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Schwabenkultur

Schwabenkulur 

 Liebe Leser,

ich komme aus Ostwestfalen-Lippe und habe nach Oberschwaben geheiratet. Mein Mann gehört zu den Ureinwohnern hier und ich als Reingeschmeckte werde jetzt versuchen, Euch die schwäbische Kultur näher zu bringen.
Was also hier genau so ist, wie überall in Deutschland, das ist der Sternenhimmel.
Will man morgens schnell ein paar Brötchen holen, so sollte man hier Weckle verlangen und keinesfalls das ..le vergessen. Vorher gut überlegen: Nehme ich Laugenweckle oder Knautzenweckle, vielleicht Milchweckle oder Kaiserweckle, Körnerweckle, Käsweckle oder etwa doch das normale Wasserweckle? Ach ich kann gar nicht alle aufzählen, in Bezug auf Wecken können sich die Bäcker hier so richtig austoben. 
Die Nachbarin kehrt immer noch vor ihrer Haustür. Da ich offensichtlich nur eine Papiertüte vom Bäcker in meinem Korb habe, fragt sie mich: „Na waren sie schon beim Bäck?“ Ja, die Schwaben sind von Natur aus sparsam, sie sparen wo sie können, auch an Buchstaben. Der Bäcker ist der „Bäck“ und der Metzger heißt „Metzg“. Sie wartet förmlich darauf, dass ich jetzt eine der landesüblichen Fragen stelle, die da lauten: Na, sind sie auch schon auf de Füß? Oh, sind sie auch schon fleißig? Oder ganz einfach, was die meisten fragen: Ja, tun Sie schon kehren?- Mein Verstand verbietet mir solche dummen Fragen, wobei ich besonders die letzte vollkommen hirnlos finde. Stattdessen wünsche ich ihr einen schönen Tag bei dem herrlichen Sonnenschein. Sie schaut mich verwundert an und ist fast beleidigt, hat sie doch extra solange vor der Tür hin und her gekehrt.
Um die Mittagszeit kommt unsere Tochter auf ein kleines Schwätzle zu uns. Sie bringt meinem Mann die neueste Ausgabe des Amtsboten.
Schnell bereite ich drei Tassen Kaffee und lege für jeden von uns eine kleine Leckerei auf einen Dessertteller. Von Klatsch und Tratsch halte ich nicht viel, deshalb höre ich auch nur mit einem Ohr, was man sich über wen erzählt, zumal ich die Leute ja auch nicht persönlich kenne. Mein Mann meint jetzt auch seinen Senf dazu geben zu müssen und sagt: "so so." Was das heißt, muss man sich selber zusammen reimen denn die Schwaben lieben es mit wenig Worten alles zu sagen. 

