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Wütend versuchte ich das Stück Stoff vor meinen Augen abzustreifen. Der Mann hinter mir lachte leise mit einer dunklen Stimme. Jetzt versuchte ich mich von ihm loszureißen, aber er verstärkte seinen Griff um meine Handgelenke nur und ich spürte seinen warmen Atem an meinem Ohr, als er mir zuflüsterte:
„Es ist alles nur zu deinem Besten.“
Seine tiefe Stimme klang in meinen Ohren nach und ich hörte auf, mich zu wehren. Seine Hände lagen warm auf meinen Handgelenken und drückten mich nun vor. Verdammt, ich hatte Angst! Trotzdem setzte ich vorsichtig einen Schritt vor den anderen und ließ mich von ihm führen. Dabei wusste ich nicht, wie ich hier her kam oder wer der Typ hinter mir war, der jetzt „schon besser“ murmelte und mich zügig weiter schob. Hatte ich eine andere Wahl? Was wollte er von mir? Ich hatte auch Angst, gegen etwas zu prallen, obwohl der Mann hinter mir es vermutlich nicht zulassen würde. Nach einer Weile zog er mich um eine Ecke und blieb schließlich stehen. Eine Hand löste sich von meinen. Konnte ich es jetzt wagen, zu rennen? Es klapperte kurz, dann stach etwas in meinen Arm. Mir wurde übel, als mir aufging, was es war, dann sackte ich in mich zusammen. Ich spürte gerade noch wie seine starken Arme mich auffingen.

Als ich erwachte, starrte ich an eine weiße Decke. Mir war schwindelig. Vorsichtig bewegte ich mich. Es schien Okay. Ich richtete mich auf. Ich war in einem seltsamen Zimmer. Die weiße Zimmerdecke schien das einzig normale darin, abgesehen von dem schwarzen Sofa, auf dem ich gelegen hatte. Die Wände waren mit silber-glänzendem solide-wirkenden Metall verkleidet, die Lampen an der Decke wurden langsam heller. Eine Tür sah ich nicht. Aber dort in der Ecke war ein schwarzer Punkt. Und da noch einer. Ich stöhnte auf, anscheinend waren es Kameralinsen. Spielte mein Gedächtnis mir einen Streich? Ich ging kurz durch meine Erinnerungen. Ich heiße Tia Sommer, bin 24 Jahre alt und wohne kurz ausserhalb Hannovers in einem kleinen Haus. Ich habe ein Sportstudium begonnen. Meine Eltern wohnen in Hannover, heißen Martin und Susanne und haben nur ein Kind: mich. Mein Vater arbeitet als Architekt, meine Mutter als Innenausstatterin. Martin hat blonde Haare, die sich bereits lichten, blaue Augen und ist sehr groß, meine Mutter dagegen hat wilde rote Locken, meine dagegen sind braun und fließen leicht gekräuselt über meinen Rücken. Mom hat eine Sportliche Statur, wie ich, und sie hat lebhafte grüne Augen, um die ich sie beneide, obwohl ich sie ebenfalls von ihr geerbt habe. Naja, eins zumindest, das zweite ist so blau wie die meines Vaters, was erklärt, warum ich meine Mutter beneide. Die Leute starren mich immer an. Ich erinnere mich daran, gekocht zu haben, und dann... keine Ahnung. Ich habe mir Orangensaft eingeschenkt und ihn heruntergekippt, während ich gewartet hatte, dass das Nudelwasser kocht. Der Orangensaft. Er hatte komisch Süß geschmeckt. Betäubungsmittel. Scheiße.
Ich vergrub meinen Kopf in meinen Händen. Dann fiel mein Blick auf einen Briefumschlag, der auf dem Boden lag. Ich hob ihn auf. „Tialda Marie Sommer“ stand darauf. Ich biss mir auf die Lippe. Keiner, der mich kannte, würde mich so ansprechen, und meinen zweiten Namen erwähnte ich meist gar nicht. Ich hasste diese drei Buchstaben hinter „Tia“. Von wem stammte der Brief wohl? Von dem Typen, der mich hierher gebracht hatte? Es kannten nur eine handvoll Leute meinen Zweitnamen, die konnte ich an fünf Fingern abzählen. Neugierig geworden öffnete ich den weißen Umschlag. Darin steckte nicht mehr als ein einziges Blatt.
„Sorry“ stand darauf in Kalligraphie-artigen schwungvollen Buchstaben geschrieben. Ich strich darüber. Die mattschwarze Tinte hob sich von dem rauen Papier ab. „Handgeschöpft“, dachte ich. „Teures, handgeschöpftes Papier. Nur um ein einziges Wort darauf zu schreiben.“ Ich legte es neben mir ab und versuchte, rational nachzudenken.
Nach etwa zehn Minuten wurde ich darin jedoch gestört. Eine Wand schien einfach zu verschwinden, glitt auf. Darin standen zwei Männer in dunklen Anzügen. Einer von ihnen trug eine kleine Pistole. Also war ich gefährlich, oder was? Sie sahen sich ähnlich, beide hatten blonde Haare und ihre Gesichtszüge glichen sich, doch einer war ein wenig größer. Beide sahen wahnsinnig gut und ziemlich stark aus. Sie kamen langsam auf mich zu und hinter ihnen schloss sich die Tür wieder. Ich war aufgestanden und ängstlich zurückgewichen. Der Größere, der ohne Pistole, streckte die Hand nach meinem Arm aus und ich wich weiter zurück, bis ich an die Wand hinter mir stieß. Er griff mit einer Hand nach meinem Arm, in der anderen baumelten Handschellen. Mein Atem ging stoßweise und ich war einfach entsetzt und hatte Angst. Ich sah nur eine Möglichkeit ihn von mir weg zu bekommen. Ich riss meinen Arm hoch und drückte mich von der Wand weg. Der Mann wurde von mir hinterhergeschleift, stolperte und ließ los. Ich blickte mich um. Da war noch der andere Mann. Er hatte die Pistole auf mich gerichtet und betätigte den Abzug. Etwas kam auf mich zu und blieb in meinem Hals stecken. Mir wurde wieder übel, alles wurde schwarz und ich kippte um.

