Die Frau
Sie ging durch die dunkle Gasse. Der Klang ihrer Absätze wiederhalten und verlohren sich in den stillen Gässchen. Es begann zu dämmern und die Lichter der Lokale vielen auf die Straßen und färbten sie bunt. Diese Athmospähre gefiel der Einzelgängerin, sowie auch der Regen wenn er auf die Erde prasselte. Das vermittelte ihr Geborgenheit, welche sie sonst nur sehr selten in ihrem bisherigen Leben verspüren durfte. Heute hatte sie sich herausgeputzt, sie trug hochhakige Sandaletten und ein lila Kleid. Eigentlich bevorzugte sie unter der Woche die Jeans, welche sie durch Blusen die ihre Figur betonten aufpeppte. Jeans waren für sie ein unersetztlicher Bestandteil ihrer Garderober von der sie nur selten ablies.
Heute war für die junge Frau, die so um die 30 war „Ausgeabend.“ Deswegen hatte sie bewußt und ohne zögern auf den Cowboylook verzichtet und das Kleid das knapp über das Knie ging stand ihr auch nicht einmal so schlecht, fand sie. Darin hatte sie das Gefühl etwas Besonderes zu sein, das half ihr selbstbewußter aufzutreten. Von Natur aus war sie ein schüchternerne Natur, die kam immer wieder zum Vorschein und den mußte sie dann auch mit aller Kraft bekämpfen. Trotz ihrem Alter war sie relativ jung geblieben, warum das wußte sie selber nicht, sie konnte es nur erahnen. Das Leben hatte ihr nicht allzuviel Freude gebracht, es konnte an ihr selber liegen, sagten einige andere sagten „das Leben ist ungerecht.“ Sie selbst hatte die Grübellein in dieser Hinsicht aufgegeben. Was halfen sie ihr? Was könnte sie ändern?
Vieles in ihrem Leben war zur Routine geworden. In diese eingelaufen, könnte sie da noch selber heraus? Sie wußte schon, dass die Not sie zu Vernänderungen bringen konnte, grundsätzlichen, im Nachhinein waren es gute Veränderungen. Befand sie sich in so einer Lage und sie hatte diese noch nicht bemerkt, oder wollte sie da nicht? Eigentlich ging es ihr gut, sie konnte mit ihrem Leben umgehen so wie es war, wie es schon immer war und trotzdem war etwas geschehen, das sie verändert hatte. Es war keine sichtbare, äußerliche, aber es gab sie, sie spürte bewußt das Neue. Es kam ihr selber vor als ob sie reifer geworden wäre, über den Dingen stehen konnte. Die sie sonst Nächte lang nicht schlafen liesen. Geschehnisse die sie nicht mehr gut machen konnte, aber die sie sich nicht hatte verzeihen können. Diese Zeiten waren Gott sei dank vorbei. Von einem Tag auf den anderen kam die Umwandlung. Es war eingentlich eine bewußte Entscheidung, die schon längst hätte getroffen werden müssen. Aber wie gesagt, nur wenn es nicht mehr anders ging bewegte sich etwas in ihrer Persönlichkeit. Das eintönige Einerlei, der monotone Rhythmus war sehr bequem. Sie wußte wo es lang ging und wie es endete, so und nicht anders sollte es sein, und es war gut. So dachte sie in den guten Zeiten ihres Daseins. In den anderen, die sie unbarmherzig niederdrückten, wo gerade dieser langsame, dahinziehende Lebensfluss der Grund für Schmerz war, hasste sie ihn. Dann tobte es innerlich, das sie äußerlich als Unzufriedenheit zeigte. Sie war sich dessen bewußt, dass sie und nur sie alleine für die nächste Reife, Veränderung oder wie man es nennen mag bewirken konnte. Etwas hielt sie aber davon ab es dazu kommen zu lassen. Es war Angst. Die Angst die alles lehmt und erstarren läst. Der nächste Schritt könnte mißlingen! Und dann? Wie geht man damit um, kannte sie sich so gut um fertig mit sich selber d zu werden? Das war ihr Dilemma, das hielt sie davon ab an ihrer Reife beteiligt zu werden. Bisher ging alles gut, es hatte geklappt ohne Angst um Verluste. Wenn die Frau sich die Frage stellte: Wovor habe ich Angst? Blieb sie sich eine Antwort schuldig.
