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Prolog




Die Legende, die nie niedergeschrieben wurde und nur von den Gestalten des Himmels und der Hölle untereinander erzählt wurde, begab sich vor langer, langer Zeit. Die Menschen hatten noch nicht einmal das Licht der Welt erblickt, als sich Gott und der Teufel, zusammen mit ihren reinsten Schergen bekriegten. Im Reich von Licht und Schatten bekriegten sich Horden von Kriegern und Soldaten.
Sowohl Gott als auch der Teufel erkannten, dass dieses Vorgehen keinen Triumphator hervorbringen würde. Denn war es doch offensichtlich, dass beide Seiten sich der gleichen Stärke beriefen. So begab es sich, dass neben dem Krieg auf den Schlachtfeldern des Seins ein Krieg im Stillen stattfand. Wie Gottes Untergebenen, schafften auch die des Teufels die andere Seite zu infiltrieren. Doch nur die Krieger des himmlischen Lichts kamen schließlich zu einem Erfolg, indem sie mithilfe einer von Gott erschaffenen Waffe der Befreiung, der Herrschaft des Teufels über die seinen ein Ende bereiteten.
Zu spät erkannten sie, dass dies das Gleichgewicht des Seins störte, sodass alles und jeder ins Chaos stürzten. Mit dem Tode des Teufels erlangte die Seite des Lichts einen folgeschweren Überhang, der weder ewigen Frieden noch immerwährendes Glück mit sich brachte. Trotz des Lichts als der ewige Gewinner dieser kräftezehrenden Bataille, versank das Sein in eine tiefe und deprimierende Dunkelheit, aus der niemand zu fliehen vermochte.
Nun war es an Gott die seinen aus dieser Miesere zu befreien. Auch wenn dies bedeutete seinen ärgsten Feind wiederzuerwecken. Widerwillig aber wild entschlossen und opferdarbringend, gab er dem Teufel sein Leben zurück. Und damit sie ein solches Schicksal nie wieder ereilen würde, beschlossen beide obersten Herrscher des Lichts und der Dunkelheit, sich nie wieder in das Leben des jeweils anderen einzumischen. Sollten doch ihre Untertanen diesen Kampf ohne sie weiterführen.
Dennoch gab es da noch ein Problem, dass diesen Pakt von Gut und Böse stören sollte. Die Waffe, mit der der Teufel seines Lebens beraubt wurde, konnte nicht zerstört werden. Nicht einmal sein Schöpfer war es gegeben diese Waffe der Welt zu berauben. Nur eines konnte Gott tun. In diesem Zusammenhang wurden schließlich die Menschen erschaffen. Und in drei Teile geteilt, wurde die Waffe den Seelen dreier Jungfrauen beigeführt.
Immer wieder versuchten es törichte Gestalten die Waffe zu finden und den Teufel zu töten. Dabei kam es vor, dass es ihnen entweder gar nicht bewusst war, dass sie damit das Sein ins Chaos stürzten, oder es einfach unwissende Neugeborene waren. Der Tod des Teufels bewirkte auf beiden Seiten Gruppenbildungen, die, wenn man diese nicht sogleich unterband, einst die Oberhand gewinnen würden. Das Gleichgewicht des blinden Vertrauens auf der Seite des Lichtes und der Seite der Dunkelheit, ward von nun an für immer und ewig gestört.


Teil I




Kapitel 1




Der fünf Uhr zweiundzwanzig Zug hatte Verspätung. Wie so gut wie jeden Tag in den letzten zwei Wochen. Aber es machte mir nicht viel aus, wenn ich nun um fünf Uhr Zweiundzwanzig aufstand oder drei Minuten später. Auf die Straße muss ich ohnehin erst ab acht Uhr. Vorher war es einfach zu hell, sodass sich die perversen Vögel dieser zugrunde gehenden Stadt aus ihren dunklen Ecken oder ihren von außen perfekt erscheinenden Leben hervortrauten, um ihrem wahren Ich zu frönen.
Die meisten meiner Stammkunden waren solche Männer, die in einer netten Gegend zusammen mit Frau und Kind lebten. Doch so ein vermeintlich makelloses Dasein wird den meisten auf Dauer einfach zu öde. Weshalb sie sich dann etwas Aktion auf den Straßen, im Rotlichtviertel suchten. Hier kannte sie niemand. Keine engen Freunde, keine seriösen Geschäftsbeziehungen, die von ihnen und ihren oftmals krankhaften Neigungen empört wären.
Schon einige Merkwürdigkeiten hatte ich erleben müssen, seit ich mich auf der Straße anbot. Einer ihrer Stammkunden zum Beispiel, bezahlte immer für eine Stunde in einem Stundenmotel. In dieser Stunde wollte er immer nur, dass sie sich auszog, was ihn von den anderen eigentlich nicht weiter unterschied. Aber das, was er tat, wenn sie erst einmal nackt vor ihm stand, war nicht mehr als ihre Füße anzufassen, zu streicheln und auch an ihren Zehen zu nuckeln, wie ein Baby an seinem Fläschchen. Abgedreht, aber mit der Zeit gewöhnt man sich auch daran. Und solange er bezahlte, durfte sie sich nicht beschweren.
Denn jeden Penny, den ich in die Kasse brachte, hielt mir Rico Valera vom Hals. Im Grunde war er kein schlechter Zuhälter. Er sorgte dafür, dass die Polizisten einen weiten Bogen um unser Revier machten und wir damit ungestört arbeiten konnten. Und er schlug uns nicht. Das hieß, solange wir genug Geld mit nach Hause brachten. Doch darum musste ich mir noch nie große Sorgen machen.
Wenn ich in den Spiegel sah, sah ich eine hagere junge Frau, mit dunklen Ringen unter den Augen und einem mehr oder weniger ungesunden Teint. Rico bestand jetzt sogar darauf, dass sie tagsüber mehr in die Sonne ging, um eines gesunden Brauns überzogen zu werden. Damit ich etwas gesünder und fitter aussah. Doch bisher hatte sich mein Aussehen noch nicht negativ auf meine Arbeit ausgewirkt. Irgendwie schien es doch genug Männer in dieser Stadt zu geben, die nichts gegen so ein Mädchen wie mich hatten. Vielleicht gab es in dieser kranken Stadt sogar den einen oder anderen, der genau auf diesen Typ Mädchen stand. Ich wusste es nicht. Und es war mir auch egal, solange ich meinen Lebensunterhalt verdienen konnte.
Ich stand von der miefigen Matratze auf, die ich mein Bett nannte, und schlurfte in Richtung Badezimmer. Das Zimmer teilte ich mir mit zwei anderen Mädchen, die für Rico arbeiteten. Ihre Matratzen, zusammen mit meiner, boten nicht besonders viel Platz um ungehindert durch den Raum zur Tür zu gelangen. Rico versprach zwar immer, dass er uns eine neue Wohnung besorgen würde, aber bisher tat sich in dieser Richtung rein gar nichts. Nichtsdestotrotz, wir konnten froh sein ein Dach über den Kopf zu haben und, dass dieses Dach nicht in der übelsten Gegend der Stadt war. Nur die Brücke, auf der sich die Bahngleise entlangschlängelten, störte doch ein wenig, da diese genau an unserer Wohnung vorbei führten.
