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Ritter Kurumuzan

Es war einmal vor langer, langer Zeit im tiefen grünen Wald ein kleines Mädchen. Es wohnte dort zusammen mit seiner Großmutter. Das Mädchen hieß Anja. Anja liebte ihre Großmutter. Sie konnte sich keine bessere Großmutter vorstellen. An ihre Eltern erinnerte sie sich nicht mehr. Sie waren gestorben als sie noch sehr jung war. Aber sie hatte einen großen Bruder. Der lebte allerdings nicht bei ihr und ihrer Großmutter sondern beim König - am Hofe des Königs.

Dort war Anjas großer Bruder Koch geworden. Zuerst hatte er sich als Stallbursche durchgeschlagen, aber dann nach und nach hatte er es geschafft. Der König hatte seine Kochkünste entdeckt und jetzt arbeitete er als Koch. Der König liebte sein Essen, es war gut und er verlangte immer mehr davon. So wurde er mit der Zeit dick und dicker, bis er eigentlich nur noch eine Kugel war. Anjas Bruder kümmerte sich nicht wirklich um seine Großmutter und seine kleine Schwester. Er wollte nur der aller, aller beste Koch werden, der Beste den es je gegeben hatte.

Der König wusste nicht einmal, dass sein bester Koch eine Schwester hatte.

Der König hatte eine Tochter. Ihr Name war Sissiana. Sie war schön wirklich sehr, sehr schön und sie hatte sich verlieb. In den besten Koch ihres Vaters. In Anjas Bruder. Aber der wollte von ihr nichts wissen. Er beachtete sie nicht wirklich. Ja, natürlich mochte er sie, aber er war viel zu vertieft in seine Arbeit. Er sah nicht wie sie ihm schöne Augen machte, ihm etwas zuflüsterte oder ihn extra lobte für sein gutes Essen. Er wollte nur kochen, kochen und kochen. Er vergaß alle. Seine kleine Schwester seine Großmutter. Er wollte nur kochen und der beste Koch der Welt werden.

Darüber war die Prinzessin sehr traurig. Sie war so traurig, dass sie es einmal ihrer Mutter beichtete. Ihre Mutter seufzte bloß und meinte: „Schlag dir den bloß aus dem Kopf. Das ist doch nur ein Junge. Seine Eltern, weißt du was seine Eltern gemacht haben? Sie haben den Stall ausgemistet, die Äcker gepflügt. Sie waren einfache Bauern. Das ist nichts für dich. Schlag dir das sofort aus dem Kopf.“ Die Prinzessin schwieg. Ihre Eltern verstanden sie nie. Es war auch nie leicht mit ihnen. Außerdem mochte sie Tobias, Anjas Bruder, so gerne. Er machte den besten Schokokuchen der Welt und war immer nett zu allen. Na ja, außer sie stahlen ihm Zutaten. Sie wusste nicht viel über ihn. Nur das seine Familie tot war. „Der arme“ dachte Sissiana „Vielleicht sollt ich mal mit ihm reden, aber er scheint sich ja sowieso nur für sein kochen zu interessieren.“

Anja war erst 10 als es passierte, na ja schon fast 11 und ihre Großmutter, die war schon ziemlich alt. Auf jeden Fall waren sie sehr glücklich in dem kleinen Häuschen im Wald.

Dann kam ein anderer fremder Ritter ins Land. Es war ein fieser Ritter, ein bösartiger. Auf jeden Fall wollte er das Land des Königs haben, sein ganzes Land. Der König, Sissianas Vater ließ das natürlich nicht zu. Sofort ließ er alle Männer der Stadt versammeln, jung und alt und schickte seine Generäle ins ganze Land damit sie sich für den Krieg bereit machten. Sie sollten in den Krieg ziehen, sollten ihn verteidigen, gegen diesen bösen fremden Ritter. Auch Tobias wurde für das Heer eingezogen. Er war darüber so tot unglücklich, dass er sich versteckte und weinte. Jetzt konnte er kein großer Koch mehr werden. Er konnte ja nicht kämpfen. Er würde jämmerlich sterben in diesem doofen, unsinnigen Krieg. Als er da so dasaß und weinte hörte er jemanden weinen. Er schwieg und horchte auf. Da weint ja wirklich jemand. Vorsichtig schlich er ein Stück weiter und noch ein Stück und da sah er sitzen. Sissiana, die Prinzessin. Sie weinte und weinte und wollte gar nicht mehr aufhören. „Wieso denn nur schluchzte sie. Wieso denn nur, wieso muss das alles passieren. Wieso kann dieser dämliche Ritter uns nicht einfach ihn Ruhe lassen“ „Warum weint sie denn“ dachte er. „Der Ritter ja der Ritter. Ihr Vater würde ihn sowieso schlagen. Er hatte ein riesiges Königreich mit Unmengen von Untertanen. Sie würden kämpfen und siegen. Sicher, hundertprozentig. Aber warum weinte sie dann? „Na ja Prinzessinnen, lassen wir sie spinnen“ dachte Tobias und wollte sich schon auf den Rückweg machen – es passieren einem bei so etwas immer dumme Sachen, als er über eine Zweig stolperte. Kratsch. Erschrocken fuhr die Prinzessin herum. „Ähm ich, ich ähm“ stotterte Tobias, als sie ihn erblickte. „Warum bist du denn hier?“ fragte sie ihn. „Solltest du nicht unten bei den anderen sein.“ „Ich, ich,ich“, stotterte Tobias. „Ich… nun ja eigentlich schon ich, ich wollte mich bloß von dir verabschieden.“ „Wieso wolltest du dich von mir verabschieden?“ „Weil ich jetzt doch kein guter Koch werden kann. ich wollte einfach ich wollte einfach dass die Leute glücklich sind, weil ich so gut koche und du hast mir immer so nette Komplimente gemacht. Und ich möchte dich auch noch um etwas bitten.“ „Und um was wolltest du mich bitten?“ „Na ja du weißt doch ich habe gestern einen Brief bekommen.“ „Du hast gestern einen Brief bekommen. Von wem denn?“ „Von meiner Großmutter. Sie ist krank.“ „Ich dachte deine ganze Familie wäre tot.“ „Nun ja. Das stimmt nicht ganz. Ich habe noch eine kleine Schwester. Sie wohnt bei meiner Großmutter. Meine Großmutter ist schon ziemlich alt und ich weiß nicht wie lange… wie lange sie noch leben wird. Sie, ich... ich habe ihr geantwortet, dass sie einen weiteren Brief schreiben soll sobald es ihr noch viel schlechter geht und dann hole ich meine kleine Schwester zu mir aufs Schloss. Aber jetzt wo ich kämpfen muss dann… dann kann ich sie nicht holen.“ „Und du möchtest, dass ich das für dich mache“, fragte die Prinzessin. „Ähm, ja das wäre sehr nett. Man merkt es zwar nicht, aber mir liegt sehr viel an meiner Schwester. Sie ist zwar ziemlich nervig, aber ja, ich finde sie jedenfalls manchmal nervig. So schlimm ist sie auch nicht. Vielleicht… vielleicht könntet Ihr einfach jemanden schicken. Jemanden unbedeutenden, der sie einfach aufs Schloss holt, wenn meine Großmutter noch einen Brief schreibt, dass es ihr noch schlechter geht. Ich weiß nicht wie lange sie noch leben wird. Ich… . Das würde mich sehr freuen.“ „Natürlich mache ich das“, sagte die Prinzessin. „Viel Glück und bitte lass dich nicht umbringen“, sagte sie mit etwas weinerlicher Stimme zu ihm und gab ihm einen dicken Kuss direkt auf die Stirn. Dann drehte sie sich um und huschte davon. Verdutzt starrte er ihr nach. „Was war das denn jetzt. Hm. Ich dachte immer nur sie ist diese großgoscherte Prinzessin. Na ja. Sie kann ja wirklich nett sein. Und der Kuss. Hübsch ist sie auch noch… wenn da nur nicht dieser Krieg wäre. Ich mag nicht in den Krieg ziehen. Ich will mich nicht einfach umbringen lassen“, dachte Tobias. „Ich meine ich bin doch nur ein einfacher Bauernsohn. Ich hasse Krieg. Dadurch sind meine Eltern gestorben. Was soll ich denn jetzt nur machen? Einfach weg laufen. Aber es ist meine Pflicht zu kämpfen. Hoffen wir, dass dieser Krieg schnell vorbei ist und ich dabei nicht umkomme.“ Seufzend ging er hinunter zu den anderen Stallburschen und Männern, ebenfalls für den Krieg eingezogen wurden.

 

Anja, das zehnjährige Mädchen wusste allerdings noch nichts von diesem Krieg. Sie wusste nicht, dass ein paar Kilometer entfernt von ihr sich ein mächtiger Ritter mit einem großem Heer befand und darauf wartete den ganzen Wald nieder zu brennen, oder abzuholzen, je nachdem was ihm gerade besser gefiel. Sie wusste nicht, dass es ihrer Großmutter nicht mehr so gut ging. Schließlich war ihre Großmutter eine geschickte Hexe und konnte gut verbergen, dass es ihr schlecht ging. Und Anja hatte sie schon so einiges bei gebracht. Sie liebte ihre Enkelin. Sie liebte sie über alles. Sie hoffte bloß, dass ihr Bruder, der nichts von Zauberei wissen wollte und nur gut kochen wollte gut auf sie aufpassen würde, wenn sie nicht mehr da war. Wie gerne hätte sie länger gelebt. Sie nicht im Stich gelassen wie ihre Eltern es getan hatten, als sie sich einfach umbringen ließen. Wenigstens hatte Anja einen treuen Gefährten. Sie hatte ihr einen kleinen Waldfuchs gezähmt. Er war ihr treuer Begleiter und er konnte beißen, wie ein Wolf. Und schlau war er auch noch. Sie hatte ihn Itzy genannt. Jetzt stellt ihr euch unter einem Fuchs sicher einen rotbraunen Fuchs vor. Nein, Itzy war schwarz, pechschwarz bis auf die Schwanzspitze, die war weiß. Er war ein Zauberfuchs.

Anjas Großmutter gab ihrer Enkelin immer mehr Stunden. Das arme Mädchen machte bald nichts mehr außer das zaubern zu lernen. Ihre Großmutter war der Meinung sie würde ihr noch besser möglichst viel beibringen bevor sie starb. Auch wenn es ihr dadurch immer schlechter ging. Eines Abends, als sie beim Küchentisch saßen, die Großmutter, Anja und Itzy sagte die Großmutter: „Anja, weißt du eigentlich bin ich schon ziemlich alt.“ „Aber das weiß ich doch Großmutter“ ,sagte Anja. „Jaja, ich weiß. Ich weiß, dass du das weißt, aber in letzter Zeit geht es mir nicht mehr so gut und irgendwann… irgendwann sterben die Leute.“ „Aber… aber Großmutter“ „Nein, keine Sorge, es wird nicht so bald sein. Ich bin mir sicher ich werde noch eine Woche lang durchhalten.“ „Aber Großmutter wieso… …ich…“ ,Anja begann zu schluchzen. „Aber Anja, ich liebe dich. Ich liebe dich über alles und ich werde immer bei dir sein, auch wenn ich längst tot bin. Ich habe dir dort hinten in der Ecke einen Koffer gepackt, er enthält meine magischen Besitztümer, Dinge die mir etwas bedeuten, Gegenstände die noch nützlich für dich sein könnten und meine Zauberbücher. Ich möchte allerdings, dass du den Koffer erst öffnest wenn ich tot bin. Ich habe deinem Bruder geschrieben, dass er dich auf das Schloss holen soll sobald ich… nicht mehr da bin. Ich mochte, dass du alles was ich dir beigebracht habe gut merkst. Du wirst dieses Wissen brauchen. Es werden schwere Zeiten kommen. Ein Krieg wird ausbrechen und ich werde nicht mehr für dich da sein. Aber vergiss nicht, in deinem Herzen bin ich immer bei dir.“ „Aber…aber“ ,schniefte Anja. „Dein Bruder hat jemanden geschickt, der dich abholen wird. Du solltest schon mal deine Sachen packen.“ „Aber…“ „Bitte mach es mir nicht noch schwerer. Ich will ja auch nicht sterben. Es geht mir nun mal nicht mehr so gut. Der Rücken tut mir weh, ich fühle mich so schwach, ich habe seit Wochen nicht mehr gut geschlafen und das aufstehen fällt mir immer schwerer. Durch meine Zauber schaffe ich es zwar immer wieder aus dem Bett zu kommen, aber mir fehlt in letzter Zeit einfach die Kraft zum Zaubern. Und Itzy“ ,sie wandte sich an den kleinen schwarzen Fuchs „Ich möchte, dass du sie beschützt, ja? Ich weiß, dass du ein ganzes Heer auffressen kannst, wenn du es willst.“ Der Fuchs schaute sie aus treuherzigen Auge an. Aber sein Blick war so fest entschlossen, dass sie genau wusste, dass er sie verstanden hatte. „So und jetzt ab ins Bett“ ,sagte die Großmutter.

Als Anja im Bett lag musste sie so heftig schluchzen, dass die Großmutter noch sehr lange an ihrem  Bett saß und sie beruhigen musste.

 

Tobias war schon bei den anderen „Rittern“ (man nannte sie jedenfalls Ritter). Man hatte ihnen halbwegs beigebracht mit dem Schwert umzugehen und ein Schild in die Hand gedrückt. Reiten konnten die meisten schon. Sie ritten auf Pferden mit Schwertern in der Hand, die so verbogen waren, wie ein Hufeisen und Schildern, die mehr Dellen hatten als man zählen konnte Richtung Norden. Sie waren vielleicht nicht gut ausgebildet, aber je weiter nördlich sie wahren desto mehr andere „Ritter“ trafen auf sie. Die richtigen Ritter erkannte man schon von weitem. Sie trugen schöne Rüstungen, die schönsten Pferde (und ritten nicht auf Eseln, wie ein paar der anderen Soldaten) und auf ihren Brüsten prangten prächtige Wappen, die ebenfalls ihre Schilder schmückten. Meistens ritten sie an der Spitze und führten die kleinen Gruppen an.

