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Kapitel 1



Aus dem Radio kam:

Heut geht es an Bord, heut´ segeln wir fort, lustig, heut´ ist heut´!
Drum füllet das Glas mit köstlichem Naß,
Seemanns Lust und Freud.
Hell die Gläser klingen, ein frohes Lied wir singen,
Mädel schenke ein, es lebe Lieb und Wein:
Prosit, auf Wiederseh´n.

Verschwunden das Land, verschwunden der Strand;
Schiff auf hoher See !
Rings um uns her, Wellen und Meer, alles was ich seh !
Leis die Wellen wiegen, Möwen heimwärts ziehen,
golden strahlt die Sonn, die Herzen voller Wonn,
o Heimatland ade !

Im Kampfe wir sind mit Wellen und Wind auf dem Ozean.
In Not und Gefahr sind wir immer da und steh´n als ganzer Mann.
Im Ernste wie im Scherze am rechten Fleck das Herze;
unser höchstes Gut: Frischer Seemannsmut !
Herrscher auf dem Meer !

Nimmer zurück schweift unser Blick, frischen Mut voraus!
Ob Schnee oder Eis, ob Sonn brennend heiß,
was machen wir daraus !
Fern die Heimat winket, Liebchens Äuglein blinket,
Jahre komm´n und geh´n, ein frohes Wiedersehn,
Hurra Heimatland !
Wenig später das nächste:
Ick heff mol in Hamburg een Veermaster sehn,
to my hoodah, to my hodah,
de Masten so scheep as den Schipper sien Been,
to my hoodah, hoodah, ho !
Blow, boys blow for Californio,
there´s plenty of gold so I´ve been told
on the banks of Sacramento

Dat Deck wer von Isen, voll Schiet un voll Schmeer
to my hoodah, to my hodah,
Da was ok de Schietgang dat scheunste Pläseer
to my hoodah, to my hodah,
Blow, boys blow for Californio,
there´s plenty of gold so I´ve been told
on the banks of Sacramento

Dat Logis weer vull Wanzen, de Kombüs weer vull Dreck
to my hoodah, to my hodah
de Beschütede leupen von sülben all weg.
to my hoodah, to my hodah,
Blow, boys blow for Californio,
there´s plenty of gold so I´ve been told
on the banks of Sacramento
Dat Soltfleesch weer greun un´ de Speck weer vull Moden
to my hoodah, to my hodah,
Köm gäv dat bloß an Wiehnachtsobend
to my hoodah, to my hodah
Blow, boys blow for Californio,
there´s plenty of gold so I´ve been told
on the banks of Sacramento

Un wulln wi mol seiln, ick segg dat jo nur
to my hoodah, to my hodah
dann leup he dree vorut und veer all retur
to my hoodah, to my hodah,
Blow, boys blow for Californio,
there´s plenty of gold so I´ve been told
on the banks of Sacramento

Beim nächsten Lied summte die junge Frau mit. Der Berg mit der Bügelwäsche wurde immer kleiner.
Wor de Nordseewellen trecken an de Strand,
wor de geelen Blöme bleuhn int gröne Land,
wor de Möven schrieen gell in Stromgebrus,
dor is mine Heimat, dor bin ick to hus.

Well´n un Wogenruschen weern min Weegenleed
und de hogen Diecken seh´n min Kinnertied,
markten ok min Sehnen un min heit Begehr:
dör de Welt to flegen, ower Land un Meer.

Woll hett mi dat Lewen all min Lengen stillt,
hett mi all dat gewen, wat min Hart erfüllt,
all dat is verswunnen, wat mi drückt un dreen,
hev dat Glück woll funnen, doch dat Heimweh bleev.

Heimweh na min schöne, gröne Marschenland,
wor de Nordseewellen trecken an de Strand,
wor de Möven schrieen gell in Stromgebrus,
dor is mine Heimat, dor bin ick to hus.