Shawna war, von mir mal abgesehen, die einzige, die schon wach war. Die Frau, mit der Hautfarbe von Zartbitterschokolade und den hüftlangen Haaren, die in diese unzähligen kleinen Zöpfe geflochten waren, stand am offenen Kühlschrank und klirrte mit den darin gelagerten Flaschen herum. Wahrscheinlich war sie wieder einmal auf der Suche nach einem Gesöff, das sie ihre Gedanken verlassen ließ. Shawna war unfreiwillig hier. Weil sie große Schulden bei einem Mann namens Gregorovich, der der russischen Mafia hier in der Stadt angehörte, angesammelt hatte, die Rico für sie übernahm, musste sie diese jetzt bei ihm abarbeiten. Und Rico verlangte horrende Zinsen.
Schweigend und mit eingezogenem Kopf ging ich an ihr vorbei, um keine Aufmerksamkeit von ihr zu erregen. Wenn sie trank, oder dies zumindest vorhatte, ging man ihr am besten aus dem Weg. Leise schloss ich die Badezimmertür und sperrte diese ab. Ich konnte es nicht leiden, wenn jemand hereinplatzen, während ich mich für den Tag bereit machte. Wobei das für mich komisch war zu sagen, da ich ja immerhin auf den Strich ging, wo ich gegen angemessene Bezahlung so ziemlich alles mit mir machen ließ.
Die Sonne war dabei sich in ein goldenes Licht zu hüllen, welches durch das kleine Badezimmerfenster hindurch schien. Es wäre ein schönes Bild, wäre das Badezimmer mit seinen schmutzigen Sanitäranlagen nicht so schäbig. Irgendwie deprimierend, wenn ich mich so umsah. Deshalb tat ich das auch nicht. Den Blick in den Spiegel vermied ich möglichst auch. Es lag bestimmt nicht an der verdreckten Scheibe, dass ein trostloses Bild einer jungen Frau zurückgeworfen wurde. Meine kurzen braunen Haare hingen in Fransen mit fettigem Ansatz zu beiden Seiten meines Gesichts an mir herab. Meine Augenringe würde ich wohl nie loswerden. Herausstechend starrte mir mein Schlüsselbein entgegen und ragte aus meinem Körper hervor. Ernsthaft, ich verstand nicht, was diese schweinischen Kerle an meinem Körper anmachte. Ich fand mich zu dünn. Aber mehr zu essen konnte ich mir auch nicht leisten.
Seufzend drehte ich den Wasserhahn auf und wartete darauf, dass das rostige Wasser, das herausschoss, sich wieder in klares verwandelte. Meine spinnenartigen Finger hielt ich unters Wasser und spürte die Kälte, wie sie von diesem Punkt an meinen Fingern, meinen ganzen Körper bald eingenommen hatte. Gänsehaut überzog meine Arme. Ich sammelte Wasser in einer Schale, die ich aus meinen Handflächen formte. Es glitzerte in dem mageren Schein der langsam untergehenden Sonne und erinnerte mich an alte Zeiten.
Einmal, an meinem neunten Geburtstag, hatten meine Eltern mich mit einem Eimer kalten Wasser aus dem Bach hinter ihrem Haus geweckt. Schon als sie damals kichernd die Treppe in aller herrgottsfrühe hinauf schlichen, hatte ich sie gehört, ließ mir aber nichts anmerken. Weil ich in den Sommermonaten Geburtstag hatte, hatte ich damals einen sehr warmen Tag erwischt, an dem die Sonne seine Untertanen auf der Erde schon sehr aufgewärmt hatte. Auch an diesem Tag schien die Sonne durch das Fenster wie heute, weshalb ich damals auch ein glitzern wahrnahm, als mein Vater den Eimer Wasser über mich hereingoss. Nachdem das erste Kreischen über den Schock des plötzlichen Kälteeinbruchs auf meine Haut überwunden war, lachten wir zu dritt über diese Idee des Geburtstagsweckrufs.
Um diese Erinnerung aus meinem Gedächtnis auszuwaschen warf ich mir das in meinen Handflächen gesammelte Wasser ins Gesicht. Es half nicht im Mindesten so, wie ich es mir erhofft hatte. Aber wenigstens wurde ich munterer durch das Nass aus heiterem Himmel. Noch eine Ladung goss ich mir über mein Gesicht. Und nachdem ich mir mit dem Handtuch über das Gesicht rubbelte, war auch der letzte Rest des nächtlich entstandenen fettigen Talgs auf meiner Haut verschwunden.
Ich beschloss erst einmal etwas zu essen und mich erst dann vorzubereiten meinen üblichen Platz auf der Straße einzunehmen, um auf Kunden zu warten. Als ich das Badezimmer wieder verließ, hörte ich gerade, wie Shawna die Tür ihres gemeinsamen Zimmers mit Oliv hinter sich zuschlug. Durch die geschlossene Tür hörte ich gedämpft ihre Stimme, wie sie Oliv mal wieder aus ihrem Bett trat. Um nicht in die Schusslinie der beiden zu geraten, suchte ich mir schnell etwas Essbares aus dem Kühlschrank zusammen, da immer ein heftiger Streit entbrannte, wenn Shawna es wagte Oliv aus ihren Träumen zu jagen.
Zwei Spiegeleier und zwei Scheiben Toast, waren meiner Ansicht nach schnell gemacht, weshalb ich sogleich eine Pfanne auf den Gasherd stellte und Speiseöl darin erwärmte. Die Eier schlug ich mit Vorsicht in die Pfanne, was mir immer schwer viel. Ich war keine besonders gute Köchin. Schon ein Spiegelei überforderte meine Fähigkeiten, wenn ich nicht konzentriert bei der Sache war. Zischend und spritzend verwandelte das Öl das Ei in eine feste Konsistenz. Nebenbei toastete ich den Toast, bis dieser schön dunkel und knusprig war. Ich mochte es, wenn das Gelbe vom Ei noch glibberig war, weshalb ich es bald aus der Pfanne nahm und auf ein Teller lud.
Offenbar hatte Oliv sich heute nicht so leicht aus dem Bett holen lassen, denn sie war noch nicht wutentbrannt aus dem Zimmer gestürmt. So hatte ich also noch eine gemütliche erste warme Mahlzeit zu erwarten. Genüsslich saß ich mich auf die versiffte Couch im Wohnzimmerbereich unserer drei Zimmer Wohnung und erweckte den Fernseher zum Leben.
Der Teller war heiß, weshalb ich es vermied ihn direkt unter dem Spiegelei anzufassen. Mit der Gabel zerteilte ich die beiden Eier, wie ich es immer tat, sodass das Eigelb über den ganzen Teller floss. Der gelbe Spiegel erreichte langsam fließend meinen knusprig getoasteten Toast und weichte die Ecken auf. Als erstes biss ich von einer der vollgesogenen Ecken des Brotes ab und zog im meinem Mund die Flüssigkeit aus der Pampe. Das war eine Art Brauch bei mir, wenn ich Spiegeleier aß.
Mit gefüllten und warmen Magen beeilte ich mich wieder zurück ins Badezimmer zu kommen, da ich bereits hörte, wie Oliv und auch Luisa und Romina, meine Zimmergenossinnen, sich bereit machten aufzuwachen. Mit fünf Frauen war es nicht leicht genug Zeit im Badezimmer zu nutzen, weshalb man schnell sein musste.
