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DAS WIEDERSEHEN
Denn das Ende muss erst geschrieben werden...


Stille. Eine verflixte Stille. Kein Rascheln, kein Geräusch. Es schnürte einem den Atem ab.
Joel Lyrie saß in ihrem Klassenzimmer und wartete mit ihren Klassenkameraden auf die Klassenarbeit. Die Klasse. Ein schreckliches Wort. Immer wieder wenn sie daran dachte, krampfte sich ihr Magen zusammen. Die Arbeiten wurden alphabetisch zurückgegeben.
Joel konnte noch lange warten, da sie gerade erst bei „b“ waren.
Doch ihr kam es vor, als wären sie schon 20 mal durch gewesen. Das allerschlimmste war, dass die Arbeit abartig schwer war. Vielleicht lag es aber auch daran, dass die Klasse nicht viel zu Hause gelernt hatte. Sie sagten sich, dass die Arbeit nicht so schwer werden konnte. Schließlich hatten sie eine neue Lehrerin. Aber wen interessierte das schon jetzt? Joel schaute in die verzweifelten Gesichter neben ihr und konnte sich dabei denken, dass es nicht so gut für sie lief. Wie für so viele von ihnen. Nun waren sie schon bei „j“ . Joel hörte das leise Ticken der Uhr. Tick tack. Tick tack. Es hallte in ihrem Ohr wider während sie ein leises Stöhnen neben sich hörte. Es war ihre beste Freundin, Natalie Jamer. Sie hatte soeben ihre Arbeit zurück bekommen. Joel fragte sie: „Und, was hast du?“ Sie murmelte: „5. Das ist so ungerecht!“ „Wieso?“, meinte Joel. „Du hast doch bestimmt nicht zu Hause gebüffelt!“ „Aber ich habe 11 Fehler von 55 Punkten...“ Die Freundin sah auf ihr Blatt, um sich zu vergewissern, dass Natalie nicht log. Aber es stimmte. Es gäbe eigentlich noch eine 2, oder? Vielleicht sogar eine 1- … Egal. Der Punkt war, dass Frau Bakler nicht die geringste Ahnung davon hatte, wie mal Noten verteilte.
Da wurde allen klar, dass sie noch so viel lernen konnten- es hätte ihnen sowieso nichts gebracht. Danach war es soweit. Sie waren waren bei „L“. Da es nicht allzu viele Personen gab, die einen Nachnamen mit „L“ am Anfang hatten, war Joel´s Arbeit auch schon schnell in ihren Händen. Frau Bakler zog ihre Mundwinkel zu einem Lächeln hoch. Aber eher einem ungläubigen Lächeln. Konnte diese Frau eigentlich auch richtig lachen? Joel sah auf ihr verschmiertes Blatt und sah eine, es würde ihr nie jemand glauben, 2- ! Und das auch noch in Mathe! Doch das konnte natürlich nicht sein. Joel hatte 14 Fehler. Ja, natürlich, hatte ich ja fast vergessen. Frau Bakler konnte keine Noten verteilen. Es war einfach so. Jeder Schüler hier in der Klasse hätte sie besser verteilt als diese Frau. Dazu sah sie auch noch eigenartig aus.Mit ihren unglaubwürdigen dünnen Beinen, blonden Haaren, langer, spitzer Nase, und winzigen Füßen, ähnelte sie einem Storch. Dazu war der Oberkörper eigenartig gekrümmt. Er war mehr schräg. Endlich waren alle Arbeiten ausgeteilt. Sie sagte also nun mit ihrer heute leisen Stimme: „So Kinder. Ihr könnt jetzt gehen. Habt noch einen schönen Tag!“ Klar, dachte Joel sich. Sie sollten noch einen schönen Tag haben. Dabei wusste sie genau, dass dieser Tag schon schrecklich genug war.Er war schon längst verdorben. Mit schwachen Schritten gingen die Schüler also aus dem Klassenzimmer und machten sich auf den Weg zum Bus oder liefen nach Hause.
Das war vor einem Jahr. Jetzt lief Joel auch nach Hause, und dachte über die Vergangenheit nach. Zu Hause angekommen begrüßte Joel´s Mutter sie.
