Cover

Mann hab ich einen Durst


Ein Zwerg kommt und macht die Haustür auf zur „Rentier-WG“ und Rudolph und seine beiden Freunde, Comet und Donner betreten ihre Gemeinschaftsstube. Das kann man ja eigentlich nicht so sagen, Comet humpelt, Donner hat sich den Hals verrenkt und kann gar nicht mehr gerade ausschauen und Rudolph lässt sich gleich neben der Haustür fallen.

„Mann oh Mann, hab ich einen Durst“, jammert er.  

„Stell dich nicht so an, wir haben auch Durst und Hunger“, schimpft Comet.

„Habt ihr Kekse mitgebracht?“, kommt es von Dancer, der ganz hinten in der Ecke unlustig an einer Handvoll Heu knabbert. „ja, ein Apfel wäre gut“, wirft Blitzen ein. Dasher dagegen steht auf Nüsse, „Vielleicht Nüsse? Habt ihr Nüsse bekommen?“

„Seht ihr Nüsse, Kekse oder Äpfel? Wenn wir welche hätten, dann hätten wir jetzt keinen Hunger mehr!“, Rudolph steht wieder auf und sucht nach frischem Heu. „Besser wie nix“, denkt er.

Endlich kommen die Zwerge mit einem großen Kübel Wasser. „Na endlich ihr lahmen Wichtel, wollt ihr das wir verdursten? Wir haben vier Tage schwer gearbeitet und wären dabei fast ums Leben gekommen.“ Rudolph übertreibt wieder ganz fürchterlich dabei ist es ihm ja noch ganz gut gegangen. Donner und Comet sind da schon schlechter dran.

 Vixen war so sauer, er sprach kein Wort mit den Ankömmlingen. Warum hatte man ihn nicht gebraucht? Und überhaupt, warum musste der Weihnachtsmann den Schlitten überhaupt ausgerechnet an den Nikolaus ausleihen? Der war noch nie mit einem Rentierschlitten gefahren. War doch klar, dass da alles schief gehen musste! Dazu noch ohne Vixen, der beim Start und bei der Landung immer für gutes Gelingen sorgte, sein Orientierungssinn ist einmalig. 

Mit dem Esel fing alles an


Ja mit dem dummen Esel fing alles an. Er wollte auf gar keinem Fall den Schlitten ziehen, wie jedes Jahr, nein er verweigerte die Arbeit. Seine Arbeitsbedingungen gefielen ihm nicht mehr, Nachtarbeit, unwegsame Wälder nein das sei unter „Eselsniveau“, ließ er den Nikolaus wissen.

Daraufhin beschwerte sich dieser beim Christkind. Nach langem Überlegen kam das Christkind zu folgendem Urteil: „Der Weihnachtsmann soll dem Nikolaus seinen Schlitten und die Rentiere ausleihen.“

„Auf gar keinem Fall“, tobte der Weihnachtsmann, „Ich bin der Herr der Rentiere, ohne mich werden sie nicht gehorchen.“ Aber das Christkind hatte einen Befehl ausgesprochen und niemand konnte daran rütteln.

Dem Nikolaus wurde ganz mulmig bei dem Gedanken mit neun Rentieren, einem fremden Schlitten und der angeborenen Flugangst, auf seine alljährliche Nikolaustour zu gehen.

Die Zwerge und Wichtelmänner und Wichtelfrauen, beluden den Schlitten genau nach der Liste vom Nikolaus. Dieser holte sich noch eine warme Mütze extra, um seine Ohren zu schützen. Dann sollte es Ernst werden, die Zeit drängte und  das Christkind trieb zur Eile an. Die Wichtelfrauen waren noch dabei den Schlitten mit Tannenzweigen auszuschmücken und der Nikolaus schritt über den Hof zur Rentier-WG.

Dasher, Dancer, Prancer und Vixen weigerten sich vor den Schlitten gespannt zu werden. Auch Cupid und Blitzen zeigten ihm ihr Hinterteil. Nein auf so eine abenteuerliche Reise, würden sie sich nicht begeben. Der gutmütige Rudolph gehorchte sofort und Comet und Donner schlossen sich ihm an.

Der Nikolaus ist aber ein kluger Mann und sagte: „Wer nicht freiwillig mitkommt, kann mir am Ende nichts nutzen.“ Im Grunde genommen war er froh, nur drei Tiere vor dem Schlitten zu haben: „Lieber drei gute Freunde, als neun Gegenspieler!“ Die Rentiere waren also bereit, es fehlte nur Knecht Ruprecht.