Vor der Badewanne, die auch als Dusche genutzt werden konnte, ließ ich die Hüllen fallen und roch nochmal an meiner Kleidung, ob sie schon in die Wäsche müssten. Nein, sie würden noch ein paar Tage herhalten können. Es machte mir nichts aus, dass der Boden der Wanne von den letzten Benutzern noch Reste zurückgeblieben waren. Nichts anderes war ich gewohnt, da wir selten in Stimmung waren zu putzen. Und mit selten meinte ich eigentlich gar nie. Vielmehr war ich darauf bedacht nicht von dem kalten Wasser aufzuschrecken. Seit Monaten hatten wir nun schon kein warmes Wasser mehr. Doch der Vermieter weigerte sich etwas dagegen zu unternehmen, wenn man ihn denn mal antraf.
Wie erwartet prasste das kalter Wasser auf meine Haut und dennoch zuckte ich vor Schreck aus dem Wasserstrahl zurück. Es dauerte etwas bis ich mich an das Eiswasser gewöhnt hatte. Nur um meine Haare anzufeuchten reckte ich meinen Kopf unter den Strahl und shampoonierte sie mir ein.
„Natasha!“, rief plötzlich eine Stimme durch die Tür, gegen die jemand hämmerte, als ich mir gerade den Schaum aus den Haaren wusch. „Wann bist du da drinnen, verdammt noch mal, endlich fertig?!“
Es war Oliv. Shawna hatte es wohl schließlich doch noch geschafft sie unsanft aus dem Schlaf zu treiben. Und weil ich zur falschen Zeit am falschen Ort war, sollte ich nun ihre schlechte Laune abbekommen. Doch solange ich noch hier eingeschlossen war, konnte sie nicht vielmehr unternehmen als gegen die Tür zu hämmern.
Widerwillig drehte ich das kalte Wasser ab und tastete aus dem Duschvorhang heraus nach dem Handtuch, das ich zuvor vorbereitet hatte. Den ganzen Tag konnte ich ja schließlich nicht hier drinnen verbringen. Denn sonst würde Rico spätestens morgen hier auf der Matte stehen und mich mit meinem fehlenden Beitrag zu seinem Lebensunterhalt zu konfrontieren. Wie bereits erwähnt, er behandelte uns nur wie man einen Menschen ansatzweise behandelte, wenn wir genug Kohle mitnachhause brachten. Sonst konnte er überaus ungemütlich werden. Zahlungsfähigkeit war auf der Liste mit seinen favorisierten Worten ganz oben. Zusammen mit Sex, Drogen und Alkohol.
Eingewickelt in einem knappen Handtuch schloss ich die Tür auf und ging sogleich in Deckung. Oliv polterte mit schweren Schritten in den Raum und sah sich nach mir um. Rettungsringe quellten aus rotem Stoff hervor, der wohl ihre Unterwäsche, in der sie immer schlief, war. Es soll ja auch Kerle geben, die so etwas bevorzugten. Wenn ich mich so mit ihr verglich, fragte ich mich immer, wie sie es schaffte so füllig zu sein. Woher nahm sie das Essen? Ein abfälliger Blick traf mich mitten ins Gesicht, als hätte sie meine Gedanken gelesen.
„Los, verzieh dich, du dürre Wachtel!“, giftete sie mich an. „Oder brauchst du eine schriftliche Einladung?!“
Ohne ein Wort zu sagen zog ich mich zurück in mein Zimmer. Meine Zimmergenossinnen starteten den Tag so wie ich mit einem schnellen Frühstück – am späten Nachmittag. Unsere Tage fingen immer erst um diese Zeit an, da wir die ganze Nacht für Rico unterwegs waren um Geld zu verdienen. Ich tat dies bereits seit ich sechzehn war. Also seit etwa drei Jahren.
Damals war ich von zu Hause ausgerissen, weil ich die ewigen Streitereien meiner Eltern nicht mehr aushielt. Drei Wochen hatte ich mich alleine durchgeschlagen. Mit all meinem zusammengesparten Geld und dem, was ich aus den Portmonees meiner Eltern mitgehen lassen konnte, nahm ich ein Bus- und Fährenticket nach Urban City. Essen und Geld bettelte ich mir zusammen oder fischte es aus den Manteltaschen der Passanten, die ich immer ganz zufällig anrempelte.
Rico hatte mir damals geholfen, als ich bei einem meiner Fischzüge die Aufmerksamkeit zweier Streifenpolizisten auf mich gezogen hatte. Über mehrere Blogs hinweg hatten sie mich verfolgt. Ich war schon sehr überrascht, dass sie solange mit mir Schritt halten konnten, waren sie doch eher der bequemen Sorte Polizisten zuzuordnen. Jedenfalls hatte ich mich erst einmal um eine Ecke gerettet und sah mich nach einem schnellen Versteck um, welches jedoch ausblieb.
Da erschien aus heiterem Himmel Rico in seinem getunten Wagen. Wie ein Prinz hoch zu Ross kam er mir damals vor, weshalb ich gar nicht lange überlegte und zu ihm ins Auto stieg. Meine Eltern hätten mir für diese Entscheidung den Hintern versohlt. Und mich für den Rest meines Lebens in meinem Zimmer eingesperrt.
Rico hatte meine Figur bewundert und mir geschmeichelt. So dumm und naiv ich damals war, hatte ich mich sogar in ihn verknallt, weil er mich bei sich aufgenommen hatte. Meine ersten Male hatte ich mit ihm. Bis er mich schließlich seiner Meinung nach genug ausprobiert hatte und mich zur Vermietung freigab. Er hatte es geschickt eingefädelt. Im Nachhinein konnte ich nicht fassen, wie verblödet ich damals gewesen war. Er schaffte es doch tatsächlich, dass ich glaubte, ich würde dies tun, damit wir zusammen sein konnten. Als ich dann mit seinem neusten Mädchen entdeckt hatte, habe ich es letztendlich doch kapiert. Damals brach eine Welt für mich zusammen.
Seitdem hatte ich mich nicht mehr verliebt. Vor allem lag das daran, dass es keinen Mann in meinem Leben gab, der es wert war sich in ihn zu verlieben. Alle wollten sie nur das eine. Wobei das wahrscheinlich auch daran lag, wie ich mich kleidete. Rico hielt uns immer dazu an so wenig wie möglich auszuziehen, wenn wir auf die Straße gingen. Das hieß für mich: ein paar äußerst knappe Hot-Pens; Strapse, um zwischen ihnen und den Hot-Pens nur einen Hauch von Haut aufblitzen zu lassen; und entweder eine Korsage oder ein Netzhemdchen, durch das kaum ein Geheimnis um meine Brüste gemacht wurde. Natürlich besaß sie diese Outfit in verschiedenen sich ähnelnden Ausführungen. Also nichts womit ein anständiges Mädchen sich auf der Straße blicken lassen würde.
Allerdings konnte man nun wirklich nicht behaupten, ich sei ein anständiges Mädchen. Dennoch fühlte ich mich unwohl, wenn ich so halbnackt über den Bordstein stelzte. Also zog ich immer noch einen Mantel an, besonders wenn die kalte Jahreszeit anbrach. Die Kapuze zog ich mir meistens über den Kopf, obwohl, wenn Rico das sah, er mich anschrie und sie mir mit Gewalt vom Kopf riss. Er vermied es uns zu schlagen, weil das einen schlechten Eindruck auf mögliche Kunden machen konnte. Durchaus gab es so komische Vögel, die darauf standen, wenn ihr Mädchen grün und blau geschlagen war. Aber zu meinem Glück waren die meisten meiner Freier nur gelangweilte Familienväter, die dem alltäglichen Trott für eine Stunde entkommen wollten um ein Abenteuer zu erleben.