Sie war die erste die mit ihr sprach, seitdem Joel in der Schule war. Natalie hatte beim Weg nach Hause kein Wort mehr gesagt. Sie war anscheinend zu traurig wegen ihrer Note, da sie es nicht fertig gebracht hatte, auch nur ein Wort zu sagen. Bestimmt malte sie sich schon die Reaktion von ihren Eltern aus. Natalie war normalerweise immer eine Eins-er-Schülerin gewesen. Und jetzt hatte sie eine 5 in Mathe. Es war einst ihr Lieblingsfach. Doch bis dahin konnte sie ja noch nicht wissen, dass es bald ihr Hassfach wurde. Da riss Joel´s Mutter sie aus den Gedanken und sagte: „Es gibt heute Lasagne. Dein Lieblingsessen“ „Seit wann ist Lasagne mein Lieblingsessen?“ ,fragte Joel völlig erstaunt.
Normalerweise wusste ihre Mutter immer, was sie am liebsten aß. Doch seitdem sie ihren neuen Freund hatte, war sie wie ausgewechselt. Der Tod von Joel´s Vater war schon schlimm genug. Da musste ihre Mutter sich, auch noch gerade mal 2 Monate nach dem Tod, einen neuen Freund zulegen. Aber was konnte sie auch schon machen? Schließlich war es ihr Leben, oder? Egal. Da Joel sowieso nichts dagegen tun konnte, beschloss sie nach einiger Zeit, es einfach zu akzeptieren. Nun gut. Frau Lyrie war gerade dabei ihrer Tochter Lasagne auf den Teller zu tun. „Guten Appetit“, sagte sie nur noch zu ihr und ging zurück in die Küche.Joel pickte ein wenig in dem Auflauf herum, dachte aber keineswegs daran, es auch zu essen. Danach dachte sie sich aber, dass sie es essen müsste, denn sonst würde Joel´s Mutter wieder einen Anfall bekommen. Sie sagte immer, dass manche Kinder überhaupt nichts bekämen. Damit hatte sie natürlich auch Recht. Aber seit einiger Zeit hatte Joel überhaupt keinen Hunger mehr. Nicht mal einen Appetit. Joel´s Vater sagte es immer so. Wir hätten keinen Hunger, sondern nur Appetit. Wir wüssten nicht einmal, was Hunger überhaupt wäre. Auf jeden Fall schlang Joel die Lasagne schnell in sich hinein, damit sie den ekligen Geschmack nicht lange ertragen musste. Danach ging sie nach oben in ihr Zimmer und machte Hausaufgaben. Mittlerweile hatte sie sich schon abgewöhnt, die
Mathe-Hausaufgaben zu machen. Doch da ihre Mutter seit kurzer Zeit, oder besser gesagt, nachdem ihre Mutter massenweise Elternbriefe bekam wegen „Hausaufgabenmangels“ , immer überprüfte, ob ich die Hausaufgaben machte, beschloss Joel sich doch an den Schreibtisch zu setzen und sie zu machen. Als sie endlich mit ihren „Algebra-Hausaufgaben“ fertig war, beschloss sie, sich hinzulegen und zu schlafen. Sie nahm ihr Buch, steckte es in den Schulranzen und legte sich aufs Bett. Gemütlich legte sie sich hin, deckte sich zu und machte danach, langsam, ganz langsam die Augen zu. Sie merkte wie es um sie herum eigenartig schwarz wurde. Es musste wohl ein Traum sein, oder?
Nach einer Weile konnte Joel die Umrisse eines Zimmers erkennen. Doch es war nicht ihr Zimmer. Es war ihr Klassenzimmer. Sofort wurde ihr bewusst, dass es ein Alptraum werden würde. In der Klasse befand sich ein Stuhl. Und rate mal wer darauf saß. Joel. Sie befand sich in der Mitte des Klassenzimmers. Stockfinster war es. Doch langsam sah sie kleine blinzelnde Augen die nach und nach immer mehr wurden. Joel rief in die Klasse:
„Hallo? Wer ist da?“ Doch es kam nur ihr Echo. Da bemerkte sie eine Hand auf ihrer Schulter, die langsam in ihre Haare kroch. Als ob eine Spinne ein Nest bauen würde.