Als ich dieses Mal aufwachte, war ich wieder in dem Raum. Ein neuer Umschlag lag auf dem Boden. Seltsamerweise entnervt öffnete ich ihn und zog das Papier heraus. Diesmal war die Botschaft länger:
„Du solltest mit Carl und Jake kooperieren, dann kommst Du vielleicht hier raus. Und die Jungs sitzen am längeren Hebel, Süße“, stand dort in der grazilen Schrift. Das stimmte vermutlich, und Carl und Jake waren vermutlich die Männer von.. vorhin? Gestern? Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. War die Anrede eine Drohung? Wieder bedachte ich meine Möglichkeiten. Vermutlich blieb mir nur eine: genau das zu tun, was „Carl“ und „Jake“ von mir wollten, möglichst keine Fragen stellen und so weiter. Wieder wurde ich aus den Gedanken gerissen, als die Tür aufglitt. Die Beiden standen wieder darin, traten ein, die Tür schloss sich. Dieses mal wich ich nur wenig zurück, als der Größere auf mich zu kam, und er hatte keine Probleme dabei, mich umzudrehen und meine Hände mit den Handschellen auf dem Rücken zu fesseln. Zu meiner Überraschung fing er an zu sprechen:
„Tut mir leid wegen Vorhin, das da ist Carl und ich bin Jake. Wir wollen dir nichts tun“, erklärte er kurz und ich senkte stumm den Kopf. Höchst Wahrscheinlich wussten sie sowieso, wer ich war.
„Wir wollten dich nicht erschrecken“, fügte Carl hinzu. „Hier bist du sicher.“ Sicher wovor, und wo war „hier“? Das war mir ein Rätsel. Überraschend sanft schob Jake mich auf die Tür zu und ich ging zu ihr, sie glitt auf und gab den Blick auf weiße kahle Wände frei. Ich ging den Weg entlang, den Jake mich schob. Komischerweise hatte mich die Angst verlassen, ich glaubte nicht, dass mir jemand etwas tun würde. Schließlich hielt Jake vor einer Tür und Carl gab einen langen Code in die Tastatur daneben ein und schob schließlich einen Schlüssel in das Schlüsselloch um die scheinbar verbleibenden Riegel zu öffnen. Bevor ich wusste was geschah, nahm Jake mir die Handschellen ab und schob mich in das Zimmer. Hinter mir schloss er die Tür und es klickte, als einer der Beiden sie wieder verschloss.
Ich sah mich um. Die Tür war von innen mit weiß gestrichenem Holz verkleidet, die Wände waren in freundlichem orange gestrichen, an einer Wand war so ein Sonnenuntergang dargestellt, darunter stand ein großes Bett mit blauer Bettwäsche, daneben ein Nachtkasten. Auf der gegenüberliegenden Seite stand ein schwer-aussehender Schreibtisch aus dunklem Holz, auf dem sich säuberlich geordnet Lexika, Stifte und ein zugeklappter Laptop befanden. In der Mitte des Zimmers stand ein großer Tisch mit mehreren Stühlen darum, doch da das Zimmer einfach riesig war, lies er noch genügend Platz. Ein Fenster gab es nicht, auf der letzten Seite des Raumes waren zwei weitere Türen. Ich durchquerte den Raum und öffnete eine von ihnen. Regale voller Bücher. Ich las für mein Leben gern, der große Flachbildschirmfernseher, der ganz hinten stand interessierte mich daher weniger, im Gegensatz zu den Fitnessgeräten auf der rechten Seite davon. Drei Sessel standen um einen runden Kaffeetisch und in einem von ihnen lehnte ein Geigenkasten. Meine Geige! Ausser Sport und lesen spielte ich Geige, meistens für mich, manchmal im Kirchenorchester und manchmal für meine Eltern. Ich lächelte dem Kasten entgegen, dann schloss ich die Tür wieder und öffnete die daneben.
Ein Badezimmer, mit einer im Boden eingelassenen riesigen Wanne, Dusche, Waschbecken und vielen Schränken. Daneben eine riesige Glassäule, mit Wasser gefüllt. Bunte Fische schwammen zwischen Korallen umher und eine Treppe führte zum Rand der Säule. Anscheinend war sie ein Schwimmbecken. Ich öffnete eine Schranktür. Frisier- und Schminkzeug, Waschmittel, Shampoos und Bodylotionen, Deo und Parfum in einer unglaublichen Auswahl standen auf den Regalbrettern. Im nächsten Regal befanden sich Handtücher nach Größe und Farbe geordnet, sowie Waschlappen. Neben dem Regal stand ein Wäschekorb, dann war da eine weitere Tür. Diese führte in einen begehbaren Kleiderschrank von fantastischem Ausmaß. In einem Kästchen befand sich Schmuck. Ich schloss die Tür und zog mich aus, um erst einmal zu duschen.

Als ich in einem schwarzem Top und Jeans wieder den großen Raum betrat, stand auf dem Tisch ein Teller, Besteck und mehrere Platten mit Essen. Daneben lag ein Umschlag. Unschlüssig stand ich davor. Es gab Reis mit einer Currysauce und ein zwei Krüge mit Wasser und Orangensaft standen daneben. Ich überlegte. Man hatte mir schon einmal Betäubungsmittel in den Saft gemischt. Aber jetzt war ich hier, oder? Da wo man mich haben wollte. Ich setzte mich, goss mir Saft ein und öffnete den Umschlag. Die gleiche Schrift wie beim letzten Mal, auf dem gleichen Papier.
„Es tut mir Leid.
Ich bin jemand der Dir helfen möchte. In Hannover ist es zu gefährlich für Dich, da dort ein Mann lauert, der Dich umbringen möchte. Wir haben sein Vorhaben rechtzeitig erkannt und konnten Dich retten, aber man konnte ihm nichts nachweisen und er ist noch auf freiem Fuß. Er setzt Himmel und Hölle in Bewegung, um Dich zu finden und zu töten. Deine Eltern sind sicher, aber Dein Haus ist ausgebrannt, Deine Eltern, denken aber, du bist vor kurzem in den Semesterferien zu einer Freundin aufs Land gefahren, wo es kein Internet oder Telefon gibt.
In Deutschland hätte er Dich längst gefunden, daher sah ich mich gezwungen Dich ins Ausland zu bringen. Du befindest dich in einer FBI-Zentrale an der Küste von Amerika, nicht weit von Savannah. Vorerst bist du hier sicher, aber wir können es uns nicht leisten, Dich raus zu lassen oder anders zu behandeln, da einige den Verdacht hegen, dass Du zu dem Mörder gehörst. Wenigstens konnte ich Dir mit meiner Stellung dieses Zimmer verschaffen, und hoffe, dass es nach Deinem Geschmack eingerichtet ist. Sollte etwas fehlen, lass es jemanden von uns wissen.
Ich habe dir Gesellschaft bringen lassen, die Graue heißt Storm, der Weiße heißt Cato.
Sorge Dich nicht, Süße.“
Angesichts der Anrede zum Schluss schäumte ich vor Wut, niemand sollte es wagen, mich „Süße“ zu nennen, und das hatte auch noch nie jemand getan -abgesehen von dem Brief von vorhin. Wenigstens hatte ich jetzt eine Erklärung und... Gesellschaft? Wer waren Storm und Cato? Ich lachte, als ein weißer Kater von dem Bett sprang und begann schließlich zu essen. Ich beobachtete den Kater der schnurrte und die graue Katze, die ebenfalls den Sprung vom Bett wagte. Sie war ziemlich dick, und ich vermutete, dass es hier bald mehr als zwei Katzen geben würde. Die beiden hatten einen Fressnapf neben dem Bett und Cato überließ Storm großzügig das meiste Futter. Auch ich langte kräftig zu. Curry und Reis, Orangensaft. Jemand schien eine ganze Menge über mich und meine Vorlieben zu wissen.
Als ich mit dem Essen fertig war, ging ich hinüber in die Bibliothek. Ich strich ein wenig zwischen den Regalen umher und ließ mich schließlich in die Welt eines Buches versinken, bis Cato maunzte und er mit einem Satz auf meinem Schoß saß und sich über meinem Buch streckte. Ich legte es weg und Cato machte Platz für Storm. Die beiden waren verschmust und genossen es sichtlich, von mir gestreichelt zu werden. Auch ich wurde dadurch ruhiger und meine Gedanken klarten auf. Vorerst kam ich hier wohl nicht weg. Ich strich Cato über das lange weiße Fell und er blickte mich aus dunkelblauen Augen an, Storm blinzelte und zeigte ihre Sommergrünen Augen.
„Da hat sich wohl jemand einen Scherz erlaubt.“, murmelte ich, da ich mich fragte, ob das eine Anspielung auf meine Augen sein sollte.
Eine Große Uhr über der Tür zeigte halb vier, als ich die Katzen von meinem Schoß scheuchte und den Geigenkasten öffnete. Vorsichtig befestigte ich die Stütze an der Geige, spannte den Bogen und stimmte mein Instrument. Ich fuhr über das Holz, die Maserung war mir bekannt, der Steg die Schnecke. Ich hob die Geige und strich einige Male über die Saiten, dann begann ich zu spielen. Verschiedene Griffe über zwei, drei oder alle vier Saiten, meine Lieblingsmelodie war anspruchsvoll, aber ich liebte sie nicht umsonst. Die Melodie wechselte zwischen fröhlich und traurig, langsam und schnell. Ich spürte kaum, wie meine Finger über die Saiten flogen und meine Hand den Bogen führte. Jeder Griff saß, so lange hatte ich diese Melodie geübt, so oft gespielt. Ich spürte wie die Katzen um meine Beine strichen. Ihnen gefiel meine Musik. Um fünf hörte ich auf zu spielen, in der Tasche vorne am Geigenkasten waren nur wenige Notenblätter gewesen, und jetzt waren mir die Noten ausgegangen.
Die Zeit bis zum Abendessen verbrachte ich mit Sport, als ich um sieben die Sportecke der Bibliothek verließ, war der Tisch erneut gedeckt, diesmal mit frischen, duftenden Brötchen, Butter und diversen Aufstrichen. Um halb neun zog ich mich um und legte mich ins Bett, daheim hatte mich das Studium zu sehr ausgelastet, als dass ich einmal hätte früh ins Bett gehen können. Erschöpft schlief ich ein, Storm's Schnurren in meinen Ohren.