Fertig angezogen schnürte ich nur noch ihre hochhackigen Schuhe. Dann konnte es auch schon losgehen. Um Pluspunkte bei Rico zu sammeln, stellte ich mich manchmal etwas früher als gewohnt auf die Straße. Zum Ende der täglichen Bürozeiten, waren immer jede Menge harmlose Freier auf der Suche nach einem Mädchen. Je später es wurde, desto unheimlicher wurden die Kunden. Daher war es nur von Vorteil, wenn ich früh genug auf der Straße stand und das von Rico geforderte Einkommen so früh wie möglich aufbrachte. Auch wenn dies ein Risiko barg. Denn die Polizisten der Gegend, die Rico schmierte, sahen nur in die andere Richtung sobald es dunkel war. Und oftmals wurde es erst spät dunkel, wenn es denn gerade Sommer war.
Zu guter Letzt, bevor ich aufbrach um mein Tagewerk zu erledigen, steckte ich mein Messer in sein übliches Versteck an meiner Korsage. Obwohl ich darauf achtete nicht zu jedem Spinner ins Auto zu steigen, doch immer ließ sich das auch nicht vermeiden. Es konnte ja gut sein, dass ein Freier sein wahres Gesicht er dann zeigte, wenn sie im Motel Zimmer waren. Ein Mädchen musste auf sich selbst aufpassen können, wenn sie so einen Job machte.
Lautes Gelächter drang an mein Ohr, als ich die Tür meines Zimmers wieder öffnete. Romina und Luisa amüsierten sich über eine Sendung im Fernseher. Die beiden waren etwa so alt wie ich, als Rico mich aufgegabelt hatte. Vielleicht ein Jahr oder so älter. Aber sie wirkten noch sehr viel jünger.
„Ich geh dann mal.“, kündigte ich an und ging in Richtung Wohnungstür.
„Was denn, jetzt schon?“, fragte Luisa. „Ist doch gerade mal sieben.“
„Sie will sich bei Rico mal wieder einschleimen.“, warf Romina kichernd ein. „Sie will Carla von ihrem Podest als sein Liebling stoßen.“
Carla war seit einigen Monaten Ricos Favoritin unter all seinen Mädchen. Das bedeutete für sie, dass sie sich nicht auf die Straßen stellen und nur Rico selbst ranlassen musste. Sie wohnte in Ricos mehr oder weniger luxuriöser Wohnung und bekam hin und wieder Schmuck und teure Kleider geschenkt, für die wir anderen uns den Arsch aufreißen mussten. Jedoch war es nicht im Geringsten meine Absicht in Ricos Ansehen wirklich soweit aufzusteigen, dass ich Carla aus ihrem gemachten Nest vertrieb. Ich wollte nur von ihm in Ruhe gelassen werden. Außerdem legte ich von jedem Kunden ein wenig Geld zurück und sparte dies, damit ich irgendwann nicht mehr von ihm abhängig war. Für den Rest meines Lebens wollte ich ja nun nicht mit dieser Tätigkeit verbringen.
Die beiden Mädchen und ihre Lästereien auf der Couch ignorierend, verließ ich die Wohnung. Nur um dann Rico persönlich im Treppenhaus zu begegnen.
Rico Valera war ein Mann Ende Zwanzig mit lateinamerikanischen Wurzeln. Gebräunt, ohne in die Sonne gehen zu müssen. Über seinen kompletten rechten Arm schlängelte sich ein Schlangen Tattoo, das ich nie an ihm leiden konnte. Sehen konnte man es auch nur, weil er wieder eines seiner versifften Feinrippunterhemden trug, geziert mit einer blitzenden Goldkette. Und die obligatorische Jeans, die ihm unter dem Gesäß hing, wie es hier im Viertel so üblich war, durfte natürlich auch nicht fehlen.
„Du machst dich schon auf den Weg?“, stellte er eher fest als zu fragen. „Das sieht man gern.“
Die Nähe zu ihm vermied ich möglichst, als ich mich im engen Treppenhaus an ihm vorbei drückte. Seine Hand fand dennoch seinen Weg zu meinem Arsch, den er wie einen Spielball drückte.
„Ist Shawna da?“, wollte er wissen. Ich nickte. „Gut, ich muss mit ihr reden.“, sagte er zu sich selbst und ging weiter, mich ignorierend.
Shawna hatte wohl etwas angestellt, dacht ich. Keine zehn Pferde würden mich jetzt hier halten. Rico kam sonst nie in die Wohnung, wenn er nicht sauer auf eines seiner Mädchen war.
Polternd hüpfte ich die drei Treppenabsätze hinab ins Erdgeschoss. Das heruntergekommene Haus beherbergte nur Menschen, denen man am liebsten aus dem Weg gehen wollte. In der Wohnung unter uns lebte ein Russe mit seinem Augapfel, der Dogge Brutus. Das Paar mit den schreienden Kindern, das sich immerzu stritt wohnte direkt daneben. Und unten im Erdgeschoss hauste ein Mann, den ich persönlich am gruseligsten fand. Er verließ nie seine Wohnung. Lebensmittel ließ er sich liefern und holte diese erst dann in seine Wohnung, wenn niemand im Flur war. Manchmal fragte ich mich, was er zu verbergen hatte. War er so hässlich? Einfach nur extrem schüchtern? Oder litt er unter irgendwelchen Neurosen, die ihn an einem Sozialleben hinderten?
Nicht weiter darüber nachdenkend flüchtete ich aus dem stinkenden Flur in die ebenso stinkende Straße hinaus. Abgase vermischt mit Freiluft Toilettengängen. Schlimmer kam es dadurch, dass die Brücke mit den Gleisen über uns, die Gerüche hier unten einpferchten, sodass es Tag ein Tag aus so roch.
Quietschend öffnete ich das Tor, das auf die Straße führte. Noch ein paar Regenfälle mehr, sodass es noch ein Stück weit rostete, und es brach aus den Angeln. Die Straße war belebt. Durchflutet von redenden Individuen, die wiederum übertönt wurden von aufgemotzten Motorengeräuschen und wütenden Hupen. Ich ging vor der Motorhaube eines Sonnengelben Taxis über die Straße auf die andere Seite. Meine übliche Ecke, an der ich mir üblicherweise nie lange die Beine in den Bauch stehen musste, war nur einen Block von der Wohnung entfernt. Und da es noch relativ hell war, zog ich meinen Mantel zu, damit ich für die Polizisten nicht zu verdächtig nach Prostituierter aussah.
Über den Hügel, in den sich die Straße verwandelte kam ich mit meinen hochhackigen Schuhen nur immer schwer. Überhaupt waren die Schuhe sehr unbequem. Aber was tat man nicht alles für eine Handvoll Dollar. Trotz des goldenen Sonnenscheins, der sich auch langsam hinter dem Horizont verzog und ein trübes Grau zurückließ, war es kalt. Wären meine Nippel nicht eingepackt in eine billige Korsage und einen dünnen Mantel, würden sie hervorstechen wie zwei Verkehrshütchen. Den Mantel zurrte ich weiter zu und die Kapuze zog ich über den Kopf. Es half nicht viel, war aber besser als gar nichts.