 Da ihre Mittagspause auch um ist, hat sie es plötzlich eilig. Schnell einen flüchtigen Kuss und weg ist sie.
Es ist Donnerstag und weil bei uns am Freitag sehr früh die Müllabfuhr kommt, bringe ich meinen Kübel heute schon an die Straße. Ausgerechnet in diesem Moment kommt mein Nachbar. Sein kunterbuntes Hawaii-Hemd sorgt dafür, dass ich ihn schon von Weitem erkenne. Ich habe den Verdacht, dass er eine ganze Wagenladung dieser Hemden besitzt. Er kommt mit Riesenschritten immer näher und ich habe keine Möglichkeit vor ihm zu flüchten. Die Sonne scheint auf das Hemd und es erscheint mir heute ganz besonders farbenfroh.
Verdammt jetzt habe ich auch noch seinen Namen vergessen! Es kommt mir daher sehr gelegen, dass er mich mit „Grüß Gott Frau Nachbarin", begrüßt.
„Guten Abend Herr Nachbar!“ erwidere ich seinen Gruß mit dem letzten Rest meiner guten Laune. Danach mache ich einen Versuch, mich zu entfernen, aber zwecklos. Der Hüne versperrt mir förmlich den Weg. Mit seinem langen Zeigefinge fährt er über den Rand meines Abfalleimers. Verächtlich schaut er zuerst seinen Finger an und dann mich. „Den dürftens dann auch mal putzen“, meint er vorwurfsvoll. Der kommt mir heute gerade recht, denke ich und verteidige mich: „Für einen Mülleimer ist der sauber genug, finde ich.“
„Ihr Neigeschmeckten habt nicht die geringste Ahnung von schwäbischer Sauberkeit!“ Jetzt habe ich den Eindruck, dass er mich unbedingt beleidigen will. In Gedanken sehe ich ihn, wie er seinen Müll fein säuberlich abwäscht, bevor er ihn in den frisch geputzten Dreckeimer wirft. Nun hole ich dreimal tief Luft, um nicht unhöflich zu werden. „Sie haben ja gar keine Ahnung, wie umständlich das bei uns ist, an unserer ganzen Wohnanlage gibt es außen keinen Wasserhahn. Wenn ich also den Kübel putzen will, sie werden lachen, ich mache das auch manchmal, dann muss ich das Wasser aus der Küche hinaustragen.“ Damit will ich das Thema Abfalleimer abhaken, aber mein lieber Nachbar ist noch nicht fertig mit den guten Ratschlägen.
„Es wäre überhaupt besser, wenn Sie Ihr Gefäß erst am Freitagmorgen an die Straße stellen würden“, belehrt er mich, „aber da kommt man nicht so bald aus dem Bett, gell?“ Dieser Klugscheißer, will er mich jetzt auf die Palme bringen? Ich kratze den letzten Rest Höflichkeit zusammen und antworte ganz ruhig: „Ich weiß ja nicht, ob Sie täglich zur Arbeit gehen, aber mein Mann und ich haben fünfzig Jahre lang gearbeitet. Wir sind jeden Morgen sehr früh aufgestanden. Seit wir im Ruhestand sind, gönnen wir uns ein wenig mehr Schlaf, das ist schließlich auch nicht verboten.“
Scheinbar hatte ich genau den Nerv getroffen, denn plötzlich wird er kleinlauter: „Ich meine es doch nur gut, denn seit der Abfall gewogen wird, laufen abends immer junge Leute umher, die ihren Abfall in fremde Eimer werfen.“ Tatsächlich gibt er nun den Weg frei. „Na, dann schönen Abend noch!“, sagt er und begleitet mich noch an den Parkplätzen vorbei, bis ich auf den Gartenweg abbiege.
Meinem Mann ist es aufgefallen, dass ich heute eine Ewigkeit gebaucht habe, um den Eimer an die Straße zu bringen. „Wohin hast Du den Kübel denn gebracht?“, fragt er mit einem hinterhältigen Grinsen, „ich meine nur, nicht dass Du ihn morgen nicht mehr findest.“ Nun muss ich ihm von meiner Begegnung berichten und mein Mann meint: „Freilich schafft der nichts, der hat ja genug Wohnungen vermietet.“
Wie jeden Freitagmorgen werde ich von lautem Gepolter geweckt. Jeder der vielen Kübel wird geleert und zweimal gerüttelt. Dann wird der Deckel zugeknallt und lärmend ziehen die Arbeiter die Dreckeimer über die Randsteine, genau vor die Einfahrt unserer Tiefgarage. Jetzt bleibt mir nichts anderes übrig, ich muss aufstehen. Einen Kaffee genehmige ich mir noch, dann wird es Zeit, den Eimer von der Straße zu holen. Bei der Gelegenheit schiebe ich ein paar Kübel zur Seite, damit die Einfahrt wieder frei ist. Ja, das ist mein westfälischer Ordnungssinn. Während der Schwabe sagt: „Das ist nicht mein Dreckkübel“, denke ich an die Leute die jetzt zur Arbeit fahren, aus der Tiefgarage heraufkommen und dann aussteigen müssen weil die Einfahrt verstellt ist. Besonders bei Schnee und Glatteis ist das sehr ärgerlich.
Mein Nachbar, der Hüne, hat seinen Hof genau neben unserer Terrasse. Eine dichte hohe Hecke trennt die beiden Grundstücke. Da ich meistens die Tür offen habe, höre ich wie er mit seinen Kübeln auf den Hof kommt. Sofort beginnt die große Putzorgie. Er schrubbt und bürstet mit viel Geklapper. Zum Schluss kommt ein Hochdruckeiniger zum Einsatz. Das Wasser spritzt über die Hecke. Erst nach einer Stunde sind alle Behälter sauber.
Ja das ist oberschwäbische Gründlichkeit!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Doktor und sein Hund

 

Der Doktor ist ein toller Mann

Man sieht ihm auch kein Alter an

Ist stets agil und kerngesund,

Er sagt: „Das kommt von meinem Hund!

Der ist die reinste Augenweide

Und macht mir täglich sehr viel Freude.“

 

Doch eines Tages, es war schaurig

Verstarb der Hund - der Doktor traurig:

„Ich muss gleich nach ‘nem Welpen sehen,

Denn ohne Hund ist es nicht schon!

Und Weihnachten im Kerzenschein

Kann ohne Hund ja gar nicht sein.“

 

Am nächsten Samstagmorgen dann

Tritt er die Hundesuche an.

Er trifft nach Stunden und viel Glück

Die „Liebe auf den ersten Blick.“

Erfreut hebt er es auf den Arm

Die Hundemutter schlägt Alarm!

 

Kaum ist das Hündchen wieder frei

Da eilt die Hündin schon herbei.

„Mit der Hand fasst Du nichts mehr an“

Man hört es Knacken und alsdann

Fließt Blut in Strömen aus der Hand

Der Doktor ist vor Schreck gebannt.

 

Der Notarzt voller Sorge schaut:

„Die Hündin hat die Haut geklaut!

Da fehlt ein ziemlich großer Fleck

Den nehmen wir am Popo weg.

Und nach sechs Wochen, grob gemessen

Können Sie den Fall vergessen.“

 

Nun ist die Hand schon fast genesen

Ein Pflaster zeigt: Hier ist´s gewesen

Kommt er nun mittwochs durch die Tür

Und reicht die Hand zum Gruße mir

Sag ich „Grüß Gott“ und denke „Ei,

da war auch ein Stück Arsch dabei.“

 

 

 

 

 

 

 

Das Luftschloss

 

Wir waren jung und träumten schlicht

Von dem, was wir nicht hatten

So saßen wir im Sonnenlicht

Am Baum, in seinem Schatten.

 

Die Phantasie, sie riss uns hin

Da sahen wir am Himmel

Die wunderschöne Reiterin

Auf einem stolzen Schimmel.

 

Ein Schloss bestrahlt vom Sonnenlicht

Aus Wolken aufgetürmt

Die Reiterin erreicht es nicht -

Ich glaub` es hat gestürmt.

 

Luftschlösser stürzen meistens ein

Freu dich am Augenblick

Er könnte schnell vorüber sein

Und kommt nicht mehr zurück.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 07.08.2016

Alle Rechte vorbehalten

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