Eine halbe Stunde später, sie hatte gerade die frisch gebügelte Wäsche weggeräumt, da klingelte das Telefon. Sie nahm ab und sprach mit dem behandelnden Arzt des Krankenhauses, in dem ihre Mutter seit einigen Wochen lag. Sie ahnte, welche Nachricht sie hören würde. Kaum war das Gespräch beendet, brach sie weinend zusammen. Ihre geliebte Mutter war gestorben.
Nachdem sie sich beruhigt hatte, rief sie im Büro und beantragte Urlaub, da sie wegen des Todes ihrer Mutter in den nächsten Stunden und Tagen viel zu tun hatte, so das Begräbnis vorzubereiten und die Wohnung ihrer Mutter auszuräumen.
Ende Mai hockte Anke vor einem großen Paket, welches sie nach der Testamentseröffnung am Vormittag vom Rechtsanwalt und Notar ihrer Mutter erhalten hatte.
„Bin vor wenigen Tagen dreißig geworden und brauche keine Angst, vor neuen Lebensabschnitten zu haben. Mama hat es bewiesen, indem sie mich alleine aufzog“, dachte sie laut und sah ihre Puppen und Stofftiere an, die dekorativ auf dem Sofa hockten. Teddy Max schaute sie erstaunt und fragend an.
Mit einem Lächeln zu ihrem Teddy fuhr sie fort: "Du willst wissen was drin ist? Ich werde ihn gleich öffnen."
Sie atmete tief ein und aus, nahm den Teddy in den Arm, drückte ihn an sich und öffnete das Paket. Sie entdeckte Fotoalben und Papiere. Unter den Papieren fand sie einen Brief ihrer Mutter, den sie gleich öffnete und las:
"Liebes Ankekind, es ist der 6. Mai.
Heute Nachmittag habe ich das Untersuchungsergebnis erfahren. Ich muss sterben, denn es gibt keine Heilung, da die Krebserkrankung zu spät erkannt wurde und der Krebs streute. Ich war regelmäßig beim Frauenarzt, der mir stets bescheinigte, das alles in Ordnung ist. Als dieser Frauenarzt in den Ruhestand ging, wechselte ich zum Anderen, der war entsetzt und steckte mich ins Krankenhaus. Eine Chemo kam nicht mehr in Frage, weil alles zu spät war.
Deshalb machte ich mein Testament. Alles was für dich wichtig ist, die Fotos und Papiere, geordnet und mit dem Testament meinem Rechtsanwalt und Notar übergeben. Die notariell beglaubigte Vollmacht für mein Konto hast du ja bereits.
In den Papieren findest du alles über deinen Vater, wo er lebt und den Rest der Familie. Mein liebes Kind, ich bin stolz auf dich. Ich weiß, du würdest jetzt zu mir sagen, das habe ich alles von dir, Mama. Ja, es fiel mir nicht leicht dich loszulassen, aber ich habe es geschafft."
Anke war dankbar, dass sie eine Vollmacht hatte, sonst hätte sie nicht so schnell die Wohnung kündigen können und an die Konten gekonnt, um die anfallenden Rechnungen zu zahlen. Das machte sie per Onlinebanking, wie ihre Mutter es auch machte. Sie hatte unterbrechen müssen und heulte gerührt. Dann schnäuzte sie sich, holte sich etwas zum Trinken und drückte den Teddy fest an sich und las sie weiter:
"Bevor dein Vater mich heiratete, war er schon einmal verheiratet. Er hat drei Söhne und zwei Töchter. Du hast also noch fünf ältere Geschwister.
In den ersten Jahren ging alles gut, bis eine Kusine der ersten Frau deines Vaters auftauchte. Sie spann Intrigen. Leider verstarb deine liebe Großmutter väterlichseits, ihr Mann war bereits seit einigen Jahre tot. Meine Eltern sind, wie du ja weißt, lange bevor du geboren wurdest und ich heiratete, gestorben. Geschwister habe ich nicht und weitere Verwandte auch nicht.
Zurück zu dieser Kusine, sie ist wenige Jahre jünger als ich und müsste nun etwa Mitte fünfzig sein. Es wurde so schlimm, dass ich das Haus verlassen musste, damit dein Vater und deine Geschwister zur Ruhe kamen.