Die nächsten Tage vergingen mehr oder weniger ähnlich. Ich stand auf, Frühstückte, trieb Sport und ging dann in der Wasserröhre schwimmen, wobei Cato sich immer davor setzte, mich beobachtete und kläglich maunzte. Nachdem ich mich gewaschen habe, lese ich oder spiele Geige, und freue ich darüber, dass ich manchmal neue Notenblätter neben meinem Bett finde. Manchmal setzte ich mich auch an den Laptop und schrieb eine Geschichte, oder ich sah mir einen Film auf dem Fernseher an. Obwohl Carl und Jake Deutsch gesprochen haben, gibt es mir Sicherheit, dass ich mithilfe von Amerikanischen Spielfilmen mein Englisch verbessern konnte. Ich habe auch Internet, aber ich kann aufgrund eines FBI-Blockers nicht alle Seiten öffnen und keine Mails verschicken. Einmal kam nach dem Mittagessen Jake und hat mir etwa eine halbe Stunde Gesellschaft geleistet. Eigentlich mag ich ihn, auch wenn mich die verschlossene Tür immer daran erinnerte, dass ich eigentlich eine Gefangene war. Ich habe ihn gefragt, warum es keine Fenster gibt. Er sagte, die Zentrale befinde sich größtenteils unterirdisch, genau wie meine Zimmer. Jake hatte -und das schien mir selbstverständlich- an jenem Tag eine Waffe dabei, wohl für alle Fälle.

Als ich heute morgen aufwachte, war mir irgendwie kalt. Ich schreckte hoch, kein freundliches Maunzen war zu hören, kein Schnurren. Ich sprang aus dem Bett und sah mich um. Die Katzen sah ich nirgends. Hastig schlüpfte ich in meine Jeans und suchte das T-Shirt, das ich am vorigen Abend nur wenige Stunden getragen hatte. Ich konnte es nirgends finden, also zog ich ein frisches T-Shirt aus den Stapeln in dem Kleiderzimmer und zog es über. Als ich wiederkam war der Tisch bereits zum Frühstück gedeckt. Vor zwei Tagen hatte ich versucht, denjenigen abzufangen, der den Tisch immer deckte, aber ich musste aufs Klo, und als ich wiederkam war er gedeckt gewesen. Die folgenden Versuche liefen genauso ab, sodass ich den guten Geist, der die Wäsche wusch, saubermachte und den Tisch deckte, nie kennenlernte. Eigentlich schade.
Da sich immer noch weder Cato noch Storm blicken ließen, durchsuchte ich die Bibliothek. Als ich besorgt wieder in den Hauptraum trat stand Cato jedoch mitten im Zimmer, sein buschiger Schwanz zuckte, und er stolzierte, als er meine Aufmerksamkeit hatte, zum Bett. Er duckte sich und kroch darunter. Ich legte mich flach auf den Bauch und spähte ihm hinterher. Storm lag dort, auf etwas, das sehr nach meinem T-Shirt aussah, und leckte über die Köpfe von zwei kleinen Kätzchen. Ich lachte. „Das hast du gut gemacht, Storm, alle beide habt ihr das gut gemacht. Ihr seid bestimmt gute Eltern.“, sagte ich zu den beiden und Storm's grüne Augen leuchteten mir entgegen. Heute würde ich bestimmt nicht Geige spielen, um die vier nicht zu stören.
So verbrachte ich den Morgen wie immer mit Sport, las dann und hörte später ein wenig Musik über Kopfhörer. Die Musikbibliothek auf dem Laptop war unfassbar groß, und es war kein einziger schlechter Song dabei! Ich hatte mir den Laptop in die Bibliothek geholt, und als ich des Musikhörens müde geworden war, schaltete ich den Fernseher an, um ein wenig Inspiration zum Schreiben zu finden. So gelangte ich zufällig auf einem Nachrichtenkanal.
„Der Attentäter kommt aus Hannover in Deutschland und scheint unkontrolliert Wutanfälle zu bekommen und dann Schulen oder öffentliche Plätze anzugreifen. Das Massaker an einer Schule in Irland konnte nur verhindert werden, da die Polizei rechtzeitig aus Amerika gewarnt wurde. Verletzte gibt es keine, doch der Schock sitzt vielen tief in den Knochen. Dies ist der vierte Angriff des gleichen Täters, vergangene Woche schoss er bereits in einer deutschen Schule um sich, zündete eine Bombe beim Times Square und jagte den Menschen in einem Fußballstadion in Spanien einen Schrecken ein, als er schwer bewaffnet damit drohte, „alles in die Luft zu jagen“. Wir zeigen erstmals ein Foto des Täters, den Steckbrief finden sie auch im Internet unter...“, leierte der Sprecher gerade. Ich öffnete die Internetseite des Senders. Der Mann auf dem Foto hatte eine Waffe gezogen und bedrohte damit zwei Polizeibeamte. Seine Haare waren hellbraun und er blutete aus einer Wunde an der Stirn. Der Steckbrief sagte mir, dass er etwa 1.80m groß und 80 Kilo schwer war, immer ein rotes T-Shirt trug und sehr gefährlich war, der Angriff in Irland hatte vor etwa einem Tag stattgefunden, der Täter war entkommen und hielt sich nun an einem unbekannten Ort auf. Darunter waren die Namen von Opfern aufgelistet. Bedrückt klappte ich den Laptop zu.
Ich trottete rüber und aß zu Mittag. Dann erst fiel mir das Päckchen auf meinem Bett auf, da Cato seine Krallen daran wetzte. Ich öffnete es, und als das braune Packpapier zu Boden sank, kamen mehrere Leinwände, Pinsel, Acrylfarben und ein Wasserglas zum Vorschein.
„Viel Spaß, Süße“, stand in der mir wohlbekannten Handschrift auf einem Stück Papier. „Danke“, flüsterte ich, obwohl es niemand hören konnte, und ignorierte die Anrede. Vorsichtig legte ich eine Leinwand vor mir ab und begann zu malen.

Ich wusste nicht, ob es ein Traum war. Cato lag an meiner Seite und schlief, es war dunkel und ich konnte kaum etwas erkennen. An meinem Bett stand ein großer Mann, ich sah, dass er mich beobachtete, aber er hatte scheinbar nicht gemerkt, dass ich aufgewacht war. Er strich mir mit seinen langen Fingern über das Gesicht.
„Ich wünschte, ich müsste das alles nicht für dich tun müssen. Und ich wünschte das würde nicht passieren“, murmelte er, mehr zu sich, doch ich erkannte diese wunderschöne dunkle volle Stimme wieder. Es war die des Mannes, der mich hierher gebracht hatte.

Am späten Morgen ließ ich mir das warme Wasser auf das Gesicht prasseln, wusch gerade das Shampoo aus meinen Haaren, als Jake hereinstürmte. Erschrocken stellte ich das Wasser ab und er öffnete die Tür der Dusche und gab mir ein Handtuch.
„Trockne dich ab und zieh dir schnell etwas an. Nimm eine Jacke mit.“, sagte er knapp und verschwand wieder. Ich tat, was er mir gesagt hatte. Als ich angezogen in das große Zimmer trat wartete er bereits mit Carl auf mich. Meine Haare waren noch feucht, aber Jake legte mir eilig die Handschellen an und führte mich aus der Tür.
„Wir evakuieren“, erklärte er. „Jemand hat eine Bombe hereingeschmuggelt. Das heißt aber nicht, dass du fliehen kannst, dafür gibt es für dich ja höchst wahrscheinlich keinen Grund- und du wirst rund um die Uhr bewacht.“ Er brachte mich durch die weißen Gänge, Carl richtete die gesamte Zeit die Pistole auf mich. Über einen Aufzug gelangten wir nach oben, dort durchquerten wir ein Foyer und Jake brachte mich zu einem schwarzen Wagen. Carl hielt die Tür auf, aber jemand brüllte etwas, ich erschrak und machte einen Satz nach hinten. Ich prallte gegen Jake und etwas stach in meinen Rücken. Ich wusste nur noch, Jake würde mich auffangen, und ich sah jemanden auf mich zueilen.

