24 Türchen für Klara und Klaus
Die Mutter hatte ihre beiden Kinder soeben ins Bett gebracht. Nun saß sie am Küchenherd, der noch etwas Wärme spendete und strickte an den Mützen für ihre Kinder zu Weihnachten. "Ich will sehen, ob ich wenigstens ein paar Plätzchen backen kann bis zum Nikolaustag, damit die Kinder nicht ganz enttäuscht sind.", dachte sie.
Der Vater war bei Waldarbeiten umgekommen. Und seitdem musste die Mutter mit noch weniger Geld auskommen wie vorher. Ein kalter Wind brauste um die kleine Hütte, die Lampe flackerte und drohte zu erlöschen.
Klara und Klaus waren noch nicht eingeschlafen, sie dachten an den Adventskalender, den sie im Kaufladen gesehen hatten und den die Mutter leider nicht kaufen konnte.
"Was wohl hinter den Türen ist?" rätselte Klara. Klaus wusste die Antwort: "Eine Kerze natürlich, für den 1. Advent." "Ja, und hinter dem zweiten Türchen da ist bestimmt ein Engel, mit einem langen weißen Kleid und großen Flügeln", eiferte Klara. Da stand an ihrem Bett genau so ein großer Engel, wie Klara ihn beschrieben hatte.
"Kommt mit, Kinder! Ich werde Euch einen Adventskalender zeigen, den außer euch niemand sehen wird.", hauchte der Engel. Er nahm an jede Hand ein Kind und schon schwebten sie der nahen Stadt zu. Sie schauten beim Bäcker durch die Fenster. Er holte ein riesiges Blech Plätzchen aus dem Ofen. Der Engel sagte: "Ich zeige euch alles was hinter den Türchen vom Weihnachts-Kalender ist, bis auf das letzte, das darf ich euch nicht zeigen, für die Tür habe ich keinen Schlüssel."
Gleich ein paar Häuser weiter, war der Zuckerbäcker noch fleißig an der Arbeit. Er formte Nikolausfiguren aus rotem Zucker. Kurz darauf gelangten sie in den Wald. Dort begegneten sie einem Rehlein und einem Hasen. Beide hatten vom Nikolaus einen roten Schal bekommen. "Dann kann der Nikolaus ja nicht weit sein", meinte der schöne Engel.
In der Tat, unter den erhabenen Tannen, stand sein Schlitten und der gute Nikolaus schmückte ihn mit viel frischem Tannengrün. Die Kinder grüßten artig und er rief ihnen zu: "Kinder vergesst nicht eure Stiefel vor die Tür zu stellen, ich werde euch auch etwas hinein tun."
Weiter ging es auf einen hohen Berg, dort stand eine kleine weiße Kapelle die war schon mit viel weihnachtlichem Grün geschmückt. Die Tür stand offen und die Kinder staunten, da war ein großer Adventskranz und es brannten 2 Kerzen daran.
Eine große Weihnachtskrippe war aufgebaut mit Hirten und Tieren. "Wo ist denn Maria und das Christkind?" wollte Klara wissen. "Josef ist auch nicht da, und auch nicht die drei Könige," stellte Klaus fest. "Ja," erklärte der Engel den Kindern, "die kommen erst später dazu, die heilige Familie kommt am Heiligen Abend und die drei Könige am 6. Januar."
Inzwischen schwebt die kleine Gruppe, schon über den Wolken. "Wohin gehen wir denn? Ich will nach Hause", jammert Klara. "Ich möchte euch noch die Weihnachtswerkstatt zeigen", beschwichtigt der Engel die Kleine.
Schon waren sie angekommen und an einer breiten Straße waren viele kleine Häuser in denen gehammert und gesägt wurde. Das gefiel dem Klaus und er wollte natürlich überall hinein schauen. Der Engel schimpfte: "Ausgerechnet jetzt ist hier eine Baustelle!"
Ein Häuschen nach dem anderen besichtigten die beiden Geschwister. Mal gab es Puppen, mal Eisenbahnen, Schaukelpferde und Bilderbücher. Klara hatte ganz besonders Gefallen an den großen Teddybären. "Wenn ich doch nur so einen Teddy haben könnte", schwärmte die Kleine. Klaus schaute seine Schwester vorwurfsvoll an: "Mama hat gesagt, jeden Tag etwas zum Essen, das ist viel wichtiger als Spielzeug. Ich hätte ja auch sehr gern eine Eisenbahn aus Holz." Nun waren sie bei der letzten Hütte angekommen. Die fleißigen Engel verpackten all das schöne Spielzeug für die Kinder auf der Erde. Ein ganz kleiner Engel packte Schokolade in buntes Papier. Weil sie jetzt schon beim letzten Türchen angekommen waren, gab der Engel den Kindern je ein Täfelchen Schokolade.
Ein großes goldenes Tor war noch übrig, aber da durften sie nicht hinein, es war das Tor zum Christkind. "Ich muss euch jetzt nach Hause bringen", ermahnte der Engel. Wieder nam er die Kinder an der Hand und sie schwebten zurück in die Stadt. An der großen Kirche machten sie noch einmal Halt. Sie gingen durch die schwere Tür und vor ihnen stand ein hell erleuchteter Weihnachtsbaum. Ein Windstoß schlug die Tür zu und es war plötzlich dunkel um sie herum. Klara tastete nach ihrem Bruder der war gleich neben ihr. Sie lagen friedlich daheim in ihrem Bett. Als sie am Morgen aufwachten, hatten sie das kleine Schokoladentäfelchen noch in der Hand. Klara und Klaus schauten sich an und stellten fest: "Wir hatten den schönsten Adventskalender von der ganzen Welt."
Der Nikolaus füllte Plätzchen in die Stiefel und am heiligen Abend stand unter dem bescheidenen Christbäumchen ein Teddy und eine bunt lackierte Eisenbahn. Mit leuchtenden Augen sagten die Kinder wie aus einem Mund: "Danke liebes Christkind!"
Tag der Veröffentlichung: 09.12.2018
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