schwanenfamilie auf der Kamenz, die an der alten Schule und auch an unserm Haus vorbei fließt.





Auf dem damaligen Schulhof parkten wir unser Auto.

Unsere lieben Eltern

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Tag der Veröffentlichung: 02.08.2010

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