Zwischen dem Drugstore und dem Hardwaregeschäft der Alcatraz Avenue war mein Stammplatz jede Nacht. Es war aus mehreren Gründen eine Gute Ecke. Zum einen befand sich dort ein Geldautomat, falls ein Freier mal nicht gerade flüssig war. Zum anderen fuhren jede Menge Autos hier vom Expressway runter. Außerdem befanden wir uns hier in einer Nachbarschaft mit einem der beliebtesten Stripclubs wieder. Dort machten sich die Kerle scharf und dann holten sie sich eine Nutte um ihre Fantasien freien Lauf zu lassen. In vielerlei Hinsicht ein guter Standpunkt.
Nur war ich nicht die einzige, die das erkannte. Die Konkurrenz war hart. Ein weiteres Mädchen stellte sich bloß wenige Meter von mir entfernt auf. Ein anderes wartete nur um die Ecke auf einen Zahlungswilligen Kunden. Und das schon zu dieser frühen Stunde.


Kapitel 2




Ich stelzte den Straßenabschnitt, den ich mein Revier nennen durfte, auf und ab. Kamen Autos vorbei schlug ich meinen Mantel spielerisch zurück, um den Fahrern zu zeigen was ich zu bieten hatte. Nach einigen enttäuschenden Ergebnissen mit dieser Taktik öffnete ich meinen Mantel ganz und zeigte auch meinen Oberkörper, verborgen hinter einer verführerischen Korsage. Den Kerlen war es egal, ob sie Billigware von der Stange war oder ein Unikat, für das man mehrere hundert Dollar hinzublättern hatte. Solange sie das Versprechen einer zarten Haut, gespannt über erregende Kurven, veräußerte.
Bevor mein erster Freier dieses Abends vor mir am Bordstein parkte, blieb auf der anderen Straßenseite dieser schwarze Sportwagen. Mit rasanter Geschwindigkeit fuhr er an und blieb mit quietschenden Reifen halb auf dem Bordstein stehen. Der Motor wurde abgeschaltet und auch das Licht gelöscht. Doch niemand stieg aus dem Wagen.
Interessiert aber auch unauffällig beobachtete ich das Fahrzeug aus meinen Augenwinkeln, als ich die Straße auf und ab schlenderte. Dabei vergas ich vollkommen die hereingebrochene Kälte, die meine halbnackten Beine und mein entblößtes Dekolletee umschloss und fest im Griff hatte. Ich zitterte schon vor Kälte, konnte aber meine Aufmerksamkeit nicht von dem geheimnisvollen Wagen abwenden. In der Lage meinen Mantel wieder fester um mich zu zurren war ich schon in dem Augenblick nicht mehr, als das auf Hochglanz polierte Auto vom Expressway abfuhr und in die Alcatraz Avenue einbog.
Wer mag hinter den dunklen Scheiben verborgen liegen? Warum hielt er ausgerechnet hier? Wollte er mich vielleicht für eine Stunde mitnehmen und war nur zu schüchtern? Vielleicht sollte ich mal rübergehen und an die Fensterscheibe klopfen.
Doch als ich gerade dazu ansetzen wollte über die Straße zum schwarzen Sportwagen zu gehen, hielt ein anderer Wagen vor mir. Beinahe hätte dieser mich überfahren, so abrupt war er aus dem Nichts aufgetaucht und vor ihr stehengeblieben.
Diesen alten hellblauen Toyota kannte ich sehr gut. Hinter dem Steuer saß einer meiner Stammkunden. Nur hatte ich noch nie erlebt, dass er es so eilig hatte. Normalerweise war Robert ein ganz ruhiger, wenn auch etwas merkwürdiger Kerl. Zusammen mit seiner Frau und ihren beiden Töchtern lebte er draußen in Meadow Hills, einem beschaulichen Fleckchen gleich in der Nähe des Meadow Parks. Ich war einmal da, um ihn in seinem gewohnten Umfeld zu erleben. Ein vollkommen anderer Kerl war er da. Wenn er mit mir zusammen im Hotelzimmer war, wollte er nichts weiter als sich mit meinen Füßen zu beschäftigen. Zu Hause aber hatte er normale Freunde, die er zu einem Barbecue einlud, wo er mit seinen Kindern spielte. Zwei restlos unterschiedliche Persönlichkeiten.
Robert machte sich nicht einmal die Mühe sie zu grüßen, was er eigentlich immer zuckersüß tat. Er winkte sie nur hastig in seinen Wagen und wedelte dabei mit einigen grünen Geldscheinen. Wie konnte ich da nein sagen. So schräg sein Fußfetisch auch war, war es doch das am leichtesten verdiente Geld an einem Abend.
Seufzend ging ich zu Beifahrerseite und stieg ein. Sofort schwebte mir eine Woge von Schweißgeruch aus dem Innern entgegen. Nase rümpfend schlug ich die Tür zu und schnallte mich an, sodass er es nicht sah wie eklig ich diesen Geruch fand. Wo kam er gerade her? Aus dem Fitnessstudio, ohne zu duschen? Aber Robert war nicht der Typ, der ins Fitnessstudio ging. Das sah man seinem etwas unförmigen Körper an. Eher kam er noch bei dem Gang vom Sofa zum Kühlschrank noch ins Schwitzen.
Mit einem zuckersüßen und zugleich verführerischen Lächeln begrüßte ich ihn. „Hallo, Robert.“, sagte ich. „Ich hab gar nicht so schnell wieder mit dir gerechnet.“ Es war üblich, dass er meine Zeit zweimal die Woche beanspruchte. Diese zweimal hatte er schon vor zwei Tagen ausgefüllt. „Du hattest doch nicht etwa Sehnsucht nach mir?“, fragte ich und klimperte dabei mit den Wimpern wie eine Hausfrau aus den goldenen fünfziger Jahren mit Petticoat und Perlenkette.
Robert sah mich nicht an, sondern setzte nur den Wagen in Bewegung und brauste mit quietschenden Reifen los. Das Geräusch erinnerte mich wieder an den schwarzen Sportwagen und drehte mich nach ihm um. Durch das Heckfenster konnte ich ihn noch immer sehen, bevor wir schließlich um die Ecke auf den Expressway bogen. Seufzend drehte ich mich wieder nach vorne, wobei mir Robert auffiel.
Bisher hatte er noch kein Wort von sich gegeben. Und irgendwie erschien er mir anders als sonst. Mal abgesehen von seiner bleichen Gesichtsfarbe und den Schweißperlen auf Stirn und Ober- und Unterlippe, wirkte sein Blick irgendwie Wirr. Ging es ihm nicht gut? War er krank? Oder hatte er einfach nur erhebliche Probleme zu Hause?
„Alles in Ordnung mit dir?“, fragte ich vorsichtig. Durch die Bekanntschaft mit Rico wusste ich es besser als einem Mann geradeheraus etwas zu fragen, was ihn womöglich zum Explodieren bringen konnte. „Du siehst ein wenig blass aus.“
„Mir geht´s gut.“, grunzte er in einem Ton, der mich zurückschrecken ließ. Irgendwas stimmte ganz und gar nicht. Dass es ihm gut ging, glaubte ich ihm keine Sekunde lang.