Ich befand mich... in einem Auto? Vorsichtig blinzelte ich. Ich fühlte, dass wir fuhren und ich hörte Motorengeräusche, aber sehen konnte ich noch nicht so richtig. Ich bewegte mich vorsichtig. Ich lag auf der Rückbank des Wagens, den Kopf im Schoß von jemandem, den ich nicht kannte. Das nächste, was ich merkte, war, dass meine Hände immer noch in Handschellen lagen. Jemand hielt sie fest und ich versuchte mich los zu machen, ein recht schwacher und schläfriger Versuch.
„Wehr dich nicht, Süße“, flüsterte der Mann mit dunkler Stimme über mir. Ich versuchte wieder die Augen zu öffnen und auf sein Gesicht zu fokussieren. Ich wollte wissen, wem diese wundervolle Stimme gehörte! Der Mann, der sich über mich beugte, war noch ziemlich jung. Er hatte fast schwarze Haare und dunkle Augenbrauen, über Augen, in denen die Welt unterzugehen schien, so dunkel waren sie. Eine gerade Nase führte zu seinem fast trotzigem Mund. Er schien ein wenig wütend zu sein, das lag vermutlich an seinen Augen, aber vor allem an der schrecklichen Narbe, die sich über seine gesamte rechte Gesichtshälfte zog. Aber trotzdem sah er irgendwie gut aus, männlich, stark und fürsorglich. Ein Hauch Aftershave zog in meine Nase.
Ich hörte nicht auf ihn und versuchte mich aufzurichten, doch obwohl ich meine ganze Kraft aufbrachte schaffte ich es nicht, und er zog mich einfach noch näher zu sich und hielt mich fest.
„Wer sind Sie?“, fragte ich müde.
„Shh“, machte er. „Jemand der dir helfen möchte.“ Er legte eine Hand sanft auf meinen Mund, damit ich nichts mehr sagen konnte. Hallo!? Ich lag halb weg-gedämmert auf seinem Schoß, sehr nah bei ihm, und wusste noch nicht ein mal wer er war! -Und dann musste ich mich noch mit so einer Antwort begnügen. Ich schüttelte seine Hand ab.
„Was ist passiert?“, wollte ich wissen.
„Du hast dich erschrocken, bist zurückgesprungen, einer der Wachmänner hat überreagiert und du hast einen Pfeil mit Betäubungsmittel in den Rücken bekommen, das für dich zu stark und zu viel war. Normalerweise ist es eine Menge, die für 120 Kilo Männer bestimmt ist, auf die wir hier aufpassen. Gefährliche Männer, bei denen wir kein Risiko eingehen, und die wir auch mal ein wenig länger schlafen lassen“, erklärte er, als wäre es das normalste auf der Welt.
Ich döste noch etwa eine halbe Stunde weiter auf seinem Schoß, bis der Wagen hielt. Vorsichtig hob er mich aus dem Auto und trug mich in seinen Armen, als würde ich überhaupt nichts wiegen. Wir standen mitten in einem Wald, vor einem Bunker. Jake kam auf uns zu.
„Sir? Der Gefangene 5371 hat es irgendwie geschafft, seine Handschellen zu verbiegen. Die Dinger sind nicht mehr zu gebrauchen, wir haben aber keinen Ersatz mehr“, erklärte Jake dem Mann.
„Nimm die von Tia. Ich glaube nicht, dass sie im Moment in der Lage ist, wegzulaufen“, meinte der Mann und Jake löste meine Handschellen.
„Das wollen wir mal sehen“, gab ich kraftlos zurück, als Jake wieder weg war.
„Oh nein, das wirst du schön lassen“, sagte der Typ, in dessen Armen ich lag. Jemand öffnete ihm die Tür des Bunkers und er legte mich wenige Minuten später auf einer schmalen Pritsche in einer Zelle ab.
„Ist nicht ganz so angenehm hier, aber ich passe vorerst auf dich auf“, flüsterte er mir ins Ohr. Sein wunderbarer Geruch drang zu mir, und dieser Geruch war das Beste, was ich jemals gerochen habe. Ich schlief mit dem Gedanken ein, dass er trotz der Narbe einfach wunderschön war.

„Ich kann die nächste Schicht hier übernehmen, Boss. Dann können Sie sich ausruhen“, sagte jemand.
„Danke, ich schaffe das schon noch, Private Carl. Kümmern Sie sich lieber darum, dass 5371 schön weiter schlummert, und dass sie hier irgendwie Nahrungsmittel reinkriegen. Die gesamte Mannschaft plus die Gefangenen müssen versorgt werden.“ Langsam wurde ich wach. Das war seine Stimme, und Carl hatte ihn „Boss“ genannt.
„Natürlich Boss.“
„Gut, Private. Und beeilen Sie sich, das Mädchen sollte dringend etwas zu sich nehmen, wenn sie aufwacht“, ordnete der Mann an. Die Tür fiel ins Schloss, und mir ging auf, dass Carl gegangen war.
„Du kannst aufhören Theater zu spielen, ich weiß, dass du wach bist“, fuhr er mich an.
„Schlechte Laune, Boss?“, entgegnete ich spöttisch.
„Pass auf, was du sagst, Süße“, drohte er, und drückte mich zurück, als ich mich aufrichten wollte.
„Ach ja? Ich frage mich nur wirklich, was für Launen Sie haben. Erst werde ich in meinem Haus betäubt, dann entführt und nach Amerika gebracht, wochenlang gefangen gehalten, dann wird alles evakuiert. Ich kriege mehrmals Pfeile mit irgendwelchen Mitteln ab, und hab überhaupt keine Ahnung was hier abgeht“, beklagte ich mich sauer.
„Aha. Wer hat hier jetzt Launen?“, konterte er schlagfertig.
„Wer sind Sie?“, flüsterte ich.
„Der Chef von diesem Saustall, hast du doch gehört.“
„Wer sind sie?“, wiederholte ich lauter.
„Das willst du ganz bestimmt nicht wissen, Süße“, erwiderte er, aber er wirkte kurz unsicher.
„Wer sind Sie?“, brüllte ich ihm ins Gesicht.
„Oregon. Oregon Matthis.“
„Geht doch“, murmelte ich zufrieden.
„Und normalerweise können Gefangene es sich nicht leisten, Oregon Matthis anzubrüllen“, warf er hinterher. „Und du bist eigentlich keine Ausnahme, Tialda, meine Kleine“, ergänzte er kalt und spöttisch.
„Wie können Sie es wagen, meinen Namen so zu benutzen, und mich „Süße“ oder „Kleine“ zu nennen?! Das ist absolut unverschämt!“, erwiderte ich wütend und voller Hass für diesen doch so wundervollen Mann. Oregon.
„Wie ich es wagen kann?“ Er grinste, seine Narbe lies es fies aussehen. „Ganz einfach: ich probiere es aus. Und wenn dir das nicht passt, Süße, dann nenne ich dich eben anders.“ Er hatte die Arme verschränkt und beugte sich jetzt zu mir herunter. Er legte mir eine Hand fast zärtlich an das Gesicht, doch die andere schloss sich um meine Kehle. „Wir werden uns bestimmt einig, Mäuschen“, sagte er, dann ging er mit einer letzten Drohung: „Wir sehen uns.“
Ich richtete mich auf und zog die Füße unter mich. So an die Wand gelehnt wartete ich- worauf? Keine Ahnung. Was tut man, wenn man in einer Zelle sitzt? Es verstrich ziemlich viel Zeit und ich musste dringend aufs Klo. In der Ecke stand eins, aber ich wollte so, von Kameras beobachtet, nicht pinkeln. Nach einer Weile kam Oregon wieder, aber ich hatte überhaupt keine Lust, mit ihm zu reden, und meine Notdurft versetzte mich in eine äusserst schlechte Laune.
„Abgeregt, Süße?“, wollte er wissen, als er hereinkam. Nein, wie sollte man sich bei so einem heissem -wenn auch verunstalteten- Typen abregen? Vor allem wenn er einem permanent auf die Nerven ging.
„Nein“, entgegnete ich so scharf und sauer, dass er kurz zusammenzuckte, doch dann hatte er sich wieder unter Kontrolle.
„Also willst du hier nicht raus?“
„Oh doch, aber ich hoffe immer, Arschlöchern wie Ihnen so auf die Nerven zu gehen, dass sie mich gehen lassen, wenn ich will. Ich behalte gerne das letzte Wort.“
„Tut mir Leid, da wirst Du bei mir keinen Erfolg haben, Süße“, lachte Oregon spöttisch.
„Ach, und warum nicht, Boss Matthis?“
„Weil ich leider das gesamte FBI hinter mir stehen habe, Süße. Sieh's ein, du hast keine Chance.“
„Jetzt ruft das Baby nach seinen Bodyguards und nach seiner Mami“, entgegnete ich mutig, doch ich musste mich ziemlich konzentrieren, um ihm nicht einfach zu sagen, er habe gewonnen, und aufzugeben.
„Mutig von dir“, spöttelte er. „Aber du hast die heilige Grenze überschritten. Jedenfalls die von normalen Männern. Aber nicht meine, ich gebe nicht auf, und du kommst jetzt mit, mein Schätzchen.“
„Definitiv nicht.“
„Darf ich dich noch einmal an deine Chancenlosigkeit erinnern, Süße?“, fragte er gespielt höflich.
„Du darfst dich an deine eigene Chancenlosigkeit erinnern.“ Da er das die ganze Zeit so dreist tat, konnte ich ihn ruhig auch duzen.
„Leider gebe ich auch beim hundert zu eins nicht auf. Obwohl ich tragischerweise ja momentan führe. Du hast verloren, Kleines.“ Sein Gesicht war hart und er wirbelte mich herum und drehte mir einen Arm auf den Rücken. Ich wollte erst aufschreien, aber die Genugtuung würde ich ihm nicht geben!
„Schade, dass wir keine Handschellen mehr haben. So dürfte es unangenehm für dich werden, Hase“, feixte er.
„Fahr. Zur. Hölle.“, keuchte ich.
„Um dich dort abzuliefern, Schatz, gerne.“ Er machte mich wahnsinnig, und drückte jetzt auch noch meinen Arm höher. Diesmal konnte ich mir ein schmerzvolles Stöhnen nicht verkneifen. Und er sich nicht den Kommentar:
„Besser, du tust das, was ich will, sonst tut's anscheinend weh.“, säuselte er. „Mein armer Schatz.“
„Tu was du willst, aber ohne mich!“, gab ich patzig zurück.
„Sieht schlecht für dich aus“, antwortete er ruhiger und professioneller und schaffte es, mich zur Tür zu schleifen. Draussen wartete Carl, und eine Pistole auf mich gerichtet zu haben, machte die ganze Sache auch nicht besser.
Nach einer Weile blieb Oregon Matthis stehen und nahm Carl die Pistole ab. „Ich übernehme von hier aus.“ Er drückte mir die Waffe hart in den Rücken und ich verzog das Gesicht. Dann brachte er mich in einen Seitengang. Links und rechts waren Zelltüren, und ganz hinten war noch eine Zelle frei. Er stieß mich in den leeren Raum hinein und ich stolperte.
„Keine Angst, Schätzchen, ich komme gleich wieder. Wir wollen ja nicht, dass du Albträume kriegst, bei all den bösen Kerlen neben dir.“
„Und was haben die verbrochen? Den Gott Oregon angesehen? Ich sehe nur einen bösen Kerl, und das bist du!“, sagte ich mit zusammengekniffenen Augen.
„Den Gott, oh ja. Aber ich kenne jemanden, die hat ihn sogar angeschrien.“ Mit diesen Worten warf er die Tür hinter sich zu und ich war alleine.
Ich sah keine Kameras und in der Ecke war ein Klo, durch eine Wand abgetrennt. Ein kleines Bett war auch da, und da ich immer noch müde von dem Betäubungsmittel war, ruhte ich mich ein wenig aus.