Die Frau öffnete die Türe des Lokals und hatte ein unangenehmes Gefühl dabei. So war das schon immer bei ihr gewesen. Die Vorstellung viele Augenpaare würden sie von oben bis unten mustern bereitete ihr Unbehagen. Sie wurde unsicher und blickte nur noch zu Boden, um ja nicht gesehn zu werden. Das war die Vogelstrauß-Taktik, „wenn du die anderen nicht ansiehst, bemerken dich diese auch nicht“. Die Logik hatte sie sich selber erfunden, um mit dem Angesehen werden irgendwie bis in ihrem Appartament durchzuhalten. Es war eine Notlösung die getroffen werden mußte. Es war die vollig falsche, aber sie konnte sich damit bis her behelfen,.
Das Lokal war nicht allzu besucht, das war für die 30jährige eine angenehme Feststellung. Eine Freundin von den beiden, mit denen sie den Ausgehabend geplant hatte winkte ihr freudig zu. Sie lenkte ihre Schritte zu dem Tisch hin und setzte sich einbischen umständlich, fand sie zumindest. Sie hatte ihr Ziel unbeschädigt ohne Zwischenfällen erreicht. Sie hatte sich nicht zu Fremden hingesetzt, wie ihr das mal peinlicherweise passiert war und mußte nicht feststellen, dass sie die Beiden gar nicht kannte bei denen sie ihre Handtasche als erstes hingestellt hatte. Der heutige „Ausgehabend“ hatte heute gut begonnen. Was er wohl brachte? Es konnte ja sein, dass die Gespräche sich um auch für sie interessante Themen drehten, oder genau umgekehrt. Langweilige Plapperrein um wieviel der eine mehr als der andere in seinem bisherigen Leben geleistet hatte, alleine oder durch wessen Hilfe, wer mit wem geheiratet hatte und deren Gründe.
Ihre beiden Freundinnen waren in demselben Alter wie sie, in derselben Lebensphase. Sie unterschieden sich nur durch Körpergröße und dessen Fülle. Alle drei hatten ein Studium beendet und harbeiteten an einem festen Arbeitsplatz, der ihnen mehr oder weniger Spass machte. Mit dem hatten sie wohl Glück, er war abwechslungsreich und schafte dadurch den angenehmen Ausgleich zu ihrem Privatleben das so gut wie gar nicht vorhanden war.
Sie bestellte sich ein Bier, ihr Lieblingsgetränk für so einen Abend, wenn er nicht sogar als Ziel und Höhepunkt des Abend für sie galt. Nicht das sie ihm verfallen war, aber nach dem sie die Hälfte davon getrunken hatte, fühlte sie die Wirkung. Sie hinterließ ein weiches, angenhemes Gefühl der Unbeschwertheit zurück. Die Verspannung im Körper löste sich und sie fühlte sich angenehm locker.
Wie es nun mal so in einer Dreierrunde ist, war eine von ihnen zu viel. Die Frau spürte das ohne Unwillen. Machte es Sinn um einen Ausgesprochenen Satz zu kämpfen? Sie selber war nie eine Kämpferin gewesen, es machte ihr jetzt nicht nicht mehr viel aus unbeachtet zu sein. Sollten die anderen sich ruhig in den Vordergrund schreien, das Gespräch an sich reißen und so lange wie möglich am Ball der Debatten bleiben. Was tat es schon, sie selber wußte was sie hatte, es reichte ihr, da mußte sie nicht das Einverständnis der anderen holen und dann sich im Glanze der Zufriedenheit die ihr die anderen vermittelten zu sonnen.
Sie hatte Pech, der abend verlief, wie oft, brachte ihr uninteressante Themen. Zwei Stunden waren schon vorbei und alles dehnte sich hin. Das Lokal füllte sich mehr und mehr. Aufgebrezelte traten über die Lokalschwelle. Jede hatte versuchte ihre Schönheit oder die angebliche Schönheit so gut wie möglich ans Licht zu bringen. Blicke verrieten schon mehr. Eine kurze nicht einmal verstohlene Musterung genügte um im klaren zu sein, ob der Gegenüber ok war. Nun galt es sich noch mehr zu zeigen: Zigaretten, Handys wurden neben dem Bestellten sichtaber hingelegt. Aber auch das reichte nicht um in diesem Lokal als ungekrönter König oder Köngin erkoren zu werden, man musste noch mehr dafür tun. Das Thema musste man gut wählen, um das Wort dann führen zu können, aber auch die anderen herauszufordern, um dann selber gut abzuschneiden. Wenn das nicht klappte, machte es auch nichts aus Selbstgespräche zu führen, die ungewollten Zuhörer hätten sowieso nicht den Mut zu sagen „Wie uninteressant“, oder
„du hast eine schlechte Einstellung oder gar Meinung“ Wenn jedoch ein einziger von denen das sagen könnte würde womöglich eine Debatte entstehen die, sogar dem ganzen einen Sinn gäbe. Die beteiligten müssten dann, überlegen wärend des Sprechens, Argumente haben, aber das wiederum wäre für diesen schönen Abend zu anstrengend und wenn man nicht aufpasst und den gegenüber blamierte, der sich seinerseits nicht herauswinden konnte, der sich persönlich angegriffen fühlte, käme es sogar zum Streit und das Beisammensein wäre ruiniert. Das wussten alle die an den Tischen saßen, deswegen liessen sie kluger Weise die Gespräche laufen wie sie wollten. Man wartet bis der andere anscheindend aufgehört hatte mit dem Gespräch und begann selber einzugreifen, um an diesem abend ja nicht zu kurz zu kommen. Das wäre eine Tragödie und die folgende Woche hätte keinen guten Anfang.
