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Heimat, der Hafen des Lebens

Der Begriff Heimat wird verschieden empfunden und geäußert. Der Eine sagt:
“Heimat ist da, wo meine Wiege stand“, der andere sagt „Heimat ist da wo ich lebe“:
Was ist jetzt richtig? Also schaue ich im „Brockhaus“ nach und da steht:
" Heimat ist der Ort, an dem man zu Hause ist.....Ort des Ständigen Wohnsitzes."
Ich setze mich hin und denke zurück. Lasse meinen Gefühlen und Erinnerungen freien Lauf:
Als ich 1982 aus meiner ersten Heimat, Rumänien, ins „gelobte Land“ kam, freute ich mich zuerst darüber, dass ich es endlich geschafft hatte, aber dann kam das Heimweh und Grübeln und ich überlegte wie alles vorher war:
Schon als kleiner Dreikäsehoch spitzte ich die Ohren als die Erwachsenen von der Ausreise erzählten.
" Innerhalb von zwei Stunden könntest du im "goldenen Westen"sein, wo du endlich frei bist! Dort gibt es Schokolade, Kaugummi,wunderbar riechende Seifen, Bananen und Apfelsienen.Vorausgestzt du kriegst die Ausreisegenehmigung,und das ist wie ein Lottospiel.
Glück mußt du haben!"
" Dort mußte dasSchlaraffenland sein.
Nur wie kommt man in die Flugzeuge, die sehr weit oben im Himmel über mich hinwegfliegen?
Warscheinlich gibt es eine sehr lange Leiter, die bis zur Erde reicht, damit die Menschen einsteigen können...!" dachte ich, der kleine Naseweis. Fünfzehn Jahre später erfuhr ich erst die Wahrheit.
Viele Familien erhielten vor uns den lang ersehnten Pass um nach “Deutschland“ zu kommen. Wie schwer war es mir ums Herz, als immer mehr Häuser meiner Bekannten und Freunde leer standen. Jeder sprach über das gleiche Thema: “Hast du gehört, der und der hat den Pass…“ oder, “wir sind auch bald weg..“
Sogar im Spiel wurde das Ausreisefieber von uns Kindern aufgegriffen. Wir machten uns aus Wasser und Sand „Kaffee“ und ich las meinen Freundinnen aus dem „Kaffeesatz“ die Zukunft voraus. Natürlich mit dem happy end der Ausreise! Wer weiß, wäre nicht so eine Massenhysterie unter der Bevölkerung entstanden, wäre bestimmt der Eine oder Andere dort geblieben. In den eigenen großen Häusern, im Ort der Vorfahren,die vor 800 Jahren aus dem Rhein-Mosel Thal kamen. Der deutsche Ritterorden ließ die Burg bauen und gab der Stadt den Namen Rosenau.Wie so viele Städten in Transilvanien.

Die Ratten verließen das sinkende Schiff, später in der Zeit des Komunismus, wo Ceausescu die Herrschaft hatte und Rumänen.Ungarn und Siebenbürger ( wie wir) quälte.
Die Grenzen waren verschlossen,ich fühlte mich wie in einem großen Gefängnis. Warum durften wir uns nicht die große weite Welt anschauen?
Und trotzdem,meine Kinder-Heimat war Märchen-schön, denn ich sah sie durch meine Kinderaugen!
.....die klappernden Störche auf den Dächern, in der Kirchgasse , die Schwalben, die weit am Himmel flogen , ich rieche den Duft des frischen Brotes vom Bäcker gegenüber.. Ich höre die Zigeuner „hai la ciuperci“ oder „la ridichi“ rufen. Denke heute zurück an die Kartoffelernten in den Herbstferien und die tollen „Chefs“( Jugendfeiern) , wo wir so lange tanzten bis der Staub hoch wirbelte. Komischer Weise bleiben mir nur die schönen Erinnerungen im Gedächtnis und ich bin sicher, dass ich diese mit vielen Landsleuten teile! All diese Erinnerungen mit den dazugehörigen Gefühlen, sind wie ein unsichtbares Band zwischen uns. Denn allen ergeht es gleich!
Bei unserer Ausreise mussten wir viel zurück lassen: Häuser, Bräuche, Freunde. Das wichtigste nahmen wir mit und das sind die Erinnerungen .Wir verstreuten uns in alle Herrgottes Welt und verließen unsere gemeinsame Heimat.

Ein altes Sprichwort sagt: “Wer überall zu hause ist…ist nirgends daheim!“
Ich machte mich vor meinen Eltern auf den großen Weg.Alleine in ein fremdes Land. Aber jetzt wußte ich, daß es einen Flughafen gibt,wo die Menschen in die Flugzeuge einsteigen können.Und das erst mit neunzehn Jahren.Na ja, es ist nie zu spät dazu zu lernen!
Von einem Verwandten zum andern, von einem zu hause zum nächsten, von Heimweh gequält, desorientiert, habe ich lange Zeit nach Geborgenheit und Frieden gesucht.
In einem Interview beim Deutschlandfunk fragte mich damals der Redakteur was für mich Heimat bedeutet. Ich sagte. “Heimat ist dort wo ich lebe!“. Jahre später,also heute bin ich eines besseren belehrt.
Heimat ist für mich , der Ort wo ich aufatmen kann, in Ruhe und mit Freuden mein Leben genießen kann. Wo ich angenommen werde.
Heimat ist dort wo mir meine Sorgen klein vorkommen.
Herz was willst du mehr?!
Jetzt kann ich sagen:
“Ich bin am neuen Hafen meines Lebens angekommen…in meiner neuen Heimat !!“

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Tag der Veröffentlichung: 28.01.2009

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Widmung:
Meine heutige Einsicht widme ich dem Kinde in mir !

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