Als er wieder zurückkam hatte ich mich ein wenig beruhigt, aber er schaffte es natürlich, mich gleich wieder auf die Palme zu bringen.
„Iss“, sagte er, und stellte eine Schüssel mit Nudeln vor mir ab.
„Ganz sicher nicht.“
„Und warum nicht?“
„Weil ich mir nichts von dir sagen lasse“, schnaubte ich.
„Hör zu, Süße“, knurrte er und kam auf mich zu. Ich hatte mitten im Raum gestanden und wich langsam zurück doch er hielt nicht an. „Du hast keine Wahl. Ich sage dir, was du tun sollst, und solange du hier bist, tust du es besser auch.“ Ich schüttelte hastig den Kopf, aber er kam noch näher, bis ich an der Wand stand. Immer noch blieb er nicht stehen. Ich drückte meine Arme gegen seine Brust, doch sie knickten unter seinem heftigen Ansturm ein. „Du wirst das jetzt essen, Kleine, ich will nicht, dass du mir vom Fleisch fällst.“
„Lass mich in Ruhe!“, quietschte ich panisch. Er war super sexy und ziemlich stark, aber im Moment aber auch ziemlich wütend.
„Oh nein, wir wollen ja nicht, dass du irgendwelchen Mist baust, Maus.“ Er packte mich an der Hüfte und warf mich über seine Schulter.
„Lass mich runter!“, kreischte ich und trommelte mit beiden Fäusten auf seinen Rücken ein. Er lachte nur, aber ich hoffte, dass ich ihm wenigstens ein paar blaue Flecke eingebracht hatte. Er trug mich zum Bett.
„Mit Vergnügen, Herzchen.“ Er legte mich ab und beugte sich sehr nah zu mir. „Ich zähle darauf, dass du mir heute Nacht keinen Ärger machen wirst.“
„Damit kannst du leider nicht rechnen, du Dreckskerl“, erwiderte ich, aber es kam nicht richtig rüber, eher ängstlich. Er merkte es zu allem Überfluss auch noch.
„Angst, Hasi?“, spöttelte er und kam noch näher.
Ich schüttelte den Kopf.
„Sieht aber anders aus.“
„Das willst du beurteilen, du blindes Arschloch?“, meine Stimme zitterte, als ich ihm antwortete.
„Es hört sich auch anders an“, sagte er nachdenklich. Er beugte sich tiefer herunter, sein Mund war jetzt auf Höhe meines Ohrs. „Wie wär's mit einem Gute-Nacht-Kuss, Schatzi?“
„Ich hasse dich!“, brachte ich wütend heraus. Er lachte und gab mir einen Kuss auf die Wange. Er erhob sich und schaltete das Licht in der Zelle aus.

In der Nacht schlief ich nicht gut. Ich starrte Oregon ewig durch die Dunkelheit an, und er starrte zurück. Warum musste er so mit mir umspringen? Ich war ja auch nicht besonders freundlich, aber der Typ brachte mich sofort auf 180. Dabei hatte es verhältnismäßig gut angefangen, jaja, er hat mich entführt und betäubt und so, aber ich hatte ihm nicht besonders viel Ärger beschert, als ich mit ihm hinter mir aufgewacht war, hatte ich getan was er wollte, ich hatte nur seine Stimme gehört. Aber sobald ich richtig wach war, meine Gedanken nicht durch Betäubungsmittel vernebelt und meine Augen nicht durch ein Tuch verbunden waren, klappte nichts. Er sah gut aus, er war stark, eigentlich lieb und hatte eine schöne Stimme und roch gut. Abgesehen von der Narbe war er ein absoluter Traummann. Ich war bis jetzt überzeugter Single gewesen und hatte Männer weitgehend ignoriert. Auch die netten. Dieser Typ war ein kompletter Idiot, und ich stritt mich andauernd mit ihm, aber irgendwie mochte ich ihn doch.
Nach einer Weile erhob er sich und setzte sich auf den Rand des Feldbettes, auf dem ich auf den Bauch gedreht lag. Er legte mir eine Hand auf den Rücken.
„Warum kannst du nicht schlafen?“ Er wusste anscheinend ein wenig davon, was in mir vorging, aber auch ich konnte ihm diese Frage nicht beantworten. Stattdessen richtete ich mich auf und er umarmte mich, hielt mich fest in seinen starken Armen. Erst wehrte ich mich ein wenig, dabei tat die warme Umarmung mir gut und ich entspannte mich. Er wiegte mich in seinen Armen, und nach einer Weile schief ich mit einem Gefühl der Sicherheit ein.

„Gut geschlafen?“, wollte er wissen. Wow. Kein „Süße“ oder sonst etwas.
„Ja danke“, erwiderte ich freundlich.
„Tust du mir dann einen Gefallen?“ Vorsichtig nickte ich. „Bitte iss das.“ Er stellte einen Teller mit einem Frühstück vor mir ab.
„Und du?“
„Ich habe schon gegessen.“ Ja klar, und jetzt saß er wieder hier.
„Wieso glaube ich dir nur nicht?“, fragte ich unschuldig.
Er lachte „Na Gut. Wir haben gerade so genug Essen um die bösen Jungs, auf die wir aufpassen, plus dich zu versorgen. Ein Essenstransport ist nicht angekommen.“
„Und du willst nüchtern auf mich „aufpassen“ “, sagte ich belustigt und teilte das Essen in die Hälfte.
„Na gut“, gab er sich geschlagen, und in diesem Moment gab es nichts besseres, als an ihn gekuschelt ein einfaches Frühstück zu essen. Danach saßen wir einfach eng umschlungen da. Ich fragte mich, warum. Wir hatten uns gehasst, Widerworte gegeben und uns Wortgefechte geliefert, jetzt saßen wir da und kuschelten.
Irgendwann klingelte sein Handy und er musste drangehen:
„Agent Nr. 15784“ Er wartete und hörte dem anderen offenbar zu.
„Sehr schön. Nein, den nehme ich lieber selbst, aber komm lieber mit. Da ist alles gut. Ja, drei Paar bitte. Mm. Und ein Tuch wäre auch nicht schlecht. Gut. Bis gleich.“ Er legte auf und steckte das Handy wieder in seine Hosentasche. Ich bemerkte die beiden Pistolen an seinem Hosengürtel, und für einen Moment fragte ich mich, was er wohl in der Hose hatte. Aber dann verbot ich mir dieses Denken wieder.
„Jake kommt gleich und wir bringen den gefährlichsten von den bösen Jungs hier in den Wagen. Danach bist du dran.“ Er war jetzt der professionelle leistungsorientierte Cop, der darauf brannte seinen Job zu machen, und vor allem darauf, ihn gut zu machen. Jake betrat die Zelle und reichte Oregon drei Paar Handschellen. Ein Paar machte Oregon an seinem Gürtel fest, ein Paar behielt er in der Hand und ein Paar gab er Jake zurück.
„Besser wenn wir beide vorbereitet sind.“ Er bedeutete mir, aufzustehen und meinte:
„Ich nehme an, du wirst nicht weglaufen. Das wäre gefährlich für dich und uns, und würde nur Scherereien bedeuten“, schärfte er mir ein. Jake und er zogen Pistolen und betraten die Zelle neben meiner. Ich erhaschte einen Blick auf den Mann darin, der zuerst überrascht wirkte, sich dann aber schnell fing und versuchte sich gegen die beiden zu wehren. Jake und Oregon bildeten jedoch ein ausgezeichnetes Team: sie drängten ihn in eine Ecke, wo einer ihn an die Wand drückte, während der andere schnell ein Paar Handschellen um seine Handgelenke schloss. Der Mann war nicht gerade klein, ich schätzte ihn auf zwei Meter oder größer, aber Oregon mit ca. 1.90 und Jake mit etwa 1.80 hielten ihn mit zwei Paar Handschellen auf dem Weg nach oben gut im Schach, leicht war es für sie anscheinend trotzdem nicht. Der Gefangene sah aus wie ein extremer Bodybuilder, überbemuskelt und unglaublich schwer. Ich lief mit einem Sicherheitsabstand hinterher, und als Boss Matthis mich anwies, im Bunker zu warten, tat ich das.
„Du bist ja noch hier“, sagte er überrascht, als er wieder kam. „Ich war mir nicht sicher, ob du nicht doch abhauen würdest.“
„Enttäuscht?“, fragte ich frech.
„Nein, eher erleichtert“, gab er zu. „Hör mal, bis auf Jake weiß keiner... du weißt schon wovon, und damit die anderen weiterhin denken, du bist eine ganz normale Gefangene, müssen wir dich offiziell auch so behandeln.“ Ich verstand, und ließ zu, dass er mir das letzte Paar Handschellen um die Handgelenke legte.
„Ich schließe sie nicht ab. Das heißt, wenn es nötig ist, kannst du sie einfach so lösen...“ Er führte meine Hände und ich spürte, wie die Handschellen sich leicht öffnen ließen.
Ich nickte. „Okay.“
„Und ich hoffe, dass dich kein Spion erkennt, Süße.“ Er legte mir ein Tuch um den Kopf. Da war das „Süße“ wieder, ich sah nichts. Meine Laune hatte nicht gerade einen Höhepunkt gehabt, aber jetzt sank sie schlagartig. Er schien es zu merken und umarmte mich.
„Hey, Kleines. Alles in Ordnung, das ist nicht für lange.“ Wie, um das Versprechen zu halten, brachte er mich ziemlich schnell zum Auto. Erst, als wir darin saßen, nahm er mir das Tuch wieder ab und ich löste die Handschellen. Die Fenster des Wagens waren abgedunkelt.
„Alles gut, Maus?“, wollte er besorgt wissen, also nickte ich hastig.
„Nur warum nennst du mich immer so?“
„Weil du total süß bist, ehrlich. Vor allem wenn du dich aufregst, was du ja tust, wenn ich dich so nenne. Ich steh auf dich, ehrlich“, fügte er nach einer Weile fast schüchtern zu. Was sollte ich darauf jetzt antworten?

