Wenn ich schon mal gefragt werde, wie es ist, wenn man älter wird, dann gebe ich euch mal einen kleinen Einblick in mein Leben.
Ich fange mal bei den angenehmen Dingen an:
Am Abend kann ich Fernsehen schauen so lange wie ich will, denn am nächsten Morgen klingelt ja kein Wecker. Das ist aber für mich kein Thema, deshalb gehe ich immer vor Mitternacht ins Bett. Natürlich kommt es vor, dass ich nicht einschlafen kann, z.B. bei Vollmond, dann stehe ich noch einmal auf und nehme eine „Gute-Nacht- Tablette“. Danach schlafe ich aber gut und lange.
Zum Alter gehört auch, dass ich meinen Schlaf 1- 2 mal unterbreche, um das Bad aufzusuchen.
Mein Mann hat da ganz andere Schlafgewohnheiten, deshalb haben wir auch getrennte Schlafzimmer. Er geht um 21 Uhr ins Bett und schläft ungefähr bis Mitternacht. Dann steht er auf, um das Nachtprogramm im Fernsehen anzuschauen. Da schaut er nur, denn den Ton schaltet er aus, um mich nicht zu wecken. Wann er dann wieder ins Bett geht, weiß ich nicht. Wenn ich das erste Mal das Bad aufsuche, ist er noch auf, beim zweiten Mal, da schnarcht er wieder in seinem Zimmer.
Irgendwann zwischen 6 und 8 Uhr steht er auf. Dann kocht er Kaffee und richtet den Frühstückstisch. Danach studiert er die Fernsehzeitung.
Ich stehe zwischen 8 und 9 Uhr auf, weil ich dann nicht mehr liegen kann. Ich gehe dann zuerst ins Bad um mich anschließend anzukleiden. Dann gehe ich an den Frühstückstisch.
Als Vorspeise nehme ich zuerst ein kleine Handvoll Tabletten zu mir. Als erstes eine Magentablette, die meine Magenwände vor der dann folgenden Medizin schützen soll. Dann folgt eine Tablette für den Blutdruck, eine fürs Herz, eine für die Blutverdünnung, damit das Blut besser durch meine verkalkten Adern fließen kann. Schließlich schiebe ich noch eine Wassertablette nach, damit ich keine geschwollenen Füße bekomme, und mir, wenn ich weg muss, die Schuhe noch passen. Als Letztes schlucke ich noch eine Hammer-Schmerztablette, damit mein Kreuz erträglich ist.
Jetzt kann ich mich meinem eigentlichen Frühstück widmen. Ich schenke mir also einen Kaffee ein. An ihm schmecke ich, ob mein Mann früh aufgestanden ist oder spät. Ich habe es aufgegeben einen Kommentar dazu abzugeben.
Zum Kaffee gibt es eine Scheibe Zopfbrot, die bestreiche ich mit Margarine und selbstgemachter Marmelade. Ja, das mit der Margarine ist auch traurig! Früher hatte ich immer Kinder und musste sparen und konnte mir keine Butter leisten, heute könnte ich, aber darf nicht, da ich eine Laktose-Unverträglichkeit habe.
Das Frühstücks-Geschirr räume ich danach ab. Nebenher verschwende ich einen ersten Gedanken daran, was ich heute koche. Für den Notfall, das heißt, wenn mein Rücken immer noch weh tut, habe ich stets ein Schnellgericht im Gefrierfach. Meistens jedoch bin ich vormittags noch gut drauf und kann eine vernünftige Mahlzeit kochen. Die Kartoffeln schäle ich inzwischen im Sitzen, weil ich das Stehen nicht so lange aushalte.
Wenn dann das Essen auf dem Herd steht, schaue ich in meinen Laptop und vergewissre mich, dass es meinen wenigen Freunden gut geht.
Am Tisch habe ich einen Stuhl mit Armlehnen, da stütze ich mich beim Sitzen auf, um mein Kreuz zu entlasten. Aus diesem Grund wiederum, sind meine Ellenbogen immer entzündet.
Immer wenn ich mir eine Strickweste überziehe, muss ich aufpassen, dass der Kragen gleich richtig liegt, denn wenn ich mit der Hand nach hinten gehe, um den Kragen glatt zu streichen, fährt mir durch die Armkugel ein stechender Schmerz.