Joel stieß einen lauten Schrei aus und stand auf. Und genau in diesem Moment bemerkte Joel um sich herum viele andere Schüler. Anscheinend ihre Mitschüler. Sie kümmerte sich eigentlich nie um ihre Klassengemeinschaft. Sie hatte Freunde und das war ihr wichtig.
Sonst nichts. Ihre Mitschüler kamen immer schneller auf sie zu. Bald würden sie Joel zerquetschen. Sie konnte nur noch einmal schreien bevor sie aufwachte. Es war nun 18:00 Uhr und Joel wusste nicht wirklich was sie tun könnte. Da beschloss sie ein wenig raus zu gehen. Sie schnappte sich also ihre lila Jacke und dazu ihre Tasche mit ein wenig Geld im Portemonnaie und ging raus. Die kalte Herbstluft lief Joel den Rücken runter. Mittlerweile zitterte sie schon am ganzen Körper. Sie war nun an einem Spielplatz vorbeigekommen mit fröhlich lachenden Kindern die dort spielten. „Die gehen bestimmt noch nicht zur Schule...“ ,dachte sie sich und schmunzelte ein wenig über ihren eigenen Witz.
Nach einer Weile war ein Neon-Schild in der Nähe zu sehen. Wahrscheinlich von einem Café. Joel sah es sich genauer an und da fiel ihr etwas auf. Etwas, wovon sie nie gedacht hätte, dass sie es sehen würde. Ein Mädchen, mit pechschwarzen Haaren, schlanker Figur und grünen Augen stand an den Tresen vom Café und redete mit der Bedienung. Es war Meike! Ihr alte Freundin aus dem Kindergarten. Wirklich Wahnsinn dass Joel sie noch erkannte. Ihre Haare waren im Kindergarten ganz lang, und nun hatte sie sie abgeschnitten.
Doch ihr Gesicht würde sie nie vergessen. Sie spielten jeden Tag miteinander. Doch dann zog sie weg und sahen sich nie wieder. Joel beschloss zum Café zu gehen und sie anzusprechen. Wer weiß, vielleicht wusste sie auch noch wer sie war? Ein Versuch war es zumindest wert. Joel wurde plötzlich ganz warm und sie lief in voller Aufregung in das Gebäude. Dort angekommen, bemerkte sie die wunderschöne Wärme. Eine Wärme, die sie noch nie zuvor verspürte. Da saß sie also: Meike. Joel wollte schon den Mund aufmachen um etwas zu sagen, beschloss dann aber, es lieber langsam anzugehen und sich erstmal neben sie hinzusetzen. Da schaute Meike Joel an und Joel Meike. Sie trauten beide ihren Augen nicht. Eine Weile schwiegen sie, während sie sich anschauten. Das ging in etwa so 3 Minuten, dann sagte Meike zu Joel: „Wow! Joel, richtig? Ich hab dich ja ewig nicht gesehen!!“ Joel freute sich, dass Meike sich noch an sie erinnerte. Schließlich haben sie sich schon so lange nicht mehr gesehen. Und Joel hatte sich seit der Kindergartenzeit auch verändert.Nicht nur von der Größe. Ihre Haare sind dunkler geworden, sie wurde viel schlanker und überhaupt das Gesicht hat sich ein wenig verändert, auf eine Art und Weise, die man nicht richtig beschreiben konnte. Einfach anders. Sie antwortete also: „ Ja, für mich ist es auch eine riesen Überraschung dich zu sehen“ Sie klang wahnsinnig ruhig, was die Beiden ganz schön wunderte. Aber das war in diesem Moment egal. Da ergriff Meike auch wieder das Wort: „Und wie geht es dir hier? Wie ist die Schule? Ich gehe nämlich bald auch hier zur Schule“ Die letzten acht Wörter, die Meike sagte, freuten Joel so sehr, dass sie kaum noch Luft bekam. Trotzdem sagte sie ihr, dass es ihr gut ginge und die Schule nicht so besonders wäre, da sie nicht so tolle Lehrer habe, welche genau, wollte sie allerdings nicht sagen. Sie hatte das Gefühl, dass es nicht notwendig wäre. „Es tut mir Leid, aber ich muss leider schon nach Hause. Wenn du willst kannst du mich begleiten“ „Ich denke es wäre mal gut zu wissen, wo sie wohnt“ , dachte Joel sich und ging mit ihr mit. Sie wohnte in einer eher verlassenen Gasse wo man an den Seiten der Straße öfters auch verfallene Häuser erkennen konnte. Joel sah die Umrisse eines großen Gebäudes. Ein Fenster erleuchtete hell am Himmel und nach ein paar Metern konnte man auch andere, kleinere Häuser erkennen. Meike holte Joel aus den Gedanken: „Wir sind da“