Am zweiten Tag waren es schon so viele Menschen, dass Tobias denn Kopf wenden musste um alle zu erblicken. Überall waren Zelte, Ritter, Soldaten. Die Pferde/Esel standen schnaufend dazwischen und konnten nicht mehr. Es gab kein vorankommen mehr. „Ich würde vorschlagen wir bleiben hier“, sagte Ritter Creshion. Er war der Stellvertreter des Königs. Der König selbst hatte sich in seiner Burg verkrochen und wollte nicht mehr hervor kommen.

Ritter Creshion richtete sich auf seinem Pferd auf und erhob die Stimme. Die jenigen die ihn hören konnten gaben es an die anderen weiter. „Wir werden hier auf den Ritter Hesrordar warten. Hier an der Grenze. Er möchte unser Königreich einnehmen und alles niederbrennen — Häuser Felder, die meisten von euch sind Bauern, deshalb nehme ich an ihr wisst was das heißt. Ihr könnt euch vorstellen wie es ist wenn jemand eure Felder niederbrennt und euer Haus anzündet. Helfen wir den Frauen und Kindern, die noch in diesen Häusern sind. Schlagen wir ihn zurück. Aber erst morgen früh. Jetzt ruhen wir uns erst einmal aus, bevor die Schlacht beginnt“ Dann teilte er die Wachen ein.

Tobias seufzte und zog sich in sein Zelt zurück. Er hatte gerade so große Lust Lasagne zu machen, den Käse darüber zu reiben, die Béchamelsoße zu machen. Doch was sollte er jetzt machen auf dem dreckigen, staubigen Boden. Schlafen. Er war es zwar gewöhnt nicht in einem Bett zu schlafen, dennoch fand er die Situation ätzend. Gekocht hätte er jetzt viel lieber. Das beruhigte ihn immer. Erinnerte ihn nicht daran, dass seine Eltern gestorben waren, wie sie gestorben waren, als das Feuer sie vor seinen Augen verzehrte. Wie Anja geschrieben hatte, ihre kleinen Augen aber nicht davon abwenden konnte. Er hatte sie zu ihrer Großmutter geschickt, weil ihr Anblick ihn an ihre Eltern erinnerte. Vermutlich konnte sie sich nicht einmal mehr daran erinnern. Er hoffte es für Anja. Ihre Großmutter hatte ihn auch aufnehmen wollen, aber die Zauberei machte ihm Angst. Er konnte es nicht. Er konnte keine Seifenblasen verzaubern so, dass sie die Form eines Herzchens hatten oder Gegenstände dazu bringen zu ihm zu kommen. Er wollte es nicht einmal. Seine Großmutter hatte das immer getan um sie zum Lachen zu bringen,wenn sie früher zu besuch war. Seine Hand verkrampfte sich um den Brief in seiner Jackentasche. „Jeder stirbt einmal. Ich sterbe vielleicht sogar schon morgen“ dachte er. „Großmutter wahrscheinlich auch, meine Eltern sind schon tot. Da bleibt sowieso nur Anja. Ich hoffe es geht ihr gut. Was habe ich sonst noch zu verlieren. Da wäre bloß Sissiana…  Wie sie ihn angesehen hatte in dem kleinen Garten.“ Er seufzte und beschloss ein wenig zu schlafen und legte sich hin. Er weinte. Nur leise so, dass man ihn nicht hörte, aber er weinte noch lange.

 

Anja weinte auch. Sie weinte sobald sie aufwachte, sie weinte beim Frühstück mit ihrer Großmutter und sogar beim packen ihres Koffers und ihres Rucksackes. Sie legte ihre Kleidung hinein, die sie von ihrer Großmutter hatte. Fast alles was sie besaß hatte sie von ihrer Großmutter. Außer den kleinen herzförmigen Stein mit dem wunderschönen schwarz-weißen Muster. Den hatte sie von ihrer Mutter bekommen. Sie wusste nicht mehr an welchem ihrer Geburtstage, sie glaubte, dass es der dritte gewesen war. Sie konnte sich kaum mehr an sie erinnern, sie oder ihren Vater.

Sie kramte den Stein hervor und betrachtete ihn. Er hatte vorne ein Loch. Sie könnte sich ihn um den Hals hängen, aber sie hatte keine Lust dazu.

„Itzy“ ,rief sie und holte ein kurzes Lederband aus ihrer Tasche, fädelte es durch das Loch des Steins und befestigte ihn an Itzys Halsband. „Der ist für dich. Ich hoffe er bringt dir Glück.“ Itzy schleckte ihr zur Antwort liebevoll über das ganze Gesicht. „Du bist klug. Ich weiß, dass du mich beschützen wirst“ sagte Anja bestimmt und nahm ihn in den Arm. „Ich wünschte bloß Großmutter könnte mich auch beschützen“ schluchzte sie in sein Fell. Sie saß einige Zeit so da, dann ließ sie Itzy wieder los und warf die restlichen Sachen in den Koffer. Als sie ihren Koffer neben den stellte, den Großmutter für sie hergerichtet hatte, musste sie wieder weinen. „Ach Kleine…“ meinte Großmutter. „Ich weiß, ich weiß… aber ich kann nicht mehr“ ,flüsterte sie. Sie lag in ihrem Bett, dass einen guten Blick auf die Tür hatte. „Bitte Großmutter, bitte lass mich nicht alleine“ ,schluchzte Anja und ließ sich vor dem Bett auf den Boden gleiten. „Aber du bist doch nicht alleine, meine Kleine. Du hast Itzy und Itzy wird dich immer beschützen. Und du hast auch deinen Bruder, sobald er aus dem Krieg zurückkommt, aber ich bin mir sicher er hat Leute gefunden, die sich bis dahin um dich kümmern werden.“ „Ich weiß… ich weiß. Ich hab nur Angst.“ „Keine Sorge. Der Bote wird bald kommen. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Vergiss nie, dass ich dich immer liebe egal was passiert und behalte mich in Erinnerung. Ich hab übrigens noch was für dich.“ Sie holte einen kleinen Anhänger hervor. Es war im Grunde nur ein Stück Holz mit einem Bild von ihr, wie sie mit ihrer  Großmutter und Itzy auf der Wiese vor dem Haus spielte. „Ich habe einen Zauber darüber gesprochen. Die Farbe wird nie verblassen und das Holz nie vermodern und du wirst ihn nie verlieren.“ „Danke Großmutter“, sagte sie. Der Anhänger hatte ein Lederband mit dem sie ihn sich um den Hals hängen konnte. Das tat sie dann auch. „Leb wohl“, flüsterte ihre Großmutter und starb. Anja blieb neben ihrem Bett stehen und weinte. Sie weinte und weinte und weinte. Sie wusste nicht wie lange sie geweint hatte, als sie das klopfen hörte. Ängstlich öffnete sie die Tür. Itzy stand breitbeinig vor ihr und knurrte sicherheitshalber. Der Wachmann erschrak fast. Er war kaum älter als Anja – höchstens zwölf. „Ich, ich möchte hier Anja abholen“, stotterte er. „Das bin ich“, sagte sie mit immer noch schluchzend. „Ich soll dich mit auf die Burg nehmen. Ja ähm, kommst du?“ „Gleich“, schniefte Anja. Sie holte die zwei Koffer und ihren Rucksack, packte noch Itzys Lieblingsdecke ein und sagte: „Ich bin startklar.“ Der Junge führte sie hinaus. „Binde die an dem Pferd fest“, er deutete auf die Koffer. Er hatte noch ein zweites Pferd dabei. „Das eine Pferd ist für die Koffer, auf dem anderen reiten wir. Halte dich einfach an mir fest.“ „Wieso muss ich bei dir reiten“, fragte Anja. „Ähm, äh…“ „Ich kann selbst reiten, danke“, sagte sie, als der Junge sie fassungslos anstarrte. „Ähm, dann folge mir einfach“, meinte er nur. An seinem Gürtel hing ein kleines Schwert, nur aus Holz. Dass sie nicht lacht, damit konnte sie jeder überfallen. Na ja vermutlich gab es keine besseren Leute mehr jetzt wo Krieg herrschte. Sie ritten dem Pfad entlang. Itzy rannte neben ihnen her. Mal verschwand er im Gebüsch, jagte eine Maus, aber er tauchte immer wieder auf. Anja wusste, dass er sie nie alleine lassen würde. 

Der Weg zum Schloss war  weit. Sie ritten mehrer Stunden. Sie kamen durch ein paar kleine Dörfer. Es waren nur Frauen und Kinder zu sehen. „Die Männer sind jetzt alle im Krieg“, sagte der Junge zu ihr, der sie begleitete. „Und ich darf nicht mit. Mein Vater hat es mir verboten. Dabei bin ich doch kein kleines Kind mehr. Ich bin schon 13.“ Überrascht sah Anja ihn an. „Der war 13? Der sah aus wie 11“, dachte sie. „Aber wieso willst du denn in den Krieg ziehen“, fragte sie erschrocken. „Der Krieg ist doch nur brutal. Er tötet Menschen. Sie sind tot. Sie leben dann nicht mehr. Was bringt er dir?“ „Ich bin stark genug, um einen Soldaten zu töten.“ „Darauf solltest du nicht stolz sein. Das ist schrecklich“, erwiderte Anja. „Aber, aber… das ist doch… das ist doch der Sinn des Krieges. Das man andere Soldaten tötet.“ „Ja, das ist er und deshalb ist der Krieg auch schrecklich“, sagte Anja. „Verstehst du das denn nicht? Du könntest auch sterben.“ „Ja und selbst wenn ich tot bin, ich meine dann bin ich wenigstens ein Held.“ „Glaubst du all die anderen Soldaten, die gefallen sind sind Helden? Wir erinnern uns nicht einmal mehr an ihre Namen“, sagte Anja. „Ähm, ich… vielleicht hast du Recht“, sagte er betreten. Als sie ins nächste Dorf kamen, ging der Junge zu einer der Frauen und bat sie um ein Stück Brot. Sie gab ihnen eines. Es war trocken und hart, aber er gab es Anja. Aß es nicht selbst. Die aber nahm das Brot und teilte es. „Hier“, meinte sie. „Damit du nicht hungern musst.“ „Ähm, danke.“ „Komm“, sagte sie. Wir können ja auch während wir reiten essen.“ Nach ein paar Stunden erreichten sie das Schloss. Es war schon dunkel geworden. „Ähm, ich melde dich beim König an“, meinte Junge. „Warte hier. Das Pferd kannst du dort beim Stall abgeben.“ Anja nickte und schnallte ihre Koffer los. „ Itzy“, flüsterte sie und pfiff leise. Sofort war der schwarze Fuchs bei ihr. „Geh besser in meinen Rucksack. Du erschreckst die anderen noch.“ Mit einem Satz sprang Itzy in ihren Rucksack und kuschelte sich in ihre Kleidung. Der Junge kam zurück. „Der König will dich sehen. Sogar die Königin und die Prinzessin sind da. Du bist ein offenbar ein wichtiger Gast. Komm“, sagte er zu ihr. Dann führte er sie durch das Schloss. Es war riesig. Nach den ersten paar Minuten, hatte Anja keine Ahnung mehr wo sie sich ungefähr befanden. Eine Stiege hinauf, dann wieder hinunter, dann eine Wendeltreppe hinauf, durch eine Tür, noch eine Tür und einen weiteren Saal. „Wie lange dauert das denn noch“, dachte sie. Itzy streckte vorsichtig seine schwarze Nase aus den Rucksack. „Itzy“, zischte sie ihm warnend zu, als sie es bemerkte. Beleidigt zog er sie wieder zurück. „Bitte sehr“, sagte der Junge und blieb vor einer großen goldenen Tür stehen. „Ok, was genau soll ich jetzt machen“, fragte Anja. „Warten bis der König nach dir ruft. Dann darfst du hinein gehen.“ „Ok, danke. Wie heißt du eigentlich?“ „Oh, du fragst mich wie ich heiße? Aber ich bin doch jemand ganz langweiliger.“ „Wie heißt du?“ „Ich heiße Zik.“ „Freut mich dich kennen zu lernen.“ Anja wartete lange. Endlich, nach einer halber Ewigkeit, rief der König nach ihr. Vorsichtig drückte sie die Tür auf und schritt  in den großen Saal. Dabei kam sie sich äußerst seltsam vor. Die Koffer schleppte sie immer noch mit sich herum. Itzy wurde ganz unruhig in ihrem Rucksack. Er spürte, dass sie sich nicht wohl fühlte und er wollte hinaus, um sie beschützen zu können. Ihr Blick wanderte zuerst durch den Raum und blieb dann erst am König hängen. Zik hatte Recht gehabt, sogar die Prinzessin war da. Anscheinend war sie wirklich wichtig. „Ähm…ähm…hallo Eure Majestät“, sagte Anja und verbeugte sich, was ihr nicht besonders leicht viel mit zwei Koffern und einem Rucksack, in dem sich ein unruhiger Fuchs befand. „Du bist also Anja. Die Schwester unseres besten Koches“, stellte der König fest. „Ähm, ja die bin ich wohl“, stotterte Anja. „Willkommen auf meinem Schloss. Ich wünschte wir würden uns unter freundlicheren Bedingungen kennenlernen. Ich habe gehört deine Großmutter ist vor kurzem verstorben. Mein herzliches Beileid. Du kannst von nun an bei uns wohnen, wenn du dich bereit erklärst in der Küche mitzuhelfen. Wer weiß vielleicht besitzt du ja das selbe Talent, wie dein Bruder.“ „Natürlich Eure Majestät.“ Am liebsten hätte sie jetzt gesagt, dass sie überhaupt nichts vom  kochen verstand, aber das sie stattdessen zaubern konnte. Das behielt sie jedoch lieber für sich. Wer weiß wie sie darauf reagieren würden. Die meisten Menschen verabscheuten Zauberer, weil sie Angst vor ihnen hatten. Obwohl sie meistens nützlicher waren, als der Rest. „Ich, ähm“, stotterte Anja, unfähig einen ordentlichen Satz herauszubringen. „Ich ähm…“ „Du bist sicher schon müde. Meine Diener werden dich in dein Zimmern führen. Fühl dich hier wie Zuhause.“ Dann beendete er das Gespräch, indem er seinen Dienern ein Zeichen gab sie in ihr neues Zimmer zu bringen. Sie bestanden ausschließlich aus Kindern und Frauen. Auch hier war klar zu erkennen, dass sie sich im Krieg befanden. Sie wollten ihr ihre Koffer abnehmen, aber Anja weigerte sich sie ihnen zu geben. Der König lächelte darüber nur amüsiert und deutete ihnen sie die Koffer selbst tragen zu lassen. Dann folgte sie den Dienern.

