Der geheimnisvolle Garten
der Fantasie
Es war einmal ein kleines Mädchen. Sie war jung, aufgeweckt und fröhlich. Mit ihren Eltern zog sie in eine ländlichere Umgebung ganz am Ende der Stadt, denn sie hatten von des Mädchens Großmutter dieses Haus vererbt bekommen.
Es war sehr groß, viel zu groß für die kleine Familie, doch war es gelegen in einer wunderschönen Umgebung. Die Natur strahlte in voller Pracht und hinter dem Haus war ein kleiner Fluss, an den wiederum ein Wald grenzte.
Das Mädchen mochte all die Farben der Natur. Sie liebte Blumen und sammelte gern Steine jeglicher Art. Ob große, ob kleine, sie fanden alle einen Platz bei ihr.
Das Haus war groß genug, so dass dem Mädchen ganz allein der Dachboden, der so schön ausgebaut war, wie alles in dem Haus, überlassen wurde. Dort bewahrte sie all die Steine und anderen Dinge, die sie sammelte, einfach, weil sie schön waren, auf.
Eines Tages, als sie gerade auf dem Dachboden spielte, schien ein heller Sonnenstrahl in das Zimmer. Das Mädchen begab sich zum Fenster, um hinaus zusehen und die Sonne zu betrachten. Sie staunte, wie weit sie aus dem Fenster sehen konnte. Hinter dem Haus befand sich eine große Hecke, die als Abgrenzung des Grundstücks diente und dahinter war der Fluss und der Wald.
Die Sonne lockte das Mädchen schließlich nach draußen. Sie wollte ein bisschen am Fluss spielen.
In langsamen Schritten ging sie den schmalen Weg entlang. Es war ein schöner Tag. Die Luft war warm und der Wind wehte eine leichte Sommerbrise durch ihre blonden Haare, die im hellen Licht der Sonne golden schimmerten.
Ein Schmetterling begleitete ihren Weg, in dem er von Blume zu Blume flog, kurz darauf inne hielt und dann wieder seinen Weg fortsetzte.
Das Mädchen kam direkt an der großen Hecke vorbei. Sie war so groß, dass man weder durch noch über sie hinweg sehen konnte.
Plötzlich bemerkte sie eine kleine Tür in der Hecke und blieb verwundert stehen. Sie war zugewachsen und kaum zu sehen. Mit einen goldenen Schloss war sie veriegelt. Da das Mädchen allerdings sehr neugierig war, legte sie ihre Hände auf das Schloss, um einen Versuch zu starten, die Tür zu öffnen. Eigentlich schien das unmöglich zu sein, denn sie war fest verriegelt. Und doch öffnete sich das Schloss und somit die Tür wie durch Zauberhand. Und das nur durch eine Berührung. Das Mädchen war verblüfft, öffnete jedoch voller Neugier die Tür, um dahinter blicken zu können.
Vor ihr erstreckte sich ein wunderschöner Garten. Blumen in voller Blütenpracht und in tausend bunten Farben, Gras so grün wie nie und große Bäume, auf denen man klettern könnte. In ihnen saßen zwitschernde Vögel. Sogar Steine sah sie überall herum liegen. Es waren sonderbare Steine. Als sie einen davon, der genau vor ihr auf dem schmalen Weg lang, aufhob und berührte, schien er zu glitzern und leuchten. Das hatte sie noch nie gesehen.
Wie kam es eigentlich, dass sie diesen Garten vom Dachfenstern aus gar nicht gesehen hatte? Merkwürdig...
Sie grübelte ein Weilchen, als neben ihr plötzlich etwas Schwebendes auftauchte. Das Mädchen erschrak, da sie aus ihren Gedanken gerissen wurde. Das schwebende Etwas war so wunderschön wie der Garten selbst und alles darin. War es eine Elfe oder eine Fee? Es sah so aus, da das kleine Etwas durchsichtige Flügel besaß und ein Kleidchen trug, das der Farbe der violetten Orchideen glich. Durch ihre Flügel schien das Sonnenlicht. Sie glitzerten wundervoll.
„Bist du eine Fee?“ fragte das Mädchen ganz aufgeregt. Sie kannte Feen und Elfen und andere Naturgeister aus einem besonderen Märchenbuch ihrer Großmutter.