Joel konnte es kaum fassen: Ihre Freundin Meike holte einen großen silbernen Schlüssel heraus, womit sie das Tor vor der großen Villa öffnete. Quietschend betretete sie das Grundstück. Dort befand sich ein wunderschöner Garten mit vielen verschiedenen Blumenarten. Blumenarten, die noch nicht einmal Joel kannte, und sie kannte sehr viele. Joel´s Oma hatte auch immer einen wunderschönen bunten Garten. Immer wenn sie bei ihr war, half sie im Garten mit und lernte dazu. Joel selbst fand es interessant ihrer Oma zuzuhören. Wenn sie über Blumen sprach, hatte sie eine wunderschöne, warme Stimme. Einfach ganz vertieft in das Thema sprach sie immer weiter. Meike erklärte Joel, dass sie die Villa geerbt hatten von ihren Großeltern. Ja, jetzt fiel es Joel auch wieder ein. Der Tod von ihres Großvaters hat Meike sehr geschockt. Sie hatten zwar nicht mehr so viel Kontakt zueinander, weil sie weggezogen waren, aber trotzdem hatte sie ihren Opa schon immer fest ins Herz geschlossen. „Komm ruhig rein. Möchtest du etwas trinken?“ ,bot Meike ihr an.
Joel meinte, dass es vielleicht höflich werde, die Frage abzulehnen. Sie wusste nicht warum, aber irgendetwas sagte ihr, dass sie nein sagen sollte. Während Joel die Villa betrat staunte sie über die vielen Teppiche, Gemälde und Zimmer. Schon allein im Flur gab es vier Zimmer. Wahrscheinlich waren es die Küche, das Esszimmer, die Toilette und ein Wohnzimmer. Meike ging mit Joel nach oben um ihr ihr Zimmer zu zeigen. Die Treppe erschien Joel ewig lang. Als ob sie niemals enden würde.Doch das konnte man sich ja gut vorstellen, in diesem riesigen Haus. Oben angekommen sah Joel schon eine blaue Tür. Die Klinke war knallrot und an der Tür hing in Großbuchstaben der Name “Meike“. Sie und Joel schwiegen. Seitdem sie das Haus betraten. Es bildete sich eine unangenehme Atmosphäre, welche Joel den Atem abschnürte. Sie betraten nun das Zimmer. Joel fand es wunderschön. Helles, klares Licht schien durch das große Fenster im Zimmer und machte es richtig gemütlich. Die Möbel strahlten in hellen Farben wie orange, gelb,rot und blau.
Das Bett stand mitten im Zimmer und in der Ecke befand sich ein großer blauer Kleiderschrank. Die Wände waren zum Teil orange und gelb. An der Wand hingen Bilder.Wahrscheinlich selbst gemalt. „Hast du die gemalt?“ ,fragte Joel. Meike nickte. Auf den Bildern waren meistens Landschaften zu sehen vom Meer, See, Bergen oder Wiesen.
Die Bilder waren übrigens sehr ordentlich gemalt. „Es tut mir Leid, aber ich hab keine Zeit mehr. Wollen wir uns irgendwann mal verabreden?“ ,fragte Meike mit einer plötzlich lauten Stimme. „Okay. Ähm, Samstag vielleicht? 18 Uhr? Kino? Oder ich könnte dir die Gegend ein wenig zeigen?“ ,antwortete Joel. Meike nickte wieder und ein kurzes Lächeln huschte über ihre Lippen. Sie begleitete ihre Freundin noch zu Tür und ging weg. Joel dachte darüber nach, was passiert war. Sie hatte Meike ganz anders in Erinnerung. Mit mehr Leben. Mit mehr Freude. Es war schon 20 Uhr und Joel versuchte nicht mehr über das Ereignis nachzudenken sondern ging nach Hause.