Die Frau hatte das Glas leer getrunken. „ Macht es gut, bis zum nächsten Mal“ Sie ging zu einem Taxi und dachte daran wann wohl das „nächste Mal“ sein werde. In ein zwei Monaten vielleicht. Ihr konnte es gleich sein, sie hatte sich an die Einsamkeit gewöhnen müssen und jetzt litt sie nicht mehr so sehr darunter als zu Anfang.
Das Taxi hielt vor dem Wohnblock an, in den sie kürzlich umgezogen war. Ihre Sandaletten klapperten als sie zur Eingangstüre schritt, sie schloss die Türe auf und ging hinein.
Sie hatte Hunger, der Kühlschrank den sie öffnete war ziemlich leer, sie fand darin eine Kleinigkeit und setzte sich vor den PC. Die Singel Börse bei der sie seit einigen Monaten aktiv war boten ihr etwas Abwechslung in den Abendstunden, die sie immer alleine verbrachte. Es machte ihr Spass mit anderen aus der Ferne, wobei sie sich in in ihren vier Wänden in Sicherheit wusste, zu flirten und sich zu unterhalten.
Ob heute ein Bekannter da war? Natürlich war sie nicht ganz ehrlich, nicht dass sie log, aber vieles sagte sie durch die Blume, es blieb dem anderen überlassen, was er verstand. Lügen ware nicht ihre Sache, aber kleine Notlügen mussten sein, sonst ging es hier gar nicht. Niemals hatte sie vor jemanden zu verletzen oder auszunutzen, ihr ging es nur darum andere kennenzulernen und sich selber zu „desensibilisieren“ wie einer ihr vorgeworfen hatte. Nach langem nachdenken hatte sie ihm recht geben müssen. Wurden andere nicht vom Leben desensibilisiert, auf viel härtere Weise? Niemand konnte das bestreiten. Bei dieser Art aber, so meinte sie, hatte sie die Zügel in der Hand. Sie war nicht so blosgestellt wie im wahren Leben. Sie wußte ganz genau, dass diese Erfahrungen nicht der Realität entsprachen, waren aber doch besser, als das von ihr, durch die Romanheldinen mit erlebtes. Es tat ihr gut sich irgendwie auszutauschen und geben zu können. Das hatte sie bis dahin erlernen dürfen. So genau wußte sie es auch nicht auszudrücken, was sie ihr brachten diese „Freundschaften“, aber es war nicht vergebens, das glaubte sie fest. Zufälle gab es nicht wirklich für sie, man konnte aus allem etwas lernen und sinnlos geschah nichts. Wie konnte etwas geschehen, ohne das etwa im nachhinein geschah? Es wäre Absurd das zu glauben.
Nein,heute waren wohl alle schon mit anderen beschäftigt. Ein wenig tat es ihr leid, dass sie mit niemandem sprechen konnte, aber so war es nun mal. Sie ging ins Badezimmer und stellte sich unter die warme Dusche. Sie liebte das Duschen, es war so als regne es über sie, ein warmer Sommerregen, der sich angenehm anfühlte.
Im Bett war es kühl sie fröstelte leicht, doch schon spürte sie die Ruhe und Wärme die sie umgab. Vor dem Fenster konnte sie die Umrisse der Bäume sehen, die im Park vor ihrem Wohnblock wuchsen. Am morgen schien die Sonne durch die Äste und versuchte in das Schlafzimmer zu scheinen.
Morgen war ein neuer Tag. Vielleicht würde sie eine Freundin anrufen, um sich dieser wieder in Erinnerung zu bringen. Eine Änderung bahnte sich an. Sie wußte nicht welcher Art sie war, aber es bahnte sich etwas an....
ENDE
Tag der Veröffentlichung: 22.06.2011
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