Manchmal muss ich auch mal in die Stadt, da nehme ich als Gehhilfe eine Krücke mit. Die entlastet meinen Rücken beim Laufen. Jetzt hat mir der Arzt einen Rollator verschrieben, aber daran muss ich mich auch erst gewöhnen.
Einmal in der Woche fahre ich mit meinem Mann zum Einkaufen. Vor ungefähr 10 Jahren habe ich mir einen „Japaner“, einen Waggon R mit Automatic gekauft. Ich bin jedes Mal 3 mal froh darüber, dass ich ihn habe. Der Einstieg ist so bequem, während ich das große Grausen kriege, wenn ich zu meinen Töchtern ins Auto steigen muss. Durch den Laden laufe ich mit Krücke und mein Mann hält sich am Einkaufswagen fest. Zum Ausladen zu Hause habe ich einen kleinen Transportwagen. Den ziehe ich bis in die Küche das ist sehr praktisch.
Früher haben wir immer gern Ausflüge gemacht, Nach Österreich an den Vilsalpsee, oder nach Oberjoch. Dort sind wir auf die Berge gestiegen und bis zum Gipfelkreuz gewandert. Heute fahren wir auch einmal im Jahr dorthin, wir laufen durch das Hochmoor oder um den See und setzen uns auf eine Bank, um das Gipfelkreuz von unten anzusehen.
Ja und was ich auch noch los werden möchte: Im Alter wird man in der Regel nicht hübscher. Ich kenne nur eine Frau, die im Alter hübscher war, als in der Jugend, da war sie nämlich potthässlich.
Anfangs habe ich ja meine Haare noch gefärbt, nicht so auffällig, mittelblond. Aber seit ich hier in der „Altersgerechten“ Wohnung bin, habe ich es gelassen, denn hier ist kein Waschbecken zum Haare waschen geeignet.
Also habe ich die Färberei aufgegeben. Jetzt habe ich schneeweiße Haare, die mich überhaupt nicht kleiden. Mein Gesicht ist hässlich geworden, obwohl ich mal eine schöne Frau war. (Behauptet ein altes Foto von mir).
Ich hatte immer zu kleine Busen, und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als etwas mehr in der Bluse. Im Alter nun, wurde mir der Wunsch erfüllt. Nun fülle ich mindestens Körbchengröße D, wobei der linke Busen doppelt so groß ist als der rechte. Na ja, man soll sich nichts wünschen, es geht nachher doch daneben.
Einen BH kann ich gar nicht tragen, wegen meiner überempfindlichen Haut. Alles was ich auf der Haut trage, muss ich auf links anziehen, wegen der synthetischen Kettelnähte.
Nun bin ich ja, weil ich mich nicht herzhaft bewegen kann, schon ziemlich dick geworden, dazu kommt, dass mir nach einer Unterleibs-OP, das Bauchfell gerissen ist. Seit dem bin ich dauerschwanger. Ich vermeide es in den Spiegel zu schauen und gehe nur aus dem Haus, wenn es unbedingt sein muss.
Mein Mann dagegen hat es gut, seit einem Schlaganfall merkt er nichts mehr, er fühlt nicht wenn es kalt ist, und spürt keine Schmerzen. Ihm fällt seit dem das Denken schwer, und deshalb lässt er es meistens.
So, jetzt habe ich Euch erzählt, wie ich das Älterwerden empfinde. Das einzige was bisher keinen Schaden genommen hat ist, mein Humor. Er ist wie ein kleiner Bonsai, der mich ein Leben lang begleitet, und den ich liebevoll pflege.
Kleidersorgen
Wie schön, als ich noch jung gewesen,
ich konnte ohne Brille lesen,
und ohne Gehstock munter laufen,
und mir die schönsten Kleider kaufen.
Jedoch wie immer auf der Welt,
für Kleider fehlte mir das Geld.
Jetzt hätt´ ich Geld, bedaure nur,
Für Kleider fehlt mir die Figur.
Bei Größe fünfzig, von der Stange,
da find´ich nix, und suche lange.
Ob Hose, Bluse, Rock, Jackett,
Es passt mir nichts, ich bin zu fett.
Und seh´ ich eins, denke „ wie fein“;
Probier es an, – es ist zu klein.
Für Dicke gibt es nichts zum Kaufen!
Die Dicken sollen nackt rum laufen.
