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Liebe D-Mark

 Kleines Vorwort, für die, denen der Deutsche Michel nicht bekannt ist.

 

 

 

Seit ich denken kann und noch viel länger, ist das Deutsche Volk, als der Deutsche Michel in aller Welt bekannt.

Der Name ist aufgegriffen, weil in Deutschland der Name Michael ganz oben auf der Liste der beliebtesten Namen stand.

Die typisch deutschen Eigenschaften: Fleiß, Gutmütigkeit, Treue, Sauberkeit und Bodenständigkeit, wurden stets in der ganzen Welt belächelt.

Besonders nach Kriegsende verging kein Tag, an dem nicht mindestens eine Zeitung einen Tageswitz von ihm präsentierte. nun ist der Michel in die Jahre gekommen, so wie das Deutsche Volk, das ja auch zunehmend altert, weil wenig Jugend nachkommt. Also wir, das Deutsche Volk, wir sind der Michel und weil ich dazu gehöre, schreibe ich heute einen Brief an die D-Mark.

 

Liebe D-Mark,

 

heute bringe ich Dir frische Pflanzen und einen Sack Erde. Stiefmütterchen und Vergissmeinnicht habe ich wieder auf Dein Grab gepflanzt. Ich werde sie noch gut gießen, damit sie anwachsen. Leider gab es nicht so viel Blumen, wie ich pflanzen wollte, aber ich komme ja wieder.  Mit meinem Fahrrad bin ich immer schnell hier, denn es ist ja keine Entfernung von meiner Wohnung bis zu Dir. 

Täglich denke ich an den 20. Juni 1948, als wir uns kennen lernten. Du lagst ausgebreitet auf meinem Schreibtisch, das Kleingeld funkelte und selbst die kleinen Münzen glitzerten wie Sterne im Licht meiner Schreibtischlampe. Für mich war es Liebe auf den ersten Blick. Mag sein, dass Du es nur als Freundschaft gesehen hast, aber die hielt ein Leben lang. Leider bist Du nicht alt geworden. am 31, Dezember 2001 würgte man Dich gewaltsam ab. Mit Dir starb eine starke Währung.

Niemand hat mich, das Volk gefragt ob wir einen Euro möchten. Nein es wurde beschlossen und der Euro sollte ganz Europa zu Einigkeit und Wohlstand führen. Was ich sehe ist aber Elend und Not. Für solche, die jedes Jahr verreisen, ist die gemeinsame Währung vielleicht begrüßenswert. Ich verreise nicht, meine Mutter pflegte zu sagen: "Bleibe im Lande und nähre dich redlich."

Der Euro treibt die Preise in dei Höhe. Ich lange mir oft an den Kopf und sage zu mir: "Michel, wohin soll das führen?" Als ich mit Dir zum Einkaufen ging, zahlte ich für einen randvollen Einkaufswagen höchstens 100 DM. Damals war aber auch Fleisch und Wurst mit im Wagen. Jetzt reichen mir 100 Euro nicht für die gleiche Menge ohne Fleich und ohne Wurst. In den Supermärkten kann man ja keine Fleisch- und Wurstwaren mehr kaufen, denn die Großkonzerne ziehen die Kunden über den Tisch, sie verarbeiten Wasser und Gammelfleich mit Geschmackszutaten zu Wurst. Auch Papierreste von Verpackungen hat man schon in der Wurst gefunden. 

Die Gier der Großkonzerne, die meist aus dem Ausland zu uns gekommen sind, vernichten den Rest der Kleinbetriebe, in denen früher viele Menschen ihr Brot verdient haben. Die Arbeitslosenzahlen steigen und werden vertuscht, denn wer einen Mini- oder einen 1-Euro-Job hat, der ist nicht arbeitslos. Da frage ich was kann man kaufen mit einem Euro in der Hand?

Ich habe so einen Hass auf den Euro, und beneide die Bürger der Länder, die sich nicht auf die gemeinsame Währung eingelassen haben.

Nun weißt Du wie ich denke. Freilich gibt es auch solche, die mit dem Euro reich geworden sind und Manager. die mehr verdienen wie die ganze Belegschaft. Aber das sind die, die nicht zum Volk gehören. Sie schauen auf uns herab und solange der Michel still hält, bestimmen sie wie es ihm ergehen darf. 

 

Damit ich nun nicht noch mehr ausschweife, liebe D-Mark, verabschiede ich mich für heute, aber ich werde Dich immer auf dem Laufenden halten.

 

Für mich bleibst Du unvergessen!

In Liebe, Deín Michel.

 

Impressum

Bildmaterialien: Bild im Text; Manuela Schauten
Cover: Cover: Sweder v. Rencin
Tag der Veröffentlichung: 05.08.2018

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