Ja wo war er denn, der treue Knecht des Nikolaus? Das Christkind wusste genau wo er sich wieder mal aufhielt. „Der ist in der Backstube und nascht und steckt sich alle Taschen mit Plätzchen voll.“

„Ja, ein paar leckere Kekse für unterwegs sind nicht von der Hand zu weisen“, dachte der Nikolaus und eilte in die Backstube. „Komm, Ruprecht, mein treuer Geselle, wir müssen los!“, mahnte er und steckte sich schnell die Taschen voll mit dem süßen Zuckerwerk. Gleich danach spannten die beiden die Rentiere ein, vorn Rudolph und dahinter Comet und Donner. Dann stiegen sie auf den Schlitten, das Christkind winkte und der Weihnachtsmann grinste hämisch. Rudolph setzte an zum Anlauf und schon schwebten sie zwischen Himmel und Erde.

 

Rudolph gibt Gas

Im Eiltempo ging es die Milchstraße hinab, der Nikolaus und sein Knecht bekamen kaum noch Luft. Sie wurden förmlich in die Sitze hineingedrückt zum Glück war es schon ein wenig dunkel und niemand sah, wie der gute alte Mann ganz grün im Gesicht wurde. Knecht Ruprecht war kreidebleich. Er hatte seinen bunten Schal bis über die Nase gezogen.

Der Mond hatte sich gerade seine Pfeife angezündet, als das seltsame Gefährt haarscharf an ihm vorbei sauste. Vor Schreck ließ er die Pfeife fallen, denn den Weihnachtsmann hatte er erst zu Weihnachten erwartet. Die Pfeife traf beinahe den Schützen, der gerade seinen Pfeil abschießen wollte. Anstatt den Widder zu treffen, traf er fast den Wassermann. Nur kreisen Pfeife und Pfeil durch die unendlichen Weiten des Nachthimmels. Rudolph kicherte leise vor sich hin, und steuerte die Erde an.  

Bevor die Sonne aufgeht muss der Nikolaus die vielen aufgestellten Hausschuhe füllen. Rudolph riecht mit seiner Nase so gut, dass er genau weiß wo die Kinder die Pantoffeln aufgestellt haben. So schnell war der gute alte Nikolaus noch nie. Gegen Morgen meinte Rudolph, dass sie noch nicht alle Pantoffeln gefüllt hätten, aber der Nikolaus beruhigte ihn: „Die füllen wir morgen früh, dann kommen noch einige dazu. Es sind sich nicht alle Leute einig, ob Nikolaustag am fünfte oder am sechsten ist. Das ist auch gut so, deshalb muss ich nicht alles an einem Tag bewältigen."

„So“, der Nikolaus war ganz aus der Puste, er röchelt nur noch, „jetzt brauche ich zuerst einen starken Kaffee und eine Kleinigkeit zum Essen.“ „Ja, Kekse“, schnaubt Donner. „Nein Kekse erst wenn wir mit der Arbeit fertig sind, jetzt gibt es etwas Herzhaftes. Wir brauchen noch viel Kraft!“

Neben der Autobahn hatte Rudolph ein Imbiss Lokal entdeckt, bei dem fuhren die Autos bis an den Schalter und wurden dort bedient. Dahin flog er mit dem Schlitten, reihte sich in die Autoschlange ein und wartete geduldig bis er am Fenster angekommen war. Der Nikolaus und sein Weggefährte bekamen ihren Kaffee und jeder einen dicken, fetten Hamburger.

Die Verkäuferin war so erstaunt über das Fahrzeug, dass sie vergaß die Rechnung zu kassieren. Der Nikolaus hätte ja auch gar kein Geld gehabt. So fuhren sie auf den nahegelegenen Parkplatz und  ließen es sich schmecken. Die drei braven Rentieren tranken aus der Hundetränke und fraßen noch schnell das bereitgestellte Hundefutter auf. Jetzt mussten sie aber verschwinden, denn nun hatte der Nikolaus jede Menge Termine in Kindergärten und Schulen.

Als die letzte Schule und der letzte Kindergarten geschlossen hatten, waren die Hausbesuche an der Reihe. Knecht Ruprecht schleppte ohne zu klagen den Sack, zeigte den Kindern die Rute, davor hatten die fürchterliche Angst und drohte den bösen Buben, sie in den Sack zu stecken.

 

 

  Erst am späten Abend verlangte der Nikolaus, einen Schlafplatz zu suchen. Denn der alte Mann wollte auf ein paar Stunden Schlaf nicht verzichten. Auch Knecht Ruprecht musste sich jetzt ausruhen.

Rudolph, Donner und  Comet schwebten leise auf eine Lichtung im Wald zu, denn Nikolaus hatte seine Augen schon zugemacht und schnarchte in gleichmäßigen Abständen.

Eine Stunde oder vielleicht waren es auch zwei, schliefen die beiden müden Gesellen. Da hörte Rudolph ein Rascheln im Gebüsch. Er leuchtete mit seiner Nase in die Richtung und dann sah er sie!