Tja, sie gingen ziemlich lange. Treppe rauf, Treppe runter, um die Kurve, durch einen Raum, durch noch einen Raum, dann durch einen langen Gang. Anja schwirrte schon der Kopf von den vielen Gängen, Türmen und Zimmern, als sie endlich vor einer Tür stehen blieben. Das Zimmer war sehr schön. Die Wände waren mit schönen Bildern bestückt und ein edler Teppich lag in der Mitte des Zimmers. Anja wagte es kaum ihn zu berühren. In einer Ecke stand ein Himmelbett. „Das ist ja aus Gold“, hauchte Anja. Die Diener ließen sie einfach sprachlos im Zimmer stehen und schlossen die Tür hinter ihr. Das Bettgestell war vergoldet und darauf lag die weichste Matratze, die Anja je gesehen hatte. „Oh Itzy“, flüsterte sie. Neugierig sprang der schwarze Fuchs aus ihrem Rucksack „Wow, schau dir das an.“ Der Fuchs gab nur einen Laut von sich, der sich anhörte wie eine Mischung aus knurren und grunzen, machte einen Satz und sprang aufs Bett. Dort rollte er sich zusammen und fing an zu schnurren. „Itzy, ich“, sie verstummte, ließ die Koffer fallen und umarmte den Fuchs so fest, dass er ein würgendes Geräusch von sich gab. „Oh, Entschuldigung.“ Itzy sah sie traurig an. „Ich weiß das du auch traurig bist“, flüsterte Anja dem Fuchs zu. „Ich wünschte nur Großmutter wäre hier.“ Als sie das gesagt hatte sprang Itzy auf und rannte zu dem Koffer. Dem Koffer der ihrer Großmutter gehört hatte. „Oh ja, ja stimmt du hast Recht. Wir sollten wenigstens nachschauen was drinnen ist.

Sie holte ihr Amulett, das ihre Großmutter ihr gegeben hatte hervor. Sie trug es immer um den Hals. Nun nahm sie es in die Hand und umklammerte es fest. Dann öffnete sie den Koffer. Na ja, versuchte es jedenfalls. „Ach ja. Ich ja hab vergessen…

 

Zauber, Zauber in dem Koffer,

Lass mich rein,

oder lass mich raus

Ich will nun sehen was in dir haust,

Lass mich rein,

Ich hab das Recht,

Meine Absichten sind echt,

Ich bin Anja,

Lass mich rein,

Du wirst nun mein sein.“

 

Mit einem Schnappen öffnete sich der Koffer. „Wow“, flüsterte sie. „Sieh mal. Da ist ein Umhang drinnen… und ein paar seltsame Gläser. Und noch ein paar andere Sachen. Was das wohl alles ist. So ein seltsames Ding. Ich weiß nicht genau was das ist. Es ist irgendwie nur so eine runde Glaskugel. Und dann sind da noch ein paar Bücher. Ich…“ Sie gähnte. „Itzy wir schauen es uns Morgen genauer an, ja? Ich will jetzt mal schlafen.“ Anja ließ den Koffer wieder zufallen, warf ihren einen oben drauf und ließ ihren Rucksack daneben fallen. Dann schlüpfte sie ins Bett. Itzy rollte sich zu ihren Füßen ein.

Am Morgen wurde sie geweckt. Ein Diener brachte ihr Frühstück. „Ernsthaft“, dachte sie. „Ich bin doch keine Prinzessin. Wozu brauche ich so etwas?“ Sie seufzte. Aß jedoch. Es schmeckte gut, na ja ihre Großmutter kochte besser, aber solche Sachen, die sich auf dem Teller befanden kannte sie gar nicht. Mit Zuckerguss überzogene Dinger. „Na ja“, dachte Anja. „Gut schmecken tun sie auf jeden Fall. Wieso sollte ich sie dann übrig lassen?“ Itzy streckte seine Nase auf das Tablett und schnupperte daran. „Bitte, bedien dich“, meinte Anja und schob es ihr hin. „Es ist genug für uns beide da.“ Vorsichtig schnupperte Itzy noch einmal daran. An den seltsamen Dingern, deren Namen Anja nicht kannte, dann schnappte er sich eines und verschlang es mit einem Happen. „Schön das sie dir schmecken“, erwiderte Anja, dann aß auch sie ihr Frühstück fertig. „Ich wünschte Großmutter wäre hier“, sagte sie. Itzy stupste sie aufmunternd mit der Nase an. „Ja, ja. Du hast Recht. Ich sollte nicht so viel darüber nachdenken.“

Nach einiger Zeit steckte ein Diener seinen Kopf in ihr Zimmer. „Verzeihung, die Prinzessin würde euch gerne sprechen.“ „Okay, und was will sie?“ „Äh, das hat sie nicht gesagt.“ „Oh, natürlich. Natürlich. Ich komme schon“, sagte Anja. „Komm Itzy. Ab in den Rucksack“, flüsterte sie dem Fuchs zu. Als der Diener ihn seltsam anstarrte. „Ich glaube du darfst hier gar nicht hinein.“ Sie schulterte ihren Rucksack mit dem kleinen frechen Fuchs darin und folgte dem Diener, der sie in ein wunderschönes Zimmer führte. Es sah noch schöner aus, als ihr eigenes. „Wow“, flüsterte sie. „Hallo“, sagte die Prinzessin zu ihr. Sie hatte wunderschönes braunes Haar. „Ich bin Sissiana – die Prinzessin.“ „Ähm, hallo. Ich bin Anja“, sagte Anja. „Ja, ich weiß. Ich kenne deinen Bruder, Tobias.“ „Du kennst meinen Bruder?“ „Ja, alle hier im Schloss kennen ihn.“ „Oh…“ „Ich wollte dich nur kennenlernen.“ Sie schwiegen beide. „Er meinte du kannst zaubern.“ Erschrocken sah Anja sie an. „Ich… hat er das gesagt?“ „Ja. Keine Sorge. Mein Vater macht das auch ständig. Meistens funktioniert es nicht, aber ich meine, wenn er zum Beispiel eine Gurke in einen Schuh verwandeln will kommt ein Kaninchen dabei heraus. So viel zu seinen Zauberkünsten. Trotzdem versucht er es immer wieder. Tobias meinte du wärst gut.“ „Ich, ähm… ich habe bei meiner Großmutter gelebt – fast mein ganzes Leben lang. Sie hat es mir beigebracht. Meine Großmutter war toll…“, die Tränen stiegen ihr wieder in die Augen. „Tut mir Leid. Ich wollte nicht über deine Großmutter sprechen“, meinte die Prinzessin erschrocken. Aber diese Worte konnten ihren Tränenstrom nicht zurückhalten. Die Prinzessin kam zu ihr und wollte sie umarmen. Als sie ihren Arm um sie legte, schrie sie erschrocken auf. Itzy schoss aus dem Rucksack und biss sie in den Finger. Pfauchend stand er vor Anja. „Itzy“, fluchte Anja. „Lass das. Du bringst uns beide nur in Schwierigkeiten“, schluchzte sie. „Sofort zurück mit dir in den Rucksack.“ Ihre Stimme klang noch immer ein wenig weinerlich. Immer noch erschrocken sah die Prinzessin den Fuchs an. „Was…? Gehört der… gehört der dir“, stotterte sie und drückte dabei fest auf ihren Finger, um die Blutung zu stoppen. „Tut mir Leid, Prinzessin. Ich… ich wollte nicht, dass das passiert… ich. Das ist Itzy. Mein zahmer Fuchs. Er ist sonst eigentlich ganz brav, aber er hat einen fürchterlichen Beschützerinstinkt. Er… er… es tut mir Leid.“ Sie wischte sich die Tränen mit dem Ärmel aus dem Gesicht. Dann holte sie tief Luft. „Itzy, hör auf“, fuhr sie den Fuchs an, der immer noch pfauchend vor ihr stand. „Das ist doch die Prinzessin! Die tut mir nichts.“ Gekränkt sah Itzy sie an. „Du mit deinem ich muss sie ständig beschützen. Prinzessin“, meinte sie dann mit einen Knicks. „Dürfte ich mir mal Euren Finger anschauen?“ Zuerst sah sie die Prinzessin verunsichert an, dann hielt sie ihr den Finger hin. Man sah die Bissspuren noch ziemlich gut. „Tut mir Leid“, sagte sie leise. „Ich bring das wieder in Ordnung.“ Kurz überlegte sie, dann begann sie zu sprechen.

 

„Sera sina hoxadass,

Finger sei nun nicht mehr blass,

Kein Blut nun mehr heraus strömen,

Finger lass dir nicht die Kraft nehmen,

Los Haut wachse wieder zusammen,

Um die Muskeln sollst dich spannen,

Sei wieder ganz,

Erstrahle wieder im alten Glanz,

Sei wie vorher,

sei wie immer und mach alles nicht noch schlimmer.“

 

Sie verstummte. Die Prinzessin starrte verwundert ihren Finger an. Während Anja gesprochen hatte, war die Haut wieder zusammengewachsen. Die Bissspuren waren verschwunden. Nur noch das Blut das zuvor hervorgequollen war verriet, dass sie gebissen worden war. „Tut mir Leid“, sagte Anja abermals. „Wow, du kannst ja wirklich gut zaubern“, hauchte Sissiana. „Und zwar viel viel besser, als mein Vater.“ „Ach, ich hab bloß einfach viel geübt“, meinte Anja verlegen. „Und ich hatte eine gute Lehrerin“, fügte sie hinzu. „Eigentlich wollte ich mit dir reden, weil ich gehofft habe, dass du noch Kontakt zu deinem Bruder hast.“ „Nein, tut mir Leid. Ich habe schon seit ein paar Jahren keinen Kontakt mehr zu meinem Bruder. Ihr habt ihn vermutlich öfter gesehen, als ich. Da kann ich Euch leider überhaupt nicht weiter helfen.“ „Okay. Und was den Fuchs angeht, mein Vater wird sicher etwas dagegen haben, wenn er im Schloss ist.“ „Oh, ich kann auch woanders mit ihm hingehen. Ich muss nicht im Schloss wohnen“, sagte Anja verunsichert. Sie würde Itzy nie im Stich lassen und einfach woanders hin schicken. „Ach, keine Sorge. Ich werde mit ihm reden. Dann wird er es dir schon erlauben.“ „Oh. Vielen Dank Prinzessin.“ Sissiana nickte, klopfte an die Tür und die Diener kamen wieder herein. „Bringt Anja bitte wieder zurück in ihr Zimmer. Ich bezweifle, dass sie den Weg dorthin wieder alleine findet. „Danke“, flüsterte Anja ihr noch zu, dann brachte einer der Diener sie wieder zurück in ihr Zimmer.

Das Bett war gemacht worden und die Koffer standen in der Ecke. „Puh. Zum Glück hat Großmutter einen Zauber auf den Koffer gelegt. Ich wüsste nicht ob die Diener ihn nicht ausgeräumt hätten“, flüsterte Anja Itzy zu. Itzy machte einen Laut, von dem Anja wusste, dass es ein Lachen war, allerdings eher gefährlich klang. Der Diener steckte nochmals den Kopf in ihr Zimmer. „Mittagessen gibt es um zwölf“, knurrte er und ließ sie wieder alleine. „Na toll. Sehr freundlich war der aber nicht“, sagte sie zu Itzy. Er grummelte zustimmend. „Ja. Du bist ein schlauer Fuchs“, meinte sie lächelnd und kraulte ihn hinter den Ohren. „Ich frag mich was Tobias wohl gerade macht.“ Itzy stupste sie mit der Nase an. „Gute Idee. Wir können nachschauen, wie es ihn geht.“ Vorsichtig holte sie die Glaskugel aus dem Koffer. Ein milchiger Nebel war in ihrem inneren zu sehen.