Mit deinem Vater bin ich in Frieden auseinander gegangen. Er weiß von dir und hat für dich regelmäßig Unterhalt gezahlt. Für mich auch, bis ich einen Arbeitsplatz gefunden hatte. Nach der Trennung von deinem Vater, erfolgte der Kontakt nur über einen Rechtsanwalt. Bis zu deinem achtzehnten Geburtstag war der Kontakt regelmäßig, danach sporadisch, bis überhaupt nichts mehr kam.
Der Rechtsanwalt deines Vaters hat es sehr bedauert, und seit er im Ruhestand ist und auf dem Festland lebt, ist überhaupt kein Kontakt zu deinem Vater mehr da. Ob dein Vater einen neuen Rechtsanwalt hat, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Eventuell hat der neue Rechtsanwalt mir geschrieben, vermutlich ist dieser Brief verloren gegangen.
Jetzt fragst du dich, wo lebt mein Vater und meine Geschwister. Sie leben auf der grünen Insel in Nordfriesland. Grünen Insel, ja, Föhr ist eine grüne Insel.
Leider konnten wir uns, als du noch klein warst und zur Schule gingst, keinen Urlaub außer Haus leisten. Als ich mehr verdiente und du auch Geld verdienst, klappte es aus gesundheitlichen und beruflichen Gründen nicht mehr. Die Urlaubsplanung konnte nicht immer aufeinander abgestimmt werden.
Bevor du deine Versetzung beantragst, um nach Nordfriesland zu kommen, mach erst mal Urlaub auf Föhr. Erhol dich gut. Dann bitte ich dich, suche dort deinen Vater und deine Geschwister auf, damit ihr euch kennen lernt.
Mhm, da fällt mir ein, es können auch noch jüngere Geschwister da sein und diese Kusine die dritte Ehefrau geworden sein. Sei also vorsichtig.
In dem beiliegenden Briefen kannst du die Anschrift deines Vaters finden, wenn er dort noch leben sollte, dann gib ihm ruhig diesen Brief und auch die Tagebücher. Wenn nicht, dann ermittle bitte die neue Anschrift. Deine Geschwister dürfen den Brief auch lesen, bei den Tagebüchern wäge es gut ab. Schade das ich keinen Kontakt mit den Großen aufrecht erhalten konnte. Gute Nacht.
Liebes Kind, es ist drei Uhr morgens und der Kalender zeigt an, dass es der siebte Mai ist. Meine Lebenskraft weicht langsam aus mir. Am Vormittag kommt mein Rechtsanwalt und bringt das Testament zum Unterschreiben und ich gebe ihm dann das Paket mit den Fotos mit.
Es ist traurig, dass du ohne deinen Vater aufwachsen musstest. Nach deinem geliebten Erzeuger konnte ich keinen weiteren Mann mehr lieben.
Wenn du nun beschließt, deinen jetzigen Urlaub auf Föhr zu verbringen, dann reise am besten Nachts. Von Stuttgart aus bis Hamburg-Altona fährt ein Schlafwagenzug. Rechtzeitig buchen, da er oft ausgebucht ist. In Hamburg-Altona steigst du um, in Richtung Niebüll. Hier steigst du wiederum in den Nahverkehrszug nach Dagebüll-Mole. Dort fahren die Fähren nach Föhr und Amrum ab. Ein Aufenthalt von mindestens drei Wochen ist von Vorteil. Pack warme Sachen mit ein. Nicht nur Sommersachen."
Anke kicherte und las: "Friesennerz und Stirnband, Kopftuch, Sonnenhut, Sonnenmilch Faktor fünfzehn und höher ebenfalls mitnehmen!!!"
"Ok Mami", lächelte sie über den Tipp und las weiter.
"Nimm deine Kamera mit und viele Filme und vergiss deine Malsachen nicht. Es gibt Motive, Fantastisch. Mein geliebtes Kind, viel Spaß und gute Erholung. Trauere nicht zu lange und lass dich nicht unterkriegen, deine dich liebende Mami."
Sie heulte kurz und nahm energisch die Tagebücher und Fotos aus dem Karton. In Ruhe las sie die Tagebücher und bei den Fotos suchte sie sich einige aus und ließ sie für die Fotosammlung im Arbeitszimmer vergrößern.
In den nächsten räumte sie die Wohnung ihrer verstorbenen Mutter und nahm nur die Dinge, wie Bücher, Geschirr, Wäsche und Kleider ihrer Mutter, die sie als Erinnerungstücke besitzen wollte. Den Rest verkaufte sie. Da die Eigentumswohnung von ihrer Mutter im Jahr zuvor frisch renovierte worden war, erzielte sie einen sehr guten Preis. Das Geld legte