Am nächsten Tag war es in der Schule etwas, wie soll man sagen, eigenartig. Die Klasse hatte mitbekommen, dass ihre Mathematiklehrerin krank sei. Niemand konnte sich so richtig vorstellen, was sie haben könnte, denn in den letzten Tagen ist ihnen nichts aufgefallen. Zumindest nichts Auffälliges. Egal. Dieser Gedanke beruhigte die Schüler ein wenig. Trotzdem war der Rest des Schultages eigenartig. Als würde ein Fluch auf der Klasse, nein, auf der Schule lasten. Nun ja, es war Freitagnachmittag. Die meisten freuten sich schon
auf das Wochenende und gingen gut gelaunt nach Hause. Die meisten zumindest.
Für Joel lief es wie jeden Schultag: sie ging von der Schule nach Hause, Natalie wurde von ihrer Mutter abgeholt, da sie gleich an den See fuhren, sie aß zu Hause, bemühte sich ihre Hausaufgaben zu machen und dann- erst jetzt fiel ihr ein, dass sie eine Verabredung hatte. Mit Meike. Joel zog sich schnell etwas über, stopfte sich wie immer etwas Geld in die Tasche, zog die ersten Schuhe an, die sie erwischte und stürmte nach draußen. Im Schnellschritt lief sie zu ihrer Freundin die bereits auf der Veranda stand in einem blauen Kleid. „Ent-t-schuldige dass ich so spät bin. Ich hab nicht auf die Uhr geguckt und...“ ,doch bevor Joel ausreden konnte meinte Meike nur: „Ist schon gut. Also, du wolltest mir die Gegend ein wenig zeigen?“ Joel nickte. Sie staunte über Meike. Sie war fröhlich und
überhaupt nicht zu vergleichen mit dem vorherigen Tag. „Und was hast du heute so gemacht?“,fragte Meike anschließend. Joel berichtete ihr: „Ach, unsere Lehrerin Frau Bakler war heute nicht da, wahrscheinlich krank. Aber ansonsten ist nicht viel passiert“
Meike blieb stehen, riss die Augen weit auf und flüsterte nur: „Ja, davon hab´ ich auch schon gehört“ Joel wusste nicht was das zu bedeuten hatte, aber aus irgendeinem Grund war ihr das egal. Es zählte nur, dass sie sich endlich wieder sahen und etwas unternahmen.
Joel zeigte Meike die Eisdiele, das Café, das Schwimmbad, den Supermarkt und noch viele andere Dinge die es dort so gab. Meike zeigte allerdings keine große Begeisterung. Sie nickte mal, sagte „hm“ oder „schön“ aber ansonsten sah sie sich die Dinge nur an.
Joel begleitete Meike nur noch nach Hause. Nach ein paar Minuten fragte sie Meike: „Und, wie hat es dir gefallen?“Sie antwortete nach einer peinlichen Stille beiläufig: „Gut“
Das war ein eigenartiges Treffen. War vielleicht etwas passiert? Hatte es etwas mit Frau Bakler zutun? Doch dann dachte sich Joel, dass das ja Quatsch wäre und ging in Stille nach Hause.
Nächster Tag in der Schule. Frau Bakler war immer noch nicht da. Dies war etwas seltsam. Sie war so gut wie nie krank. Joel´s Klasse bekam einen Vertretungslehrer. Der erzählte ihnen, dass ihre Klassenlehrerin für eine Weile noch krank bliebe, und dass er nun den Unterricht fortführen würde. Der Vertretungslehrer war Herr Rammse. Er war eigentlich ganz nett. Doch an manchen Tagen ziemlich zerstreut. Keiner wusste warum:
Ob er wohl so war, weil er nun mal ein Lehrer war?
Es gab sogar Gerüchte, dass ein Fluch auf ihm lastete. Er stammte aus Schottland.