 

„Glaskugel sprich zu mir,

Glaskugel zeige mir,

wo mein lieber Bruder ist,

was er tut und was er isst,

ob er tot ist oder nicht,

bitte sag‘s mir ins Gesicht.“

 

Die Glaskugel wurde heller. Angestrengt starrte Anja in sie hinein. Sie konnte ihren Bruder erkennen. Er saß auf einem Esel und war umgeben von sehr vielen Soldaten. Er sah unglaublich müde aus. „Ihm geht‘s aber nicht gut“, sagte sie an Itzy gewannt. Er hielt eine Lanze in der Hand und einen zerbeulten Schild in der anderen. Hinter ihm waren viele Soldaten, vor ihm waren viele Soldaten und vor diesen Soldaten, vor den Soldaten des Königs sah man schon die ersten feindlichen Soldaten und direkt an ihrer Spitze ein furchteinflößender Ritter. Erschrocken starrte Anja ihn an. „Itzy, Itzy… komm her. Sie dir das an. Schau dir mal den Ritter an. Schau mal…“ Sie schlang ihre Arme um Itzy. Dann begann der Ritter zu sprechen. „Ich, Ritter Kurumuzan von Raskudux befehle euch sofort die Belagerung aufzulösen. Dieses Land gehört mir. Wenn ihr euch ergebt werde ich euch nichts tun. Niemanden. Ich werde nur euren König entmachten – und seine Familie.“ „Was so viel wie töten heißt“, flüsterte Anja. „Euch alle werde ich verschonen“, fuhr der Ritter fort. „Diese Lügen kannst du dir sparen“, brüllte ihm einer der Ritter des Königs zurück. „Wer sind unserem König gegenüber loyal. Wir sind loyal gegenüber unserem Volk. Wir werden sie beschützen und niemals aufgeben. Wir werden kämpfen“, schrie er und die anderen Soldaten und Ritter stimmten ihm lauthals zu. Dann stürzten sich die beiden Heere aufeinander. Entsetzt richtete Anja sich auf. „Kugel, Kugel werd nun blass, Wie auch immer werde weiß, Bitte verschwinde, Nimmer nimmer zeig mir dieses Grauensbild, Bitte bitte verschwind.“ Die Kugel wurde wieder milchig weiß. Anja schlang ihre Arme noch fester um Itzy und weinte. „Bitte… bitte…Ich möchte nicht, dass mein Bruder stirbt. Sie weinte. Wieder einmal. Sie weinte ununterbrochen. Eigentlich nur noch. „Ach Großmutter, mit dir wäre das alles nicht passiert“, schluchzte sie in Itzys Fell. Grummelnd widersprach ihr Itzy. „Na gut. Du hast Recht. Vielleicht hätte Großmutter den Krieg nicht verhindern können, aber alles andere schon. Das weißt du genau. Itzy grummelte unzufrieden. „Ich hoffe dieser verschwindet bald wieder und Tobias kommt zurück. Ich vermisse ihn Itzy.“ Der Fuchs grummelte. „Ich weiß das du mich verstehst. Du hältst immer zu mir.“ Itzy stimmte ihr mit einem Laut zu, der wie eine Mischung aus schnattern und pfauchen klang. „Was soll ich denn nur tun Itzy? Was soll ich bloß tun Itzy?“ Er sprang auf und stupste mit der Nase den Koffer ihrer Großmutter an. „Aber Itzy, da sind doch nur ein paar alte Bücher und Krimskrams drinnen, von dem ich nicht mal weiß was es ist oder was ich damit machen soll. Was soll ich… was soll ich damit tun ich habe keine Ahnung was ich damit tun soll. Der Fuchs grummelte stur und stupste den Koffer erneut an. „Na gut, ich schau schon nach. Beruhig dich“, murmelte sie, flüsterte den Zauberspruch und öffnete ihn. Sie starrte eine Weil nur den Inhalt an. Ein Umhang mit Kapuze mit ziemlich vielen Taschen, fiel ihr ins Auge. „Sieht hübsch aus“, meinte sie. „Der ist mir allerdings ein bisschen zu groß.“ Itzy stupste den Umhang an. „Du meinst ich soll ihn mal umlegen?“ Zufrieden nickte er. Anja nahm ihn heraus und legte ihn um. Er passte perfekt. Er hatte genau ihre Größe. „Seltsam, als ich ihn herausgenommen habe wirkte er noch größer.“ Itzy schnaubte. „Du meinst der Umhang wächst mit? Wenn also eine riesige Person ihn anzieht passt er ihr trotzdem und wenn danach eine kleine Person ihn anzieht dann schrumpft er wieder so zusammen, dass er ihr auch passt?“ Itzy nickte stolz. „Du bist ein kluger Fuchs. Großmutter hatte Recht. Du wirst immer für mich da sein.“ Immer noch stolz sah Itzy sie an. „Gut, sehen wir weiter. Was ist noch drinnen, das wir brauchen könnten.“ Da waren ein paar Fläschchen. „Sorosirup, Kinun, nein Kinuonx, Renzussamen, Markarikavextrakt“, las Anja die krakelige Schrift ihrer Großmutter vor. „Ich glaube zumindest, dass das dort steht. Du weißt ja, Großmutter hat eine furchtbare Schrift. Aber was soll ich damit machen Itzy?“ Sie wandte sich dem Fuchs zu, der sie nur fragend ansah. „Gut. Was ist noch drinnen?“ Sie griff nach einem dunkelgrünen Samtbeutel, in dem schöne Steine mit Schriftzeichen waren. „Sieh mal. Da ist ja noch ein Brief drinnen. Liebe Anja“, las sie vor. „Ich weiß, das dir vieles in diesem Koffer nichts sagen wird. Zum Beispiel diese Steine. Sie waren für mich immer gute Ratgeber. Ich hoffe, dass sie dir auch weiterhelfen werden. Ich werde hier versuchen dir zu erklären wie sie funktionieren. Eigentlich hatte ich gehofft, dass du das vor meinem Tod schon kannst, allerdings sind wir aufgrund des Zeitmangels nicht dazu gekommen. Nun werde ich dir sagen wie sie funktionieren. Du musst wenn es Vollmond ist die Steine in einem Viereck auflegen und folgende Worte sprechen.

 

Steinezauber funktionier,

sag‘s mir jetzt und hier,

was ich tun soll bitte sehr,

gib mir nur nen Rat, ich will nicht mehr,

sag mir was das beste wär,

bitte und auch danke sehr.

 

Klingt nicht schwer“, meinte Anja und wandte sich Itzy zu. Er schüttelte den Kopf. „Du meinst es ist schwerer, als es aussieht?“ Der Fuchs nickte und stupste sie an. „Oh, da geht es ja noch weiter. Ich sollte wohl zuerst den ganzen Zauber lesen und dann erst sagen, dass er leicht ist.“ Itzy nickte und stupste sie abermals an, um ihr zu signalisierten, dass sie weiter lesen solle. „Das ganze funktioniert aber nur, wenn du es ohne Fehler sprichst und auswendig kannst. Das klingt schon ein bisschen schwieriger, aber ich werde mir sieben kurze Zeilen schon merken können.“ Itzy grummelte zufrieden. Anja laß weiter. „Allerdings musst du den Zauber sprechen mithilfe der einfachen Formel… na toll. Ich kann ihn nur einmal pro Vollmond aussprechen, steht da. Das heißt ich hab nur einen Versuch. Ich kann nur in einem Punkt um Rat fragen. Großmutter schreibt noch, dass ich mir gut überlegen soll was ich fragen will. Na ja. Wir können es ja mal versuchen. Vollmond ist schon übermorgen.“ Itzy grummelte. „Ja ich weiß. Danke Itzy. Dank Großmutters Unterricht passe ich immer besser auf welche Mondphase gerade ist. Ob Vollmond oder Halbmond oder Neumond ist ich weiß es. Bei Großmutter habe ich einfach viel gelernt. Na ja, wir können es ja ausprobieren.“ Sie ließ die Steine zurück in das Säckchen gleiten und steckte es zusammen mit dem Brief in eine der Umhangtaschen. „Ok. Mal sehen, vielleicht finden wir noch etwas interessantes. Da sind noch ganz viele Zauberbücher. Oh, da hat Großmutter auch einen Zettel hinein gelegt. Liebe Anja, ich weiß, die Bücher werden vermutlich noch ein bisschen zu schwer für dich sein. Du solltest am besten mit dem Band Zauberei für Fortgeschrittene anfangen und dich dann weiter bis zu Zauberei der guten Magier vorarbeiten. Dann kannst du mit Zauberei für äußerst fortschrittliche Magier weiter machen. Als letztes habe ich dir noch die Zauberei für Experten und andere schwierige Zauberbücher dazugegeben. Das sind die wichtigsten Bücher. Mehr brauchst du nicht. Und auch ohne ihnen bin ich mir sicher, dass du zur besten Zauberin wirst, der ich je begegnet bin. Ich habe noch nie jemanden gekannt, der in deinem Alter schon so viele Zauber beherrscht hat wie du. Ich möchte trotzdem, dass du mit dem leichtesten Buch anfängst. Ich weiß, ich weiß, du hast den Ehrgeiz den schwierigsten Zauber zu lernen, aber bitte überfordere dich nicht unnötig. Du hast genug Zeit in deinem Leben, um sie alle in Ruhe zu meistern. Und du weißt ich werde dich immer beschützen. Deine Großmutter.“ Wieder schossen ihr Tränen in die Augen. Sie schaffte es den Tränenfluss zu stoppen bevor er begonnen hatte und legte den Zettel zurück ins Buch. „Gut, was haben wir denn noch“, meinte sie. „Diese ganzen Flaschen… oh, da hat sie mir eine Liste geschrieben was was ist. Das ist ja praktisch. Arazungumserum, oh cool. Damit kann ich verzauberten Menschen wieder ihre Ursprungsform geben. Falls sie in Tiere verwandelt wurden. Ganz schön interessant und die Liste ist echt, echt lang. Ah, warte, da hat sie noch etwas dazu geschrieben. Liebe Anja, bitte verliere diese Liste nicht. Sie ist sehr, sehr wichtig. Da du noch viele der Substanzen nicht kennst. Du musst dir jetzt nicht alle durchlesen und merken, aber lass sie einfach dabei. Ich bitte dich auch alle anderen Gegenstände in dem Koffer zu lassen, so kannst du sie nicht verlegen und sie sind immer geschützt. Ich habe den Koffer mit einem Zauber an dich gebunden, damit du immer spürst wo er gerade ist. Auch eine recht nützliche Eigenschaft. Nun ja, auf jeden Fall viel Glück mit dem Ganzen. Ich habe dir auch eine Liste beigelegt wie man die ganzen Tränke nachmischt, falls sie dir mal ausgehen oder woher man sie bekommt. Erschreck dich nicht, sie ist ganz schön lang. Fast schon ein Buch. Viel Spaß noch mit den anderen Sachen. Deine Großmutter. Anja stellte das große Kästchen mit den vielen Tränken auf ihr Bett. „Sieh mal Itzy! Was ist das denn?“ Am Boden des Koffers lag noch ein zusammengelegtes kleines Ding. „Sieh mal, das sieht aus wie… hey das ist ja ein kleines Stoffding. Warte mal, hey Itzy das ist für dich. Das ist ein kleiner Anzug. Schlüpf mal hinein.“ Das musste sie dem Fuchs nicht zweimal sagen. Sofort war er drinnen. „Hey Itzy, wo bist du? Wo bist du hin? Wow du bist unsichtbar. Ist das cool. Itzy, komm wieder her. Ich sehe dich nicht. Wo bist du denn? Ich muss dir das Ding ja auch irgendwie wieder herunter geben. Ich… autsch, ah da bist du“, sagte sie als Itzy gegen ihr Bein gesprungen war. Vorsichtig zog sie ihm den unsichtbaren Anzug wieder vom Leib. Es war gar nicht so einfach, da Itzy nicht still halten konnte. Sobald sie es geschafft hatte begann er vor Freude im Kreis zu springen und begeistert zu zischen. „Was, du findest es toll unsichtbar zu sein weil du mich dann nerven kannst? Ach Itzy…“ Sie legte den silbernen Anzug zu den anderen Sachen aufs Bett. „Und was ist das? Das ist ja eine Karte!“ Sie betrachtete das Blatt Papier an dem verschiedene Symbole in verschiedenen Wald- und Wiesengebieten vermerkt waren. „Schau mal, sie hat mir wirklich eingezeichnet wo ich die Zutaten für die Tränke finde. Das ist echt toll. Hey, da ist noch so ein  Stoffstück aus dem dein Anzug ist. Das ist wohl für mich“, sagte sie.  „Obwohl das hier nur ein Armband ist. Glaubst du es funktioniert genauso? Ich probier es mal. Oh warte, das kitzelt, da ist noch ein Zettel drinnen. Liebe Anja“, begann sie zu lesen. „Ich weiß du hast den Anzug für Itzy vermutlich schon gesehen, oder wirst es noch finden. Das Armband und der Anzug machen euch auf jeden Fall unsichtbar. Ich hab für dich leider nur ein Armband, weil mir der Stoff ausgegangen ist. Also habe ich es so verzaubert, dass du nur den kleinen Knopf auf dem Armband drücken musst und dann ganz unsichtbar wirst. Ist ein bisschen praktischer, als Itzys Anzug, aber dafür funktioniert das Armband nicht immer so gut, wie der Anzug. Deine Großmutter.“ Anja wandte sich Itzy zu und lächelte. „Das ist toll. Echt toll.“ Sie streifte sich das Armband über und legte die anderen Dinge wieder zurück in den Koffer. Zuletzt holte beschloss sie den Umhang anzulassen und steckte Itzys kleinen Anzug in eine der vielen Taschen. Dann verschloss sie den Koffer wieder sorgfältig und stellte ihn zurück neben ihren eigenen.