Kapitel 2


Einige Tage später, es war Anfang Juni an einem Montagmorgen, da entdeckte sie in ihrer Tageszeitung eine Anzeige für ein Fremdenzimmer in Wyk auf Föhr.
Sie rief dort an und fragte: "Ich habe Ihre Anzeige gelesen. Vom 25. Juni bis Ende Juli habe ich Urlaub, und möchte während dieser Zeit auf der Insel Föhr Urlauben. Aus diesem Grund möchte ich gern bei ihnen ein Zimmer buchen. Es ist zwar sehr kurzfristig, ist es noch möglich ein nettes Zimmer bei ihnen zu bekommen? Oh wie fein, es ist noch ein hübsches Zimmer frei. Meine Adresse lautet Mozartstrasse 4, in Stuttgart.", und gab die eventuelle Ankunftszeit noch mit an und verabschiedete sich.
Am Nachmittag wurde sie zum Vorgesetzten gerufen: "Frau Olufs, Ihre Versetzung klappt. Das Zollamt Wyk auf Föhr wird ab ersten August ihr neuer Arbeitsplatz sein. Da Sie in etwa drei Wochen Urlaub haben, rate ich ihnen schon jetzt ihren Umzug vorzubereiten, damit alles schneller geht."
Sie nickte. "Soll ich mich dort vorstellen? Es wurde ja nur die Personalakte raufgeschickt und telefoniert, da es zu einem persönlichen Vorstellungstermin leider, aus den ihnen bekannten beruflichen und privaten Gründen, nicht gekommen ist."
"Ja, das wäre sehr gut."
Dann wurden weitere Informationen ausgetauscht.
Zwei Tage später hatte sie die schriftliche Bestätigung ihrer Zimmerreservierung in einer Pension in Wyk auf Föhr. Der Urlaub war nun Realität und der angegebene Betrag wurde überwiesen. Am nächsten Tag lag ein weiterer Brief aus Föhr in ihrem Briefkasten und wenig später auf ihrem Schreibtisch. Neugierig öffnete sie ihn und las ihn. Ihre Augen wurden immer größer und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.
"Liebe Anke,
bitte nicht böse sein, wenn ich Sie familiär anrede.
Aus den von dir angegebenen Daten habe ich entnehmen können, das du meine Nichte bist. Das jüngste Kind von meinem Bruder Folkert Olufs. Daher habe ich nur Geld für die Kurtaxe angefordert. Du bist mein privater Gast.
Wie geht es deiner Mama? Grüße sie bitte von mir. Ich werde in Wyk/Föhr am Anleger stehen und dich in Empfang nehmen. Fotos von mir und deiner Familie anbei.
Bis bald, deine dich liebende Tante Eilin"
Anke war gerührt und heulte vor Freude, als sie die neuesten Fotos ansah. Diese steckte sie umgehend in die Brieftasche.
Bei einem bekannten Spediteur, den sie durch ihre Einsätze als Zollbeamtin kannte, rief sie an und bestellte ihn zu sich. Nachdem der Spediteur die Wohnung angesehen hatte, riet er ihr genügend Umzugskartons, so um die 450 Stück, kommen zu lassen. Sie war damit einverstanden und das Angebot, das er ihr unterbreitete, sagte ihr zu. Sie vereinbarten, das wurde auch schriftlich festgehalten, wenn sie auf der Insel Föhr eine Wohnung findet, würde er umgehend dafür sorgen, dass sie ihre Möbel erhält. Zwei Tage später brachte der Spediteur die Kartons, die Hälfte kam in den Keller und die andere Hälfte in die Wohnung. Sie fing an, diese zu füllen, nachdem der Packer ihr erklärte, wie sie das Geschirr einzupacken hatte, damit kein Geschirr zu Bruch geht. Entsprechendes Papier und Pappe brachte er auch mit.