Er hatte angeblich in einer alten Burg gelebt mit mehreren Geistern, die Nachts in die Träume der Menschen stiegen um diese als Albträume zu verändern. Keiner wusste wirklich ob es stimmte, denn es klang ziemlich lächerlich. Joel entschied sich dafür zu glauben, dass Lehrer auch mal launisch sind. Auch wenn diese Art von Laune etwas anders ist, als man sich das vorstellt. Er war nicht nur zerstreut, sondern auch an solchen Tagen empfindlich und zitterte am ganzen Körper. Vielleicht haben die Geister ihn mit einem Fluch belegt?
Aber das konnte Joel dann doch wieder nicht glauben. Herr Rammse teilte ein paar Arbeitsblätter aus und erklärte den Schülern die Aufgaben. Es handelte von Brüchen und wie man sie addiert und subtrahiert. Einfach eine kleine Wiederholung des letzten Jahres. Oder war es sogar vorletztes Jahr? Egal. Erstaunlicherweise war Joel recht schnell fertig mit den Arbeitsblättern. Sie entschied sich aber sich nicht dafür zu melden, da sie dachte, dass sie dann noch mehr Blätter bekäme. Bis zum Ende der Stunde saß Joel einfach auf ihrem Platz und dachte nach. Dachte darüber nach, weshalb Meike so komisch war.
War irgendetwas in ihrer Familie passiert? Hatten sie vielleicht Streit?
Oder hatte sie sich einfach geändert? Die Klingel unterbrach Joel´s Gedanken und sie ging mit ihrer Freundin Natalie in die Pause. Sie sprach ein wenig mit ihr und sie verabredeten sich zum Bummeln in die Stadt. Joel hatte sich vorgenommen, ihrer Freundin Natalie alles vom Treffen zu berichten. Sie fragte sich schon jetzt, was sie wohl sagen würde.

In der Stadt. Joel wartete schon eine Weile auf ihre Freundin. Denn sie war ein wenig eher da als erwartet. Sie konnte es nun mal nicht abwarten mit ihr zu reden. Nachdem Joel zehn Minuten auf Natalie gewartet hatte, schoss es schon aus ihr heraus: „Ich muss dir unbedingt was erzählen“ Natalie nickte nur und sagte: „Ein 'Hallo' wäre auch schön gewesen aber okay, schieß los.“ Joel holte tief Luft: „Also. Ich habe eine alte Kindergartenfreundin wiedergetroffen. Sie heißt Meike. Meike zog vor kurzem auch hier in die Stadt.
Auf jeden Fall, sie atmete noch einmal tief ein und fuhr fort, „habe ich mich mit ihr getroffen. Ich wollte Meike ein wenig die Stadt zeigen. Normalerweise kannte ich sie als ein aufgewecktes Mädchen doch sie war ganz ruhig. Sie redete kaum und...“ ,da unterbrach sie Natalie: „Und was hat es damit auf sich? Ich meine, es ist doch vielleicht normal, dass man sich erstmal an alles gewöhnen muss, bei einem Umzug.“
„Ich war ja auch noch nicht fertig“ ,schnaubte Joel sie an, entschuldigte sich dann aber dafür. „Als ich ihr erzählt habe, dass Frau Bakler krank war und ist, da blieb sie plötzlich stehen und riss die Augen weit auf und meinte, dass sie davon auch schon gehört hatte.
Dann war sie ganz ruhig und redete kaum...“ Nun verstand ihre Freundin Natalie die Lage.
Joel wurde ruhiger und bemerkte, dass Natalie nachdachte. „Vielleicht tüftelt sie gerade einen Plan aus wie wir herausfinden können, warum Meike so eigenartig war?“ ,dachte Joel.
„Mhm... Ja, weißt du was? Ich habe nachgedacht und glaube, dass wir mal wieder Detektive
spielen müssen!“ ,meinte Natalie mit einem Strahlen in den Augen. Das hatte Joel schon völlig vergessen. Als sie noch etwas jünger waren, spionierten sie manchmal ihren Erzfeindinnen Streiche, oder Erzfeinden. Einfach mal, um sich zu rächen. Das funktionierte meistens immer ganz gut, da Natalie eine Meisterin im Pläne-Ausdenken war.
