Mein Mann machte seine Lehre in Ravensburg. Dort lernte er Werkzeugmacher. Nach Abschluss der Lehrzeit bewarb er sich in Aulendorf bei der Firma Lanz.
Der Seniorchef Anton Lanz lud ihn persönlich zu einem Vorstellungs-Gespräch in seine Privatwohnung ein, die direkt mit den Produktionshallen verbunden war.
Ungefähr 600 Arbeiter waren täglich mit der Fertigung der Hochwertigen Zugmaschinen beschäftigt. Mehrmals täglich überprüfte der Senior-Chef persönlich die angefertigten Einzelteile. Sein geschultes Auge, sah schon vom Gang aus die kleinste Unebenheit. So sagte er eines Tages zu meinem Mann: „Da ist ein Hügel am Rand, messen sie es mal nach.“ Mein Mann maß nach und fand schließlich eine kleine Unebenheit von 2 mm.
Ganz am Ende der Fertigungs-Hallen, war die Reparatur-Halle. Das war der Lieblingsplatz des Chefs. Ja jeder Traktor war ihm ans Herz gewachsen. Da legte er sich noch mit 70 Jahren unter die Karosserie um den Fehler zu beheben. Stets tüftelte er an Verbesserungen. So passierte es, dass er am Montagmorgen in die Halle kam und verkündete: „Ich habe eine Idee, die ist mir gestern in der Kirche eingefallen.“
An seinem 70. Geburtstag waren Gäste eingeladen. Kurz bevor die Gäste erwartet wurden, wollte er aber schnell noch einmal durch die Betriebshallen gehen und nach dem Rechten sehen. Er trug schon seinen Festtags-Anzug und marschierte die Gänge entlang bis zur Halle mit den Reparaturen. Dort stand ein ausgefallen schönes Stück, und er konnte es nicht lassen mal schnell unter den Traktor zu kriechen. Dort war er so in seinem Element, dass er alles vergaß. Schließlich suchten ihn seine Gäste und mein Mann ging um ihn zu rufen. „Aber Herr Lanz, heute ist doch ihr Ehrentag, schauen Sie ihr schöner Anzug ist ganz schmutzig“, sagte mein Mann ein wenig vorwurfsvoll. Er kam unter dem Traktor vor, und bemerkte: „Meine Frau wird das wieder richten.
Das Bild zeigt meinen Mann 2012 auf der Ausstellung. An diesem Traktor hatte er mit Sicherheit das (den) Kühlergrill gefretigt, und er war stolz darauf.
Wieder ist Traktoren- Treff. Und wieder ist mein Mann dabei.
Ja natürlich gingen seine Erinnerungen zurück an den "Alten Lanz". Der Chef achtete sogar darauf, dass in en Toiletten nicht "gehostubt" wurde. Das heißt also soviel, dass man schnell aufs Klo ging und gleich wieder an die Arbeit.
Sein Spruch war: "Es dürfen nie mehr wie zwei Mann, auf einem Haufen stehen!"
Stets trug er einen Hut, den er aber bei jeder Maschine, an der er kontrollierte abnahm und auf die Maschine legte. So passierte es ihm, bei der großen Presse, dass der Hut in der Presse verschwand und gepresst wieder heraus kam. "Macht nix", sagte er, "Sieht zwar jetzt anders aus als vorher, aber man kann ihn noch gebrauchen."
Seine Liebe zur Firma Lanz und den Lanz Traktoren wird wohl nie aufhören.
Als mein Mann nach 5 Jahren an eine Lohnerhöhung erinnerte, bot der sparsame Geschäftsführer 5 Pfennig mehr pro Stunde an, das war meinem Mann nicht genug, deshalb machte er eine Umschulung zum Krankenpfleger.
Jedes Jahr geht unsere jüngste Tochter mit ihm auf die Ausstellung, neben dem ehemaligen Lanz Gelände. Von der Firma ist nichts übrig geblieben. Jedes Mal entdeckt er ein besonderes Modell und trifft alte Kollegen, die ihn aber gar nicht mehr kennen.
Die Firma wurde von den Enkeln verkauft, in der Hoffnung, dass die Fabrikation weiterging.
Leider wurde alles abgerissen und eine Wohnanlage gebaut.
Wir schenkten meinem Mann das große Buch: HELA-TRAKTOREN. Er schlug täglich mehrmals das Buch auf, es lag ständig neben seinem Sessel griffbereit.
Seine Liebe zur Firma Lanz hielt bis zu seinem Tod.
Bildmaterialien: Fotos: Sieglinde Koch
Tag der Veröffentlichung: 04.05.2014
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für meinen lieben Mann, zur Erinnerung an die Firma Lanz Aulendorf