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I

Ich begebe mich auf eine Wanderung.
Sie führt mich dorthin, wo ich gerne bin: In der Natur.

Während ich einen schmalen Pfad entlang gehe, höre ich das Laub unter meinen Füßen knistern.
Es ist Herbst.
Die Bäume verlieren ihre Blätter und stehen nun kahl und trostlos da.
Ich höre schon den kleinen Bach mit dem klaren, kalten Wasser leise plätschern.
Ich höre Vogelstimmmen.
Die letzten Blätter werden von den Bäumen geweht.
Der Wind rauscht durch das Gras.
Es ist so laut, gleichzeitig aber auch so still.
Am Bach mache ich eine kleine Pause und esse eine Karotte.
Wie schön war doch dieses Stück unberührte Natur, noch nie von einem Menschen angefasst!
Vor mir landet ein Schmetterling auf einer Blume. Mit seinem langen Rüssel saugt er den Nekta raus und betastet mit den Fühlern, die so fein wie Bindfäden sind, die Blume ab.
Ich muss bei dem Anblick dieses zarten Geschöpfes lächeln.
Was es für eine Artenvielfalt gab!
Ich machte mich wieder auf den Weg.
Immer am Bach entlang, der sprudelnt den Berg hinabfließt. Im Wasser schwimmen kleine Flusskrebse.
Es geht jetzt immer mehr bergauf.
Im Graben rechts von mir finde ich ein älteres, bereits halbbemoostes Hirschgeweih.
Schnell mache ich ein Foto und gehe weiter.
Das Gras und das Laub ergeben zusammen unter meinen Füßen ein dumpfes Geräusch.
Eine Blindschleiche liegt zusammengerollt auf dem Weg.
Da ich ein Tierfreund bin und hier öfter mal Wanderer sind, die das arme Tier nicht sehen und es platttrampeln könnten, nehme ich einen Stock und bugsiere diese zarte, lange Eidechse ohne Beine - Blindschleichen werden des öfteren für Schlangen gehalten, was sie aber nicht sind - neben den Bach hinter einen Stein.
Von dort kiecht sie weiter, ganz leise, ohne ein Geräusch zu machen.
Auf einem Baum entdecke ich eine Eule, im Gebüsch finde ich sogar ein Reh vor!
Vorsichtig lasse ich mich auf die Knie sinken und lege mich schließlich auf den Bauch.
Das Gras kitzelt an meiner Nase.
Von hier aus kann ich dieses bildhübsche Geschöpf beobachten.
Der Wind steht günstig, so das das Reh mich nicht wittern kann.
Diese pechschwarzen Augen! Diese großen Ohren! Das schwarze Schnäuzchen!
Ich bin ganz hingerissen von diesem Anblick.
Da! Jetzt hat es etwas gehört!
Mit großen Sätzen sprintet es davon.
Ich bin wild entschlossen, ihm zu folgen.
Dabei läßt sich schließlich auch viel entdecken.
Ich stehe also auf, klopfe mir meine Hose ab und wanderte los.
Hier war sicher ein Wildschwein gewesen! Ich bückte mich, um diese Stelle am Baum genauer zu betrachten.
Die Rinde war mit getrocknetem Schlammm bedeckt, der feine Risse hatte.
Nach ein paar Metern stelle ich fest, dass sich direkt vor mir ein Schlammloch befindet.
Ich wäre fast hinein gefallen!
So, hier waren also ein paar Wildschweine gewesen!
Die Abdrücke waren noch sehr frisch.
Ich musste vorsichtig sein.
Wenn mich hier eine Bache mit ihren Frischlingen entdecken würde...
Doch da hörte ich es schon: Ein heiserers, leicht rauhes Grunzen.
Vorsichtig drehte ich mich um.
Direkt vor mir, zu meinen Füßen, saß ein Schwarzkittel, ein älterer Frischling sozusagen.
Ich ging einfach rückwärts weg, um das Schlammloch herum.
Das Schwein folgte mir.
Ich war misstrauisch. So anhänglich war kein Wildtier.
Vorsichtig bewegte ich mich weiter vorwärts, das Tier ging mir einfach hinterher.
Ich wusste, dass ich das Schwein nicht anfassen durfte, es könnte Tollwut haben.
Dieses Verhalten war nicht normal.
Doch nach einiger Zeit ließ das Wildschwein von mir ab und kehrte um.
Puh! Also doch keine Tollwut!
Nach einigen Stunden weiten wanderns kam ich zu einer Lichtung.
Mitten auf der Lichtung... ein Rudel Rehe!
Welch anmutige Tiere Rehe waren!
Ich hatte das Glück, ein besonderes Schauspiel beobachten zu dürfen: Einen Kampf zwischen zwei Hirschen!
Leise und vorsichtig - sie durften mich ja nicht hören - packte ich meine Kamera aus und fing an zu filmen.
Die Geweihe der beiden Junghirsche krachten aufeinander, ich war unfähig, mich zu rühren.
Die Tannennadeln piekten mich am Knie, ein Ast kratzte mir am Kopf. Doch dieses Schauspiel, diesen einen, schönen Augenblick, den Kampf zwischen zwei unheimlich schönen Geschöpfen, den mochte ich nicht verpassen!
Mit den Hufen schlugen sie aufeinander ein, die Geweihe klirrten laut aneinander, sie versuchten sich gegeinseitig zu beißen.
Es war wunderschön und spannend, mit anzusehen und zu warten, wer gewinnen würde.
So langsam schliefen meine Füße ein, aber ich hielt tapfer durch, bis sie aufhörten zu kämpfen.
Dann schaltete ich meine Kamera aus.
In diesem Moment schoßen sie los.
Die feinen Hufe der Tiere trommelten auf dem Boden, der zu vibrieren schien.
Ich war so faszieniert von diesem Anblick, dass ich nicht erst dazu kam, sie zu fotografieren.
Kurz darauf: Stille.
Sie waren weg.
Eigendlich schade.
Aber mir war etwas gelungen, was nur selten irgendjemandem gelang: Ich hatte einen Kampf zweier Weißwedelhirsche gefilmt!