Die kleine Fee, wenn sie denn eine war, nickte ganz leicht und lächelte das Mädchen an, als wollte sie sagen: „Sei herzlich Willkommen in diesem Garten! Im Garten der Fantasie.“ Ein fantasievoller Garten war es tatsächlich, denn hier gab es offenbar Dinge, die es eigentlich gar nicht geben konnte.
Das kleine Mädchen folgte der voran schwebenden Fee und betrachtete den Garten ganz begeistert. So schön wie es war, war es wie ein Traum. Alles leuchtete, wenn sie es berührte und schien miteinander, mit allem in diesem wundervollen Garten, irgendwie verbunden zu sein. Dem Mädchen gefiel es hier sehr. Auch hier gab es einen kleinen Fluss. An deren Rand saß ein Frosch und quakte und über diesem Fluss ertreckte sich ein kleiner Regenbogen. Er war kaum zusehen, nur schwache Farben zeichneten sich ab. Aber trotzdem schien es wie im Paradies, wie im Himmel bei den Engeln zu sein.
Nach einer Weile setzte sie sich ins Gras, das besonders weich war. Sie überlegte, wer wohl die ganzen Blumen und den Garten pflegen würde, sodass er so schön aussah.
Plötzlich hörte sie eine leise Stimme, die zu ihr sprach. Sie kam direkt von der roten Rose neben ihr.
„Die Sonne scheint, wir blühen einfach. Das macht uns so schön.“
Das die Blume eben zu dem Mädchen gesprochen hatte, wunderte sie nicht im geringsten. Hier schien wohl alles möglich zu sein.
So fragte sie schließlich auch die Bäume, was sie so strahlen ließ.
Und die Bäume antworteten: „Mein Kind, es ist Sommer und wir sind hier. Wir wachsen und wir blühen durch Licht. Wir strahlen, weil wir strahlen sollen.“
Und plötzlich brachte auch der Stein, der sich noch immer in ihrer Hand befand und leuchtete, etwas zur Unterhaltung bei. „Und wir sind hier, um dich fröhlich zu machen. Dein Lachen ist Liebe und Energie für uns. Wir leben!“
Und als das Mädchen langsam begann zu verstehen, meldete sich auch die Fee noch einmal zu Wort.
„Und ich und viele andere Elfen, Feen und Naturgeister sind hier, um dich an deine Fantasie zu erinnern. Sie ist ein Schlüssel zu deiner Seele. Dinge, die du glaubst, die geschehen. Auch deine Welt kann wie dieser Garten sein. Wenn du deine Träume lebst und deine Fantasie in dir niemals sterben lässt, dann bist du frei...!“
Das kleine Mädchen lächelte vergnügt und als die „Ansprache“ der Fee vorbei war, spielte sie den ganzen Tag in dem Garten. Sie sprang und lachte, sie sang und war glücklich. Sie kletterte zusammen mit Gnomen und Zwergen auf Bäume, ließ die Steine leuchten oder drehte sich im Licht der Sonne.
Irgendwann wurde sie müde und schlief auf weichem Moos ein. Und die Feen deckten sie mit Feenstaub zu. Die Blumenelfen legten um sie herum ganz viele wunderschöne Blumen. Die Bäume spendeten ein paar große Blätter als Kopfkissen für sie. Und die Steine bildeten einen schützenden Kreis aus Licht, damit das Mädchen friedvoll und mit tausend wundervollen Träumen schlafen konnte.
Schließlich, als sie wieder aufwachte, fühlte es sich tief entspannt und endlos glücklich.
Als sie sich jedoch umsah, befand sie sich auf dem Dachboden, statt in dem Garten. Sie war enttäuscht und machte ein trauriges Gesicht.
Doch erst dann bemerkte sie den leuchtenden Stein in der einen und einen kleinen goldenen Schlüssel in der anderen Hand.
Sie hatte ihre Träume und kindliche Fantasie, wie viele heranwachsende Menschen, nie verloren, denn sie wusste in ihrem tiefsten Herzen, dass dieser wundervolle, geheimnisvolle Garten der Fantasie wirklich existierte.
Texte: Copyright by Anika B.
Tag der Veröffentlichung: 29.11.2010
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