Ungewollte Nervosität beschlich mein Gemüt. Das ungute Gefühl, dass es heute kein ruhiger Abend werden würde, machte sich in mir breit. Ich schluckte schwer und leckte meine von der Kälte rissig gewordenen Lippen. Ihn anzusehen traute ich mich gar nicht. War das etwa Angst? Seit den ersten Monaten, die mich Rico auf die Straße geschickt hatte, hatte ich keine Angst mehr gehabt in dem Wagen eines so gut wie fremden Kerls, mit dem ich gleich in ein Motel Zimmer verschwinden würde.
Am liebsten würde ich jetzt lieber aussteigen. Wäre ich doch nur gleich zu dem schwarzen Sportwagen rübergegangen, als er dort gebremst hatte. Doch brachte es mir jetzt auch nichts das Spielchen „was wäre wenn“ zu spielen. Ruhe bewahren, ermahnte ich mich. Vielleicht überreagierte ich auch nur. Ja, das wird es sein, sagte ich mir. Ich war lediglich ein bisschen paranoid, weiter nichts. Ganz einfach Wahnvorstellung.
Doch leugnen ließ sich nicht, dass er blass und ein wenig kränklich aussah. Vielleicht brütete er auch nur etwas aus. Eine Erkältung. Eine Grippe. Immerhin hatte er zwei Töchter. Kinder waren wahrliche Virenschleudern. Brutkästen für Krankheitserreger. Zum Glück war er der Fußfetischist unter meinen Kunden, konnte ich da nur sagen. Alles was er von mir wollte war meine Füße anzufassen. Denn einen Fremden ranzulassen, war schon anstößig genug. Aber dann auch noch einen fremden Kranken…
Stille herrschte im Wagen bis Robert endlich am Motel geparkt hatte. Er grunzte ich solle aussteigen, was ich sogleich auch tat. Es hatte mittlerweile angefangen zu nieseln und ein kalter Wind ließ die Temperaturen sofort um mehrere Grad fallen. Die Nacht hatte jetzt beinahe ganz über die Sonne gesiegt, sodass Straßenbeleuchtungen und Neonschilder die Straßen beleuchteten. Das rosa Neonschild des Motels in dessen Hinterhof wir geparkt hatten flackerte und das „L“ in dem übergroßen Schild Motel war ganz ausgefallen.
Am Empfang kümmerte sich Robert hastig um ein Zimmer. Der Portier in der Abendschicht war Dardan, ein Osteuropäischer illegaler Einwanderer. Ich kannte ihn, er war in Ordnung. Schon oft war ich in diesem Motel mit meinen Freiern. Dabei kam es schon manchmal zu Handgreiflichkeiten beim Liebesspiel. Auf Dardan konnte ich mich aber immer verlassen, dass er mir zu Hilfe kam. Obwohl man es ihm nicht gerade anmerkte, war er doch ein richtiger Gentleman. Selten genug in dieser verkommenen Stadt.
Ich wartete bereits an der Treppe als Robert im Voraus das Zimmer bezahlte und ging voran, als er mir die Zimmernummer auf dem Schlüssel zeigte. Zimmer 302. Das war das erste Zimmer rechts neben der Treppe im dritten Stock. Und auf unserem Weg dorthin wurden wir Zeuge von simultanen Liebesspielen von anderen Pärchen, deren Orgasmen schon fast ein Canon bildete. Meine Angst darüber, dass etwas mit Robert nicht stimmte, versank immer weiter in der Vergangenheit. Ich dachte schon gar nicht mehr daran.
Viel überwältigender war der heruntergekommene Flur des Motels. Eine Renovierung war hier dringend erforderlich. Das hatte ich schon bei meinem letzten Aufenthalt bemerkt. Eigentlich bei jedem meiner Aufenthalte seit ich hier her kam. Die Geländer der Treppe waren brüchig und die Farbe an den Wänden praktisch nicht existent, soweit war sie schon abgeblättert. Spinnenweben hingen in den Ecken.
An der Tür mit der Zimmernummer 302 aus Messing, wobei die zwei schon lange fehlte und nur einen Schatten seiner selbst hinterlassen hatte, wartete ich auch Robert damit er aufschließen konnte. Das Zimmer war nicht besser als sein Vorbote der Flur. Die Bettlacken waren wahrscheinlich seit hundert Gästen nicht mehr gewechselt worden. Eine dicke Staubschicht lag auf der Kommode mit dem verschmierten Fernseher darauf und den Beistelltischen neben dem Bett. Die Sanitäranlagen waren verkalkt und die Fliesen in der Dusche waren hier und da von einer Schicht Schimmel überzogen. Und von den Fenstern wollte ich gar nicht erst anfangen.
Aber was sollte ich dagegen tun? Im Grunde war es mir auch egal. Eine Stunde ihres Lebens würde ich hier verbringen und dann mit einigen grünen Scheinchen wieder zurück zu Rico gehen um ihm das Geld sofort zu geben. Zumindest einen Teil davon, denn ein Achtel des Betrags den ich immer von meinen Freiern verlangte behielt ich.
„Darf ich Fernsehen?“, fragte ich und zog meine Schuhe schon mal auf dem Bett aus. Es lief immer gleich ab. Wir betraten das Zimmer, er wollte dass ich meine Schuhe und Strümpfe auszog und einfach still war, solange er sich mit meinen Füßen beschäftigte.
Er antwortete nicht sondern blieb einfach vor der Tür stehen, die er hinter sich zuzog. Ich dachte mir nichts mehr dabei. Also hüpfte ich zum Fernseher rüber, knipste ihn an und warf mich zurück zum Bett. Das Bild war schlecht. Schnee lief über so gut wie jedes Programm. Dardan sollte mal den Kabelanschluss checken.
Als ich endlich ein Programm gefunden hatte, das einigermaßen erkennbar war, fiel mir auf, dass Robert noch immer an der Tür stand. Vielleicht stimmte doch etwas nicht mit ihm. Und was hatte er in der Tasche, die er bei sich trug? Zuvor war sie mir gar nicht aufgefallen. Hatte er sich schon die ganze Zeit bei sich?
„Robert?“, fragte ich.
Da zauberte er plötzlich dieses verschmitzte Lächeln auf seine Lippen und sagte, „Du bist wunderschön.“
Oh Gott, es ist noch viel schlimmer als ich dachte. Hatte er sich etwa letztendlich in mich verliebt? Er hatte doch eine Familie. Und als ich ihn einst mit ihr beobachtet hatte, erschien er mir glücklich mit ihnen. Niemals hätte ich gedacht, dass er sich in eine kleine Nutte wie mich verlieben würde. Er schien nicht diese Art von Mann zu sein. So jemanden würde ich mir eher verunsichert vorstellen. Doch Robert war immer selbstsicher, wusste immer was er wollte. Und jetzt …
Plötzlich klopfte es an der Tür. Robert schien es im ersten Augenblick gar nicht bemerkt zu haben, starrte immerzu mich an, drehte sich aber dann doch um und öffnete die Tür. Ich reckte meinen Hals, konnte aber vom Bett aus nicht erkennen wer dort war. Zu hören war auch nichts, wobei ich mir aber sicher war, dass ein kurzes Gespräch stattfand. Robert schloss wieder die Tür und verschloss sie.
Unverändert kam er zu mir und setzte sich an das Fußende des Bettes. Seine Hände waren kalt, als er mir damit über meine Fußknöchel strich. Sanft ließ er sie über meine Haut auf und ab gleiten, als sei ich eine zerbrechliche Porzellanpuppe, die bei der allerkleinsten unüberlegten Berührung zu Bruch ging.