 

Glaubst du wir dürfen hier Zaubern üben?“ Der Fuchs nickte. „Du meinst das dürfen wir einfach?“ Itzy grummelte. „Du bist lustig, ich soll einfach sehen ob uns jemand erwischt und dann fragen? Ich hoffe du hast Recht und wir dürfen das wirklich.“

Den Rest des Tages übte Anja zaubern. Sie übte sich im heilen, obwohl das ohne Verletzungen nicht unbedingt einfach war, aber sie merkte, dass es sie immer weniger Kraft kostete. Sie sah sich immer wieder um und probierte ein paar mal das Unsichtbararmband aus. Itzy stupste sie an. „Was ist denn? Oh, es ist schon 12. Komm wir müssen in den Speisesaal. Wie sollen wir den bloß finden?“ Itzy stand auf gähnte und sprang auf die Türklinke. „Du meinst ich soll dir folgen? Bist du dir sicher, dass du hin findest?“ Er grummelte und nickte selbstsicher. „Ok, wie du meinst.“ Sie gingen hinaus und Anja schloss die Zimmertür hinter sich. Dann flitzte der Fuchs auch schon los. Anja musste fast laufen, um mit ihm Schritt halten zu können. „Nicht so schnell Itzy. Warte!“ Widerwillig wurde der Fuchs ein wenig langsamer. Er blieb vor einer großen Tür stehen. Sie zögerte kurz, dann stieß sie sie auf. 

„Ah, da ist sie schon“, sagte der König, als sie den Speisesaal betrat. „Oh Mist, jetzt hab ich vergessen Itzy in den Rucksack zu geben“, dachte Anja. „Und das ist wohl dein seltsamer schwarzer Begleiter“, fuhr er mit einem Blick auf Itzy fort. Gekränkt knurrte Itzy. „Ähm, ja das ist Itzy, aber er mag es gar nicht wenn man abfällig über ihn spricht.“ „Oh, Entschuldigung“, meinte der König. Aber sie konnte heraushören, dass er es nicht ernst meinte. „Gut, dann setz dich mal.“ Zuerst fühlte sie sich unwohl nur mit dem König, Königin und der Prinzessin am Tisch zu sitzen und zu essen, aber sie gewöhnte sich schnell daran. Die Diener standen an den Türen und sahen ihnen zu. „Ich hab gehört du kannst zaubern“, sagte der König nach einer Weile und saß sie über die lange Tafel hinweg an. „Ich… naja, ein bisschen. Meine Großmutter hat es mir beigebracht. Nur das wichtigste halt, nicht viel mehr. Ich habe gehört Ihr versucht es ebenfalls“, versuchte sie die Aufmerksamkeit von sich weg zu lenken. „Ich habe gehört, dass Ihr es auch ein wenig könnt.“ „Oh, ja, aber nur so zum Spaß und ehrlich gesagt bringe ich es auch nicht wirklich gut hin. Ich schaffe es höchstens einen Schuh in eine Gurke zu verwandeln, nein entschuldige, ich meinte umgekehrt. Aber ich habe gehört dein seltsamer Fuchs hat meine Tochter gebissen und du hast es geheilt!“ „Oh, das ist doch ein leichter Zauber. Ich kann ihn Euch auch beibringen, wenn Ihr wollt“, meinte Anja. Sie verschwieg allerdings, dass man als Zauberer auch ein gewisses Talent brauchte, um ihn richtig ausführen zu können. „Ach, ich denke nicht, dass das nötig ist solange du das kannst. Weißt du, es ist mir eigentlich unangenehm, aber ich wollte dich in meiner Nähe haben falls dieser böse Ritter, von dem du vermutlich schon gehört hast. Wie hieß der noch mal? Ritter Krumuzan?“ „Ritter Kurumuzan“, besserte die Königin ihn aus. „Auf jeden Fall kann dieser Ritter auch ein wenig zaubern. Wenn du da vielleicht etwas gegensteuern kannst…“ „Ich bin nicht so gut“, sagte Anja erschrocken. „Mir ist schon klar, dass du ihn nicht besiegen kannst. Das wollte ich nicht damit sagen. Ihn nur ein wenig hinzuhalten, falls er es bis hierher schafft.“ „Was meint Ihr mit falls er es bis hierher schafft? Wenn er Zaubern kann wird er bis hier her kommen. Er wird Eure Soldaten einfach wie Fliegen töten.“ „Fliegen sind nicht so leicht zu erwischen“, erwiderte der König stur. „Wenn man ein Zauberer ist, ist das ein Kinderspiel.“ „Ach ja?“ Eine Fliege summte um den Kopf des Königs.

 

„Fliege sei still,

weil ich es will“,

 

sagte Anja schnell. Sofort fiel die Fliege tot zu Boden. „Seht Ihr“, meinte Anja. Fassungslos starrte der König die tote Fliege an. „Du bist besser als du tust“, erwiderte er schließlich. „ Meinst du, dass dieser Ritter so gut ist?“ „Meine Großmutter hat mir erst ziemlich spät von dem Ritter erzählt und dass er dieses Land erobern will. Um ehrlich zu sein eigentlich erst ein paar Tage bevor sie gestorben ist.“ „Was?“ Der König starrte sie fassungslos an. „Ich habe viel über ihn gelesen. Er soll ein guter Zauberer sein. Er kann zumindest das meiste, auch wenn er nicht sehr begabt sein soll. Er hat halt sehr hat daran gearbeitet, aber er soll sehr klug sein.“ „Und was soll ich dann deiner Meinung nach tun?“ „Irgendetwas mit dem er nicht rechnet.“ „Was womit er nicht rechnet?“ Der König sah sie verwirrt an. „Ruft die Soldaten zurück.“ „Aber dann wird er alle Bauernhöfe, die auf dem Weg hierher liegen dem Boden gleich machen.“ „Da habt Ihr Recht“, meinte Anja. „Dann werde ich zu ihm gehen.“ „Was!“ Der König schenkte ihr abermals einen fassungslosen Blick. „Dieser Ritter wird Unmengen an Menschen töten“, sagte sie und sprach schnell weiter. „Er wird auch meinen Bruder töten, wenn ich nichts dagegen tue. Und wenn der Ritter zaubern kann, dann sind sie ihm hoffnungslos unterlegen.“ „Weißt du, dass es ziemlich frech ist wenn ein zehnjährigen Mädchen zu behaupten es wüsste besser…“ „Ich bin schon fast elf“, unterbrach ihn Anja. „In ein paar Tagen habe ich Geburtstag.“ „Trotzdem…“ „Außerdem Ihr habt ja selbst gesagt, dass Ihr nicht viel von Zauberei versteht. Ich könnte auch fünf Fliegen töten statt dieser einen. Genauso wie ich es gerade getan habe. Genauso wie der Ritter es mit Euren Soldaten tun wird.“ „Und was willst du als fast schon elfjähriges Mädchen gegen diesen erfahrenen Ritter ausrichten?“ „Oh, ich und Itzy werden ihm schon Feuer unterm Hintern machen, damit er wieder verschwindet“, meinte sie selbstsicher. „Jetzt wirst du aber ziemlich überheblich.“ „Ach ja? Ihr habt Itzy noch nicht gesehen, wenn er wütend ist“, erwiderte Anja mit einem Lächeln. „Ok… War er denn nicht wütend, wie er meine Tochter gebissen hat?“ „Ach nein. Da hat er sich bloß geärgert.“ „Glaubst du wirklich, dass dein Fuchs einen Soldaten töten kann?“ „Wir töten grundsätzlich niemanden“, sagte Anja zögerlich. „Ich verschrecke sie. Sag ihnen was wir so machen können, oder belehre sie, aber ich töte sie nicht.“ „Also glaubst du, dass du diesen Ritter einfach so loswerden kannst, wenn du mit ihm redest?“ „Nein, ich werde mit ihm zaubern“, sagte sie ruhig. „Und ich werde etwas versuchen, aber ich weiß nicht, ob ich das schaffe. Ich…ähm…“ „Du willst es also wirklich mit dem Ritter aufnehmen?“ „Ja.“ „Ok…“ „Wenn ich diesen Ritter los werde…“ „Ja, was dann…?“ „Darf ich dann hier bleiben?“ „Oh natürlich dürftest du hier bleiben. Das dürftest du sowieso.“ „Ok, in Ordnung. Ich werde verscheuchen ihn. Ok? Ich darf es doch wenigstens versuchen, oder?“ „Nun ja, eigentlich haben wir deinem Bruder versprochen auf dich aufzupassen.“ „Ich kann auch sehr gut auf mich selbst aufpassen. Und wenn ich es nicht kann, kann es Itzy.“ „Na ja, ich weiß nicht, ob man einem Fuchs überlassen kann die Sicherheit eines elfjährigen Mädchens zu gewährleisten. Aber…“ Itzys Pfauchen unterbrach ihn. Der Fuchs sprang auf den Tisch und baute sich vor dem König auf. Er bäumte sich auf und knurrte ihn bösartig an. Seine Haare standen ihm zu Berge und er sah richtig furchterregend aus mit seinen funkelnden Augen. „Ich kann sehr wohl auf sie aufpassen“, knurrte er. „Der kann ja sprechen“, entsetzt sprang der König auf und wich einige Schritte zurück. „Oh ja, meine Großmutter hat dafür gesorgt, dass er sprechen kann, auf jeden Fall, dass wir seine Sprache verstehe. Was ich eigentlich auch kann wenn er für ihn normal spricht, aber auf jeden Fall…ähm… Das ist schwierig zu erklären. Aber Itzy sprich nur äußerst ungern und deshalb auch sehr selten, da es ihn ärgert, dass andere Menschen ihn sonst auch verstehen würden. Dann erschrecken sie sich nämlich immer, genauso wie jetzt.“ Itzy stand immer noch in der selben Position da. Seine Zähne blitzten gefährlich auf. „Okay, ich nehme es zurück. Der Fuchs kann sehr wohl auf dich aufpassen. Ja.“ „Ich heiße Itzy“, pfauchte Itzy. „Okay, Verzeihung Itzy. Du kannst sehr wohl auf Anja aufpassen.“ „Ja das kann ich“, sagte der Fuchs immer noch pfauchend. Dann sprang er wieder auf den Boden und wirkte äußerst zufrieden mit sich selbst. Anschließend rollte er sich gelassen neben Anjas Sessel ein. „Tut mir Leid. Itzy zuckt manchmal aus. Vor allem wenn man behauptet, dass er etwas nicht könnte“, meinte Anja. „Ein treuer Begleiter“, erwiderte der König. „Na gut. Ich gebe dir die Chance. Ich gebe dir die Chance dich dem Ritter entgegenzustellen.“ „Danke. Ich… danke für das gute Essen“, sagte sie schließlich. „Ich werde jetzt gehen und mich für die Reise vorbereiten. Falls Ihr es erlaubt. Und vielen Dank.“ „Ich sollte dir danken, wenn du es schaffst ihn uns vom Hals zu schaffen. Viel Glück. Ich muss dich vor deiner Abreise noch sprechen. Ich werde dir das schönste Pferd zur Verfügung stellen, das wir haben. Falls noch welche da sind. Auf jeden Fall vielen Dank, dass du es versuchst. Du darfst gehen.“ Anja verließ den Raum gefolgt von Itzy. „Itzy“, fragte sie als sie außer Hörweite der Diner waren. „Kannst du mich auch wieder zurück in mein Zimmer bringen?“ Itzy grummelte zufrieden. „Du bist ganz schön überheblich, wenn du das sagst.“ Nun war sein Grummeln nicht mehr so freundlich. „Ja, ja, ich weiß du hast eine gute Nase. Also los bring mich hin. Bitte“, fügte sie hinzu, als Itzy nur beleidigt die Nase in die Luft streckte. Der Fuchs sah sie kurz an, dann flitzte er los. So schnell, dass Anja ihm schon wieder kaum flogen konnte. Sie schlitterte ihm keuchend hinterher und war erleichtert, als sie vor ihrer Zimmertüre stehen blieben. Sobald sie drinnen war ließ sie sich aufs Bett fallen. „Ach Itzy, was soll ich denn jetzt machen. Ich kann doch den Ritter nicht einfach so besiegen. Ich war viel zu vorlaut.“ Der Fuchs grummelte. „Ach, ich bin nicht einfach nur zu bescheiden. Ich kann das wirklich nicht.“ Itzy grummelte erneut und stupste den Koffer an. „Willst du schon wieder etwas aus dem Koffer. Wie soll uns etwas daraus etwas bringen?“ Der Fuchs grummelte abermals und stupste ihn erneut an. „Ok, ok. Ich öffne ihn ja schon.“ Sie schob den Fuchs beiseite und sprach den Zauber.

 

„Zauber, Zauber in dem Koffer,

Lass mich rein, oder lass mich raus

Ich will nun sehen was in dir haust,

Lass mich rein,

Ich hab das Recht,

Meine Absichten sind echt,

Ich bin Anja. Lass mich rein,

Du wirst nun mein sein.“

 

Der Koffer öffnete sich. „Und was soll ich jetzt machen“, fragend sah sie den Fuchs an. Itzy zog eines der Bücher heraus und begann mühsam mit der Schnauze die Seiten umzublättern. „Aber das ist doch für gute Magier!“ Der Fuchs grummelte ungeduldig. „Ja ich weiß, Großmutter hat gesagt, dass ich das vermutlich auch schaffen werde, aber…“ Entschlossen legte Itzy die Pfote auf eine Seite. „Ich soll das lesen? Na gut. Du hast gewonnen.“ Sie zog das Buch unter seiner Pfote weg und begann zu lesen. „Serantatunan. Dieser Zauberspruch ist im Grunde ziemlich schwierig, auch wenn er leicht zu erklären ist. Dieser Zauberspruch nimmt einem beliebigen anderem Zauberer ihre Zauberkraft. Uh das klingt gruselig“, sagte sie an Itzy gewandt. „Allerdings funktioniert er nur, wenn derjenige kein besonders großes Talent zu zaubern besitzt“, las sie weiter.  „Wenn sozusagen seine Ganze Kraft aus dem aufsagen von Sprüchen besteht und er sie nicht spürt und mit dem Herzen zaubert, wie die meisten äußerst begabten Magier es tun. Wenn jemand mit dem Herzen zaubert ist es so gut wie unmöglich ihm die Magie zu nehmen. Du meinst ich könnte es bei dem Ritter machen? Der König meinte er sei nicht besonders begabt.“ Schon wieder etwas selbstsicherer sah sie Itzy an. Zustimmend grummelte der Fuchs und nickte entschlossen. „Und ich muss mir keine Sorgen machen, dass er den Zauber bei mir anwendet. Großmutter hat immer gemeint ich wäre die begabteste Zauberin, die sie kennt. Ok, schauen wir mal wie der Zauber funktioniert.“ Sie beugte sich wieder über das Buch und las weiter.