Zur Antwort sagte Joel zu ihrer Freundin: „Okay. Ich denke das wird eine gute Idee. Nur diesmal wird das Spionieren für nichts Schlechtes sein! Danke dass du mir hilfst“
„Kein Problem“,meinte Natalie und zuckte mit den Schultern, „es wäre sowieso einfach mal schön gewesen, solche lustigen Sachen zu machen. Und jetzt haben wir die Chance!
Glaub mir, ich setze mich noch heute Abend an den Plan. Wenn du willst, könntest du mir ja ein wenig helfen, oder?“ Joel nickte. Doch sie war sich schon jetzt sicher, dass das alles andere als lustig sein wird. Schon am späten Nachmittag fuhren sie mit dem Bus zu Natalie, Joel rufte zu Hause an, dass sie bei ihr war und dass sie nicht mit dem Abendessen auf sie warten sollte, obwohl Joel dachte, dass es ihrer Mutter sowieso egal wäre, und dann gingen sie nach oben zu Natalies Zimmer. Es war das dritte Zimmer im Flur und an der Wand waren mehrere bunte, aufgeklebte Schmetterlinge zu sehen. Das Zimmer allein, war sowieso ziemlich bunt. Ein buntes Bett, meistens orange, ein blauer Kleiderschrank, bunte Teppiche waren auf dem Fußboden zu sehen, ein knallroter Schreibtisch und Stuhl und nicht zu vergessen: die Glasvitrine. Diese war mit mehreren bunten Streifen zu sehen und in der Vitrine waren mehrere kleine Glasfiguren zu sehen. Ihr größtes Heiligtum. Joel und Natalie setzten sich auf den Fußboden zu den Sitzsäcken, welche ausnahmsweise mal weiß waren.
Darauf befanden sich Unterschriften von ihren Freunden, Verwandten, und sogar ein Abdruck einer Pfote. Der Abdruck stammte von einem Hund den Natalie früher hatte. Er hieß Chaster. Auf dem Boden hatte Natalie zwei Blöcke hingelegt. Sie mussten sich nämlich einen Zeitplan machen. Sie konnten Meike ja nicht die ganze Zeit überwachen. Oder?
Sie fingen an mit der Schule. Sie hatte um die selbe Zeit Schule wie Joel und Natalie.
In welcher Klasse sie war, konnten sie im Computer nachsehen, auf der Schulwebseite.
Dort befanden sich alle Stundenpläne. Auch der von Meike. Meike Ralks.
Sie hatte zufälligerweise fast immer zur selben Zeit aus wie Joel und Natalie.
Nur am Donnerstag hatte sie neun Stunden. Da sie jetzt wussten, wann Meike genau aus hatte, und übrigens nach Hause lief, konnten die Beiden ihr gut nachspionieren und herausfinden welches Geheimnis sie hatte. Falls sie überhaupt eins hatte.
Natalie und Joel beschlossen ihr jeden zweiten Tag zu folgen. Sie schrieben alles auf, was sie tat, und wo sie es tat. Der Zeitplan war fertig.

Montagmorgen. Joel und Natalie saßen unruhig auf ihren Plätzen herum. Beide waren nämlich schon total aufgeregt, was Meike wohl vor ihnen verbarg. Frau Bakler war immer noch krank und der Vertretungslehrer teilte schon wieder Arbeitsblätter aus. Nur diesmal waren sie schwieriger. So schwierig, dass Joel die ganze Stunden dafür brauchte.
Vielleicht fiel ihr aber auch alles so schwer, weil sie daran dachte, Meike zu beschatten.
Dabei lief ihr ein Schauer über den Rücken. Schließlich war sie ja auch ihre Freundin, oder?

Endlich war die Schule zu Ende. Joel und Natalie trafen sich vor dem Schuleingang.
„Bist du bereit?“, fragte Natalie ihre Freundin. „Ja schon“ ,antwortete Joel, „aber ich bin total aufgeregt“ Dann sah Joel eine Silhouette im Flur. Langsam näherte sich die Schattenhafte Figur. Es war Meike. Joel gab Natalie ein Zeichen sich zu verstecken und zeigte auf Meike. Sie ging gerade zum Ausgang während die anderen Zwei sich hinter einer Tafel versteckten. Jetzt fing die Verfolgung an.