Einen Tag vor ihrer Abreise, es war Montag der 23.06., telefonierte sie mit der Tante und teilte ihre Ankunftszeit laut Sommerfahrplan mit.
"Danke Anke. Wenn du eine Fähre verpassen solltest, nimm ruhig die nächste. Ich warte gern."
"Du fragtest nach Mama, sie starb Mitte Mai."
"Mein Beileid. Wenn du da bist, dann reden wir über alles. Deine Geschwister wissen wann du kommst. Eventuell ist mein Sohn Erk in Niebüll und wartet dort auf dich, er wusste noch nicht ob es zeitmäßig klappt. Ach ja, beinahe hab ich es vergessen, deine Koffer sind heute Vormittag gut angekommen."
"Gut, dann bis Übermorgen, liebe Tante."
Es war Dienstag, der 24. Juni kurz vor einundzwanzig Uhr. Der Nachtzug mit den Schlaf- und Liegewagen wurde im Stuttgarter Hauptbahnhof bereitgestellt. Anke stieg ein und suchte das reservierte Schlafwagenabteil mit dem Einzel-Bett auf. Die Fahrkarte übergab sie dem Schlafwagenschaffner und schaute aus dem Fenster, bis der Zug abfuhr.
Sie zog das Rollo herunter und zog sich um. Weil sie noch nicht schlafen konnte, las sie noch etwas in ihrem Buch. Stellte den Wecker und löschte das Licht. Sie schlief durch, bis dieser sie kurz vor sechs Uhr durch ein Piep-Piep aus ihren Träumen holte. Sie reckte und streckte sich, bevor sie aufstand und sich fertig machte.
Der Schaffner brachte ihr die Fahrkarte und fragte, ob sie einen Kaffe haben möchte. Sie sagte ja und wenig später hielt sie den Becher mit Kaffee in der Hand.
Fahrplanmäßig erreichte der Zug Hamburg-Altona. Sie schnappte sich ihr Handgepäck, stieg zügig aus und ging hinüber zum Gleis acht, wo bereits der Regional-Express nach Westerland über Niebüll bereit stand. Sie stieg ein, suchte sich einen Platz und legte das Gepäck ab.
Pünktlich verließ der Regionalexpress am Mittwochmorgen um vier Minuten vor halb acht Hamburg-Altona und nach gut zwei Stunden Fahrt erreichte der Zug Niebüll. Mit einem kurzen Halt in Itzehoe, wo der Lockwechsel stattfand. Sie war sehr erstaunt als ein junger Mann - es waren wenige Minuten nach der Abfahrt des Zuges in Hamburg-Altona - suchend auf sie zukam.
Er lächelte sie an und fragte: "Sind Sie Anke Olufs?"
Sie bestätige es, so fuhr er fort: "Ich bin froh, dich hier bereits in diesem Zug zu treffen, falls es bei mir zeitmäßig klappt. Ansonsten hätte ich in Niebüll auf dich gewartet."
Anke sah ihn erstaunt und fragend an. ‚Wer duzt mich denn da?’, schoss es durch ihren Kopf. ‚Das Gesicht kommt mir bekannt vor. Wo habe ich es schon mal gesehen?’ Auf das Foto, das ihre Tante ihr gesandt hatte, kam sie nicht.
Er legte seine Reisetasche ins Gepäcknetz und entschuldigte sich: "Oh, entschuldige. Ich bin dein Vetter Erk Erken. Meine Mutter, deine Tante Eilin, bat mich", und sah sie verschmitzt an, "dich in Empfang zu nehmen, falls ich Urlaub bekäme. Denn ich soll dich heil auf die grüne Insel bringen."
Sie musste lachen. "Fein Vetter Erk. Ich freue mich, einen weiteren Familienangehörigen persönlich zu treffen. Was weißt du über meinen Vater?"
Er wurde sehr ernst. "Dein Vater verschwand vor circa zwölf Jahren. Ob er noch auf der Insel ist oder nicht, kann niemand mit Sicherheit sagen. Deine fünf Geschwister leben alle auf Föhr."
"Habt ihr schon alle Unterlagen und so weiter. durchgesehen?", fragte sie ihn neugierig.