 

„Zauberkraft in meinem Herzen,

Zauberkraft in deinem,

bitte verlasse sofort,

deinen Ort,

lasse das deine zu meinem werden,

das sie sich werden vereinen,

du missbrauchst die Zauberei,

du missachtest sie,

wirst deshalb nun von ihr frei,

ich möchte dies nicht länger sehn,

du sollst verstehen,

sollst sehen wie es wird andren gehen,

du sollst verstehen,

und nun vergehen,

wenn du so bösartig deine Kraft nützt,

du sollst nun erleben,

nicht mehr nach Macht zu streben,

wirst es nun sehn,

denn deine Kraft wird vergehn,

schnell noch schnell,

gleich wird es hell,

du stehst nun da,

es wird dir klar,

die Zauberkraft ist weg,

ist nicht mehr da“,

 

Anja verstummte. „Klingt nicht besonders schwer. Ich muss mir das bloß merken.“ Itzy grummelte erneut. „Itzy, was willst du denn jetzt aus meinem Koffer“, seufzte Anja, als der Fuchs ihn mit der Schnauze anstieß. „Ok, ok, ich öffne ihn schon. Gedulde dich ein bisschen. Ich weiß was du willst.“ Sie wühlte in ihrem Koffer und holte ihr kleines Notizbuch und einen Bleistift hervor, dann schrieb sie den Zauberspruch ab. „Besonders schwer ist der nicht. Diesen schweren Zauber muss man mit ganzem Herzen fühlen, während man ihn spricht“, zitierte sie aus dem Buch. „Und mit voller Seele dabei sein. Und ihn wie bei jedem Zauber fehlerlos sprechen. Das ist ja selbstverständlich. Damit hab ich ja kein Problem“, sagte Anja an Itzy gewandt. Der Fuchs nickte zustimmend. „Gut. Das war alles. Ich glaube ich lasse die Bücher besser hier. Das ist auf jeden Fall klüger, dann bleiben sie heil.“ Itzy grummelte. „Was meinst du denn jetzt schon wieder Itzy?“ Der Fuchs steckte seine Nase in den Koffer und zog das kleinste Buch aus dem großen Stapel im Koffer und steckte es es in die größte Tasche ihres mitwachsenden Umhanges. Augenblicklich verschwand es. „Itzy, was hast du gemacht“, fragte sie ungläubig. Vorsichtig griff sie in die Tasche, in der das Buch verschwunden war. Sie ertastete es, zog es heraus und hielt es sicher in der Hand. „Seltsam. Diese Tasche ist… oh, da ist ja auch ein Zettel drinnen.“ Überrascht zog sie ihn heraus und begann laut zu lesen. „Liebe Anja. Dieser Umhang ist mein Meisterwerk. Ich hätte auch noch ein paar andere Funktionen einbauen können, aber ich glaube dann hätte ich den Überblick verloren. Wie du vielleicht schon bemerkt hast kann er mit dir mitwachsen. Außerdem ist er wind- und wasserdicht. Dir wird nie kalt oder heiß mit ihm werden. Der Umhang besitzt die Fähigkeit alle Zauber mit denen er in Berührung kommt entweder zu stärken, oder zu schwächen. Je nachdem was du gerade wünschst. Kommen wir zu den Taschen. Du kannst in sie hinein geben soviel du willst, ohne das er schwerer wird. Unteranderem auch größere Dinge. Zum Beispiel ein Pferd, wenn du willst und es würde in der Tasche verschwinden ohne das jemand erahnen würde, dass er da sei. Ich würde dir allerdings nicht empfehlen lebendige Wesen hinein zu geben. Einerseits ist das Tierquälerei und andererseits neigen Lebewesen dazu nicht still zu halten und dann könnte es zu äußerst unangenehmen Zwischenfällen kommen. Wenn du in die Taschen greifst spürst du den Inhalt, kannst ihn aber nicht sehen. Also sei vorsichtig das du dir merkst was du in die Umhangtaschen gibst sonst findest du es am Ende nie wieder, weil du nicht daran denkst, dass es im Umhang ist.“ Anja verstummte. „Wow. Cool.“ Itzy grummelte zustimmend. Sie fuhr fort. „Ich habe dir in der Kapuze ein wenig mehr Platz gelassen falls Itzy sich darin verkriechen will. Deine Großmutter.“ Anja kamen schon wieder fast die tränen. „Sie war so nett und hat so viel für mich getan, Itzy.“ Sie schluckte und wandte sich wieder dem Buch zu. „Gut den Zauberspruch hab ich abgeschrieben. Und weil du es so willst nehme ich alle Bücher mit“, sagte sie an Itzy gewandt. Anja nahm sie aus dem Koffer und verstaute sie in den Taschen. Dabei bemerkte sie, dass der Beutel mit den Steinen noch in einer der Taschen war. „Großmutter hat Recht ich muss mir wirklich merken was ich in den Taschen habe. „Was soll ich denn noch hinein geben? Ich weiß ja nicht was ich brauchen könnte. Was haben wir denn noch. Oh warte hier ist die Liste.“ Sie zog sie aus den Überbleibseln im Koffer. Sie strich sie mit den Finger entlang und suchte nach einem der Tränke, die heilten. „Virataturstinktur, tröpfle sie auf eine Wunde und sie wird sofort verheilen, egal wie tief sie ist. Gut das kommt auf jeden Fall mit. Was ist mit dem?“ Sie deutete auf einen Trank und sah Itzy fragend an. Der Fuchs grummelte. „Du hast Recht“, meinte Anja und lachte. „Ich nehme sie einfach alle mit. Ich spüre das Gewicht ja eh nicht, wenn wir unterwegs sind.“ Kurzerhand packte sie alle anderen Sachen, die sich noch im Koffer befanden ein und achtete dabei darauf, dass sie noch genau wusste was sie wohin gegeben hatte. Dann ließ sie den nun leeren Koffer wieder zuschnappen und seufzt. „Ich bin bereit für die Reise Itzy.“ Sie legte sich den Umhang um, von dem sie überrascht war, dass er immer noch gleichviel wog, jetzt wo sie so viele Dinge hineingestopft hatten, obwohl sie wusste, dass der Zauber so funktionierte. Dann deutete sie Itzy an in die Kapuze zu springen. Der Fuchs grummelte. „Ich werde den Rucksack nicht mitnehmen Itzy.“ Dafür erntete sie nur ein grummeln. „Ja ich weiß er ist sehr bequem, aber ich hab schon alles in die Umhangtaschen gegeben. Weshalb sollte ich dann einen Rucksack mitnehmen? Komm schon. Gehen wir. Zeigen wir dem König, dass wir bereit sind.“ Itzy grummelte unsicher. „Hast du jetzt etwa Angst?“ Itzy grummelte. Dieses mal länger als sonst. Anja sah ihn kurz an. „Du hast Recht. Ich sollte mir sicherheitshalber das Notizbuch mit den wichtigsten Zaubersprüchen mitnehmen.“ Sie ging zu ihrem Koffer und öffnete ihn. Es dauerte nicht lange, dann hatte sie das Notizbuch schon gefunden. Schnell steckte sie es in die Tasche mit dem anderen Notizbuch. „Gehen wir jetzt?“ Itzy grummelte zufrieden. „Kannst du mich wieder hinbringen? Ich weiß nicht mehr wie ich hinkomme.“ Itzy nickte zufrieden. Kaum das sie die Tür geöffnet hatte zischte er los. „Itzy! Nicht so schnell. Wie oft muss ich dir das noch sagen“, rief sie ihm hinterher. Sie rannte los und wär um ein Haar mit einem Diener zusammengestoßen. „Oh, Entschuldigung…Tut mir Leid“, stammelte sie. „Hey, was machst du denn hier“, sagte sie, als sie erkannte mit wem sie da gerade zusammengestoßen war. Zik sah sie beunruhigt an. „Ich soll dir ein Pferd satteln. Ich habe gehört du willst es mit dem Ritter aufnehmen. Ist das wirklich wahr?“ „Ja. Und ich werde ihn besiegen. Und ich weiß auch schon wie“, erwiderte Anja stolz. „Aber sag es bitte niemandem, ok? Ich möchte, dass das ein Geheimnis bleibt.“ „Aber der König erzählt es doch schon jedem!“ „Ja. Aber er weiß nicht, dass ich schon weiß wie ich ihn besiege.“ „Oh… Ok. Na dann viel Glück. Ich mach dein Pferd schon mal für dich startklar. Oder willst du noch nicht aufbrechen“, fragte Zik. „Doch. Natürlich will ich sofort aufbrechen. Je schneller ich dort bin desto weniger Menschen müssen sterben“, erwiderte Anja. „Ok.“ „Danke“, flüsterte sie. „Du bist toll.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und rannte los. „Los, wir müssen zum König“, sagte Anja zu Itzy, der an der nächsten Ecke stand und sie missbilligend ansah. Kaum das sie ihn erreicht hatte rannte er auch schon wieder los. „Aber nicht so schnell“, brüllte sie ihm hinterher. Sie konnte hören, wie Itzy die Augen verdrehte während er grummelte, um ihr zu zeigen, dass sie sich gefälligst beeilen sollte. Er hörte aber auf sie und wurde ein bisschen langsamer.

 

Nach einer Weile standen sie wieder vor der großen Tür. Sie blieben davor stehen. „Wow. Gesten war ich viel zu müde, um zu bemerken wie schön die Tür eigentlich verziert ist. Entschuldigung“, sagte Anja zu dem Diener, der davor stand. „Ja.“ Der Mann klang nicht besonders begeistert. „Könntest du uns beim König anmelden?“ „Natürlich“, sagte er in genau dem selben Ton wie zuvor. Er öffnete die Tür und Anja konnte gedämpft hören wie er etwas zum König sagte. Ungeduldig wartete Anja bis der Diener wieder heraus kam und war kurz davor sich bei Itzy über das ständige warten zu beschweren. „Der König erwartet dich.“ Anja nickte und trat zusammen mit Itzy ein. Dieses Mal kam ihr die Halle nicht so bedrohlich vor. „Vielleicht hab ich mich einfach schon daran gewöhnt mich in großen Räumen, die schön verziert sind zu bewegen“, flüsterte sie Itzy zu. Leise grummelnd stimmte ihr Itzy zu. Sie schritt vor den König. Dieses Mal war er alleine. Seine Tochter und seine Frau waren nicht da. „Eure Majestät“, sagte sie. „Ich wäre nun bereit abzureisen und es mit dem Ritter aufzunehmen.“ „Bist du sicher das du… ich meine du bist doch erst fast elf… bist du sicher, dass du es mit dem Ritter aufnehmen willst?“ „Ja“, erwiderte Anja entschlossen. „Ich habe mich gut über ihn informiert. Ich weiß alles über ihn“, sagte sie mit dem Wissen, dass es nicht stimmte. Ihr fiel ein, dass ihr Großmutter ihr ein Buch über Ritter Kurumuzan geschenkt hatte, dass sie weder mitgenommen noch gelesen hatte. „Ich wäre nun bereit“, sagte sie abermals. Stumm sagte sie den Zauber auf mit dem sie Dinge, die sie vergessen hatte in ihre Taschen befördern konnte. „Dinge, die ich vergessen habe, vergessen, vergessen, vergessen, egal ob zum trinken oder essen, was auch immer ich hab vergessen, Trinken und Essen, das Buch das ich brauch, tauch in meiner Tasche auf.“ Sie spürte wie das Buch in einer Tasche der Umhangs landete. „Ich wäre jetzt startklar. Ich kann ihn besiegen. Glaub ich jedenfalls.“ „Und wie willst du das tun?“ „Das weiß ich noch nicht genau“, antwortete Anja. Sie wusste, dass wenn sie es ihm sagen würde der Ritter es schon wüsste bevor sie ihn überhaupt erreicht hatten. „Etwas für sich zu behalten kann er nicht unbedingt gut“, raunte sie Itzy zu. „Ich habe bereits den Befehl gegeben dir ein Pferd satteln zu lassen. Es müsste schon fertig im Hof stehen. Ein Diener wird dich hinbringen. „Natürlich.“ „Nun ja. Dann… du solltest los“, sagte der König. „Ok, danke“, sagte Anja und verließ mit Zustimmung des Königs den Saal.