Wie auf leisen Sohlen kamen die Tiere des Waldes immer näher durch das dichte Gebüsch. „Haut ab!“, zischte Rudolph, „Der Nikolaus muss schlafen!“ Das sensible Rehlein ließ augenblicklich zwei dicke Tränen kullern. „Aber wir wollen den Nikolaus doch nur sehen, wir wecken ihn nicht!“

 Rudolph hat ein gutes Herz, und weil die Tiere versprachen sich still zu verhalten, durften sie alle an den Schlitten kommen. Aber dann passierte es, ein kleines Häschen hatte sich erkältet und als es den Kopf reckte um den Nikolaus zu sehen, da rutschte ihm ein kleines Hatschi aus dem süßen kleinen Hasenmäulchen. Das Häschen schämte sich und der Nikolaus wachte auf. „Bitte, schlagt mich nicht“, bettelte das Häschen, „ich kann nichts dafür!“

Der Nikolaus stieg aus dem Schlitten und die Tiere  wollten gerade flüchten, da sagte er „Schön, dass ihr gekommen seid, ich habe euch etwas mitgebracht.“ Knecht Ruprecht war jetzt auch wach und holte einen großen Sack hervor. Da war für jedes Tierlein etwas Passendes dabei. Das Häschen bekam am Ende auch noch den schönen bunten Schal vom Knecht Ruprecht. Rudolph leuchtete mit seiner Nase, bis alle Tiere ihr Geschenk bekommen hatten. Dann zündete der Nikolaus viele kleine Wunderkerzen an. Mit dem leuchtendem Schlitten fuhren sie zurück zu den Menschen, um aufs Neue Pantoffeln zu füllen.

Der Tag verlief wie der vorige. Nach einem guten Frühstück, besuchte der Nikolaus wieder unzählige Schulen und Kindergärten und danach wieder die Kinder, die zu Hause auf ihn warteten. Spät abends war der Schlitten fast leer und alle total müde. Aber wo hatte er nur die Päckchen vergessen, die am Schluss noch in seinem Schlitten waren? So saßen sie in ihrem Schlitten und schauten wo auf der Liste war die Stelle, die sie vergessen hatten. Wenn nur der alte Esel nicht gestreikt hätte, der kannte alles wie im Schlaf, aber was nutzt es? Er musste ohne den Esel auskommen.

Rudolph leuchtete auf die Liste und da war es, das Forsthaus im Wald und ein Bauernhof ganz in der Nähe. „Rudolph, da müssen wir noch anhalten!“, verlangte Knecht Ruprecht, „wenn wir das vergessen, wird das Christkind  traurig, das geht ja gar nicht!“

Der Nikolaus verteilte jetzt Plätzchen an Rudolph, Donner und Comet, Ruprecht hatte ja selbst die Taschen voll. Kurz darauf ging es wieder weiter.

Wo ist Rudolph?


 

 

 Zu gern hätten sie jetzt ein Stündchen geschlafen, aber Nikolaus erklärte seinen Gefährten, „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!“ Und außerdem, wenn sie wieder daheim wären, dann hätten sie Zeit genug zum Schlafen.  Also gehorchten die Rentiere und schwangen sich erneut durch die dunkle Nacht.  

 

 

 

Rudolph fielen fast die Augen zu und Comet und Donner machten immer das was Rudolph machte. Der Nikolaus schnarchte schon wieder und Knecht Ruprecht hatte sich den Pulli bis über die Augen hinauf gezogen. Rudolph sah nur noch verschwommen und es schneite dicke Flocken. Dann entdeckte er die Häuser und setzte zur Landung an.

Oh je, da tauchte direkt vor seinen Augen ein Windrad auf, zwar konnte er rechtzeitig ausweichen, aber der Schlitten kam ins Trudeln und da der Nikolaus schlief, verfehlte er die geplante Landebahn. Zu seinem Unglück war auch noch ein knochiger Baum im Weg und der Schlitten landete unsanft in den Ästen. Überall flogen Päckchen durch die Luft, Der Nikolaus war gar  nicht mehr im Schlitten und Knecht Ruprecht auch nicht.

 

 

 

 

 

Rudolph konnte sich aus seinem Geschirr befreien und als er den Nikolaus und seinen treuen Knecht mit dem Kopf im Schnee stecken sah, hatte er nur einen Wunsch: Ganz schnell weg von hier! Er hatte noch nie einen Unfall verursacht, in seiner Panik beging er nun auch noch Fahrerflucht. Er eilte in den nahen Wald dort wollte er sich verstecken.