„Mit Jake kommst du klar, oder Süße?“
„Natürlich“, antwortete ich. Er schloss die Handschellen wieder wie vorhin. Jake schien mir jedoch nicht so zu trauen wie Oregon, denn er führte mich immer noch fast wie am Anfang durch die Gänge.
Er hielt an einer Holztür. Die bei meinem Zimmer sah definitiv anders aus!
„Was machen wir hier?“, erkundigte ich mich daher.
„Jemanden abholen“, grinste er und öffnete die Tür. Cato maunzte und strich sofort um meine Beine, Storm trug ein Junges zwischen den Zähnen und das andere tappte ungelenk hinterher. Die Kleinen waren noch blind.
„Sie waren beim Tierarzt, es geht ihnen gut“, erklärte Jake und löste meine Handschellen -hier unter der Erde konnte wohl keiner Spionieren- und setzte mir das zweite Kätzchen in den Arm. Er sagte, es wäre ein Kater, das andere eine Katze. Der kleine Kater war pechschwarz und ich schlug vor, ihn Thunder -Donner- zu nennen. Jake war einverstanden, aber für die Katze hatte er eben so wenig einen Namen wie ich.
Jake zeigte mir noch den Weg zu meinem Zimmer. Bevor er ging sagte er noch:
„Oregon mag dich.“
„Hat er mir so ähnlich gesagt“, gab ich zurück.
„Das solltest du ernst nehmen, er ist nicht der Typ, der viele Frauen anmacht.“
„Irgendetwas war aber anfangs völlig falsch zwischen uns.“
„Weil er nicht wusste, wie er sich verhalten sollte“ erläuterte er und verließ den Raum mit einigen letzten Worten. Ich hörte, wie die Tür abgeschlossen wurde. Vorsichtig strich ich Thunder über das Fell. Dann setzte ich ihn ab und nahm meine Geige.
Ich probierte einige Stücke aus dem Notenbuch aus und blieb schließlich bei einem recht modernen, schnellem Stück. Ich zerlegte es in einzelne Teile, die ich unabhängig von einander übte, dann versuchte ich mich an den Übergängen. Als ich es schließlich ganz durchgespielt hatte, ertönte Applaus.
„Wunderbar“, seufzte Oregon. Ich war so vertieft gewesen, dass ich gar nicht gemerkt hatte, wie er in die Bibliothek gekommen war.
„Findest du?“, erkundigte ich mich unsicher und vorsichtig und begann zu strahlen, als er nickte. Er holte einen Strauß Rosen hinter seinem Rücken hervor. Rote Rosen, mit einer weißen in der Mitte. Er reichte mir den Strauß.
„Ich wollte fragen, ob du morgen mit mir zu Abend essen möchtest“, brachte er heraus und wurde beinahe so rot wie die Rosen.
„Ja, gerne“, quetschte ich verlegen hervor. Er umarmte mich liebevoll und stellte die Blumen in eine Vase auf den Tisch. Ich verstaute die Geige. Eng umschlungen traten wir aus der Bibliothek. Der Tisch war gedeckt, aber keiner von uns interessierte sich für das Essen. Stattdessen redeten wir. Er erzählte, dass sein Vater das FBI geleitet habe, seine Mutter war für die Koordination mit anderen ähnlichen Unternehmen wie der CIA und dem Interpol, aber auch mit der Polizei zuständig. Daher wurde er früh als Agent ausgebildet, und übernahm die Führung des FBI, als die beiden bei einem Anschlag starben. Damals war er 25 gewesen, heute war er 27 und hatte endlich die Attentäter von damals geschnappt. Ich berichtete von mir und meinem vergleichsweise langweiligem Leben, aber es schien ihn zu interessieren.
Als es halb elf schlug, fragte ich schließlich: „Bleibst du heute Nacht hier?“
„Wenn du das möchtest, und es dir nichts ausmacht, wenn ich in Boxershorts schlafen muss“, versprach er mir.
„Das macht mir nichts aus“, versicherte ich ihm, und kroch im Schlafanzug unter die Bettdecke. Er lachte und ließ sein Hemd auf den Boden fallen. Sein Anblick war einfach göttlich. Er war durchtrainiert, mit einem wohlgeformten Sixpack und schönen kräftigen Armen. In Shorts legte er sich neben mich und deckte uns zu. Eng an ihn gekuschelt schlief ich schließlich ein.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, spürte ich Arme um mich. Mein Gesicht lag an seinem Hals und ich sah ihn an. Er war bereits wach und lächelte zurück. Normalerweise wäre ich wohl aufgestanden und hätte das auf dem Tisch stehende Frühstück eingenommen, aber in seinen Armen zu liegen war Luxus pur! Er fuhr mit der Hand unter mein Oberteil und streichelte mir den Rücken. Ich schloss die Augen. Das war wunderschön! Schließlich strich er über meine Haare und wir seufzten beide, als wir uns erhoben. Scheinbar hatte er sich etwas frisches zum Anziehen besorgt, denn es lag ein weißes Hemd neben einer schwarzen Hose auf einem Stuhl, und beides war weder zerknittert, noch sahen sie aus wie die Sachen vom Vortag- eben nur sehr ähnlich.
Als er sich verabschiedete meinte er: „Ich lasse dich um halb sechs von Jake abholen. Nimm ein Buch mit, deine Kleidung bringt er rüber. Zieh ganz normal Jeans und Bluse an, da er danach sofort einen Auftrag zu erledigen hat, muss dich jemand anders holen. Die würden sich sonst wundern.“
Ich nickte. „Bis dann.“
Er lachte leise. „Zieh nicht so ein Gesicht, der Tag vergeht bestimmt schnell.“ Er drückte mir noch einen Kuss auf die Stirn und verschwand.

Um vier stieg ich in die Badewanne und ruhte in dem warmen Wasser aus. Danach probierte ich verschiedene Kleider an und entschied mich für ein rotes. Ich legte es zusammen, streifte Jeans und T-Shirt über, legte hochhackige Schuhe und silbergrauen Lidschatten zu dem Kleid. Punkt halb sechs holte Jake mich ab. Ich nahm die Kleidung und ein Buch und folgte ihm. In einer Zelle nahm er mir die Kleidung ab.
„Demnächst holt dich hier jemand ab. Aber die wissen nichts, von daher...“
„Okay. Viel Erfolg bei deinem Auftrag“, wünschte ich ihm.
„Danke.“ Er lächelte mir zu.

Die beiden FBI Jungs vor mir waren ein ungleiches Paar. Der eine war höchstens 1.40 m groß, mit braunen Haaren und hellen Augen. Er war schon ziemlich alt, fand ich, während der andere jünger war, ein riesenhafter dunkelhäutiger Mann mit einer Glatze und dunklen Augen. Der Große drückte mich an die Wand, während der andere die Handschellen verschloss. Das wäre ehrlich gesagt nicht nötig gewesen. Ziemlich grob wurde ich durch die Gänge gezerrt, in einen Fahrstuhl, eine Etage höher wieder raus, durch den Haupteingang nach draußen. Über eine Wiese gingen wir auf ein Herrenhaus zu, doch plötzlich brach der Kleine vor mir zusammen.
„What the..“, begann der andere, ehe er auch eine Kugel in den Kopf bekam und umkippte.
Ich sah mich um. Links von mir sah ich jemanden auf mich zu rennen. Das Herrenhaus war nicht so weit entfernt wie das Gebäude aus dem wir gekommen waren, also raste ich darauf zu.
Neben mir schlug eine Kugel ein und ich stolperte. Ich schaffte es, über eine Schulter abzurollen, als ich fiel, und blieb benommen liegen. Meine Hände waren doch wegen den Handschellen auf meinem Rücken, habt ihr das etwa vergessen? Der Mann kam bei mir an. Er hatte hellbraune Haare, war mittelgroß und trug ein verdrecktes rotes T-Shirt. Es war der Attentäter auf dem Foto im Internet, und, was schlimmer war, es war Phillip.
Phillip war aus meinem Jahrgang und der Mädchenschwarm schlechthin. Trotzdem hatte er immer nur mich gewollt, mich, das Mädchen das kaum ausging und keine Beziehungen anfing. Er hatte mir gesagt, dass er mich liebt und ich solle auch versuchen ihn zu lieben, dann werde alles gut. Ich wollte nicht, also hatte er mir gedroht. Damals hatte ich ihn nicht ernst genommen, und erkannte jetzt, dass das ein Fehler gewesen war, wohlmöglich mein letzter.
Er drückte mich auf den Boden.
„Liebst du mich?“, knurrte er bedrohlich. Es war verrückt, absolut durchgeknallt, aber ich wollte zu meinen Gefühlen stehen:
„Nein.“
Er lachte bitter. „Doch, tust du. Du gibst es nur nicht zu. Aber das können wir ändern. Er riss sich seine Hose herunter und versuchte, mein T-Shirt zu zerreißen.
„Arg“, machte ich, ich versuchte ihn zu treten und wand mich unter ihm, aber er gab nicht auf. Als er sich schließlich vorbeugte, um mich gewaltsam zu küssen, drehte ich meinen Kopf zur Seite und biss ihn in die Schulter. Er schrie auf und fuhr hoch. Eine nette Nebenwirkung war auch, dass er seinen Revolver fallen ließ. Ich trat die Waffe aus seiner Reichweite und sprang auf.
Ich weiß nicht mehr, wie ich es bis zum Tor des Herrenhauses schaffte, stolpernd und blutend, mit einem umgeknickten Fuß, hustend von Würgemalen und mit Kopfschmerzen von dem Aufprall. Ich weiß allerdings, dass er irgendwann auf mich Schoss, und ich nur mit Glück den Geschossen entkam. Einige Meter vor dem Tor nahm mich ein Überraschter Wachmann in Empfang. Der Rest der Truppe lieferte sich eine Schießerei mit Phillip, während ich unter der Wache lag, der mich anscheinend mit irgendeinem Judogriff so im Schach halten wollte. Dann verlor ich das Bewusstsein.

Als ich aufwachte, lag ich in eine Bett. Oregon saß daneben und hielt meine Hand.
„Was-ist-passiert?“, fragte ich ihn kraftlos und immer noch halb bewusstlos.
„Shh. Später“, bedeutete er mir und strich über mein Gesicht. Ich driftete wieder weg.