Der Diener führte sie in den Hof. Sie konnte schon das Pferd sehen, als sie jemand ansprach. „Halt, wartet.“ Der Diener wandte sich um. „Prinzessin Sissiana!“ „Ich würde gerne noch mit Anja unter vier Augen reden. Unter sechs“, besserte sie mit einem Blick auf Itzy aus. „Oh, natürlich“, sagte der Diener und führte sie in den nächstgelegenen Raum. Damit sie nicht gestört wurden platzierte er sich vor die Tür und sorgte dafür, dass niemand hinein kam. Die Prinzessin wandte sich Anja zu sobald sie alleine waren. „Ich wollte dir noch viel Glück wünschen. Glaubst du wirklich, dass du ihn schlagen kannst?“ „Ja.“ „Aber wenn du noch nicht einmal weißt wie?“ „Ich weiß schon wie. Aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob es auch wirklich funktioniert“, sagte Anja ruhig. Die Prinzessin sah sie beunruhigt an. „Und was ist wenn es nicht funktioniert?“ „Dann werde ich von dort so schnell wie möglich wieder verschwinden. Bevor er mich tötet. Aber dann wüsste ich wenigstens, dass ich es versucht habe.“ „Das ist gut. Man sollte nie vor etwas davon laufen solange man nicht ausprobiert hat, ob man es nicht bezwingen kann. Ich wünsche dir viel Glück. …und ich würde dir gerne noch etwas sagen.“ „Was denn?“ „Ich mag deinen Bruder sehr gerne und ich wünsche mir genauso sehr wie du, dass er wohlbehalten zurück kommt.“ „Ich finde es schön, dass er hier Freunde gefunden hat“, erwiderte Anja. „Und Ihr seid wirklich nett.“ „Ich wünsche dir sehr, sehr viel Glück. Bring deinen Bruder bitte wieder mit zurück.“ „Danke. Das werde ich.“ Sie machte einen Knicks vor der Prinzessin und sprach: „Ich muss jetzt los. Wenn Ihr mich entschuldigt.“ „Aber natürlich.“ Anja huschte mit Itzy aus dem Zimmer in den Hof und blieben vor dem Pferd stehen. Es war ein schönes graues Pferd, noch ziemlich jung. „Toll, dass der König überhaupt noch so ein gutes Pferd da hat“, dachte Anja.

„Ok, Itzy. Los geht‘s. Am besten springst du gleich in meine Kapuze, dann kann ich schneller reiten und du gehst nicht verloren.“ Der Fuchs grummelte unzufrieden. „Ich weiß, dass du schnell laufen kannst, aber du hast nicht die selbe Ausdauer, wie das Pferd und wir werden sicher auch durch Dörfer kommen.“ Itzy grummelte erneut. „Ja ich weiß. Das stimmt, aber dann hast du noch Kraft wenn wir dort sind.“ Dafür erntete sie ein weiteres Grummeln, allerdings gab der Fuchs widerwillig nach und sprang in ihre Kapuze. Sie schwang sich auf das Pferd, das Zik zu ihr führte und ihr anschließend die Zügel reichte. „Danke“, sagte sie mit einem Lächeln. Zik erwiderte es schwach. Dann zog sie die Zügel stramm und ritt durch das Burgtor. Kaum war sie draußen, trieb sie ihr Pferd noch härter an. „Schneller, schneller“, sagte sie. „Los, los, schneller.“ Sie hoffte, dass das Pferd vorher gut mit Wasser und Futter versorgt worden war. Es war zwar nicht selbstverständlich, aber sie vermutete, dass der König daran gedacht hatte, damit sie möglichst schnell reiten konnte. „Es wird ungefähr zwei Tage dauern, bis wir den Ritter erreicht haben. Und gegen ihn kämpfen müssen“, sagte sie zu Itzy. Der Fuchs grummelte. „Ja ich weiß, dass du schlafen willst, aber ich… ich hab angst.“ Der Fuchs grummelte erneut. „Danke“, erwiderte Anja sarkastisch. „Nur weil du da bist soll ich mir keine Sorgen machen?“ Itzy grummelte zuversichtlich. „Es wird schon alles gut gehen? Aber wie…“ Itzy unterbrach sie mit einem Grummeln. „Du hast Recht. …Großmutter hat Recht. Ich sollte mir keine Sorgen machen. Sie wird mich beschützen“, sagte Anja beinahe schon selbstsicher. Sie konnte spüren, wie Itzy in ihrer Kapuze zustimmend nickte. Dann rollte er sich ein und begann leise zu schnarchen.

Sie ritten die Nacht durch. Anja vergewisserte sich, dass sie nicht vom Pferd fallen würde, dann flüsterte sie dem Pferd einen Zauber ins Ohr.

 

„Führ mich ans Ziel,

wo ich hin will, l

ass dich von mir leiten,

damit ich in den Schlaf kann gleiten.“

 

Dann lehnte sie sich an seinen Hals und schlief ein, mit dem Wissen, dass sie, wenn sie sich die Karte genau eingeprägt hatte sie schon ein Drittel des Weges geschafft hatten, sobald sie wieder aufwacht. Sie schlief. Zwar nicht besonders gut, aber sie schlief.

 

Am zweiten Tag war noch immer nichts von Ritter Kurumuzan zu sehen. „Sie müssen ihn offenbar schon ein Stück zurückgetrieben haben“, sagte sie laut. „Oder ich bin schon zu weit, aber dann müsste ich sie doch gesehen haben.“ Itzy grummelte. „Ja. Stimmt wir müssten schon an ihnen vorbeigekommen sein. Oder wir müssten zumindest Überbleibsel der Schlacht sehen, aber wo sind sie?“ Itzy grummelte und sah an ihr vorbei Richtung Süden. Anja folgte ihrem Blick und sah die erste Rauchsäule. „Oh, sie sind nicht den direkten Weg gegangen sondern sind ein Stück weiter hinunter gezogen.“ Sie kamen näher und konnten nun die ersten niedergebrannten Häuser sehen. An manchen Stellen war der Boden schwarz. An den meisten. An manchen Stellen konnte man noch erahnen was sie einst gewesen waren, aber sie traten nur vereinzelt auf. „Sie sind eindeutig da lang geritten“, sagte sie tonlos zu Itzy. „Da brauchen wir vermutlich noch einen halben Tag, bis wir sie erreicht haben. Es ist zwar schon dunkel, aber wenn wir durchreiten, sind wir morgen sicher bei ihnen.“ Itzy grummelte und zog an ihrem Ärmel. „Was?“ Itzy streckte seine Nase hinauf Richtung Nachthimmel. Der Mond strahlte hell auf sie hinunter. Anja lächelte. „Du hast Recht! Wir können die Steine befragen. Sie stieg vom Pferd und holte nach einigem Suchen den Beutel mit den Steinen aus einer Tasche ihres Umhangs. Dann suchte sie sich die Stelle mit dem wenigsten Ruß und legte die Steine wie auf dem Zettel, den Großmutter ihr gegeben hatte beschrieben auf.

 

„Steinezauber funktionier,

sag‘s mir jetzt und hier,

was ich tun soll bitte sehr,

gib mir nur nen Rat,

ich will nicht mehr,

sag mir was das beste wär,

bitte und auch danke sehr.“

 

Zwischen den Steinen bildeten sich leuchtende Linien und in der Mitte, zwischen ihnen stieg weißer Nebel auf. Dann klang eine Stimme daraus hervor. „Ich bin der Diamantengeist. Der allwissende Geist. Ich werde dir Rat schenken. Jede Frage beantworten können, die du stellst, die es gibt. Doch nur eine zur gleichen Zeit. Überlege gut, denn du kannst mir erst nächsten Vollmond wieder eine Frage stellen. Was möchtest du wissen?“ Anja holte tief Luft. „Ich habe eine Frage an dich. Nein, eigentlich ist es nicht wirklich eine Frage an dich“, sagte sie mit fester Stimme. „Welchen Rat würde meine Großmutter mir jetzt geben?“ Sie konnte spüren, wie der Diamantengeist sie lange ansah. „Eine sehr sehr kluge Frage“, sagte er schließlich. „Deine Großmutter würde dir jetzt den Rat geben…“, die Stimme des Geistes verschwand und wurde durch eine andere ersetzt – die ihrer Großmutter. „Ach Anja“, hörte sie sie sagen, in dem selben Tonfall, wie sie es immer gesagt hatte. „Du weißt doch ich bin immer bei dir, habe dir immer geholfen, helfe dir immer und werde es auch für den Rest deines Lebens tun. Du musst nicht einen Diamantengeist fragen was ich dir raten würde. Das weißt du selbst ganz genau, aber ich werde es für dich nochmals laut aussprechen. Du tust genau das richtige. Du wirst diesen Ritter besiegen. Er hat kaum Talent und im Gegensatz zu dir überhaupt keines. Du hast das Talent. Du wirst es schaffen und du hast auch sicher mehr Übung, als er. Ich habe dir so viel beigebracht. Du wirst es schaffen ich weiß es. Mein Rat an dich? Geh einfach in diese Richtung weiter. Du wirst nur noch zwei Stunden brauchen, dann bist du dort. Ich bin stolz auf dich. Du musst nur an dich glauben.“ Die Stimme ihrer Großmutter ging wieder in die des Diamantengeists über. „…das würde sie sagen“, sprach der Geist weiter. „Das war deine eine Frage. Wir sehen uns beim nächsten Vollmond.“ Dann begann sich der Nebel aufzulösen und die Linien erloschen.

„Hast du gehört Itzy? Wir werden es schaffen“, sagte sie selbstsicher. Itzy grummelte. „Jetzt tu nicht so, als hättest du das gewusst. Du hast dir genauso Sorgen gemacht, wie ich. Also los, reiten wir weiter.“ Sie sammelte die Steine vom Boden auf, ließ sie zurück in den Beutel und diesen in ihre Umhangtasche gleiten. Dann schwang sie sich aufs Pferd und trieb es erneut an. Ihre Großmutter in Form des Diamantengeistes hatte Recht behalten. Kaum zwei Stunden später konnten sie die Zelte sehen. Dann begann das Meer aus Leichen. Bei der Ersten hatte Anja vor Schreck fast aufgeschrien, aber je mehr sie sahen, desto stiller wurde sie. Itzys Grummeln unterbrach ihre Gedanken. „Ja, ich kann den Zauberspruch schon auswendig.“ Der Fuchs grummelte erneut. „Ok. Das ist eine gute Idee. Wir werden zuerst in das Lager des Königs reiten und ihnen sagen, dass wir uns um den Ritter kümmern werden. Dass wir Ritter Kurumuzan herausfordern werden. Dann gehen wir zu ihm und besiegen ihn.“ Itzy grummelte zustimmen. „Gut. Dann machen wir es so.“ Als sie in das Lager des Königs kamen, wurden sie einfach nur verdutzt angestarrt.

Tobias glaubte seinen Augen nicht trauen zu können, als er seine kleine Schwester einfach so auf einem Pferd in ihr Lager reiten sah. „Ich würde gerne zur Rechten Hand des Königs“, sagte sie mit fester Stimme. „Natürlich“, sagte einer der umherstehenden Soldaten mit Hohn in der Stimme. „Du kleines Gör verlangst die Rechte Hand des Königs zu sprechen?“ „Genau. Das tue ich. Und du wirst mich zu ihm bringen, oder…“, sie machte eine kurze Pause, in der erwartungsvolle Stille herrschte und lächelte. „Oder ich werde dich in eine Kröte verwandeln.“ Die Soldaten brachen in schallendes Gelächter aus. Nur Tobias lächelte still und wusste was jetzt kam. „Wie du willst“, meinte Anja. „Nett das bist du nicht, du bist wirklich ein Krötengesicht, und ne Kröte sollst du sein, Bei Sonnen- und bei Mondenschein“, fuhr Anja fort, als wäre der Spruch Teil ihrer Unterhaltung. Kaum das sie verstummt war, verwandelte sich der Soldat wirklich in eine Kröte. Geschockt sahen die anderen Soldaten sie an, dann sobald sie sich von ihrem Schock erholt hatten, brüllten sie vor Lachen. Tobias lächelte ein wenig. Er hatte sofort gewusst, dass sie es ernst gemeint hatte. „Verwandle mich sofort zurück“, quakte der Krötensoldat, als ihm bewusst wurde was gerade geschehen war. „Nur wenn du mich dann zur Rechten Hand des König bringst“, erwiderte Anja gelassen. „Na gut, na gut. Ich mach alles was du willst, aber verwandle mich wieder zurück“, flehte der Krötensoldat quakend. „Na gut“, meinte Anja. „Kröte die du nun bist, verwandle dich zurück, Kröte die du mal warst, das ist dein Glück.“ Mit einem leisen Plopp verwandelte sich die Kröte wieder zurück in den Soldaten, der nun plötzlich äußerst kleinlaut war. „Ok. Ich bringe dich sofort zur Rechten Hand des Königs“, stotterte er sobald er seine Stimme wiedergefunden hatte. Dann rannte er los und Anja folgte ihm.

Er blieb vor einem großen Zelt stehen. Das Zelt der Rechten Hand des Königs. „Das ist es“, sagte der Soldat und deutete auf das Zelt, dann ließ er sie alleine. Sie trat ein. Itzy saß immer nicht in ihrer Kapuze und lugte misstrauisch hervor. Der Ritter, der die Rechte Hand des Königs war, drehte sich um und stutzte. „Was willst du hier“, fragte er barsch. „Ich wollte euch vorwarnen, dass ich in Kürze Ritter Kurumuzan herausfordern werde.“ „Willst du mich auf den Arm nehmen“, lachte der Ritter. „Nein. Das meine ich ernst. Ich werde ihn herausfordern.“ Die Rechte Hand des Königs schüttelte den Kopf. „Du solltest lieber wieder zurück zu deiner Mami gehen und zu den anderen kleinen Kindern. Verschwinde.“ „Gut“, sagte Anja. „Lacht ruhig weiter über mich solange ihr hier bleibt und mir nicht in die quere kommt. Ich werde ihn noch heute herausfordern. Bleib einfach hier“, damit drehte sie sich um und schritt aus dem Zelt. „Gehen wir zu Ritter Kurumuzan, Itzy. fordern wir ihn heraus bevor die Dummköpfe da drinnen die Chance haben und davon abzuhalten. Sie schritt auf ein paar Soldaten zu, die vor ein paar Zelten in der Nähe standen und sich unterhielten. „Entschuldigung“, sagte Anja zu ihnen. „Könntet ihr mir vielleicht sagen welche Zauber Ritter Kurumuzan gerne und häufig verwendet?“ Die Soldaten sahen sie kurz verblüfft an, dann antwortete ihr einer von ihnen. „Er schießt gerne Feuer auf uns.“ „Deshalb haben wir versucht ihm auszuweichen und die dichter besiedelten Gebiete versucht zu meiden“, fügte ein anderer hinzu.“ Er ist auch sehr gut darin Waffen zu verzaubern. Jeder ihrer Pfeile hat getroffen, egal wie dumm sie sich angestellt haben“, sagte ein weiterer Soldat und Anja konnte ihm ansehen, dass ihm das ganze unheimlich war.