"Ich weiß nicht. Frag am besten Matz, das ist dein ältester Bruder."
"Werde ich tun", bedankte Anke sich. Und dachte bei sich: ‚Auf einer Insel so einfach zu verschwinden, kann nicht sein. Muss nachforschen, was da los ist.’
Durch die angeregte Unterhaltung verging die Zeit sehr schnell. Erstaunt sah sie auf, als er während des Gesprächs aufstand, seine Reisetasche, sowie ihren kleinen Koffer nahm. Sie begriff sofort und folgte ihm mit dem restlichen Gepäck.
Sie stiegen aus und wurden auf dem Bahnsteig von einem Ehepaar liebevoll begrüßt: "Moin, moin ihr beiden. Hier sind wir."
Erk stellte ihr das Ehepaar vor: "So Anke, dies ist dein Bruder Matz, der älteste deiner Geschwister und seine Frau Kerrin."
Sie strahlte und umarmte Bruder und Schwägerin. Die beiden drückten sie fest an ihr Herz und anschließend nahm Matz gemeinsam mit Erk das Gepäck.
"Von Tante Eilin erfuhren wir, mit welchem Zug du frühestens kommen würdest. Da haben wir gedacht, wir holen dich in Niebüll ab. Und du siehst deiner Mutter sehr ähnlich."
"Das ist richtig. Mami meinte, als sie so jung war, habe sie genauso ausgesehen wie ich und grinste stets dabei", entgegnete Anke.
Kurz darauf standen sie vor einem Kleinbus, das Gepäck wurde eingeladen und als Anke Mehl, Zucker und andere Lebensmittel entdeckte und sah sie fragend Kerrin an.
Kerrin erklärte: "Wir haben gleich die Gelegenheit genutzt und sind gestern aufs Festland gefahren und eingekauft. Heute Morgen den Rest. Das ist ein Großeinkauf, denn auf der Insel sind die Lebensmittel etwas teurer, als hier auf dem Festland, das kommt durch die etwas höheren Transportkosten."
Während der Fahrt zum Hafen, sah Anke erstaunt aus dem Fenster: "Ich dachte, hier sei alles flach. Es ist nicht so."
Matz lachte und erklärte ihr die Umgebung. Zwanzig Minuten nach Abfahrt in Niebüll, erreichten sie die Mole in Dagebüll. Matz stellte den Wagen in der Haltelinie für die Fähre nach Wyk ab.
Anke nahm ihre Handtasche, die Kamera und stieg aus. Sah sich um, fotografierte und murmelte dabei: "Was sind das für Eisenkonstruktionen. Interessant, interessant."
Ein junger Mann, der hinter ihr stand und die gemurmelten Wörter hörte, erklärte: "Es sind die Hubbrücken für die Fähren, damit die Fahrzeuge und die Fußgänger ohne Probleme auf und von der Fähre, auch wenn Ebbe ist, kommen. Sehen Sie da drüben, das Weiße dort, das ist die Fähre "Uthlande". Dahinter muss die, ah ja, die "Nordfriesland" sein."
Anke drehte sich um und sah in ein paar lächelnde stahlblaue Augen. Sie musste schlucken, denn sie war schon hin und weg durch die angenehme dunkle Stimme. Anke sah ihn noch genauer an und schluckte ein zweites Mal.
Der Mann musste lächeln, als er die Geste sah und stellte sich vor: "Ich bin Kapitän Magnus Boie. Ich habe bis Morgen noch Urlaub und fahre ansonsten auf der "Nordfriesland", aber auch auf anderen Fähren, falls ein Kollege

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Hadmut Stübner
Bildmaterialien: Hadmut Stübner
Tag der Veröffentlichung: 11.01.2013
ISBN: 978-3-7309-0698-9

Alle Rechte vorbehalten

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