Nach 15 Minuten waren sie da. Meike öffnete die Tür und schloss sie wieder hinter sich. Bis jetzt gab es noch nichts Außergewöhnliches. Sie gingen näher ran. Als Meike das Tor geöffnet hatte, sind die Beiden auch rein gegangen und haben sich im Garten versteckt.
Sie gingen ein wenig näher ans Haus. Jemand redete. Redete sehr laut. Langsam wurde es so laut, dass sich die Personen anbrüllten. Es klang allerdings nicht wie ein Streit. Es war, wie ein Zauberspruch, den man ganz laut sagte. Nur dass irgendjemand mit einer kräftigen Stimme alles laut beantwortete. Dann sahen sie einen grünen Strahl. Ein helles Strahlen.
Anschließend guckten die Beiden ins Fenster und sahen eine Frau. Ein dünne Frau mit gekrümmten Rücken. Frau Bakler! Jetzt sahen sie die Frau richtig. Und daneben war ein Mädchen. Meike!
Woher kannten sich die beiden? Und was machte Frau Bakler in Meike´s Haus?
Das alles war wirklich komisch. Für den Tag waren es erstmal genug Informationen.
Sie gingen wieder zu Natalie. Als sie dort waren, machten sie erstmal Hausaufgaben, und besprachen dann die Lage. „Okay, wir wissen, dass Frau Bakler irgendetwas mit Meike zu schaffen hat. Aber was?“ ,stellte Joel fest. „Vielleicht waren die Beiden irgendwie verwandt?“ ,fragte Natalie. „Nein“, erwiderte Joel, „das kann nicht sein. Das wüsste ich schließlich, oder?“ Zweifel stieg in ihr auf. Vielleicht kannte sie Meike doch weniger als sie dachte? Joel beschloss, sich noch einmal mit ihr zu treffen. Vielleicht konnte sie noch irgendetwas herausfinden? Die ganze Woche beschatteten sie Meike noch. Doch es kam nicht Außergewöhnliches mehr vor. Vielleicht kam der grüne Strahl auch einfach nur vom Fernseher?
Aber welcher Fernseher hatte schon ein grünes Strahlen? Doch dann war es Freitag.
Sie beschatteten Meike immer noch. Und da sahen sie etwas Unglaubliches:
Durch das Fenster konnten sie Frau Bakler sehen. Es sah aus, als wäre sie in Trance.
Überall standen schwarze Kerzen und Fotos auf dem Boden.
Als Frau Bakler anscheinend fertig war, nahm sie ein Bild in die Hand und ging damit zur Haustür. Sie öffnete sie und schloss sie wieder hinter sich zu.
Anschließend ging sie zum Wald. Die Beiden folgten ihr natürlich. Sie gingen immer tiefer in den Wald hinein. Es war eigenartig, dass Frau Bakler nicht wirklich bemerkte, dass sie beschattet wurde. Neben dem vielen Rascheln und Knacken unter
Joel´s und Natalie´s Füßen. Dann endlich waren sie da. Frau Bakler stand vor einem großen Baum. Er war viel größer als die anderen Bäume und ragte noch weiter zum Himmel hinaus. Dann nagelte die Frau das Foto an einen Baum. Erst jetzt konnten Joel und Natalie die Person darauf sehen. Und sie trauten ihren Augen nicht. Das konnte doch nicht sein! Es war ihr Vertretungslehrer Herr Rammse.
Kannten die Beiden sich jetzt auch? Langsam begann Frau Bakler eigenartige Worte zu sprechen. Erst langsam und leise und dann immer lauter und energischer.
Es klang so ähnlich wie ein Rituals-Gesang. „UTHMUTH EEM DJENEAA TEBNAAI!UTMUTH EEM DJENEAA TEBENAAI! Auf schnellen Schwingen komme es... das Ende!“
Immer wieder wiederholte sie diese Worte und ein Blitz ragte aus dem Himmel hervor. Dann sah Joel eine weiße Gestalt hervor kommen. Schneeweiß und fast wie... wie ein Geist!

(bald geht es weiter)

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Tag der Veröffentlichung: 20.12.2010

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