 

 Anja bedankte sich bei ihnen, schwang sich auf ihr Pferd und ritt aus dem Lager. In der Mitte des Schlachtfelds, zwischen den beiden Fronten blieb sie stehen. Sie hielt Itzy den kleinen Anzug hin. Der Fuchs grummelte missmutig, sprang jedoch hinein. Ich dachte du magst es unsichtbar zu sein.“ Der Fuchs grummelte erneut. „Wieso beschwerst du dich dann?“ Itzy grummelte erneut. „Nur weil es dir Spaß macht? Ist das dein Ernst?“ Sie schüttelte nur den Kopf und sie hätte schwören können Itzy wirkte zufrieden, hätte sie ihn sehen können. Anja ließ das Pferd laufen, dass nun eilig zurück in Richtung Lager galoppierte. Dann sprach sie,

 

 

„Meine Stimme werde laut,

dass es allen die Ohrn raus haut.“

 

Sie holte tief Luft und begann zu sprechen. „Ritter Kurumuzan“, schallte ihre Stimme bis ins Lager des Ritters hinüber. „Ich fordere dich heraus. Zu einem Zauberduell. Da du ja nichts anderes kannst, also komm und stelle dich mir. Oder ergib dich.“

 

Sie wartete einige Minuten, dann kam eine erboste Stimme zurück. „Wer wagt es mich herauszufordern?“ „Ich“, erwiderte Anja. „Komm und stell dich mir. Oder ergib dich und verlasse mit deinen Truppen das Land.“ Sie wartete, aber sie bekam keine Antwort mehr. Sie wollte gerade abermals den Ritter herausfordern, als der unsichtbare Itzy neben ihr grummelte. Anja kniff die Augen zusammen und konnte erkennen, wie eine Gestalt auf einem Pferd sich ihr in schnellem Tempo näherte. Ungeduldig wartete sie auf den Ritter. Sein Pferd blieb wenige Meter vor ihr stehen und bäumte sich auf. Mit einem Satz war er auf dem Boden. Kaum dass er ihn berührt hatte sprach er auch schon. „Du wagst es mich herauszufordern?! Du bist doch nur ein kleines Kind. Ich werde dich im nu in eine Schnecke verwandeln.“ Er schäumte vor Wut. „Oh, das würde mich nicht stören. Ich kann mich ohne Probleme wieder zurück verwandeln“, sagte Anja und war stolz darauf wie gelassen ihre Stimme klang. „Ach ja? Dann lass uns das doch mal ausprobieren.

 

Ene mene eins zwei drei…“,

 

begann er, aber Anja war schneller.

 

„Eine Schnecke werd ich nicht,

spuck ich dir in dein Gesicht“,

 

sagte sie bevor er den Zauber fertig sprechen konnte. Es prickelte kurz und der Teil des Zaubers, den der Ritter bis jetzt ausgesprochen hatte wurde auf der Stelle unbrauchbar „Was! Du wagst es meinen Zauber zu zerstören. Das wirst du noch bereuen“, brüllte der Ritter.

 

„Bitte gib nun endlich ruh,

eine Kuh die mach jetzt Muh“,

 

erwiderte Anja. Augenblicklich verwandelte sich der Ritter in eine Kuh. „Na warte! Ich kann mich auch zurück verwandeln“, muhte der Ritter. Das war Anja bewusst, aber so hatte sie ein wenig Zeit sich für den Zauber, den sie eigentlich sprechen wollte vorzubereiten. Sie wusste, dass es nur funktionieren würde, wenn sie sich ganz genau auf den Zauber konzentrieren würde. Während der Ritter den Zauber, der ihn zurückverwandelte muhte, sah Anja ihn an und konzentrierte sich auf seine Zauberkraft. Dann flüsterte sie kaum hörbar den Zauber.

 

„Zauberkraft in meinem Herzen,

Zauberkraft in deinem,

bitte verlasse sofort,

deinen Ort,

lasse das deine zu meinem werden,

das sie sich werden vereinen,

du missbrauchst die Zauberei,

du missachtest sie,

wirst deshalb nun von ihr frei, ich möchte dies nicht länger sehn,

du sollst verstehen,

sollst sehen wie es wird andren gehen,

du sollst verstehen,

und nun vergehen,

wenn du so bösartig deine Kraft nützt,

du sollst nun erleben,

nicht mehr nach Macht zu streben,

wirst es nun sehn,

denn deine Kraft wird vergehn,

schnell noch schnell,

gleich wird es hell,

du stehst nun da,

es wird dir klar,

die Zauberkraft ist weg,

ist nicht mehr da.“

 

Kurz bevor sie geendet hatte, hatte der Ritter es geschafft die Kuhform loszuwerden. „Das wirst du noch bereuen. Jetzt werde ich dich in eine Kröte verwandeln, gen genau das bist du“, dann war Anja fertig, allerdings schien der Zauber keine Sichtbare Wirkung zu zeigen.

 

„Nett das bist du nicht, du bist wirklich ein Krötengesicht,

und ne Kröte sollst du sein,

Bei Sonnen- und bei Mondenschein“,

 

rief der Ritte, doch nichts geschah. „Was! Na gut, dann werde ich dich jetzt einfach töten, du kleine lästige Fliege.

 

Dummes Mädchen sei still,

weil ich es will.“

 

Anja sah ihn leicht irritiert an, dann sagte sie. „Dafür, dass ich tot sein sollte schaue ich aber sehr lebendig aus.“ Ritter Kurumuzan schien erst jetzt begriffen zu haben was passiert war. Er wurde noch wütender und brüllte: „Dann werde ich es eben mit dem Schwert erledigen.“ Wütend zog er es aus der Scheide. Blitzschnell drückte Anja auf den Knopf ihres Armbands. Direkt vor seinen Augen wurde sie unsichtbar. „Was“, schrie der Ritter und wurde non fuchsteufelswild. Wütend hieb er einfach in die Luft. Nur die Tatsache, dass Itzy sich auf ihn stürzte und in seinem verbiss hielt ihn davon ab sie zu treffen. Sie konnte sehen, wie Ritter Kurumuzan etwas unsichtbares von seinem Arm schüttelte und dessen Aufkommen am Boden war klar und deutlich zu hören. Mit einem Pfeifen rief sie Itzy herbei, dann rannten sie so schnell sie konnten ins Lager des Königs.

Sie blieb neben den ersten Zelten stehen und wartete bis sie wieder zu Atem kam, dann wandte sie sich Itzy zu. „Das hast du sehr gut gemacht.“ Sie strich dem Fuchs über das Fell. „Ich werde jetzt noch ein mal meine Stimme laut machen und die frohe Botschaft verkünden.“ Itzy grummelte. „Ja,  Ritter Kurumuzan werde ich auch noch warnen was passiert falls er das Land nicht verlässt.“ Anja räusperte sich.

 

„Meine Stimme werde laut,

dass es allen die Ohrn raus haut.“

 

Sie wartete einige Sekunden, dann fuhr sie fort. „Gut Ritter Kurumuzan. Ich habe dir meine Kraft demonstriert. Nun verschwinde aus diesem Land und lass dich nie wieder blicken. Lass uns in Ruhe bevor ich dich in eine Kröte verwandle und du den Rest deines Lebens als Kröte verbringen musst. Ich habe dir deine Zauberkraft genommen. Du wirst nie wieder zaubern können. Und jetzt verschwinde. Bevor ich anfange deine ganze Armee in Fliegen zu verwandeln.“ Sie konnte sehen, wie der Ritter, der immer noch in der Mitte des Schlachtfelds stand erstarrte und sie zitternd ansah. Dann rannte er so schnell er konnte zu seinem Pferd und ritt zurück in sein Lager. Das Einzige was Anja noch von ihm sah war die Staubwolke, die er hinterließ.

 

Keine halbe Stunde später waren schon fast alle Zelte abgebaut und viele der Soldaten waren schon verschwunden. Sie verschwanden so schnell wie möglich in Richtung Norden. Erst jetzt wurde Anja bewusst, dass sie noch unsichtbar war. Sie drückte den Knopf auf ihrem Armband und zog Itzy den Anzug aus. Der Fuchs hob den Kopf und Anja wandte sich um. Die Rechte Hand des Königs kam auf sie zu. „Du hast es ja wirklich geschafft.“ „Stimmt“, lächelte Anja. „Das habe ich.“ „Ich wusste, dass du das kannst!“ Tobias tauchte zwischen den Zeltreihen auf und kam auf sie zu. „Ich wusste es sobald ich dich gesehen habe, als du hier im Lager aufgetaucht bist.“ Er lächelte und nahm sie in den Arm. Anja gähnte. „Kann ich jetzt irgendwo schlafen? Das ist das nervigste an Zaubern. Sie nehmen einem so viel Kraft.“ Tobias ließ sie los. „Du kannst auf meinem Pferd schlafen“, meinte er. „Genau“m pflichtete ihm die Rechte Hand des Königs zu. „Wir werden jetzt auch aufbrechen und nach Hause gehen. Das werde ich sofort verkünden.“ Die Rechte Hand des Königs ging in die Mitte des Lagers und Anja folgte ihm, zusammen mit Itzy, ihrem Bruder und noch ein paar anderen Soldaten. Je weiter sie in die Mitte kamen, desto mehr Soldaten umringten sie. Die Rechte Hand des Königs blieb stehen und wandte sich der Menge zu. „Hört zu Männer. Dieses tapfere Mädchen hat unseren Feind in die Flucht geschlagen.“ Er deutete auf Anja. „Wir können jetzt wieder zurück nach Hause kehren“, fuhr er fort. „Ihr könnt wieder zurück zu euer Familie, euren Freunden. Verkündet überall diese großartige Neuigkeit. Und erzählt überall was sie erreicht hat.“ Seine Hand zeigte immer noch auf Anja. Dann löste er die Versammlung auf und die Männer begannen gut gelaunt ihre Zelt abzubauen und ihre Sachen zu Packen. Die Esel und Pferde wurden beladen und langsam begannen die Männer auch schon den Weg den sie gekommen waren wieder zurück zu reiten. Anja und Tobias schlossen sich den Soldaten an, die an den Hof des Königs reiten würden und brachen bald auf. Anja schlief die Hälfte des Weges zum Schloss des Königs hinter ihrem Bruder auf dem Esel an ihn geschmiegt. Die andere Hälfte versuchte sie wach zu bleiben, oder aß eine Kleinigkeit. Sie waren noch nicht einmal durch das Burgtor geritten, als sie schon sahen, dass für ein großes Fest hergerichtet worden war. Musik und unglaubliche Düfte wurden zu ihnen herüber geweht. Offenbar hatte sich die Neuigkeit über ihren Sieg schon verbreitet und sie wurden freudig erwartet.

Tobias war noch nie so stolz auf seine Schwester gewesen. Als sie im Schloss ankamen half er ihr vom Esel und sie wurden freudig begrüßt. Die Prinzessin, Sissiana umarmte ihn sogar, kaum das er und Anja am Boden waren. Es war ein gutes Gefühl. Dann küsste sie ihn und er war nur noch froh, dass er Zuhause war.

Sie feierten ein großartiges Fest, auch wenn Anja noch todmüde war. Als sie fast von ihrem Sessel fiel, weil sie schon so müde war schaffte es Tobias gerade noch sie aufzufangen bevor sie auf den Boden aufschlug. Er hob sie hoch und brachte sie ins Bett. Itzy folgte ihnen und rollte sich zu ihren Füßen ein. „Schlaf gut“, flüsterte Tobias. „Und denk daran, du hast viele Menschenleben gerettet.“ „Ich bin froh, dass du noch lebst“, flüsterte Anja gähnend zurück. „Und das du noch lebst auch“, flüsterte sie dem Fuchs zu ihren Füßen zu. „Gute Nacht“, gähnte sie. „Gute Nacht Anja“, erwiderte Tobias, dann verließ er das Zimmer.

 

Es dauerte nur ein Monat bis Anja sich auf dem Schloss wie Zuhause fühlte. Ihr Bruder und die Prinzessin hatten sich vor ein paar Tagen verlobt und wollten in kürze heiraten. Anja freute sich schon auf das Fest. Der König hatte sich am Anfang dagegen gesträubt, es jedoch schließlich erlaubt. Vermutlich weil Tobias weiterhin in der Küche arbeiten würde. Auch wenn das nicht königlich war. Anja jedoch war ebenfalls Glücklich. Sie vermisste ihre Großmutter zwar, aber sie wusste, dass sie immer bei ihr war. Ritter Kurumuzan hatte sich nicht mehr blicken lassen und da sich herumgesprochen hatte, dass im Schloss des Königs eine äußerst talentierte Zauberin wohnte herrschte Frieden im Land. Anja und Itzy waren immer noch die besten Freunde und verbrachten die Tage zusammen spielend im Schlossgarten. Sie übten das Zaubern und machten allen das Leben schwer und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Impressum

Texte: Anthea Rainel 06.08.2015
Bildmaterialien: Anthea Rainel
Cover: Anthea Rainel
Tag der Veröffentlichung: 27.05.2020

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