II

Ich machte mich wieder auf den Weg.
Ich wollte zur Quelle des Baches, der vorhin so fröhlich dahin geplätschert war und dessen Wasser in der Sonne so harmonievoll und ... schön geglitzert hatte.
Als ich durch das Unterholz brach und mich auf dem Wanderweg wiederfand, sah ich einige schöne, bunte Blumen.
Es war allerlei los dort: Einige Ameisen transportierten ein paar Brötchenkrümel davon, eine Biene war noch unterwegs, um Nektar zu holen und eine Raupe war dabei, einen alten Baumstumpf zu erklimmen.
Jetzt nur um um diese Kurve, dann einen schmalen Pfad entlang und dann war ich da.

Das feuchte, kühle Nass sprudelte über meine Hände, ich wusch mir das Gesicht.
Ich war angekommen.
Ich beschloss, mich noch ein wenig umzusehen.
Hinter einem umgefallenen Baumstamm fand ich ein paar hübsche, blaue Vergissmeinnich.
Mir kam der Gedanke, meiner Frau ein paar mitzunehmen, entschied mich dann aber, sie hier zu lassen.
Hier hatten sie es gut! In der Natur.
Sie hatten Sonnenlicht, Regen, nährenden Boden!
Ich wollte der Natur nichts entreißen, diese Blümchen gehörten zu ihr!
Insekten ernähren sich vom Nektar dieser Blumen!
Vielleicht kommen jährlich tausende Bienen und andere hierher, um sich etwas zu holen.
Wenn dies nun nicht mehr da währe, müssten sie sich einen neuen Platz suchen, und der Gedanke war mir nicht recht geheuer.

Am Himmel hatten sich dicke Wolken zusammengebraut. Es würde Regen oder sogar Gewitter geben.
Wenn ich dem Gewitter entgehen wollte, musste ich jetzt schläunigst aufbrechen!


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Tag der Veröffentlichung: 28.01.2009

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