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Ich haste durch den Park und versuche mir eine freie Bank zu erhaschen. Immer ist es das selbe. Nie ist eine Bank frei. Und bis eine frei wird ist meine Mittagspause auch schon zuende. Ich stopfe meinen zwei-Euro-Burger schlecht gelaunt in den Mund, während ich mich missmutig auf den Rasen fallen lasse. Dass ich in meiner Pause sitze wird mir niemand wegnehmen. Auch nicht die dicke Oma, die denkt, dass ihr die ganze Parkbank gehört. Ich bestrafe sie mit einem bösen Blick, aber sie scheint ihn gar nicht wahrzunehmen. Wahrscheinlich ist sie kurzsichtig.
Es dauert einpaar Minuten bis ich mich wieder beruhigt habe. Doch erstaunlicherweise gelingt es mir irgendwie nicht mehr an die dicke Oma zu denken. Stattdessen springt mir ein kleines Mädchen ins Auge. Sie sitzt auf der Wiese. Ganz alleine. Ich sehe nur ihren Rücken. Erst jetzt fällt mir auf, dass die Wiese mit Gänseblümchen übersät ist und der Himmel wolkenlos ist. Die tief blaue Himmel lächelt auf das kleine Mädchen herunter. Als wäre das nicht schon schön genug hat auch die Sonne nach Wochen beschlossen wieder einmal einpaar Strahlen auf die Erde herunter zu lassen.
-Alles scheint perfekt zu sein. Außer, dass ich auf dem Rasen sitze. Aber es ist gerade nur noch halb so wild.
Nur wenige Meter von der Wiese auf der ich sitze ist ein Spielplatz. Man hört Kinderlachen. Man sieht bunte Schaukeln, Klettergerüste und einen riesigen Sandkasten mit einem Bagger an dem die Kinder Schlange stehen.
Doch das Mädchen sitzt allein auf dieser Wiese. Abseits von den anderen Kindern, die sich auf dem großartigen Spielplatz vergnügen.
Ich kann sehen, dass sie ihren Kopf in die Hände gestützt hat. Ihr buntes Sommerkleid weht im Wind und ihre Haare tanzen um ihr Gesicht. Nachdenklich beobachte ich das Mädchen. Sie muss um die fünf oder sechs Jahre alt sein. Sie scheint eine Außenseiterin zu sein, die nicht mit den anderen Kindern spielt. Ob sie die Kinder nicht mag oder die Kinder nicht mögen? Schmerzlich erinnere ich mich an meine Kindheit und an Tage an denen auch ich allein auf einer Wiese gesessen habe.
Es scheint als ob die Kinder das Mädchen in dem bunten Sommerkleid nicht wahrnehmen. Sie sind beschäftigt. Sie haben viel um die Ohren. Sie müssen schaukeln, klettern, backen und aufpassen, dass sich niemand in der Baggerschlange vordrängelt. Eine Weile beobachte ich die Kinder. Sie sind in ihrer eigenen Welt. Sie nehmen das Mädchen nicht wahr. Sie sind mit sich selbst beschäftigt.
Ich werden traurig. Mir tut das Mädchen leid. Schon die kleinen Kinder sind Egoisten. In was für einer Welt leben wir nur? Ich widme meine Aufmerksamkeit wieder dem kleinen Mädchen. Sie dreht ihr Gesicht der Sonne entgegen. Ich kann nun einen Blick auf ihr Gesicht erhaschen und zu meinem Erstaunen sehe ich keine traurige Augen und auch keinen Schmollmund. Ich blicke in ein freudestrahlendes Kindergesicht. Ihre Sommersprossen tanzen auf und ab, ihre Augen funkeln in der Sonne, und ihre Grübchen zucken immer wieder, sodass sie mich einen glücklich fliegenden Schmetterling erinnern. In ihrer braunen Lockenpracht stecken einige Gänseblümchen. Als das Mädchen mich erblickt, grinst sie mir glücklich zu, so als ob sie mir sagen wolle: "Das Leben kann so schön sein, wenn du nur versuchst es zu genießen."
Ohne ein Wort zu sagen hat sie mein Tag um einiges versüßt. Das kleine süße Mädchen, das allein auf der Wiese sitzt. Sie wendet sich wieder ihren Gänseblümchen zu. Sie pflügt eine sehr dicken Strauß und ich frage mich wann die Wiese wohl leer gepflügt ist. Ununterbrochen lächelt das keine süße Mädchen. Ich frage mich warum das Mädchen so glücklich ist. Ich schaue in den tief blauen Himmel, auf den bunten Spielplatz, auf die mit Gänseblümchen übersäte Wiese und ja auch auf die dicke Oma auf der Parkbank. Und auf einmal muss ich auch lächeln. Wie konnte ich nur so blind sein? All das hier! Es ist ein Grund zum Lächeln. Wieder schaue ich zu dem kleinen süßen Mädchen hinüber. Sie pflügt ihren Blumenstrauß und lächelt.
"Wenn es doch mehr von solchen Menschen auf dieser Welt geben würde", denke ich, aber ich komme nicht dazu weiter über die Welt zu philosophieren.
Das Mädchen in dem bunten Sommerkleid kommt auf mich zugelaufen. Ihr Kleid weht im wind. Sie stolpert und fällt. Ich springe auf um ihr zu helfen. Als ich ihr meine Hand geben will, streckt sie mir den dicken Blumenstrauß entgegen.
"Die sind für dich!" Sie braucht nichts mehr sagen. Ihr zahnlosen Lächeln spricht Bände. Dieses Mädchen hat etwas erstaunlichen begriffen. Etwas, was wir Erwachsen oft unser ganzes Leben nicht lernen. GLÜCKLICH ZU SEIN.
Ich will mich in der nächsten Pause neben die dicke Oma auf der Parkbank setzten und mein Glück mit ihr teilen, so wie das Mädchen ihr Glück mit mir geteilt hat. Ich will nicht enden wie die Kinder auf dem Spielplatz, die nur an sich denken und den Anderen nicht sehen. die versuchen ihr Glück in sich selbst zu finden und gar nicht merken, dass glück im geben besteht.


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Tag der Veröffentlichung: 14.06.2012

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