Ich rollte nur mit den Augen. Zwar wusste ich nicht genau, was in ihm heute vorging, aber er nutzte die Zeit mit mir wie gehabt. Beruhigt lehnt ich mich zurück und beobachtete die Bilder im Fernseher. Es war wohl irgendeine Sitcom, denn an einigen Stellen wurde künstliches Gelächter eingespielt. Auch wenn ich nicht wirklich verstand vorm diese Folge eigentlich ging, war ich so absorbiert darin es herauszufinden, dass ich gar nicht bemerkte wie Robert jetzt in seiner Tasche herumfummelte. Erst als er mein Bein fester als gewohnt packte, erregte das meine Aufmerksamkeit. Unvorbereitet auf das was ich zu meinen Füßen sehen würde starrte ich unverhohlen zum dem Gerät in seiner anderen Hand. Meine Augen rissen sich auf. Was zum Teufel hatte er eigentlich mit dieser Säge vor?!
Eine Welle von Panik durchflutete mich. Instinktiv zog ich meine Beine an mich heran, aber sein Griff war nicht einmal zu lockern. Er wollte mich nicht loslassen. Vielmehr verstärkte er seinen Griff um meine Knöchel. Was sollte ich denn jetzt tun?
Schreien? Die Zimmerwände waren dünn, man sollte mich also hören. Auch über explosionsartige Orgasmen hinweg. Und da wäre ja auch noch derjenige, der nur vor wenigen Augenblicken an der Tür war. Diese Person sollte mich doch auch noch hören. Mit etwas Glück und kräftigen Lungen sollte mich sogar Dardan noch hören können. Einen Versuch war es auf jeden Fall wert.
„Hilfe!!!“, schrie ich über das Volumen meiner Lungen noch hinaus. Ich kreischte und versuchte um mich zu schlagen, aber Robert war immer noch stärker als ich. Die versifften Kissen schlug ich ihm um die Ohren. So fest ich konnte. Aber es waren immer noch nur Kissen. Als er dann schließlich die Säge an meinem Knöchel anlegen wollte, fiel mir die Rettung ein. Das Messer, das ich wie immer in meiner Korsage verborgen hielt. Jetzt war sein Einsatz gekommen.
Panisch fummelte ich danach am Rücken der Korsage, konnte es aber nicht so richtig greifen, weil ich viel zu sehr von der Tatsache abgelenkt war, dass ich nun auch schon die unbequemen Zacken der Säge auf meiner Haut. Tatsächlich ritzte er mich damit schon an. Brennend drang das Blut bereits aus meinem Körper, als ich schließlich meine Finger um den Griff des Messers schlang. Ohne nachzudenken zog ich es hervor und nutzten denselben Schwung um es ihm heimzuzahlen. Mit der Klinge schlitzte ich ihm die Wange blutig, was ihn zurückschrecken ließ.
Diese Situation nutzte ich zu meinem Vorteil und wich aus seiner Reichweite zurück. Ich kroch vom Bett, wobei ich eine Blutspur hinterließ, und rettete mich erst einmal in eine Ecke zurück um zu Atem zu kommen. Das Brennen meiner Wunde war durch den Adrenalinschub durch diese surreale Situation in der sie sich wiederfand gar nicht mehr zu spüren. Mir von meiner misslichen Lage ein Bild zu machen wollte mir einfach nicht gelinge. Zu aufgeregt war ich, als dass ich mir einfallen lassen könnte hier raus zu kommen.
Mit wirren Gedanken sah ich mich im Raum um. Die Flucht durch ein Fenster erschien mir aussichtslos. Wir waren im dritten Stock und anders als zu Hause waren hier keine Zuggleise direkt am Fenster auf denen ich auf schnellstem Wege das Weite suchen konnte. Also fiel diese Möglichkeit schon mal weg. Im Badezimmer könnte ich mich zwar einschließen, aber bei nüchterner Betrachtung des Zustandes der Tür, musste ich damit rechnen, dass Robert irgendwann die Tür einbrechen könnte. Und dann säße ich erst richtig in der Falle. Denn das Badezimmer hatte kein Fenster. Der wohl offensichtlichste Fluchtweg war die Tür des Zimmers, die in den Flur hinausführte. Doch diese war verschlossen und würde ich darauf zustürzen um sie zu entriegeln, wäre es für Robert ein Leichtes mich in die Finger zu bekommen. Also was tun?
Ich hatte nur ein kleines Messer zur Selbstverteidigung gegen einen Psychopathen, der mir mit einer rostigen Säge die Füße dilettantisch operativ entfernen wollte. Noch einmal sah ich mich im Zimmer um. Diesmal nach einer Waffe mit der ich nicht so nah an Robert heran müsste um ihn zu verletzen. Aber es ließ sich nichts finden.
Heiße Tränen liefen mir über die Wangen, als Robert wieder aufstand und auf mich zutrat. Mein Herz klopfte so wild vor Angst, als wolle es aus meinem Körper flüchten, mich im Stich lassen. Soweit es ging presste ich mich gegen die Wand hinter mir, in der Hoffnung sie würde mich in sich aufnehmen. Doch diese Hoffnung blieb ungehört.
Robert war schon auf halben Weg auf mich zu gewandelt, als es plötzlich an der Tür donnerte. „Hallo!?“, rief eine Stimme mit einem unüberhörbaren osteuropäischen Akzent. „Was zum Teufel ist da drinnen los?! Natasha?“
Dardan. Noch nie war ich so glücklich. „Hilfe!“, kreischte ich. „Hilf mir Dardan! Er will mir die Füße abschneiden!“ Wenn ich es so laut aussprach, hörte sich das ganze doch ziemlich lächerlich. Niemals hätte ich auch gedacht, dass ich mich jemals in so einer Situation wiederfinden würde. Wäre ich doch nur früher zu dem schwarzen Sportwagen hinüber gegangen, dann wäre ich jetzt nicht hier mit angesägtem Knöchel.
Über die erste Verwirrung hinweg gekommen, beschloss Dardan wohl mir zu glauben, so wahnwitzig sich das auch anhörte. Dumpfe aber kräftige Schläge ließen vermuten, dass Dardan nun versuchte die Tür aufzubrechen. Hatte der Idiot keine Schlüssel, dachte ich nur. Obwohl ich eigentlich dankbar sein sollte, dass er mir zur Hilfe kam. Nicht jeder würde das tun.
Beide, Robert und ich starrten gebannt auf die zitternde Tür. Keiner von uns bewegte sich. Wobei das wohl die beste Gelegenheit wäre ihn niederzustrecken, wenn er schon mal so von mir abgelenkt war. Doch meine Füße konnten nichts ohne Befehl meines Gehirns, welches viel zu gebannt von der jeden Augenblick nachgebenden Tür war, unternehmen.
Schließlich gab das Schloss nach und der osteuropäische Gentleman, mein Held, kam ins Zimmer geflogen. Der Schwung, entstanden durch den letzten Angriff auf die Tür unter dem sie nachgab, verließ ihn erst mitten im Zimmer, sodass er jetzt zwischen mir und Robert stand. Dardan erblickte meinen blutenden Knöchel, den ich unbedingt mal abbinden sollte, und wirbelte dann zu Robert herum.
