Jedem Kind sein Musikinstrument! Ganz vereinzelt hört man hier und da diese Forderung. Natürlich soll kein Kind gezwungen werden, zu musizieren. Aber wenn es Lust verspürt, eine Geige oder eine Trompete in die Hand zu nehmen, dürfte es nicht am Geld oder an dem Widerstand der Eltern scheitern.
Unser Vater hatte eine Knopfziehharmonika. Die kam bei Festlichkeiten zum Einsatz auch in der Nachbarschaft. Und wir Kinder spielten Mundharmonika. In einer alten Zeitschrift fand ich eine Annonce mit der Anschrift des Instrumentenbauers Hohner. Hier hoffte ich auch so eine Handharmonika zu bekommen. Die Firma antwortete sogar. „Leider sind wir zur Zeit nicht in der Lage. Denn unsere Räder müssen rollen für den Sieg“. Später in der Lehrerbildungsanstalt bekam ich eine Geige. Für die Ausbildung zum Volksschullehrer war Geigen- und Klavierunterricht Pflicht. Meine Eltern mussten dafür 200.- RM bezahlen und noch eine Gans dazugeben. Die Freude daran war von nur kurzer Dauer. Sie fiel den Sowjets in die Hände.
Später als Diakonenschüler kaufte ich mir von meinem Taschengeld, das 20- DM monatlich betrug, eine gebrauchte Mandoline. Die Griffe kannte ich schon von der Geige her, und schon konnte ich wieder meine Stimmung zu Gehör bringen.
Als unsere Kinder fünf und sieben Jahre alt waren, bekamen wir ein altes Klavier geschenkt. Klar, dass sofort ein Klavierlehrer ins Haus kam. Sobald wir genug Geld im Topf hatten, wurde ein neues Klavier gekauft und das alte an unsere Nachbarfamilie Kramer verschenkt. Das Klavier war eine lohnende Investition, denn beide Söhne sind jetzt Kirchenmusiker.
Mit der Kirchenmusikerin unserer Gemeinde spielten wir vierstimmig Blockflöte. Ich nahm die Bassflöte in F, später sogar eine noch größere in C. Wir traten auch in Gottesdiensten auf.
Im Keller unserer Kirche entdeckte ich Blechblasinstrumente. Ich fragte unsern Küster, ob wir die benutzen dürften. Er holte für uns zwei Trompeten und eine Tuba hervor. Das Bassinstrument, alo die Tuba, nahm ich, und der Küster spielte die Posaune. Als das in der Gemeinde bekannt wurde, kamen noch andere Kinder, Mädchen und Jungen hinzu, die mit uns übten. Irgend welchen Leuten passte das aber nicht. Waren wir zu laut, schleppten wir zu viel Dreck rein? Eines Tages bekam ich zu Hause Besuch von Zwei Herren aus dem Kirchenvorstand. Bei der letzten Sitzung sei beschlossen worden, dass die Bläsergruppe nicht mehr üben darf. Posaunenchöre seien nicht mehr zeitgemäß, und ich solle eine Flötengruppe übernehmen. Darüber war ich so erbost, dass ich mir eine eigene Tuba zulegte und in einen anderen Posaunenchor ging.
Einige Jahre spielte ich in einer Bigband die Tenorposaune und parallel dazu in einer Combo den Kontrabass. Ein Saxophonist aus der Bigband, der Christoph, bat mich, ihn in die Combo mitzunehmen. Nach einigen Wochen sagte er zu mir: „Mit Dir als Bass möchte eine eigene Combo gründen. Wir spielten überwiegend Swing. Das ging so einige Jahre. Der Jüngste war ich auch nicht mehr, wir spielten in Kneipen bis in die tiefe Nacht, und so ergab es sich, dass ich einen jungen sehr musikalischen Nachfolger finden konnte. Das war Andreas, ein Schwager unserer Schwiegertochter Heidi. Dann spielte ich noch einige Jahre im Gospelchor unseres Sohnes den Bass.
Auch Geige spielte ich im Schulorchester der Erich Kästner Gesamtschule. Als immer mehr Geigen hinzukamen, sattelte ich auf Bratsche um und später auf Cello. Als aber bekannt wurde, dass ich auch Bass spielen konnte, überredete mich die Leiterin, den doch mitzubringen. Weil ich aber zu der Zeit kein Auto mehr hatte und mit der U - Bahn nach Farmsen fahren musste und dann noch 20 Minuten Fußweg hatte, weil da draußen nach 20:00 Uhr kein Bus mehr fuhr, wurde von der Schulbehörde ein Kontrabass extra für mich gekauft.
Im Jahre 2000 begann ich mir von unserm Sohn Andreas das Harmonisieren von Volksliedern zeigen zu lassen.