Beim nächsten Erwachen war ich alleine. Ich stand vorsichtig auf und ging vorsichtig auf ein Fenster zu. Schwere rote Vorhänge säumten das Rundbogenfenster und ich zog sie vorsichtig auf. Licht flutete den Raum. Der Aussicht entnahm ich, dass ich mich wohl im Herrenhaus befand. Hinter mir hörte ich ein Geräusch und ich wirbelte herum.
„Du bist wach“, freute sich Oregon mit einem lieben Lächeln, das verboten werden sollte. Er nahm mich in den Arm. „Wie geht es dir?“, verlangte er zu wissen.
„Ganz Okay.“ Ich sah an mir hinab. Ein dicker weißer Verband war um meinen Oberarm gewickelt. Ich hatte ihn noch nicht einmal bemerkt! „Aber was ist passiert?“
„Phillip hat dich aufgespürt und angegriffen. Tut mir Leid, ich hätte es wissen müssen“, erklärte er unglücklich.
„Nein, nein, schon okay. Was ist jetzt mit ihm?“
„Einer unserer Schützen hat ihn getroffen. Er ist tot. Aber du... eine Kugel hat dich gestreift.“ Er deutete auf meinen bandagierten Arm.
„Das ist okay, ich fühle nichts. Welches Datum haben wir?“
„Den achten November. Du bist seit Juli in Amerika, erinnerst du dich?“, fragte er besorgt.
Ich nickte langsam. „Natürlich.“ Er umarmte mich und wir schmusten und küssten uns lange, aber als er sich schließlich löste, hatte ich eigentlich immer noch nicht genug gehabt.
„Mehr“, seufzte ich.
„Später“, erwiderte er. „Du musst erst einmal etwas essen.“
Ich seufzte und tat was er mir sagte. Er setzte mir ein Croissant vor, eine riesige Tasse Kaffe mit Milch, und...
„Cato!“ Cato maunzte und gab die Sicht auf Storm frei. Die beiden kleinen hatten ihre Augen geöffnet.
„Wie süß, die beiden Kleinen sind“, seufzte ich.
„Und die Katze hat noch keinen Namen“, erinnerte Oregon mich.
„Mir ist keiner eingefallen. Hast du einen?“, fragte ich.
„Tia. Du findest sie süß, du bist auch süß. Tia ist perfekt“, schlug er vor.
„Nur leider heiße ich schon so“, gab ich zur Antwort.
„Dann eben Pia. Oder Mia oder Lia. Oder Melody, weil du so schön Geige spielst.“
Ich seufzte. Was hat Geige spielen mit einer Jungkatze zu tun? Aber ich finde den Namen gut, danke schön.“ Er grinste Arrogant und doch so unglaublich sexy, ich hätte mich an seinen Hals werfen können!

Irgendwann am Mittag wollte ich raus, und er wollte mich begleiten. Zusammen spazierten wir über die Wege hinter dem Herrenhaus- worüber ich froh war, denn ich wusste nicht, ob ich schon wieder die Wiese sehen wollte, auf der... na, ihr wisst schon. Wir liefen einfach nebeneinander her und redeten, bis es kaum noch etwas zu reden gab. Auf einmal nahm er mich am Arm und ließ mich in seine Arme sinken. Ich lag fast auf dem Boden, nur gestützt durch seine starken Arme.
„Und, my beauty, holen wir heute das Abendessen nach?“ Er sah mich ernst an, und ich fuhr mit meinem Blick über sein Gesicht, sah jedes Detail, die Narbe.
„Klar, mein Biest“, antwortete ich und er zog mich hoch um mich zu küssen.

Und das Abendessen wurde natürlich wunderschön. Ich trug das rote Kleid und er brachte mir eine einzelne weiße Rose mit, die so perfekt war wie er für mich. Wisst ihr, was er dazu sagte?
„Ich habe die schönste Rose ausgesucht, die ich finden konnte, aber sie ist nicht halb so schön wie du.“ Ich wurde rot, und er versicherte mir, dass das süß sei. Ein wenig kitschig war es schon, oder? Aber es war mir egal und wir knutschten bis ziemlich spät. Als er meinte, wir sollte schlafen gehen, bat ich ihn, bei mir zu bleiben.
„Wenn du meinst“, sagte er und tat unwillig, aber ich sah, dass er sich freute.

Wir kuschelten auf dem Bett, und ich knöpfte ihm langsam sein Hemd auf, sodass sein muskulöser Oberkörper in Sicht kam. Er drehte mich auf die Seite und öffnete langsam den Reißverschluss des Kleides. Mit dem Finger strich er an dem geöffneten Reißverschluss entlang und ich erschauderte. Er ließ das Kleid zu Boden gleite und sein Hemd landete daneben. Er nahm mich an der Hüfte.
„Ich bin vorsichtig okay?“ Er sah mir tief in die Augen und nickte, und gab ihm so mein Einverständnis. Er öffnete meinen BH, unsere Hosen landeten auf dem Boden, die Unterwäsche folgte.

 

 


„Habe ich dir weh getan, Süße?“, wollte er unsicher wissen.
„Nein“, antwortete ich. „Es war perfekt, Oregon. Ich liebe dich einfach. Es war so schön.“
Wir seufzten beide bedauernd, als er sich zurück zog und ich kuschelte sich sofort an ihn, er deckte uns zu und wir schmusten.
„Du liebst mich, hast du gesagt“, murmelte er. „Bereust du es?“
„Was, den Sex, oder dass ich das gesagt habe?“, flüsterte ich.
„Eins von beidem. Egal. Beides“
„Nein. Ich würde es immer wieder tun. Ich liebe dich, Schatz“, gestand ich.
„Das ist das schönste, was ich je von dir gehört habe“, freute er sich. „Und weißt du was, Süße? Ich liebe dich auch, und ich möchte dich nie verlieren.“

Und wirklich blieben wir zusammen. Er schaffte es, mir einen Platz an der FBI Akademie frei zu machen, obwohl ich Deutsche war, und als ich mit Bestnoten bestand, machte er mir einen Heiratsantrag und Jake wurde unser Trauzeuge. Tja, der Boss und ich haben heute zwei Kinder, und egal, wo ich einen Auftrag habe, oder wo er hingeht, er schafft es immer, mir Rosen zu schicken. Auch heute stand wieder ein Strauß weißer Rosen auf meinem Schreibtisch. Weiße FBI-Rosen. Er schreibt, dass er morgen wieder kommt, damit wir unseren Hochzeitstag feiern können. Im Büro lächeln immer alle, wenn mal wieder Rosen geliefert werden- meist weiße, manchmal rote, und ein mal schickte er mir eine rosafarbene. Meine Kollegen grinsen auch heute wieder, wann immer sie an meinem Arbeitsplatz vorbeikommen. „Beauty hat wieder Rosen vom Biest bekommen“, sagen sie. Wisst ihr, in seiner Freizeit züchtet er sie selbst. Die Rosenbüsche in unserem Garten gedeihen prächtig, und eine neue Art hat sich entwickelt. Es sind jene Rosen, die ich am liebsten mag. Sie heißen FBI-Rosen. Oder auch: Die Rosen vom Biest.

Epilog
Diese Geschichte bezieht sich auf die Originalgeschichte „Die Schöne und das Biest“ („Beauty and the Beast“) Diese Originalgeschichte wurde von Max Eilenberg geschrieben, und ich besitze keinerlei Rechte daran, jedoch habe ich jede Geschichte als Inspiration für „FBI Roses- Die Schöne und das FBI“ genommen. FBI Roses ist eine vollkommen fiktive Geschichte.
Zu „Die Schöne und das Biest“: „Die Schöne und das Biest“ war für mich immer eine Gute-Nacht-Geschichte. Das Buch gehört für mich fast zu allgemein Literatur, und ist, finde ich, fast verpflichtend zu lesen. Wer dieses Buch noch nicht gelesen hat, dem empfehle ich stark, es zu lesen, egal in welcher Altersklasse man ist, oder in welcher Fassung. Am besten erschein mir jedoch die Originalfassung auf Englisch. Ich persönlich besitze eine Englische Ausgabe mit wunderschönen Illustrationen von Angel Barret, welche ich in Indien zum Preis von 12,55 Rupien (etwa 0,1757 Euro) gekauft habe. (100 Rupien entsprachen damals etwa 1.40 Euro)

Impressum

Texte: Annisoli
Bildmaterialien: Cover: Bookrix
Lektorat: /
Übersetzung: /
Tag der Veröffentlichung: 24.01.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Lia

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