(Hier habe ich, vorsichtshalber kein Foto hinzugefügt.)
Nun hat man im Alter mehr oder weniger schlaflose Nächte. Bei mir persönlich kommt es nicht oft vor, denn ich brauche meinen Schlaf, der gibt mir Kraft um den nächsten Tag zu überstehen. Gut ausgeruht bin ich immer ausgeglichen und gut gelaunt.
Mein Mann hingegen geht zwar meistens früh zu Bett, steht aber spätestens nach zwei Stunden wieder auf um durch die Wohnung zu wandern. Das stört mich gar nicht mehr, denn dann schlafe ich schon. Nach ungefähr zwei Stunden verschwindet auch mein lieber Martin wieder in seinem Zimmer. Fernseher und Licht lässt er an, denn nach weiteren zwei Stunden wird er ja wieder aufstehen.
Regelmäßig um Mitternacht werde ich wach, stehe auf, lösche Licht und Fernseher und schlafe gleich danach weiter. Das gleiche wiederholt sich dann noch einmal um vier Uhr morgens. Um sechs Uhr steht mein Göttergatte dann endgültig auf. Nachdem er alle Rollläden hochgezogen hat, bin ich dann auch endgültig wach. Während ich mir im Bad den Schlaf aus den Augen wasche schläft mein Mann in seinem Sessel in der Stube wieder ein. Ich mache mich daran das Frühstück zu bereiten, füttere meine Katze und wecke ihn.
Den Tag verbringe ich dann mit Hausarbeiten und meinen Freunden am PC währen mein Mann die Hälfte des Tages in seinem Sessel verbringt wobei ihm ständig die Augen zufallen. Nur die Mahlzeiten, die verpasst er nicht und er vergisst auch nicht mich früh genug darauf aufmerksam zumachen.
Nun gibt es aber in regelmäßigen Abständen Vollmond. Ja diese Nächte, in denen man glaubt, jemand da oben hat vergessen das Hoflicht auszuschalten, die haben es in sich, jedenfalls bei mir.
Schon wenn ich den Rollladen in meinem Zimmer herab lasse, lacht mich der kugelrunde Mond frech an. Spätestens jetzt weiß ich, dass ich heute Nacht nicht schlafen werde. Selbst wenn ich könnte, geht es nicht es ist ja Vollmond! Da habe ich wach zu bleiben, schon aus Prinzip. Also liege ich in mein Bett und denke nach. Da geht mir das Material nicht aus.
Letztens dachte ich daran, was ich mir als Kind vorgenommen hatte, was ich im Leben einmal sehen wollte. Schon in der Schule hatten wir das als Aufsatzthema und oh Wunder, meiner Lehrerin hatte meine Arbeit besonders gut gefallen. Fast alle Kinder hatten von Italien und Spanien geschwärmt, nur ich war aus der Reihe getanzt und schrieb: Wenn ich Geld hätte, möchte ich gern Skandinavien, Schottland und Island bereisen. Meine Schwägerin hat inzwischen diese Länder gesehen und mir Filme von den Reisen gezeigt. Sie hat das alles gesehen, wovon ich geträumt hatte. Die unendlichen Wälder in Skandinavien, die Fjorde und die vielen Seen in Finnland, die Berge Schottlands und das Hochland sowie die heißen Quellen und Vulkane auf Island.
Reisen war mein größter Wunsch. „Wenn die Kinder mal aus dem Haus sind, und wir im Ruhestand, dann werden wir das alles erleben, dann haben wir Zeit dazu.“, war immer der Schlusssatz, wenn mein Mann und ich von „großen Ferien“ träumten. Aber dann kommt der, der mit dem Knüppel in der Hand. Wenn er es nicht schafft uns den Prügel auf den Kopf zu schlagen, dann wirft er ihn uns zwischen die Beine. Mein Mann erlitt einen Schlaganfall und war von da an in seinem Bewegungsablauf eingeschränkt. Das Thema Reisen hatte sich ganz schnell und kostenlos erledigt.