Das hatte eine Vorgeschichte. Im Stellinger Gemeindehaus wurden einmal im Monat Volkslieder gesungen. Auch Musikinstrumente durften mitgebracht werden. Ich ging mit der Geige hin. Eine Frau spielte auf ihrer Klarinette, Heiner, der die Singstunde leitete, spielte die Ziehharmonika dazu, und noch eine Frau mit der Geige beteiligte sich daran. Das war Ilse Harfeld. Sie wohnte in einer Altenwohnanlage am Niendorfer Gehege. Ilse hatte den Wunsch, in ihrem Hause auch so etwas zu veranstalten und fragte mich, ob ich ihr dabei helfen würde. Das ließ ich mir natürlich nicht zweimal sagen. Nun sind zwei Geigen als Begleitung nicht gerade ideal. In dem Festsaal dieser Wohnanlage stand ein Klavier. Wir waren aber beide nicht in der Lage, das zu diesem Zwecke einzusetzen. Ich fragte Andreas, der ja Musik studiert hat, was man da machen kann. Er gab mir ein Kinder – Liederbuch zum Üben. Da standen über den Takten Akkordsymbole, die Andreas mir erklärte. Das machte mir richtig Spaß. Ich schrieb von den bekanntesten und beliebtesten Volksliedern die Texte, insgesamt von 220 Liedern, dazu mit dem Cubase - Schreibprogramm die Noten. Das alles vervielfältigte ich im Kopier – Shop, und Ilse sortierte alles und legte Mappen an, die zum Singen ausgeteilt wurden. Als ich die Lieder der ersten Mappe schon fließend am Klavier begleiten konnte, wurde das öffentliche Singen am schwarzen Brett des Hauses und im Eidelstedter Wochenblatt angekündigt. Das war im September 2000. Heiner vom Stellinger Gemeindehaus unterstützte uns mit seinem Schifferklavier, und Ilse spielte ihre Geige dazu. Es kamen immer so zwischen zehn und 20 Leute zum Singen.
v.l.n.r. Ich mit dem Baß, den ich schon mal bei vorzutragenden Musikstücken einsetzte, Renate Gesang und Flöte, Susanne Gesang und Flöte, Freddy Gesang und Gitarre
Unsere Instrumentalgruppe erweiterte sich so nach und nach. Heiner brachte noch einen Zitherspieler mit, den Alfred. Des weiteren kamen noch Susanne und Freddy hinzu. Sie trugen jeweils zwei plattdeutsche Lieder vor, die Freddy mit Gitarre begleitete. Renate und Lore, meine Frau, übten zweistimmige Lieder ein, die sie auch gelegentlich vortrugen.
Die Musikgruppe zur Unterstützung des Gesangs: Schifferklavier (Heiner), Zither (Alfred), Geige (Ilse), Gitarre (Freddy), Renate und Susanne Blockflöte und ich Klavier.
Um zu unserem Jubiläum nach einem Jahr den Saal zu füllen, machten wir aus der Not eine Tugend. Den Singe - Termin verlegten wir auf Ilse´s Geburtstag und luden zu einer Kaffeetafel ein. Alle Stühle waren besetzt, die Stimmung war festlich.
Karin, eine Mitbewohnerin des Hauses, las zwischen durch Gedichte vor. Aber nicht lange Es kam noch Gisela hinzu, die mit ihrem Mann Wolfgang, der die Hausmeisterstelle bekam, gerade in dem Haus eine Wohnung bezogen hatte. Die beteiligten sich auch an unserer Singstunde. Gisela brachte immer ein Buch mit, aus dem sie und ihr Mann abwechselnd kleine Geschichten vorlasen. So nach und nach blieb Karin dann aber von unserm Singen fern. Sie fühlte sich von Gisela verdrängt. Das Singen mit unserer Instrumentalgruppe ging sieben Jahre lang, bis auch ich das Handtuch warf. Inzwischen war Ilse gestorben. Und Gisela ging immer mehr dazu über, Lieder aus dem Programm zu streichen, zum Beispiel überwiegend solche, die auch Heino, der bekannte Sänger in seinem Programm hatte. Stattdessen sollte ich ihre christlichen Pfadfinderlieder mit den Leuten einüben, die sie mir zum Kopieren gab. Das ging mir zu weit. So musste sie sich anderweitig nach Klavierbegleitung umsehen.
Hier wurde unser Chörle gegründet. v.l.n.r. Freddy, Wolfgang, Renate, Christa, Gisela,Lore, Susanne.
Es kommt jetzt eine Organistin aus Pinneberg, die das Klavier spielt, aber natürlich Geld verlangt, was wir alle ja kostenlos machten.
Diese Wohnanlage gehört der anthroposophischen Gesellschaft. Meine 220 Liedtexte und die Noten dazu, alle in Mappen geordnet, überließ ich dem Haus. Gegen so eine Macht Besessene Person konnte selbst der Vorstand nichts ausrichten. Sie konnte es durchsetzen, dass ein Honorar bewilligt wurde für die Klavierspielerin. Gegen mich sollte ein Hausverbot ausgesprochen werden, was aber abgelehnt wurde. Im Gegenteil. Ich bekam einen Schlüssel für den Saal ausgehändigt und darf mich jetzt einmal wöchentlich mit meinen Freunden da zum Singen treffen.
Zu Hause kann ich auch Klavier spielen. Ich improvisiere oder übe die Begleitung für Schubertlieder, die Lore singt.
Zu fleißig darf ich da nicht ran gehen wegen einer Arthrose in den Fingergelenken. Da war mal eine Entzündung drin, die Finger geschwollen und sehr schmerzhaft, so dass ich einige Monate nicht Klavier spielen konnte. Ein idealer Ersatz war da die Panflöte.
Sie lässt sich auch in allen Tonarten spielen. So konnte ich mich von Andreas am Klavier oder von Freddy mit seiner Gitarre begleiten lassen. Auch mit Renate spielte ich Flötenstücke, sie mit Sopranblock- und ich mit meiner Pan-Flöte. Sogar aus den zweistimmigen Inventionen von Bach spielten wir zu unserer Freude, was nicht leicht war und auch zum Vortragen nicht reichte. Aber einfache alte Flötenmusik trugen wir schon vor in kleinem Kreise.
http://www.youtube.com/watch?v=vM2Rbx7N4xE
Tag der Veröffentlichung: 28.02.2010
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