Der überraschte Psychopath griff Dardan zur selben Zeit wie dieser wiederum ihn. Weil Robert Dardan mit seiner Säge schlagen wollte, griff Dardan ihm am Handgelenk und drückte so fest er konnte dagegen. Im ersten Moment schienen beide gleich stark zu sein. Doch dann erlangte Robert die Oberhand. Irgendetwas musste ich doch unternehmen können, dachte ich panisch. Aber was? Dann fiel mir etwas ein.
„Wieso tust du das?“ Hatte ich das überhaupt schon gefragt? „Was ist los mit dir?“, wollte ich wissen. „Vorgestern warst du doch noch vollkommen normal.“
„Sie hat mich betrogen.“, stöhnte Robert unter Kraftanstrengung. „Und du willst mich doch auch nur betrügen.“
„Und da schneidest du mir die Füße ab?!“, kreischte ich hysterisch. „Das ist doch krank!“
„Sie musste dafür sterben. Genau wie alle anderen.“, vernahm ich. Hab ich mich da etwa verhört?
„Soll das heißen … dass du deine Frau getötet hast?“, fragte ich schockiert, als Dardan wieder die Oberhand zu gewinnen schien. Roberts Schweigen war mir Antwort genug. Es waren doch immer die normalsten Typen, die irgendwann austicken. Wobei, ganz normal war Robert auch nicht mit seinem Fußfetisch. Ich traute mich gar nicht zu fragen aber … „Was ist mit deinen Mädchen?“
„Wie kann ich mir sicher sein, dass sie von mir sind.“, gab er als Antwort zurück. Heißt das … Hat er auch seine Töchter getötet?
Plötzlich bäumte Robert all seine Kraft auf und bezwang Dardan, der eigentlich auch nicht der Schwächste war. Dardan rutschte von Roberts Handgelenk ab und bekam schmerzhaft den Griff der Säge an die Schläfe. Wie ein Sack Mehl landete Dardan auf dem Boden und tropfte diesen mit Blut voll. Erstarrt beobachtete ich, wie er sich nicht weiter bewegte. War er bewusstlos? Tot konnte er ja von diesem Schlag nicht sein. Oder?
Dann fielen mir Roberts Schuhe in mein Blickfeld, als er über Dardan hinweg stieg. Jetzt war ich wieder dran – oder besser gesagt meine Füße. Was wollte der Kerl nur mit meinen Füßen? Wie krank muss man sein…?
Mein Blick fiel auf die offen stehende Tür. Aber auch Robert sah, was mir aufgefallen war. Es blieb keine Zeit mehr zu überlegen. Jetzt oder nie. Die nächsten Sekunden verliefen für mich wie in Zeitlupe. Meine Muskeln zuckten und ich stürzte auf die Tür zu. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass Robert mich nicht so einfach gehen lassen würde. Er kam hinterher und versuchte mich zu packen, was er mit nur wenigen Schritten schaffte. Seine starken Arme legte er um meinen Körper und zog mich zurück ins Zimmer. Wenigstens hatte er seine Säge dabei fallen lassen.
Da machte mein vor Angst pochendes Herz einen Freudensprung. Ich hatte ja noch immer das Messer in meiner Hand, bemerkte ich und wollte mir sogleich an den Kopf fassen, weil ich dieses lebensrettende Detail doch glatt übersehen hatte. Ich nahm also das Messer und schliff es durch Roberts Arm. Richtig tief ging es rein. Er schrie. Blut ergoss sich in Unmengen aus der Wunde. Sogar die Ränder der Wunde bogen sich auseinander als die Haut durch die plötzliche Reizung anschwoll. Robert ließ für einen Moment locker und ich entriss mich seinem Griff.
Aber damit noch nicht genug. Ich rannte nicht einfach vor ihm davon, wie ich es vermutlich besser getan hätte. Stattdessen stand ich eiskalt vor ihm und beobachtete, wie er seinen Arm in schützender Haltung vor sich hinhielt, wimmernd wie ein Kind. Ich sah ihn an, einfach nur an. Die Bilder, die ich von dem Barbecue mit seiner Familie und Freunden damals mitbekommen hatte, liefen noch einmal vor meinem inneren Auge ab. Seiner jüngsten Tochter – ich glaube sie war fünf, vielleicht sechs Jahre alt – lief er hinterher um sie in das Planschbecken zu werfen, in dem schon ihre Schwester aufgeregt und quietschend herumtollte. Einige seiner Freunde feuerten das Mädchen an, die anderen feuerten Robert an. Wie es ausging wusste ich nicht, solange wollte ich nicht bleiben.
Er wirkte so glücklich und normal. Wie konnte er seine Familie nur auslöschen, nachdem sie so viel Spaß miteinander hatten. Und wofür? Weil seine Frau ihn betrogen hatte, nachdem er sie mit Nutten wie mir betrog?!
Das Messer in meiner Hand pulsierte wahrlich – vielleicht war es aber auch nur mein eigener Puls, den ich in meinem ganzen Körper spürte, wie er wie wild raste. Später würde ich mich womöglich dafür hassen, aber jetzt erschien es mir genau richtig. Die perfekte Medizin für seine psychopathische Ader war das hier, dieses Messer.
Bevor ich mich doch noch davon abhalten konnte, fuhr ich das Messer bereits auf Robert hinab. Seine Haut gab erst nach kurzem Widerstand nach, als ich den ersten Stich knapp über seinem Schlüsselbein versenkte. Mit dem Rausziehen der Klinge spritzte auch sein Blut in einer kleinen Fontäne heraus. Ein paar Tropfen trafen mich.
Diese wenigen Tropfen, die auf meinen Hot-Pens und Strapsen landeten ernüchterten mich von meinem Blutdurst. Eigentlich hatte ich eher vermutet, dass ich erst in ein paar Tagen oder gar Jahren bereute, was ich jetzt in diesem Augenblick tat. Doch da war es in diesem Augenblick schon so weit. Zitternd starrte ich auf das Messer von dem rubinrotes Blut tropfte. Was tat ich hier eigentlich?
Ich stach in schierem Blutdurst auf einen Mann ein, der ohnehin schon am Boden lag. Na gut, er hatte versucht mir die Füße abzusägen, aber musste mich das gleich zu einer kaltblütigen Mörderin machen? Ich hätte doch einfach weglaufen können. Warum bin ich nur geblieben?
Plötzlich spürte ich einen Schmerz in meinem ohnehin schon lädierten Knöchel, schrie auf und sprang zurück. Hysterisch kichernd stellte ich fest, dass er es schon wieder versucht hatte. Robert hatte schon wieder an meinem Knöchel mit seiner verdammten Säge herumgerieben. In was für einen Albtraum bin ich hier nur gelandet?
Es wird Notwehr sein, sagte ich mir. Und als wollte er mir eine Bestätigung für meine Gedanken geben, kroch Robert gebrochen auf mich zu. Die Säge in seiner Hand. Mit einem Fuß stieg ich auf die blutige Säge, riss den Kopf des psychopathischen Mannes an seinem kurzen und wirren Haarschopf hoch und seine Kehle mit der scharfen Klinge meines Messers auf. Blut, rubinrotes und dickes Blut floss wie ein Wasserfall an ihm herunter.


Impressum

Texte: meins, meins, meins, alles meins oda vllt. 321 meins :D
Tag der Veröffentlichung: 24.06.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für mich und meine kranke Fantasie :P

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