In Vollmondnächten liege ich also hellwach in meinem Bett und fantasiere mich an meine gewünschten Reiseziele. Da beginnt es dann mit dem Kofferpacken und sämtlichen Reisevorbereitungen, schließlich habe ich Zeit, denn die Nacht ist lang. Auch die Fahrt wird aufs Detail ausgekostet. Niemals würde ich mit einem Flugzeug fliegen, aber nein ich habe doch Flugangst. Bin ich dann endlich an meinem Ziel angekommen, beziehe ich mein Hotelzimmer, sinke erschöpft ins Bett und schlafe ein. Nach ein oder zwei Stunden Schlaf hat mich dann die Realität zurück. Ich bin total erschöpft, stehe auf und der Alltag nimmt seinen gewohnten Lauf. Macht nichts, es gibt noch mehr Vollmondnächte.
Von Frühjahr bis Herbst kann man nie sicher sein, ob nicht ein Gewitter den Schlaf stört. Nun will ich nicht behaupten, dass ich bei Gewitter nicht schlafen könnte. Angst vor Gewitter habe ich nur, wenn ich unterwegs davon überrascht werde. So ging es mir einmal bei einem Spaziergang im Wald mit meinem Hund. Ich kann nicht sagen, wer von uns sich mehr fürchtete. Mein Hund hatte es plötzlich furchtbar eilig, während mir vor lauter Angst die Beine nicht mehr gehorchen wollten.
Als Kind musste ich bei jedem Gewitter aufstehen und mich notdürftig bekleiden. „Es könnte ja sein, dass ein Blitz ins Haus einschlägt und wir dann nach draußen flüchten müssen.“, hatte mir meine Mutter eingehämmert. Es hat sich bis heute nicht viel daran geändert. Zwar stehe ich nicht gleich auf wenn der erste Donner grollt, liege dann aber wach im Bett und horche ob es näher kommt oder vielleicht doch vorbei zieht. Knallt es dann direkt über uns ziehe ich eine Strickweste über und warte in der Stube bis es sich ausgetobt hat.
Gestern hatten wir einen besonders heißen Tag, da half auch abends kein Lüften die Hitze wollte nicht weichen. So verzichtete ich abends auf mein Nachthemd und legte mich unbekleidet schlafen. Sicherlich hätte ich auch gut geschlafen, wenn nicht in der Ferne ein leises Donnern zu hören gewesen wäre, das ganz langsam immer näher kam.
Schließlich, um Mitternacht erhob ich mich um wie üblich nach dem Licht und dem Fernseher zu schauen. Die Stube war hell erleuchtet, das Programm lief und mein Mann saß in seinem Sessel und war eingeschlafen. Auch er war unbekleidet. So setzte ich mich in meinen Sessel. Durch meinen Kopf schoss der Gedanke: „Das hatten wir an als wir geboren wurden und es passt immer noch.“ Nun hatte ich einfach Lust irgendetwas total Verrücktes zu machen, etwas was ich bestimmt noch niemals getan hatte. Lange brauchte ich nicht zu überlegen, da kam mir schon eine Idee: Ich hatte noch niemals um Mittenacht, nackt ein Schokoladeneis gegessen! Ja das war es, und ich muss sagen das Eis war gut.
Inzwischen wurde mein Mann wach. „Du hast aber nicht viel an“, bemerkte er, bevor er in seinem Zimmer verschwand. Das Gewitter hatte sich verzogen und ich da die Hälfte der Nacht nun schon um war, beschloss ich nun etwas schneller zu schlafen.
Frag niemals jemanden: "Wie sehe ich aus?"
Du wirst angelogen, geh lieber nach Haus
Sieh in Deinen Spiegel, dem ehrlichen Freund,
Er sagt Dir die Wahrheit, genau wie er`s meint.
Schau her, diese Falten in Deinem Gesicht
Von Kummer und Sorgen, entstellen Dich nicht.
Die schneeweißen Haare vom Alter gebleicht
Erzählen vom Leben und das war nicht leicht.
In den Augen da fehlt es an Glanz, wie es scheint,
Das kommt von den Tränen die Du geweint.
Mit etwas Make Up könntest vieles vertuscheln
Ich weiß Du hast keins, Du möchtest nicht pfuschen.
Für die offenen Worte, hab Dank lieber Spiegel
Ich bleib wie ich bin, weil ich mich nicht verbiege.
Und werden sie mich auch manchmal belachen
Ich will kein Make Up und künstliche Sachen.
Bildmaterialien: eigene Fotos
Cover: Eigenes Foto
Tag der Veröffentlichung: 03.03.2014
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