Der gute alte Nikolaus wartete nicht bis ihm jemand zur Hilfe kam, er befreite sich selbst aus seiner unbequemen Lage. Auch Ruprecht strampelte mit den Beinen bis er wieder Boden unter den Füßen hatte. Zum Glück hatte es kräftig geschneit, so war wohl niemand zu Schaden gekommen. Aber im Baum jammerten noch zwei Rentiere. Es half ihm nichts, der Knecht musste auf den Baum steigen und die beiden Gesellen befreien. Dabei fielen sie in den Schnee.

"Nein", sagte Comet, "ich kann nicht mehr weiter, mein Fuß ist kaputt." Tatsächlich er war auch schon geschwollen.

Donner klagte: „Mein Kopf ist ganz schief, ich kann nicht mehr geradeaus gucken!“ Knecht Ruprecht sammelte die Päckchen ein und steckte sie in seinen großen Sack. Jetzt musste der Nikolaus zuerst die letzten Kinder beschenken, bevor es Tag wurde. Donner und Comet sollten hier warten. Wieder jammerte Donner: „ Wo ist das Christkind? Wenn wir es brauchen ist es nicht da!“ Und wo ist Rudolph?“,  fragte Comet. „Ja richtig“, jetzt merkte es auch der Nikolaus, dass Rudolph gar nicht da war. „Zuerst die Kinder, dann haben wir Zeit und werden Rudolph suchen.“

Die beiden Rentiere legten sich unter den Baum, sie wollten zum Christkind beten, das sollte sie holen. Dazu kamen sie aber nicht, denn sie waren viel zu müde und schliefen gleich ein.

 

 

Währenddessen trabte Rudolph durch den tiefen Schnee, er hatte den Kopf gesenkt, weil er sich schämte. Er würde beim Forsthaus auf den Nikolaus warten und ihn um Verzeihung bitten. Vielleicht ist er dann nicht mehr böse, dachte das Rentier. Am Forsthaus stand eine Tür offen, die in einen kleinen Stall führte mit frischem Heu und Wasser, wie für ihn gemacht. Natürlich,  diese Einladung kann man ja nicht ausschlagen, dachte Rudolph und ging hinein.

Gerade in dem Augenblick kam der Junge aus dem Forsthaus um noch einmal nach dem Nikolaus Ausschau zu halten. Da erblickte er Rudolph. An seiner leuchtend roten Nase erkannte er ihn sofort. „Ich werde die Tür einen Spalt offen lassen, für den Fall, dass er dem Nikolaus vorausgeeilt war. Dann kann er jederzeit wieder gehen.“, dachte der Junge und lief ins Haus zurück weil er den Nikolaus schon kommen sah.

 

 

 Nikolaus und sein treuer Knecht fanden auch sofort die beiden einsamen Häuser und klopften an. Der Bauer bat die beiden Nachtwandler in sein Haus und als die Kinder beschenkt waren, bot er ihnen an, sie mit dem Auto zum Schlitten zu bringen. Er versprach ihnen zu helfen den Schlitten aus dem Baum zu holen. 

 

 

 „Leider geht das nicht“, bedauerte der Nikolaus, „wir müssen noch ins Forsthaus, da wartet auch noch ein braves Kind auf uns.“ Der Bauer ließ sich nicht beirren, er würde den Nikolaus und seinen Gesellen nicht allein laufen lassen, nein er wollte unbedingt den Schlitten vom Baum herunterholen.

Er richtete den Traktor und einen kleinen Anhänger und fuhr zum Forsthaus. Dort war der Nikolaus und Knecht Ruprecht dabei, den Jungen zu beschenken. „Danke“ jubelte der Junge, „das Geschenk ist wunderschön, aber ich habe auch eines für Euch.“ Voller Spannung folgten sie dem Jungen in den Stall. Der Nikolaus strahlte über sein ganzes Gesicht, als er Rudolph erblickte und der machte ein paar Luftsprünge vor lauter Freude, weil ihm keiner einen Vorwurf machte.

 

 

 

Der Bauer hielt was er versprochen hatte, brachte alle zu dem Baum, in dem oben der Schlitten hing und unter dem zwei Rentiere schliefen. Ganz zum Schluss bekam Comet noch einen Verband an den Fuß, und als alles wieder einsatzbereit, und der Bauer wieder fort war, packte Ruprecht die leckeren Plätzchen aus. Die wurden bis auf den letzten Krümel aufgegessen.

Dann spannte Knecht Ruprecht die Rentiere an und Rudolph nahm Anlauf zum Start. Als sie beim Mond vorbei kamen, schaute der ganz grimmig. Der Nikolaus hatte noch ein kleines Päckchen, das warf er dem Mond zu und rief: „Für Dich du treuer Freund.“

 

Dass in dem Päckchen eine neue Pfeife für den lieben Mond war, verrate ich Euch nicht, denn dann ist es ja keine Überraschung mehr.

Impressum

Bildmaterialien: Illustration : Schnief
Tag der Veröffentlichung: 16.11.2014

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /