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Ich frage meine Oma

Hannibal und seine Elefanten

 

 

Meine Lehrerin Fräulein Bockmann konnte ich nicht ausstehen. Da sie mich auch nicht leiden konnte, bekam ich immer  Aufgaben, die ich nicht oder schlecht lösen konnte. So sammelte sie die schlechten Noten für mein Zeugnis.        

Heute sollte ich einen Aufsatz schreiben: Hannibal und seine Elefanten. 

Ich hasste Geschichte und die Bockmann!

Als ich mittags aus der Schule kam warf ich meinen Ranzen zwischen Küchenschrank und Nähmaschine und schaute in den Kochtopf, der auf dem Herd stand. "Hmm Schnippelbohnen", dachte ich, "der einzige Lichtblick heute." Mit einem Teller voll duftendem Essen setzte ich mich an den Tisch und mein Blick fiel auf Oma, die immer noch an einem riesigen Strumpf strickte. "Wird das ein Elefantenstrumpf?", fragte ich sie schnippisch. 

Sie hatte mich schon die ganze Zeit beobachtet und stellte fest: "Heute ist das Lieschen aber schlecht gelaunt, lass mich raten, Ärger mit Stine?" Dass sie mich wieder mal Lieschen nannte, fand ich furchtbar ich konnte es nicht ausstehen. Oma kannte die Bockmann seit ihrer Geburt und weil sie mit Vornamen Christine hieß, nannte Oma sie "Stine".

Ich schöpfte noch einmal von den köstlichen Bohnen und erzählte Oma von dem Aufsatz, den ich schreiben sollte. 

"Hannibal und seine Elefanten", meinte Oma, "ganz einfach, das kriegen wir hin." Oma war eine kluge Frau und wusste sehr viel, dass sie aber etwas über die Geschichte von Hannibal wusste, das war mir neu und sehr zweifelhaft. Egal, was immer ich schreiben würde, am Ende würde eine 4 oder 5 unter meiner Arbeit leuchten. Vor mir lag das Aufsatzheft und ich würde schreiben was Oma mir diktiert. 

 

Es war etwa 200 Jahre vor Christi Geburt, da gab es in Nordafrika einen Mann: "Hannibal den Elefantenversteher". Eine große Gruppe von ungefähr 100 Elefanten waren seine ständigen Begleiter. Sie bekamen von ihrem "Herrn" nicht nur jedes einen Namen, sondern auch eine Berufsausbildung als Kriegselefanten. Es gehörte zum guten Ruf eines jeden Elefanten, einmal bei Hannibal gewesen zu sein. Es dauerte auch gar nicht lange, da erfuhren die Machthaber von den tierischen Kriegern. Sie sahen die Gelegenheit mit 50.000 Kriegern und 9.000 Reitern begleitet von zahlreichen Elefanten, das große Römische Reich besiegen zu können. Hannibal sollte schnellstens eine Armee mit Elefanten aufstellen.

 

Die "Herren" stellten sich das ganz einfach vor, jedoch für so  einen großen Feldzug konnte er doch nur die kräftigsten und gesundesten Tiere mit nehmen. Jungtiere und Muttertiere mussten zu Hause bleiben, sie würden einen solchen Marsch nicht verkraften und den ganzen Feldzug verzögern. So kam er auf 37 gesunde und gut ausgebildete Tiere. 

Das Heer setzte sich in Bewegung und erreichte bei Gibraltar das erste Hindernis. Wie sie nun nach Spanien gelangten kann man nur vemuten. War es Pegasus, der zur Hilfe eilte, oder gar Herkules, sprangen sie über die Meerenge oder bauten sie ein Floß? Wie auch immer, sie erreichten Spanien und maschierten Richtung Norden. Ob das Heer auf dem Jakobsweg maschierte ist möglich, aber nicht sicher. Schließlich kam der Punkt, an dem die gesamte Mannschaft über die Berge musste.

Hannibal und seine Elefanten gingen voraus. Die Tiere mussten das Geröll aus dem Weg schaffen und die Bäume fressen, die den Weg versperrten. Die Elefanten fanden es anfangs sehr lustig und tröteten munter durch die Berge. Das Echo jedoch verunsicherte das ganze Heer, denn sie glaubten schon verfolgt zu werden. Je höher sie hinauf kamen, um so gefährlicher wurde der schmale Weg. So mancher Elefant kam da unsacht vom Weg ab. Auch als es nach Tagen bergab ging war die Gefahr noch nicht vorüber. Wie viele Elefanten nun am Ende der Alpenüberquerung noch dabei waren ist auch nicht belegt. 

Am Fuße der Berge gab es ein paar Tage Urlaub. Zeit zum Ausruhen und frische Kräfte zu tanken. Danach brach das gesamte Heer auf um das "Große Römische Reich" zu erobern. Die Aufgabe der Elefanten war es die Menschen die sich dem Heer in den Weg stellten in die Flucht zu jagen. Das machten sie mit viel Anlauf, wild flatternden Ohren und einem Mordsgeschrei. 

Hannibal und seine Elefanten waren erfolgeich. Als dann keine Elefanten mehr da waren, ließ der Erfolg nach. 

 

"Fertig!" Oma war sichtlich zufrieden und holte ihren Strickstrumpf wieder. Zaghaft sagte ich: "Der Bockmann wird das gar nicht gefallen, da steht ja gar nichts genaues drin." "Natürlich nicht", lachte Oma, "Die , die damals dabei waren kann man nicht mehr fragen, die sind schon lange tot."

Ich gab meine Arbeit ab und bekam am nächsten Tag die übliche Note 5, Thema total verfehlt!!!

Oma nahm das Heft, zog ihr Ausgehkleid an und maschierte zur Lehrerin. Als sie zurück kam, hatte sich die Note um einiges verbessert. Oma schmunzelte und meinte: "Ja mit meinem guten Gedächtnis hat Stine nicht gerechnet."

 

 

 

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Cover: Bild: Pixabay
Tag der Veröffentlichung: 29.12.2019

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